VwGH 2011/11/0180

VwGH2011/11/018016.12.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl, Mag. Samm und Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des MK in A, vertreten durch Mag. Ludwig Redtensteiner, Rechtsanwalt in 3340 Waidhofen/Ybbs, Unterer Stadtplatz 27, gegen den Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungsund Behindertenangelegenheiten vom 15. Juni 2011, Zl. BMASK- 41550/1694-IV/9/2009, betreffend Entschädigung nach dem Impfschadengesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
ImpfSchG §1b;
MRK Art6 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;
AVG §52;
ImpfSchG §1b;
MRK Art6 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 9. Februar 2009, eingelangt beim Bundessozialamt am 10. Februar 2009, beantragte der Beschwerdeführer (damals noch unter seinem vormaligen Namen) eine Entschädigung nach dem Impfschadengesetz, weil er unter multipler Sklerose leide, die seines Erachtens ursächlich auf eine Impfung gegen Diphterie und Tetanus zurückzuführen sei. Mit Schreiben vom 5. März 2009 präzisierte der Beschwerdeführer, dass die Impfung gegen Diphterie und Tetanus im Juli 2000 in einer näher bezeichneten Krankenanstalt erfolgt sei und legte zahlreiche ärztliche Unterlagen vor. Nach Einholung eines Gutachtens der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. vom 16. Juli 2009 wies das Bundessozialamt mit Bescheid vom 5. November 2009 den "am 10.2.2009 beim Bundessozialamt … eingelangten Antrag" auf Entschädigung gemäß §§ 1b und 3 Impfschadengesetz ab.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom 15. Juni 2011 keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, sie habe zusätzlich ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendheilkunde Dr. R. vom 9. Juli 2010 eingeholt, das folgenden Inhalt habe:

"Allgemeines:

Die Untersuchung erfolgte am 26. Februar 2010.

Die Stellungnahme erfolgt nach Aktenstudium (inkludiert vorgelegte Befunde).

Stellungnahme:

Der Berufungswerber ist im Juli 2001 an einem ersten Schub einer multiplen Sklerose erkrankt. Die Auswirkungen dieser Erkrankung betreffen sein gesamtes Leben, zusätzlich hat er eine Depression entwickelt.

Diphtherie-Tetanus-Impfung: Diese Impfung ist ein Totimpfstoff. Nach der Impfung kann es zu lokalen Impfreaktionen kommen (Rötung/Schwellung an der Impfstelle) oder auch zu allgemeinen Reaktionen kommen (Gliederschmerzen, Fieber). Der Zeitpunkt einer Impfreaktion ist üblicherweise zwischen 6 bis 48 (72) Stunden nach der Applikation zu erwarten.

Multiple Sklerose ist eine Erkrankung des Immunsystems, deren Ursache nicht eindeutig bekannt ist. Es werden genetische, epidemiologische und auch Umweltfaktoren vermutet. Diese Erkrankung ist oftmals gekennzeichnet durch eine längere subklinische Phase. Welcher Faktor der letztendlich ausschlaggebende ist, ist unklar.

Da interkurrierende Infektionen und Impfungen laut Impfempfehlung im Laufe eines Lebens häufig in zeitlichem Zusammenhang zu einer Erkrankung stehen können, werden diese Faktoren als 'Trigger' in der Literatur diskutiert und epidemiologisch evaluiert. Umweltfaktoren und auch andere ätiologische Faktoren könnten in dieser subklinischen Phase einer multiplen Sklerose einen Einfluss auf das Auftreten der Erkrankung, lange bevor diese klinisch manifest wird, haben.

Eine groß angelegte Fall-Kontrollstudie durch De Stefano et al. (2003) untersuchte 440 Fälle, multiple Sklerose (330 Fälle) und Opticus-Neuritis (108 Fälle), die durch ein Melderegister von drei Gesundheitsorganisationen erfasst wurden. Diesen wurde eine Kontrollgruppe gegenübergestellt. Es wurden Impfungen gegen Hepatitis B, Hepatitis A, Influenza, Pneumokokken, MMR und Tetanus untersucht. Die Ergebnisse der logistischen Regressionsanalyse zeigten, dass keine dieser Impfungen das Risiko an einer multiplen Sklerose oder Opticus-Neuritis zu erkranken, erhöht hat.

