VwGH 2011/11/0112

VwGH2011/11/01126.3.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des W T in O, vertreten durch Dr. Klaus Estl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Schanzlgasse 4 a, gegen den Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten vom 13. April 2011, Zl. BMASK- 41550/1338-IV/9/2008, betreffend Entschädigung nach dem Impfschadengesetz, zu Recht erkannt:

Normen

HVG §2 Abs1;
ImpfSchG §1b;
ImpfSchG §3 Abs3;
HVG §2 Abs1;
ImpfSchG §1b;
ImpfSchG §3 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am 27. Februar 1979 geborene Beschwerdeführer leidet am Lennox-Gastaut Syndrom (iF: LGS), einer schweren Form einer epileptischen Erkrankung.

Am 4. Februar 2008 beantragte er die Zuerkennung einer Entschädigung nach dem Impfschadengesetz, weil er im Jahr 1980 gegen Masern und Mumps sowie gegen Diphtherie und Tetanus geimpft worden und innerhalb kurzer Zeit nach den Impfungen schwer erkrankt sei; seines Erachtens sei seine Erkrankung ursächlich auf die Impfungen zurückzuführen.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 13. April 2011 wies die belangte Behörde diesen Antrag gemäß § 1b und § 3 Abs. 3 des Impfschadengesetzes iVm § 2 Abs. 1 HVG ab.

In der Begründung legte die belangte Behörde den Inhalt der erstinstanzlichen Entscheidung und der dagegen erhobenen Berufung dar und gab dann das von ihr eingeholte Sachverständigengutachten der Fachärztin für Neurologie, Dr. B M, vom 23. Jänner 2009 (ergänzt am 24. März 2009) wieder.

Danach leide der Beschwerdeführer an spastischer Tetraparese und mentaler Retardierung bei LGS. Es spreche erheblich mehr gegen einen Zusammenhang mit der durchgeführten Impfung im August 1980 (gegen Masern/Mumps) als dafür, weil sich der erste Fieberkrampf im Juli 1980 und damit vor der genannten Impfung (vom 30. August 1980) ereignet habe. Das erste zerebrale Anfallsgeschehen sei laut schriftlichen medizinischen Unterlagen im November 1981 erfolgt, somit zwölf Monate nach der ebenfalls angeschuldigten Diphtherie-Tetanus-Impfung vom 17. November 1980. Zuvor sei der Beschwerdeführer nebenwirkungsfrei mit drei Teilimpfungen gegen Diphtherie, Tetanus und Pertussis grundimmunisiert worden, nämlich am 21. Juni, am 19. Juli und 9. August 1979. Ein zeitlicher Zusammenhang sei nicht feststellbar. Die angegebene Diarrhoe nach der Masern-Mumps-Impfung sei als Impfreaktion nicht bekannt und für die Beantwortung der Kausalitätsfrage nicht relevant. Eine Impfung gegen Diphtherie, Tetanus und Pertussis gehe mit einem erhöhten Risiko für Fieberkrämpfe einher (Krampfanfall im Kleinkindalter zwischen drei Monate und fünf Jahren im Zusammenhang mit Fieber, ohne Evidenz von intrakranieller Infektion oder definierter Ursache), allerdings nur in den ersten drei Tagen der Impfung mit Schwerpunkt am ersten Tag. Es bestehe kein erhöhtes Risiko für andere epileptische Anfälle oder für die Entwicklung einer Epilepsie (unter Hinweis auf eine näher zitierte Studie). In einer weiteren - näher zitierten - Studie sei das relative Risiko einer Enzephalopathie innerhalb von sieben Tagen nach einer DPT-Impfung oder einer MMR-Impfung bei 0-6 jährigen untersucht worden. Es sei eine multifokale Betroffenheit des zentralen Nervensystems und die Evidenz eines entzündlichen Liquorbildes gefordert worden. DPTund MMR-Impfungen seien nicht mit einem erhöhten Risiko einer Enzephalopathie assoziiert worden. Die Inzidenz einer Enzephalopathie von 1/370.000 nach DPT und 1/200.000 nach MMR sei nicht verschieden von der "background rate" aller Kinder in diesem Alter.

Im CCT von April 1982 würden zerebrale Sulci und Cisternen ausgeweitet beschrieben. Es sei ein Zusammenhang des LGS mit einer präexistenten Hirnschädigung angenommen worden.

Der im vom Beschwerdeführer vorgelegten Befundbericht von Dr. L hervorgehobene Umstand, der Beschwerdeführer habe bis zum Alter von 21 Monaten laut Impfpass 16 Impfungen erhalten, entspreche den Empfehlungen des obersten Sanitätsrates.

In der Literatur fänden sich keine Hinweise auf ein erhöhtes Auftreten einer Enzephalopathie nach einer MMR-Impfung. Es liege kein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem ersten zerebralen Krampfanfall (im November 1981) und der angeschuldigten Impfung (im November 1980) vor.

In ihrer Gutachtensergänzung vom 24. März 2009 habe die Sachverständige Folgendes festgestellt:

Ein eine Woche nach der DT-Impfung aufgetretener Fieberkrampf sei aktenkundig nicht dokumentiert; die Sachverständige habe sich auf schriftliche, den Krankheitsverlauf dokumentierende Unterlagen gestützt.

Ein Großteil der im vom Beschwerdeführer vorgelegten Befundbericht angeführten Literaturzitate seien der Amtssachverständigen nicht als in der Pubmed (wissenschaftlich fundierte medizinische Datenbasis) gelistete Arbeiten bekannt.

Zur Frage, wann der erste Krampfanfall beim Beschwerdeführer aufgetreten sei, wies die Amtssachverständige neuerlich darauf hin, dass entsprechend den von ihr eingesehenen Krankengeschichten die erste stationäre Aufnahme des Beschwerdeführers im November 1981, also zwölf Monate nach der DT-Impfung, bzw. 14 Monate nach der MM-Impfung, erfolgt sei. Ein zuvor von den Eltern beschriebener, eine Woche nach der DT-Impfung aufgetretener astatischer Anfall stehe ebenso in keinem zeitlichen Zusammenhang mit der angeschuldigten DT-Impfung, weil unerwünschte Nebenwirkungen, zu denen auch Krampfanfälle zählten, innerhalb von 24 Stunden nach der DT-Impfung auftreten würden (Hinweis auf eine näher zitierte Studie).

