VwGH 2013/11/0244

VwGH2013/11/024411.11.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des S L in Straden, vertreten durch Mag. Elke Weidinger, Rechtsanwältin, 8020 Graz, Brückenkopfgasse 1, gegen den Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 7. August 2013, Zl. BMASK - 41550/1473-IV/9/2010, betreffend Entschädigung nach dem Impfschadengesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
HVG §2;
ImpfSchG §1b Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
HVG §2;
ImpfSchG §1b Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der am 23. September 1982 geborene Beschwerdeführer hatte - vertreten durch seinen Sachverwalter - am 30. Dezember 2009 eine Entschädigung nach dem Impfschadengesetz beantragt, weil sein gesundheitlicher Zustand (er leidet an schwerster intellektueller Behinderung mit autistischer Begleitsymptomatik und Impulskontrollstörung, schweren cerebralen Bewegungsstörungen mit Rumpfhypotonie und Ataxie und Dysmorphiesyndrom) auf die Verabreichung einer - empfohlenen und im Mutter-Kind-Pass genannten - Impfung (dritte Teilimpfung) gegen Diphterie, Tetanus und Pertussis am 17. März 1983 zurückzuführen sei. Zwar hätten die behandelnden Ärzten seinerzeit einen Impfschaden ausgeschlossen, der Umstand aber, dass ausgehend von durch den Sachverwalter jüngst erfolgten Recherchen die beim Beschwerdeführer aufgetretenen Symptome solche einer Impfreaktion durch Diphterie, Tetanus und Pertussis sein könnten, zumal ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Impfung und den wenige Stunden später auftretenden Symptomen bestehe, habe ihn zur Antragstellung veranlasst.

Die Erstbehörde, das Bundessozialamt/Landesstelle Kärnten (iF auch: BSA), veranlasste die Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dr. Günther K, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde, zur Frage, welche Krankheit beim Beschwerdeführer vorliege und ob aus ärztlicher Sicht ein Zusammenhang mit der "angeschuldigten" Impfung bestehe.

In seinem Gutachten vom 27. April 2010 führt Dr. K u. a. Folgendes aus:

Der am 23. September 1982 geborene Beschwerdeführer sei am siebenten Lebenstag erfolgreich gegen BCG geimpft, seine Entwicklung bei der ersten Mutter-Kind-Pass-Untersuchung in der fünften Lebenswoche (bis auf eine Phimose) als unauffällig beurteilt worden. Bei der zweiten Mutter-Kind-Pass-Untersuchung, im vierten Lebensmonat, sei bei dem Kind eine abnorme Apathie und schrilles Schreien gefunden und der Verdacht auf eine motorische Entwicklungsverzögerung erhoben worden. Allerdings sei es am gleichen Tag, dem 28. Dezember 1982, vom Hausarzt noch nicht als Risikokind eingeschätzt, vielmehr als gesund genug, um geimpft zu werden, beurteilt worden.

Der Sachverständige gab dazu das Vorbringen des Vaters des Beschwerdeführers wieder, der Hausarzt habe diese Eintragung vom 28. Dezember 1982 im Mutter-Kind-Pass gefälscht - er habe erst im April 1983, also einen Monat nach der "angeschuldigten Impfung" (vom 17. März 1983) und dem stationären Aufenthalt des Beschwerdeführers an der Kinderklinik, den Eintrag "nachkorrigiert".

Jedenfalls sei der Beschwerdeführer am 28. Dezember 1982 erstmals gegen Diphterie-Tetanus-Pertussis geimpft worden; diese Impfung habe er problemlos vertragen, ebenso die zweite DTP-Impfung am 10. Februar 1983 und auch die erste Polio-Lebendimpfung, am 15. Februar 1983, welche Impfungen von verschiedenen Ärzten am offensichtlich impftauglichen Säugling durchgeführt worden seien.

Am 17. März 1983 habe der Beschwerdeführer (damals knapp sechs Monate alt), nachdem er - ausgehend von der Aussage seiner Mutter - im Kinderwagen sitzend und plaudernd, in der Hand Biskotten haltend und die Umgebung anlächelnd, zur Impfung gebracht worden sei, die dritte DTP-Impfung erhalten.

Zwei Stunden später habe er Schreikrämpfe bekommen, Fieber (38-39,2 Grad ) gehabt und die Nahrung verweigert. Er sei gebläht gewesen und habe im Stuhl Schleimbeimengungen gehabt. Die Eltern hätten den Hausarzt kontaktiert, welcher Hylak forte Tropfen verabreicht habe. Als das Fieber bestehen geblieben sei und der Beschwerdeführer kaum mehr getrunken habe, sei er am 20. März 1983 an der Infektionsabteilung der Universitätskinderklinik Graz stationär aufgenommen worden.

Bei der Aufnahmeuntersuchung sei die Entwicklung des Kindes als bisher normal beschrieben worden, zum Zeitpunkt der Aufnahme habe das Kind mit 38,2 Grad gefiebert, eine Bindehautentzündung, einen geröteten Hals und einen Blähbauch aufgewiesen.

Da der Beschwerdeführer nach Untersuchung durch den stationsführenden Oberarzt auch eine Opisthotonus Haltung aufgewiesen habe, sei am Aufnahmetag eine Liquorpunktion erfolgt, die einen vollkommen normalen Befund gezeigt habe (Zellzahl: 9/3:

Eiweiß negativ; Zuckerratio: 1,5). Die Behandlung habe zuerst aus oraler Elektrolyt- und Flüssigkeitszufuhr bestanden. Am zweiten Tag des stationären Aufenthalts sei auch eine beidseitige Otitis media diagnostiziert und mit Amoxycillin behandelt worden. Am dritten Tag des Aufenthalts sei das Fieber ganz abgeklungen, der Beschwerdeführer habe wieder normale Nahrung essen können, nur die Otitis habe sich etwas in die Länge gezogen. Allerdings werde am 25. März 1983, also am fünften Tag des stationären Aufenthalts, der damals sechs Monate alte Beschwerdeführer noch immer als teilnahmslos, mit einem steifen Muskeltonus, sogar mit einem Opisthotonus, mit Verdacht auf einen Schiefhals und mit Schwierigkeiten beim Fixieren beschrieben. Dem Kind werde ein "statomotorischer Entwicklungsrückstand" attestiert, welchen "die Mutter nicht so recht wahrhaben" wollte (so das Zitat im Arztbrief). Neben dem normalen Liquorbefund habe das EEG mäßig diffuse Allgemeinveränderungen gezeigt; die Befunde auf connatale Infektionen und Coxsackie seien negativ gewesen (Herpes simplex sei nicht untersucht worden). Die übrige Routineserologie inklusive Blutbild sei unauffällig (Ammoniak und Lactat seien nicht bestimmt worden), nur die Blutsenkungsgeschwindigkeit sei leicht erhöht gewesen.

Am 1. April 1983 sei der Beschwerdeführer wesentlich lebhafter und zugänglicher, aber noch immer in seiner statomotorischen Entwicklung nicht dem Alter entsprechend nach Hause und in die Kontrolle der Neuropädiatrischen Ambulanz entlassen worden.

In den folgenden Jahren sei der Beschwerdeführer noch weiter gegen Polio-Diphterie-Tetanus und Masern sowie Mumps geimpft worden; die Impfungen habe er problemlos vertragen.

Im Jahr 1983, in den Monaten nach der Entlassung aus dem Spital, sei der Beschwerdeführer - ausgehend von den Angaben seiner Eltern - träge gewesen, wie eine steife Puppe im Kinderwagen gelegen, mit dem Kopf nach hinten gerichtet und habe kein Spielzeug mehr angegriffen.

