OGH 5Ob236/05z

OGH5Ob236/05z13.12.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Helmut L*****, und 2. Renate L*****, beide vertreten durch Dr. Dieter Brandstätter, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Mag. Alfred W*****, vertreten durch Dr. Albert Heiss, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 23.487,56 Euro s.A. und Feststellung (Streitwert 3.000 Euro), über die ordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 6.836,98 Euro) gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 13. Mai 2005, GZ 2 R 6/05d-19, womit das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 6. Oktober 2004, GZ 26 C 1020/03g-15, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts wird im Umfang des Zuspruchs von 1.453,46 Euro s.A. und der Stattgebung des Feststellungsbegehrens bestätigt, sodass dieses - einschließlich des in Rechtskraft erwachsenen klagsabweislichen Teils des Zahlungsbegehrens - als Teilurteil wie folgt zu lauten hat:

„1. Der Beklagte ist schuldig, den Klägern zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen 1.453,46 Euro samt 4 % Zinsen seit 1. 1. 2002 zu bezahlen.

2. Es wird gegenüber dem Beklagten festgestellt, dass dieser den Klägern für deren künftigen Ansprüche infolge fehlerhafter Vertretung, mangelhafter Aufklärung und fehlerhafter Ratschläge im Zusammenhang mit der Errichtung und beabsichtigten Durchführung eines Kaufvertrags über die Liegenschaft EZ *****, Verkäufer Rudolf R*****, bzw im Zusammenhang mit der Errichtung des Mietvertrags vom 18. 4. 2001, zwischen den Klägern einerseits und Rudolf R***** sowie Barbara K***** andererseits, haftet.

3. Das Zahlungsmehrbegehren, der Beklagte sei schuldig, den Klägern zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen weitere 19.650,58 Euro (in eventu: je 9.825,29 Euro) samt 4 % Zinsen seit 27. 1. 2004 zu bezahlen, wird abgewiesen.

4. Die Entscheidung über die Kosten der durch dieses Teilurteil erledigten Teile des Klagebegehrens aller Instanzen bleibt der Endentscheidung vorbehalten."

Im Übrigen, nämlich hinsichtlich eines Teils des Zahlungsbegehrens von 2.383,52 Euro samt 4 % Zinsen seit 1. 1. 2002 und der darauf entfallenden Kostenentscheidung werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. In diesem Umfang wird die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind insoweit weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.

Text

Entscheidungsgründe:

Rudolf R***** war Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** mit dem Reihenhaus U*****. Ob dieser Liegenschaft waren Pfandrechte zugunsten mehrerer Gläubiger in der Höhe von insgesamt rund 6 Millionen Schilling einverleibt. Zugunsten der G***** Bank als Rechtsnachfolgerin der A*****-Bank AG waren im ersten und zweiten Pfandrang Höchstbetragshypotheken von 1,040.000 und 2,210.000 Schilling eingetragen. Die A*****-Bank AG hatte zur Hereinbringung ihrer Forderungen bereits ein Zwangsversteigerungsverfahren betrieben, welches mangels Kaufinteressenten erfolglos verlaufen war. Nachdem auch Verkaufsversuche über einen Makler gescheitert waren und im Winter 2000/2001 ein Wasserschaden zur (weiteren) Entwertung des Hauses geführt hatte, war die G***** Bank mit einem Verkauf des Reihenhauses um 1,420.000 Schilling einverstanden, worüber Rudolf R***** auch eine schriftliche Erklärung erhielt. Rudolf R***** inserierte das Reihenhaus mehrfach zum Verkauf; nach der letzten Einschaltung zeigten sich drei Interessenten, darunter die (nunmehrigen) Kläger. Rudolf R***** erklärte sinngemäß, dass er Schulden habe, die G***** Bank als erste Gläubigerin mit einem Verkauf des Hauses um 1,420.000 Schilling einverstanden sei und dass derjenige, der ihm diesen Betrag zusage, dass Haus bekomme. Die Kläger erklärten darauf, das Haus um diesen Betrag nehmen zu wollen. Rudolf R***** verlangte weiters 480.000 Schilling als Ablöse für einen Mietvertrag, mit welchem er seiner Lebensgefährtin Barbara K***** das Reihenhaus um monatlich 5.000 Schilling inklusive Betriebskosten vermietet hatte, und die Beibringung einer Bankgarantie über 1,900.000 Schilling (= Kaufpreis + Ablöse), womit die Kläger ebenfalls einverstanden waren.

