VwGH 2011/11/0114

VwGH2011/11/011423.5.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde der 1. M N, 2. H N, beide in N, beide vertreten durch Dr. Hans Kröppel, Rechtsanwalt in 8650 Kindberg, Hauptstraße 7, gegen den Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 13. April 2011, Zl. BMASK-41550/0231-IV/9/2010, betreffend Entschädigung nach dem Impfschadengesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Normen

HVG §2 Abs1;
HVG §2;
HVG §31a Abs2;
ImpfSchG §1;
ImpfSchG §1b;
ImpfSchG §3 Abs3;
HVG §2 Abs1;
HVG §2;
HVG §31a Abs2;
ImpfSchG §1;
ImpfSchG §1b;
ImpfSchG §3 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzten.

Begründung

Mit Antrag vom 17. Jänner 2008 begehrte die am 7. Jänner 1981 geborene MN, vertreten durch ihre Eltern, die Beschwerdeführer, die Anerkennung eines Impfschadens und Entschädigung nach dem Impfschadengesetz, weil sie laut Impfausweis am 20. Mai 1981 eine Diphtherie-Pertussis­Tetanus-Impfung (DPT-Impfung) erhalten habe und seither geistig schwerst behindert und halbseitig gelähmt sei.

Nachdem MN - nach Einbringung einer Berufung gegen den den Antrag abweisenden Bescheid des Bundessozialamtes vom 24. August 2009 - am 30. Oktober 2009 verstorben war, begehrten die Beschwerdeführer mit Antrag vom 18. Februar 2010 gemäß § 3 Abs. 3 des Impfschadengesetzes iVm. § 31a Abs. 2 des Heeresversorgungsgesetzes (HVG) die Fortsetzung des Verfahrens.

Mit Bescheid vom 13. April 2011 gab die Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten (Bundesberufungskommission) zum einen dem Antrag der Beschwerdeführer auf Fortsetzung des Verfahrens statt und wies zum anderen die Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid ab.

Begründend wurde zunächst ausgeführt, das Bundessozialamt habe den Antrag vom 18. Jänner 2008 auf Entschädigung abgewiesen, weil die geltend gemachte Gesundheitsschädigung "schwere geistige Behinderung im Sinne eines West-Syndroms" nicht mit der DPT-Impfung vom 20. Mai 1981 in Verbindung gebracht werden könnte. Laut im Rahmen einer großen Studie in verschiedenen Ländern gesammelten Daten spräche das Vorliegen unter anderem von Blitz-Nick-Salaam-Krämpfen (BNS-Krämpfen), Hypsarrhythmie und bleibender Hirnschädigung überwiegend nicht bis gar nicht für einen Kausalzusammenhang zwischen diesen Gesundheitsschädigungen und einer DPT-Impfung, weil es überwiegend im ersten Lebensjahr zu BNS-Krämpfen käme und ein Großteil der Impfungen auch in diesem Zeitraum durchgeführt und öfter ein kausaler Zusammenhang vermutet würde, welcher aber in diesem Fall nicht nachvollzogen werden könne.

Die Berufung wende dagegen im Wesentlichen ein, dass die von der Erstbehörde herangezogene Gutachterin (Dr. S) Thesen aufgestellt hätte, die nicht bewiesen wären, nämlich dass BNS­Krämpfe, Hypsarrhythmie und plötzlicher Kindstod nicht für einen Zusammenhang mit der Impfung sprächen. Gerade nach DPT-Impfungen wären sehr viele tote Kinder zu beklagen, die bei der Obduktion eine Gehirndeformation aufgewiesen hätten. Verwiesen würde auf verschiedene Studien, die schwere Schädigungen durch die gegenständliche Pertussis-Ganzkeimimpfung behandle. Wie auch Dr. H in seiner von den Beschwerdeführern vorgelegten Stellungnahme (vom 27. Juli 2009) ausgeführt hätte, handelte es sich bei einem West-Syndrom bzw. bei BNS-Krämpfen nicht um die Ursache der Erkrankungen, sondern um die Folge. Die Grundfrage wäre, ob der Impfstoff bzw. der damals verwendete DPT-Impfstoff mit der Ganzkeim-Pertussisimpfkomponente solche Hirnschäden bewirken hätte können.

Die Bundesberufungskommission habe daraufhin - so die Berufungskommission weiter - Univ.Prof. Dr. M, einen Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde, mit der Erstellung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens beauftragt. Zum Zeitpunkt des vereinbarten Untersuchungstermins sei MN bereits verstorben gewesen. Das in Auftrag gegebene Gutachten (vom 20. November 2009) sei auf der Basis der Aktenunterlagen verfasst und habe keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen Impfung und Krankheit festgestellt.

In ihrem Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens hätten die Beschwerdeführer vorgebracht, das Gutachten Dris. M nicht anerkennen zu können, weil es unschlüssig und falsch wäre. Dr. M würde im Übrigen wegen Befangenheit abgelehnt. Aus der Krankengeschichte hätte Dr. M hervorgehoben, dass beim ersten Spitalsaufenthalt von "erste Zuckungen drei Wochen zuvor" die Rede wäre, sodass sich der Impfschaden etwa fünf Tage vor der Impfung ereignet hätte. Dass derartige "circa-Angaben", die durch nichts verifiziert seien, nicht stimmen müssten, läge auf der Hand. Wären diese Krampfanfälle vor der Impfung aufgetreten, wäre das Kind überhaupt nicht geimpft worden. Es läge auch nicht die geringste Schädigung durch eine andere Ursache vor. Der Sachverständige hätte es unterlassen, die Eltern diesbezüglich näher zu befragen, ob der erste Krampfanfall nach oder vor der Impfung stattgefunden hätte, weshalb die Einvernahme der Eltern beantragt würde.

Die Beurteilung Dris. M, "DPT-Impfstoffe können zwar Krampfanfälle als Nebenwirkung auslösen, diese sind aber ohne bleibende Folgen. Eine ursächliche Auslösung eines Anfallsleiden wie BNS-Krämpfe ist nie bewiesen worden, kann aber im Einzelfall auch nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden." wäre schlicht und ergreifend falsch. Die schweren neurologischen Komplikationen durch den seinerzeitigen zellulären Impfstoff hätten zur Entwicklung des azellulären Impfstoffes geführt, mit welchem diese Komplikationen im weitesten vermieden worden seien. Es würde "ein Auszug aus Ehrengut" (Ehrengut Wolfgang, Erfahrungen eines Gutachters über Impfschäden in der Bundesrepublik Deutschland von 1955 - 2004) vorgelegt und auf das bereits vorliegende Gutachten Dris. H verwiesen. Es wäre keineAntwort gegeben worden, welches sonstige Ereignis diesen schweren neurologischen Schaden herbeigeführt hätte. Das Gutachten erfüllte nicht die vom Verwaltungsgerichtshof geforderten Kriterien.

Dem von der Bundesberufungskommission in weiterer Folge beauftragten Sachverständigen Dr. K, einem Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde, sei - so die weitere Bescheidbegründung - die Frage gestellt worden, ob zwischen dem West Syndrom der MN und der DPT-Impfung vom 20. Mai 1981 ein kausaler Zusammenhang nachgewiesen werden könne. Dem Sachverständigen seien in einem Beiblatt elf Fragen gestellt worden und die Beachtung der Richtlinien zur Kausalitätsbeurteilung nach Impfschäden entsprechend den "Verordnungen" des Verwaltungsgerichtshofes von 1989 und 2003 vorgegeben worden.

Dr. K habe in seinem Gutachten vom 9. Oktober 2010 ausgeführt, zur Beantwortung der Fragen wären neben der telefonischen Anamnese mit der Erstbeschwerdeführerin am 21. September 2010, die ergänzende Krankengeschichte der MN von 1981-1990 aus der Landes­, Frauen- und Kinderklinik L und der Akt des Bundessozialamtes sowie Literatur zur Verfügung gestanden. Die weiteren Ausführungen hätten wie folgt gelautet (anonymisiert):

"A) Krankengeschichte

B) West Syndrom- BNS Anfälle

C) Impfstoff Diphterie Tetanus Pertussis

D) Pertussis Impfung und Verdacht auf Encephalopathie

E) Zusammenfassung und Diskussion

A) Krankengeschichte der MN

Vorgeschichte:

HV: Epilepsie eines Onkels mütterlicherseits; (angeblich habe dieser an einer, durch ein Kriegstrauma ausgelösten Epilepsie bis zum 75. Lebensjahr gelitten).