De Stefano et al. konnte zeigen, dass auch der Zeitpunkt einer Impfung keinen Einfluss auf das Auftreten einer multiplen Sklerose hat, noch dass sie ein Trigger in einer subklinischen Phase ist. Für die Tetanusimpfung konnte sogar ein erniedrigtes Risiko an einer multiplen Sklerose zu erkranken, festgestellt werden.

Es gibt in der Literatur keinen Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen einer Impfung gegen Diphterie-Tetanus und multipler Sklerose (Confavreux et al.).

In der Literatur wird eher von einem erniedrigten Risiko, nach erfolgter Impfung an multipler Sklerose zu erkranken, beschrieben (De Stefano et al., Hernan et al.).

Die Diphtherie-Tetanus-Impfung wird als Schutzimpfung bei Patienten mit multipler Sklerose empfohlen. Es gibt keinen negativen Zusammenhang bei bereits erkrankten Patienten (Flachenecker et al., Confavreux et al).

Der Berufungswerber legt zusätzliche Literatur vor, die von unterschiedlichen Quellen stammt. Auf die Arbeit von Nakamura N et aI. (2003) 'Neurologic complications associated with influenza vaccination: two adult cases' wird wie folgt eingegangen:

Im ersten Fall wird das Auftreten einer akut disseminierten Enzephalomyelitis (ADEM) fünf Tage nach einer Impfung, im zweiten Fall eine transverse Myelitis mit akuter axonaler Neuropathie sieben Tage nach einer Impfung angegeben. Der Zusammenhang wird als möglich ('might') allein auf Grund des zeitlichen Zusammenhangs angegeben.

Ein Umstand der im vorliegenden Fall nicht besteht, da die ersten Symptome erst Monate nach der Impfung auftraten, ohne Manifestation einer akuten neurologischen Erkrankung in plausiblem Zusammenhang zur verabreichten Impfung. Diese beiden in der Arbeit beschriebenen Erkrankungen sind nicht mit einer schubhaften multiplen Sklerose gleichzusetzen. Sie treten überwiegend als einzeitige Erkrankung aus dem Formenkreise der akuten demyelinierenden Erkrankungen auf, ein Übergang dieser Erkrankungen in eine multiple Sklerose ist in 2 bis 5 % der Fälle mit transverser Myelitis und in ca. 8 % bei ADEM beschrieben.

Im erstinstanzlichen Gutachten von (Dr. K.) vom 16. Juli 2009 wird darauf hingewiesen, dass es sich bei der Diphtherie-Tetanus-Impfung um einen Totimpfstoff handelt, der zu lokalen (Rötung, Schwellung an der Impfstelle) oder allgemeinen (Fieber, Gliederschmerzen) Impfreaktionen führen kann. Die Gutachterin schreibt, dass es Einzelfälle in der medizinischen Fachliteratur von Erkrankungen des peripheren Nervensystems (Mono-, Polyneuritiden, Neuropathien, Guillain-Barre-Syndrom) gibt. Der ursächliche Zusammenhang wird in der Fachliteratur als fraglich angesehen, da es sich bei den meisten Berichten um anekdotische Einzelfälle handelt.

Die Gutachterin sieht keinen Zusammenhang zwischen der Impfung und der multiplen Sklerose. Sie zitiert die deutsche Gesellschaft für multiple Sklerose (14. November 2006), die einen bedenkenlosen Einsatz von Totimpfstoffen bei multipler Sklerose empfiehlt. Aus ärztlicher Sicht beschreibt die Gutachterin keinen Zusammenhang in der Literatur zwischen einer Diphterie-Tetanus-Impfung und multipler Sklerose.

