BVwG I414 2251702-1

BVwGI414 2251702-128.3.2022

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:I414.2251702.1.00

 

Spruch:

 

I414 2251702-1/6E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Christian EGGER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Ägypten, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gregor KLAMMER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.01.2022, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.03.2022 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der volljährige Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Ägyptens, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 16. Juli 2021 verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Zuvor stellte er in Griechenland am 5. August 2020 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem der Antrag negativ entscheiden wurde, stellte er am 11. Februar 2021 in Griechenland neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher ebenfalls negativ entschieden wurde.

Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Österreich am 17. Juli 2021 gab der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Fluchtgründe an, dass er in seiner Heimat Ägypten eine Konversion vom Islam zum Christentum vollziehen wollte. Aufgrund seiner Minderjährigkeit (unter 18 Jahren) habe er Schwierigkeiten mit seiner Familie bekommen, als sie erfahren hätten, dass der Beschwerdeführer vom Islam zum Christentum konvertieren wollte. Sein älterer Bruder habe ihm mit einem Messer in sein linkes Bein gestochen. Er sei für 15 Tagen in einem Zimmer festgehalten worden, seine Mutter habe ihm zur Flucht verholfen und er habe Ägypten legal mit dem Flugzeug im Februar 2019 verlassen. Bei seiner Rückkehr nach Ägypten befürchte er von seinem Vater, welcher Prediger in einer Moschee sei, wieder festgehalten beziehungsweise eingesperrt zu werden (AS 37 ff).

Am 1. Dezember 2021 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge als belangte Behörde oder kurz als BFA bezeichnet) niederschriftlich einvernommen. Dabei brachte er befragt zu seinen Fluchtgründen an, dass sein Vater zu ihm gesagt hätte, er wolle ihn töten, falls er zum christlichen Glauben konvertieren würde. Daraufhin habe er seine Absicht zu konvertieren niemanden mitgeteilt. Zwei Monate vor seiner Ausreise aus Ägypten sei er von seinem Bruder mit einem heißen Messer verletzt worden. Bei einer Rückkehr befürchte er Probleme mit seiner Familie, mit der ägyptischen Polizei sowie mit der ägyptischen Gesellschaft zu bekommen (AS 109 ff).

Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2021 brachte der Beschwerdeführer zwei Stellungnahmen in das Verfahren ein (AS 139 ff).

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. Jänner 2022 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 16. Juli 2021 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Ägypten (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig ist (Spruchpunkt III., IV. und V). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage (Spruchpunkt VI.).

Es wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 5. Februar 2022 wegen Rechtswidrigkeit des Bescheids Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. In der Beschwerde wiederholte die Rechtsvertretung im Wesentlichen das bisherige Vorbringen des Beschwerdeführers und führte zudem im Wesentlichen aus, dass sich das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers aus der Einvernahme in Verbindung mit der Stellungnahme deutlich zu entnehmen sei. Er habe durch Schul- bzw. Studienfreunde Kontakt zum Christentum bekommen, seiner Familie wäre dies nicht recht gewesen, sein Bruder habe ihm mit einem Messer verletzt, sein Vater habe ihn zu Hause eingesperrt, seine Mutter habe ihm zur Flucht verholfen. Er habe das Land verlassen, um der Verfolgung zu entgehen. Wäre er in der Türkei geblieben, wäre er nach Ägypten abgeschoben worden.

Am 16. März 2022 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner Rechtsvertretung und eines Dolmetschers für die arabische Sprache eine mündliche Verhandlung durch. Im Rahmen der Verhandlung wurde der beantragte Zeuge, Pastor der arabischen christlichen Gemeinde „Freikirche Pfingstsonntag“, zeugenschaftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer wurde über die Gründe für seine Ausreise aus Ägypten, über die Antragstellungen auf internationalen Schutz in Griechenland sowie über seine privaten, persönlichen Verhältnisse einvernommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der im Verfahrensgang dargestellte Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt. Zudem werden nachfolgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige, 21-jährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Ägyptens und gehört zur Volksgruppe der Araber.

Der Beschwerdeführer ist in Kafrelscheikh geboren und aufgewachsen, er lebte dort bis er 15 Jahre alt war, anschließend lebte er bis zu seiner Ausreise aus Ägypten in Al Mansura.

Nach seinem Schulabschluss der Schule studierte der Beschwerdeführer die Arabische Sprache. Der Beschwerdeführer besuchte in Ägypten den islamischen Religionsunterricht. Die Schulausbildung des Beschwerdeführers wurde von seinem Vater und seinem ältesten Bruder finanziert.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er erhielt zwei Corona- Schutzimpfungen.

Der Beschwerdeführer spricht muttersprachlich Arabisch und ein wenig Englisch sowie Griechisch.

Der Beschwerdeführer reiste legal mit dem Flugzeug von Ägypten aus in die Türkei; in der Türkei blieb er für ungefähr sieben Monate; danach reiste er nach Griechenland und blieb dort ungefähr eineinhalb Jahre; in der Folge reiste er über Albanien, Kosovo und Serbien bis nach Österreich, wo er spätestens am 16.07.2021 gegenständlichen Asylantrag stellte.

Der Beschwerdeführer stellte zuvor am 05.08.2020 sowie am 11.02.2021 Asylanträge in Griechenland, welche er mit Konversion vom Islam zum Christentum begründete. Beide Asylanträge wurden in Griechenland negativ entschieden.

Die Eltern des Beschwerdeführers, seine zwei Schwestern und seine zwei Brüder leben in Ägypten. Die Schwestern sind verheiratet, ein Bruder ist als Fahrer tätig und der andere Besitzer eines Schuhgeschäftes, sein Vater ist in Pension und war zuvor in der Landwirtschaft tätig. Der Beschwerdeführer hat zu seiner Mutter regelmäßig Kontakt.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich seit November 2021 Mitglied einer Arabisch-Christlichen Gemeinde „Freikirche Pfingstsonntag“. Er besucht regelmäßig die Kirche am Sonntag und nimmt über soziale Medien an der Taufvorbereitung teil.

Der Pastor der Arabischen Christlichen Gemeinde „Freikirche Pfingstsonntag“ ist von der innerlichen Überzeugung des Beschwerdeführers hinsichtlich seines christlichen Glaubens noch nicht überzeugt.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich sowie auf dem Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union über keine familiären Anknüpfungspunkte. Der Beschwerdeführer befindet sich seit ungefähr 8 Monaten in Österreich und ist nicht verfestigt. Er ist nicht vorbestraft. Er bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung und spricht rudimentär Deutsch.

 

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer macht für sein Verlassen Ägyptens eine Konversion vom Islam zum Christentum geltend.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Ägypten Kontakt zum Christentum gehabt hat und er deswegen von seiner Familie bedroht worden ist.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich bei einer evangelikalen arabischen Freikirche aktiv. Derzeit besucht er den Taufunterricht. Der Beschwerdeführer hat sich mit christlichen Glaubensinhalten auseinandergesetzt. Jedoch hat sich der Beschwerdeführer nicht nachhaltig dem christlichen Glauben zugewandt und ist dieser Glaube für den Beschwerdeführer nicht identitätsstiftend. Der Beschwerdeführer stellte bereits in Griechenland zwei Asylanträge, welche er mit der Konversion zum Christentum begründete. Beide Asylanträge in Griechenland wurden negativ entschieden. Bei der behaupteten Konversion zum Christentum handelt es sich um eine Scheinkonversion.

Es können keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, in Ägypten einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Ägypten weder in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde noch als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen oder internationalen Konfliktes ausgesetzt wäre.

1.3. Zum Herkunftsstaat:

Das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Ägypten wird zu den Feststellungen erhoben und werden fallbezogen nachstehende Passagen daraus hervorgehoben:

Zur aktuellen Lage in Ägypten werden folgende Feststellungen getroffen:

Politische Lage

Die 2014 in Kraft getretene Verfassung sieht für das Land das Regierungssystem eines demokratischen Rechtsstaats vor. Viele der darin garantierten Grundrechte finden jedoch keine Anwendung, die Verfassung wird zunehmend ausgehöhlt (AA 13.6.2020). Präsident Abdel Fatah Al-Sisi regiert Ägypten seit seiner Machtübernahme auf eine immer autoritärere Weise (FH 4.3.2020; vgl. HRW 13.1.2021). Die Lage in Ägypten unter Staatspräsident Al-Sisi ist durch ein hohes Maß an staatlicher Repression und eine Politik geprägt, die – dominiert durch Militär und Sicherheitsbehörden und vermeintlich im übergeordneten Interesse der Stabilität – für oppositionspolitische Betätigungen und die Entfaltung bürgerlicher Freiheiten kaum noch Raum lässt (AA 13.6.2020; vgl. ÖB 25.11.2020).

Abdel Fatah Al-Sisi ist seit dem 8.6.2014 Präsident Ägyptens. Ende März 2014 gab er seine Kandidatur um das ägyptische Präsidentenamt bekannt. Er musste aus dem Militärdienst ausscheiden, um bei den Wahlen antreten zu können. Der Verfassung zufolge ist eine Kandidatur nur einem Zivilisten erlaubt. Al-Sisi war seit dem 12.8.2012 Minister für Verteidigung und Militärproduktion unter dem Ministerpräsidenten Hesham Kandil in der Regierung von Mohamed Mursi. Am 3.7.2013 war die Absetzung von Mursi durch das Militär erfolgt, mit Unterstützung der Bevölkerung, nachdem dieser versucht hatte, dem Präsidentenamt große Machtbefugnisse zuzuteilen, und das Land zu islamisieren. Bereits zu diesem Zeitpunkt erfolgte die de-facto Machtübernahme Al-Sisis (GIZ 6.2020a; vgl. ÖB 25.11.2020).

Der Präsident wird durch Volksabstimmung für bis zu zwei Amtszeiten gewählt. Bei den Präsidentschaftswahlen 2014 und 2018 gewann Präsident Al-Sisi mit jeweils 97% der Stimmen (FH 4.3.2020). Die Präsidentschaftswahlen im März 2018 waren weder frei noch fair. Eine politische Debatte wurde rigoros unterbunden und eine Opposition nicht zugelassen. Der aussichtsreichste Präsidentschaftskandidat, der ehemalige Stabschef der ägyptischen Streitkräfte Sami Anan, wurde nur wenige Tage nach der Ankündigung seiner Kandidatur verhaftet und blieb bis Dezember 2019 in Haft (AA 13.6.2020). Die anderen Kandidaten wurden durch Druck und unfaire Wettbewerbsbedingungen aus dem Rennen gedrängt (AA 13.6.2020; vgl. FH 4.3.2020). Die Wahl wurde durch eine geringe Wahlbeteiligung, die Nutzung staatlicher Ressourcen und Medien zur Unterstützung der Kandidatur von Al-Sisi, Einschüchterung der Wähler und Stimmenkauf beeinträchtigt. Die Wahlkommission drohte Nichtwählern mit Geldstrafen, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen (FH 4.3.2020).

Der Großteil der Abgeordneten des von etwa 25% der ägyptischen Wahlberechtigten gewählten und im Jänner 2016 konstituierten ägyptischen Parlaments ist regierungstreu. Das Parlament führt kaum kritische Debatten und nimmt im Grunde die Rolle einer Legitimierungsinstitution für Regierungshandeln ein. Eine vergleichsweise kleine Gruppe von kritischen oppositionellen Abgeordneten erfährt immer wieder Restriktionen bis hin zu Ausschlüssen (AA 13.6.2020).

Im April 2019 trat nach einem Referendum eine Verfassungsänderung in Kraft, die dem Staatspräsidenten die Möglichkeit bietet, über die gegenwärtig festgelegten zwei Amtsperioden hinaus bis 2030 im Amt zu bleiben. Der Präsident erhielt des Weiteren mehr Macht über den Justizapparat und es kam zu einer Stärkung der Kontrolle des Militärs über das zivile Leben (DP 23.4.2019; vgl. ÖB 25.11.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 18.1.2021

- DP - Die Presse (23.4.2019): Ägypten: Referendum ermöglicht al-Sisi, bis 2030 Präsident zu bleiben, https://www.diepresse.com/5617070/agypten-referendum-ermoglicht-al-sisi-bis-2030-prasident-zu-bleiben , Zugriff 18.1.2020

- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025912.html , Zugriff 18.1.2020

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (6.2020a): Ägypten - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/aegypten/geschichte-staat/ , Zugriff 18.1.2020

- HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043578.html , Zugriff 18.1.2021

- ÖB - Österreichische Botschaft Kairo (25.11.2020): Asylländerbericht Ägypten 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2042213/%C3%84GYPTEN__Asyll%C3%A4nderbericht_%28ALB%29_f%C3%Bcr_2020__finale_Version_%28GZ_Kairo-%C3%96B_KONS_1165_2020%29.pdf , Zugriff 21.1.2021

 

 

Sicherheitslage

Die Bedrohung durch Terrorismus ist hoch. Anfällig für Angriffe sind z.B. religiöse Stätten, Touristenattraktionen und Regierungsgebäude (MSZ o.D.; vgl. MEAE/FD 15.1.2021, AA 21.1.2021). Der Ausnahmezustand wurde 2017 zunächst nach der Explosion mehrerer Bomben gegen Kirchen in den Gouvernements Kairo und Alexandria verhängt und in Folge immer wieder verlängert (MAE 16.1.2021; vgl. MSZ o.D., ÖB 25.11.2020, MEAE/FD 15.1.2021, AA 22.1.2021).

Die Lage auf der Sinai-Halbinsel ist sehr angespannt (MAE 16.1.2021; vgl. ÖB 25.11.2020). Der Einsatz der Sicherheitskräfte im Kampf gegen den Terrorismus hat vielfach dazu beigetragen, die Spannungen zwischen Beduinen und den staatlichen Institutionen zu verschärfen (AA 13.6.2020). Beduinenstämme sind für Einschüchterungsversuche und Gewalttaten verantwortlich (MAE 16.1.2021).

Terroristische Organisationen sind vor allem, aber nicht ausschließlich, in den nordöstlichen Teilen des Gouvernements Sinai aktiv (OSAC 30.4.2020; vgl. MAE 16.1.2021). Die meisten Anschläge im Nordsinai richten sich gegen militärische Einrichtungen und Personal (OSAC 30.4.2020; vgl. ÖB 25.11.2020). Sowohl Terroranschläge als auch Militäroperationen führen immer wieder zu zivilen Opfern (FH 4.3.2020; vgl. OSAC 30.4.2020, ACLED 14.5.2020).

Im Jahr 2018 führte die „Operation Sinai 2018“ zu einer deutlichen Intensivierung der militärischen Aktivitäten im Nordsinai (OSAC 30.4.2020; vgl. MAE 16.1.2021, MEAE/FD 15.1.2021, ÖB 25.11.2020). Die Kämpfe zwischen Sicherheitskräften und Anhängern des Islamischen Staates (IS) in der Region Nordsinai dauern weiterhin an (FH 4.3.2020; vgl. OSAC 30.4.2020, MEAE/FD 15.1.2021, AI 18.2.2020, ÖB 25.11.2020), wenn auch deren Häufigkeit reduziert wurde (AI 18.2.2020; vgl. ÖB 25.11.2020). Im Sog der Gesundheitskrise und öffentlichen Unordnung im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie konnte der Islamische Staat seine Aktivitäten auf der Halbinsel Sinai jedoch wieder verstärken (ACLED 14.5.2020, 9.4.2020).