Auch bei den ambulanten neuropädiatrischen Untersuchungen sei trotz Fördermaßnahmen der Entwicklungsrückstand als immer größer werdend beschrieben und im Rahmen eines stationären Aufenthalts vom 1. Mai bis 11. Mai 1984 eine Abklärung durchgeführt worden. Alle zu diesem und zu einem späteren Zeitpunkt erhobenen Befunde seien normal gewesen (u.a. normales CT des Schädels, Ausschluss von Mucopolysacharidosen, Oligosacharidosen, Sialidosen und Gangliosidosen im 24-Stunden-Harn, unauffälliges Aminosäurenmuster in der Harn- und Serumelphor, keine Speichervakuolen für lysosomale Speicherkrankheiten, kein Hinweis auf ein genetisch chromosomales Leiden durch den Humangenetiker, normale Schilddrüsenwerte, normaler Augenbefund; ein NMR des Gehirns sei wegen Unruhe des Patienten nicht möglich gewesen).

Es seien lediglich deutliche Zeichen für eine Dysmorphie beschrieben worden (durchgehende Vierfingerfurche rechts, Kamptodyaktylie der vierten Zehe links, craniofaciale Dysmorphie mit Hypertelorismus, breitem eingezogenen Nasensattel, antimongoloider Lidachse, tiefsitzenden dysplastischen Ohren und Hypertrichosis). Daneben habe seit 1988 eine pflaumengroße mediane Halszyste in der Thyroidealoge von wechselnder Größe bestanden. Deutliche Knicksenkfüße beidseits mit kleinen Füßen und ein Rundrücken seien fortan orthopädisch auffällig gewesen. Der allgemeine Entwicklungsrückstand sei schließlich im Rahmen eines nicht näher bezeichneten Dysmorphiesyndroms gesehen worden.

In der Folge wird der "Status" des Beschwerdeführers von Dr. K wie folgt beschrieben:

" Status: Eutroph, Kopfumfang 55,5 cm.

Dysmorphiezeichen: durchgehende Vierfingerfurche rechts, unterbrochene Vierfingerfurche links; Kamptodyaktylie der 4. Zehe links; kleine Füße ( Schuhgröße 35 bei normaler Körperlänge); Craniofaciale Dysmorphie mit groben Gesichtszügen, vollen Lippen, Hypertelorismus, breitem eingezogenem Nasensattel, antimongoloider Lidachse, tiefsitzenden dysplastischen Ohren. Hoher Gaumen mit fehlenden Schneidezähnen nach einem Trauma. Eine starke Körperbehaarung und eine mediane Halscyste wechselnder Größe sind auch zu finden. (Siehe Foto). Sonst intern o.B. Hören normal.

Orthopädisch: Rundrücken; starke Knicksenkfüße beidseits, die Hüfte zentriert.

Augen: schlechter Blickkontakt; Visus: schaut dem Hund anamnestisch nach, erkennt ein Gesicht aus ca. 10 m Entfernung, schaut in den Fernseher, blättert in der Zeitung.

Neuropsychologische Untersuchung: Entwicklungsalter ca. 10 Monate (Denvertest).

Motorik: Tonus normal. Zehenkrallen, MER normal auslösbar. Umdrehen, Aufsetzen, freies Sitzen mit Abstützreaktion, geschicktes am Popo rutschen, kein Aufziehen zum Stehen, die Beine übernehmen Gewicht und (der Beschwerdeführer) steht für 3 Sekunden frei, um dann nach hinten umzufallen. Geht einige Schritte wenn man ihn an beiden Armen unterstützt. Kein Robben. (Der Beschwerdeführer) sitzt mit einem Rundrücken im Rolli, der Kopf ist meist nach links gelehnt. Der Rollstuhl kann nicht selber bedient werden.

Feinmotorik: unsicherer Pinzettengriff (blättert aber um), Ausräumen ist möglich. Stereotypes Andrehen der Rollstuhlräder. Kein Werkzeuggebrauch (z.B keine Stifthaltung).

Sprache: Vorsprachliches Lautieren in stereotyper Art. Spricht immer wieder die Floskel ('aber geh'). Echolalie ( wiederholt mehrmals das Wort Ja). Anamnestisch spreche (der Beschwerdeführer) folgende Wörter: Mama, Papa, Ja, Nein, Auto und Wärme - aber ohne ihnen Sinn zu geben.

Das Kommunikationsverhalten ist stark autistisch mit lautem Aufschreien; Eine Gestik wird aber verwendet (nach einer Aufforderung, das Licht einzuschalten, versteckt (der Beschwerdeführer) seine Hände hinter seinem Rücken).

Anamnestisch werden keine Aufträge befolgt. Hier kann ich aber mit (dem Beschwerdeführer) Ballspielen, er reicht mir die Hand und holt auch den Ball. Einfaches Imitieren ist also möglich.

Kognitive Leistungen: siehe oben.

Sozialverhalten: das autistische Verhalten ist ganz bestimmend, laufend Stereotypien und Impulsdurchbrüche. Dazwischen lehnt (der Beschwerdeführer) seinen Kopf, nach Kontakt und Zuwendung suchend, an den Vater.

Normales Schlafverhalten.

...

Diagnose:

Schwerste intellektuelle Behinderung mit autistischer

Begleitsymptomatik und Impulskontrollstörung

Schwere cerebrale Bewegungsstörung mit Rumpfhypotonie und Ataxie.

Dysmorphiesyndrom (nicht näher bezeichnet).

ZUSAMMENFASSUNG:

(Der Beschwerdeführer) zeigt eine schwere Mehrfachbehinderung dessen Ursache ungeklärt geblieben ist. Im Vordergrund steht eine schwerste intellektuelle Behinderung mit autistischer Begleitsymptomatik und Impulskontrollstörung. Aber auch eine cerebrale Bewegungsstörung mit Rumpfhyptonie und Ataxie ist relevant.

Deutliche Dysmorphiezeichen werden gefunden.

Der Verlauf der Erkrankung ist aus verschiedenen Gründen schwer einzuschätzen.

1) Die Krankengeschichte erstreckt sich über 28 Jahre, wobei das angeschuldigte Ereignis bereits 27 Jahre zurückliegt.

Ein Großteil der damals beteiligten Personen kann nicht mehr befragt werden, weil sie u.a. bereits im wohlverdienten Ruhestand sind.

Das menschliche Erinnerungsvermögen vermischt sich außerdem nach so langer Zeit mit Anekdoten und Interpretationen und lässt grundsätzlich Zweifel an den Aussagen zu. Glaubt man den Ausführungen der Eltern ist die Behinderung ihres Sohnes die Folge eines akuten Geschehens im 6. Lebensmonat.

2) Die schriftlichen Aufzeichnungen zur Krankengeschichte des (Beschwerdeführers) sind von sich heraus widersprüchlich.

Nimmt man die Mutter-Kind-Pass-Eintragungen her (welche von den Eltern ja als Dokumentenfälschung bezeichnet werden), bestand der Entwicklungsrückstand (des Beschwerdeführers) bereits seit dem 3. Lebensmonat. Allerdings war dieser Rückstand trotz Apathie und schrillem Schreien und letztendlich Optisthotonus des Kindes kein Hindernis, ihn mehrmals zu impfen.

Den Aufzeichnungen der Univ Kinderklinik Graz folgend kann man im März 1983 auch von einem akuten Geschehen ausgehen (ein zuvor normal entwickeltes Kind hat im Rahmen eines Infektes mit Otitis eine akute neurologische Symptomatik mit Opisthotonus, welche sofort abgeklärt wird, physiotherapiert wird, sich dann besserte aber nicht zurückbildete).

Man kann aber auch von einem bereits vorher bestehenden Leiden mit Entwicklungsrückstand ausgehen, 'welches die Mutter nicht wahrhaben wollte' und welches sich nach einer Infektion oder im Rahmen eines viralen Infektes mit kataboler Stoffwechselsituation oder nach einer Pertussisimpfung akut neurologisch verschlechterte.

So neige ich dazu, das klinische Bild im März 1983 durchaus als ein akutes Geschehen zu sehen. Zum Beispiel mit einer Encephalitis in Einklang stehend, - allerdings sprechen weder die Laborbefunde noch das EEG dafür.