Dagegen habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorgebracht, der erste Anfall habe sich (ausgehend von einem Gedächtnisprotokoll seines Vaters) am 22. November 1980 ereignet. Die Feststellung im Gutachten des von der Erstbehörde beigezogenen Sachverständigen Dr. M, es seien keine Fieberkrämpfe angegeben worden, sei falsch. Vielmehr sei auch in den Anamneseangaben der archivierten Krankenunterlagen des AKH Wien dokumentiert, dass der Beschwerdeführer unmittelbar nach diesem Ereignis in ärztlicher Behandlung gestanden sei.

Die belangte Behörde legte weiter dar, dass sie ein weiteres Sachverständigengutachten des Facharztes für medizinisch-chemische Labordiagnostik und Biochemie, Mag. DDr. W M, eingeholt habe, der in seinem Gutachten vom 6. August 2010 im Wesentlichen Folgendes festgestellt habe:

"Das Lennox-Gastaut-Syndrom (LGS) ist eine der schwersten Epilepsieformen mit Beginn in der Kindheit (1). Die Ursache kann symptomatisch (70%) sein oder kryptogen (30%), d.h. ohne erkennbare Ursache.

Symptome sind eine Trias bestehend aus multiplen epileptischen Anfällen, pathologisch typischem EEG und Störung kognitiver Funktionen. Die Therapie erfolgt nach (3) immer noch auf individueller Basis, da kontrollierte Therapiestudien fehlen.

...

Der Beginn der Symptome des LGS hat einen typischen Altersgipfel zwischen dem 3. und 5. Lebensjahr, der Berufungswerber hat seine ersten Anfälle also relativ früh bekommen.

Erst seit kurzem werden auch genetische Hintergründe bei diversen Epilepsieformen diskutiert (Übersicht in 5) - hierbei spielen defekte zelluläre Ionenkanäle eine Rolle. In Familien, in denen nur ein Erkrankungsfall von LGS auftritt, könnte es sich um eine de novo Mutation handeln. Es wird daher empfohlen, den Berufungswerber auf das Vorliegen einer SCN1A Mutation zu prüfen. Gutachterlich wird hier eine 5% Chance gesehen, die Ursächlichkeit der Erkrankung des Berufungswerbers zu klären. Eine SCNA1 A Mutation kann sich nach (5) sowohl als Fieberkrampf als auch als LGS bemerkbar machen - beides trifft auch beim Berufungswerber zu.

Es stellt sich nun die Frage, ob nicht noch eine andere mögliche Ursache für den Entwicklungsrückfall identifiziert werden könnte.

Stratton et al (7) sind Herausgeber einer systematischen Analyse ob Beweise (Evidence) für ursächliche Schädigungen durch Kinderimpfstoffe gefunden werden können. Hierbei wurde ein unabhängiges Vaccine Safety Commitee gegründet, welches systematisch die Literaturdaten in der wissenschaftlichen Literatur aufarbeitete.

Es gibt nur wenig Evidence für eine Assoziation zwischen Tetanus Toxin und Enzephalopathie, obwohl das Toxin das zentrale Nervensystem erreichen kann, gibt es keinen klaren Zusammenhang zur Enzephalopathie. Das Diphterie Toxin ist auch nicht mit Enzephalopathie assoziiert. Im Impfstoff liegen jedoch Tetanus- und Diphtherie-Toxoide vor - also Proteine, die ihre Toxin Wirkung im Herstellungsprozess des Impfstoffes verloren haben. Daher kommt dieses hochrangige wissenschaftliche Gremium bereits 1994 zu dem Schluss, dass die Evidenz (die Beweise) nahe legen, dass keine ursächliche Beziehung zwischen einer DT, Td oder Tetanus Impfung und einer Enzephalopathie besteht. Dies ist auch heute noch Stand der Wissenschaft. Da es keine Beweise für einen ursächlichen Zusammenhang einer Enzephalopathie und einer vorangegangenen DT Impfung gibt, kann auch kein Zeitfenster nach einer Impfung und dem Auftreten einer Enzephalopathie definiert werden. Hier und im Folgenden wird der Begriff Enzephalopathie als Oberbegriff verwendet, der auch das LGS einschließt. Diese Vorgangsweise wird gewählt, weil so auch andere oder verwandte Formen einer Hirnschädigung nach Impfung ursächlich auf diese zurückgeführt werden könnten - oder eben nicht als ursächlich zu betrachten sind.

Stellungnahme im Sinne der ärztlichen Vorschreibung im Zusammenhang mit den Einwendungen im Rahmen des Parteiengehörs vom 24. Juli 2009 und den vorgelegten Beilagen:

Einwendungen zum Parteiengehör: Es geht in einer Stellungnahme des Vaters des Berufungswerbers um das genaue Datum des ersten epileptischen Anfalls. Dieser habe am 22.11.1980 stattgefunden und sei dem Gutachter Prof. Dr. M anlässlich seines Hausbesuches mitgeteilt worden, aber im Gutachten nicht berücksichtigt worden. Auch sei die Feststellung von Prof. M, dass keine Fieberkrämpfe stattgefunden haben, falsch.

Es wird von den Eltern mitgeteilt, dass der Berufungswerber im Juli 1980 einen Fieberkrampf hatte und einen zweiten Fieberkrampf im Sept. 1980 - im Berufungsschreiben vom 27.10.2008 wird das Datum präzisiert und der 7. September 1980 angegeben.

Laut ärztlicher Bestätigung bestätigt Dr. S, dass der Berufungswerber am 24.11.1980 wegen unklarer Anfälle zu ihm geschickt wurde.

Weiters findet sich eine 1 1/2 seitige Zusammenfassung des Vaters (der Eltern?) des Berufungswerbers, mit dem Vermerk, dass er im Juli 1980 und im September 1980 je einen Fieberkrampf hatte, beim ersten Fieberkrampf stationäre Aufnahme, im September ambulante Kontrolle. Ebenso ist vermerkt, dass der Berufungswerber am 22.11.1980 zwei epileptische Anfälle hatte. Im Weiteren werden multiple Anfälle des Berufungswerbers geschildert. Am Ende dieser Aufzeichnungen wird festgestellt, dass erst im März 2000 durch die Aussage einer Ärztin am AKH (Zitat: 'ich würde meine Kinder nie impfen lassen') durch die Eltern ein Impfschaden vermutet wurde.

Als Beilage 3 legen die Eltern noch einen Aufsatz mit dem Titel 'Aluminium - das schmutzige kleine Geheimnis' vor.