Das Wüstengebiet von der libyschen Grenze im Westen bis zur sudanesischen Grenze im Süden ist ein Risikogebiet, in dem die Streitkräfte regelmäßig Operationen gegen Schlepper durchführen (MEAE/FD 15.1.2021; vgl. ÖB 25.11.2020) und Terroristen Anschläge verüben (OSAC 30.4.2020). Die Infiltration von terroristischen Elementen aus Libyen kann nicht ausgeschlossen werden (MEAE/FD 15.1.2021).

Es kommt gelegentlich zu Attentaten in den Großstädten (ÖB 25.11.2020).

In Ägypten sind folgende terroristische Organisationen aktiv. Der Islamischer Staat - Wilayat Sinai (auch: Ansar Bayt al-Maqdis - ABM) ist die aktivste Terrorgruppe in Ägypten (OSAC 30.4.2020; vgl. ÖB 25.11.2020). Darüber hinaus gibt es den Islamischen Staat in Ägypten, Harakat Sawa'd Misr (HASM), Liwa al-Thawra, mit al-Qaida verbundene Gruppen, Harket Elmokawma Elsha'biya alias "Volkswiderstand" und andere verschiedene kleinere Terrorgruppen (OSAC 30.4.2020). Seit Mitte 2016 sind die neuen Terrorgruppen HASM und „Liwaa al-Thawra“ mit islamistisch-nationalistischer Ausrichtung im ägyptischen Kernland für mehrere schwere Anschläge, v.a. gegen Sicherheitskräfte u. Justiz, verantwortlich. Anschläge haben seit 2019 etwas abgenommen aber nicht aufgehört (ÖB 25.11.2020).

Das Antiterrorismusgesetz von 2015 sieht für Journalisten empfindliche Geldstrafen für das Abweichen von der offiziellen Linie der Berichterstattung, etwa über Terroranschläge, vor (AA 13.6.2020; vgl. RSF 2020) und gelegentlich wird die Berichterstattung vollständig untersagt (ACLED 14.5.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 18.1.2021

- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (22.1.2019): Ägypten - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung und COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aegypten-node/aegyptensicherheit/212622 , Zugriff 29.1.2021

- ACLED - Armed Conflict Location and Event Data Project (14.5.2020): CDT Spotlight: Egypt, https://acleddata.com/2020/05/14/cdt-spotlight-egypt/ , Zugriff 29.1.2021

- ACLED - Armed Conflict Location and Event Data Project (9.4.2020): CDT Spotlight: Islamic State Attacks, https://acleddata.com/2020/04/09/cdt-spotlight-renewed-attacks-by-the-islamic-state/ , Zugriff 29.1.2021

- AI - Amnesty International (18.2.2020): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025829.html , Zugriff 19.1.2021

- BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (18.12.2020): Reiseinformation, Ägypten - Sicherheit & Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aegypten/ , Zugriff 22.1.2021

- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025912.html , Zugriff 18.1.2020

- MAE - Ministero degli Affari Esteri e della Cooperazione Internazionale [Außenministerium Italien] (16.1.2021): Viaggiare Sicuri informatevi – Egitto, http://www.viaggiaresicuri.it/country/EGY , Zugriff 29.1.2021

- MEAE/FD - Ministère de l’Europe et des Affaires Étrangères / France diplomatique [Außenministerium Frankreich] (15.1.2021): Egypte - Sécurité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/egypte/#securite , Zugriff 29.1.2021

- MSZ - Ministerstwo Spraw Zagranicznych / Außenministerium Polen (o.D.): Informacje dla podróżujących – Egipt, https://www.gov.pl/web/dyplomacja/egipt , Zugriff 20.1.2021

- ÖB - Österreichische Botschaft Kairo (25.11.2020): Asylländerbericht Ägypten 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2042213/%C3%84GYPTEN__Asyll%C3%A4nderbericht_%28ALB%29_f%C3%Bcr_2020__finale_Version_%28GZ_Kairo-%C3%96B_KONS_1165_2020%29.pdf , Zugriff 21.1.2021

- OSAC - Overseas Security Advisory Council (30.4.2020): Egypt 2020 Crime & Safety Report, https://www.osac.gov/Country/Egypt/Content/Detail/Report/d1dea62c-57dd-4b34-bbb1-189224fb1423 , Zugriff 29.1.2021

- RSF - Reporters sans frontières / Reporter ohne Grenzen (2020): Ägypten, https://www.reporter-ohne-grenzen.de/aegypten , Zugriff 28.1.2021

Rechtsschutz / Justizwesen

Die Verfassung sieht die Unabhängigkeit und Immunität der Richter vor. Einzelnen Gerichten fehlt es manchmal an Unparteilichkeit und diese gelangen zu politisch motivierten Ergebnissen. Die Regierung respektiert in der Regel Gerichtsbeschlüsse (USDOS 11.3.2020). Die Unabhängigkeit der Justiz ist vor allem im Bereich der äußerst weit verstandenen Terrorismusbekämpfung erheblich beeinträchtigt. Willkürliche Verhaftungen, Fälle von erzwungenem Verschwindenlassen von Personen durch die Staatssicherheit und politisch motivierte Gerichtsverfahren sind an der Tagesordnung. Folter und Misshandlungen in Haft sind verbreitet. Die Sicherheitsdienste genießen de facto Straffreiheit. Sie agieren zunehmend außerhalb jedweder rechtlicher Vorgaben und entziehen sich der Kontrolle durch Justiz und Politik (AA 13.6.2020; vgl. ÖB 25.11.2020). Im April 2019 führten Verfassungsänderungen zur Ausweitung der Befugnisse von Militärgerichten bei der Verfolgung von Zivilisten. Sie unterminierten die Unabhängigkeit der Justiz durch die Ausstattung des Präsidenten mit der Befugnis, Vorsitzende von Körperschaften der Justiz zu ernennen (AI 18.2.2020).

Die ägyptische Justiz ist in Zivil- und Strafgerichte einerseits und Verwaltungsgerichte andererseits unterteilt. Jeweils höchste Instanz ist das Kassationsgericht bzw. das Hohe Verwaltungsgericht. Darüber hinaus existieren Sonder- und Militärgerichte. Seit 1969 ist das Oberste Verfassungsgericht das höchste Gericht. Obwohl die Gerichte in Ägypten - mit gewissen Einschränkungen - als relativ unabhängig gelten und sich Richter immer wieder offen gegen den Präsidenten stellten, gab es immer wieder Vorwürfe gegen Richter, Prozesse im Sinn des Regimes zu manipulieren. Solche Vorwürfe werden auch heute noch in Bezug auf die Prozessführung gegen die angeklagten Spitzen des alten Regimes sowie hohe Offiziere der Sicherheitskräfte erhoben. Das Mubarak-Regime bediente sich immer wieder der durch den Ausnahmezustand legitimierten Militärgerichte, um politische Urteile durchzusetzen. Auch nach der Revolution wurden zahlreiche Zivilisten vor Militärgerichten angeklagt (GIZ 6.2020a).

In Ägypten existieren Straftatbestände, die als solche oder in ihrer konkreten Anwendung, eine Diskriminierung aufgrund bestimmter Merkmale darstellen. So wird der Blasphemieparagraph überproportional gegen Christen und Atheisten angewendet. Der Unzuchtparagraph wird nahezu ausschließlich auf homosexuelle Männer angewendet. Harte Strafen gegen Angehörige der Muslimbruderschaft und oppositionspolitische Aktivisten sind häufig Ausdruck einer politisierten Justiz, die nicht nach rechtsstaatlichen Grundsätzen verfährt. Anlässlich ägyptischer Feiertage und Großereignisse werden immer wieder Gefangene amnestiert bzw. im formellen Sinne begnadigt. Allerdings profitieren hiervon in der Regel keine politischen Gefangenen, sondern ausschließlich„normale“Strafgefangene. Allgemeine Voraussetzungen sind in der Regel die Verbüßung von mindestens der Hälfte der Haftzeit und gute Führung in Haft. Das Parlament hat im März 2020 Gesetzesänderungen verabschiedet, die eine vorzeitige Haftentlassung von Personen ausschließen, die aufgrund der Straftatbestände Terrorismus, Geldwäsche, Drogenhandel und illegales Demonstrieren verurteilt sind (AA 13.6.2020).

Gesetzlich ist das Recht auf ein faires Verfahren vorgesehen, aber die Justiz kann dieses Recht oft nicht gewährleisten. Das Gesetz geht von einer Unschuld der Angeklagten aus und die Behörden informieren sie in der Regel unverzüglich und im Detail über die Anklagen gegen sie. Die Angeklagten haben das Recht, bei den Verfahren anwesend zu sein. Die Teilnahme ist verpflichtend für Personen, die eines Verbrechens angeklagt werden, und fakultativ für diejenigen, die wegen Vergehen angeklagt sind. Zivilverhandlungen sind in der Regel öffentlich. Die Angeklagten haben das Recht, einen Anwalt zu konsultieren, und die Regierung ist zuständig für den Rechtsbeistand, wenn der Angeklagte sich keinen Rechtsanwalt leisten kann. Angeklagte haben das Recht auf Berufung. Verhandlungen vor dem Militärgericht sind nicht öffentlich (USDOS 11.3.2020). Die weitgehende Nutzung von außerordentlichen Gerichten, darunter Terrorismusgerichte [orig. terrorism circuits], Militärgerichte und Staatssicherheitsgerichte, führt zu unfairen Verfahren. Es kommt bei Verfahren der Terrorismusgerichte zu Vorwürfen von zwangsweisem Verschwindenlassen und Folter (AI 18.2.2020).

Auch lang andauernde Haft ohne Anklage aufgrund Veranlassung der Sicherheitsbehörden ist verbreitet, die Zahl solcher Haftfälle steigt. Urteile in politisch motivierten Verfahren basieren in der Regel nicht auf rechtsstaatlichen Grundsätzen (AA 13.6.2020).

Besonders in Oberägypten kommt es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, deren Ursache häufig in Streitigkeiten auf lokaler Ebene liegen. Traditionelle Vorstellungen von (Blut-)Rache und (kollektiver) Vergeltung sind in den ländlichen Gebieten Oberägyptens nach wie vor vorherrschend. Traditionelle Streitschlichtungsmechanismen spielen auch aufgrund der Abwesenheit funktionierender staatlicher Institutionen eine große Rolle. Dabei kommt es regelmäßig zu strukturellen Benachteiligungen der Christen (AA 13.6.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 18.1.2021

- AI - Amnesty International (18.2.2020): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025829.html , Zugriff 19.1.2021

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (6.2020a): Ägypten - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/aegypten/geschichte-staat/ , Zugriff 18.1.2020

- ÖB - Österreichische Botschaft Kairo (25.11.2020): Asylländerbericht Ägypten 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2042213/%C3%84GYPTEN__Asyll%C3%A4nderbericht_%28ALB%29_f%C3%Bcr_2020__finale_Version_%28GZ_Kairo-%C3%96B_KONS_1165_2020%29.pdf , Zugriff 21.1.2021

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026355.html , Zugriff 19.1.2021

Sicherheitsbehörden

Das Innenministerium ist zuständig für die Durchsetzung der Gesetze und innere Sicherheit, ihm unterstehen die Polizei (Public Police), die Zentralen Sicherheitkräfte (Central Security Force – CSF), der Nationale Sicherheitssektor (National Security Sector – NSS) sowie Zoll und Immigration. Die Polizei ist für die Strafverfolgung bundesweit verantwortlich. Die Zentralen Sicherheitskräfte sorgen für die Sicherheit der Infrastruktur und führen Einsätze bei Demonstrationen durch. Der NSS ist bei Bedrohungen der inneren Sicherheit zuständig sowie für die Bekämpfung des Terrorismus, gemeinsam mit anderen ägyptischen Sicherheitskräften. Zivile Behörden haben eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte (USDOS 11.3.2020).

Militär und Sicherheitsbehörden nehmen im Staatsgefüge eine dominierende Position ein und verfügen über weitreichende Befugnisse und Einflussmöglichkeiten. Gerade auf dem Gebiet der begrifflich sehr weit verstandenen Terrorismusbekämpfung sind die Sicherheitsbehörden der Kontrolle durch die Justiz und anderen Verfassungsorganen weitgehend entzogen. Polizei und Staatsschutz (National Security Services) sind formal getrennt, unterstehen jedoch gemeinsam dem Innenministerium (AA 13.6.2020). Der nach einem Terroranschlag im April 2017 verhängte landesweite Ausnahmezustand dauert weiterhin an und geht mit erhöhten Eingriffsbefugnissen für Sicherheitskräfte und Militär einher (AA 22.1.2021).

Die Regierung bestraft oder verfolgt Beamte, die Vergehen begehen, nur inkonsistent. Dies gilt sowohl für die Sicherheitskräfte als auch andere Regierungsstellen. Die nicht umfassende Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen, vor allem innerhalb der Sicherheitskräfte, trägt zu einem Klima der Straffreiheit bei (USDOS 11.3.2020).

Nicht zu unterschätzen ist die Rolle des Militärs auch im wirtschaftlichen Umfeld. Die traditionell starke Verflechtung des Militärs in sämtlichen ägyptischen Strukturen ist laut Schätzungen für bis zu 45% des BIP verantwortlich, auch wenn es dazu aus Gründen der Geheimhaltung keine offiziellen/verlässlichen Zahlen gibt (Präsident Al-Sisi spricht von knapp 2%). Das Militär ist in sämtlichen Infrastrukturbereichen ebenso tätig wie beispielsweise beim Abfüllen von Wasser oder der Produktion von Pasta und beim Import von Babymilchpulver (WKO 9.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (22.1.2019): Ägypten - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung und COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aegypten-node/aegyptensicherheit/212622 , Zugriff 29.1.2021

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 18.1.2021

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026355.html , Zugriff 19.1.2021

- WKO - Wirtschaftskammer Österreich | AußenwirtschaftsCenter Kairo (22.9.2020): Außenwirtschaftsbericht Ägypten, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/aegypten-wirtschaftsbericht.pdf , Zugriff 21.1.2021

Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassung besagt, dass einer Person, die die Behörden inhaftiert oder festgenommen haben, keine Folter, Einschüchterung, Nötigung oder körperlicher oder moralischer Schaden zugefügt werden darf. Das Strafgesetzbuch verbietet Folter zur Erlangung eines Geständnisses, berücksichtigt aber keinen psychischen Missbrauch (USDOS 11.3.2020). Folter ist in offiziellen und inoffiziellen Haftanstalten weit verbreitet und nur in einzelnen Fällen werden Polizeibeamte strafrechtlich verfolgt (AI 18.2.2020; vgl. USDOS 11.3.2020).