Eine toxische Encephalopathie im Rahmen der infektbedingten Nahrungskarenz (z.B. bei neurometabolischer Grunderkrankung) wäre auch eine mögliche Differentialdiagnose gewesen.

An eine Impfencephalopathie, welche 1983 noch die gängige Lehrmeinung nach zellulärer Pertussisimpfung war, wurde weder vom behandelnden Oberarzt, selbst Mitglied des Impfausschusses des obersten Sanitätsrates, noch von den später behandelnden Ärzten, noch von den Eltern gedacht.

Von neuropädiatrischer Seite war die schwere Behinderung (des Beschwerdeführers), nach mehrfacher negativer Abklärung aber bei deutlicher Dysmorphie, der Ausdruck eines angeborenen Syndroms, welches nicht zugeordnet werden konnte.

Jedenfalls gab es stets nur langsame Entwicklungsfortschritte, wobei schließlich die Entwicklung (des Beschwerdeführers) auf dem Niveau eines 10 Monate alten Säuglings stehen blieb und eine autistische Begleitsymptomatik und Impulskontrollstörung zum Tragen kamen. Im motorischen Bereich verhinderten eine Rumphypotonie und Ataxie ein freies Gehen - ohne dass eine Cerebralparese zu diagnostizieren gewesen wäre.

Ob die einzelnen Rückschritte in den letzten Jahren die Folge mangelnder Therapien und Förderungen ist oder Folge der Erkrankung ist sei dahingestellt.

Eine Ursachensuche ist sicherlich auch nach 27 Jahren nochmals angebracht, wobei ein NMR des Gehirnes (zum Ausschluss von Fehlbildungen oder Narben) und eine Humangenetische Untersuchung mit FISH Analyse zum Ausschluss von Microdeletionen und ein Screenin auf Organoaciopathien als erstes angezeigt sind.

Eine Impfenzephalopathie kann heute (beim Beschwerdeführer) durch keine Untersuchung mehr nachgewiesen werden.

B) Impfstoff Diphterie Tetanus Pertussis

Hierbei handelt es sich um einen Kombinationsimpfstoff, bestehend aus abgetöteten Diphterie Tetanus und Pertussisantigenen.

Das Diphterie Toxin wird durch Formaldehyd entgiftet und an Aluminiumhydroxid adsorbiert. Im Kindesalter ist die Diphterietoxoid-Dosis höher als im Erwachsenenalter.

Relevante systemische Nebenwirkungen sind ganz selten.

Das Tetanus-Toxin wird durch Formaldehyd entgiftet und an Aluminiumhydroxid adsorbiert. Eine seltene Nebenwirkung ist bei Überimpfung eine Immunkomplexglomerulonephritis, ansonsten sind relevante Nebenwirkungen (Guilain Barre' Syndrom) ganz selten.

Der Pertussisanteil in der Impfung enthält ganze abgetötete Bordetella pertussis Bakterien, welche kulturell gezüchtet, durch Zentrifugation gereinigt und an Aluminiumhydroxid adsorbiert wurden.

Relevante Nebenwirkungen sind häufig und äußern sich als hypoton hyporesponsiven Episoden, Fieberkrämpfe, Epilepsie und möglicherweise selten als Postimmunisationsencephalopathie (Siehe unten).

Dieser 3 fach -Kombinationsimpfstoff war in den 80er und 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein vom Impfausschusses des obersten Sanitätsrates in Österreich empfohlener Impfstoff und wurde für die Reihenimpfungen im Säuglings- und Kleinkindesalter angewandt. Von 1990 - 1994 wurde der Impfstoff wegen der relativ häufigen Nebenwirkungen vom österreichischen Impfplan genommen.

Als während dieser Zeit der Keuchhusten mit seinen Komplikationen (Letalität bis zu 1%) in Österreich wieder anstieg, führte man 1994 diese Impfung wieder ein.

Nachsatz:

1996 gelang es, einen azellulären Pertussisimpfstoff einzuführen, welcher nur 3 Bestandteile (Schlüsselantigene) des Erregers enthielt (Pertussis Toxoid, Filmantöses Hämagglutinin und Peractin) und eine sehr gute Antikörperbildung (bis zu 90%) bewirkte. Entscheidend war aber der 5 bis 10 fache Rückgang der oben genannten Nebenwirkungen, wie er in vielen Studien weltweit nachgewiesen wurde.

Seit 1998 wird in Österreich kein Ganzkeim-Pertussisimpfstoff mehr vertrieben.

C) Pertussis Impfung und Verdacht auf Encephalopathie

Dieses Kapitel wird seit 30 Jahren bis heute in der Literatur verschieden diskutiert.

Der Zeitpunkt der Publikation, das Fachgebiet der Autoren ( Epidemiologe, Pädiater, Neuropädiater, Neurologe) und das Design der Publikation ( Retrospective und prospektive Fallstudien, epidemiologische Kohortenstudien, Lehrbuch) sind für das Ergebnis wesentlich.

1984 gibt die WHO bei DPT Impfungen eine Häufigkeit für die Impfencephalopathie von 0,1 - 3,0 pro 100.000 Impfungen (für epileptische Anfälle eine Häufigkeit von 0,3 - 90) an.

In einem 1991 erschienen Lehrbuch wird bei einem Impfencephalopathierisisko von 1:60.000 empfohlen, nicht mehr generell gegen Keuchhusten zu impfen.

Es wird angenommen, dass die tausenden Eiweißstrukturen des abgetöteten Ganzkeimpertussisimpfstoffes entweder toxisch (durch Neurotoxine wie Endotoxin, Pertussis Toxin and Adenylate Cyclase) oder allergisch (aufgrund myelinähnlicher Eiweißstrukturen) schädigend auf das ZNS wirken. Diese Wirkung tritt innerhalb von 3 Tagen nach der Impfung ein.

1991 wird in der US National Childhood Encephalopathy Studie das Risiko für eine Enzephalopathie nach Pertussisimpfung mit 0.0 - 10.5 Fälle pro Million Impfungen gefunden.

Ein kausaler Zusammenhang wurde nicht gefunden. Die Möglichkeit eines kausalen Zusammenhangs wurde aber vom Komitee gewährt.

Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Pertussisimpfung und dem Auftreten einer Impfenzephalopathie war häufiger zu sehen wenn die Impflinge zuvor bereits eine Schädigung des ZNS aufwiesen.

Es fand sich aber in der Studie keine ausreichende Evidenz für das Auftreten oder Nicht Auftreten von bleibenden Hirnschäden.

1994 wurde dieses Ergebnis in einer englischen Studie bestätigt, wobei man individuelle Faktoren bei Impflingen vermutete, welche eine Impfenzephalopathie bekamen. Die Fortsetzung der Ganzkeimimpfung DPT wurde empfohlen, da das Risiko im Vergleich zum Nutzen der Impfung wesentlich geringer war.

1996 wurde der azelluläre Pertussisimpfstoff auf den Markt gebracht.

2004 wurde in Studien, unter anderem vom US Institute of Medicine, belegt, dass die azelluläre Pertussis Impfung wesentlich weniger Nebenwirkungen aufwies und schwere neurologische Störungen viel seltener auftraten als bei der Ganzzellimpfung. Es wurde empfohlen, weltweit auf die aP Vaccine umzusteigen.

2006 wurde in einer großen retrospektiven Case Control Studie mit mehr als 2 Millionen US Kindern, welche zwischen 1981 und 1995 gegen DPT und Masern geimpft wurden, kein erhöhtes Risiko für eine Enzephalopathie nach der Impfung gefunden (Risiko für die Ganzkeimpertussis 0,45-3,31 pro Million Impflinge).

2007 wird ein deutlicher Rückgang von epileptischen Anfällen nach Impfungen seit dem Einführen der azellulären Pertussis Impfung gefunden. Erstmals werden aber auch Personen identifiziert, deren angeschuldigte Impfenzephalopathie sich als eine genetische Mutation des Natriumkanals der neuronalen Zellmembran entpuppte.