Zusammenfassung:

Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der am 18. Juli 2000 erfolgten Impfung mit Diphtherie-Tetanus-Impfstoff und der Erkrankung an multipler Sklerose ab Juni 2001 wird als nicht wahrscheinlich eingeschätzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Impfschadengesetz BGBl. Nr. 371/1973 in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 4/2010, lautet auszugsweise:

"§ 1b. (1) Der Bund hat ferner für Schäden nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes Entschädigung zu leisten, die durch eine Impfung verursacht worden sind, die nach einer gemäß Abs. 2 erlassenen Verordnung zur Abwehr einer Gefahr für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung im Interesse der Volksgesundheit empfohlen ist.

(2) Der Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz hat durch Verordnung jene Impfungen zu bezeichnen, die nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft zur Abwehr einer Gefahr für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung im Interesse der Volksgesundheit empfohlen sind.

(3) Nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes ist Entschädigung jedenfalls für Schäden zu leisten, die durch im jeweils ausgestellten Mutter-Kind-Paß genannte Impfungen verursacht worden sind.

§ 3. (1) (Verfassungsbestimmung) Die Angelegenheiten dieses Bundesgesetzes sind unmittelbar von Bundesbehörden zu versehen.

(2) Über Ansprüche auf Entschädigung nach diesem Bundesgesetz entscheidet in erster Instanz das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, in zweiter und letzter Instanz die Bundesberufungskommission.

(3) Soweit dieses Bundesgesetz nicht Abweichendes bestimmt, sind die §§ 2, 31a, 54 bis 60, 65 bis 67, 69 bis 72, 73a, 82, 83 Abs. 1, 85 Abs. 1 erster Satz und Abs. 2, 86, 87, 87a Abs. 1 bis 3, 88 Abs. 3, 92 bis 94a und 98a Abs. 7 und 8 HVG sinngemäß anzuwenden.

..."

§ 2 des Heeresversorgungsgesetzes (HVG), BGBl. Nr. 27/1964

idF BGBl. Nr. 110/1993, lautet (auszugsweise):

"§ 2. (1) Eine Gesundheitsschädigung ist als Dienstbeschädigung im Sinne des § 1 anzuerkennen, wenn und insoweit die festgestellte Gesundheitsschädigung zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis oder die der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse ursächlich zurückzuführen ist. Wenn dem schädigenden Ereignis oder den der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnissen nur ein ursächlicher Anteil an einer Gesundheitsschädigung zugemessen werden kann, die mit Hilflosigkeit oder Blindheit (§§ 27, 28) verbunden ist, ist der die Hilflosigkeit oder Blindheit verursachende Leidenszustand zur Gänze als Dienstbeschädigung im Sinne des § 1 anzuerkennen.

(2) Die Glaubhaftmachung eines ursächlichen Zusammenhanges durch hiezu geeignete Beweismittel genügt für die Anerkennung einer Gesundheitsschädigung als Dienstbeschädigung, wenn die obwaltenden Verhältnisse die Beschaffung von Urkunden oder amtlichen Beweismitteln zur Führung des Nachweises der Ursächlichkeit ausschließen.

..."

Die Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über empfohlene Impfungen 2006, BGBl. II Nr. 526/2006 idF BGBl. II Nr. 341/2009, lautet auszugsweise:

"§ 1. Impfungen im Sinne des § 1b Abs. 2 des Impfschadengesetzes sind Impfungen - auch in Kombination - gegen

1. Diphtherie,

...

12. Tetanus (Wundstarrkrampf)."

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Frage der Verursachung eines Schadens durch eine Impfung im Sinne des Impfschadengesetzes unter Bezugnahme auf die Novelle BGBl. I Nr. 48/2005, die auch im vorliegenden Fall Gültigkeit hat, in seinem Erkenntnis vom 17. November 2009, Zl. 2007/11/0005, auseinandergesetzt. Durch die genannte Novelle wurde § 3 Abs. 3 Impfschadengesetz dahin geändert, dass bei der Beurteilung eines Entschädigungsanspruches nach dem Impfschadengesetz der oben zitierte § 2 des Heeresversorgungsgesetzes (HVG) sinngemäß anzuwenden ist. Gemäß § 2 Abs. 1 HVG kommt es darauf an, dass die festgestellte Gesundheitsschädigung "zumindest mit

Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis ... ursächlich

zurückzuführen ist"; Abs. 2 leg. cit. normiert, dass die Glaubhaftmachung eines ursächlichen Zusammenhanges für die Anerkennung einer Gesundheitsschädigung genügt, wenn die obwaltenden Verhältnisse die Führung des Nachweises der Ursächlichkeit ausschließen.

Daraus folgt, dass nach der hier anzuwendenden Rechtslage der Anspruch auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz nicht nur bei einem "Kausalitätsnachweis", sondern schon im Falle der "Kausalitätswahrscheinlichkeit" besteht. Davon ausgehend ist jedenfalls dann, wenn auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens anzunehmen ist, dass die drei maßgeblichen Kriterien (entsprechende Inkubationszeit, entsprechende Symptomatik, keine andere wahrscheinlichere Ursache) erfüllt sind, von der Wahrscheinlichkeit der Kausalität einer Impfung für die betreffende Gesundheitsschädigung im Sinne der §§ 1 und 3 Abs. 3 des Impfschadengesetzes iVm § 2 HVG auszugehen (vgl. erneut das hg. Erkenntnis vom 17. November 2009, Zl. 2007/11/0005, sowie das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2011, Zl. 2007/11/0034). Anhand dessen ist zu überprüfen, ob die belangte Behörde ohne Rechtswidrigkeit zu dem Ergebnis gelangte, es sei im vorliegenden Fall nicht einmal die Wahrscheinlichkeit einer Kausalität der gegenständlichen Impfung für die Leiden des Beschwerdeführers anzunehmen.

2.1. Die vorliegende Beschwerde wendet sich zunächst gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass gegenständlich auf die während des Verwaltungsverfahrens geltend gemachte Grippe-Impfung als (weitere) Ursache der Gesundheitsschädigung des Beschwerdeführers nicht einzugehen gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe nämlich in seiner Eingabe vom 18. Februar 2009 modifizierend bzw. ergänzend die Influenza-Impfung (mittels Sandovac) als weitere Ursache der multiplen Sklerose geltend gemacht. Obwohl der Beipackzettel dieses Impfstoffes als Nebenwirkungen u.a. Erkrankungen des Nervensystems und des Immunsystems anführe, sei der von der belangten Behörde beigezogene Sachverständige darauf nicht eingegangen.

2.2. Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bundessozialamtes ausschließlich über den "am 10.2.2009 beim Bundessozialamt eingelangten" Antrag des Beschwerdeführers auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz abgesprochen wurde und in diesem Antrag nur die Impfung gegen Diphterie und Tetanus als Ursache für die multiple Sklerose geltend gemacht wurde. Da somit der erstinstanzliche Bescheid vom 5. November 2009 nur über die Impfung gegen Diphterie und Tetanus als wahrscheinliche Ursache der multiplen Sklerose des Beschwerdeführers abgesprochen hat und dieser Abspruch die "Sache" (§ 66 Abs. 4 AVG) des Berufungsverfahrens begrenzte, hat die belangte Behörde auf weitere Impfungen des Beschwerdeführers im angefochtenen Bescheid zutreffend (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Juli 2011, Zl. 2008/11/0026) nicht Bedacht genommen (nach der Gegenschrift wurde über die Influenza-Impfungen des Beschwerdeführers mittlerweile mit gesondertem erstinstanzlichen Bescheid entschieden).

3.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Rechtmäßigkeit der Ermittlungen der belangten Behörde, weil diese einen Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Kinder- und Jugendheilkunde mit der Gutachtenserstellung betraut habe, obwohl der Beschwerdeführer (geboren im Jahr 1977) zum Zeitpunkt der erwähnten Impfungen längst erwachsen gewesen sei. Richtigerweise hätte die belangte Behörde einen Sachverständigen aus dem Gebiet der Nervenheilkunde beauftragen müssen.