Vom anderen Onkel sei nichts genaueres bekannt. In der Krankengeschichte vom LKH V wird am 10.6.1981 bemerkt, dass zwei Onkel mütterlicherseits im Säuglingsalter Anfälle gehabt hätten, welche durch eine Behandlung mit kalten Duschen nach einem halben Jahr nicht mehr aufgetreten seien.

Grav 1: normal. Partus 1: normal (Apgar 9/10), GG 3240g; KU 32,5 cm.

Am 13.1.1981, dem vierten Lebenstag, wird das Mädchen wegen einer symmetrischen Spreizhemmung als Risikokind eingeschätzt.

Am 16.2.1981 findet der Kinderarzt bei der ersten Mutter-Kindpassuntersuchung einen ungenügend gedeihenden Säugling (Gewicht 3500g) mit einer Spreizhemmung und verordnet eine Spreizhosenbehandlung bis zum April 1981.

Am 6.4.1981, bei der nächsten Mutter-Kindpassuntersuchung, ist der 3 Monate alte Säugling wieder normal gediehen, beginnt zu greifen und reagiert auf Ansprache. Es wird lediglich eine Hüftröntgenkontrolle durch den Kinderarzt in die Wege geleitet. Nach den Aufzeichnungen von Dr. W(…), dem Oberarzt der Neuropädiatrischen Ambulanz, gibt die Mutter am 13.7.1981 bei einer ambulanten Kontrolle an, dass ihr Kind seit 4 Monaten (also seit März- April 1981) fragliche Anfälle habe.

Nach den Aufzeichnung von Primarius Dr. G(…), Leiter der Entwicklungsabteilung der Kinderklinik L, gibt die Mutter am 10.9.1990 bei einer Untersuchung an, dass MN im Alter von 3-4 Monaten (d.h. im März-April 1981) erstmals cerebrale Krampfanfälle hatte.

Nach den Aufzeichnungen des LKH V vom 5.6.1981, gibt die Mutter an, dass MN 3 Wochen vor der Aufnahme (das ist der 15.5.1981) zu lächeln aufgehört habe und die Hände und Füße zusammenziehe und dann die Augen verdrehe. Diese Veränderungen traten 1-3x täglich auf, dauerten wenige Sekunden.

Einige Tage vor der Aufnahme habe sich die Situation durch eine Trinkschwäche und Zuckungen und Blauwerden um den Mund verschärft. Die erste und einzige DPT Impfung erfolgt am 20.5.1981 durch den Amtsarzt der BH G. Sie wurde ohne Fieber vertragen und gab der Mutter 1981 keinen Anlass diese Impfung anzuschuldigen. Weitere Impfungen wurden bei dem Anfallskind, soweit ersichtlich, nicht mehr durchgeführt (wie es dem damaligen State of the art entsprach).

Während des stationären Aufenthaltes an der Kinderabteilung des LKH V, vom 5.6.-24.6.1981, hat MN anfangs mehrere cerebrale Anfälle.

Der Charakter ist wechselnd, überwiegend werden BNS Anfälle, aber auch rechtsfokale Anfälle mit Generalisierung beschrieben. Anschließend schläft das Kind ein.

Im interiktalen EEG (am 25.6.1981), unter dem Benzodiazepin Mogadon 2 x 1,25 mg, zeigt sich ein fehlender Grundrhythmus und multiple generalisierte spike wave Komplexe, unterbrochen von niedrigen Theta Delta Wellen. Das typische Bild der Hypsarrhythmie. Beim 5 Monate alten Säugling sind der Liegeschädel mit Abflachung der rechten Hinterhauptsschuppe, eine zentrale Muskelhypotonie, (z.B. keine Kopfkontrolle in der Traktion, keine Stellreaktion, kein Kopfheben in Bauchlage), ein allgemeiner Entwicklungsrückstand (wechselndes soziales Lächeln, kein Greifen nach Gegenständen) und eine Abspreizhemmung beider Hüften zu beschreiben. Wobei die Abspreizhemmung der Hüfte - bei jetzt ausreichend flachen Pfannendachwinkel - als Aduktorenspasmus gesehen wird.

Weiters ist die Haut des Säuglings ichtiosiform trocken und das Kind hat einen charakteristischen Schweißgeruch.

Die Abklärung nach der Ursache der Anfälle, der Muskelhypotonie und des Entwicklungsrückstandes erbrachte gleich keinen pathologischen Befund (inklusive der Liquoruntersuchung).

Auch ein später durchgeführtes Aminogramm im Harn war unauffällig.

Ein CT des Schädels des 10 1/2 Monate alten Säuglings (17.11.1981) zeigte mäßig erweiterte intra- und extracerebrale Liquorräume, besonders im Frontalhirnbereich (wie bei Hirnatrophie). Anm: Ein Kopfumfang aus dieser Zeit liegt leider nicht vor.

Nachdem MN klinisch bald anfallsfrei war (seit Juli 1981) und im EEG nur mehr geringgradige Allgemeinveränderungen bestanden, wurde die antikonvulsive Therapie im Sommer 1982 beendet.

Demgegenüber blieben die cerebrale Bewegungsstörung und der Entwicklungsrückstand relevant.

Neben der Muskelhypotonie kam eine Athetose der oberen Extremität dazu und im Bereich der unteren Extremität blieben der erhöhte Adduktorenspasmus und ein Zehenkrallen (im 19. LM) bestehen, welche nur als diskreter Hinweis für eine Spastik gewertet werden konnten. Das 19 Monate alte Kleinkind drehte sich gerade um; es saß mit Rundrücken- ohne sich aufzusetzen, die Beine übernahmen nur periodisch das Gewicht; es griff ohne einen Pinzettengriff nach Gegenständen; die aktive und passive Sprache war wesentlich retardiert, das Kind reagierte wenig auf Geräusche - bei normalem Hörvermögen. Es reagierte besser auf visuelle Reize. Dieser wechselnde Muskeltonus (von hypoton bis hyperton) hielt an, MN setzte sich erst mit 6 Jahren selber auf, und begann mit 10 Jahren mit Hilfen zu gehen. Infolge ihrer schweren Entwicklungsverzögerung mit der autistischen Begleitsymptomatik blieb sie bis 1990 im Heilpädagogischen Kindergarten G. Schließlich wurde sie 1990 mit einer beträchtlichen Impulskontrollstörung, mit Stereotypien und einem Entwicklungsalter von ca. 1 Jahr in die S-Klasse der ASO Gmunden eingeschult. Das freie Gehen war nicht möglich geworden.

Nach 16 Jahren bestehender Anfallsfreiheit mit unauffälligem EEG, mit dem Einsetzen der Pubertät, kam es wieder zu kurzen fokalen Anfällen.

Dabei blickte die Jugendliche starr zur Seite und streckte einen Arm durch.

Im EEG (15.10.1998) fanden sich überwiegend rechtshemisphärisch aber auch generalisiert sharp waves Komplexe.

Als die Anfälle ab 1999 in Serie auftraten, wurde wieder eine antikonvulsive Therapie begonnen (u.a mit Kepra). Allerdings wurde MN nicht mehr anfallsfrei.

Die schwerste intellektuelle Behinderung mit der autistischen Begleitsymptomatik, die cerebralen Bewegungsstörung mit dem stark wechselndem Tonus- ohne Gehfähigkeit und das Anfallsleiden blieben klinisch fortan im Vordergrund.

Die schwer mehrfach behinderte Frau lebte als Einzelkind in der Obhut der alleinerziehenden Mutter, und bedurfte voller Pflege. Tagsüber war sie seit 2003 in der Tagesheimstätte F betreut.

Laut Mutter ist ihre Tochter im 29. Lebensjahr, am 30.10.2009, an einem unklaren Herzversagen zuhause verstorben, nicht während eines epileptischen Anfalles. Eine Obduktion wurde nicht durchgeführt.