Für die Errichtung des Kaufvertrags schlug Rudolf R***** den Beklagten vor, den die Beteiligten am 18. 4. 2001 aufsuchten. Bei diesem ca 45 Minuten dauernden Gespräch erklärte der Beklagte den Klägern, die G***** Bank als erste Pfandgläubigerin sei mit dem Verkauf der Liegenschaft einverstanden. Der Beklagte zeigte den Grundbuchsauszug vor und beantwortete Fragen des Erstklägers danach, warum die Bank dem Verkauf zustimme, mit dem Hinweis auf gescheiterte Versuche, einen höheren Preis zu erzielen, und mit einer jüngeren Schätzung der Liegenschaft auf rund 1,500.000 Schilling. Der Beklagte äußerte weiters, Rudolf R***** habe bereits Gespräche zwecks Pfandfreistellung der Liegenschaft geführt und es würden die Gläubiger angeschrieben; der Beklagte erklärte nicht, es werde sicher gelingen, alle nachrangigen Gläubiger zur Abgabe einer Löschungserklärung bewegen zu können. Allen Beteiligten war klar, dass nicht einmal die G***** Bank ihre gesamte Forderung erhalten werde und ein höhere Kaufpreis nicht erzielbar sei; dies war der Hauptgrund für die Annahme der Kläger, auch die nachrangigen Gläubiger würden der Liegenschaftsfreistellung zustimmen. Der Beklagte erklärte den Klägern weiters, der Kaufvertrag werde nur aufschiebend bedingt für den Fall abgeschlossen, dass alle Löschungserklärungen vorlägen, es werde 2 bis 3 Monate dauern, bis klar sei, wie die nachrangigen Pfandgläubiger reagieren werden, und der einzige Schaden, der den Klägerin bei Misslingen der Vertragsdurchführung drohe, sei die Zahlungspflicht für sein Honorar. Der Beklagte errichtete sodann den Kaufvertrag, der vorsah, dass die Kläger den Kaufpreis (1,420.000 Schilling) binnen 14 Tagen nach Vorliegen sämtlicher Löschungsquittungen an den Beklagten als Treuhänder zu bezahlen haben, der Beklagte mit der Einholung der Löschungsquittungen beauftragt und der Kaufvertrag erst mit dem Vorliegen sämtlicher Löschungsquittungen rechtswirksam wird. Der Beklagte formulierte dann noch eine weitere Vereinbarung betreffend den Eintritt der Kläger in den Mietvertrag von Barbara K*****, der einen Pauschalmietzins von 100 Schilling monatlich vorsah und nach dem die Kläger als Mieter entsprechend ihrem Wunsch berechtigt sein sollten, bereits bauliche Veränderungen an der Liegenschaft vorzunehmen. Diese Eintrittsvereinbarung stand für alle Beteiligten im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag; der Beklagte wies die Kläger darauf hin, dass bauliche Veränderungen vor Gültigkeit des Kaufvertrags nicht deren Eigentum würden und dass der Mietvertrag als Überbrückung bis zur Verbücherung gedacht sei. Vor der am 18. 4. 2001 erfolgten, beglaubigten Unterfertigung des Kaufvertrags beim Notar übergaben die Kläger in bar 480.000 Schilling an Rudolf R*****. Mit Schreiben vom 24. 4. 2001 verrechnete der Beklagte den Klägern für die Vertragserrichtung 30.998,40 Schilling, welchen Betrag die Kläger auch bezahlten.

