VwGH Ra 2020/12/0063

VwGHRa 2020/12/006329.9.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick, Hofrätin Mag.a Nussbaumer‑Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag. Dr. Gotsbacher, über die Revision des K R in S, vertreten durch Dr. Thomas Stoiberer, Rechtsanwalt in 5400 Hallein, Davisstraße 7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. August 2020, W213 2228417‑1/3E, betreffend Abgeltung von Mehrdienstleistungen und Urlaubsentschädigung (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht: Personalamt Salzburg der Österreichischen Post AG, vertreten durch die CMS Reich‑Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gauermanngasse 2),

Normen

AVG §56
B-VG Art137
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020120063.L00

 

Spruch:

I. den Beschluss gefasst:

Die Revision wird, soweit sie sich gegen die mit dem angefochtenen Erkenntnis erfolgte Bestätigung der Zurückweisung der Anträge Punkt 1., Punkt 2. und Punkt 3., 2. Teilbegehren, richtet, zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Im Übrigen wird das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber steht in einem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist der Österreichischen Post Aktiengesellschaft zur Dienstleistung zugewiesen und seit 1. Oktober 1993 auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe PT 8 (Gesamtzustelldienst) ernannt.

2 Mit Schreiben vom 29. Mai 2019 stellte der Revisionswerber den Antrag, die belangte Behörde zu folgenden Leistungen zu verpflichten:

„A) 1.) Die belangte Behörde ist innerhalb einer angemessen Frist, jedenfalls aber binnen 4 Wochen schuldig, dem [Revisionswerber] für angeordnete aber nicht ausbezahlte Mehrdienstleistungen für den Zeitraum 1.9.2012 bis 31.12.2018 den Betrag von € 21.117,63 zzgl. Nachzahlung Urlaub 2015/2016 von € 2.563,55 somit € 23.681,18 samt 4 % Zinsen seit 31.12.2018 abzugelten/zu bezahlen [im Folgenden: Punkt 1.].

in eventu

2.) Die belangte Behörde ist innerhalb einer angemessenen Frist, jedenfalls aber binnen 4 Wochen schuldig, dem [Revisionswerber] für angeordnete aber nicht ausbezahlte Mehrdienstleistungen für den Zeitraum 1.9.2012 bis 31.12.2018 den Betrag von € 24.011,86 zzgl. Nachzahlung Urlaub 2015/2016 von 2.563,55 somit € 26.575,41 samt 4 % Zinsen seit 31.12.2018 abzugelten/zu bezahlen [im Folgenden: Punkt 2.].“

3 Hilfsweise stellte der Revisionswerber die Anträge:

„B) dass bescheidmäßig festgestellt werden möge, dass

1) dem [Revisionswerber] ab 1.9.2012 Mehrdienstleistungen gemäß § 49 BDG anzurechnen sind, weshalb es sich aufgrund dessen, dass der [Revisionswerber] täglich bis zu 10 Stunden Dienstleistungen verrichtete (01.01.2013 bis 22.02.2013 montags bis freitags von 6:00 Uhr bis 14:30 Uhr offizielle Dienstzeit und seit 25.02.2013 offiziell montags bis freitags von 6:10 bis 14:40 Uhr = täglich 8 ½ Stunden; außerhalb dieser Dienstzeiten wurden täglich zusätzlich bis zu 1 ½ Stunden geleistet), um Mehrdienstleistungen im Ausmaß von täglich 1 ½ Stunden von 1.9.2012 bis 31.12.2018 gehandelt hat [im Folgenden: 1. Teilbegehren Punkt 3.] und dem [Revisionswerber] diese auch zukünftig gemäß § 49 Abs. 4 BDG zustehen (ausgenommen für Samstage, Sonntage, Feiertage, Urlaube und vom Personalamt nicht verursachte Krankenstände) [im Folgenden: 2. Teilbegehren Punkt 3.],

in eventu

2) dass die Normalarbeitszeit ab Einführung des KAP08 bis zum 01.01.2013 von 5:00 Uhr bis 14:30 Uhr war, vom 01.01.2013 bis 22.02.2013 montags bis freitags von 6:00 bis 14:30 Uhr offizielle Dienstzeit und seit 25.02.2013 offiziell montags bis freitags von 6:10 Uhr bis 14:40 Uhr = täglich 8 ½ Stunden war/ist [im Folgenden: 1. Teilbegehren Punkt 4.]; und ab 01.01.2013 außerhalb dieser Dienstzeiten täglich zusätzlich bis zu 1 ½ Mehrstunden geleistet wurden [im Folgenden: 2. Teilbegehren Punkt 4.] und dem [Revisionswerber] diese auch gemäß § 49 Abs. 4 BDG sowie zukünftig abzugelten sind [im Folgenden: 3. Teilbegehren Punkt 4.],

in eventu

3) dem [Revisionswerber] die bereits zustehenden Mehrdienstleistungen seit der Einführung des KAP08, jedenfalls aber seit 01.01.2013 im Ausmaß von 1.791 Stunden gemäß § 49 Abs. 4 BDG beim nächsten Monatsbezug im Verhältnis 1:1 ½ abzugelten sind [im Folgenden: 1. Teilbegehren Punkt 5.], sowie auch zukünftig pro Tag 2 Stunden (½ § 48b BDG Pause + 1 ½ Stunden sonstige Überstunden) an Mehrdienstleistungen gemäß § 49 Abs. 4 BDG abzugelten sind [im Folgenden: 2. Teilbegehren Punkt 5.],

in eventu

4) dem [Revisionswerber] die bereits zustehenden Mehrdienstleistungen seit der Einführung des KAP08, jedenfalls aber seit 01.01.2013 im Ausmaß von 1.791 Stunden gemäß § 49 Abs. 4 BDG beim nächsten Monatsbezug im Verhältnis 1:1 ½ abzugelten sind [im Folgenden: 1. Teilbegehren Punkt 6.], sowie auch zukünftig pro Tag 2 Stunden (½ § 48b BDG Pause + 1 ½ Stunden sonstige Überstunden) an Mehrdienstleistungen gemäß § 49 Abs. 4 BDG abzugelten sind [im Folgenden: 2. Teilbegehren Punkt 6.], sowie die sich daraus ergebenden Nebengebührenwerte zu berechnen und der Pensionsberechnungsbemessungsgrundlage des [Revisionswerbers] hinzuzurechnen sind [im Folgenden: 3. Teilbegehren Punkt 6.];

in eventu

5) dem [Revisionswerber] eine Nachzahlung für die Urlaube für 2015/2016 (für 2015 43 Stunden, für 2016 160 Stunden) zusteht [im Folgenden: Punkt 7.].“

4 Auf das Wesentliche zusammengefasst begründete der Revisionswerber seine Anträge damit, dass zwischen dem ausgegliederten Unternehmen und der Personalvertretung eine Betriebsvereinbarung „KAP08“ abgeschlossen worden sei, zu der er optiert habe. Dadurch sei zwischen ihm und „seinem Arbeitgeber“ eine einzelvertragliche Vereinbarung zu Stande gekommen. Da er nicht zur BV‑Ist‑Zeit Betriebsvereinbarung optiert habe, sei jene Betriebsvereinbarung „KAP08“ nach wie vor auf ihn anzuwenden, weil diese einzelvertraglich mit ihm abgeschlossen worden sei und eine solche vertragliche Verpflichtung nicht lapidar mit einer Dienstanweisung aufgehoben werden könne. Aufgrund des als Mobbing beschriebenen Verhaltens des Personalamtes befinde er sich im Krankenstand. Ihm stünden daher durch den durch das Personalamt verschuldeten Krankenstand und die nach wie vor auf ihn anwendbare KAP08 die (näher aufgeschlüsselten) Ansprüche zu. Wegen des Krankenstands habe er seine Arbeit als Briefzusteller nicht mehr ausüben können/dürfen. Ihm seien dadurch die Nebengebühren („in Wirklichkeit Mehrdienstleistungen“) nicht mehr ausbezahlt worden. Bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 2018, Ra 2017/12/0022, habe davon ausgegangen werden können, dass die Betriebsvereinbarung KAP08 anzuwenden sei. Ohne die diskriminierende, willkürliche, schikanöse und gesetzwidrige Vorgehensweise der Dienstbehörde wäre er weiterhin in der Briefzustellung verwendet worden, nicht erkrankt und hätte die (näher aufgeschlüsselten) Zahlungen erhalten. Nach KAP08 seien für Mehrdienstleistungen, also Mehrarbeit über acht Stunden täglich, Belohnungen vereinbart und bezahlt worden. Gemäß § 15 Gehaltsgesetz 1956 (GehG) iVm. § 19 GehG könnten Belohnungen nur für besondere Leistungen gewährt werden, die nicht nach anderen Vorschriften abzugelten seien. Belohnungen lösten im Gegensatz zu Mehrdienstleistungen keine ruhegenussfähigen Nebengebührenwerte aus. Im gegenständlichen Fall sollte die nach KAP08 auszubezahlende Belohnung täglich bis zu 1 ½ Überstunden täglich kompensieren. Die Belohnungen hätten allesamt Leistungen betroffen, die mit einem Mehraufwand an Arbeit verbunden gewesen seien, die nicht in der durchgerechneten täglichen achtstündigen Arbeitszeit hätten berücksichtigt werden können, andernfalls hätte sich die tägliche Arbeitszeit vor dem 31. August 2012 auf bis zu 9 ½ Stunden täglich belaufen. Seit dem 1. September 2012 belaufe sich die tägliche Arbeitszeit auf bis zu 10 Stunden (darin berücksichtigt auch die angeordnete § 48b BDG 1979 ‑ Pause). Die Lösung ‑ Belohnung anstatt Mehrdienstleistungen auszubezahlen ‑ sei für beide Parteien (Arbeitnehmer und Arbeitgeber) akzeptabel gewesen, zumal mit der KAP08 für den Revisionswerber einerseits ein fixer Zustellbezirk und ein monatlich spürbarer Zuverdienst zum Grundgehalt verbunden gewesen sei, andererseits der Arbeitgeber dafür keine Sozialversicherungsabgaben oder Steuern habe bezahlen müssen. Es sei nun festzustellen, ob die KAP08 zum Zuge komme oder die Bestimmungen des BDG 1979 im Hinblick auf Gleitzeit und Mehrdienstleistungen.

5 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 5. Dezember 2019 wurde der Antrag hinsichtlich der Punkte 1. und 2. zurückgewiesen, hinsichtlich Punkt 3. das 1. Teilbegehren abgewiesen und das 2. Teilbegehren zurückgewiesen; das 1. und 3. Teilbegehren in Punkt 4. zurückgewiesen und das 2. Teilbegehren abgewiesen; das 1. Teilbegehren in Punkt 5. abgewiesen und das 2. Teilbegehren zurückgewiesen; hinsichtlich Punkt 6. das 1. und 3. Teilbegehren abgewiesen und das 2. Teilbegehren zurückgewiesen sowie das Begehren in Punkt 7. zurückgewiesen.