Diagnose:

Schwerste intellektuelle Behinderung mit autistischer Begleitsymptomatik und Impulskontrollstörung (unbekannter Ursache).

Cerebrale Bewegungsstörung mit Rumpfhypotonie und Athetose. Anfallsleiden.

ZUSAMMENFASSUNG:

Die MN zeigte eine schwere Mehrfachbehinderung deren Ursache ungeklärt geblieben ist. Die Bedeutung der mäßigen Hirnatrophie im ersten Lebensjahr kann sowohl kausal als auch symptomatisch sein. Im Vordergrund stand eine schwerste intellektuelle Behinderung mit autistischer Begleitsymptomatik und Impulskontrollstörung. Aber auch eine cerebrale Bewegungsstörung mit Rumpfhyptonie und Athetose und milder Spastik war stets vorhanden.

Ein Anfallsleiden bei fraglicher erblicher Belastung war gegeben. Der Verlauf des Anfallsleidens war im ersten Lebenshalbjahr durch BNS Anfälle, welche nach wenigen Monaten sistierten, gekennzeichnet. Nach 17 jähriger Anfallsfreiheit (vom 7. Lebensmonat bis zum 17. Lebensjahr) kam es mit dem Einsetzen der Pubertät zu neuerlichen Anfällen, welche dann einen komplex fokalen Charakter hatten. Die Retardierung und cerebrale Bewegungsstörung blieben, unabhängig vom Anfallsleiden und Therapieeinflüssen, in unverändertem Ausmaß bestehen.

MN verstarb an einem ungeklärten Herzversagen im 29. Lebensjahr.

Ein Einfluss der einmaligen DPT-Impfung auf das Krankheitsgeschehen ist nicht nachweisbar:

Alle schriftlichen Aufzeichnungen der damals behandelnden Ärzte - unabhängig voneinander und ohne ein Bewusstsein für eine stattgehabte Impfung -legen den Beginn des Anfallsleidens und der Entwicklungsretardierung - entsprechend den seinerzeitigen Angaben der Mutter - vor die DPT Impfung.

Medizinisch lassen die Diagnose eines Adduktorenspasmus im frühen Säuglingsalter, der Liegeschädel und die ausgeprägte Muskelhypotonie, das schlechte soziale Lächeln bei unauffälligem Liquorbefund und normalen Muskelenzymen erwarten, dass die hiefür verantwortlichen Ursachen bereits über viele Wochen zuvor eingewirkt haben müssen.

2 Monate nach Beendigung der Spreizhosenbehandlung - bei normalisiertem Pfannedachwinkel - kann die o.g. Symptomatik dieser nicht mehr zugeordnet werden.

Die BNS Anfälle waren per se zu moderat, als dass sie ursächlich für die frühe schwerste intellektuelle Behinderung und die cerebrale Bewegungsstörung herangezogen hätten werden können. Ein Grundleiden ist anzunehmen.

Abklärungen mit NMR des Gehirnes, genetischer Untersuchung, Stoffwechselscreening u.a. auf mitochondriale, peroxysmale Störungen, organische Acidopathie, Ionenkanalerkrankungen sind nicht erfolgt.

B) BNS Anfälle (West Syndrom, infantile Spasmen)

Diese Form der frühkindlichen Epilepsie tritt mit einer Inzidenz von 25 auf 100.000 Geburten in Westeuropa auf. Eine zugrundeliegende Ursache kann heute in 75 % der Fälle nachgewiesen werden. (1990 war dies nur in 60% der Fälle möglich). Wenn die Geburt normal war, ist in 20% der Fälle eine neurokutane Erkrankung (v.a. Tuberöse Hirnsklerose) anzunehmen. Der Krankheitsbeginn der BNS Anfälle liegt zwischen dem 4. und 7. Lebensmonat. Der Zeitpunkt vom Beginn bis zur Diagnosestellung verzögert sich oft beträchtlich.

Wenn die BNS Anfälle symptomatisch sind, d.h. eine Grundkrankheit gefunden wird, dann ist das Kind bei Diagnosestellung neuropsychologisch meist schon auffällig.

Bei 40% der Kinder sind keine oder nur milde Begleitsymptome bei Anfallsbeginn zu finden. Die Prognose hängt von der Ursache ab. Als Regel gilt, dass Kinder mit einer symptomatischen Form eine schlechtere Prognose haben.

Die Behandlung erfolgt mit Antikonvulsiva (ACTH, Prednisolon, Clonazepam, Valproinsäure und Vigabatrin und Pyridoxin). In der Literatur aus den 1980-1990 Jahren wird auch die Pertussisganzkeimvaccine als Ursache angeben.

In der Literatur der letzten 10 Jahre werden Vaccine als Ursache für BNS Anfälle abgelehnt.

C) Impfstoff Diphterie Tetanus Pertussis

Hierbei handelt es sich um einen Kombinationsimpfstoff, bestehend aus abgetöteten Diphterie Tetanus und Pertussisantigenen. Das Diphterie Toxin wird durch Formaldehyd entgiftet und an Aluminiumhydroxid adsorbiert. Im Kindesalter ist die Diphterietoxoid-Dosis höher als im Erwachsenenalter. Relevante systemische Nebenwirkungen sind ganz selten.

Das Tetanus-Toxin wird durch Formaldehyd entgiftet und an Aluminiumhydroxid adsorbiert. Eine seltene Nebenwirkung ist bei Überimpfung eine Immunkomplexglomerulonephritis, ansonsten sind relevante Nebenwirkungen (Guilain Barre Syndrom) ganz selten. Der Pertussisanteil in der Impfung enthält ganze abgetötete Bordetella pertussis Bakterien, welche kulturell gezüchtet, durch Zentrifugalion gereinigt und an Aluminiumhydroxid adsorbiert wurden. Relevante Nebenwirkungen sind häufig und äußern sich als hypoton hyporesponsiven Episoden, Fieberkrämpfe, Epilepsie und möglicherweise selten als Postimmunisationsencephalopathie (Siehe unten).

Dieser 3 fach-Kombinationsimpfstoff war in den 80er und 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein vom Impfausschusses des obersten Sanitätsrates in Österreich empfohlener Impfstoff und wurde für die Reihenimpfungen im Säuglings- und Kleinkindesalter angewandt. Von 1990-1994 wurde der Impfstoff wegen der relativ häufigen Nebenwirkungen vom Österreichischen Impfplan genommen.

Als während dieser Zeit der Keuchhusten mit seinen Komplikationen (Letalität bis zu 1%) in Österreich wieder anstieg, führte man 1994 diese Impfung wieder ein.

D) Pertussis Impfung und Verdacht auf Encephalopathie

Dieses Kapitel wird seit 30 Jahren bis heute in der Literatur verschieden diskutiert. Der Zeitpunkt der Publikation, das Fachgebiet der Autoren (Epidemiologe, Pädiater, Neuropädiater, Neurologe) und das Design der Publikation (Retrospective und prospektive Fallstudien, epidemiologische Kohortenstudien, Lehrbuch) sind für das Ergebnis wesentlich.

1984 gibt die WHO bei DPT-Impfungen eine Häufigkeit für die Impfencephalopathie von 0,1-3,0 pro 100.000 Impfungen (für epileptische Anfälle eine Häufigkeit von 0,3 - 90) an. In einem 1991 erschienen Lehrbuch wird bei einem Impfencephalopathierisisko von 1:60.000 empfohlen, nicht mehr generell gegen Keuchhusten zu impfen.

Es wird angenommen, dass die tausenden Eiweißstrukturen des abgetöteten Ganzkeimpertussisimpfstoffes entweder toxisch (durch Neurotoxine wie Endotoxin, Pertussis Toxin und Adenylate Cyclase) oder allergisch (aufgrund myelin ähnlicher Eiweißstrukturen) schädigend auf das ZNS wirken. Diese Wirkung tritt innerhalb von 3 Tagen nach der Impfung ein.

1991 wird in der US National Childhood Encephalopathy Studie das Risiko für eine Enzephalopathie nach Pertussisimpfung mit 0.0 - 10.5 Fälle pro Million Impfungen gefunden. Ein kausaler Zusammenhang wurde nicht gefunden. Die Möglichkeit eines kausalen Zusammenhangs wurde aber vom Komitee gewährt.

Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Pertussisimpfung und dem Auftreten einer Impfenzephalopathie war häufiger zu sehen wenn die Impflinge zuvor bereits eine Schädigung des ZNS aufwiesen. Es fand sich aber in der Studie keine ausreichende Evidenz für das Auftreten oder Nichtauftreten von bleibenden Hirnschäden.

1994 wurde dieses Ergebnis in einer englischen Studie bestätigt, wobei man individuelle Faktoren bei Impflingen vermutete, welche eine Impfenzephalopathie bekamen. Die Fortsetzung der Ganzkeimimpfung DPT wurde empfohlen, da das Risiko im Vergleich zum Nutzen der Impfung wesentlich geringer war.

1996 wurde der azelluläre Pertussisimpfstoff auf den Markt gebracht.

2004 wurde in Studien, unter anderem vom US Institute of Medicine, belegt, dass die azelluläre Pertussis Impfung wesentlich weniger Nebenwirkungen aufwies und schwere neurologische Störungen viel seltener auftraten als bei der Ganzzellimpfung. Es wurde empfohlen, weltweit auf die aP Vaccine umzusteigen.

2006 wurde in einer großen retrospektiven Case Control Studie mit mehr als 2 Millionen US Kindern, welche zwischen 1981 und 1995 gegen DPT und Masern geimpft wurden, kein erhöhtes Risiko für eine Enzephalopathie nach der Impfung gefunden (Risiko für die Ganzkeimpertussis 0,45 - 3,31 pro Million Impflinge).

2007 wird ein deutlicher Rückgang von epileptischen Anfällen nach Impfungen seit dem Einführen der azellulären Pertussis Impfung gefunden.

Erstmals werden aber auch Personen identifiziert, deren angeschuldigte Impfenzephalopathie sich als eine genetische Mutation des Natriumkanals der neuronalen Zellmembran entpuppte.

2008 wurde bei elf von 14 Kindern, welche zuvor als Diagnose eine Impfenzephalopathie hatten, die angeborene Störung einer Mutation des SCN1A Genes gefunden, welches für den Natriumkanal der neuronalen Zellmembran codiert.

2010 wurde in einer weiteren Publikation diese Mutation des SCN1A Genes als eigentliche Grunderkrankung nach einer vermeintlichen Impfreaktion bestätigt.

2010 wurde auch die Hypothese aufgestellt, dass auch andere Grunderkrankungen, wie Störungen in der Betaoxydation der Fettsäuren, eine spezielle Empfindlichkeit bei Kindern darstellen. Appetitlosigkeit, Fieber nach Impfungen würden den katabolen Stoffwechsel zur Entgleisung bringen.

Ich erlaube mir nach dem Studium der 108 Abstracts, welche auf Pub Med in der Onlinesuche angeführt sind und nach Lehrbuchangaben folgendes zum Thema Pertussisimpfung und Encephalopathie zusammenzufassen:

Nach einer zellulären Pertussisimpfung können grundsätzlich Encephalopathien besonders bei neurologisch vorgeschädigten Kindern innerhalb von 3 Tagen auftreten.

Das Risiko hierfür ist sehr gering (zwischen 0 - 10 pro Million Impfungen. 3 Fälle im Mittel). Seit 1980 wurden mit einer verbesserten Diagnostik in der Neuropädiatrie-Neurologie zunehmend eigene Erkrankungen identifiziert, welche zwar einen zeitlichen aber keinen kausalen Zusammenhang zur Impfung zeigten. Dementsprechend musste das Risiko für eine Impfenzephalopathie um das 10 fache reduziert werden.

Es ist also zu beachten, dass sich hinter einer sogenannten Impfenzephalopathie oft eine andere Grunderkrankung verbirgt. Eine Störung im Natriumkanal der neuronalen Zellmembran wurde in den letzten Jahren mehrfach identifiziert.

Weitere Erkrankungen könnten in Zukunft folgen.

Unabhängig davon hat mit der azellulären Pertussisimpfung die Nebenwirkungsrate der Pertussisimpfung seit 1996 wesentlich abgenommen.

E) Zusammenfassung und Diskussion

Welche Fakten sprechen für einen Impfschaden durch die DPT-Impfung bei MN:

o MN wurde mit dem Kombinationsimpfstoff DPT, welcher eine Ganzkeim-Pertussis-Vaccine enthält, 1981 geimpft.

o Grundsätzlich ist eine Postimmunisationsenzephalopathie durch eine Ganzkeimpertussisimpfung möglich.

o Das Risiko für epileptische Anfälle nach einer Ganzkeimpertussisimpfung ist in einer Häufigkeit von 0,3 - 90 auf 100.000 Impfungen von der WHO festgelegt worden (1984). Nach dem Einführen der azellulären Pertussis Impfung gibt es einen deutlichen Rückgang der cerebralen Anfälle.

o MN hatte wahrscheinlich eine neurologische Vorerkrankung, welche das Risiko für eine Pertussisencephalopathie grundsätzlich erhöhen konnte.

o Die Angaben der Mutter im zweiten Impfschadensgutachten vom 25.2.2009 (fecit Dris. S(…)), wo sie erklärt, dass sie bei MN einige Tage nach der DPT-Impfung im Jahre 1981 die ersten Anfälle beobachtet hätte und dass das Kind sein spontanes Lächeln verloren hätte, stimmen mit dem in der Literatur angegebenen Intervall für eine Postimmunisationsenzephalopathie überein.

Welche Fakten sprechen gegen einen Impfschaden durch die DPT-Impfung bei MN:

o Der Krankheitsbeginn bei MN für die BNS Anfälle und der Mangel an sozialem Lächeln wird eindeutig und mehrmals durch alle schriftlichen Aufzeichnungen der von 1981-1990 behandelnden Ärzte -

unabhängig voneinander und ohne ein Bewusstsein für eine stattgehabte Impfung - entsprechend den seinerzeitigen Angaben der Mutter - vor die DPT-Impfung gelegt.

o Die Krankheit MNs war stets durch eine schwerste intellektuelle Behinderung mit autistischer Begleitsymptomatik und durch eine cerebraler Bewegungsstörung inklusive zentraler Hypotonie, Athetose und milder Spastik geprägt. Das Anfallsleiden des Kindes war für die schwerste Behinderung ursächlich nicht entscheidend (Innerhalb der ersten 17 Lebensjahre hatte das Kind nur über wenige Monate- nämlich von April bis Juni 1981 - BNS Anfälle).

o Das Risiko, eine Postimmunisationsenzephalopathie durch eine Ganzkeimpertussisimpfung zu bekommen, ist allgemein sehr gering (0 - 10 pro 1 Million Impfungen, - im Mittel 3 pro 1 Million).

o Eine Postimmunisationsenzephalopathie hätte entsprechend dem angenommenen Pathomechanismus (allergisch, toxisch) biochemische und immunologische Veränderung in der damals aktuellen Liquordiagnostik nach sich ziehen müssen. Der Liquor MNs war gänzlich unauffällig.

o Die neuropädiatrische Abklärung der schweren Mehrfachbehinderung MNs ist in wesentlichen Bereichen unvollständig geblieben.

o Die Tatsache, dass die Eltern erst 27 Jahre nach der ersten und einzigen Impfung einen vermeintlichen Impfschadensfall ihrer Tochter vorgebracht haben, lässt an ihrer Überzeugung bezüglich einer Impfenzephalopathie zweifeln.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass bei MN ein Impfschadensfall in Form einer Postimmunisationsenzephalopathie nach Ganzkeimpertussisimpfung unwahrscheinlich ist:

Die neurologische Symptomatik inklusive der BNS Anfälle hatte ihren Beginn vor der angeschuldigten Impfung.

Ein normaler Liquorbefund während der Exacerbation der BNS Anfälle macht ein akut toxisches- allergisches und entzündliches Geschehen im Gehirn, wie nach Postimmunisationsencephalopathie, unwahrscheinlich.

Die neuropädiatrische Abklärung der schwersten intellektuellen Behinderung mit der autistischen Begleitsymptomatik und der cerebralen Bewegungsstörung MNs ist unzureichend erfolgt und lässt zahlreiche Differentialdiagnosen offen.