Dieser Aufsatz stammt von dem Medizinjournalisten Bert Ehgartner (dieser hat keine einschlägige medizinische Ausbildung) und ist ein Auszug aus seinem Buch 'Lob der Krankheit - warum es gesund ist, ab und zu krank zu sein' Lübbe Verlag 2008. Mir ist dieses Buch bekannt, es strotzt geradezu vor Fehlern, wird aber in der Impfgegnerszene gerne als Beleg herumgereicht. Es handelt sich hier nicht um medizinische Fachliteratur.

Nach Elternangabe hatte der Berufungswerber also im Juli 1980 und im September je einen Fieberkrampf, und am 30.8.1980 eine Masern-Mumps Impfung, sowie am 17.11.1980 eine DT Impfung. Der Fieberkrampf im Juli 1980 war also vor den inkriminierten Impfungen, jedoch 11 Monate nach den DTP Impfungen - ein Fieberkrampf 11 Monate nach einer Totimpfung kann jedoch in keinem Fall dieser ursächlich zugeordnet werden.

Nur der Fieberkrampf im September ist also nach der MM-Impfung, jedoch vor der DT-Impfung. In einer (schlecht lesbaren) Kopie eines Arztbriefes über den KH-Aufenthalt von 6.7.-12.7.1980 wird über einen 1. Fieberkrampf berichtet. Dieser wurde symptomatisch behandelt.

Nun stellt sich die Frage, ob nicht die MM-Impfung am 30.8.1980 ursächlich zu diesem 2. Fieberkrampf beigetragen haben könnte. Eine Masern-Mumps-Impfung ist eine Lebendimpfung mit abgeschwächten vermehrungsfähigen Viren. Diese Abschwächung der Pathogenität der Viren führt zu einem weitgehenden Pathogenitätsverlust.

H Peltola (8) hat in einer doppelblinden Placebo kontrollierten Studie an Zwillingen Fieber nach MMR-Impfung untersucht. Die Röteln-Komponente ist hier nicht wesentlich, daher kann diese Studie auch auf den MM-Impfstoff angewandt werden - dies auch, da es sich um denselben Hersteller des Impfstoffes handelt.

In dieser Studie wurde hohes Fieber > 39.5 Grad C selten durch andere Ursachen verursacht und ist daher spezifisch als ursächliches Impffieber zu charakterisieren. Dieses hohe Fieber trat am häufigsten 10 Tage nach der Impfung auf. Generell Fieber verursacht durch die MMR Impfung trat an den Tagen 7-12 auf. Das bedeutet, dass mildes Fieber < 38,5 Grad C oder auch moderates Fieber dem hohen Fieber vorangeht. Nach dem 13. Tag war Fieber nach MMR Impfung nicht häufiger als ohnehin auftretendes Fieber durch andere Ursachen in der ungeimpften Kontrollgruppe und hat daher andere Ursachen. Aus diesen Studien ergibt sich, dass ein Fieber nach MMR Impfung zwar auftreten kann, auch Mumps/Masern ähnliche Symptome, dass diese Symptome aber erst am Tag 7-12 nach MMR Impfung auftreten. Dies ist biologisch auch plausibel, da Fieber oder auch mumpsähnliche Symptome erst bei maximaler Vermehrung des Impfvirus eines nicht Immunen auftreten. Fieber kann auch einen folgenden Fieberkrampf am Tag ca. 8- 14 postvaccinal (erste MM Impfung) durch die Masernimpfung (die Mumps Komponente spielt hier praktisch keine Rolle) mit einer Häufigkeit von 1 pro 3000 Masernimpfungen verursachen (9). Ob dieser 2. Fieberkrampf ursächlich der MM-Impfung anzulasten wäre, kann nicht mehr genau gesagt werden, da das Datum dieses

2. Fieberkrampfes nicht bekannt ist (laut Stellungnahme vom 28.08.2008). Laut Berufungsschrift vom 27.10.2008 jedoch erinnern sich die Eltern, dass dieser 2. Fieberkrampf am 7.9.1980 stattgefunden hätte. Wenn diese Angabe korrekt ist, könnte dieser

2. Fieberkrampf daher durchaus ursächlich auf die MM Impfung zurückgeführt werden können.

Die durch die MM bzw. MMR Impfung verursachten Fieberkrämpfe sind jedoch medizinisch folgenlos, d.h. münden nicht in ein LGS-Anfallsleiden. Ein dauernder Impfschaden durch die MM-Impfung liegt also nicht vor, auch dann nicht, wenn der ambulant behandelte Fieberkrampf der MM-Impfung ursächlich anzulasten gewesen wäre. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Fieberkrampf ursächlich der Masernkomponente der MM Impfung berechtigt anzulasten sei, wird jedoch durch den vorangegangenen

1. Fieberkrampf von Juli 1980 stark eingeschränkt.

Der Vater des Berufungswerbers verweist in seiner Stellungnahme vom 28.8.2008 noch auf angebliche Forschungsergebnisse von J.A. Wakefield, dessen Hypothesen, dass die MMR Impfung Autismus verursacht wurde, inzwischen mehrfach widerlegt wurden. Der Vater des Berufungswerbers verweist dann in Folge auf den Arzt Dr. G. Dieser ist ein engagierter Impfgegner, der sich gegen die Masernimpfung ausspricht. Eine Lektüre seines Buches 'Nicht impfen was dann' Springsrade Verlag 2008 zeigt, dass Dr. G einen großen Abstand zu gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen hat, wenn er schreibt 'Eines ist klar: Impfen macht krank!' Die wissenschaftliche Literatur sagt das Gegenteil.

Dem Berufungsschreiben von 27.10.2008 ist noch ein 'ärztlicher Befundbericht' von Dr. L beigefügt. In diesem kommt Dr. L zum Schluss, dass ein sehr wahrscheinlicher Zusammenhang zwischen den Impfungen und dem Leiden des Berufungswerbers besteht.

Dr. L hält Vorträge zum Thema Impfen 'Impfen - Sinn oder Unsinn', wobei er zum Schluss kommt, dass Impfen offensichtlich Unsinn sei, wie auch seiner HP der Gemeinde T zu entnehmen ist

(12) dort steht 'ohne Impfen froh'. Dr. L führt auch einen sog. 'impfkritischen Gesprächskreis'. Dr. L hält auch Vorträge zB. beim Schweizer Impfforum 2007. Das ist ein nichtwissenschaftliches Forum von Impfgegnern.

Von zentraler Bedeutung ist die Kompetenz des Gutachters auf dem Fachgebiet, hier Impfwesen. Von Dr. L existieren keine wissenschaftlichen Publikationen in wissenschaftlichen peer reviewten Journalen.