3.2. Abgesehen davon, dass im gegenständlichen Verwaltungsverfahren schon von der Behörde erster Instanz das erwähnte Gutachten der nervenfachärztlichen Sachverständigen vom 16. Juli 2009 eingeholt wurde, auf das im Gutachten vom 9. Juli 2010 Bezug genommen wird, ist der Beschwerdeführer auf die ständige hg. Rechtsprechung zu verweisen, wonach kein Anspruch auf Beiziehung eines Facharztes einer bestimmten Fachrichtung besteht, weil es nur auf die Begründung und die Schlüssigkeit des Gutachtens ankommt (vgl. etwa die bei Hengstschläger/Leeb, AVG, Rz 13 zu § 52 AVG referierte Judikatur).

4.1. Gegen die Schlüssigkeit des Gutachtens bringt der Beschwerdeführer vor, auch im Beipackzettel des Impfstoffes "Dite Anatoxal" seien Erkrankungen des zentralen und des peripheren Nervensystems angeführt. Die Zulassung dieses dem Beschwerdeführer verabreichten Impfstoffes sei außerdem vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen mit Jänner 2008 "aus noch zu ermittelnden Gründen" aufgehoben worden.

4.2. Der bloße Umstand, dass die Zulassung eines Impfstoffes aufgehoben wurde, lässt noch keine Schlussfolgerung zu, dass dieser Impfstoff mit Wahrscheinlichkeit zu Gesundheitsschädigungen, speziell zur in Rede stehenden multiplen Sklerose, führen kann. Gleiches gilt für den vom Beschwerdeführer behaupteten, allgemein gehaltenen Hinweis auf "Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems" im Beipackzettel des Impfstoffes, zumal dieser Einwand auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene erfolgt ist. Ebenso wenig steht der Einwand des Beschwerdeführers, der zeitliche Zusammenhang zwischen der verabreichten Impfung und dem Auftreten der Symptome spreche für das Vorliegen eines Impfschadens, auf gleicher fachlicher Ebene mit dem zum gegenteiligen Ergebnis gelangenden Gutachten des Sachverständigen Dr. R.

4.3. Ausgehend vom unstrittigen Zeitpunkt der Diphterie-Tetanus-Impfung des Beschwerdeführers (Juli 2000) und dem Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens seiner Symptome betreffend multiple Sklerose (laut Schreiben des Beschwerdeführers vom 18. Februar 2009 erfolgte der erste Schub am 13. Juni 2001) ist der Sachverständige Dr. R. in seinem Gutachten nachvollziehbar davon ausgegangen, dass im gegenständlichen Fall die ersten Symptome erst Monate nach der ersten Impfung aufgetreten seien. Da die Diphterie-Tetanus-Impfung nach diesem Gutachten mittels Totimpfstoffes erfolge und eine Impfreaktion üblicherweise "zwischen 6 und 48 (72) Stunden nach der Applikation zu erwarten" sei, ist es nachvollziehbar, wenn der Sachverständige schon unter dem Gesichtspunkt des zeitlichen Verlaufs die Kausalitätswahrscheinlichkeit verneint hat.

Da der Sachverständige überdies auf Fall-Kontrollstudien und näher bezeichnete Literatur verwiesen hat, die keinen Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen der Diphterie-Tetanus-Impfung und der Erkrankung an multipler Sklerose zeigten, ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie aufbauend auf diesem Gutachten die Wahrscheinlichkeit der Verursachung der Krankheit des Beschwerdeführers durch die genannte Diphterie-Tetanus-Impfung verneint hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Die Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG unterbleiben, weil der Ausgang des vorliegenden Verfahrens vor allem vom Ergebnis der Gutachten medizinischer Sachverständiger abhängt und der Beschwerdeführer auch gar nicht behauptet, dass er den von der Behörde eingeholten Gutachten mit einem von ihm eingeholten Gutachten entgegengetreten sei (vgl. auch das Urteil des EGMR vom 13. Oktober 2011 in der Sache Fexler).

6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 16. Dezember 2013

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