Das Risiko für eine Postimmunisationsenzephalopathie nach Ganzkeimpertussisimpfung beträgt im Mittel 3 auf 1 Million Impfungen."

In seiner ihm von der Bundesberufungskommission aufgetragenen ergänzenden Stellungnahme vom 29. November 2010 habe Dr. K wie folgt ausgeführt (anonymisiert):

"Die Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs-Behindertenangelegenheiten ersucht mich, im Anschluss an mein ausführliches Gutachten vom 9.10.2010, nochmals auch auf

  1. a) das erstinstanzliche Gutachten von Fr. Dr. S(…) vom 25.2.2009
  2. b) auf das Privatgutachten von Hr. Dr. H(…) vom 27.7.2009 und
  3. c) auf die Berufungseinwendungen MNs vom 3.9.2009 und 18.2.2010 explizit einzugehen.

    Vorwegnehmend möchte ich anmerken, dass ich in meinem Gutachten vom 9.10.2010 auf eine neue und genauere Datenlage, die Krankengeschichte MN betreffend, zurückgreifen konnte und ich daher zu einer ursächlich klarer begründeten Schlussfolgerung kommen konnte.

    In der aktuellen Ergänzung zu meinem Gutachten vom 9.10.2010 werde ich auch diesmal nur die Bereiche in den oben angeführten Vorgutachten (Dr. S(…), Dr. H(…)) und in den Berufungseinwendungen herausstreichen, wo ich mich grundlegend von meinen Vorgutachtern unterscheide, wo es mir für das Verständnis der Zusammenhänge notwendig erscheint und meiner Schlussfolgerung genüge getan werden kann.

    a) Zum Gutachten von Frau Dr. S(…) vom 25.2.2009:

    Das Gutachten berücksichtigt nicht die Aufzeichnungen der Untersuchungen von Dr. W(…), dem Oberarzt der Neuropädiatrischen Ambulanz in L, vom 13.7.1981, wo die Mutter bei einer ambulanten Kontrolle angibt, dass ihr Kind seit 4 Monaten (also seit März - April1981) fragliche Anfälle habe.

    Das Gutachten berücksichtigt nicht die Aufzeichnungen der Untersuchung von Primarius Dr. G(…), Leiter der Entwicklungsabteilung der Kinderklinik L, vom 10.9.1990, wo die Mutter angibt, dass MN im Alter von 3 - 4 Monaten (d.h. im März-April 1981) erstmals cerebrale Krampfanfälle hatte.

    Das Gutachten berücksichtigt nicht die Diskrepanz zwischen den Angaben der Mutter bei der Anamnese im LKH V (am 5.6.1981) und dem Zeitfenster bis zum Auftreten einer möglichen Impfencephalopathie (innerhalb von 3 Tagen nach der Impfung vom 20.5.1981- 23.5.1981). Demnach wären bis zum ersten Auftreten der Anfallssymptome zwischen 13-16 Tage, also eher 2 Wochen, anzugeben gewesen.

    Die Mutter hatte aber den Eindruck, dass MN 3 Wochen vor der Aufnahme zu lächeln aufgehört habe und die Hände und Füße zusammenziehe und dann die Augen verdrehe. Diese Veränderungen traten 1-3 x täglich auf und dauerten wenige Sekunden.

    Weiters berücksichtigt das Gutachten nicht die Tatsache, dass die DPT-Impfung ohne Probleme, zumindest ohne Fieber und ohne Aufschreien, vertragen wurde und der Mutter 1981 und in den Jahrzehnten danach keinen Anlass gab, diese Impfung irgendwie anzuschuldigen.

    Im Gutachten wird die Krankengeschichte der Patientin, in erster Linie durch das Anfallsleiden geprägt, dargestellt. Dies trifft de facto nicht zu.

    MN zeigte eine schwere Mehrfachbehinderung.

    Das Anfallsleiden war für die schwerste Behinderung ursächlich nicht entscheidend. Vielmehr stand von Anfang an eine (schwerste) intellektuelle Behinderung mit autistischer Begleitsymptomatik und Impulskontrollstörung im Vordergrund. Aber auch eine cerebrale Bewegungsstörung mit Rumpfhyptonie und Athetose und milder Spastik war stets vorhanden. Der Verlauf des Anfallsleidens war nur im ersten Lebenshalbjahr durch BNS Anfälle, welche schon nach wenigen Monaten sistierten, gekennzeichnet. Danach war das Mädchen vom 7. Lebensmonat bis zum 17. Lebensjahr anfallsfrei.

    Nach dieser 17 jähriger Anfallsfreiheit kam es in der Pubertät wieder zu neuerlichen Anfällen, welche dann einen komplex fokalen Charakter hatten.

    MN verstarb an einem ungeklärten Herzversagen im 29. Lebensjahr, ein epileptischer Anfall war nicht die Todesursache.

    Bezüglich der Ursache der Mehrfachbehinderung wurde nicht auf die Bedeutung der mäßigen Hirnatrophie im ersten Lebensjahr, welche sowohl kausal als auch symptomatisch sein konnte, eingegangen.

    Weiters wurde der fraglichen erblichen Belastung für eine Epilepsie bei den epileptischen Anfällen der Onkel zu wenig Beachtung geschenkt.

    Und vor allem wurde die mangelnde neuropädiatrische Abklärung der Schwerstbehinderung MNs, welche zum Ausschluss zahlreicher Erkrankungen sinnvoll gewesen wäre, nicht genügend erwähnt. Übereinstimmend mit dem Gutachten möchte ich hervorheben, dass bei der Aufnahme im Spital V am 5.6.1981 die Diagnose eines Adduktorenspasmus im frühen Säuglingsalter, der Liegeschädel und die ausgeprägte Muskelhypotonie, das schlechte soziale Lächeln bei unauffälligem Liquorbefund und normalen Muskelenzymen erwarten lassen, dass die hiefür verantwortliche Hirnschädigung bereits über viele Wochen zuvor eingewirkt hat und nicht durch kurzzeitige BNS Anfälle zu erklären war.

    In der Schlussfolgerung stimme ich dem Gutachten zu, wenn ein kausaler Zusammenhang zwischen den Anfällen und der Impfung nicht wahrscheinlich gemacht werden kann. Allerdings erfolgte dies in Anbetracht der Nichtberücksichtigung der genauen Datenlage in der Krankengeschichte der verstorbenen MN.

    b) Zum Privatgutachten von Herrn Dr. H(…) vom 27.7.2009:

    Das Gutachten erfolgte ohne Kenntnis der genauen Datenlage, die Krankengeschichte der verstorbenen MN betreffend. Somit sind die Auflistungen Absatz 1-7 in meiner Abhandlung über das Gutachten Dris. S(…) auch hier anzuwenden.

    Weiters wurde von Dr. H(…) nicht darauf eingegangen, dass bei der Aufnahme im Spital V am 5.6.1981 die Symptome eines Adduktorenspasmus in frühen Säuglingsalter, der Liegeschädel und die ausgeprägte Muskelhypotonie, das schlechte soziale Lächeln - bei unauffälligem Liquorbefund und normalen Muskelenzymen - gefunden wurden. Und dass die hiefür verantwortliche Hirnschädigung bereits über viele Wochen zuvor eingewirkt hat und nicht durch kurzzeitige BNS Anfälle zu erklären war.

    In den Schlussfolgerungen stimme ich dem Gutachten nicht zu, was die positive Kausalitätsbegründung zwischen der Impfung und den BNS Anfällen und der Behinderung der verstorbenen MN betrifft.

    Vielmehr kann gesagt werden, dass bei MN ein Impfschadensfall in Form einer Postimmunisationsenzephalopathie nach Ganzkeimpertussisimpfung unwahrscheinlich ist.

    Meine Gründe hierfür sind:

    Die neurologische Symptomatik inklusive der BNS Anfälle hatte

    ihren Beginn vor der angeschuldigten Impfung.