Er schreibt, dass Prof. M in seinem Gutachten den Zusammenhang der erhaltenen Impfungen (Anm: wobei er gleich alle Impfungen erfasst) mit der Erkrankung einseitig beurteilt hätte, gibt dazu aber keinerlei fachliche Begründung ab. Dr. L führt dann als relevante UAW (unerwünschte Arzneimittelwirkungen) die Produktinformationen des Beipackzettels an und zitiert dort aufgeführte UAW. Ich selbst habe gutachterlich 10 Jahre lang Gebrauchs- und Fachinformationen als Gutachter im Zulassungsverfahren verfasst. Hierbei werden immer auch (seltene) Erkrankungen nach Impfung angegeben, die aber nicht notwendigerweise durch Impfung ursächlich bedingt werden. In der (relevanten) englischen Literatur bezeichnet man eine UAW besser als adverse event following immunization (AEFI), also unerwünschtes Ereignis nach Impfung, wobei es dann einer Spezialbeurteilung bedarf, zusätzlicher Studien etc., ob diese AEFI ursächlich sein kann oder nicht. Dr. L schreibt dann auch, die angeführten 'möglichen Wirkungen' sind der Produktinformation (Beipacktext) entnommen. Korrekt müsste es heißen, der Gebrauchsinformation (die ist für den Laien beigepackt) und Fachinformation (die ist für den Arzt vorgesehen und zB. im Arzneimittelcodex enthalten). Es hätte hier Dr. L ausführen müssen, ob diese möglichen Wirkungen als ursächlich zu betrachten sind - eine solche begründende Beurteilung findet jedoch nicht statt. Er schreibt dann weiter, dass 'bei jeder einzelnen Impfung

reagiert der Geimpfte ... von außen betrachtet stumm oder

bemerkenswert, wobei das Individuum selbst aus der ganzen Bandbreite seiner möglichen Reaktionen, diejenige aussucht und lebt, die am besten passt'. Für diese Aussage wird keinerlei Beleg angegeben.

Bei der gutachterlichen Betrachtung eines möglichen Impfschadens ist davon auszugehen, dass den Schaden die Impfung verursacht hat (oder auch nicht) und nicht der Geimpfte selbst schuld ist.

Im Kapitel 'Zeitlicher Zusammenhang' behauptet Dr. L, dass unerwünschte Wirkungen grundsätzlich ebenso lange nach Impfungen auftreten können wie die Impfung wirkt, d. h. dass es ein Zeitfenster für Nebenwirkungen nicht gibt. Damit steht Dr. L in maximalem Abstand zur Lehrmeinung und zur biologischen Plausibilität. Weiters schreibt Dr. L richtig, dass der Berufungswerber 3 Keuchhustenimpfungen erhalten habe und dass diese zu Gehirnschädigungen (mit und ohne Anfallsleiden) führen (Gutachten M Seite 4). In der Tat wurden in den 90ern solche Gehirnschädigungen durch die damalige Ganzkeimpertussisimpfung diskutiert, sie werden mittlerweile aber nicht mehr als ursächlich betrachtet (14) 'Pertussis vaccine encephalopathy': it is time to recognize it as the myth that it is' Zudem fehlt hier das entsprechende Zeitfenster, da der Berufungswerber 11 Monate nach der letzten Keuchhustenimpfung einen Fieberkrampf bekam - so einen langen Zeitraum als ursächlich anzunehmen, dafür fehlt jede wissenschaftliche Grundlage und jede biologische Plausibilität.

Im Abschnitt 'Von der Gesundheit in die Krankheit' macht Dr. L außerdem schwerst widersprüchliche anamnestische Angaben. Er schreibt (der Beschwerdeführer), war bis zum Zeitpunkt des Auftretens des ersten Anfalls (Eine Woche nach DT Impfung am 17.11.1980) ohne schwere Erkrankungen....' Er negiert weiter anamnestische Anzeichen als möglicher Wegbereiter oder Ursache für das spätere Anfallsleiden. Dann aber wenige Zeilen weiter 'Erste schwere Krankheiten machte er im 17. Lebensmonat (6.7.80 1. Fieberkrampf, stationäre Behandlung) durch.' Dies dokumentiert die massiven Widersprüche im Gutachten von Dr. L.

Faktum ist (5), dass Fieberkrämpfe bei LGS durchaus Vorboten für folgende epileptische Anfälle sein können. Wohingegen ein Fieberkrampf durch die MM Impfung medizinisch folgenlos bleibt (15).

Zu Literaturzitaten/Bücher Dr. L:

Das erste Literaturzitat ist ein Lehrbuch von U. Quast et al Impfreaktionen, Hypokrates Verlag 2. Auflage, Stuttgart 1997. Dieser Quelle schreibt Dr. L (unüblicherweise) noch folgendes Text zu: 'Neurologische Schäden wie Lähmungen, Krampfanfälle oder Enzephalitis (Gehirnentzündung) werden auch nach der Diphterieimpfung berichtet. Schaut man allerdings in dem genannten Buch nach, so findet sich dieser Text im Kapitel 2.3 bis 2.4.3 wo normale Impfreaktionen, Komplikationen und unklare neurologische Erkrankungen der Diphtherieimpfung abgehandelt werden, nicht.

Ganz im Gegenteil unter 2.4.3 unklare neurologische Erkrankungen schreibt die Autorin: 'Bei neurologischen Erkrankungen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung gegen Diphtherie konnte bisher nicht geklärt werden, ob eine Koinzidenz oder ein kausaler Zusammenhang bestand. Die in den wenigen Kasuistiken (Anm. von mir - diese sind nicht beweisend) beschriebenen sehr unterschiedlichen Krankheitsbilder (Enzephalitis, Krämpfe und Epilepsie, Halbseitenlähmung, Ophthaloplegie, Entwicklungsknick) lassen an einem Kausalzusammenhang zweifeln. Die Einordnung dieser als 'Impfkomplikation' bereits 1964 geschilderten Verdachtsfälle würden sicherlich modernen diagnostischen Verfahren nicht mehr standhalten. Die Analyse des Institute of Medicine (Anm: siehe weiter oben in meinem Gutachten) favorisiert die Ablehnung eines Kausalzusammenhanges.'

Es muss also festgestellt werden, dass Dr. L der Autorin Aussagen unterstellt, die in diesem Kapitel nicht vorkommen und wo ganz im Gegenteil Krämpfe ursächlich durch die Diphtherieimpfung abgelehnt werden.