Mit Schreiben vom 8. 8. 2001 teilte der Beklagte den Klägern mit, dass inzwischen alle Pfandgläubiger ein Schreiben betreffend die Pfandfreistellung erhalten hätten und deren Reaktion abzuwarten sei. Über den Sommer 2001 investierten die Kläger in großem Ausmaß in das Reihenhaus. Mit Schreiben vom 14. 11. 2001 teilte der Beklagte den Klägern mit, es habe mit einem außergerichtlichen Ausgleich eine Pfandfreistellung der Liegenschaft nicht erwirkt werden können und Rudolf R***** versuche nunmehr durch ein Schuldenregulierungsverfahren die Liegenschaften von Pfandlasten freizustellen. Nach einer Besprechung mit dem Beklagten stellte dann der Erstkläger 20.000 Schilling als Kostenvorschuss für das Schuldenregulierungsverfahren des Rudolf R***** zur Verfügung. Das Bezirksgericht Innsbruck schied mit Beschluss vom 6. 4. 2002, 24 S 46/01f, die Liegenschaft aus der Konkursmasse aus.

Die G***** Bank erhob am 5. 9. 2003 gegen Rudolf R***** und die Kläger eine auf die Räumung der Liegenschaft durch die Kläger gerichtete Devastationklage mit der wesentlichen Begründung, dass der die Liegenschaft entwertende Mietvertrag der Kläger nur als Überbrückung bis zur Rechtswirksamkeit des Kaufvertrags hätte dienen sollen und wegen der gescheiterten Lastenfreistellung inzwischen hinfällig sei. Das Verfahren über diese Klage ruht. In dem von der G***** Bank zu 4 E 544/03k des BG Rattenberg betriebenen Zwangsversteigerungsverfahren erhielten die Kläger dann am 15. 12. 2003 die Liegenschaft EZ ***** um 122.000 Euro zugeschlagen.

Die Kläger begehrten vom Beklagten mit ihrer beim Erstgericht am 25. 6. 2003 eingebrachten Klage (nach Klagsausdehnung S. 5 in ON 7 = AS 51, S. 1 in ON 11 = AS 63 und -modifikation S. 12 in ON 14 = AS 165) die Zahlung von 23.487,56 Euro (in eventu je 11.743,78 Euro) s.A. und die Feststellung der Haftung des Beklagten für alle Ansprüche der Kläger (in eventu: je zur Hälfte) „infolge seiner fehlerhaften Vertretung, mangelhaften Aufklärung und fehlerhaften Ratschläge im Zusammenhang mit der Errichtung und beabsichtigten grundbücherlichen Durchführung des Kauvertrages über die Liegenschaft EZ *****, Verkäufer Rudolf R***** bzw im Zusammenhang mit der Errichtung des Mietvertrages vom 18. 4. 2001, zwischen den Klägerin einerseits und Rudolf R***** sowie Barbara K***** andererseits". Angesichts der damals ob der Liegenschaft einverleibten Pfandrechte sei mit einer Lastenfreistellung nicht zu rechnen gewesen; es sei deshalb die Errichtung des Kaufvertrags und der Ratschlag des Beklagten, den Kostenvorschuss für das Schuldenregulierungsverfahren des Rudolf R***** zu bezahlen, sinnlos gewesen. Hätte ihnen der Beklagte erklärt, dass der grundbücherlichen Durchführung des Vertrags erhebliche Probleme entgegen stünden, und nicht damit gerechnet werden könne, dass Gläubiger auf Teile ihrer Forderungen verzichten würden, hätten die Kläger der Errichtung des Kaufvertrags nicht zugestimmt. Jedenfalls hätte die Möglichkeit der Lastenfreistellung vor Vertragserrichtung geklärt werden müssen. Der Beklagte habe den Klägern daher das für die Errichtung des Kaufvertrags bezahlte Honorar von 30.998 Schilling, die Beglaubigungskosten von 1.800 Schilling sowie den Kostenvorschuss von 20.000 Schilling, zusammen 52.798 Schilling = 3.836,98 Euro s.A. zu ersetzen. Für den Erwerb der Liegenschaft im Zwangsversteigerungsverfahren hätten die Kläger einen um 18.804,58 Euro höheren Kaufpreis sowie einen Mehrbetrag an Grunderwerbsteuer und Eintragungsgebühr von 846 Euro bezahlen müssen, womit sich ihr gesamter, vom Beklagten zu ersetzender Schade auf 23.487,56 Euro s.A. belaufe. Auf Grund der in das Objekt bereits vorgenommenen Investitionen und der von der G***** Bank erhobenen Devastationklage drohten den Klägern künftig weitere, noch nicht bezifferbare Nachteile, die ihr Feststellungsbegehren rechtfertigten. Der Beklagte bestritt dieses Vorbringen und beantragte Abweisung der Klagebegehren. Die Existenz zahlreicher Pfandrechte ob der Liegenschaft EZ ***** sei allen Beteiligten bekannt gewesen. Laut damaliger Auskunft des Verkäufers Rudolf R*****, wollte dieser bereits Gespräche mit den Pfandgläubigern geführt haben, von denen angeblich die Hauptgläubiger der Entschuldung zugestimmt hätten, während die geringfügigen nachrangigen Pfandlasten abgefunden werden sollten. Der Kaufvertrag sei über ausdrücklichen Wunsch der Kläger errichtet worden, weil diese von weiteren Kaufinteressenten für die Liegenschaft gewusst hätten. Der Kaufvertrag wäre nur und erst bei Vorliegen sämtlicher Löschungsquittungen rechtswirksam geworden, womit ein Schaden der Kläger ausgeschlossen gewesen sei. Der Kostenvorschuss für das Schuldenregulierungsverfahren des Rudolf R***** sei von den Klägern aus eigenem Antrieb bezahlt worden, damit die Liegenschaft aus der Konkursmasse ausgeschieden werden könne. Für die Devastationsklage fehle es nach dem exekutiven Erwerb der Liegenschaft durch die Kläger an einem Rechtsschutzinteresse, weshalb den Klägern aus diesem Verfahren kein Schaden mehr drohe. Aus dem Mietvertrag hätten die Kläger erstmals mehr als drei Jahre nach dessen Abschluss Ansprüche abgeleitet, welche deshalb selbst gegebenenfalls bereits verjährt seien.