    Ein normaler Liquorbefund während der Exacerbation der BNS Anfälle macht ein akut toxisches-allergisches und entzündliches Geschehen im Gehirn, wie nach Postimmunisationsencephalopathie, eher unwahrscheinlich. Die neuropädiatrische Abklärung der schwersten intellektuellen Behinderung mit der autistischen Begleitsymptomatik und der cerebralen Bewegungsstörung MNs ist unzureichend erfolgt und lässt zahlreiche Differentialdiagnosen offen. Die BNS Anfälle waren per se zu moderat, als dass sie ursächlich für die frühe schwerste intellektuelle Behinderung und die cerebrale Bewegungsstörung herangezogen hätten werden können.

    Ein Grundleiden ist anzunehmen.

    Abklärungen mit NMR des Gehirnes, genetischer Untersuchung, Stoffwechselscreening u.a. auf mitochondriale, peroxysmale Störungen, organische Acidopathie, Ionenkanalerkrankungen sind nicht erfolgt.

    Das grundsätzliche Risiko für eine Postimmunisationsenzephalopathie nach Ganzkeimpertussisimpfung beträgt im Mittel 3 auf 1 Million Impfungen.

    Im Gutachten von Dr. H(…) werden weiters BNS Anfälle nicht dem aktuellen Wissenstand und der Literatur entsprechend dargestellt, sondern es wird eher den Eindruck einer tendenziellen, persönlichen Darstellung erweckt.

    Folgende Richtigstellungen und Ergänzungen sind mir erlaubt:

    So kann eine zugrundeliegende Ursache für BNS Anfälle auch heute nur in 75 % der Fälle nachgewiesen werden. (1990 war dies nur in 60% der Fälle möglich).

    Wenn die Geburt normal war, ist in 20% der Fälle eine neurokutane Erkrankung (v.a. Tuberöse Hirnsklerose) anzunehmen. Der Krankheitsbeginn der BSN Anfälle liegt zwischen dem 4. und 7. Lebensmonat. Der Zeitpunkt vom Beginn bis zur Diagnosestellung verzögert sich oft beträchtlich.

    Wenn die BNS Anfälle symptomatisch sind, d.h. eine Grundkrankheit gefunden wird, dann ist das Kind bei Diagnosestellung neuropsychologisch meist schon auffällig.

    Bei 40% der Kinder sind keine oder nur milde Begleitsymptome bei Anfallsbeginn zu finden. Die Prognose hängt von der Ursache ab. Als Regel gilt, dass Kinder mit einer symptomatischen Form eine schlechtere Prognose haben.

    Während in den Literatur aus den 1980-1990 Jahren auch die Pertussisganzkeimvaccine als Ursache angeben wird, werden Vaccine in der Literatur der letzten 10 Jahre als Ursache für BNS Anfälle abgelehnt.

    c) Zu den Berufungseinwendungen MNs vom 3.9.2009 und vom 18.2.2010:

    Wie für das Gutachten von Dr. S(…) und das Gutachten von Dr. H(…) gilt auch für die Berufungseinwendungen MNs, dass diese ohne Kenntnis der genauen Datenlage erfolgt ist.

    Daher sind auch hier die Auflistungen Absatz 1-7 in meiner Abhandlung über das Gutachten Dris. S(…) anzuwenden. Hervorheben möchte ich, dass MN auch abgesehen von den BNS Anfällen schwere neurologische Schäden aufwies ("Die Mutter hatte aber den Eindruck, dass MN 3 Wochen vor der Aufnahme zu lächeln aufgehört habe und die Hände und Füße zusammenziehe und dann die Augen verdrehe. Diese Veränderungen traten 1-3x täglich auf und dauerten wenige Sekunden". "Bei der Aufnahme im Spital V am 5.6.1981 wurde bei dem Säugling die Diagnose eines Adduktorenspasmus, der Liegeschädel und die ausgeprägte Muskelhypotonie und das schlechte soziale Lächeln festgestellt"). Weiters möchte ich herausstreichen, dass der Krankheitsbeginn von BSN Anfällen grundsätzlich zwischen dem 4. und 7. Lebensmonat liegt und sich der Zeitpunkt vom Beginn bis zur Diagnosestellung oft beträchtlich verzögert.

    Die Ursache hierfür liegt in der anfangs diskreten Symptomatik (wie Kopfnicken über 1-2 Sekunden), welche von den Angehörigen oder vom weniger geschulten medizinischen Personal nicht als Anfall interpretiert werden kann.

    Somit ist es durchaus nicht verwunderlich, dass Impfungen trotz eines Anfallsleidens durchgeführt werden.

    Bezüglich der Postvaccinationsencephalopathie nach Ganzkeimpertussisimpfung verweise ich auf meine Ausführungen im Gutachten vom 9.10. 2010 im Abschnitt C und D. "

    In einer Stellungnahme vom 17. Jänner 2011 - so die Bundesberufungskommission weiter ausführend - hätten die Beschwerdeführer eingewendet, der Sachverständige Dr. K stützte sich, ähnlich wie Dr. M, auf das Erstaufnahmeprotokoll vom 5. Juni 1981 und die Aufzeichnungen der behandelnden Ärzte, wonach die Krampfanfälle bereits vor der angeschuldigten Impfung stattgefunden hätten. Unverständlich wäre die Anschuldigung des Sachverständigen, dass die mangelnde Anschuldigung der Impfung zum Zeitpunkt der ersten cerebralen Anfälle dafür spreche, dass diese schon vor der Impfung stattgefunden hätten und daher nicht kausal wären. Dazu würde die Erstbeschwerdeführerin vorbringen, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Krampffanfälle nach der Impfung aufgetreten wären. Es wären keine drei Wochen gewesen. Wie es dazu gekommen wäre, dass es in der Anamnese hieße, seit drei Wochen würde das Kind nicht mehr lächeln, wäre natürlich heute nicht mehr nachvollziehbar.

    Erst Dr. A, ein praktischer Arzt, welcher MN im November 2007 homöopathisch behandelt hätte, hätte die Kindeseltern auf die Ursachen und den möglichen Zusammenhang zwischen Impfung und Krampfanfällen aufmerksam gemacht. Es würde nochmals die Einvernahme der Kindeseltern, im Besonderen der Erstbeschwerdeführerin sowie des Arztes Dr. A, beantragt. Es gäbe keine sonstige Ursache für die Enzephalopathie außer eben die Impfung, die im zeitlichen Zusammenhang mit dem Auftreten der Krampfanfälle läge. Krampfanfälle vor der Impfung wären auszuschließen und wären von den Kindeseltern auch nie behauptet worden. Allfällige falsche Angaben oder falsche Protokollierungen wären kein Beweis, dass die Krämpfe schon vor der Impfung stattgefunden hätten. Laut Gutachten Dris. H schlösse eine unauffällige Liquor-Untersuchung eine solche Impfkomplikation keinesfalls aus. Das Gutachten von Dr. K wäre nicht brauchbar und auch nicht notwendig, der Gutachter würde als befangen abgelehnt.

    Nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften und der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führte die Bundesberufungskommission aus, die Behörde habe zu prüfen, ob eine ausreichende Wahrscheinlichkeit gegeben sei, dass die bei MN vorliegenden Gesundheitsschädigungen auf die angeschuldigte Impfung zurückzuführen sei, wobei die bloße Möglichkeit eines solchen Zusammenhanges nicht ausreichend sei.

    Für die Auslegung des Begriffes "wahrscheinlich" sei der allgemeine Sprachgebrauch maßgebend. Wahrscheinlichkeit sei gegeben, wenn nach der geltenden ärztlich­wissenschaftlichen Lehrmeinung erheblich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spreche. Die rechtliche Beurteilung des ursächlichen Zusammenhanges im Sinne dieser Bestimmung setze voraus, dass der Kausalzusammenhang im medizinisch­naturwissenschaftlichen Sinn in dem durch § 90 KOVG 1957 geregelten Verfahren geklärt werde und allenfalls strittige Tatsachen im Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis und der Krankheitsvorgeschichte von der Behörde ermittelt und festgestellt würden.