Das 2. Literaturzitat, welches Dr. L angibt, MMRW, 45(RR- 12):1-35 1996 und dem er in deutscher Übersetzung folgendes Zitat unterstellt 'Eine gesicherte und anerkannte aber seltene Folge von der DTP Impfung ist eine Enzephalopathie mit bleibenden Hirnschäden', kommt so im Kapitel DTP nicht vor, vielmehr wird folgendes publiziert (16):

Other more severe neurologic events, such as a prolonged convulsion or encephalopathy, although rare, have been reportet in temporal association with DTP administration.

Concern about the possible role of pertussis-vaccine in causing neurologic reactions has been present since the earliest days of vaccine use. Rare but serious acute neurologic illnesses, including encephalitis/encephalopathy and prolonged convulsions, have been anecdotally reported following receipt of whole-cell pertussis vaccine given as DTP (62,63).

Whether pertussis vaccine causes or is only coincidentally related to such illnesses or reveals an inevitable event has beendifficult to determine conclusively for the following reasons: ...

Im Folgenden wird in dem Dokument noch über eine Studie berichtet (National Childhood Encephalopathy Study =NCES), die sehr wohl einen Zusammenhang der DTP Impfung mit einer akuten Encephalopathie gesehen hat. In dieser Studie wurden die Kinder aber nur 7 Tage nach der Studie beobachtet - wobei das akute Geschehen sich in dieser Zeit abspielte. Zusätzlich wurden in dieser Studie unter Encephalopathie die Entitäten Encephalopathie, Enzephalitis und Encephalomyelitis zusammengefasst, wobei letztere sicher nicht beim Berufungswerber vorlagen. Die erste neurologische Auffälligkeit des Berufungswerbers war jedoch 11 Monate nach der letzten DTP-Impfung, die offenbar problemlos vertragen wurde. Es muss also auch beim 2. Literaturzitat von Dr. L festgestellt werden, dass selektiv zitiert wurde - Encephalitis und Encephaloamyelitis sind entzündliche Erkrankungen im Gegensatz zum vorliegenden LGS des Berufungswerbers. Eine Encephalopathie 11 Monate nach einer DTP Impfung ist jedenfalls in diesen umfangreichen Untersuchungen und Studien als nicht ursächlich für die Impfung beurteilt worden.

Das 3. Literaturzitat unterlegt Dr. L mit dem Satz 'In einer Untersuchung von über 600.000 Kindern wurde festgestellt, dass die DPT-Impfung mit einem erhöhten Risiko für zerebrale Krampfanfälle einhergeht.' Schaut man sich diese Studie an, so wurde in einer großen Studie die bekannte Tatsache bestätigt, dass die Ganz-Keim-Keuchhustenimpfung Fieberkrämpfe verursachen kann, jedoch nur am Tag der Impfung, nicht jedoch 11 Monate nach der DTP Impfung. Die drei DTP Impfungen hat der Berufungswerber problemlos vertragen, selbst wenn ein Fieberkrampf aufgetreten wäre, hätte er durch die Impfung kein erhöhtes Risiko für weitere Fieberkrämpfe oder sonstige neurologische Erkrankungen gehabt, wie in dieser Studie festgestellt wurde.

Die zitierten wissenschaftlichen Publikationen werden durch Dr. L fachlich falsch und extrem einseitig interpretiert.

Eine Masernenzephalitis ist ein entzündliches Geschehen, verursacht durch ein Virus, während das LGS des Berufungswerbers eben kein entzündliches Geschehen ist. Zudem liegt kein Anhaltspunkt für einen schweren Immundefekt beim Berufungswerber vor.

Die Bücher, die Dr. L als Literatur angibt, wie Coulter H Impfungen, der Großangriff auf Gehirn und Seele, Hirthammer Verlag (ein bekannter Impfgegnerverlag), sind nicht peer reviewte, unwissenschaftliche Bücher.

Dr. L zitiert jedoch auch ein Buch den 'Pschyrembel', einen Klassiker unter den klinischen Wörterbüchern. Auch diesem Buch entnimmt er ein Zitat 'Lennox-Gastaut-Syndrom (William G.L. Neurol.,Boston, 1884-1960) n: Komb. von Sturzanfällen, nächtlichen tonischen Anfällen u. Myoklonie; Erstmanifestation im 2.-7. Lj.; Urs.: meist frühkindlicher Hirnschaden'. Unerwähnt bleibt der Rest des Zitats 'od. genetisch bedingt'.

Stellungnahme zur Bewertung des Gesundheitsschadens des Berufungswerbers durch Dr. L.

...

Punkt 5 - Welche ärztliche Befunde sprechen für einen Zusammenhang mit der Impfung?

Durch Fachliteratur nicht nachvollziehbar. Er spricht den Befund von Dr. H P an, Nachweis mittels Elektroakupunktur nach Voll. Dies ist ein Verfahren, mit dem letztlich der Hautwiderstand gemessen wird, der wiederum von der Anzahl der Schweißdrüsen in der betreffenden Region abhängt. Dieses Verfahren hat keine wissenschaftlich belegte Wirksamkeit bei der Feststellung von vermuteten Impfschäden.

Punkt 6 - Wie gewichtig ist jede einzelne dieser Pro Schlussfolgerungen?

Hier schreibt Dr. L u.a. 'je nach Glauben und Wirklichkeit des Gutachters'. Das ist falsch. Gutachter haben sich ausschließlich gesicherter evidenzbasierter Quellen zu bedienen.

Punkt 7 - Welche ärztlichen Befunde sprechen gegen einen Zusammenhang mit der Impfung?

Auch hier unterstellt Dr. L dem Arzt, dass für ihn Impfen nur einseitig gut sein kann. Das ist falsch, es gibt Indikationen zum Impfen und es gibt Kontraindikationen. Kontraindikationen lagen keine vor (auch der beschriebene Durchfall ist keine absolute Kontraindikation zur DT-Impfung).

Punkt 9 - Spricht im Sinne einer gesamtheitlichen Sicht erheblich mehr für bzw. erheblich mehr gegen einen ursächlichen Zusammenhang?

Auch hier ist Dr. L Argumentation fachlich nicht nachvollziehbar.

Punkt 10 - Ist aus ärztlicher Sicht ein bzw. kein wahrscheinlicher Zusammenhang anzunehmen?

Hier behauptet Dr. L, dass jede einzelne der Impfungen Ursache für die Leiden des Berufungswerbers sein könne. Dies steht im Widerspruch zu den problemlosen DTP Impfungen.

Zusammenfassend ist das Gutachten von Dr. L als fachlich insuffizient zu bewerten, zudem wurde es nicht mit entsprechender Sorgfalt erstellt, seine Schlüsse sind fachlich nicht nachvollziehbar.

Gemäß internationaler wissenschaftlicher Literatur muss ein ursächlicher Zusammenhang des Leidens des Berufungswerbers sowohl mit den durchgeführten DTP Impfungen als auch der DT Impfung abgelehnt werden.

Hinsichtlich der durchgeführten MM Impfung ist ein ursächlicher Fieberkrampf möglich, dieser wurde ambulant behandelt und ist in der Literatur mit einer Häufigkeit von 1:3.000 beschrieben - auch das Zeitfenster passt. Solche Fieberkrämpfe sind jedoch medizinisch folgenlos und jedenfalls nicht als Ursache für ein Lennox-Gastaut Syndrom anzusehen.

Es fehlt also eine Wahrscheinlichkeit für einen Impfdauerschaden. Die durchgeführten Impfungen führen nicht zu einem Lennox-Gastaut Syndrom.

Literaturreferenzen:

(1) Arzimanoglu A et al Lennox-Gastaut syndrome: a consensus approach an diagnosis, assessment, management, and trial methodology Lancet Neurology 8:82-93 (2009)

(2) H Peltola OP Heinonen Frequency of true adverse reactions to measles-mumps-rubella vaccine. A double-blind placebo controlled trial in twins. Lancet i:939-42 (1986)

(3) Hancock E Cross H Treatment of Lennox-Gastaut syndrome. Cochrane Database SystRev. 2003;(3):CD00327

(4) Crumrine PK Lennox-Gastaut-Syndrome J Child Neurology 2002; 17:S70-5

(5) Miller 10, Sotero de Menezes MA.SCN/A-Related Seizure Disorders. In: Pagon RA, Bird TC, Dolan CR, Stephens K, editors. GeneReviews (Internet). Seattle (WA): University of Washington, Seattle; 1993-2007 Nov 29. auffindbar:

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aufgerufen 23.4.2010

(6) Selmer KK, Lund C, Brandal K, Undlien DE, Brodtkorb E SCN1A mutation screening in adult patients with Lennox-Gastaut syndrome features. Epilepsy Behav. 2009 Nov;16(3):555-7.

(7) Stratton KR, Howe CJ, Johnston RB (eds) Adverse Events Associated with Childhood Vaccines, Institute of Medicine, Nat.Acad.Press, Washington D.C.1994

(8) H Peltola OP Heinonen Frequency of true adverse reactions to measles-mumps-rubella vaccine. A double-blind placebo controlled trial in twins. Lancet i:939-42 (1986)

(9) Red Book American Academy of Pediatrics 2009 p452

(10) Ludwig CA Anforderungen an Gutachten - Anforderungen an Gutachter. Schweizerische Ärztezeitung 2006;87:1035-36

(11) AG Rechtsanwälte im Medizinrecht, Der medizinische Sachverständige Band 2. C Heymanns Verlag KG 1995

(12) 'http://www.tristach.at/gemeindeleben/arzt/index.html ', aufgerufen am 29.7.2009

(13) Gerhard Buchwald - Der Homöopathie Kurier 1988: Heft 4:16-20

(14) Cherry JD Pertussis vaccine encephalopathy: it is time to recognize it as the myth that it is JAMA 1990 Mar 23- 30;263(12):1679-80.

(15) Plotkin S, et al (eds) Vaccines 5th ed 2008 p 373

(16) "http://www.cdc.gov/mmwr/preview/mmwrhtml/00046738.htm ', aufgerufen 29.7.2010

(17) Barlow et al The risk of seizures after receipt of wholecell pertussis or measles, mumps, and rubella vaccines. NEJM 2001;345:656-61

(18) Bitnun A et al Measles inclusion body encepalitis caused by the vaccine straine of measles virus. CID 1999;29:855-61"

Der Beschwerdeführer habe dazu eine sehr umfangreiche Stellungnahme abgegeben, die im Wesentlichen Folgende Einwände enthalte:

Er erwarte ein fach- und sachgerechtes, transparentes Verfahren auf einer nachvollziehbaren Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Beweisführung. Beide Gutachter, Dr. M und DDr. WM, hätten es unterlassen, die beauftragenden Stellen über die Sachlage bezüglich Impfungen zu informieren, die in den Ausführungen "Recht und Impfen - Was Richter, Ärzte, Gutachter und Eltern wissen müssten" zusammengefasst seien. Beiden Gutachtern sei nicht aufgefallen, dass der Impfpass des Beschwerdeführers Hinweise enthalte, die erwähnenswert seien. Es sei der vom Hersteller empfohlene Impfabstand zwischen den Impfungen nicht eingehalten worden; bei der DT-Impfung am 17. November 1980 sei die Keuchhusten-Komponente weggelassen worden. Dr. M versuche, die DT-Impfung zu entlasten, in dem er Quast und andere zitiert habe. Die Veröffentlichungen von Ehrengut aus dem Jahr 2004 scheine er nicht zu kennen, der Schäden (Anfälle) durch DT beschreibe. Das erstinstanzliche Gutachten Dris. M werde angezweifelt. Die Gutachter hätten die falschen Quellen zitiert und die Zusammenhänge unvollständig dargestellt. In zwei Drittel aller Folgen, die bisher nach Impfungen aufgetreten seien, würden keine Untersuchungen mehr vorliegen, die eine ursächliche Klärung ermöglichten. Das Meldeverhalten der Ärzteschaft bezüglich Impfschadensverdachtsfälle sei mangelhaft. Die Aussagen Dris. WM würden einer sachlichen Prüfung nicht standhalten. Die gesicherten evidenzbasierten Quellen wären nicht vorgelegt worden. Die Sachverständigen Dr. M und Dr. WM würden die Veröffentlichungen Ehrenguts nicht kennen oder diese ignorieren. Dort seien Schädigungen beschrieben, die auch die Krankheitssituation des Beschwerdeführers erklären könnten. Die Ausführungen Dris. WM, dass MM-Impfungen nur folgenlose Fieberkrämpfe erzeugen können, würden bestritten. Ohne belegten Nutzen und mit unaufgeklärtem Risiko sei keine positiven Nutzen-Risiko-Abwägung bei Impfungen möglich.

Im Weiteren legte die belangte Behörde die maßgebenden Rechtsvorschriften dar und führte aus, ein Anspruch auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz bestehe nicht nur bei einem "Kausalitätsnachweis", sondern schon im Fall der "Kausalitätswahrscheinlichkeit". Es sei daher zu prüfen, ob eine ausreichende Wahrscheinlichkeit gegeben sei, dass die beim Beschwerdeführer vorliegenden Gesundheitsschädigungen auf die angeschuldigte Impfung zurückzuführen sei, wobei die bloße Möglichkeit eines solchen Zusammenhangs nicht ausreichend sei. Wahrscheinlichkeit sei dann gegeben, wenn nach der geltenden ärztlichen wissenschaftlichen Lehrmeinung erheblich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spreche.