Das Erstgericht wies auf der Grundlage des eingangs zusammengefassten Sachverhalts sämtliche Klagebegehren ab. Die fragliche Haftung des Beklagten sei danach zu beurteilen, ob dieser den Klägern erläutert habe, wo das Risiko des Kaufvertrags liege. Schon nach dem Text des Vertrags sei zu erkennen gewesen, dass dessen Rechtswirksamkeit von der Lastenfreistellung abhänge und die enormen Pfandlasten seien auch den Klägern bekannt gewesen. Der Kaufvertrag sei einem Glücksgeschäft nahe gekommen. Der Beklagte habe die Kläger auch auf sein Honorar als möglichen Schaden hingewiesen. Eine Kontaktaufnahme zu den nachrangigen Pfandgläubigern vor Vertragserrichtung sei nicht geboten gewesen sei, erscheine es doch lebensnah, dass diese Gläubiger nicht auf bloße Ankündigungen, sondern erst auf einen konkreten Vertrag reagiert hätten. Auch der Vorschlag des Beklagten, den Kostenvorschuss für das Schuldenregulierungsverfahren des Rudolf R***** zu bezahlen, sei ein glücksspielartiger Versuch einer Rettungsaktion gewesen und habe letztlich zum Ausscheiden der Liegenschaft aus dem Konkurs geführt. Nach dem exekutiven Erwerb der Liegenschaft durch die Kläger drohe diesen nicht mehr der Verlust ihrer Investitionen und seither könne es im Verfahren über die Devastationsklage auch nur mehr um Kosten gehen. Es erwiesen sich damit alle Begehren als unberechtigt.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil über Berufung der Kläger teilweise, nämlich im Sinne des Zuspruchs von 3.836,98 Euro (Honorar und Beglaubigungskosten für den Kaufvertrag sowie Kostenvorschuss für das Schuldenregulierungsverfahren des Verkäufers) und der Stattgebung des Feststellungsbegehrens s.A. ab und bestätigt im Übrigen die Abweisung des Zahlungsmehrbegehrens (Mehraufwand der Kläger aus dem exekutiven Erwerb der Liegenschaft). Rechtlich erwog das Berufungsgericht, der bloße Hinweis auf die notwendige Beibringung von Freistellungserklärungen als Voraussetzung eines lastenfreien Eigentumserwerbs der Kläger habe unter den gegebenen Umständen keine hinreichende Erfüllung der dem Beklagten oblegenen Aufklärungspflichten dargestellt. Der Beklagte hätte die Kläger vielmehr dahin aufklären müssen, dass die Freistellung der Liegenschaft durch die nachrangigen Pfandgläubiger ganz auf deren Freiwilligkeit beruhe, nicht zu erwarten sei und eine Entlastung der Liegenschaft nur im Wege der Zwangsversteigerung in Frage komme. Infolge Verletzung dieser Aufklärungspflicht habe der Beklagte den Klägern das Honorar für die Verfassung des wertlosen Kaufvertrags zurückzuzahlen und diesen die Beglaubigungskosten zu ersetzen. Auch der den Klägern erteilte Rat, den Kostenvorschuss für das Schuldenregulierungsverfahren des Rudolf R***** zu bezahlen, sei fehlerhaft gewesen, weil das Ausscheiden der Liegenschaft aus der Konkursmasse nichts an deren Belastung durch die verbücherten Pfandrechte habe ändern könne; für den von den Klägern bezahlten Kostenvorschuss sei der Beklagte daher ebenfalls ersatzpflichtig. Schließlich wäre der Beklagte auch verpflichtet gewesen, die Kläger auf die aus dem Abschluss der Mietvertrags drohende Gefahr einer Devastationsklage hinzuweisen; die aus diesem Verfahren noch drohenden Kostenfolgen rechtfertigten das Feststellungsbegehren, welcher Anspruch auch nicht verjährt sei. Dagegen seien die Differenz zwischen den im Kaufvertrag vereinbarten Kaufpreis und dem im Zwangsversteigerungsverfahren erstatteten Meistbot sowie die daraus resultierenden Mehrkosten für die Verbücherung des Eigentums der Kläger nicht ersatzfähig, weil bei der Verletzung von Aufklärungspflichten in der Regel nur das negative Vertragsinteresse zu ersetzen sei.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, die ordentliche Revision sei zulässig; es fehle nämlich an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den Aufklärungspflichten des Vertragsverfassers im Zusammenhang mit einer weit überlasteten Liegenschaft. Gegen den klagsstattgebenden Teil des Berufungsurteils richtet sich die ordentliche Revision des Beklagten wegen unrichtiger rechtliche Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klagsabweisung; hilfsweise stellt der Beklagte auch einen Aufhebungsantrag.

Die Kläger erstatteten eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision als unzulässig zurück-, in eventu abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und teilweise auch berechtigt, weil das Berufungsgericht Grundlagen und Umfang der Aufklärungspflicht des Vertragserrichters teilweise verkannt hat.

1. Vorauszuschicken ist, dass der stattgebende Teil des Berufungsurteils drei eigenständige Ansprüche umfasst, nämlich das auf die unterlassene Aufklärung anlässlich der Errichtung des Kaufvertrags gestützte Begehren auf Ersatz des Honorars und der Beglaubigungskosten für diesen Vertrag in der Höhe von zusammen 2.383,52 Euro (32.798 Schilling) s.A., den Anspruch auf Ersatz des von den Klägern über Ratschlag des Beklagten bezahlten Kostenvorschusses für das Schuldenregulierungsverfahren des Liegenschaftsverkäufers von 1.453,46 Euro (20.000 Schilling) s.A. sowie die Feststellung der Haftung des Beklagten für bestimmte künftig allenfalls eintretende Vermögensnachteile der Kläger. Der Grundsatz, bei Bekämpfung der rechtlichen Beurteilung sei die Gesetzmäßigkeit einer Entscheidung nach allen Richtungen hin zu prüfen, gilt nach der Rechtsprechung unter anderem dann nicht, wenn mehrere voneinander absonderungsfähige Ansprüche geltend gemacht werden, das Rechtsmittel aber nur noch Rechtsausführungen zu einzelnen Ansprüchen (zu einem Anspruch) enthält (vgl RIS-Justiz RS0043338; 1 Ob 592/95; 8 Ob 560/87). Die Revision des Beklagten enthält ausschließlich Ausführungen zur fraglichen Verletzung anwaltlicher Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit der Errichtung des Kaufvertrags vom 18. 4. 2001. Auf den von den Klägern aus der Bezahlung des Kostenvorschusses für das Schuldenregulierungsverfahren des Liegenschaftsverkäufers abgeleiteten Ersatzanspruch und auf das vom Berufungsgericht wegen Verletzung der Aufklärungspflicht im Zusammenhang mit dem vom Beklagten erricheten Mietvertrag ebenfalls für berechtigt erkannte Feststellungsbegehren, geht der Beklagte in seiner Revision mit keinem Wort ein. Diese beiden vom Berufungsgericht bejahten Ansprüche sind daher im Revisionsverfahren keiner Überprüfung mehr zu unterziehen; schon daraus folgt in diesem Umfang die Bestätigung des zweitinstanzlichen Urteils.

2. Im Zusammenhang mit der Errichtung des Kaufvertrags erkannte das Berufungsgericht den Hinweis des Beklagten auf die Notwendigkeit der Beibringung von Haftungsfreistellungserklärungen für die Erlangung lastenfreien Eigentums durch die Kläger für nicht ausreichend; es fordert eine Aufklärung durch den Beklagten dahin, „dass unter den gegebenen Umständen eine Freistellung der Liegenschaft durch die nachrangigen Pfandgläubiger, die ganz auf deren Freiwilligkeit beruht hätte, nicht zu erwarten (sei und) als einzige Alternative für eine Entlastung der Liegenschaft der Erwerb derselben durch die Kläger im Wege der Zwangsversteigerung (....) in Frage (komme)" (Berufungsurteil S. 17). Der Beklagte macht dagegen mit Recht geltend, dass eine solche „Aufklärung" unter Berücksichtigung des festgestellten Sachverhalts nicht zu fordern war:

Dass kein Pfandgläubiger zu einer Haftungsfreistellungserklärung gezwungen werden kann, diese vielmehr auf Freiwilligkeit beruhen, ist völlig selbstverständlich und daher nicht aufklärungsbedürftig. Im Übrigen lässt das Berufungsgericht unberücksichtigt, dass die A*****-Bank AG zur Hereinbringung ihrer Forderungen bereits früher ein Zwangsversteigerungsverfahren erfolglos betrieben hatte, auch Verkaufsversuche über einen Makler gescheitert waren, im Winter 2000/2001 ein Wasserschaden zur (weiteren) Entwertung des Hauses geführt und eine jüngere Schätzung der Liegenschaft offenbar einen Betrag von rund 1,500.000 Schilling ergeben hatte. Diese Umstände hatten zur Folge, dass die G***** Bank (vormals A*****-Bank AG) als vorrangige Gläubigerin mit verbücherten Höchstbetragshypotheken von immerhin 1,040.000 und 2,210.000 Schilling mit einem Verkauf des Hauses um (nur) 1,420.000 Schilling einverstanden war. Nachrangige Gläubiger durften unter diesen Umständen bei realistischer Betrachtung nicht erwarten, sie würden bei einer exekutiven Verwertung zum Zug kommen; andererseits leisteten die Kläger dem Rudolf R***** 480.000 Schilling als Ablöse für den Mietvertrag, welcher Betrag allenfalls zur Abfindung nachrangiger Gläubiger zumindest teilweise hätte verwendet werden können. Bei Bewertung dieser Umstände konnte nicht vorweg unterstellt werden, dass die Entlastung der Liegenschaft jedenfalls ausgeschlossen gewesen sei, weshalb die vom Berufungsgericht angenommene Aufklärungspflichtverletzung schon in objektiver Hinsicht nicht vorlag.

3. Die Kläger haben sich vor dem Erstgericht mit Recht allerdings auch darauf berufen (S. 4 in ON 1), dass schon vor Errichtung des Kaufvertrags die kostengünstige(re) Möglichkeit bestanden hätte, die Frage der Lastenfreistellung - unter genauer Schilderung der zuvor dargestellten Umstände - bei den nachrangigen Gläubigern abzuklären; auf diese nahe liegende Vorgangsweise hätte der Beklagte, der im Rahmen seiner Tätigkeit auch schon vor der eigentlichen Vertragserrichtung die wirtschaftlichen Interessen der Parteien zu beachten hat (vgl RIS-Justiz RS0026419; RS0023549 [T14 und 15]; RS0026380 [T3]), die Kläger jedenfalls hinweisen müssen; ob dies geschehen ist, blieb in tatsächlicher Hinsicht bislang ungeklärt und wird daher im fortgesetzten Verfahren zu klären und aussagekräftig festzustellen sein.

4. Da grundsätzlich jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu behaupten und zu beweisen hat (RIS-Justiz RS0037797 insb [T8, 16]), muss der Geschädigte nicht nur die Pflichtverletzung, sondern auch den dadurch verursachten Schaden (9 ObA 200/02f) und den Kausalzusammenhang (RIS-Justiz RS0022686 [T2]) beweisen und zwar auch, wenn es sich um eine Unterlassung handelte (RIS-Justiz RS0022686 [T8]). Eine Unterlassung ist für einen konkreten Schadenserfolg dann ursächlich, wenn die Vornahme einer bestimmten Handlung den Eintritt eines bestimmten schädigenden Erfolgs verhindert hätte (RIS-Justiz RS0022913). Die Kausalität ist demnach zu verneinen, wenn derselbe Nachteil auch bei pflichtgemäßem Tun entstanden wäre (RIS-Justiz RS0022913 [T1]). Die Beweislast dafür, dass der Schaden bei gebotenem Verhalten nicht eingetreten wäre, trifft den Geschädigten selbst im Fall der Anwendbarkeit des § 1298 ABGB (stRsp RIS-Justiz RS0022686; vgl RS0022900). Diese Grundsätze gelten auch bei pflichtwidriger Unterlassung eines Rechtsanwalts (vgl 2 Ob 224/97y; 6 Ob 242/00g), bei welcher ebenfalls vom Geschädigten der Nachweis der Kausalität des Verhaltens des Schädigers für den eingetretenen Schaden verlangt wird (vgl 1 Ob 151/01i = SZ 74/159; RIS-Justiz RS0106890). Im fortgesetzten Verfahren wird daher - was bislang ebenfalls unterblieben ist - in tatsächlicher Hinsicht - zu klären und festzustellen sein, ob sich die Kläger, hätte sie der Beklagten auf die Möglichkeit der vorsorglichen Klärung der Haftungsfreistellung der Liegenschaft vor Vertragserrichtung hingewiesen, auch tatsächlich für diese Vorgangsweise entschlossen hätten und danach die kostenaufwändige Vertragserrichtung unterblieben wäre; dies kann unter den gegebenen Umständen keineswegs als selbstverständlich unterstellt werden, hatte doch Rudolf R***** seinerzeit offenbar mehrere Kaufinteressenten, sodass auch das Streben der Kläger, jedenfalls zum Zug kommen zu wollen, wesentliche Triebfeder für den Vertragsabschluss gewesen sein könnte.

5. Zusammengefasst ergibt sich, dass der vom Berufungsgericht bejahte Anspruch auf Ersatz des von den Klägern bezahlten Kostenvorschusses für das Schuldenregulierungsverfahren des Liegenschaftsverkäufers von 1.453,46 Euro (20.000 Schilling) s.A. sowie die Haftungsfeststellung in der Revision nicht mehr aufgegriffen und daher nicht zu überprüfen sind, sodass das Berufungsurteil im genannten Umfang schon aus diesem Grund in Form eines Teilurteils zu bestätigen ist.

Im Übrigen wäre der Beklagte verpflichtet gewesen, die Kläger auf die Möglichkeit hinzuweisen, noch vor Errichtung des Kaufvertrags die Frage der Lastenfreistellung bei den nachrangigen Gläubigern - unter genauer Schilderung der dafür sprechenden Umstände - abzuklären. Ob der Beklagte einen solchen Hinweis gegeben hat, ob gegebenenfalls die Kläger dies Möglichkeit wahrgenommen und dann die kostenaufwändige Vertragserrichtung unterblieben wäre, wird im fortgesetzten Verfahren zu beurteilen sein.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 und 2 ZPO.

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