    Das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten Dris. K vom 9. Oktober 2010 inklusive der ergänzenden Stellungnahme vom 29. November 2010 sei schlüssig, nachvollziehbar und weise keine Widersprüche auf. Es werde darin ausführlich und überzeugend begründet, warum die angeschuldigte DPT-Impfung vom 20. Mai 1981 als mögliche Ursache für den Leidenszustand der MN den geforderten Grad an Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhanges nicht erfülle. Übereinstimmung mit dem in erster Instanz eingeholten Sachverständigengutachten Dris. S bestehe darin, dass die bei MN bei der stationären Aufnahme am 5. Juni 1981 festgestellte Symptomatik gegen die Kausalität spreche.

    Das von den Beschwerdeführern vorgelegte Gutachten Dris. H enthalte hingegen keine Auseinandersetzung mit der Krankengeschichte im Sinne einer Abwägung der Argumente die für bzw. gegen die Kausalität sprechen. Es werde nahezu ausgeschlossen, dass die angeschuldigte Impfung nicht kausal sein könne. Dr. K setze sich dem gegenüber eingehend mit dem Vorbringen und dem vorgelegten Privatgutachten Dris. H auseinander. Die Ausführungen zur Unvollständigkeit und mangelnden Wissenschaftlichkeit des Privatgutachtens seien schlüssig und nachvollziehbar.

    Das ärztliche Sachverständigengutachten von Prof. Dr. M werde nicht zur Beurteilung herangezogen, weil sich dessen Beurteilung ausschließlich auf den nicht objektivierten Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens eines Krampfanfalles beziehe.

    Das Sachverständigengutachten Dris. K stehe mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Dem - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Sachverständigengutachten sei nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten worden. Es werde daher im oben angeführten Ausmaß in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

    Die Erstbeschwerdeführerin sowie der Arzt Dr. A seien nicht gesondert einvernommen worden, weil sich der diesbezügliche Antrag lediglich auf die Objektivierung des erstmaligen Auftretens eines Krampfanfalles beziehe.

    Die Angaben der Erstbeschwerdeführerin, sie hätte bei MN einige Tage nach der DPT-Impfung im Jahre 1981 die ersten Anfälle beobachtet und MN hätte ihr spontanes Lächeln verloren, seien insofern herangezogen worden, als festgestellt werde, dass unter dieser Annahme der Zeitpunkt mit dem in der Literatur angegebenen Intervall für eine Postimmunisationsenzephalopathie übereinstimme. Eine Postimmunisationsenzephalopathie hätte jedoch entsprechend dem angenommen Pathomechanismus (allergisch, toxisch) biochemische und immunologische Veränderung in der damals aktuellen Liquordiagnostik nach sich ziehen müssen. Der Liquor MNs sei hingegen gänzlich unauffällig.

    Die Ursache des objektivierten Leidenszustandes könne nicht zweifelsfrei festgestellt werden, die damalige Diagnostik sei unzureichend erfolgt.

    Die Krankengeschichte MNs sei jedoch nicht in erster Linie durch das Anfallsleiden geprägt. Bei der Aufnahme im Spital V am 5. Juni 1981 sei ein Adduktorenspasmus im frühen Säuglingsalter diagnostiziert, der Liegeschädel und die ausgeprägte Muskelhypotonie, das schlechte soziale Lächeln bei unauffälligem Liquorbefund und normale Muskelenzymen ließen erwarten, dass die hiefür verantwortliche Hirnschädigung bereits über viele Wochen zuvor eingewirkt habe. Die Symptome seien nicht durch kurzzeitige BNS-Anfälle zu erklären.

    Die Krankheit MNs sei stets durch eine schwerste intellektuelle Behinderung mit autistischer Begleitsymptomatik und durch eine cerebrale Bewegungsstörung inklusive zentraler Hypotonie, Athetose und milder Spastik geprägt. Das Anfallsleiden sei für die schwerste Behinderung ursächlich nicht entscheidend. Innerhalb der ersten 17 Lebensjahre habe MN nur über wenige Monate - nämlich von April bis Juni 1981 - BNS-Anfälle erlitten.

    Den Grad der geforderten Wahrscheinlichkeit hätten die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht begründen können. Dass ein Zusammenhang nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden könne, also grundsätzlich die Möglichkeit bestehe, reiche für die Anerkennung als Impfschaden nicht aus. Ein Zusammenhang zwischen angeschuldigter Impfung und Gesundheitsschädigung müsse zumindest wahrscheinlich sein.

    Da der geforderte Grad an Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhanges zwischen der bestehenden Gesundheitsschädigung und der angeschuldigten Impfung nicht festgestellt habe werden können, liege ein Impfschaden nicht vor.

    Gegen diesen Bescheid richtet sich vorliegende Beschwerde.

    Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1.1. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften des Impfschadengesetzes, BGBl. Nr. 371/1973, idF BGBl. I Nr. 4/2010, lauten (auszugsweise):

"§ 1b. (1) Der Bund hat ferner für Schäden nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes Entschädigung zu leisten, die durch eine Impfung verursacht worden sind, die nach einer gemäß Abs. 2 erlassenen Verordnung zur Abwehr einer Gefahr für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung im Interesse der Volksgesundheit empfohlen ist.

(2) Der Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz hat durch Verordnung jene Impfungen zu bezeichnen, die nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft zur Abwehr einer Gefahr für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung im Interesse der Volksgesundheit empfohlen sind.

(3) Nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes ist Entschädigung jedenfalls für Schäden zu leisten, die durch im jeweils ausgestellten Mutter-Kind-Paß genannte Impfungen verursacht worden sind.

§ 2. (1) Als Entschädigung sind zu leisten:

d) im Falle des Todes des Impfgeschädigten infolge des Impfschadens Hinterbliebenenversorgung im gleichen Ausmaß wie die entsprechenden Leistungen nach dem Heeresversorgungsgesetz:

1. Sterbegeld gemäß § 30 HVG;

§ 3. (1) …

(3) Soweit dieses Bundesgesetz nicht Abweichendes bestimmt, sind die §§ 2, 31a, 54 bis 60, 65 bis 67, 69 bis 72, 73a, 82, 83 Abs. 1, 85 Abs. 1 erster Satz und Abs. 2, 86, 87, 87a Abs. 1 bis 3, 88 Abs. 3, 92 bis 94a und 98a Abs. 7 und 8 HVG sinngemäß anzuwenden.

…"

1.2. Die einschlägigen verwiesenen Bestimmungen des HVG, BGBl. Nr. 27/1964, idF BGBl. I Nr. 4/2010, lauten (auszugsweise):

"§ 2. (1) Eine Gesundheitsschädigung ist als Dienstbeschädigung im Sinne des § 1 anzuerkennen, wenn und insoweit die festgestellte Gesundheitsschädigung zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis oder die der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse ursächlich zurückzuführen ist. Wenn dem schädigenden Ereignis oder den der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnissen nur ein ursächlicher Anteil an einer Gesundheitsschädigung zugemessen werden kann, die mit Hilflosigkeit oder Blindheit (§§ 27, 28) verbunden ist, ist der die Hilflosigkeit oder Blindheit verursachende Leidenszustand zur Gänze als Dienstbeschädigung im Sinne des § 1 anzuerkennen.

(2) Die Glaubhaftmachung eines ursächlichen Zusammenhanges durch hiezu geeignete Beweismittel genügt für die Anerkennung einer Gesundheitsschädigung als Dienstbeschädigung, wenn die obwaltenden Verhältnisse die Beschaffung von Urkunden oder amtlichen Beweismitteln zur Führung des Nachweises der Ursächlichkeit ausschließen.

Abschnitt VIa

Bezugsberechtigung und Fortsetzung des Verfahrens im Falle

des Todes des Anspruchsberechtigten

§ 31a. (1) …

(2) Ist beim Tode des Anspruchswerbers oder Anspruchsberechtigten das Versorgungsverfahren noch nicht abgeschlossen, so sind zur Fortsetzung des Verfahrens nacheinander der Ehegatte, die leiblichen Kinder, die Wahlkinder, die Stiefkinder, der Vater, die Mutter, die Geschwister berechtigt, alle diese Personen jedoch nur, wenn sie gegenüber dem Anspruchsberechtigten zur Zeit seines Todes unterhaltspflichtig oder unterhaltsberechtigt waren oder mit ihm zur Zeit seines Todes in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben. Sind solche Personen nicht vorhanden, so sind die Rechtsnachfolger des Verstorbenen zur Fortsetzung des Verfahrens berechtigt.