Die eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten Dr. BM und Dr. WM seien schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es werde ausführlich und überzeugend begründet, warum die objektivierte Gesundheitsschädigung nicht mit Wahrscheinlichkeit von den angeschuldigten Impfungen verursacht wurde. Im erstinstanzlichen Verfahren sei zudem ein pädiatrisches Fachgutachten eingeholt worden, das im Ergebnis mit den im Berufungsverfahren erstellten Sachverständigengutachten übereinstimme. Die befassten Sachverständigen hätten sich eingehend mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und dem von diesem vorgelegten Befund Dris. L auseinander gesetzt. Die Ausführungen zur mangelnden Wissenschaftlichkeit, Qualität und Widersprüchlichkeit dieses "Privatgutachtens" sowie der mangelnden Fachlichkeit der angeführten Literatur bzw. deren sinnveränderten Zitierungen seien schlüssig und nachvollziehbar. Der Beschwerdeführer sei den nicht als unschlüssig zu erkennenden Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Er habe die aus dem Buch "Erfahrungen eines Gutachters über Impfschäden in der BRD von 1955 bis 2004" Dris. Ehrengut entnommenen Fallbeispiele sowie Auszüge aus diversen Studien vorgelegt, ohne dass eine konkrete Relevanz für die gegenständliche Fragestellung dargestellt würde. Es sei lediglich auf die Vielfalt möglicher Impfschäden hingewiesen worden. Den Auszügen aus Artikeln zur Sinnhaftigkeit von Impfungen sei die ablehnende Haltung zu entnehmen. Die Abhandlung "Recht und Impfen - Was Richter, Ärzte, Gutachter und Eltern wissen müssen!" behandle die Frage, ob Impfungen überhaupt empfohlen werden sollten; das Empfehlen von Impfungen werde als nicht mit den Grundrechten vereinbar erachtet; Anhaltspunkte für die gegenständliche Kausalitätsbeurteilung fänden sich darin nicht.

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sprächen überwiegend gegen die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der bestehenden Gesundheitsschädigung (LGS) und den angeschuldigten Impfungen. Der Beschwerdeführer habe im Juli und September 1980 je einen Fieberkrampf gehabt. Am 30. August 1980 sei eine Masern-Mumps-Impfung, am 17. November 1980 eine Diphtherie-Tetanus-Impfung verabreicht worden. Der Fieberkrampf im Juli 1980 sei also vor den angeschuldigten Impfungen erfolgt, jedoch elf Monate nach den (im Jahr 1979, zuletzt am 9. August) verabreichten DPT-Impfungen. Ein Fieberkrampf elf Monate nach einer Totimpfung könne jedoch keinesfalls dieser ursächlich zugeordnet werden.

Nur der mit September 1980 datierte Fieberkrampf nach der MM-Impfung, jedoch vor der DT-Impfung könne ursächlich auf die MM-Impfung zurückgeführt werden. Im Arztbrief über den Krankenhausaufenthalt vom 6. Juli bis 12. Juli 1980 werde über einen ersten Fieberkrampf berichtet. Dieser sei symptomatisch behandelt worden. Eine Masern-Mumps-Impfung sei eine Lebendimpfung mit abgeschwächten vermehrungsfähigen Viren. Diese Abschwächung der Pathogenität der Viren führe zu einem weitgehenden Pathogenitätsverlust.

Wie von Dr. WM dargelegt, könne ein Fieber nach MM-Impfung zwar auftreten, auch Mumps/Masern-ähnliche Symptome; dies in einem Zeitraum von sieben bis zwölf Tagen nach der Impfung. Fieber könne auch einen Fieberkrampf nach acht bis 14 Tagen nach der Impfung verursachen. Es könnte also der zweite Fieberkrampf ursächlich auf die MM-Impfung zurückgeführt werden. Da durch eine MM- bzw. MMR-Impfung verursachte Fieberkrämpfe aber medizinisch folgenlos blieben, also nicht in ein LGS-Anfallsleiden mündeten, liege ein dauernder Impfschaden durch die MM-Impfung nicht vor, auch dann nicht, wenn der ambulant behandelte Fieberkrampf tatsächlich der MM-Impfung ursächlich anzulasten gewesen wäre. Die Wahrscheinlichkeit dafür werde jedoch durch den vorangegangenen ersten Fieberkrampf vom Juli 1980 stark eingeschränkt. Fieberkrämpfe könnten bei LGS Vorboten für folgende epileptische Anfälle sein; ein durch die MM-Impfung verursachter Fieberkrampf bleibe aber medizinisch folgenlos.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, der Umstand, dass die vierte Gabe der Keuchhustenimpfung nicht verabreicht wurde, lasse auf die Vermutung der behandelnden Ärzte schließen, der Beschwerdeführer habe einen Impfschaden erlitten, sei spekulativ; Schlüsse betreffend die Kausalitätsbeurteilung der angeschuldigten Impfungen könnten daraus nicht gezogen werden.

Da der geforderte Grad an Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs zwischen der bestehenden Gesundheitsschädigung und der angeschuldigten Impfung nicht festgestellt werden hätte können, liege ein Impfschaden nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. Hinsichtlich der maßgebenden Rechtslage und der Anforderungen an die Begründung einer Entscheidung in einem Verfahren auf Zuerkennung einer Impfschadenentschädigung wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 2013, Zlen. 2013/11/0081 und 2011/11/0180, und vom 23. Mai 2013, Zl. 2011/11/0114, verwiesen.

Daraus ist hervorzuheben, dass nach der - auch im Beschwerdefall anzuwendenden - Rechtslage nach der Novelle BGBl. I Nr. 48/2005 der Anspruch auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz schon im Fall der "Kausalitätswahrscheinlichkeit" besteht, weshalb zu überprüfen ist, ob die belangte Behörde ohne Rechtswidrigkeit zu dem Ergebnis gelangte, es sei nicht einmal die Wahrscheinlichkeit einer Kausalität der gegenständlichen Impfung für die Leiden des Beschwerdeführers anzunehmen.

2. Das Beschwerdevorbringen zeigt nicht auf, dass die belangte Behörde die derart gebotenen Vorgaben nicht eingehalten hätte.

2.1. Die belangte Behörde hat - wie dargestellt - auf Grundlage der von ihr eingeholten Sachverständigengutachten in Zusammenhalt mit dem im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den "angeschuldigten" Impfungen (am 30. August 1980 gegen Masern/Mumps; am 17. November 1980 gegen Diphtherie/Tetanus) und der beim Beschwerdeführer vorliegenden Gesundheitsschädigung (LGS) verneint. Sie hat dabei auf die Wirkungsweisen der einzelnen Impfbestandteile und die zeitliche Abfolge der Impfungen und der beim Beschwerdeführer aufgetretenen Fieberkrämpfe bzw. Anfälle Bezug genommen und die diesbezüglichen Ausführungen in den von ihr eingeholten Sachverständigengutachten als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei beurteilt. Der Sachverständige Dr. WM habe sich in seinem Gutachten mit dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Befund Dris. L auseinandergesetzt und dessen Widersprüchlichkeit und fehlende Nachvollziehbarkeit im Einzelnen aufgezeigt. Diesem Gutachten sei der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten.

2.2. Soweit die Beschwerde - ohne konkrete Bezugnahme auf den Beschwerdefall - lediglich die im Verwaltungsverfahren vom Beschwerdeführer erstattete Stellungnahme wiederholt, wird damit weder ein relevanter Verfahrensmangel noch eine Unschlüssigkeit der behördlichen Beweiswürdigung aufgezeigt.

Das auf den Beschwerdefall bezogene Vorbringen, es sei im Jahr 1979 bei Verabreichung der drei Teilimpfungen betreffend Diphtherie, Tetanus und Pertussis an den Beschwerdeführer der geforderte Impfabstand überschritten worden, ist schon deshalb nicht zielführend, weil sich die belangte Behörde bei Beurteilung der Kausalität von Impfungen für die vorliegende Gesundheitsschädigung auf die vom Beschwerdeführer "angeschuldigten" Impfungen, also die Impfungen vom 30. August 1980 (MM) und vom 17. November 1980 (DiTe) zu beschränken hatte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2013, Zl. 2011/11/0180). Im Übrigen wird von der Beschwerde gegen die Beurteilung des Sachverständigen Dr. WM, der einen Zusammenhang zwischen den Di-Te-Pe-Impfungen im Jahr 1979 und dem LGS des Beschwerdeführers ausgeschlossen hatte (im Wesentlichen wegen des Umstands, dass der Beschwerdeführer die genannten Impfungen problemlos vertragen hatte, und im Hinblick auf den langen Zeitraum zwischen der letzten Di-Te-Pe-Impfung (9. August 1979) und dem erstmaligen Auftreten eines epileptischen Anfalls im September 1980) nichts Konkretes vorgebracht.

2.3. Soweit die Beschwerde bemängelt, der Sachverständige Dr. WM habe es unterlassen, ein konkretes "Zeitfenster" darzustellen, also den Zeitraum, in dem eine Enzephalopathie nach der Verabreichung einer DiTe-Impfung auftreten würde, übergeht sie dessen Ausführungen, dass es keine Beweise für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen einer Enzephalopathie und einer vorangegangenen Di-Te-Impfung gebe (die Pertussis-Komponente wurde bei der Impfung am 17. November 1980 unstrittig nicht verabreicht), weshalb auch ein Zeitfenster nicht definiert werden könne.

2.4. Die Beschwerde macht weiter geltend, der Sachverständige Dr. WM und ihm folgend die belangte Behörde hätten sich nicht ausreichend mit den Zeitpunkten der beim Beschwerdeführer aufgetretenen Fieberkrämpfe und epileptischen Anfälle auseinandergesetzt und den offensichtlich gegebenen zeitlichen Zusammenhang mit den Impfungen negiert.

Dem ist zu erwidern, dass die belangte Behörde, was den Zeitpunkt des Auftretens der Fieberkrämpfe und epileptischen Anfälle anlangt, ohnehin die (letzten) Angaben der Eltern des Beschwerdeführers zu Grunde gelegt hat (erster - zu einer stationären Aufnahme im Krankenhaus führender - Fieberkrampf am 6. Juli 1980; zweiter - ambulant behandelter - Fieberkrampf am 7. September 1980; erste epileptische Anfälle am 22. November 1980). Unrichtig ist auch, dass ein gegebener zeitlicher Zusammenhang zwischen der MM-Impfung (30. August 1980) und dem zweiten Fieberkrampf (7. September 1980) "mit keinem Wort erwähnt" worden sei; vielmehr hat der Sachverständige Dr. WM mit näherer Begründung ausgeführt, es könne möglich sein, dass die MM-Impfung den (zweiten) Fieberkrampf verursacht habe, der Zeitpunkt dessen Auftretens falle in das zu erwartende Zeitfenster. Durch eine MM-Impfung verursachte Fieberkrämpfe seien jedoch medizinisch folgenlos, mündeten insbesondere nicht in ein LGS-Anfallsleiden.

2.5. Mit dem pauschal gebliebenen Beschwerdevorbringen, Dr. BM und Dr. WM seien nicht ordnungsgemäß als nichtamtliche Sachverständige im Berufungsverfahren bestellt worden, wird ein relevanter Verfahrensmangel nicht aufgezeigt.

2.6. Soweit die Beschwerde schließlich (unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2007, Zl. 2004/11/0153) vorbringt, in den von der belangten Behörde zugrunde gelegten Gutachten sei die Frage des verwendeten Masern-Mumps-Impfstoffs nicht einmal thematisiert worden, im Mutter-Kind-Pass sei weder Handelsname noch Chargennummer eingetragen, ist ihr zu erwidern, dass sie ein derartiges Vorbringen im Verwaltungsverfahren nicht erstattet hat; es handelt sich dabei also um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung. Nur der Vollständigkeit halber: Von der Beschwerde wird nicht einmal konkret vorgebracht, dass ein möglicherweise verwendeter MM-Impfstoff (dessen Verwendung also mangels Dokumentation von Handelsname und Charge nicht ausgeschlossen werden könnte) andere als die vom Sachverständigen beschriebenen Wirkungsweisen hatte (ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der am 30. August 1980 verabreichten MM-Impfung und dem am 7. September 1980 aufgetretenen Fieberkrampf wurde vom Sachverständigen Dr. WM und ihm folgend der belangten Behörde ohnehin als möglich angenommen und der weiteren Beurteilung unterstellt).

3. Die Beschwerde zeigt daher weder eine inhaltliche Rechtswidrigkeit noch einen relevanten Verfahrensfehler auf.

Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455. Wien, am 6. März 2014

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