2008 wurde bei elf von 14 Kindern, welche zuvor als Diagnose eine Impfenzephalopathie hatten, die angeborene Störung einer Mutation des SCN1A Genes gefunden, welches für den Natriumkanal der neuronalen Zellmembran codiert.

2010 wurde in einer weiteren Publikation diese Mutation des SCN1A Genes als eigentliche Grunderkrankung nach einer vermeintlichen Impfreaktion bestätigt.

2010 wurde auch die Hypothese aufgestellt, dass auch andere Grunderkrankungen, wie Störungen in der Betaoxydation der Fettsäuren, eine spezielle Empfindlichkeit bei Kindern darstellen. Appetitlosigkeit, Fieber nach Impfungen würden den katabolen Stoffwechsel zur Entgleisung bringen.

Ich erlaube mir nach dem Studium der 108 Abstracts, welche auf Pub Med in der Onlinesuche angeführt sind und nach Lehrbuchangaben folgendes zum Thema Pertussisimpfung und Encephalopathie zusammenzufassen:

Nach einer zellulärer Pertussisimpfungen können grundsätzlich Encephalopathien besonders bei neurologisch vorgeschädigten Kindern innerhalb von 3 Tagen auftreten.

Das Risiko hierfür ist sehr gering (zwischen 0-10 pro Million Impfungen. 3 Fälle im Mittel). Seit 1980 wurden mit einer verbesserten Diagnostik in der Neuropädiatrie-Neurologie zunehmend eigene Erkrankungen identifiziert, welche zwar einen zeitlichen aber keinen kausalen Zusammenhang zur Impfung zeigten. Dementsprechend musste das Risiko für eine Impfenzephalopathie um das 10 fache reduziert werden.

Es ist also zu beachten, dass sich hinter einer sogenannten Impfenzephalopathie oft eine andere Grunderkrankung verbirgt.

Eine Störung im Natriumkanal der neuronalen Zellmembran wurde in den letzten Jahren mehrfach identifiziert.

Weitere Erkrankungen könnten in Zukunft folgen.

Unabhängig davon hat mit der azellulären Pertussisimpfung die Nebenwirkungsrate der Pertussisimpfung seit 1996 wesentlich abgenommen.

Literaturangaben

...

D) Zusammenfassung und Diskussion

Welche Fakten sprechen für einen Impfschaden durch die DPT Impfung beim (Beschwerdeführer):

Grundsätzlich ist eine Postimmunisationsenzephalopathie durch eine Ganzkeimpertussisimpfung möglich.

(Der Beschwerdeführer) wurde mit dem Kombinationsimpfstoff DPT, welcher eine Ganzkeim-Pertussis-Vaccine enthält, 1983 geimpft.

Das Intervall zwischen Impfung und dem Auftreten schwerer neurologischer Symptome ist mit dem in der Literatur angegebenen übereinstimmend.

(Der Beschwerdeführer) hat möglicherweise eine genetisch bedingte neurologische Vorerkrankung, welche das Risiko für eine Pertussisencephalopathie grundsätzlich erhöhen kann.

Welche Fakten sprechen gegen einen Impfschaden durch die DPT Impfung (beim Beschwerdeführer):

Das Risiko, eine Postimmunisationsenzephalopathie durch eine Ganzkeimpertussisimpfung zu bekommen, ist allgemein sehr gering (0- 10 pro 1 Million Impfungen, - im Mittel 3 pro 1 Million).

(Beim Beschwerdeführer) besteht der dringende Verdacht auf eine neurologische Vorerkrankung, welche als primäre Ursache für die schwere Mehrfachbehinderung herangezogen werden muss.

Der dringende Verdacht auf eine neurologische Vorerkrankung stützt sich auf die zahlreichen typischen Dysmorphiesymptome des Patienten, auf die ärztlichen Angaben im Mutter-Kindpass (neurologisch bereits am 28.12.1982, also 3 Monate vor der angeschuldigten DPT Impfung auffällig gewesen) und auf den Arztbrief der Univ Kinderklinik Graz vom 8.4.1983.

In diesem wird (dem Beschwerdeführer) ein Entwicklungsrückstand, welchen die Mutter nicht so recht wahrhaben wollte, attestiert. Außerdem findet die Möglichkeit einer Impfenzephalopathie im Brief keinerlei Erwähnung durch den stationsführenden Oberarzt, ein Mitglied des Impfausschusses des obersten Sanitätsrates. (Anm: 1983 wurde noch die Lehrmeinung vertreten , dass Postimmunisationsencephalopathien bei 3 von 100.000 Pertussisimpfungen auftreten).

Häufigere neurologische Erkrankungen als es die Postimmunisationsencephalopathie ist, welche mit Symptomen einhergehen, wie (der Beschwerdeführer) sie aufweist, wurden nicht abgeklärt (u.a. anderem durch ein NMR des Gehirnes, eine humangenetische Untersuchung mit FISH Analyse, einen Nachweis einer Natriuminonenkanalstörung, eine gaschromatographischen Untersuchung auf organische Acidopathien).

Die normalen Blutbefunde und Liquorbefunde und das wenig auffällige EEG des neurologisch akut auffälligen Säuglings, welche vom 3. bis zum 14. Tage nach der DPT Impfung gefunden wurden, lassen keinerlei Rückschlüsse auf ein akutes neurologisches Geschehen zu. Die ausgeprägte neurologische Symptomatik von Stefan und die in der Literatur vermuteten Pathomechanismen für eine Postimmunisationsenzephalitis (toxisch, allergisch) würden aber pathologische Befunde erwarten lassen.

Die Tatsache, dass die Eltern innerhalb der vergangen 27 Jahre nicht den Impfschadensfall ihres Sohnes vorgebracht haben, lässt an ihrer Überzeugung bezüglich einer Impfenzephalopathie zweifeln.

Obwohl sie stets der Meinung waren, dass die Mehrfachbehinderung ihres Sohnes sofort nach der Impfung auftrat, Folge eines akuten Geschehens war und dem Hausarzt bereits 1983 eine Dokumentenfälschung im Mutter Kindpass unterstellten, haben sie dies z.B. bei keiner der neuropädiatrischen Untersuchungen öffentlich gemacht.

Zusammenfassend muss ich anerkennen, dass die 28 jährige Krankengeschichte und die fehlende Diagnose für die Mehrfachbehinderung des (Beschwerdeführers) widrige Voraussetzungen zur Gutachtenerstellung für das Impfschadensgesetz sind.

Der berechtigte Verdacht auf eine eigene neurologische Erkrankung des (Beschwerdeführers), welche vielleicht noch zu diagnostizieren sein wird, ein normaler Liquorbefund und ein kaum auffälliges EEG in der neurologischen Akutsituation und das letztendlich geringe Risiko für eine Postimmunisationsenzephalopathie nach Ganzkeimpertussisimpfung machen einen Impfschadensfall aber unwahrscheinlich."

Der Sachwalter des Beschwerdeführers wendete dagegen zusammengefasst Folgendes ein:

Die Annahme, der Beschwerdeführer habe möglicherweise eine genetisch bedingte neurologische Vorerkrankung aufgewiesen, sei bislang durch keine Untersuchung bestätigt worden.

Die Eintragungen im Mutter-Kind-Pass auf S. 18, die auf Auffälligkeiten hinwiesen (mit Datum 28. Dezember 1982), auf die der Sachverständige seinen dringenden Verdacht einer neurologischen Vorerkrankung stütze, seien erst nachträglich erfolgt, nämlich nach der Impfung im März 1983, nachdem der Hausarzt den Arztbrief vom LKH Graz erhalten habe. Dazu führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, die entsprechenden Eintragungen hätten - im Original leicht erkennbar - eine andere schriftliche Ausformung; zudem sei bei der Position "motorische Entwicklung" sowohl als "unauffällig" als auch "auffällig" angekreuzt worden und der Beschwerdeführer sei an diesem Tag, am 28. Dezember 1982, von demselben Arzt geimpft worden, obwohl dieser Arzt zuvor eine "abnorme Apathie" und ein "schrilles Schreien" festgestellt habe, weshalb (wäre dieser Befund zutreffend gewesen) die Impfung zu diesem Zeitpunkt unterbleiben hätte müssen.

Der Beschwerdeführer legte weiters ein von ihm eingeholtes Gutachten des Instituts für Humangenetik der Medizinischen Universität Graz vom 13. September 2010 vor. In diesem Gutachten (AS 123 bis 127) wird (zusammengefasst) dargelegt, dass eine - näher beschriebene - humangenetische Untersuchung des Beschwerdeführers keinen Hinweis auf eine genomische Aberration erbracht habe, welche die bestehende Behinderung erklären könnte. Wiewohl beim Beschwerdeführer näher genannte genetisch bedingte Ursachen für relativ häufig auftretende Behinderungen, die nicht selten mit gewissen Dysmorphien verbunden seien, nicht nachgewiesen worden seien, seien damit weder kleinere, möglicherweise ebenfalls relevante Veränderungen ausgeschlossen, noch (näher genannte) Veränderungen einzelner Erbanlagen. Aus humangenetischer Sicht könne also derzeit keine "Bestätigung für einen gesicherten Impfschaden", verursacht durch die DTP-Impfung im ersten Lebensjahr, abgegeben werden.

Nach einer Befassung ihres ärztlichen Dienstes, der (zusammengefasst) ausführte, das humangenetische Gutachten enthalte keine neuen Aspekte für die Kausalitätsbeurteilung, wies die Erstbehörde mit Bescheid vom 18. Oktober 2010 den Antrag des Beschwerdeführers gemäß §§ 1b und 3 des Impfschadengesetzes ab.

Ausgehend vom Gutachten Dris. K sei das Vorliegen eines Impfschadens als unwahrscheinlich zu beurteilen (die Erstbehörde verwies insbesondere auf das sehr geringe Risiko eines durch eine DPT-Impfung verursachten Impfschadens, den dringenden Verdacht einer neurologischen Vorerkrankung und die normalen Blut- und Liquorbefunde sowie das wenig auffällige EEG, welche Befunde keinerlei Rückschlüsse auf ein akutes neurologisches Geschehen zugelassen hätten).

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer (zusammengefasst) Folgendes geltend:

Die beim Beschwerdeführer im Anschluss an die Impfung, etwa zwei Stunden später, aufgetretenen Symptome entsprächen denen einer Virusinfektion und seien damit für einen Impfschaden typisch. Eine andere wahrscheinlichere Erklärungsmöglichkeit sei nicht schlüssig begründet worden: Das Argument des Gutachters Dr. K, die normalen Blut- und Liquorbefunde sowie der wenig auffällige EEG-Befund ließen keinerlei Rückschlüsse auf ein akutes neurologisches Geschehen zu, vernachlässige, dass sich akute Gehirnerkrankungen bei Kindern erst ab dem dritten Lebensjahr feststellen ließen. Das humangenetische Gutachten habe Hinweise auf eine genomische Aberration verneint. Der Beschwerdeführer verwies hinsichtlich der geltend gemachten Widersprüchlichkeit der Eintragungen im Mutter-Kind-Pass betreffend den 28. Dezember 1982 auch darauf, dass in der klinischen Dokumentation der Universitätskinderklinik jeglicher Hinweis auf eine Eintragung im Mutter-Kind-Pass bezüglich abnormaler Symptome vor der Impfung fehle, wobei aber die Erhebung von Vorbefunden durch die Klinik gerade bei den geschilderten Symptomen unbedingt induziert gewesen sei.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

In der Begründung gab sie zunächst (zusammengefasst) den erstinstanzlichen Bescheid und die dagegen erhobene Berufung wieder und legte dar, dass sie ein weiteres Sachverständigengutachten (Dris. S vom 23. März 2011) eingeholt habe, dessen vollständiger Inhalt wiedergegeben wurde. Der Beschwerdeführer habe dagegen Einwendungen erhoben, deren wesentlicher Inhalt im Bescheid wiedergegeben wurde. Dazu sei seitens der belangten Behörde ein ergänzendes Gutachten des Sachverständigen Dr. K (vom 8. September 2011) eingeholt worden, dessen vollständiger Inhalt ebenfalls wiedergegeben wurde.

Der Beschwerdeführer habe die Richtigkeit dieses (Ergänzungs-)gutachtens weiterhin bestritten, weshalb ein nervenfachärztliches Gutachten (Dris. M vom 20. Jänner 2012) eingeholt worden sei, dessen vollständiger Inhalt (abgesehen von Literaturnachweisen) wiederum wiedergegeben wurde.

Nach einer zusammenfassenden Darstellung der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Einwände (dieser habe zudem weitere Befunde vorgelegt, mit denen näher genannte angeborene Schädigungen ausgeschlossen würden) wurde von der belangten Behörde dargelegt, dass am 15. Oktober 2012 eine weitere Gutachtensergänzung durch Dr. K vorgenommen worden sei; auch deren Inhalt wurde vollständig wiedergegen.

Dagegen habe der Beschwerdeführer eine "umfangreiche Stellungnahme" abgegeben, bei der es sich nach Auffassung der belangten Behörde im Wesentlichen um eine Wiederholung der bisherigen Einwände handle, und ein ärztliches Privatgutachten Dris. M vom 13. Dezember 2012 vorgelegt.

Im weiteren legte die belangte Behörde die maßgebenden Bestimmungen des Impfschadengesetzes und des Heeresversorgungsgesetzes dar und führte aus, dass ein Anspruch auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz schon im Fall der Wahrscheinlichkeit der Kausalität der Impfung für die vorliegende Gesundheitsschädigung bestehe, wobei dafür drei Kriterien (passende Inkubationszeit, entsprechende Symptomatik, keine wahrscheinlichere andere Ursache) maßgebend seien. Zu prüfen sei daher, ob ein klarer zeitlicher Zusammenhang bestehe, also die "Inkubationszeit" stimme, ob die Symptomatik des als Ursache der späteren Behinderung angesehenen akuten Schadensereignisses im Wesentlichen dem Bild einer Komplikation nach einer Virusinfektion entspreche und ob eine andere Erklärung wahrscheinlicher sei. Jedenfalls bei Erfüllung dieser drei Kriterien sei von der Wahrscheinlichkeit der Kausalität der Impfung für die betreffende Gesundheitsschädigung auszugehen.

Von der Behörde sei also zu prüfen, ob eine ausreichende Wahrscheinlichkeit gegeben sei; die bloße Möglichkeit eines kausalen Zusammenhanges reiche nicht aus. Wahrscheinlichkeit sei dann gegeben, wenn nach der geltenden ärztlichenwissenschaftlichen Lehrmeinung erheblich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spreche. Die rechtliche Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs setze voraus, dass der Kausalzusammenhang im medizinisch-naturwissenschaftlichen Sinn geklärt werde und dass allenfalls strittige Tatsachen im Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis und der Krankheitsvorgeschichte von der Behörde ermittelt und festgestellt würden.

Die folgenden Ausführungen der belangten Behörde lauten:

"Die eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten von Dr. S, Dr. K und Dr. M sind schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf. Es wird ausführlich und überzeugend begründet, warum die objektivierte Gesundheitsschädigung nicht mit Wahrscheinlichkeit von der angeschuldigten Impfung verursacht wurde.

Auf Basis der vorliegenden Unterlagen ist als wahrscheinlichste Ursache eine angeborene kausal genetisch angelegte Dysmorphie anzunehmen. Im zeitlichen Zusammenhang mit der angeschuldigten DPT-Impfung ist es infolge eines Infektes zu einer akuten Verschlechterung der cerebralen. Symptomatik gekommen. Die Ursache der cerebralen Symptomatik im März 1983 konnte nicht geklärt werden, wobei sich in der akuten Phase im Liquor und im EEG keine Hinweise für eine schwere Encephalopathie fanden. Auch die im Jahr 1984 durchgeführte CT des Gehirns und die im Jahr 2012 durchgeführte NMR des Gehirns haben keinen Hinweis auf eine abgelaufene schwere Encephalopathie gezeigt.

Auch wurde im bekämpften Verfahren ein pädiatrisches Fachgutachten von Dr. K eingeholt, welches im Ergebnis mit den neuerlich erstellten Sachverständigengutachten übereinstimmt.

Das Vorbringen und die im Rahmen des Parteiengehörs erhobenen Einwendungen wurden berücksichtigt. Die zum neuerlich erteilten Parteiengehör erhobenen Einwände wiederholen im Wesentlichen das bisher erstattete Vorbringen. Die als Privatgutachten bezeichneten allgemeinmedizinischen Ausführungen Dris. M vermögen die bisherige fachärztliche Beurteilung nicht zu entkräften. Dr. M zieht die fachärztliche Beurteilung pauschal in Zweifel, indem er einerseits den dokumentierten Sachverhaltselementen rein spekulative Fragestellungen entgegenhält. Andererseits beinhaltet seine Stellungnahme Behauptungen, ohne nachvollziehbare Begründung.

Die Sachverständigengutachten von Dr. S, Dr. K und Dr. M werden in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

Dem Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens durch einen Sachverständigen für Impfschädigen wurde nicht stattgegeben, weil bereits insgesamt 4 Gutachten aus den Fachgebieten Kinder- und Jugendheilkunde sowie Neurologie eingeholt wurden.

Weder nach dem AVG noch nach den Bestimmungen des Impfschadengesetzes ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zwingend vorgesehen. Im Rahmen des Parteiengehörs hatte der Berufungswerber die Möglichkeit sich zu äußern, eventuelle Einwände zu erheben oder neue Beweismittel vorzulegen. Von dieser Möglichkeit wurde auch umfassend Gebrauch gemacht. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird daher abgesehen.

Den Grad der geforderten Wahrscheinlichkeit konnten die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht begründen. Dass ein Zusammenhang nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden kann, also grundsätzlich die Möglichkeit besteht, reicht für die Anerkennung als Impfschaden nicht aus. Ein Zusammenhang zwischen angeschuldigter Impfung und Gesundheitsschädigung muss zumindest wahrscheinlich sein.

Da der geforderte Grad an Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhanges zwischen der bestehenden Gesundheitsschädigung und der angeschuldigten Impfung nicht festgestellt werden konnte, kann von einem Impfschaden im Sinne des Impfschadengesetzes nicht ausgegangen werden."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Gemäß § 1b Abs. 1 Impfschadengesetz hat der Bund - nach Maßgabe dieses Gesetzes - für Schäden Entschädigung zu leisten, die durch eine Impfung verursacht worden sind, die nach einer gemäß Abs. 2 erlassenen Verordnung zur Abwehr einer Gefahr für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung im Interesse der Volksgesundheit empfohlen ist.

Nach Abs. 2 sind durch Verordnung jene Impfungen zu bezeichnen, die nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft zur Abwehr einer Gefahr für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung im Interesse der Volksgesundheit empfohlen sind.

Nach Abs. 3 ist - nach Maßgabe dieses Gesetzes - Entschädigung jedenfalls für Schäden zu leisten, die durch im jeweils ausgestellten Mutter-Kind-Pass genannte Impfungen verursacht worden sind.

Für durch die "angeschuldigte", im Mutter-Kind-Pass genannte Diphterie-Pertussis-Tetanus-Impfung vom 17. März 1983 verursachte Schäden hätte der Bund daher nach Maßgabe des Impfschadengesetzes Ersatz zu leisten.

Gemäß § 3 Abs. 3 Impfschadengesetz ist bei der Beurteilung eines Entschädigungsanspruchs nach dem Impfschadengesetz (u.a.) § 2 des Heeresversorgungsgesetzes (HVG) sinngemäß anzuwenden.

§ 2 HVG lautet - auszugsweise - wie folgt:

"§ 2. (1) Eine Gesundheitsschädigung ist als Dienstbeschädigung im Sinne des § 1 anzuerkennen, wenn und insoweit die festgestellte Gesundheitsschädigung zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis oder die der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse ursächlich zurückzuführen ist. ...

(2) Die Glaubhaftmachung eines ursächlichen Zusammenhanges durch hiezu geeignete Beweismittel genügt für die Anerkennung einer Gesundheitsschädigung als Dienstbeschädigung, wenn die obwaltenden Verhältnisse die Beschaffung von Urkunden oder amtlichen Beweismitteln zur Führung des Nachweises der Ursächlichkeit ausschließen.

..."

2. Nach der auch im Beschwerdefall anzuwendenden Rechtslage besteht also der Anspruch auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz nicht nur bei einem "Kausalitätsnachweis", sondern schon im Falle der "Kausalitätswahrscheinlichkeit". Davon ausgehend ist jedenfalls dann, wenn auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens anzunehmen ist, dass die drei maßgeblichen Kriterien (passende Inkubationszeit, entsprechende Symptomatik, keine andere wahrscheinlichere Ursache) erfüllt sind, von der Wahrscheinlichkeit der Kausalität der Impfung für die betreffende Gesundheitsschädigung auszugehen (ständige Judikatur; vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. März 2014, Zl. 2011/11/0024 und Zl. 2011/11/0112, vom 16. Dezember 2013, Zl. 2013/11/0081 und Zl. 2011/11/0180, vom 23. Mai 2013, Zl. 2011/11/0114, vom 20. März 2012, Zl. 2009/11/0195, und vom 30. September 2011, Zl. 2011/11/0113, jeweils mwN).

Anhand dessen ist zu überprüfen, ob die belangte Behörde ohne Rechtswidrigkeit zu dem Ergebnis gelangte, es sei im vorliegenden Fall nicht einmal die Wahrscheinlichkeit einer Kausalität der gegenständlichen Impfung für die Gesundheitsschäden des Beschwerdeführers anzunehmen.

3. Die belangte Behörde hat - wie dargelegt - ihrer Entscheidung die Auffassung zugrunde gelegt, als "wahrscheinlichste Ursache" für die beim Beschwerdeführer bestehenden Gesundheitsschädigungen sei "eine angeborene kausal genetisch angelegte Dysmorphie" anzunehmen. Es sei im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung infolge eines Infekts zu einer akuten Verschlechterung der zerebralen Symptomatik gekommen. Die Ursache der zerebralen Symptomatik im März 1983 habe nicht geklärt werden können; spätere Untersuchungen hätten keinen Hinweis auf eine abgelaufene schwere Enzephalopathie gezeigt.

Die im Berufungsverfahren eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten von Dr. S, Dr. K und Dr. M seien schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei und stimmten im Ergebnis mit dem von der Erstbehörde eingeholten Gutachten Dris. K überein; die dagegen erhobenen Einwendungen seien "berücksichtigt" worden. Die als "Privatgutachten" bezeichneten allgemeinmedizinischen Ausführungen Dris. Ma. hätten die bisherige fachärztliche Beurteilung nicht zu entkräften vermocht, zumal diese lediglich pauschal, unter Entgegenhaltung rein spekulativer Fragestellungen, in Zweifel gezogen worden sei.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sei weder nach dem AVG noch nach dem Impfschadengesetz zwingend vorgesehen; der Beschwerdeführer habe die Möglichkeit gehabt, sich im Rahmen des Parteiengehörs zu äußern, Einwände zu erheben und neue Beweismittel vorzulegen.

4. Die Beschwerde macht dagegen - auf das Wesentliche zusammengefasst - Folgendes geltend:

Die Gutachten, auf die sich die belangte Behörde gestützt habe, seien entgegen deren Auffassung unschlüssig und widersprüchlich; entscheidende Fragen seien nicht beantwortet worden. Die belangte Behörde habe es unterlassen, eine Abwägung der einzelnen Argumente vorzunehmen und sich vielmehr pauschal auf die ohne nähere Begründung und ohne Auseinandersetzung mit dem entgegenstehenden Vorbringen des Beschwerdeführers als schlüssig bezeichneten Gutachten gestützt. Die vom Beschwerdeführer beantragte Befragung der beigezogenen Sachverständigen im Rahmen einer mündlichen Verhandlung sei zu Unrecht unterlassen worden, eine eingehende Auseinandersetzung mit dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten des Sachverständigen Dr. Ma unterblieben.

Wie schon im ersten Gutachten des Sachverständigen K dargelegt worden sei, sei die Inkubationszeit bis zum Auftreten der Symptome beim Beschwerdeführer stimmig gewesen. Es bestehe aber nicht nur ein klarer zeitlicher Zusammenhang, auch die wesentlichen Symptome, die für eine impfbedingte Enzephalitis typisch seien, seien damals aufgetreten. Die Auffassung der von der Behörde beigezogenen Sachverständigen und diesen folgend der belangten Behörde, eine andere Ursache als die Impfung sei wahrscheinlicher für den eingetretenen Schaden, sei nicht schlüssig begründet worden. Der Beschwerdeführer weist diesbezüglich - mit näherem Vorbringen bzw. Fragestellungen - darauf hin, dass die Eintragung vom 28. Dezember 1982 strittig sei; es dürfe daher der Beurteilung nicht zugrunde gelegt werden, dass schon zu diesem Zeitpunkt, also etwa drei Monate vor der angeschuldigten Impfung, ein Entwicklungsrückstand beim Beschwerdeführer festgestellt worden sei.

Zum Argument, bei der Untersuchung des Beschwerdeführers im Rahmen seines Aufenthalts im März 1983 - nach der angeschuldigten Impfung - auf der Universitätskinderklinik Graz seien unauffällige Liquorwerte und ein nur wenig auffälliges EEG festgestellt worden, verweist die Beschwerde auf das Vorbringen im Verwaltungsverfahren, wonach derartige Befunde bei Entzündungen des Gehirns in den ersten zwei Lebensjahren regelmäßig negativ seien, was zuletzt auch der Sachverständige Dr. K eingeräumt habe.

Die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer - wegen Unterlassung der Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Beiziehung des Sachverständigen - die Möglichkeit genommen, die vom Beschwerdeführer gestellten ergänzenden Fragen beantworten zu lassen.

5. Dieses Vorbringen ist im Ergebnis zielführend.

Die belangte Behörde hat zwar zutreffend erkannt, dass für die Anerkennung eines Impfschadens die Wahrscheinlichkeit eines Kausalzusammenhangs zwischen Impfung und Gesundheitsschädigung reicht und dass dabei die im gegebenen Zusammenhang relevanten drei Kriterien für die Anerkennung eines Impfschadens zu prüfen sind. Sie ist aber den daraus resultierenden Verpflichtungen nicht in ausreichendem Maß nachgekommen:

5.1. Zum angefochtenen Bescheid ist einleitend zunächst festzuhalten, dass die iSd §§ 58, 60 AVG gebotene Entscheidungsbegründung verlangt, in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die für die Beweiswürdigung maßgebliche Erwägungen sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dies erfordert in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche die Behörde im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheids geführt haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 2015, Zl. 2013/11/0079, sowie - auch zu der die Verwaltungsgerichte nach § 29 Abs. 1 VwGVG treffenden Begründungspflicht - das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2014, Zl. Ro 2014/03/0076).

Die angefochtene Entscheidung lässt den derart gebotenen klaren Aufbau ebenso vermissen wie eindeutige Feststellungen zum maßgeblichen Beweisthema. Die belangte Behörde hat sich damit begnügt, die im Verwaltungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten (großteils zur Gänze) wiederzugeben, es aber unterlassen, selbständige Feststellungen - insbesondere zu den für die Beurteilung der drei maßgeblichen Kriterien relevanten Parametern - zu treffen. Die bloße Wiedergabe der im Verwaltungsverfahren eingeholten, viele Seiten umfassenden Sachverständigengutachten, die nur ein Beweismittel darstellen, vermag die Feststellung des für die Entscheidung relevanten Sachverhalts aber nicht zu ersetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 2011, Zl. 2011/11/0113). Schon insoweit ist der angefochtene Bescheid mit einem relevanten Verfahrensmangel behaftet.

5.2. Vor dem Hintergrund des Beschwerdefalls ist weiter in Erinnerung zu rufen, dass dann, wenn bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts Vorgänge der Krankheitsvorgeschichte strittig sind, die Entscheidung darüber, welcher Sachverhalt der durch den Sachverständigen vorzunehmenden wissenschaftlichen (medizinischen) Beurteilung zu Grunde zu legen ist, der Verwaltungsbehörde und nicht dem Sachverständigen obliegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2001, Zl. 2000/11/0263, zu einer vergleichbaren Konstellation ausgeführt hat:

"Die Aufgabe des Sachverständigen besteht ... darin, bei der

Ermittlung der naturwissenschaftlichen (medizinischen) Grundlagen für diese rechtliche Beurteilung mitzuwirken. Die Entscheidung darüber, ob fragliche oder streitige Vorgänge der Krankheitsvorgeschichte als wahr anzunehmen sind, obliegt jedoch ausschließlich der Verwaltungsbehörde, weil nur ihr und nicht dem Sachverständigen das Recht der freien Beweiswürdigung zusteht. Das schließt freilich nicht aus, dass auch im Rahmen der Feststellungen zur Vorgeschichte dem ärztlichen Sachverständigen wesentliche Funktionen zukommen können und zwar dann, wenn eine Frage der Vorgeschichte in den medizinischen Fachbereich fällt. Solange sich aber die Verwaltungsbehörde nicht darüber schlüssig geworden ist, welcher Sachverhalt der Krankheitsvorgeschichte als wahr anzunehmen ist, mangelt es an der für die Abgabe eines Sachverständigengutachtens erforderlichen sachlichen Grundlage. Die Verwaltungsbehörde hat daher die Tatsachen der Krankheitsvorgeschichte, die eines Beweises bedürfen, nach Durchführung aller erforderlichen Ermittlungen (einschließlich der erforderlichen Befragung durch den Sachverständigen im zuvor genannten Sinn) und nach Einhaltung des Parteiengehörs in freier Beweiswürdigung zu beurteilen, welcher Sachverhalt der Krankheitsvorgeschichte als erwiesen anzunehmen ist. Diesen als erwiesen angenommenen Sachverhalt hat die Verwaltungsbehörde dem ärztlichen Sachverständigen zur Verwertung im Sachverständigengutachten bekannt zu geben."

Es wäre also der belangten Behörde oblegen, selbst - nach Aufnahme der erforderlichen Beweise und Würdigung allenfalls unterschiedlicher Ergebnisse - Feststellungen zur Frage des erstmaligen Auftretens/Erkennens eines Entwicklungsrückstands beim Beschwerdeführer zu treffen. Der Beschwerdeführer hatte bereits im Verwaltungsverfahren mit mehreren - nicht von vornherein als untauglich erkennbaren - Argumenten behauptet, dass die diesbezügliche Eintragung vom 28. Dezember 1982 vom behandelnden Hausarzt erst später, nämlich nach dem Aufenthalt des Beschwerdeführers an der Universitätskinderklinik in Graz im März 1983, eingefügt worden sei. Die belangte Behörde hatte zwar im Rahmen des Auftrags an die Sachverständige Dr. M, ein Gutachten

zur Frage, "ob eine neurologische Grunderkrankung ... vorliegt",

zu erstatten, diese angewiesen, die strittige Eintragung für unbeachtlich zu halten; dennoch hat sich der Sachverständige Dr. K in seinem Ergänzungsgutachten (ebenso wie Dr. S) zentral auf diese Eintragung gestützt und die belangte Behörde ist dem - ohne beweiswürdigende Auseinandersetzung mit der Argumentation des Beschwerdeführers - gefolgt.

Der belangten Behörde ist zuzugestehen, dass dann, wenn ein Entwicklungsrückstand beim Beschwerdeführer bereits (drei Monate) vor Verabreichung der strittigen, nun angeschuldigten Impfung aufgetreten wäre, dies ein gewichtiges Indiz für die Richtigkeit der Annahme der Sachverständigen darstellt, der Beschwerdevorführer habe an einer Vorerkrankung gelitten. Dieser strittige Umstand hätte aber nicht ohne beweiswürdigende Auseinandersetzung mit der Argumentation des Beschwerdeführers zugrunde gelegt werden dürfen.

5.3. Auch hinsichtlich eines weiteren Parameters, auf den die beigezogenen Amtssachverständigen und ihnen folgend die belangte Behörde ihre Annahme, die Leiden des Beschwerdeführers hätten eine andere (wahrscheinlichere) Ursache als die verabreichte Impfung, gestützt hatten, fehlt es bislang an ausreichender Klarheit, wie die Beschwerde aufzeigt:

Die beigezogenen Amtssachverständigen haben den - auch vom Beschwerdeführer insoweit nicht in Frage gestellten - Umstand, dass der Beschwerdeführer anlässlich seines auf die Verabreichung der "angeschuldigten" Impfung folgenden stationären Aufenthalts an der Kinderklinik Graz "normale" Blut- und Liquorbefunde und ein nur "wenig auffälliges" EEG aufgewiesen hatte, als gewichtiges Argument dafür angesehen, dass eine impfbedingte Enzephalitis, die pathologische Befunde erwarten lassen würde, nicht vorgelegen sei.

Diese Annahme, das Fehlen von auffälligen Liquorwerten sei als deutliches Indiz dafür zu werten, dass damals ein akutes infektiöses Geschehen nicht aufgetreten sei, wäre dann schlüssig, wenn bei Auftreten eines akuten infektiösen Geschehens in jedem Fall derartige Werte zu erwarten (gewesen) wären. Eben dies hat der Beschwerdeführer aber - unter Hinweis auf das damalige geringe Alter des Beschwerdeführers und auf angebliche Lehrmeinungen - bestritten, und in seinem Antrag auf Gutachtensergänzung vom 5. April 2012 diesbezüglich auf ein gleichzeitig vorgelegtes Schreiben des Sachverständigen Dr. K an ihn vom 14. Jänner 2012 (AS 134/66), wonach dem Sachverständigen "die Möglichkeit der fehlenden Liquorveränderungen bei Encephalopathien natürlich bekannt" sei, verwiesen. Der Sachverständige Dr. K hat in seinem zweiten Ergänzungsgutachten vom 15. Oktober 2012 (AS 134/95ff) zum "Liquorbefund bei Encephalopathie" ausgeführt, dass "sowohl

pathologische Befunde ... als auch gering pathologische Befunde,

als auch unauffällige Befunde beschrieben" würden, und - zusammenfassend - dargelegt, dass ein pathologischer Liquorbefund eine Impfencephalopathie wahrscheinlicher gemacht hätte, so aber "viele Differentialdiagnosen offen" geblieben seien. Diese Ausführungen stehen in einem - bislang unaufgeklärt gebliebenen - Spannungsverhältnis zur oben dargelegten bisherigen Annahme; dass Differentialdiagnosen offen geblieben seien, kann für sich genommen noch nicht begründen, dass einer dieser Alternativen (und gegebenenfalls welcher?) höhere Wahrscheinlichkeit zukommt, die aufgetretene Gesundheitsschädigung verursacht zu haben.

5.4. Zu verweisen ist weiters darauf, dass eine abschließende Klärung der Frage, ob die beim Beschwerdeführer innerhalb der zu erwartenden "Inkubationszeit" aufgetretene Symptomatik dem Bild einer Pertussisinfektion entsprach, bislang unterblieben ist:

Der Sachverständige Dr. K hat dargelegt, dass eine Ganzkeim-Pertussis-Impfung, wie sie dem Beschwerdeführer verabreicht wurde, zu einer Postimmunisationsenzephalopathie führen kann, wenngleich nach heutigem Stand des Wissens die Wahrscheinlichkeit dafür wesentlich geringer sei als früher angenommen. Zur Frage, ob die Symptomatik des beim Beschwerdeführer aufgetretenen akuten Zustands nach Verabreichung der Impfung dem Bild einer Komplikation nach einer Pertussisinfektion entspreche, hat der Sachverständige Dr. S in seinem Gutachten vom 23. März 2011 (AS 134/17ff) Stellung genommen. Dabei wurden Fieber, Husten und gegebenenfalls schrilles anfallsartiges Schreien als typische Symptomatik genannt; demgegenüber seien weder Schreikrämpfe noch der gerötete Hals "und schon gar nicht die Otitis media" Teil der Pertussisinfektion. Dagegen hatte der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 20. Mai 2011 (AS 134/26ff) u.a. eingewendet, ausgehend von - konkret genannten - Literaturstellen sei gerade Otitis media als Komplikation nach einer Pertussisinfektion bekannt. Eine diesbezügliche Klarstellung - welche Symptome wären typisch, welche untypisch, welche sind tatsächlich beim Beschwerdeführer aufgetreten - wurde seitens der belangten Behörde nicht veranlasst. Dies offenbar deshalb, weil sie - wie die oben wiedergegebene Bescheidbegründung annehmen lässt - der Auffassung war, dass einem anderen Umstand höhere Wahrscheinlichkeit zukommt, den Schaden verursacht zu haben, als der verabreichten Impfung.

5.5. Nun trifft es zwar zu, dass dann, wenn Inkubationszeit und Symptomatik "passen", dem Kriterium der wahrscheinlicheren Ursache größte Bedeutung zukommt. Im gegebenen Zusammenhang ist dabei klarzustellen, dass eine höhere Wahrscheinlichkeit, also die schlüssig begründete Feststellung, dass eine konkret genannte andere Ursache wahrscheinlicher die Gesundheitsschädigung herbeigeführt hat, schon reicht, um eine Anerkennung als Impfschaden auszuschließen, und dass dafür nicht etwa Gewissheit erforderlich ist (der Sachverständige Dr. K hatte in seinem Ergänzungsgutachten vom 8. September 2011 auf den Einwand des Beschwerdeführers, er sei zu Unrecht von einer genetisch angelegten Fehlbildung ausgegangen, erklärt, dies sei unrichtig; vielmehr treffe zu, dass er "nicht sicher weiß", woran der Beschwerdeführer erkrankt sei). Gleiches gilt für den Fall, dass jedenfalls einer von mehreren Ursachen eine höhere Wahrscheinlichkeit zukommt als der "angeschuldigten" Impfung (im Beschwerdefall wurde von den Sachverständigen die Verursachung durch eine genetisch bedingte Vorerkrankung in den Raum gestellt).

Wird die Ablehnung der Anerkennung eines Impfschadens also darauf gestützt, dass eine andere Ursache mit höherer Wahrscheinlichkeit den Gesundheitsschaden herbeigeführt habe, bedarf es dafür einer schlüssigen Begründung, im gegebenen Fall also der Darlegung der (medizinisch) wissenschaftlichen Zusammenhänge, welche die geforderte (höhere) Wahrscheinlichkeit begründen.

5.6. Zur Behebung der dargestellten Verfahrensmängel ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in deren Rahmen zweckmäßigerweise der beigezogene Sachverständige (vor dem Hintergrund der Aktenlage und im Lichte des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs vom 7. Oktober 2014, Zl E 707/2014, bestehen gegen die Beiziehung des Sachverständigen Dr. K auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine Bedenken) sein Gutachten erläutert und ergänzende Fragen beantwortet, geboten: Unabhängig davon, ob schon im Verfahren vor der belangten Behörde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung geboten gewesen wäre, ist vor dem Hintergrund des § 24 VwGVG (der Beschwerdeführer hat zudem die Durchführung einer Verhandlung beantragt) jedenfalls im fortzusetzenden Verfahren die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 8. Juli 2015, Ra 2015/11/0036, und vom 27. April 2015, Zl. Ra 2015/11/0004).

6. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer im zugesprochenen Pauschalbetrag bereits enthalten ist.

Wien, am 11. November 2015

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