…"

2. Die Beschwerde ist im Ergebnis unbegründet.

2.1 Außer Streit steht im Beschwerdefall, dass die Beschwerdeführerin am 7. Jänner 1981 geboren wurde und am 20. Mai 1981 eine DPT-Impfung erhalten hat.

2.2. Mit der Frage der Verursachung eines Schadens durch eine Impfung im Sinne des Impfschadengesetzes hat sich der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf die auch im vorliegenden Fall anzuwendende Novelle BGBl. I Nr. 48/2005 in seinem Erkenntnis vom 17. November 2009, Zl. 2007/11/0005, auseinandergesetzt. Durch die genannte Novelle wurde § 3 Abs. 3 Impfschadengesetz dahin geändert, dass bei der Beurteilung eines Entschädigungsanspruches nach dem Impfschadengesetz § 2 des Heeresversorgungsgesetzes (HVG) sinngemäß anzuwenden ist. Gemäß § 2 Abs. 1 HVG kommt es darauf an, dass die festgestellte Gesundheitsschädigung "zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf das

schädigende Ereignis ... ursächlich zurückzuführen ist";

Abs. 2 leg. cit. normiert, dass die Glaubhaftmachung eines ursächlichen Zusammenhanges für die Anerkennung einer Gesundheitsschädigung genügt, wenn die obwaltenden Verhältnisse die Führung des Nachweises der Ursächlichkeit ausschließen.

Daraus folgt, dass nach der hier anzuwendenden Rechtslage der Anspruch auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz nicht nur bei einem "Kausalitätsnachweis", sondern schon im Falle der "Kausalitätswahrscheinlichkeit" besteht. Jedenfalls dann, wenn auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens anzunehmen ist, dass die drei nach dem hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2007, Zl. 2004/11/0153, maßgeblichen Kriterien - entsprechende Inkubationszeit, entsprechende Symptomatik, keine andere wahrscheinlichere Ursache - erfüllt sind, ist von der Wahrscheinlichkeit der Kausalität einer Impfung für die betreffende Gesundheitsschädigung im Sinne der §§ 1 und 3 Abs. 3 des Impfschadengesetzes iVm § 2 HVG auszugehen (vgl. das zitierte Erkenntnis Zl. 2007/11/0005, sowie die hg. Erkenntnisse vom 28. Juni 2011, Zl. 2007/11/0200, und vom 30. September 2011, Zl. 2009/11/0004).

Anhand der genannten Kriterien ist zu überprüfen, ob die belangte Behörde ohne Rechtswidrigkeit zu dem Ergebnis gelangte, es sei im vorliegenden Fall nicht einmal die Wahrscheinlichkeit einer Kausalität der gegenständlichen Impfung für die Leiden des Beschwerdeführers anzunehmen.

2.3.1. Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid auf das umfangreiche, im Berufungsverfahren erstattete und mit Stellungnahme vom 29. November 2010 ergänzte Gutachten Dris. K vom 9. Oktober 2010. In diesem Gutachten sowie in der ergänzenden Stellungnahme, die ausgiebig auf das im erstbehördlichen Verfahren erstattete Gutachten Dris. S und das von den Beschwerdeführern vorgelegte Gutachten Dris. H eingeht und detailliert darlegt, weshalb einzelnen Einschätzungen der anderen Gutachter nicht gefolgt werde, gelangt der Gutachter Dr. K einerseits zum Ergebnis, dass eine eingehende Analyse der vorhandenen Anamneseaufzeichnungen aus der Zeit unmittelbar nach der Impfung sowie im Jahr 1990 dafür spricht, dass die in Rede stehenden Krampfanfälle nicht erst nach der Impfung aufgetreten sind, andererseits zur Einschätzung, dass die bereits im Juni 1981 gestellte Diagnose eines Adduktorenspasmus im frühen Säuglingsalter, der Liegeschädel und die ausgeprägte Muskelhypotonie, das schlechte soziale Lächeln bei unauffälligem Liquorbefund und normalen Muskelenzymen erwarten lasse, dass die dafür verantwortliche Hirnschädigung bereits über viele Wochen zuvor eingewirkt habe und nicht durch kurzzeitige BNS-Anfälle zu erklären sei. Ausgeführt wird weiters, dass BNS-Anfälle anfangs eine diskrete Symptomatik aufwiesen, welche von Angehörigen nicht als Anfall interpretiert werden könnten.

2.3.2. Diesen gutachterlichen Ausführungen Dris. K, insbesondere auch der detaillierten Auseinandersetzung mit dem von den Beschwerdeführern vorgelegten Gutachten Dris. H, sind die Beschwerdeführer im Berufungsverfahren nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Sofern sie sich in der Beschwerde - wie auch im vorangegangenen Verwaltungsverfahren - darauf stützen, dass die aufgetretenen Symptome wie epileptische Anfälle (BNS-Krämpfe) nach der am 20. Mai 1981 erfolgten Impfung zum ersten Mal aufgetreten wären und damit nicht übereinstimmende Angaben in der Krankengeschichte auf "Hörfehler" zurückführen, zeigen sie eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheids führende Rechtswidrigkeit ebensowenig auf (auch in diesem Fall ist nach dem Gutachten Dris. K - angesichts des normalen Liquorbefundes - die Kausalität der Impfung nicht wahrscheinlich) wie mit dem unsubstantiierten Hinweis darauf, dass einer der in der Krankengeschichte erwähnten Ärzte (Dr. G), dessen zeitnahe Wiedergaben der Anamneseangaben der Erstbeschwerdeführerin mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer nicht übereinstimmen, als befangener Impfbefürworter anzusehen sei.

Sofern die Beschwerde vorbringt, die Erstbeschwerdeführerin und der zuletzt behandelnde praktische Arzt von MN, Dr. A, hätten hinsichtlich der Angabe vorgeladen werden müssen, wann die cerebralen Krampfanfälle das erste Mal aufgetreten seien, zeigt sie schon deshalb die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht auf, weil in der Beschwerde nicht konkret vorgebracht wird, welche weiteren Angaben die Erstbeschwerdeführerin gemacht hätte, die sie nicht schon im Verwaltungsverfahren, wie zB im Telefonat am 21. September 2010 mit Dr. K oder bei Anamneseerhebung im erstinstanzlichen Verfahren oder in den im Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen gemacht hat und wie diese Angaben geeignet wären, die von den behandelnden Ärzten wiedergegebenen Anamneseangaben in den Jahren 1981 und 1990 als unrichtig zu erweisen. Im Übrigen gibt die Beschwerde keinen Aufschluss darüber, welche diesbezüglichen Angaben Dr. A hätte machen können.

2.4. Wenn die belangte Behörde anhand einer Prüfung der Wahrscheinlichkeit im Sinne der oben dargestellten Rechtslage und vor dem Hintergrund der unbedenklichen Aktenvorlage - dem als schlüssig erkannten Gutachten Dris. K folgend - keine Grundlage gegeben sah, die Wahrscheinlichkeit einer Kausalität zwischen der hier in Rede stehenden Impfung vom 20. Mai 1981 und dem Leiden der MN anzunehmen, so ist dies vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm zustehenden Überprüfungsbefugnis nicht zu beanstanden.

2.5. Die Parteien des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof übersehen im Übrigen, dass erst seit der Novelle zum Impfschadengesetz BGBl. Nr. 278/1991, mit der ein § 1b eingefügt wurde, eine Entschädigung für empfohlene Impfungen bzw. für Impfungen, die im Mutter-Kind-Pass genannt sind, in Betracht kommt und gemäß Art. II Abs. 3 dieser Novelle Ansprüche nur dann gegeben sind, wenn die den Schaden verursachende Impfung nach dem 31. Juli 1981 durchgeführt wurde. Im Hinblick auf das Verabreichungsdatum - unstrittig der 20. Mai 1981 - der im Beschwerdefall in Rede stehenden DPT-Impfung, bei der es sich nicht um eine verpflichtend vorgeschriebene Impfung handelte, scheidet ein Anspruch auch deshalb aus.

2.6. Die Beschwerde erweist sich aus diesen Erwägungen im Ergebnis als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 23. Mai 2013

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte