OGH 7Ob76/05k

OGH7Ob76/05k19.10.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Harald G*****, vertreten durch Dr. Willibald Rath ua, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei G***** AG, *****, vertreten durch Dr. Siegl & Choc Rechtsanwälte OEG in Graz, wegen restl EUR 30.781,73 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 10. Februar 2005, GZ 6 R 232/04s-52, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 9. Juli 2004, GZ 14 Cg 54/02k-54, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Zulassungsbeschwerde (Punkt II der ao Revision) vertritt den Standpunkt, der Frage, auf welche Art und Weise ein Kraftfahrer den Schlüssel des Kaskoversicherten Pkws zu verwahren habe, komme grundsätzliche Bedeutung zu, weil immer mehr Verbrecherbanden Autodiebstähle im Inland und im (europäischen) Ausland begehen, sodass die Konkretisierung von diesbezüglichen Sorgfaltspflichten iSd Rechtssicherheit geboten sei. Außerdem ergebe sich die Zulässigkeit der Revision aus der erforderlichen Herstellung bzw Aufrechterhaltung der Einzelfallgerechtigkeit, infolge der auffallenden Abweichung des Berufungsgerichtes von der bisherigen Rsp des Obersten Gerichtshofes. Dabei wird übersehen, dass der erkennende Senat zur angesprochenen Frage - erst jüngst - wie folgt Stellung genommen hat (E v 16. 2. 2005, 7 Ob 214/04b):

„Ob eine Fehlhandlung die Annahme grober Fahrlässigkeit rechtfertigt, bildet bei Vertretbarkeit der immer von den Umständen des Einzelfalles abhängigen Beurteilung, grundsätzlich keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (stRsp; 7 Ob 12/04x; 7 Ob 170/03f mit Hinweis auf VersE 1691; 4 Ob 2010/96h; 9 Ob 358/97f; 7 Ob 289/98w; 7 Ob 8/99x; 7 Ob 301/99m; 7 Ob 59/01d; 7 Ob 74/02m; 7 Ob 165/02v ua). Die Revision wäre daher nur zulässig, wenn der Sachverhalt auch bei weitester Auslegung den von der Judikatur für die Annahme grober Fahrlässigkeit aufgestellten Kriterien nicht entspräche (7 Ob 12/04x; 7 Ob 170/03f mit Hinweis auf 7 Ob 34/88, VR 1989/168; 7 Ob 59/01d; 7 Ob 74/02m; 7 Ob 165/02v ua), also nur dann, wenn dem Berufungsgericht eine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, die im Interesse der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste (RIS-Justiz RS0026555 [T5], RS0087606 [T8].

Auch die Frage welche konkreten Aufbewahrungsmöglichkeiten von Kfz-Schlüsseln nicht als grob fahrlässig anzusehen sind, hängt - wie der erkennende Senat bereits wiederholt ausgesprochen hat (7 Ob 14/03i; 7 Ob 72/03v) - von den Umständen des Einzelfalls ab und lässt sich daher ebenfalls nicht generell, sondern nur einzelfallbezogen beantworten. Was die angesprochen Frage betrifft, ist daher nach den bereits von den Vorinstanzen richtig dargestellten Grundsätzen lediglich davon auszugehen, dass das Abstellen eines nicht der Luxusklasse angehörenden PKW's, versperrt und mit aktivierter Diebstahlsicherung in einem verriegelten Innenhof, wobei die im versperrten Kofferraum liegende Windjacke, in der sich die Kfz-Reserveschlüssel befanden, ebenso wie die weiteren im Fahrzeug zurückgelassenen Gegenstände, von außen nicht sichtbar waren, keine grobe Fahrlässigkeit darstellt (RIS-Justiz RS0111476 [T2])."

Anders sind hingegen die besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalles zu beurteilen, wonach der Kläger nicht nur verschiedene wertvolle Gegenstände (Nachtsichtgerät, Fernglas, Fotoapparat, Mobiltelefon, Jagdutensilien ...) in seinem in Ungarn auf einem unbewachten Parkplatz abgestellten Luxusfahrzeug zurückließ, sondern sich - trotz vorhandener Warnhinweise in der dortigen Therme (ua mit der Bitte: „Autoschlüssel nicht im Ankleideraum zu lassen") - nicht um eine sichere Verwahrung der Kfz-Schlüssel (in einem dort auf Anfrage zur Verfügung stehenden kleinen „Tresor" bzw in einem Tresorraum) bemühte; er hat die Fahrzeugschlüssel vielmehr in den Badebereich mitgenommen und einfach in seiner Badetasche verstaut und diese beim gemeinsamen Baden mit seiner Gattin zumindest solange unbeaufsichtigt gelassen, dass es einem Dieb möglich war, die Schlüssel unbemerkt zu entwenden. Damit ist dem Versicherer der Beweis der groben Fahrlässigkeit gelungen.

Wenn sich das Berufungsgericht davon ausgehend der vom Erstgericht (freilich ohne diesbezügliche Beweis- bzw Tatsachengrundlage) vertretenen Rechtsbeurteilung, dem Kläger sei - als Opfer eines „Trickdiebstahls" - keine grobe Fahrlässigkeit anzulasten, nicht anschließen konnte, ist dies somit nicht zu beanstanden. Eine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Fehlbeurteilung der Frage nach der Vertretbarkeit der vom Berufungsgericht geäußerten Rechtsansicht ist insoweit nämlich jedenfalls nicht zu erblicken, weshalb die außerordentliche Revision mangels erheblicher, für die Entscheidung des Verfahrens relevanter Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen war.

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