6 Die Behörde stellte dazu fest, dass mit 5. September 2012 zwischen der Österreichischen Post AG und dem Zentralausschuss der Post- und Fernmeldebediensteten die „Betriebsvereinbarung über die Flexibilisierung der Normalarbeitszeit sowie über die Verwendung eines EDV‑unterstützten Zeiterfassungssystems sowie über begleitende Entgeltregelungen in den Zustellbasen der Division Brief der Österreichischen Post AG“ (BV‑Ist‑Zeit) abgeschlossen worden sei. Im Zuge dieser Neuregelung durch die BV‑Ist‑Zeit seien die Vergütungsregelungen der KAP08 mit Dienstanweisung vom 29. August 2012 mit Ablauf des 31. August 2012, das sonstige Regelwerk mit Ablauf des 31. Dezember 2012 dienstgeberseitig außer Kraft gesetzt worden. Ein Verbleib in der KAP08 sei nach deren Außerkraftsetzung für keinen Beamten mehr möglich. Die KAP08 sei keine Betriebsvereinbarung gewesen, sondern ein Bündel von (nicht an einzelne Beamte gerichteten) Dienstanweisungen.

7 Mit der BV‑Ist‑Zeit sei ein neues, flexibel gestaltetes Normalarbeitszeitmodell im Zustelldienst eingeführt worden, das auf Grund des Leitzeitspielraumes die Möglichkeit eröffnet habe, auf die täglichen Schwankungen der taggleich zuzustellenden Sendungsmengen zu reagieren.

8 In der organisatorischen Umsetzung der BV‑Ist‑Zeit sei auch die neue Verwendung „Briefzustelldienst in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell“ Verwendungsgruppe PT 8, Dienstzulagengruppe A, Verwendungscode 8722, eingerichtet (Post‑Zuordnungsverordnung 2012) worden. Um die operativen, aber auch personaladministrativen Vorteile aus der Gleitzeitdurchrechnung in der Fläche sicherzustellen, seien in der Briefzustellung alle regulären Zusteller‑Arbeitsplätze einer Zustellbasis auf die Verwendung „Briefzustelldienst in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell“ (Verwendungscode 8722) umgestellt und aufgewertet worden.

9 Beamten, die bis zur Einführung der Ist‑Zeit im Land- bzw. Gesamtzustelldienst verwendet worden seien, hätten daher die Möglichkeit gehabt, für das Gleitzeitdurchrechnungsmodell und damit einhergehend auch für das Entgeltmodell zu optieren, indem sie einen entsprechenden Antrag auf (Höher‑)Verwendung im „Briefzustelldienst in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell“ stellten.

10 Der Revisionswerber habe von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Nach dem 31. August 2012 seien ihm keine Leistungen nach KAP08 erbracht worden. Im Kalenderjahr 2012 habe er ab 1. September an 69 Arbeitstagen sowie an acht Samstagen (Samstagsdienst) Dienst als Zusteller verrichtet und sei während der restlichen Zeit urlaubs- oder krankheitsbedingt dienstabwesend gewesen. Im Kalenderjahr 2013 habe er an 156 Arbeitstagen sowie an 24 Samstagen Dienst als Zusteller verrichtet und sei während der restlichen Zeit urlaubs-, kuraufenthalts-, dienstunfalls-, karenz- bzw. krankheitsbedingt dienstabwesend gewesen. Im Kalenderjahr 2014 habe er an 116 Arbeitstagen sowie an 21 Samstagen Dienst als Zusteller verrichtet und sei während der restlichen Zeit urlaubs-, karenz- oder krankheitsbedingt dienstabwesend gewesen. Im Kalenderjahr 2015 habe er an 193 Arbeitstagen sowie an 40 Samstagen seinen Dienst als Zusteller verrichtet und sei während der restlichen Zeit urlaubs- bzw. kuraufenthaltsbedingt dienstabwesend gewesen. Im Kalenderjahr 2016 habe er an 49 Arbeitstagen sowie an acht Samstagen Dienst als Zusteller bzw. im Innendienst verrichtet und er sei während der restlichen Zeit urlaubs- bzw. (seit 22. April 2016 durchgehend) krankheitsbedingt dienstabwesend gewesen. Im Kalenderjahr 2017 habe er sich durchgehend im Krankenstand befunden. Im Jahr 2018 sei er ‑ bis auf einen kurzen Dienstantritt am 16. April 2018 ‑ durchgehend krankheitsbedingt oder aufgrund von Dienstfreistellung dienstabwesend gewesen.

11 Sämtliche von ihm erbrachte Mehrdienstleistungen seien durch Abtragung oder Auszahlung abgegolten worden, und zwar im Jänner 2013 22,99 Stunden, im Februar 2013 20,09 Stunden, im März 2013 1,27 Stunden, im April 2013 16,64 Stunden, im Mai 2013 14,99 Stunden, im Juni 2013 21,23 Stunden, im Juli 2013 6,37 Stunden, im August 2013 1,30 Stunden, im September 2013 2806 Stunden, im Oktober 2013 27,03 Stunden, im November 2013 30,20 Stunden, im Dezember 2013 7,31 Stunden, im Juni 2014 20,05 Stunden, im Juli 2014 30,15 Stunden, im August 2014 10,31 Stunden, im September 2014 32,36 Stunden, im Oktober 2014 34,40 Stunden, im November 2014 28,24 Stunden, im Dezember 2014 26,75 Stunden, im Jänner 2015 31,22 Stunden, im Februar 2015 25,46 Stunden, im März 2015 20,85 Stunden, im April 2015 29,22 Stunden, im Mai 2015 33,68 Stunden, im Juni 2015 29,65 Stunden, im Juli 2015 26,02 Stunden, im August 2015 10,09 Stunden, im September 2015 19,4 Stunden, im Oktober 2015 28,87 Stunden, im November 2015 9,44 Stunden, im Dezember 2015 38,45 Stunden, im Jänner 2016 20,98 Stunden und im Februar 2016 25,43 Stunden.

12 Darüberhinausgehende Mehrdienstleistungen seien ihm weder ausdrücklich noch konkludent angeordnet worden. Er habe in den gegenständlichen Zeiträumen auch keine weiteren erbrachten Mehrdienstleistungen binnen einer Woche ab Erbringung gemeldet. Alle Nebengebühren, auf die Anspruch bestanden habe, seien abgegolten und bei der „Ruhegenussbemessung“ berücksichtigt worden.

13 Rechtlich führte die Dienstbehörde zusammengefasst aus, dass über einen besoldungsrechtlichen Anspruch kein Leistungsbescheid erlassen werden könne und daher die Begehren zu Punkt 1. und 2. als unzulässig zurückzuweisen gewesen seien. Die vom Revisionswerber zu Punkt 3. pauschal veranschlagten Überstunden entsprächen nicht den Vorgaben des Beamten‑Dienstrechtsgesetzes 1979. Sämtliche angeordnete Mehrdienstleistungen seien ihm durch Abtragung oder Auszahlung abgegolten worden. Weitere Mehrdienstleistungen seien ihm nicht angeordnet worden. Vom Revisionswerber erbrachte aber nicht angeordnete Mehrdienstleistungen hätte er innerhalb einer Woche schriftlich zu melden gehabt. Solche Meldungen lägen der Dienstbehörde nicht vor. Hinsichtlich des zweiten Teils von Punkt 3. fehle es an einem Feststellungsinteresse, weil sämtliche erbrachte Mehrdienstleistungen abgegolten worden seien und auch für die Zukunft keine Mehrdienstleistungen pauschal angeordnet worden seien. Auf die in Punkt 4. begehrte Feststellung der „Normalarbeitszeit“ für einen weit in der Vergangenheit liegenden Zeitraum bestehe kein Anspruch, im Übrigen gelte das zu Punkt 3. Ausgeführte. Zu Punkt 5. und dem Begehren auf Abgeltung von Mehrdienstleistungen verwies die Dienstbehörde auf die dem Bescheid angeschlossene Übersicht, aus der klar erkennbar sei, dass alle geleisteten Überstunden seit Jänner 2013 abgegolten worden seien. Weitere Überstunden seien nicht angeordnet bzw. vom Revisionswerber nicht gemäß den Vorgaben des § 49 BDG 1979 geltend gemacht worden. Zu dem auf die Zukunft gerichteten Begehren verwies die Behörde auf das zu Punkt 3. Ausgeführte. Gleiches gelte für das nahezu idente Begehren zu Punkt 6. Da der Revisionswerber im angegebenen Zeitraum keine noch nicht abgegoltenen und bereits für die Nebengebührenzulage berücksichtigten Mehrdienstleistungen erbracht habe und auch sonst keinen Anspruch auf noch nicht abgegoltene Nebengebühren habe, sei eine Hinzurechnung zu seiner Pensionsberechnungsbemessungsgrundlage für den Zeitraum seit 1. Jänner 2013 ausgeschlossen. Das letzte Teilbegehren zu diesem Punkt seines Antrags sei daher abzuweisen gewesen. Zu Punkt 7. führte die Dienstbehörde schließlich aus, dass eine Urlaubsersatzleistung gemäß § 13e Gehaltsgesetz 1956 nur bei Ausscheiden aus dem Dienst vorgesehen sei und für das Jahr 2016 bereits rechtskräftig entschiedene Sache vorliege.

14 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde, in der er unter anderem die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragte.

15 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG für nicht zulässig.

16 Das Verwaltungsgericht stellte über den eingangs ausgeführten Sachverhalt hinaus fest, dass die dem Revisionswerber von der Dienstbehörde zwischen 1. September 2012 und Dezember 2018 angeordneten Mehrdienstleistungen (Jänner 2013 22,99 Stunden, Februar 2013 20,09 Stunden, März 2013 18,27 Stunden, April 2013 16,64 Stunden, Mai 2013 14,99 Stunden, Juni 2013 21,23 Stunden, Juli 2013 6,37 Stunden, August 2013 1,3 Stunden, September 2013 28,06 Stunden, Oktober 2013 27,03 Stunden, November 2013 30,2 Stunden, Dezember 2013 7,31 Stunden, Juni 2014 20,05 Stunden, Juli 2014 30,15 Stunden, August 2014 10,31 Stunden, September 2014 32,36 Stunden, Oktober 2014 34,40 Stunden, November 2014 28,24 Stunden, Dezember 2014 26,75 Stunden, Jänner 2015 31,22 Stunden, Februar 2015 25,46 Stunden, März 2015 20,85 Stunden, April 2015 29,22 Stunden, Mai 2015 33,68 Stunden, Juni 2015 29,65 Stunden, Juli 2015 26,02 Stunden, August 2015 10,09 Stunden, September 2015 19,44 Stunden, Oktober 2015 28,87 Stunden, November 2015 9,44 Stunden, Dezember 2015 38,45 Stunden, Jänner 2016 20,98 Stunden, Februar 2016 25,43 Stunden) abgegolten worden seien. Die Erbringung weiterer Mehrdienstleistungen sei nicht angeordnet worden. Eine Erbringung sonstiger nicht angeordneter Mehrdienstleistungen ab dem 1. September 2012 habe der Revisionswerber der Dienstbehörde nicht innerhalb einer Woche ab ihrer Erbringung schriftlich gemeldet.

17 Rechtlich begründete das Bundesverwaltungsgericht sein Erkenntnis zusammengefasst dahingehend, dass mit dem Antrag in seinen Punkten 1. und 2. die Erlassung eines Leistungsbescheids begehrt worden sei. Eine inhaltliche Entscheidung über einen Antrag auf Schaffung eines vollstreckbaren Leistungstitels gegen den Bund sei der Verwaltungsbehörde jedoch verwehrt. Die Schaffung eines solchen Leistungstitels gegenüber dem Bund sei einer Entscheidung über eine Klage nach Art. 137 B‑VG durch den Verfassungsgerichtshof vorbehalten. Soweit sich die Anträge auf die Erlassung eines Feststellungsbescheids richteten, führte das Verwaltungsgericht aus, dass sämtliche angeordnete und vom Revisionswerber tatsächlich erbrachten Mehrdienstleistungen im Zeitraum September 2012 bis Dezember 2018 durch Abgeltung übertragen oder durch Auszahlung bereits abgegolten worden seien. Weitere zusätzliche Mehrdienstleistungen seien von der Dienstbehörde ‑ entgegen der Ansicht des Revisionswerbers ‑ im Sinn des § 49 BDG 1979 nicht angeordnet worden. Dass er eine Mehrdienstleistung erbracht habe, die einer auf Anordnung erbrachten Mehrdienstleistung im Sinn des § 49 BDG 1979 gleichzuhalten sei (etwa weil er einen zur Anordnung der Mehrdienstleistung Befugten nicht habe erreichen können, die Mehrdienstleistung zur Abwehr eines Schadens unverzüglich notwendig gewesen sei, die Notwendigkeit der Mehrdienstleistung nicht auf Umstände zurückgegangen sei, die vom Beamten, der die Mehrdienstleistung erbracht habe, hätten vermieden werden können), habe der Revisionswerber nicht substantiiert behauptet. Zudem habe er allfällige Mehrdienstleistungen auch nicht innerhalb einer Woche nach der Erbringung der Dienstbehörde schriftlich gemeldet. Der Revisionswerber sei auch nicht durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne sein Verschulden verhindert gewesen, diese Frist einzuhalten. Zudem verjähre der Anspruch auf Leistung gemäß § 13b GehG, wenn er nicht innerhalb von drei Jahren nach Erbringen der anspruchsbegründenden Leistung geltend gemacht werde.

18 Die Erlassung eines Feststellungsbescheids für noch nicht erbrachte, zukünftige Mehrdienstleistungen sei weder im Gesetz ausdrücklich vorgesehen, noch liege die Erlassung eines solchen im öffentlichen Interesse. Ein subjektives Recht auf die Erbringung zukünftiger Mehrdienstleistungen bestehe nicht. Zudem seien in der Vergangenheit die vom Revisionswerber tatsächlich erbrachten Mehrdienstleistungen abgegolten worden, sodass auch eine von der Dienstbehörde ausgehende zukünftige Gefahr für ihn nicht ersichtlich sei.

19 Hinsichtlich der ‑ teilweise weit in der Vergangenheit liegende Zeiträume betreffenden ‑ Feststellung der Normalarbeitszeit fehle es dem Revisionswerber an einem Feststellungsinteresse. Bei der Normalarbeitszeit handle es sich zudem nicht um ein strittiges Rechtsverhältnis.

20 Die vom Revisionswerber aufgestellte Behauptung, dass er ab 1. Jänner 2013 außerhalb seiner Dienstzeit täglich 1,5 Stunden an Mehrdienstleistungen geleistet habe, entspreche nicht den Voraussetzungen an Mehrdienstleistungen nach dem BDG 1979, die grundsätzlich vor der Erbringung angeordnet werden müssten. Die dem Revisionswerber angeordneten Dienstleistungen seien ihm zur Gänze abgegolten worden. Sonstige erbrachte Mehrdienstleistungen im Sinn des § 49 BDG 1979 hätte der Revisionswerber der Behörde innerhalb einer Woche nach Erbringung schriftlich melden müssen, was jedoch unterblieben sei.

21 Da dem Revisionswerber kein Anspruch auf Abgeltung von Mehrdienstleistungen zustehe, bestehe auch kein Anspruch auf Auszahlung einer Nebengebührenzulage und könne eine Berücksichtigung einer Änderung der Nebengebührenwerte ‑ mangels einer solchen ‑ bei der Pensionsberechnungsbemessungsgrundlage nicht erfolgen.

22 Eine Urlaubsersatzleistung ‑ so führte das Bundesverwaltungsgericht schließlich aus ‑ könne nur bei Ausscheiden aus dem Dienst gemäß § 13e GehG zustehen. Eine finanzielle Abgeltung (Nachzahlung) von nicht konsumiertem Urlaub sei in einem aufrechten Dienstverhältnis gesetzlich nicht vorgesehen. Der begehrten Feststellung für das Jahr 2016 stehe zudem insoweit die bereits mit Erkenntnis vom 28.11.2019, W257 2211243‑1/3E, (VwGH 9.3.2020, Ra 2020/12/0001) erfolgte Entscheidung entgegen.

23 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit dem Fehlen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.

24 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

25 Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung. Wechselseitig wurde auf die Schriftsätze repliziert.

26 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit seiner gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision vor, dass sich das Verwaltungsgericht hinsichtlich der festgestellten abgegoltenen Mehrdienstleistungen für den Zeitraum vom 1. September 2012 bis Dezember 2018 ausschließlich auf eine Beilage IV stütze, die ihm nicht zur Kenntnis gebracht worden sei. Insofern sei sein Parteiengehör dazu verletzt. Es seien auch die beantragten Zeugen dazu nicht gehört worden. Im Hinblick darauf, dass es vier Varianten von Mehrdienstleistungen bei der Briefzustellung gebe (solche am eigenen Rayon, auf anderen Rayonen, solche wegen Samstagsdiensten/Zeitungsdiensten und § 48b BDG 1979 Pausen), seien diese unterschiedlich zu entlohnen. Hätte der Revisionswerber dazu Stellung nehmen können, hätte er darlegen können, dass die Entlohnung der Mehrdienstleistungen falsch gewesen sei. Zudem liege insoweit ein Verstoß gegen das Überraschungsverbot vor.

27 Zudem fehle es an Rechtsprechung, ob die im gegenständlichen Verfahren geltend gemachten Gehaltsbestandteile in einem Amtshaftungsverfahren oder im Verwaltungsverfahren geltend zu machen seien. Das Leistungsbegehren sei zurückgewiesen worden, obwohl bereits in derselben Sache im Amtshaftungsverfahren die Unzulässigkeit des Rechtsweges eingewendet und vom Gericht ausgesprochen worden sei. Es fehle Rechtsprechung, ob es in dieser besonderen Konstellation, in der die Dienstbehörde bis 30. August 2012 statt Überstundenentgelt für Mehrdienstleistungen lediglich Belohnungen ausbezahlt habe und ab 1. September 2012 für dieselbe Tätigkeit im selben Umfang aufgrund der Einführung eines gesetzwidrigen Gleitzeitdurchrechnungsmodells auch keine Belohnungen mehr ausbezahlt habe, dem Revisionswerber zumutbar sei, den Weg der drei Phasen (Schaffung eines Rechtstitels, Bemessung und Liquidierung), das zusätzlich zum Amtshaftungsverfahren noch drei verschiedene Verfahren notwendig machen würde, gehen müsse.

28 Zwar meine der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung, dass eine inhaltliche Entscheidung über Anträge auf Leistungsbescheide keinesfalls in Betracht komme (VwGH 2.12.1992, 92/12/0231, 92/12/0237; 27.9.2011, 2010/12/0131), dieser Rechtsprechung sei aber weder ein vorgeschaltetes Amtshaftungsverfahren mit Unzuständigkeitseinreden und Einreden durch die belangte Behörde hinsichtlich Rettungspflichtverletzung zu Grunde gelegen. Zunächst seien die Ansprüche in einem Verwaltungsverfahren zu prüfen, wo offensichtlich entgegen dem BDG 1979 zusätzliche Leistungen in das KAP08 Personalbemessungssystem nicht Eingang gefunden hätten und demnach anstatt Überstunden nur Belohnungen, die nicht ruhegenussfähig seien, ausbezahlt worden seien. Mit der Einführung des mehrfach gesetzwidrigen BV‑Ist‑Zeit‑Gleitzeitdurchrechnungsmodells hätten diese Leistungen zwar Eingang in die Personalbemessung gefunden, diese Leistungen seien aber nicht mehr berücksichtigt worden, sodass eine kalendervierteljährliche Durchrechnung der Korridorstunden nicht stattfinde und deshalb weder Zeitausgleich möglich sei noch Überstunden bezahlt würden. Zu der besonderen Konstellation fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ob der Revisionswerber vom Amtshaftungsverfahren zum Verwaltungsverfahren bis zum Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof „im Kreis“ geschickt werden könne, um eine Zuständigkeit für offensichtliches Unrecht zu bekommen.

29 Es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu, ob es in dieser besonderen Konstellation für den Revisionswerber eine unsachliche Ungleichbehandlung darstelle, wenn Verzugszinsen solcherart nur dann Verwaltungsakte seien, wenn grundsätzliche gesetzliche Bestimmungen bestünden, wie zum Beispiel § 94 Abs. 8 und 9 Wiener Dienstordnung 1994. Dies insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass es sich in beiden Fällen um öffentlich‑rechtliche Bedienstete handle.

30 Das Bundesverwaltungsgericht habe ‑ wie die belangte Behörde ‑ keine Feststellungen zu dem Umstand getroffen, dass im Arbeitszeitmodell KAP08 die tägliche Arbeitszeit im Rayon mit acht Stunden bemessen worden sei, die Arbeitszeit laut Dienstplan durchgehend von 6:00 Uhr bis 14:00 Uhr gewesen sei, während dieser Arbeitszeit aber keine § 48b BDG 1979‑Pause (die zu bezahlende Dienstzeit im Sinn des § 49 BDG 1979 darstelle), eingeräumt, sondern diese Zeit durchgearbeitet worden sei. Im Laufe der Zeit seien aber zusätzliche Aufgaben für einen Zusteller am eigenen Rayon hinzugekommen, die in dieses Arbeitszeitmodell nicht Eingang gefunden hätten. Deswegen sei man dazu übergegangen, für die entsprechenden Leistungen eine Art Stückgeld zu zahlen, also etwa für das Zustellen der Telefonbücher oder das Zusammenlegen der Werbefolder. Eigentlich wären dafür Überstunden nach § 49 BDG 1979 (ruhegenussfähig) auszuzahlen gewesen. Die belangte Behörde habe sich aber für die andere Form der Entlohnung dieser Zusatzleistungen in Form von Belohnungen (nicht ruhegenussfähig) entschieden.

31 Mit der Einführung des BV‑Ist‑Zeit‑Gleitzeitdurchrechnungsmodells seien die „im Laufe der Zeit zusätzlichen hinzukommenden Aufgaben“, die in der KAP08 noch nicht in die Arbeitszeitbemessung Eingang gefunden hätten, in das BV‑Ist‑Zeit Gleitzeitdurchrechnungsmodell übernommen worden, wobei diese Zusatzleistungen in den dort eingerichteten Gleitzeitkorridor fließen und nicht als angeordnete Mehrdienstleistungen im Sinn des § 49 BDG 1979 gewertet würden. Diese Korridorstunden unterlägen keiner Durchrechnung, was zur Folge habe, dass bis zu 150 Stunden weder als Überstunden anerkannt und ausbezahlt, noch als Zeitausgleich angeboten würden. Erst mit der geleisteten 151. Stunde werde diese wieder als Überstunde im Sinn des § 49 BDG 1979 ausbezahlt. Die zuvor geleisteten 150 Stunden am eigenen Rayon verblieben im Korridor.

32 Mit der Einführung des BV‑Ist‑Zeit Gleitzeitdurchrechnungsmodells sei die tägliche Dienstzeit laut Dienstplan von durchgehend acht Stunden auf 8½ Stunden verlängert worden. Die am eigenen Rayon zu konsumierende § 48b BDG 1979 Pause werde zwar gewährt, aber nicht als Dienstzeit anerkannt und auch nicht ausbezahlt, wozu es an Feststellungen fehle. Bis 2018 seien alle Briefzusteller unabhängig davon, ob sie in das BV‑Ist‑Zeit Gleitzeitdurchrechnungsmodell optiert hätten oder nicht, gleichbehandelt worden. Für die Nichtoptanten sei jedoch kein Gleitzeitkorridor eingerichtet worden, und die angesprochenen geleisteten zusätzlichen Leistungen am eigenen Rayon schienen nirgends mehr auf und würden deshalb auch nicht ausbezahlt. Auch dazu fehle es an Feststellungen.

33 Es stellten sich daher folgende Rechtsfragen: Wenn die Arbeitsplätze/Rayons in einer täglich durchgehenden Dienstzeit von acht Stunden auf eine täglich durchgehende Arbeitszeit von acht Stunden ausgelegt seien, in diesen acht Stunden in der KAP08 im eigenen Rayon aber keine § 48b BDG 1979 Pause, die als Dienstzeit im Sinn des BDG 1979 zu sehen sei, gewährt werde, obwohl eine solche nach dem Gesetz zustehe und zu gewähren sei, demnach auch in dieser ½ Stunde durchgearbeitet worden sei, ob es sich bei dieser ½ Stunde um eine angeordnete und auszubezahlende Mehrdienstleistung im Sinn des § 49 BDG 1979 handle.

34 Ebenso stelle sich die Frage, ob die 150 Korridorstunden an Zusatzleistungen im eigenen Rayon in KAP08 Mehrdienstleistungen im Sinn des § 49 BDG 1979 darstellten und ob ein gesetzwidriges BV‑Ist‑Zeit Gleitzeitdurchrechnungsmodell den Bestimmungen des § 49 BDG 1979 derogieren könne.

35 Mit Einführung des BV‑Ist‑Zeit Gleitzeitdurchrechnungsmodell sei die tägliche Dienstzeit von bisher durchgehend acht Stunden um eine ½ Stunde verlängert worden. Wenn die Arbeitsplätze/Rayons in einer täglich durchgehenden Dienstzeit von 8½ Stunden auf eine täglich durchgehende Arbeitszeit von acht Stunden ausgelegt seien, jedoch eine Anwesenheitspflicht auch für die restliche/dazugekommene ½ Stunde gelte, sei fraglich, ob es sich bei dieser ½ Stunde um eine angeordnete und auszubezahlende Mehrdienstleistung im Sinn des § 49 BDG 1979 handle.

36 Da nach § 13b Abs. 4 GehG die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts über die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung anzuwenden seien, könne dem Einwand der Verjährung die Replik der Arglist entgegengehalten werden, wenn der Gläubiger durch den Schuldner veranlasst worden sei, die Forderung innerhalb der Verjährung nicht geltend zu machen. Es stelle sich die Rechtsfrage, ob das Verwaltungsgericht dazu hätte Feststellungen treffen müssen. Bei Abhaltung einer Verhandlung hätte der Revisionswerber hiezu Vorbringen erstatten können.

37 Es stelle sich auch die Frage, ob die objektive Möglichkeit der Rechtsausübung dann vorliege, wenn ein gesetzwidriges BV‑Ist‑Zeit Gleitzeitdurchrechnungsmodell, welches seit 1.1.2013 bis dato weiterhin gelte und angewendet werde, solange § 1 laufende Nummer 183 und 233 sowie § 4b Post‑Zuordnungsverordnung vom Verfassungsgerichtshof nicht aufgehoben werde oder die objektive Möglichkeit erst nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 2018, Ra 2017/12/0022, bestehe, als erstmals die Gesetzwidrigkeit des BV‑Ist‑Zeit Gleitzeitdurchrechnungsmodells hervorgekommen sei.

38 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

39 Zur Zurückweisung der Revision (soweit sie sich gegen die mit dem angefochtenen Erkenntnis erfolgte Bestätigung der Zurückweisung der Anträge Punkt 1., Punkt 2. und Punkt 3., 2. Teilbegehren richtet):

40 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlich Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

41 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1 a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

42 Wie der Revisionswerber selbst ausführt, kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine inhaltliche Entscheidung über ein reines Liquidierungsbegehren, für deren Behandlung eine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes nach Art. 137 B‑VG bestünde, nicht in Betracht (vgl. u.a. VwGH 19.2.2020, Ra 2019/12/0038; 17.4.2013, 2012/12/0160, je mwN). Warum von dieser Rechtsprechung abgegangen werden sollte, bloß weil der Antragsteller zuvor erfolglos einen inhaltsgleichen Anspruch aus dem Titel der Amtshaftung vor den ordentlichen Gerichten geltend machte, wird nicht näher dargelegt und ist auch nicht zu ersehen.

43 Auch soweit sich die Revision gegen die vom Verwaltungsgericht bestätigte Zurückweisung von Punkt 3., 2. Teilbegehren richtet, zeigt sie eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die in diesem Zusammenhang zu lösen wäre, nicht auf.

44 Daher war die Revision im angegebenen Umfang gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

45 Zur Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses (im restlichen Umfang):

46 Der Revisionswerber macht zur Zulässigkeit seiner Revision gerade noch erkennbar geltend, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht von einer mündlichen Verhandlung abgesehen habe und diese insbesondere im Hinblick auf eine Entscheidung über die geltend gemachten Mehrdienstleistungen im Zusammenhang mit der nach § 48b BDG 1979 zu gewährenden Pause erforderlich gewesen wäre.

47 Insoweit ist die Revision zulässig und auch begründet.

48 Gemäß § 29 Abs. 1 VwGVG sind die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichts zu begründen. Diese Begründung hat, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, jenen Anforderungen zu entsprechen, die in seiner Rechtsprechung zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Demnach sind in der Begründung eines Erkenntnisses die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die für die Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfordert dies im ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche das Verwaltungsgericht im Fall des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch der Entscheidung geführt haben. Diesen Erfordernissen werden die Verwaltungsgerichte zudem (nur) dann gerecht, wenn sich die ihre Entscheidung tragenden Überlegungen zum maßgebenden Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung aus den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen selbst ergeben (siehe etwa VwGH 28.06.2017, Ra 2016/09/0091, mwN).

49 Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen. Eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist daher durchzuführen, wenn es um „civil rights“ oder um „strafrechtliche Anklagen“ im Sinn des Art. 6 EMRK oder um die Möglichkeit der Verletzung einer Person eingeräumter Unionsrechte (Art. 47 GRC) geht und eine inhaltliche Entscheidung in der Sache selbst getroffen wird. Bei einem rechtswidrigen Unterlassen der nach Art. 6 EMRK erforderlichen mündlichen Verhandlung ist keine Relevanzprüfung hinsichtlich des Verfahrensmangels vorzunehmen (vgl. VwGH 14.11.2017, Ra 2017/09/0042, mwN).

50 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlich Bediensteter unter den Begriff der „civil rights“ im Verständnis des Art. 6 Abs. 1 EMRK fallen, insoweit derartige Streitigkeiten (wie die vorliegende) durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten des jeweils betroffenen Bediensteten zum Gegenstand haben (vgl. zum Ganzen VwGH 3.10.2018, Ra 2017/12/0130, mwN).

51 Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur ferner bereits mehrfach darlegt hat, führt ein Verstoß des Verwaltungsgerichts gegen die aus Art. 6 Abs. 1 MRK abgeleitete Verhandlungspflicht auch ohne nähere Prüfung einer Relevanz dieses Verfahrensmangels zur Aufhebung des Erkenntnisses gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG (VwGH 18.9.2015, Ra 2015/12/0012; 13.9.2017, Ra 2016/12/0104).

52 Im vorliegenden Fall hatte das Verwaltungsgericht zu der ‑ auch auf Tatsachenebene strittigen ‑ Erbringung von Mehrdienstleistungen bekämpfbare und überprüfbare Feststellungen zu treffen. Schon zur Erörterung der von ihm für die Feststellungen herangezogenen Urkunde ‑ die dem Revisionswerber nach seinem Vorbringen nicht bekannt war ‑ hätte das Bundesverwaltungsgericht die beantragte mündliche Verhandlung durchzuführen gehabt, in deren Rahmen auch erforderlichenfalls die vom Revisionswerber in diesem Zusammenhang angebotenen Beweise hätten aufgenommen werden können.

53 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich im hier noch gegenständlichen Umfang daher schon wegen dieses Verfahrensmangels als rechtswidrig.

54 Soweit sich das Vorbringen des Revisionswerbers auf Mehrdienstleistungen bezieht, die sich daraus ergäben, dass ihm Ruhepausen nach § 48b BDG 1979 nicht eingeräumt worden seien, ist bereits an dieser Stelle insbesondere auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 2016, Ra 2015/12/0051, hinzuweisen.

55 Schon aus dem genannten Grund war das angefochtene Erkenntnis im Übrigen, also in dem nicht von der Zurückweisung der Revision erfassten Umfang, in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.

56 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 50 VwGG, in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

57 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 29. September 2021

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