Folter wird durch ägyptische Sicherheitsbehörden in unterschiedlichen Formen und Abstufungen praktiziert. In Polizeigewahrsam sind Folter und Misshandlungen weit verbreitet. In diesem Zusammenhang kommt es auch zu Todesfällen in Haft. Menschenrechtsverteidiger kritisierten, dass Beweise, die zu Verurteilungen in Strafverfahren führten, unter Folter gewonnen werden (AA 13.6.2020; USDOS 11.3.2020). Betroffen waren bisher vor allem Muslimbrüder und Islamisten. In letzter Zeit werden aber auch verstärkt Mitglieder der Zivilgesellschaft und Oppositionelle Opfer von Folter. Folter wird als Mittel zur Informationsgewinnung, Abschreckung und Einschüchterung eingesetzt (AA 13.6.2020). Regierungsbeamte leugnen, dass die Anwendung von Folter systematisch sei. Der Bericht des UN-Ausschusses gegen Folter von 2017 kam hingegen zu dem Schluss, dass Folter eine systematische Praxis ist (USDOS 11.3.2020).

Extralegale Tötungen werden im Zusammenhang mit dem staatlichen Vorgehen gegen Islamisten verübt. Willkürliche Festnahmen und erzwungenes Verschwindenlassen, Inhaftierungen durch die Sicherheitsbehörden über längere Zeiträume ohne Anklage und Benachrichtigung von Angehörigen und Rechtsbeiständen sind verbreitet und üblich. Die Zahl solcher Fälle ist zuletzt im Zuge der verstärkten Repression gegen die politische Opposition stark angestiegen (AA 13.6.2020; vgl. HRW 13.1.2021).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 18.1.2021

- AI - Amnesty International (18.2.2020): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025829.html , Zugriff 19.1.2021

- HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043578.html , Zugriff 18.1.2021

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026355.html , Zugriff 19.1.2021

Korruption

Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption vor, aber die Regierung setzt das Gesetz nicht konsequent um, und Beamte üben manchmal ungestraft korrupte Praktiken aus (USDOS 11.3.2020).

Korruption ist auf allen Ebenen der Regierung weit verbreitet. Offizielle Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung korrupter Aktivitäten sind nach wie vor schwach und ineffektiv. Nach einer Änderung des Strafgesetzbuches im Jahr 2015 können Angeklagte in Fällen finanzieller Veruntreuung die Inhaftierung durch Zahlung von Entschädigung vermeiden; die Strafen sind meist gering. Die Administrative Control Authority (ACA), die für die meisten Antikorruptionsinitiativen zuständige Stelle, verfolgt oft politisch motivierte Korruptionsfälle, operiert allerdings undurchsichtig (FH 4.3.2020).

Die Anti-Korruptionsbehörde der Regierung (Central Agency for Auditing and Accounting) legt dem Präsidenten und dem Premierminister Berichte vor, die der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung stehen (USDOS 11.3.2020).

Laut Corruption Perceptions Index 2020 befindet sich Ägypten auf Platz 117 von 180 Ländern; das ist eine Verschlechterung um 11 Plätze im Vergleich zum Jahr davor (TI 28.1.2021).

Quellen:

- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 – Egypt, https://www.ecoi.net/en/document/2025912.html , Zugriff 29.12.2020

- TI - Transparency International (28.1.2021): Corruption Perceptions Index - CPI Full Data Set (.zip), https://images.transparencycdn.org/images/CPI_FULL_DATA_2021-01-27-162209.zip , Zugriff 28.1.2021

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026355.html , Zugriff 19.1.2021

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechtslage in Ägypten hat sich – bei bereits Besorgnis erregendem Niveau – [im Zeitraum 2019/2020] in fast allen Bereichen weiter verschlechtert (AA 13.6.2020).

Die nach 2011 angestoßene politische Konsolidierung hin zu einem auf einem Rechtsstaat basierenden demokratischen System ist zum Stillstand gekommen. Freiheitsrechte werden systematisch abgebaut. Die 2014 in Kraft getretene Verfassung sieht für das Land das Regierungssystem eines demokratischen Rechtsstaats vor. Viele der darin garantierten Grundrechte finden jedoch keine Anwendung, die Verfassung wird zunehmend ausgehöhlt. Die Präsidentschaftswahlen im März 2018 waren weder frei noch fair. Eine politische Debatte wurde rigoros unterbunden und eine Opposition nicht zugelassen. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie Meinungs- und Pressefreiheit sind erheblich eingeschränkt (AA 13.6.2020; vgl. AI 18.2.2020).

Ägypten hat einige internationale Menschenrechtsübereinkommen ratifiziert, so etwa den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den Pakt über wirtschaftliche und soziale Rechte, die Konvention zur Beseitigung aller Formen der Diskriminierung von Frauen, die UN-Folterkonvention und die UN-Behindertenrechtskonvention, wie auch das Übereinkommen über die Rechte des Kindes. Erhebliche Vorbehalte zu diesen Instrumenten betreffen unter anderem Bestimmungen betreffend die Gleichstellung von Mann und Frau vor dem Hintergrund islamischen Rechts (Scharia-Vorbehalt) (AA 13.6.2020).

Obwohl Ägypten alle wichtigen internationalen Menschenrechtskonventionen unterzeichnete und Personen- und Freiheitsrechte in der Verfassung geschützt sind, wurde und wird das Land regelmäßig wegen Menschenrechtsverletzungen stark kritisiert. Internationale Menschenrechtsorganisationen sowie viele der über 30 ägyptischen Menschenrechtsorganisationen veröffentlichen regelmäßig englisch- und arabischsprachige Berichte zur Menschenrechtslage in Ägypten, darunter die Egyptian Organization for Human Rights EOHR, das Nadim Zentrum für Gewaltopfer, die Egyptian Initiative for Personal Rights EIPR und das Budgetary and Human Rights Observatory (GIZ 6.2020a).

Die bedeutendsten Menschenrechtsprobleme waren der übermäßige Einsatz von Gewalt durch Sicherheitskräfte, Defizite in ordentlichen Gerichtsverfahren und die Unterdrückung der bürgerlichen Freiheiten. Übermäßiger Einsatz von Gewalt umfasste rechtswidrige Tötungen und Folter. Zu den prozessbedingten Problemen gehörten die übermäßige Verwendung von präventiver Haft und Untersuchungshaft. Das Problemfeld bei den bürgerlichen Freiheiten beinhaltet gesellschaftliche und staatliche Beschränkungen der Meinungs- und Medienfreiheit, sowie der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit. Andere Menschenrechtsprobleme beinhalteten das Verschwindenlassen, harte Gefängnisbedingungen, willkürliche Verhaftungen, eine Justiz, die in einigen Fällen zu Ergebnissen kam, die nicht durch öffentlich zugängliche Beweise gestützt wurden oder die politische Motivationen zu reflektieren schienen, Straflosigkeit für Sicherheitskräfte, Begrenzung der Religionsfreiheit, Korruption, Gewalt, Belästigung und gesellschaftliche Diskriminierung von Frauen und Mädchen, einschließlich weiblicher Genitalverstümmelung, Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen, Menschenhandel, gesellschaftliche Diskriminierung religiöser Minderheiten, Diskriminierung und Verhaftungen auf der Grundlage sexueller Orientierung (USDOS 11.3.2020; vgl. AI 18.2.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 29.12.2020

- AI - Amnesty International (18.2.2020): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025829.html , Zugriff 19.1.2021

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (6.2020a): Ägypten - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/aegypten/geschichte-staat/ , Zugriff 29.12.2020

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Egypt, https://www.ecoi.net/en/document/2026355.html , Zugriff 29.12.2020

 

 

Meinungs- und Pressefreiheit

Die Verfassung sieht Meinungs- und Pressefreiheit vor, beinhaltet aber eine Klausel, wonach diese in Kriegszeiten oder anlässlich einer öffentlichen Mobilisierung einer begrenzten Zensur unterworfen werden kann. Die Regierung hat diese Rechte oft nicht respektiert (USDOS 11.3.2020) und die Meinungs- und Pressefreiheit sind stark eingeschränkt (AA 13.6.2020; vgl. ÖB 25.11.2020). Im World Press Freedom Index 2020 belegt Ägypten Rang 166 von 180 (RSF 2020). Das Antiterrorismusgesetz von 2015 sieht für Journalisten empfindliche Geldstrafen für das Abweichen von der offiziellen Linie der Berichterstattung, etwa über Terroranschläge, vor (AA 13.6.2020; vgl. RSF 2020).

Kritische Stimmen finden in den Medien kaum Gehör – sei es in den direkt gesteuerten Staatsmedien oder in den privaten Medien, die durch Selbstzensur auf Regierungslinie berichten oder kommentieren. Nur einzelne Zeitungen und vor allem Onlineportale bieten kritischen Stimmen noch einen gewissen Raum. Auf diese Medien wird zunehmender Druck ausgeübt. Seit Mai 2017 sind über 400 Webseiten, darunter die von zahlreichen (Online-)Medien, wie u.a. Al Jazeera, Mada Masr, Daily News Egypt, ohne Angabe zu Urheber und Rechtsgrundlage gesperrt (AA 13.6.2020; vgl. USDOS 11.3.2020, AI 18.2.2020, FH 4.3.2020, ÖB 25.11.2020).

Das Anti-Terrorismusgesetz von 2015 stellt einen ebenso tiefen Einschnitt in die professionelle Arbeit von Journalisten in Ägypten dar. Durch das Gesetz sind Journalisten mit Strafen wegen „Verbreitung falscher Nachrichten“ bedroht. Es schränkt ihre Recherchemöglichkeiten erheblich ein und entzieht ihnen die freie Wahl ihrer Quellen. Das Abweichen von offiziellen Linien der Berichterstattung wird mit empfindlichen Geldstrafen sanktioniert (AA 13.6.2020; vgl. USDOS 11.3.2020, AI 18.2.2020, FH 4.3.2020, RSF 2020, ÖB 25.11.2020, ACLED 14.5.2020).

Es kommt regelmäßig zu Anhörungen und Verhaftungen von Journalisten (AA 13.6.2020; vgl. USDOS 11.3.2020, AI 18.2.2020, FH 4.3.2020, RSF 2020, ÖB 25.11.2020). Unter Präsident Abdel Fattah al-Sisi ist Ägypten eines der Länder mit den meisten inhaftierten Journalisten geworden. Manche werden jahrelang ohne Urteil oder Anklage festgehalten, andere in Massenprozessen zu langen Haftstrafen verurteilt. Kritische Journalist*innen werden als angebliche Unterstützer der verbotenen Muslimbruderschaft gebrandmarkt. Neue Sicherheits-, Medien- und Internetgesetze legalisieren weitreichende Strafverfolgung und Zensur (RSF 2020; vgl. FH 4.3.2020, AI 18.2.2020).

Mit dem Mediengesetz und dem Gesetz gegen Cyberkriminalität von 2018 wurden weitreichende Rechtsgrundlagen für die Kontrolle der Medien geschaffen und gleichzeitig verbleibende Freiräume in Internet und sozialen Medien eingeschränkt. Die Bestimmungen beinhalten u. a. die Unterstellung von Social-Media-Nutzern mit mehr als 5.000 Follower unter die Medienaufsicht, weitreichende Genehmigungspflichten sowie die Rechtsgrundlage für die Sperrung von Webseiten (AA 13.6.2020; vgl. USDOS 11.3.2020, ÖB 25.11.2020). Browsing von gesperrten Websites bzw. das Teilen von Inhalten gesperrter Websites wird mit Geld- und Haftstrafen bedroht (ÖB 25.11.2020). Die Repression richtet sich nicht allein gegen mutmaßliche Angehörige der verbotenen Muslimbruderschaft, sondern gegen sämtliche unabhängige zivilgesellschaftliche Akteure, Opposition und zunehmend auch Personen ohne direktes politisches Engagement (z.B. infolge von Facebook Posts oder zufälligen Handy-Durchsuchungen) (AA 13.6.2020).

Insbesondere im zeitlichen und räumlichen Umfeld von Protesten und Demonstrationen durchsucht die Polizei Mobiltelefone von Passanten ohne Rechtsgrundlage. Bei Weigerung ebenso wie beim Fund kleinster politischer Botschaften werden die Personen zur weiteren Befragung zur Polizeistation gebracht. Die meisten dieser Personen bleiben einige Tage in Gewahrsam (meo 22.2.2020; vgl. AI 2.10.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 18.1.2021

- ACLED - Armed Conflict Location and Event Data Project (14.5.2020): CDT Spotlight: Egypt, https://acleddata.com/2020/05/14/cdt-spotlight-egypt/ , Zugriff 29.1.2021

- AI - Amnesty International (2.10.2020): Egypt: Rare protests met with unlawful force and mass arrests, https://www.amnesty.org/en/latest/news/2020/10/egypt-rare-protests-met-with-unlawful-force-and-mass-arrests/ , Zugriff 28.1.2021

- AI - Amnesty International (18.2.2020): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025829.html , Zugriff 19.1.2021

- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025912.html , Zugriff 18.1.2020

- meo - Middle East Online (22.2.2020): Egypt rights advocates raise alarm over privacy violations, https://middle-east-online.com/en/egypt-rights-advocates-raise-alarm-over-privacy-violations , Zugriff 28.1.2020

- ÖB - Österreichische Botschaft Kairo (25.11.2020): Asylländerbericht Ägypten 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2042213/%C3%84GYPTEN__Asyll%C3%A4nderbericht_%28ALB%29_f%C3%Bcr_2020__finale_Version_%28GZ_Kairo-%C3%96B_KONS_1165_2020%29.pdf , Zugriff 21.1.2021

- RSF - Reporters sans frontières / Reporter ohne Grenzen (2020): Ägypten, https://www.reporter-ohne-grenzen.de/aegypten , Zugriff 28.1.2021

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026355.html , Zugriff 19.1.2021

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

Die Verfassung garantiert die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit. Die Versammlungsfreiheit setzt eine gesetzlich vorgeschriebene Anmeldung voraus. Die Vereinigungsfreiheit wird durch das Gesetz erheblich beschränkt (USDOS 11.3.2020).

Die in der Verfassung garantierte Versammlungsfreiheit wird durch das im November 2013 in Kraft getretene Demonstrationsgesetz weitgehend eingeschränkt. Seither müssen Demonstrationen im Vorfeld genehmigt werden. Zivilgesellschaftliche Akteure berichten von Problemen bereits bei der Antragsstellung und von Ablehnungen ohne Angaben von Gründen. In der Nähe von Militäreinrichtungen sind Versammlungen generell verboten. Bei Verstößen drohen lange Haftstrafen (AA 13.6.2020; vgl. USDOS 11.3.2020, FH 4.3.2020).

Meist kleinere Proteste finden manchmal ohne Einmischung der Regierung statt. In den meisten Fällen setzt die Regierung das Gesetz zur Einschränkung von Demonstrationen rigoros durch, in einigen Fällen unter Anwendung von Gewalt; auch bei friedlichen Demonstrationen (USDOS 11.3.2020; vgl. AI 2.10.2020). Tausende von Menschen sind in Untersuchungshaft, oft nur, weil sie ihr Recht auf friedliche Versammlung und freie Meinungsäußerung ausübten; viele davon über die gesetzlich vorgesehene Zweijahresfrist hinaus (HRW 13.1.2021). Im Rahmen des aktuell andauernden Ausnahmezustands wird das Recht auf Versammlungsfreiheit noch weiter eingeschränkt. Gegen die wenigen Proteste geht die Polizei weiterhin mit Härte häufig schon präventiv vor, so dass geplante Demonstrationen praktisch unmöglich geworden sind (AA 13.6.2020).

Im März, September und Oktober 2019 reagierten die Behörden auf friedliche Proteste mit unrechtmäßiger Gewaltanwendung, willkürlichen Massenverhaftungen, unverhältnismäßigen Straßensperren und Zensur (AI 18.2.2020; vgl. AA 13.6.2020, FH 4.3.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 18.1.2021

- AI - Amnesty International (2.10.2020): Egypt: Rare protests met with unlawful force and mass arrests, https://www.amnesty.org/en/latest/news/2020/10/egypt-rare-protests-met-with-unlawful-force-and-mass-arrests/ , Zugriff 28.1.2021

- AI - Amnesty International (18.2.2020): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025829.html , Zugriff 19.1.2021

- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025912.html , Zugriff 18.1.2020

- HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043578.html , Zugriff 18.1.2021

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026355.html , Zugriff 19.1.2021

Opposition

Rechtlich gesehen ist die Bildung politischer Parteien erlaubt und diese dürfen auch operieren. In der Praxis gibt es keine politischen Parteien, die der herrschenden Partei Widerstand bieten (FH 4.3.2020). Nennenswerte Handlungsspielräume für politische Opposition existieren nicht. Seit 2018 geht die Regierung gegen die Opposition zunehmend repressiv vor. In einem politischen Klima, in dem die gegenwärtige Politik unter Staatspräsident Al-Sisi als nationaler Überlebenskampf gegen Terrorismus und fremde Einflüsse legitimiert wird, steht oppositionelle Betätigung unter dem Generalverdacht der Staatsfeindlichkeit. Kritik am Präsidenten wird zunehmend strafrechtlich geahndet (AA 13.6.2020; vgl. ÖB 25.11.2020, FH 4.3.2020, USDOS 11.3.2020).

Die oppositionelle Muslimbruderschaft, die im Volk nach wie vor über eine eigene Anhängerschaft verfügt, ist als Terrororganisation klassifiziert und verboten. Ein Großteil der Führungskader befindet sich in Haft oder im Exil. Auch liberale Aktivisten sind zunehmend Ziel von Verfolgungsmaßnahmen und einem harten, oft willkürlichen Vorgehen seitens der Sicherheitsbehörden (AA 13.6.2020; vgl. ÖB 25.11.2020, FH 4.3.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 18.1.2021

- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025912.html , Zugriff 18.1.2020

- ÖB - Österreichische Botschaft Kairo (25.11.2020): Asylländerbericht Ägypten 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2042213/%C3%84GYPTEN__Asyll%C3%A4nderbericht_%28ALB%29_f%C3%Bcr_2020__finale_Version_%28GZ_Kairo-%C3%96B_KONS_1165_2020%29.pdf , Zugriff 21.1.2021

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026355.html , Zugriff 19.1.2021

 

Religionsfreiheit

Während Artikel 2 der Verfassung 2014 den Islam zur offiziellen Staatsreligion erklärt, heißt es in Artikel 64: "Glaubensfreiheit ist absolut" (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 10.6.2020). Die Religionsfreiheit ist eingeschränkt. Die Verfassung von 2014 erhebt den Islam zur Staatsreligion und bestimmt die Scharia zur Hauptquelle der Verfassung. Die Grenze zwischen Staat und sunnitischer Mehrheitsreligion ist nicht klar geregelt. Die Verfassung garantiert lediglich Glaubensfreiheit uneingeschränkt. Die Freiheit des Kultes und das damit verbundene Recht zum Bau von Gotteshäusern bleiben den Offenbarungsreligionen (Muslime, Christen, Juden) vorbehalten (AA 13.6.2020; vgl. USDOS 10.6.2020, ÖB 25.11.2020).

90 % aller Ägypter sind Muslime, fast alle von ihnen Sunniten, die der hanafitischen Rechtstradition folgen. Ca. 9 % der Bevölkerung gehören der orthodoxen ägyptischen koptischen Kirche und ca. 1 % anderen christlichen Konfessionen an (GIZ 6.2020g; vgl. FH 4.3.2020, USDOS 10.6.2020). Das Religionsverständnis hat sich in den letzten Jahren jedoch je nach sozialer Gruppe in unterschiedlicher Form gewandelt. Mit dem Aufstieg des politischen Islam wurde in manchen Schichten eine engere und stärker auf äußere Formen orientierte Auslegung und Praktizierung der islamischen Religion populär (GIZ 6.2020g).

Durch die Beschränkung der Glaubensfreiheit auf einzelne Religionen wird eine Unterscheidung zwischen „anerkannten“ und „nicht-anerkannten“ Religionen getroffen, die zu zahlreichen Formen der Diskriminierung im Alltag führt. Darunter leiden Angehörige kleinerer Glaubensgemeinschaften. So werden die in Ägypten lebenden Schiiten nicht als Religionsgemeinschaft anerkannt. Gleiches gilt für die etwa 2.000 Bahai, die ebenfalls keine staatliche Anerkennung genießen (AA 13.6.2020). Im August 2016 wurde ein lange erwartetes Gesetz über den Kirchenbau verabschiedet, das dem Bau von Kirchen allerdings nach wie vor administrative Hürden in den Weg legt (AA 13.6.2020; vgl. FH 4.3.2020).

Christen und Angehörige anderer religiöser Minderheiten sind, vor allem in ländlichen Gebieten, immer wieder Gewaltakten und Einschüchterungen aus den Reihen der muslimischen Mehrheitsgesellschaft ausgesetzt, wobei ein genügender Schutz durch die Sicherheitsbehörden nicht gewährleistet ist (AA 13.6.2020; vgl. FH 4.3.2020).

Traditionelle Streitschlichtungsmechanismen von (Blut-)Rache und (kollektiver) Vergeltung sind in den ländlichen Gebieten Oberägyptens nach wie vor vorherrschend. Sie spielen auch aufgrund der Abwesenheit funktionierender staatlicher Institutionen eine große Rolle. Dabei kommt es regelmäßig zu strukturellen Benachteiligungen der Christen (AA 13.6.2020).

Die Konversion vom Christentum zum Islam ist einfach und wird vom Staat anerkannt, während die umgekehrte Konversion vom Islam zum Christentum zu massiven Problemen für die Betroffen führt. Zwar ist die Aufgabe des islamischen Glaubens nicht im geschriebenen Recht, wohl aber nach islamischem Recht verboten. Aufgrund innerislamischer Vorschriften gegen Apostasie haben Konvertiten in Ägypten mit gesellschaftlicher Ächtung zu rechnen. Die Behörden weigern sich in solchen Fällen häufig, neue Personaldokumente auszustellen (AA 13.6.2020; vgl. USDOS 10.6.2020).

Der Eintrag der Religionszugehörigkeit in Personaldokumenten bleibt auch für andere religiöse Minderheiten ein Einfallstor für Diskriminierung und Ungleichbehandlung. Seit März 2009 ist es den Bahai erlaubt, nationale Ausweise und Pässe zu haben, in denen das Feld „Religion“ offen bleibt, was jedoch zu vielfältigen Problemen im Alltag führen kann (AA 13.6.2020).

Auch die Organisation innerhalb der sunnitischen Glaubensgemeinschaft mit dem Ministerium für religiöse Stiftungen an der Spitze und weitgehenden Durchgriffsrechten steht einer umfassenden Glaubensfreiheit im Weg. Um in den offiziellen Moscheen predigen zu können, müssen die Imame an der al-Azhar Universität ausgebildet worden sein. Das Ministerium gibt zudem die Themen und Schwerpunkte der Freitagspredigten vor. Es kommt vereinzelt zu Verurteilungen mit mehrjährigen Haftstrafen. Zudem wird in interreligiösen Auseinandersetzungen häufig der Vorwurf der Blasphemie gegen Angehörige religiöser Minderheiten und Atheisten vorgebracht (AA 13.6.2020; vgl. USDOS 10.6.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 18.1.2021

- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025912.html , Zugriff 18.1.2020

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (6.2020g): LIPortal, das Länder-Informations-Portal: Ägypten – Gesellschaft, https://www.liportal.de/aegypten/gesellschaft/ , Zugriff 20.1.2021

- ÖB - Österreichische Botschaft Kairo (25.11.2020): Asylländerbericht Ägypten 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2042213/%C3%84GYPTEN__Asyll%C3%A4nderbericht_%28ALB%29_f%C3%Bcr_2020__finale_Version_%28GZ_Kairo-%C3%96B_KONS_1165_2020%29.pdf , Zugriff 21.1.2021

- USDOS – U.S. Department of State (10.6.2020): 2019 Report on International Religious Freedom: Egypt, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/06/EGYPT-2019-INTERNATIONAL-RELIGIOUS-FREEDOM-REPORT.pdf , Zugriff 26.1.2021

Kopten

Kopten, die etwa 10 % der ägyptischen Gesellschaft ausmachen und in ihrer Eigenwahrnehmung keine Minderheit darstellen, sind immer wieder Opfer von Diskriminierung durch die Gesellschaft, die vor allem in Oberägypten, spezifisch in der Region Minya, teilweise in Gewalt mündet. Der Schutz durch Sicherheitsbehörden reicht in diesen Fällen oft nicht aus. Besonders in Oberägypten kommt es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, deren Ursache häufig in Streitigkeiten auf lokaler Ebene liegen. Hierbei leiden koptische Christen innerhalb der von Prinzipien (kollektiver) Vergeltung und traditionellen Streitschlichtungsmechanismen geprägten Strukturen häufig unter strukturellen Benachteiligungen und Diskriminierungen (AA 13.6.2020; vgl. USDOS 11.3.2020, USDOS 10.6.2020, OHCHR 16.10.2020, ÖB 25.11.2020).

Unter der Regierung von Staatspräsident Al-Sisi hat sich die Sicherheitslage der Christen deutlich verbessert. Die Sicherheitskräfte bemühen sich sichtbar um den Schutz von Kirchen, besonders an christlichen Feiertagen. Es kommt allerdings weiterhin vereinzelt zu Anschlägen auf Christen durch radikal islamistische Gruppierungen (zuletzt am 2. November 2018 mit sieben Todesopfern). Im Nachgang zeigt die Regierung stets sichtbaren Aktionismus und schnelles Vorgehen gegen die Täter (AA 13.6.2020; vgl. USDOS 11.3.2020, ÖB 25.11.2020).

Im August 2016 verabschiedete das ägyptische Parlament ein einerseits lange erwartetes, andererseits hoch umstrittenes Gesetz über den Bau von Kirchen in Ägypten. Obwohl die Führungspersönlichkeiten der drei großen christlichen Kirchen dem Gesetz zugestimmt haben, lassen vage Formulierungen Raum für Diskriminierung in der Praxis; dem Kirchenbau sind weiterhin gesetzliche Hürden in den Weg gestellt (AA 13.6.2020; OHCHR 16.10.2020).

Da sich Kopten im Staatsdienst oftmals nicht gleichberechtigt aufgenommen sehen, streben viele, teilweise erfolgreich, in die Wirtschaft. Sowohl unter den besonders Armen wie den besonders Reichen finden sich zahlreiche Kopten. Unter den reichsten Unternehmern Ägyptens sind rund ein Drittel koptische Christen. Kopten sind in liberalen Berufen besonders erfolgreich. Bei Apothekern, Ärzten und Rechtsanwälten sind sie über ihren Bevölkerungsanteil hinaus repräsentiert. Andererseits gehören zu den ärmsten der Armen auch viele Kopten, die beispielsweise in der Abfallbeseitigung eine tragende Rolle spielen (AA 13.6.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 18.1.2021

- ÖB - Österreichische Botschaft Kairo (25.11.2020): Asylländerbericht Ägypten 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2042213/%C3%84GYPTEN__Asyll%C3%A4nderbericht_%28ALB%29_f%C3%Bcr_2020__finale_Version_%28GZ_Kairo-%C3%96B_KONS_1165_2020%29.pdf , Zugriff 21.1.2021

- OHCHR - Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (16.10.2020): Discrimination in Law and Practice against the Copts in Egypt, https://www.ohchr.org/Documents/Issues/Religion/Submissions/CSOs/05.appg-united-copts.docx , Zugriff 26.1.2021

- USDOS - U.S. Department of State (10.6.2020): 2019 Report on International Religious Freedom: Egypt, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/06/EGYPT-2019-INTERNATIONAL-RELIGIOUS-FREEDOM-REPORT.pdf , Zugriff 26.1.2021

- USDOS – U.S. Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026355.html , Zugriff 19.1.2021

Schiiten

Der Staat respektiert nicht das Recht der Schiiten, ihre religiösen Rituale zu praktizieren (USDOS 10.6.2020). Die schiitische Minderheit ist marginalisiert und wird immer wieder Opfer von Übergriffen. Da Schiismus in Ägypten nicht als Religion anerkannt ist, sind die Mitglieder dieser Minderheit gezwungen, ihren Glauben im Verborgenen auszuüben (AA 13.6.2020). Schiiten können keine öffentlichen Gebetshäuser errichten. Sie werden jedoch nicht daran gehindert, in kleinem Rahmen privat zu beten (USDOS 10.6.2020).

Die Sicherheitsdienste unterwerfen schiitische Pilgerreisende häufig Verhören, manchmal auch Folter. Schiiten riskieren Vorwürfe der Blasphemie, wenn sie ihre religiösen Meinungen öffentlich äußern, öffentlich beten oder schiitische Bücher besitzen. Schiiten geben an, sie seien vom Dienst in den Streitkräften sowie in den Sicherheits- und Geheimdiensten ausgeschlossen (USDOS 10.6.2020).

Zu Jahresanfang 2020 wurden zahlreiche schiitische Nachrichtensender und Webseiten geschlossen. Obwohl es keine gesetzliche Regelung gibt, die die Werbung für Schiitentum untersagt, wurden die Sperren mit Staatsfeindlichkeit argumentiert (MEMO 13.3.2020).

Es gibt keine belastbaren Zahlen über die Anzahl von in Ägypten lebenden Schiiten (AA 13.6.2020). Schätzungen gehen von einem Prozent der Bevölkerung aus (USDOS 10.6.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 18.1.2021

- MEMO - Middle East Monitor (13.3.2020): Egypt has securitised Shi'ism, but Salafism arguably poses the greater threat, https://www.middleeastmonitor.com/20200313-egypt-has-securitised-shiism-but-salafism-arguably-poses-the-greater-threat/ , Zugriff 26.1.2021

- USDOS - U.S. Department of State (10.6.2020): 2019 Report on International Religious Freedom: Egypt, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/06/EGYPT-2019-INTERNATIONAL-RELIGIOUS-FREEDOM-REPORT.pdf , Zugriff 26.1.2021

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz sieht die Bewegungsfreiheit im Inland, Auslandsreisen, Auswanderung und Wiedereinbürgerung vor. Zudem darf laut Verfassung kein Bürger daran gehindert werden, das Staatsgebiet zu verlassen. Dennoch dürfen Männer, die den Wehrdienst nicht absolviert und keine Ausnahmegenehmigung erhalten haben, nicht ins Ausland reisen oder auswandern. Nationale Personalausweise belegen den Abschluss des Militärdienstes (USDOS 11.3.2020).

Die Behörden verlangten sporadisch, dass Bürger im Alter von 18 bis 40 Jahren eine Erlaubnis des Innenministeriums vorlegen, um in bestimmte Länder zu reisen. Dies soll den Beitritt zu terroristischen Gruppen erschweren und die Flucht von Kriminellen verhindern (USDOS 11.3.2020).

Die Regierung verhängt zunehmend Reiseverbote für Menschenrechtsverteidiger und politische Aktivisten, die wegen Straftaten angeklagt oder untersucht wurden. Weiters gibt es kein von der Regierung auferlegtes Exil, und die Verfassung verbietet der Regierung, Bürger auszuweisen oder Bürgern die Rückkehr ins Land zu verbieten. Einige Politiker leben freiwillig außerhalb des Landes, da sie von der Regierung mit Strafverfolgung bedroht wurden (USDOS 11.3.2020).

Zu internen Ausweichmöglichkeiten liegen keine belastbaren Erkenntnisse vor. Es ist grundsätzlich von einer unterschiedslosen Verfolgungspraxis auszugehen. Allerdings kann zumindest bei vergleichsweise minder schweren Verfolgungsgründen (z.B. niedrigschwelligem oppositionellen Engagement) der Ortswechsel innerhalb des Landes dazu führen, dass die Betroffenen unbehelligt bleiben. Auf dem Nordsinai und in entlegenen Wüstenregionen ist das staatliche Gewaltmonopol zum Teil faktisch eingeschränkt. Bei geschlechtsspezifischen Verfolgungsgründen (z.B. Genitalverstümmelung, sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt) ist eine interne Ausweichmöglichkeit keine realistische Option (AA 13.6.2020). Die Regierung versucht, den Zugang zum Nordsinai einzuschränken (USDOS 11.3.2020).

Es besteht keine zentrale Meldepflicht (DEB 3.2014). Die Wohnadresse wird auf dem Personalausweis angeführt. Bei einem Umzug muss die Adresse aktualisiert werden. Es gibt aber keine Überprüfung der Wohnsitzdaten durch die Meldebehörde, wodurch veraltete oder falsche Adressen unentdeckt bleiben und es gibt keine Strafe für die Nichtaktualisierung der Adresse (DFAT 17.6.2019). Bei Forderungen gegen unbekannt verzogene ägyptische Staatsangehörige ist daher der Versuch einer Aufenthaltsermittlung nahezu aussichtslos (DEB 3.2014).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 18.1.2021

- DEB - Deutsche Botschaft Kairo (03.2014): Rechtsverfolgung in Ägypten in Zivil- und Handelssachen, https://kairo.diplo.de/blob/1504098/ed993d3218a2f43cdbae47f47c9650da/merkblatt-rechtsverfolgung-in-aegypten-data.pdf , Zugriff 21.1.2021

- DFAT – Department of Foreign Affairs and Trade / Australian Government (17.6.2019): DFAT Country Information Report – Egypt, https://www.dfat.gov.au/sites/default/files/country-information-report-egypt.pdf , Zugriff 21.1.2021

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026355.html , Zugriff 19.1.2021

Grundversorgung und Wirtschaft

Subventionen zur Absicherung der Grundversorgung der ägyptischen Bevölkerung haben eine lange Tradition und zehren einen erheblichen Teil des Staatshaushaltes auf. Daran ändert auch das mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vereinbarte Reformprogramm, das Kürzungen der staatlichen Subventionen für Elektrizität, Treibstoff, aber auch für Brotgetreide einschließt, nichts. So wurde z.B. nach Kürzung von Subventionen im Sommer 2017 und damit verbundenen Preissteigerungen die Zahl der Berechtigten für Lebensmittelkarten erhöht (bisher schon ca. 70 Mio. Personen) und auch der Umfang der über diese Karten zu beziehenden Güter nochmals ausgedehnt. Nicht-Ägypter haben keinen Zugang zu diesem System (AA 13.6.2020).

Ein weiteres Instrument der sozialen Sicherung liegt im Mietrecht begründet. Für einen Großteil von Mietverträgen, die in den 1950er- und 1960er-Jahren geschlossen und seitdem innerhalb der Großfamilie weitergegeben wurden, gilt noch eine Mietpreisbindung, die im Altbestand zu teilweise grotesk niedrigen Mieten führt. Für neue Verträge seit ca. 1990 gelten ohnehin die Gesetze des Marktes. Im Rahmen der Erschließung von Wüstenregionen wird ein gewisser Prozentsatz an Land und Wohnungen an arme Bevölkerungsteile verlost (AA 13.6.2020).

Im Rahmen von zwei Sozialhilfeprogrammen KARAMA und TAKAFUL werden zudem verstärkte Schritte für eine gezielte Unterstützung der Ärmsten vorgenommen. Das Karama Projekt sieht monatliche Geldleistungen im Umfang von 40-80 USD an besonders Bedürftige sowie an ältere Menschen und Behinderte vor. Das konditionierte Takaful Projekt zielt auf die finanzielle Unterstützung von Familien mit Kindern ab, vorausgesetzt diese besuchen regelmäßig eine Schule (AA 13.6.2020).

Darüber hinaus existiert ein zwar in seiner Leistungsfähigkeit beschränktes, aber funktionierendes Sozialversicherungssystem, welches Arbeitslosen-, Kranken-, Renten- und Unfallversicherungselemente enthält und von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam bezahlt wird. Die größten Probleme ergeben sich hier aus relativ geringen tatsächlichen Auszahlungen und der Nichterfassung der großen Anzahl an Personen ohne formelle Erwerbsaktivitäten (informeller Sektor) bzw. solche die arbeitslos sind (AA 13.6.2020; vgl. USSSA 9.2019). Einen erheblichen Beitrag zur sozialen Sicherung leisten karitative Einrichtungen, vornehmlich auf religiöser Basis und wohltätige Stiftungen (AA 13.6.2020).

Subventionsabbau droht – trotz langsam sinkender Inflation und sozialen Gegenmaßnahmen der Regierung die wirtschaftliche Situation vor allem der armen Segmente der Gesellschaft weiter zu verschlechtern. Bisher hat sich der latent in der Bevölkerung vorhandene Unmut nur punktuell manifestiert. Viel wird davon abhängen, wie schnell eine wirtschaftliche Erholung auch diese Schichten erfasst. Daneben zeichnet sich ab, dass Militär und auch Sicherheitsdienste in sozialen Bereichen, beispielsweise in der Verteilung von Lebensmitteln, einspringen und staatliche Aufgaben verstärkt substituieren (AA 13.6.2020).

Ägypten hat per se gute Voraussetzungen um im globalen Wettbewerb zu bestehen und verfügt über eine verhältnismäßig gut diversifizierte Wirtschaft, was bei der Absorbierung von externen wie internen Schocks hilft (WKO 9.2020). Der Dienstleistungssektor absorbiert einen erheblichen Teil der Erwerbstätigen und erwirtschaftet große Teile des Bruttoinlandsproduktes. Einen maßgeblichen Beitrag leistet hierbei der Tourismusbereich (AA 24.6.2019c). Der Dienstleistungssektor bietet rund 50 % der ägyptischen Arbeitskräfte eine Beschäftigung und trägt etwa die Hälfte des BIP bei (GIZ 11.2020c). Schätzungsweise 63 Prozent aller ägyptischen Arbeitskräfte gehören dem informellen Sektor an; er umfasst fast 50 Prozent aller nicht-landwirtschaftlichen Arbeitsplätze einen überwältigenden Anteil von 30-40 Prozent der Wirtschaft des Landes (MEI 22.6.2020; vgl. WKO 9.2019).

Die dramatischen Preiserhöhungen für Grundlebensmittel in den letzten Jahren verschärften den Kaufkraftverlust und trafen vor allem die unteren Einkommensschichten, die mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben. Die Einkommensverteilung hat sich in den letzten drei Jahrzehnten immer stärker zuungunsten der unteren Einkommensschichten entwickelt (GIZ 11.2020c).

Die staatlichen Maßnahmen zur Armutsbekämpfung werden heute weithin als unzulänglich kritisiert. Sie bestehen im wesentlichen aus nicht zielgruppenorientierten Subventionen für Grundnahrungsmittel und Energie, extrem niedrigen Sozialhilfe- und Pensionszahlungen für bestimmte Bevölkerungsgruppen sowie Kredit-, und Entwicklungsprogrammen des Sozialfonds für Entwicklung (SfD), die jedoch weit hinter dem Bedarf zurück bleiben (GIZ 11.2020c).

Die Armutsquote (2019) ist auf ca. 32,5 % gestiegen (die höchste seit 2000). Rund 8,6 % der Bevölkerung sind arbeitslos und ca. 17 % der Familien werden von Frauenarbeit (im informellen Sektor) unterstützt (GIZ 11.2020c). Über USD 20 Mrd. werden jährlich von ägyptischen Migranten aus dem Ausland rücküberwiesen. Diese Überweisungen sind für die Bevölkerung und den Konsum unverzichtbar (WKO 9.2020).

Das dreijährige IWF-Hilfs- und Reformprogramm inklusive Subventionskürzungen ist abgeschlossen. Nun müssen die positiven makroökonomischen Effekte auch die Bevölkerung erreichen. Weiterhin ist der Plan mit einem Wirtschaftswachstum von 6% dem hohen Bevölkerungswachstum entgegenzuwirken. Im Wirtschafts- und Finanzjahr (Juli bis Juni) 2018/2019 konnte mit einem BIP-Wachstum von 5,6 % der höchste Wert in 10 Jahren erreicht werden. Mittelfristig verfolgt Ägypten einen Top-Down-Ansatz mit Megaprojekten (Infrastruktur, Landwirtschaft) durch den Staat und das Militär (WKO 9.2020).

Im Wirtschafts- und Finanzjahr (Juli bis Juni) 2019/2020 konnte trotz COVID-19 im 2. Quartal 2020 noch ein Wachstum von 3,5 % (Ziel war 6 %) erreicht werden. Laut IWF soll Ägypten mit einem Plus von 2 Prozent im Jahr 2020 eines der wenigen Länder mit einem Wirtschaftswachstum sein. Obgleich ein so geringes Wachstum kein Grund zum Feiern ist, steht Ägypten im internationalen Vergleich laut div. Analysten verhältnismäßig gut da. Bemerkenswert ist ein vom Präsidenten angekündigtes und bereits teilweise umgesetztes Rettungs- bzw. Konjunkturpaket über 100 Mrd. Ägyptische Pfund (ca. 6 Mrd. Euro). Manche Analysten beurteilen die Lage etwas prekärer und sehen 30 % des nominalen BIP gefährdet. Da sämtliche Einnahmequellen Ägyptens wohl teils massive Einbrüche (v.a. Tourismuseinnahmen, Remittances, Suezkanalgebühren, ausländische Investitionen) verzeichnen werden, steht die ägyptische Wirtschaft jedenfalls vor neuen Herausforderungen (WKO 9.2020).

Im Zuge der COVID-19-Pandemie ist die offizielle Arbeitslosenrate zum Ende des 2. Quartals 2020 auf 9,6 % gestiegen; von 7,5 % zum selben Zeitpunkt im Jahr zuvor bzw. 7,7 % zum Ende des 1. Quartals 2020 (AN 17.8.2020). Zum Ende des 3. Quartals 2020 ist die Arbeitslosenrate auf 7,3 % gesunken, wobei die Arbeitslosenrate unter Männern bei 5,8 % und bei Frauen bei 15,2 % lag (ET 15.12.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 18.1.2021

- AN - Arab News (17.8.2020): Egypt’s unemployment rate rises due to coronavirus, https://www.arabnews.com/node/1720631/business-economy , Zugriff 1.2.2021

- ET - Egypt Today (15.12.2020): Decline in 2020 unemployment rate shows Egypt's economic progress amid COVID-19 crisis : Cabinet, https://www.egypttoday.com/Article/3/95376/Decline-in-2020-unemployment-rate-shows-Egypt-s-economic-progress , Zugriff 1.2.2021

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (11.2020c): LIPortal - Das Länder-Informations-Portal: Ägypten - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/aegypten/wirtschaft-entwicklung/ , Zugriff 20.1.2021

- MEI - Middle East Institute (22.6.2020): Egypt’s sizeable informal economy complicates its pandemic response, https://www.mei.edu/blog/egypts-sizeable-informal-economy-complicates-its-pandemic-response , Zugriff 20.1.2021

- USSSA - U.S. Social Security Administration (9.2019): Social Security Programs Throughout the World: Africa, 2019 – Egypt, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2018-2019/africa/egypt.pdf , Zugriff 1.2.2021

- WKO - Wirtschaftskammer Österreich | AußenwirtschaftsCenter Kairo (22.9.2020): Außenwirtschaftsbericht Ägypten, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/aegypten-wirtschaftsbericht.pdf , Zugriff 21.1.2021

Medizinische Versorgung

Neben den relativ zahlreichen, sehr teuren Kliniken und Krankenhäusern mit internationalem Renommee gibt es in Ägypten ein Netz von öffentlichen Gesundheitseinrichtungen, die vom Leistungsniveau europäischer Standards abweichen (MSZ o.D.). In Kairo ist eine ausreichende Versorgung gewährleistet. Die medizinische Versorgung außerhalb Kairos hat sich in den letzten Jahren zwar deutlich verbessert, dennoch entspricht sie nach wie vor oft nicht westeuropäischem Standard (AA 30.11.2020). Es kommt zu gravierenden Qualitätsmängeln in der staatlichen Versorgung – mangelnde Hygiene oder vernachlässigte Wartung von Geräten ebenso wie unterbezahltes Personal (GIZ 6.2020g).

Das grundlegend funktionierende Sozialversicherungssystem mit Elementen der Kranken- und Unfallversicherung ist eingeschränkt leistungsfähig. Eine minimale kostenlose Grundversorgung ist gegeben. Notfälle werden behandelt; die Grundversorgung chronischer Krankheiten ist minimal und oft nur mit Zuzahlungen gegeben (AA 13.6.2020). Der Großteil der ägyptischen Bevölkerung ist über den Staat versichert. Problematisch ist, dass diese Versicherung an Ausbildung oder Arbeitsplatz gekoppelt ist, und Arbeitslose oder Arme daher ausschließt (GIZ 6.2020g). Der Mangel an eigenen finanziellen Mitteln ist gleichbedeutend mit der Unmöglichkeit, irgendeine medizinische Versorgung in Anspruch zu nehmen (MSZ o.D.). Informelle Zuzahlungen stellten im Jahr 2017 60 % der Gesundheitsausgaben dar (OBG 2020).

Aktuell soll eine adäquate Krankenversicherung schrittweise auf alle Bevölkerungsgruppen ausgedehnt werden (GIZ 6.2020g). Im Jahr 2018 wurde ein Gesetz zur universellen Krankenversicherung (UHI) verabschiedet. Es gab lange Diskussionen um einen universellen Versicherungsschutz, aber die Dynamik nahm nach dem Start eines Pilotprojekts in Port Said im Juli 2019 zu. Im Mai 2020 kündigte Premierminister Mostafa Madbouly an, dass ein oberster Gesundheitsrat geschaffen werden soll, um den Sektor zu stärken. Der Rat hat die Aufgabe, eine einheitliche Gesundheitsstrategie für das Land zu entwickeln und die Entwicklung der nationalen Krankenhäuser zu beschleunigen. Der universelle Versicherungsschutz soll in den kommenden Jahren nach und nach ausgerollt werden bis 2023 sollen voraussichtlich 15-17 Millionen Menschen abgedeckt sein (OBG 2020).

Es gibt im Großraum Kairo über 100 staatliche Krankenhäuser, u. a. die Uni-Kliniken Kasr El Aini und Ain Shams. Die Versorgung mit Medikamenten im örtlichen Markt ist ausreichend. Importe werden staatlich kontrolliert (AA 13.6.2020). Jedoch stellen nachgemachte oder gefälschte Medikamente ein Problem dar (OBG 2020).

In den vergangenen Jahren wurden mehrere Programme initiiert, um die Aufklärung und Behandlungsergebnisse bei einer Reihe von Krankheiten zu verbessern. Die im Oktober 2018 gestartete Kampagne "100 Million Healthy Lives" soll die allgemeine Gesundheit der Ägypter durch Prävention und Früherkennung verbessern. Die Bekämpfung von Covid-19 nimmt im Jahr 2020 den größten Teil der Aufmerksamkeit im Gesundheitswesen in Anspruch (OBG 2020).

Hepatitis C ist in Ägypten weit verbreitet, ca. 20% der Bevölkerung ist betroffen (AA 30.11.2020). Durch flächendeckende Vorsorgeuntersuchungen und Behandlungen soll die Krankheit bis 2023 eliminiert werden. Personen, bei denen die Infektion diagnostiziert wird, werden zur kostenlosen Behandlung an Krankenhäuser überwiesen (OBG 2020).

Im öffentlichen Gesundheitswesen besteht für Psychartrie nur eine minimale Versorgung (AA 13.6.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (30.11.2020): Ägypten: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung und COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aegypten-node/aegyptensicherheit/212622#content_5 , Zugriff 21.1.2021

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 18.1.2021

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (6.2020g): LIPortal, das Länder-Informations-Portal: Ägypten – Gesellschaft, https://www.liportal.de/aegypten/gesellschaft/ , Zugriff 20.1.2021

- MSZ - Ministerstwo Spraw Zagranicznych / Außenministerium Polen (o.D.): Informacje dla podróżujących – Egipt, https://www.gov.pl/web/dyplomacja/egipt , Zugriff 20.1.2021

- OBG - Oxford Business Group (2020): What's next as Egypt rolls out universal health insurance, https://oxfordbusinessgroup.com/overview/new-era-universal-health-insurance-scheme-work-alongside-existing-programmes-improve-overall , Zugriff 20.1.2021

Rückkehr

Formale staatliche Institutionen für die Aufnahme von Rückkehrern sind hier nicht bekannt. Zur Situation von Rückkehrern liegen keine Erkenntnisse vor. Staatliche Maßnahmen als Reaktion auf Asylanträge im Ausland sind nicht bekannt (AA 13.6.2020).

Von repressiven Maßnahmen gegen zurückgekehrte Aktivisten und ihre Familienangehörigen ist, angesichts der allgemeinen Repression gegen Angehörige der Organisation im Land, bei Führungskadern auszugehen. Prominente regimekritische Aktivisten müssen mit Ausreisesperren, Inhaftierung und Strafverfolgung rechnen. Der ägyptische Staat stellt Nachforschungen zu exilpolitischen Aktivitäten im Ausland und daran beteiligten Personen an. Vermutete politische Aktivitäten im Ausland können selbst bei nur kurzen Aufenthalten (z.B. zur Teilnahme an Seminaren) zu längeren Befragungen, und nach Rückkehr u.U. zu Festsetzungen durch die Sicherheitsbehörden führen (AA 13.6.2020).

Alle ein- oder ausreisende Personen (Ägypter und Ausländer gleichermaßen) werden mit dem nationalen Fahndungsbestand abgeglichen. Ägyptische Staatsangehörige können bei freiwilliger Rückkehr nicht ohne Vorlage einer ägyptischen ID oder eines von einer ägyptischen Auslandsvertretung ausgestellten Reisedokumentes (Laissez-Passer) wieder nach Ägypten einreisen (AA 13.6.2020).

IOM betreibt seit 1991 ein Regionalbüro in Kairo und führt eine Vielzahl von Unterstützungsprojekten für Migranten und Rückkehrer durch (AA 13.6.2020). Unter Anderem gibt es finanzielle Unterstützungsleistungen für Rückkehrer beispielsweise bei Firmengründungen. Die Hilfe für unbegleitete Migrantenkinder (UMCs), die alleine das Mittelmeer auf der Suche nach einem neuen Leben in Europa überquerten, wird ausgeweitet. Es werden erhebliche Anstrengungen unternommen, um sicherzustellen, dass das Wohl des Kindes bei Rückkehr und Reintegration im Mittelpunkt steht (IOM o.D.).

Für die Einreise ist ein negativer PCR-Test erforderlich, der nachweislich nicht älter als 72 Stunden sein darf, bei Einreise über die Flughäfen von London Heathrow, Paris oder Frankfurt nicht älter als 96 Stunden. Das Testergebnis muss in englischer oder arabischer Sprache vorgelegt werden. Ansonsten droht eine Verweigerung der Einreise (AA 30.11.2020; vgl. USEMB 18.1.2021). Seit 17.1.2021 müssen alle Einreisenden eine 14-tägige Quarantäne antreten (USEMB 18.1.2021).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (30.11.2020): Ägypten: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung und COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aegypten-node/aegyptensicherheit/212622#content_5 , Zugriff 21.1.2021

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033569/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_13.06.2020.pdf , Zugriff 18.1.2021

- IOM Egypt - International Organization for Migration (o.D.): Assisted Voluntary Return and Reintegration, https://egypt.iom.int/en/assisted-voluntary-return-and-reintegration , Zugriff 20.1.2021

- USEMB - U.S. Embassy in Egypt (18.1.2021): COVID-19 Information - Last updated: 1/18/2021, https://eg.usembassy.gov/u-s-citizen-services/covid-19-information/ , Zugriff 20.1.2021

Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in die Beschwerde und in den angefochtenen Bescheid, in den vorgelegten Verwaltungsakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und in das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Ägypten. Zudem wurde eine mündliche Verhandlung abgehalten. Darüber hinaus wurde der von der Rechtsvertretung beantragte Zeuge im Rahmen der Verhandlung einvernommen. Der Zeuge konnte die Auseinandersetzung mit den christlichen Glaubensinhalten des Beschwerdeführers belegen, jedoch konnte er nicht vermitteln, dass sich der Beschwerdeführer sich tiefergehend mit den christlichen Lehren auseinandergesetzt hat und dieser Glaube für ihn nun identitätsstiftend geworden wäre. Selbst der Zeuge hat vom Beschwerdeführer hinsichtlich seines christlichen Glauben noch keinen konkreten Eindruck. Daher ist der Beschwerdeführer noch nicht getauft. Zur Frage der inneren Überzeugung und Verfestigung der Konversion war der persönliche Eindruck des Beschwerdeführers ausschlaggebend. Doch selbst der Zeuge konnte bei seiner Einvernahme keinen konkreten Eindruck von einer tiefergehenden Auseinandersetzung des Beschwerdeführers mit dem Christentum bestätigen.

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akteninhalt.

Auskünfte aus dem Strafregister (SA), dem zentralen Melderegister (ZMR), dem Hauptverband österreichischer Sozialversicherungsträger (AJ-WEB), der Grundversorgung (GVS) sowie dem Informationsverbund zentrales Fremdenregister (IZR) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seiner Staatsangehörigkeit und seiner Volksgruppenzugehörigkeit ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer in Kafrelscheikh/Ägypten geboren und aufgewachsen ist und er als 15-jähriger nach Al Mansura gezogen ist und er dort bis zu seiner Ausreise aus Ägypten lebte, ergeben sich aus den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 16. März 2022 (Protokoll S. 5).

Die Feststellung zu seiner Schulbildung ergibt sich aus den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung (Protokoll S. 7). Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer in Ägypten den islamischen Religionsunterricht besuchte, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung (Protokoll S. 11). Die Feststellung, wonach die Schulausbildung des Beschwerdeführers von seinem Vater und seinem ältesten Bruder finanziert wurde, ergibt sich ebenfalls aus den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung (Protokoll S. 8).

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer zwei Corona- Schutzimpfungen erhielt, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 1. Dezember 2021 (AS 113).

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. So brachte er vor gesund zu sein und keine Medikamente einzunehmen (AS 113). Zugleich brachte er vor arbeitsfähig zu sein und alle Arbeiten anzunehmen zu wollen (AS 117). Dies bestätigte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung (Protokoll S. 3 und 4).

Die Feststellungen zu seinen Sprachkenntnissen ergeben sich aus den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Administrativverfahren, sowie aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer zumindest eineinhalb Jahre in Griechenland verbrachte.

Die Feststellungen zu seiner Ausreise aus Ägypten seiner Aufenthalte in der Türkei, Griechenland und weiteren Ländern sowie seiner Asylantragsstellung in Österreich ergeben sich aus den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung am 17. Juli 2021 sowie aus den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer am 05.08.2020 seinen ersten und am 11.02.2021 seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz in Griechenland stellte, ergibt sich aus einerseits aus den EURODAC- Treffern (AS 47) und andererseits aus den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung (Protokoll S. 9).

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer für die Begründung seiner Asylanträge in Griechenland die Konversion vom Islam zum Christentum vorbrachte, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung. Befragt danach, weshalb er davon ausgehe in Österreich Asyl zu bekommen, wenn seine Anträge in Griechenland negativ entschieden wurden, brachte er vor, dass er sehr viele Beweise habe ein frommer Christ zu sein. Er besuche regelmäßig die Kirche, lese die Bibel und erlerne die christlichen Vorschriften. Er habe gedacht, dass es in Österreich anders sei als in Griechenland. In Griechenland werden Massen von Flüchtlingen empfangen und die griechischen Behörden würden den Flüchtlingen nicht glauben. Er denke, dass in Österreich die Behörden und Gerichte toleranter mit ihm umgehen würden (Protokoll S. 8).

Die Feststellungen hinsichtlich seiner in Ägypten lebenden Familie ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung (Protokoll S. 5 und S. 6).

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer zu seiner Mutter regelmäßig im Kontakt steht, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung. So gab er an, dass er zwei bis dreimal in der Woche mit seiner Mutter Kontakt hat (Protokoll S. 6).

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer seit November 2021 Mitglied einer Arabisch-Christlichen- Gemeinde „Freikirche Pfingstsonntag“ ist; er sonntags regelmäßig die Kirche besucht und donnerstags über soziale Medien an der Taufvorbereitung teilnimmt, ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung sowie aus den Angaben des im Rahmen der Verhandlung zeugenschaftlich einvernommenen Pastors der Arabisch-Christlichen-Gemeinde in Wien.

Die Feststellung, wonach der Pastor der Arabisch-Christlichen-Gemeinde in Wien von der inneren Überzeugung des Beschwerdeführers Christ zu sein noch nicht überzeugt ist, ergibt sich aus der zeugenschaftliche Aussage des Pastors im Rahmen der mündlichen Verhandlung und aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer noch nicht getauft wurde (Protokoll S. 25).

Die Feststellungen zur Integration des Beschwerdeführers in Österreich sowie die Feststellung, dass der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte in Europa verfügt; er Leistungen aus der Grundversorgung bezieht; er keine Beschäftigung nachgeht; er rudimentär Deutsch spricht und er sich seit ungefähr acht Monaten in Österreich aufhält; ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt, den persönlichen Eindruck des erkennenden Richters im Rahmen der Verhandlung sowie aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Verhandlung.

Seine strafgerichtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

Hinsichtlich der seitens des Beschwerdeführers geltend gemachten Ausreisegründe, wonach er sich bereits in Ägypten dem christlichen Glauben zugewandt habe und infolgedessen mit seiner Familie Probleme bekommen hätte, von seinem Vater sei er bedroht und von seinem ältesten Bruder mit dem Messer verletzt worden, respektive er ausgereist sei, da er Interesse am christlichen Glauben gehabt habe, ist festzuhalten, dass das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers einer Glaubwürdigkeitsprüfung nicht standhält und daher nicht glaubhaft ist.

In weitere Folge waren als Ausreisegrund die behauptete Hinwendung des Beschwerdeführers zum Christentum samt behaupteter Konversion zu prüfen. Untrennbar in Zusammenhang mit den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Gründen für seine Ausreise, nämlich dem behaupteten Interesse für das Christentum, steht die Konversion zum Christentum. Aufgrund der Untrennbarkeit des ausreisekausalen Vorbringens und jenem der Konversion, stellt die festgestellte Unglaubwürdigkeit der Ausreisegründe ein starkes Indiz für die Unglaubwürdigkeit der behaupteten Konversion dar und lässt umgekehrt die aus nachfolgenden Gründen festgestellte Scheinkonversion Rückschlüsse auf die Unglaubwürdigkeit der ausreisekausalen Angaben des Beschwerdeführers zu.

Der Beschwerdeführer stellte bereits am 5. August 2020 sowie am 11. Februar 2021 in Griechenland Anträge auf internationalen Schutz. Begründet wurden diese Anträge mit der behaupteten Konversion des Beschwerdeführers vom Islam zum Christentum. Beide Anträge wurden in Griechenland negativ entschieden. In Österreich stellte der Beschwerdeführer wiederrum einen Antrag auf internationalen Schutz, den er wie zuvor in Griechenland mit der Konversion vom Islam zum Christentum begründet. In der Verhandlung brachte er diesbezüglich vor, dass in Griechenland nur Asylanträge von syrischen Staatsangehörigen akzeptiert worden seien. Er glaube hier in Österreich beweisen zu können ein frommer Christ zu sein. Er besuche in Österreich die Kirche, nehme am christlichen Unterricht teil, lese die Bibel und lerne die Vorschriften des christlichen Glaubens. Er denke, dass es in Österreich anders sei als in Griechenland. In Griechenland werden Massen von Flüchtlingen empfangen und die griechischen Behörden würden ihm nicht glauben. Hier in Österreich denke er sich, dass die Behörden toleranter mit ihm umgehen würden. Er habe auch in Griechenland die Kirche besucht. Es gelang dem Beschwerdeführer kein glaubhaftes Fluchtvorbringen in Griechenland zu erstatten. Beide Asylanträge wurden negativ entscheiden. Weshalb der Beschwerdeführer nunmehr nach seiner dritten Antragstellung vermeint, dass das Verfahren positiv erledigt werde, ist nicht nach zu vollziehen.

In der Stellungnahme vom 29. November 2021 führte der Beschwerdeführer aus, dass sich die griechischen Behörden geweigert hätten seinen Antrag auf internationalen Schutz anzunehmen. Dementgegen geht aus dem unbedenklichen Akt sowie aufgrund seiner Angaben in der mündlichen Verhandlung hervor, dass der Beschwerdeführer in Griechenland zwei Anträge auf internationalen Schutz stellte.

Darüber hinaus wird in der Stellungnahme vom 29. November 2021 ausgeführt, dass jemand den Beschwerdeführer ausgetrickst habe um seinen Reisepass weg zu nehmen. Dementgegen gab er in der Erstbefragung an, dass er seinen Reisepass verloren hätte.

Widersprüchlich sind die Angaben hinsichtlich seiner behaupteten Tätigkeit bei seinem Aufenthalt in der Türkei. In der Erstbefragung brachte er vor als Schneider gearbeitet zu haben. Im Gegensatz dazu gab er in der mündlichen Verhandlung an auf der Straße Wasser verkauft zu haben.

Widersprüchlich sind die Angaben hinsichtlich des behaupteten Umzuges von Kafrelsheikh nach Al Mansura. In der niederschriftlichen Einvernahme brachte vor, dass er seit 2014 in Al Mansura gewohnt habe. Im Widerspruch dazu gab er in der mündlichen Verhandlung an, dass er mit seiner Familie Anfang 2015 nach Al Mansura gezogen sei.

Widersprüchlich sind die Angaben hinsichtlich der behaupteten Tätigkeit seines Vaters in der Moschee. In der Erstbefragung brachte er vor, sein Vater sei Prediger in einer Moschee. Im Widerspruch dazu gab er in der niederschriftlichen Einvernahme an, dass sein Vater Gebetsrufer sei. In der Stellungnahme vom 29. November 2021 sowie im Beschwerdeschriftsatz vom 5. Februar 2022 wird ausgeführt, dass sein Vater Imam in einer Moschee in Ägypten sei. In der mündlichen Verhandlung brachte er vor, sein Vater sei Muezzin. Es ist diesbezüglich nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer einerseits behauptet, sein Vater sei Imam und andererseits behauptet sein Vater sei Muezzin.

In der Stellungnahme vom 29. November 2021 wurde behauptet, dass der älteste Bruder des Beschwerdeführers oft das Gebet in der örtlichen Moschee leiten würde. Diesbezüglich wird angemerkt, dass der Beschwerdeführer diesen Umstand weder im Administrativverfahren noch in der mündlichen Verhandlung erwähnte. Es ist nicht nach zu vollziehen, weshalb der Beschwerdeführer diesen Umstand in den Einvernahmen nicht erwähnt hätte.

Widersprüchlich sind die Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Verletzung am Bein. In der Erstbefragung brachte der Beschwerdeführer vor, dass er von seinem älteren Bruder mit einem Messer am linken Bein durch einen Stich verletzt worden sei. Im Widerspruch dazu brachte er in der niederschriftlichen Einvernahme vor, dass er mit einer heißen Klinge am linken Oberschenkel verbrannt worden sei. In der niederschriftlichen Einvernahme brachte der Beschwerdeführer vor, in der Erstbefragung die Wahrheit gesagt zu haben, es sei ihm rückübersetzt worden und er habe nichts zu korrigieren oder hinzuzufügen. Erst auf Vorhalt gab er an, dass ihm der Dolmetscher bei der Erstbefragung nicht verstanden hätte.

In der niederschriftlichen Einvernahme brachte der Beschwerdeführer vor, dass er ungefähr zwei Monate vor seiner Ausreise – im Dezember 2018 – mit dem Messer verletzt worden zu sein. In der mündlichen Verhandlung brachte er diesbezüglich vor, dass dies zwischen Dezember 2018 und Jänner 2019 passiert sein soll. Befragt danach, weshalb die Situation mit seiner Familie derart eskalierte gab er erstmals in der mündlichen Verhandlung an, dass er im Jänner 2019 seine Familie darüber informierte zum Christentum zu konvertieren. Diesbezüglich ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer erstmals im Verfahren vorbrachte seine Familie im Jänner 2019 informiert zu haben. Zudem ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer seine Familie im Jänner 2019 davon in Kenntnis setzte, jedoch vor der belangten Behörde behauptete im Dezember 2018 mit dem Messer bedroht worden zu sein, weil zu diesem Zeitpunkt hätte seine Familie von seinem Wunsch zu konvertieren noch nichts gewusst haben kann.

In der Erstbefragung brachte der Beschwerdeführer vor, dass er zuerst mit dem Messer verletzt worden und anschließend für fünfzehn Tage eingesperrt worden sei. Dementgegen wird in der Stellungnahme vom 29. November 2021 ausgeführt, dass der Beschwerdeführer von seinem Vater und seinem Bruder in seinem Zimmer eingesperrt und gefangen genommen worden sei, sie hätten ihn verprügelt und mit einem Messer verletzt. In der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde brachte er auf Nachfrage vor, zuerst eingesperrt und anschließend mit dem Messer verletzt worden sei. Weshalb der Beschwerdeführer in der Erstbefragung behauptete zuerst mit dem Messer verletzt und in der Folge eingesperrt worden zu sein blieb offen.

In Stellungnahme vom 29. November 2021 wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in seinem ersten Jahr seines Studiums gedacht habe mehr Bewegungsfreiheit zu haben und er wieder mit seinen christlichen Freunden in Kontakt getreten sei und wieder die Kirche besucht zu haben. Er sei in eine andere Stadt gezogen, um keinen Kontakt mit seiner Familie zu haben beziehungsweise seiner Familie aus dem Weg zu gehen. Sein Vater und sein ältester Bruder hätten ihn jedoch aufgespürt, ihn geschlagen, verprügelt, eingesperrt und mit dem Messer verletzt. Im Administrativverfahren sowie in der mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang nie vorgebracht, dass er in eine andere Stadt gezogen ist und von seinem Vater und seinem Bruder aufgespürt worden sei. In der mündlichen Verhandlung brachte er vor, dass er erst nach dem Vorfall mit seinem Vater und seinem Bruder zu einem Freund geflüchtet sei, dass er zuvor während des ersten Jahres seines Studiums nicht mehr zu Hause lebte, er in eine andere Stadt gezogen sei, um sich von seiner Familie zu entfernern blieb unerwähnt.

Darüber hinaus ist nicht nach zu vollziehen, dass der Beschwerdeführer erstmals in der mündlichen Verhandlung behauptete eine Offenbarung gehabt zu haben und diesen Umstand im Administrativverfahren unerwähnt ließ. So gab er an, eine Offenbarung in Form eines Traumes gehabt zu haben. Er habe mehrmals im Ägypten von Jesus Christus geträumt, dies sei ein Zeichen für ihn gewesen zum Christentum zu konvertieren. Das erste Mal habe er Anfang 2018 diese Offenbarung gehabt. Diesbezüglich ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde angibt drei Jahre vor seiner Ausreise – 2016 – den Wunsch gehabt habe, zu konvertieren. Wiederum brachte er in der mündlichen Verhandlung vor, dass seine christlichen Freunde über drei Jahre hinweg den Beschwerdeführer vom Christentum überzeugt hätten und er sich nach drei Jahren zu dieser Religion hingezogen fühlte. Erstmals in der mündlichen Verhandlung brachte er vor, dass er Ende 2016, Anfang 2017 mit seiner Familie über den Wunsch zu konvertieren geredet hätte. Im Widerspruch dazu gab er vor der belangten Behörde an, über seine Absicht zu konvertieren niemanden mitgeteilt habe. Im Widerspruch dazu gab er in der mündlichen Verhandlung an seine Familie im Jahr 2019 davon in Kenntnis gesetzt zu haben. Darüber hinaus brachte er vor der belangten Behörde vor, seinen behaupteten christlichen Glauben in Ägypten nicht ausgelebt zu haben und er in Ägypten Moslem gewesen sei.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde brachte der Beschwerdeführer vor, seinen behaupteten christlichen Glauben in Ägypten nicht ausgelebt zu haben und er in Ägypten Moslem gewesen sei. Im Widerspruch dazu brachte er wenig später vor, in Ägypten die christliche Kirche besucht zu haben und in der Verhandlung brachte er vor, dass er seit 2018 Christ sei.

In der niederschriftlichen Einvernahme brachte der Beschwerdeführer vor, eine Bibel von einem seiner christlichen Freunde in Ägypten erhalten zu haben und diese jedoch in der Türkei verloren zu haben. In der Verhandlung gab er dementgegen an, dass es sich dabei nicht um die Bibel, sondern um die Schriften des Johannes gehandelt hätte.

In der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl machte der Beschwerdeführer jedenfalls nur unsubstantiierte und vage Angaben über die Vertiefung seines christlichen Glaubens. So gab er an, dass er in der Schule christliche Freunde gehabt hätte, damals noch nicht vom Christentum überzeugt gewesen wäre, man hätte ihm jedoch das Christentum näher erklärt. Er wisse über das Christentum nur, dass es ein neues und ein altes Testament geben würde. Er hätte jedoch die Bibel schon gelesen. Befragt nach seiner christlichen Überzeugung, brachte er vor, er fühle sich psychisch ruhiger und glaube auf dem richtigen Weg zu sein. Geht man davon, dass sich der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2015 mit dem Christentum auseinandergesetzt hat und er in Griechenland seine zwei Asylanträge mit der Konversion vom Islam zum Christentum begründete, war sein Wissen über das Christentum zu diesem Zeitpunkt äußert rudimentär.

Aufgrund der bisherigen Ausführungen wären seitens des Beschwerdeführers, der mit dem islamischen Glauben sozialisiert wurde und sich als Erwachsener bewusst einer neuen Religion zugewendet haben will, jedoch fundierte, nachvollziehbare und substantiierte Ausführungen hinsichtlich seines bereits in Ägypten bestehenden Wunsche nach einem Glaubenswechsel zum Christentum zu erwarten gewesen, was dem Beschwerdeführer mit den obigen Angaben jedoch nicht gelungen ist. Einen inneren Leitungsprozess zu Glaubensfragen konnte der Beschwerdeführer nicht darlegen.

Der Beschwerdeführer vermittelte im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Eindruck, dass er sich mittlerweile vermehrt mit der Bibel, insbesondere mit den Schriften des Johannes auseinandergesetzt hat. Er könne zwar darlegen, dass er sonntags regelmäßig die Kirche besucht und donnerstags an der Taufvorbereitung über soziale Medien teilnimmt, jedoch konnte er nur in allgemeinen Stehsätzen darlegen, dass es für ihn im wichtig sei, dass wir die Liebe zu unseren Freunden, unseren Freunden und zu Jesus Christus. Dies sind zwar keineswegs zu verachtende Grundwerte der christlichen Religion, jedoch lassen diesen noch nicht den Rückschluss zu, dass sich eine Person tiefgründig mit dem Christentum und den christlichen Lehren auseinandergesetzt hat beziehungsweise den christlichen Glauben verinnerlicht hat.

Der Beschwerdeführer besucht derzeit die Taufvorbereitung. Im Rahmen der Verhandlung wurde der Pastor der arabischen christlichen Gemeinde „Freikirche Pfingstsonntag“, welcher die Taufvorbereitung des Beschwerdeführers leitet, im Rahmen der Verhandlung zeugenschaftlich einvernommen. Dass sich der Beschwerdeführer nicht tiefgründig mit dem Christentum auseinandergesetzt hat, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer in der Verhandlung nur über den Evangelisten Johannes berichtete. Der Zeuge gab an, dass derzeit das Johannes Evangelium in der Taufvorbereitung behandelt wird. Eine tiefgründige Auseinandersetzung hätte jedoch erwarten lassen, dass der Beschwerdeführer nicht ausschließlich über das in der Taufvorbereitung erlernte Wissen berichtete.

Darüber hinaus verwendete der Beschwerdeführer im Rahmen der Verhandlung einen Notizblock aus diesem er zum Teil vorließ. Nachdem dem erkennenden Richter dies aufgefallen war, wurde dem Beschwerdeführer der Notizblock mit dem Einverständnis des Beschwerdeführers sowie seiner Rechtsvertretung abgenommen, kopiert und der Dolmetscher wurde beauftragt die Notizen auf Deutsch zu übersetzen. Der Rechtsvertreter vermeinte diesbezüglich, dass aus den vom Beschwerdeführer verwendeten Notizen ersichtlich sei, dass er sich mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt habe. Aus den Notizen des Beschwerdeführers wurden die zehn Gebote, die christlichen Feiertage, die Apostel, die Bestandteile der Bibel, sowie etwaige Fragen des Richters wie: warum sind sie Christ geworden?, was bedeutet Auferstehung?, Unterschied zwischen Islam und Christentum?, was bedeutet, Jesus ist der Sohn Gottes?, hatte Gott eine Gattin gehabt?; haben wir drei Götter?, notiert. Ebenfalls wurden zum Fluchtvorbringen Notizen aufgeschrieben wie: Fluchtgeschichte von Ägypten nach Österreich, wann habe ich meine christlichen Freunde kennengelernt; muss sagen, ich wurde gezwungen 5 Mal am Tag zu beten, kann nicht in die Kirche wegen meines Ausweises.

Durch die Antworten des Beschwerdeführers zum Fragenkomplex der Verinnerlichung des Christentums vermittelt der Beschwerdeführer lediglich den Eindruck, dass er sich mit dem Christentum zwar etwas auseinandergesetzt hat und ein wenig Grundwissen über die christliche Religion besitzt, jedoch vermittelt er den Eindruck das Wissen auswendig gelernt zu haben und sich nicht tiefgründig mit diesen Lehren auseinandergesetzt und den Inhalt wirklich verstanden hat. Im Zusammenhang mit der behaupteten Konversion und den vom Beschwerdeführer in der Verhandlung verwendeten Notizen ist abzuleiten, dass sich der Beschwerdeführer auf die vom Richter möglicherweise gestellten Fragen vorbereitet hat.

Doch auch die Aneignung von Wissen allein ist jedoch für eine tatsächliche glaubwürdige Konversion nicht ausreichend, sondern ist dafür eine Gesamtbetrachtung notwendig, aus der sich jedoch aus den dargelegten Gründen klar die Unglaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers ergibt.

Selbst der Zeuge, welcher die Taufvorbereitung des Beschwerdeführers leitet, gab in der mündlichen Verhandlung an, dass er keinen konkreten Eindruck über den Beschwerdeführer habe und er deshalb noch nicht getauft sei. Er wolle den Beschwerdeführer erst taufen, wenn er zu hundert Prozent überzeugt ist.

Es ist daher davon auszugehen, dass es lediglich um eine Scheinkonversion gehandelt hat.

Die unsubstantiierten, auswendig gelernten und vagen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung, welche ohne jeglichen inhaltlichen Aussagewert sind, lassen keine nachvollziehbaren Rückschlüsse auf eine tatsächliche Motivation zur Hinwendung des Beschwerdeführers zum christlichen Glauben zu. Gerade bei einer Person, welche sich einem neuen Glauben zugewendet hat und welche die im Herkunftsland verbotene und daher risikobehaftete Möglichkeit wahrnimmt, sich mit christlichen Glaubensfragen auseinanderzusetzen und den daraus resultierenden Wunsch nach einer Konversion hegt, müssen die Motive und entsprechende spirituellen Vorgänge jedoch mit zahlreichen Emotionen verknüpft und von großer Einprägsamkeit sein, sodass diese fundiert und umfassend darüber berichten kann.

Der erkennende Richter konnte sich vom Wissenstand des Beschwerdeführers hinsichtlich der Inhalte des christlichen Glaubens, dem Praktizieren dieses Glaubens und von diesem selbst sowie seiner Einstellung in der mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck verschaffen und kam zu dem Schluss, dass dieser für die Annahme einer tatsächlichen, ernsthaften Konversion nicht ausreichend ist. Die Ausführungen des Beschwerdeführers zeigten, wie sich das Verhältnis des Beschwerdeführers zum christlichen Glauben darstellt. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer sich intensiv mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt hat beziehungsweise im Falle einer Rückkehr nach Ägypten diesen Glauben praktizieren wird.

In diesem Zusammenhang wird nochmals darauf hingewiesen, dass der Pastor der christlich arabischen Gemeinde in Wien, welcher die Taufvorbereitung des Beschwerdeführers leitet, gegenwärtig sich noch keinen konkreten Eindruck machen konnte, dass der Beschwerdeführer den christlichen Glauben verinnerlicht hat und deshalb wurde der Beschwerdeführer auch noch nicht getauft.

Konversion bedeutet die Übernahme von neuen Glaubensgrundsätzen, religiösen Traditionen und Bräuchen sowie möglicherweise auch anderen Teilen der mit der fremden Religion verbundenen Kultur durch eine konvertierende Person. Die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Konversion zum Christentum sind aus den dargelegten Erwägungen nicht glaubwürdig.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sowohl die Gründe für die Ausreise aus Ägypten als auch die behauptete Konversion als unglaubwürdig waren.

 

2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl VwGH 07.06.2000, 99/01/0210).

Der Beschwerdeführer trat den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren auch nicht substantiiert entgegen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung verwies der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation hinsichtlich der Ausführungen zur Religionsfreiheit in Ägypten, insbesondere zur Situation von Christen und Konvertiten. Es ist festzuhalten, dass die Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Ausreisegründe sowie seiner behaupteten Konversion nicht glaubwürdig sind, er bislang nicht in das Blickfeld der ägyptischen Behörden geriet, weshalb ihm aus den dargelegten Gründen die Scheinkonversion in Österreich auch nicht zum Nachteil gereicht; der regelmäßige Besuch einer arabischen christlichen Gemeinde in Form von Gottesdienstbesuchen und der Besuch der Taufvorbereitung können sohin auch nicht als identitätsstiftend für den Beschwerdeführer erachtet werden. Überdies kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund der dargelegten Gründe zu einer Missionstätigkeit in Ägypten in der Lage ist oder ein Interesse an derartigen Aktivitäten hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides)

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“.

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB. VwGH E vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH E vom 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH E vom 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011).

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des Beschwerdeführers, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt zu werden nicht begründet ist.

Nach Ansicht des Richters sind im Falle des Beschwerdeführers die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem der in der GFK genannten Gründen nicht gegeben.

Das ausreisekausale Vorbringen des Beschwerdeführers und der von ihm geltend gemachte Grund der Konversion war in seiner Gesamtheit – wie in der Beweiswürdigung ausgeführt – nicht als glaubwürdig zu qualifizieren, weshalb es auch nicht der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen ist (vgl. VwGH 9.5.1996, Zl. 95/20/0380).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Zusammenhang mit einer noch nicht erfolgten, aber beabsichtigten Konversion zum Ausdruck gebracht, dass für die Beurteilung des Asylanspruches maßgeblich sei, ob der Asylwerber in seinem Heimatstaat in der Lage war, eine von ihm gewählte Religion frei auszuüben, oder ob er bei Ausführung seines inneren Entschlusses, vom Islam abzufallen und zum Christentum überzutreten, mit asylrelevanter Verfolgung rechnen müsse (VwGH 31.5.2001, Zl. 2001/20/0054).

Nachdem alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union bindenden normativen Vorgaben des Artikel 10 Abs. 1 b RL 2004/83 /eg, kann einem Flüchtling nicht mehr angesonnen werden, sich bei der Religionsausübung auf das sogenannte „forum internum" zu beschränken.

Asylbegehren, die auf Verfolgung mit religiösem Hintergrund gestützt werden, müssen so hin unter Berücksichtigung der unmittelbar anwendbaren Vorgaben des Artikel 10 Abs. 1 b RL 2004/83 /eg geprüft werden. Gemäß dieser Richtlinie muss so hin die öffentliche Ausübung (forum externum) des christlichen Glaubens in Lehre, Gottesdienst und Sakramentsverwaltung möglich sein.

Um von einer Asylrelevanz überhaupt ausgehen zu können, kommt es auf die Art der Ausübung des christlichen Glaubens in Ägypten an, sowie darauf, ob der Asylwerber bei der Ausübung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit asylrelevanter Gefährdung zu rechnen hat.

Es bedarf hinsichtlich einer etwaigen Gefährdung im Heimatland grundsätzlich der vollen richterlichen Überzeugung, dass jemand während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet aus ernsthafter, fester innerer Überzeugung zum christlichen Glauben übergetreten ist und für ihn dessen Ausübung auch bei angenommener Rückkehr eine besondere, identitätsprägende und unverzichtbare Bedeutung hat. Dazu genügt regelmäßig nicht, dass „ein Kläger in der mündlichen Verhandlung fragen zum Christentum fehlerfrei beantwortet, weshalb für eine Überzeugungsbildung prinzipiell alle Aspekte eines Falles in den Blick zu nehmen sind. Dazu können beispielsweise die Persönlichkeit und intellektuelle Disposition eines Ausländers, die Glaubhaftigkeit seines Vorfluchtvorbringens sowie der Zeitpunkt der Kontaktaufnahme zu einer christlichen Gemeinde in Relation zur Einreise in die Bundesrepublik und zum Datum der Asylantragsentscheidung zählen. Ebenfalls für die richterliche Überzeugungsbildung prinzipiell erkenntnisgeeignet sind das Selbstverständnis der christlichen Gemeinde bzw. die näheren Umstände ihrer Arbeit. So ist gerichtsbekannt, dass die Freie evangelische Gemeinde Nürnberg ein Treffpunkt iranischer Asylwerber ist, der durch Mund-zu Mund-Propaganda mitgeteilt wird“ (VG Ansbach, U vom 05.12.2014 –AN 1 K 14.30550 5565537 zu Iran; vergleichbar VG Gießen, U.v.11.12.2014 – 3K 1598/14.GLA 5737602 zu Iran; VG Frankfurt/M., U.v.24.09.2014 – 1 K3593/13.F.A. 5481537 zu Iran; VG Wiesbaden, U.v. 20.08.2014 – 2 K 1111/12. WI.A 5465041 zu Pakistan).

Bei der Prüfung, ob tatsächlich Verfolgungsgefahr gegeben ist, sind sowohl objektive als auch subjektive Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Es kommt nicht ausschließlich auf den erfolgten Glaubensübertritt an, da dieser allein in der Regel noch nicht zu einer begründeten Verfolgungsfurcht führt. Bei Antragstellern, die unverfolgt aus dem Herkunftsstaat ausreisen, wird daher eine doppelte Prognose unter Würdigung der Gesamtumstände vorgenommen. Zu berücksichtigen ist das zu erwartende Verhalten des Antragstellers in seinem Herkunftsstaat und die voraussichtliche Reaktion der Behörden oder anderer Akteure. Maßgeblich für diese doppelte Prognose sind jedoch nicht detaillierte Kenntnisse über die Konversionsreligion und spielen diese bei der Entscheidung eine untergeordnete Rolle.

Basis der doppelten Prognose ist die Ernsthaftigkeit des religiösen Engagements, das sich durch ein Verhalten ausdrückt. Bescheinigungen über die Art, den Umfang und die Dauerhaftigkeit der Beteiligung des Antragstellers an den Aktivitäten der jeweiligen Kirchengemeinde geben darüber Aufschluss und sind zu berücksichtigen. Für die Überzeugung werden stets alle Aspekte des jeweiligen Falles - sowohl subjektive als auch objektive- in den Blick genommen (Sarah Bega, 410/Ursula Gräfin Praschma, AL 4, Entscheiderbrief des BMF 5/2015).

Aufgrund der zitierten aktuellen Judikatur ist der Schluss zu ziehen, dass aus der lediglich formalen, beziehungsweise zum Schein erfolgten Konversion zum christlichen Glauben – wie im gegenständlichen Fall vorliegt – ohne des Vorliegens einer exponierten Tätigkeit wie etwa missionarischer Aktivitäten, keine asylrechtlich relevante Gefährdung resultiert. Darüber hinaus ist der Beschwerdeführer nicht getauft.

Auch das Vorliegen eines Nachfluchtgrundes ist im gegenständlichen Fall zu verneinen.

Nach den getroffenen Feststellungen gibt es auch keine Anhaltspunkte, dass ägyptische Staatsangehörige, die aus dem Ausland in ihre Heimat zurückkehren, nunmehr asylrelevanten Verfolgungshandlungen ausgesetzt wären.

In der Gesamtschau sämtlicher Umstände und mangels Vorliegen einer aktuellen Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf Leben geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention betreffen die Abschaffung der Todesstrafe.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl. VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, mwN). Im Sinne einer mit der Statusrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004) konformen Auslegung des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist subsidiärer Schutz nur zu gewähren, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass ein Fremder bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, eine der drei in Art. 15 der Statusrichtlinie definierten Arten eines ernsthaften Schadens (Todesstrafe oder Hinrichtung [lit a], Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung [lit b] und ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit als Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes [lit c]) zu erleiden (vgl. VwGH 26.02.2020, Ra 2019/18/0486, mit Verweis auf die dort zitierte Rechtsprechung des EuGH).

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können aber besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaates im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen. In diesem Fall kann das reale Risiko der Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bereits in der Kombination der prekären Sicherheitslage und der besonderen Gefährdungsmomente für die einzelne Person begründet liegen (vgl. VwGH 26.02.2020, Ra 2019/18/0486, mwN).

Überdies ist im Rahmen einer Einzelfallprüfung die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer Verletzung von Art. 3 EMRK droht, weil der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. VwGH 21.05.2019, Ro 2019/19/0006, mwN). Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307, mwN).

Dem Beschwerdeführer droht in Ägypten keine Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung. Es droht ihm auch keine reale Gefahr, im Falle seiner Rückkehr entgegen Art. 3 EMRK behandelt zu werden. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzungen des Art. 3 EMRK - was in Ägypten aufgrund der Sicherheitslage grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden kann - ist hingegen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht ausreichend. Diese Lebensumstände betreffen sämtliche Personen, die in Ägypten leben und können daher nicht als Grund für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten herangezogen werden. So liegt hinsichtlich des Beschwerdeführers kein stichhaltiger Grund dafür vor anzunehmen, dass er bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat tatsächlich Gefahr liefe, die Todesstrafe oder Hinrichtung, die Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung zu erleiden oder einer ernsthaften individuellen Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt zu sein. Nachdem keine Gründe ersichtlich sind, die auf den Vorwurf einer Straftat, welche zur Verhängung der Todesstrafe, der Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat hindeuten könnte, ist ein "ernsthafter Schaden" iSd Art. 15 der Statusrichtlinie auszuschließen.

Ein bewaffneter Konflikt besteht in Ägypten ebenfalls nicht. Zwar ist die Sicherheitslage nicht mit jener in Österreich vergleichbar, jedoch erreichen die nach den einschlägigen Länderberichten vorgekommenen sicherheitsrelevanten Vorfälle nicht ein derart hohes Niveau, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen würden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Ägypten alleine durch seine Anwesenheit im Staatsgebiet und insbesondere in seiner Heimatstadt Al-Mansura, wo er über umfangreiche familiäre Anknüpfungspunkte verfügt, tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein. Risikoerhöhende Umstände im Hinblick auf den Beschwerdeführer wurden im Verfahren ebenfalls nicht (substantiiert) vorgebracht und wurde nicht dargelegt, dass er aufgrund seiner persönlichen Situation in Ägypten und den hiermit verbundenen Umständen spezifisch von willkürlicher Gewalt betroffen wäre. Solche Umstände sind im Verfahren auch nicht hervorgekommen.

Es kann auf Basis der Länderfeststellungen nicht davon ausgegangen werden, dass generell jeder im Falle einer Rückkehr nach Ägypten mit existentiellen Nöten konfrontiert ist.

Es wurden im Verfahren auch unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Beschwerdeführers keine (exzeptionellen) Umstände aufgezeigt, wonach im Falle seiner Rückkehr nach Ägypten die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall nicht gedeckt werden könnten. Er ist gesund und erwerbsfähig, zudem verfügt er über Berufserfahrung als Automechaniker und Wasserträger. Er hat die Schule absolviert und ein Jahr an der Universität Arabisch studiert. Darüber hinaus hat er in Gestalt seiner Kernfamilie, umfangreiche familiäre Anknüpfungspunkte in seinem Herkunftsstaat, wobei er regelmäßig zu seiner Mutter in Kontakt steht. Die Grundversorgung mit Trinkwasser, sanitärer Infrastruktur, Strom und Grundnahrungsmitteln ist insbesondere im urbanen Raum Ägyptens ebenso gewährleistet. Der Umstand, dass der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers in Ägypten möglicherweise bescheidener ausfallen mag als er in Österreich sein könnte, rechtfertigt nicht die Annahme, ihm wäre im Falle der Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten (vgl. VfGH 24.02.2020, E3683/2019; zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059).

Auch ergeben sich vor dem Hintergrund der aktuellen COVID-19-Pandemie keinerlei Rückführungshindernisse in Bezug auf den Beschwerdeführer, zumal er zudem angibt gegen COVID-19 bereits geimpft zu worden sein.

Aus den dargestellten Umständen ergibt sich somit, dass eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Ägypten nicht automatisch dazu führt, dass er in eine unmenschliche Lage bzw. eine existenzielle Notlage geraten und in seinen durch Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechten verletzt würde.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 57 AsylG abzuweisen war.

3.4. Zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Nachdem der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen war, hat sich die belangte Behörde zutreffend auf § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gestützt.

Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme.

Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben in Österreich oder auf dem Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

Zu prüfen wäre somit ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva u.a. gg Lettland, EuGRZ 2006, 554).

Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479 zu einem dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet, oder auch Erkenntnis vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247 zu einem zweijährigem Aufenthalt in Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war), des Verfassungsgerichtshofes (vgl. etwa Beschluss vom 29.11.2007, B 1958/07, wonach im Fall eines sich seit zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältigen Berufungswerbers die Behandlung der Beschwerde wegen Verletzung des Art. 8 EMRK abgelehnt wurde; ebenso Beschluss vom 26.04.2010, U 493/10 im Falle eines fünfjährigen Aufenthaltes) und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (vgl. etwa EGMR 08.04.2008, Nnyanzi v. UK, 21878/06) muss angesichts des lediglich etwa achtmonatigen Inlandsaufenthaltes des Beschwerdeführers davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung seines Aufenthaltes das Interesse an der Achtung seines Privat- und Familienlebens überwiegt.

Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK – aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaige wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Situation liegt jedoch im Fall des gesunden Beschwerdeführers, welcher überdies über eine universitäre Bildung und Berufserfahrung als auch über ein familiäres Netzwerk in seinem Herkunftsstaat verfügt, ebenfalls nicht vor.

Auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers stellt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine Stärkung seiner persönlichen Interessen dar, da der Verwaltungsgerichtshof davon ausgeht, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält, als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält (vgl. VwGH 26.04.2005, 2005/21/0063, mwN).

Angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers, seiner fehlenden Integration sowie des Umstandes, dass er in Österreich sowie auf dem Gebiet der Mitgliedstaaten kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben führt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass seine privaten Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen. Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht erwerbstätig, er bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und er spricht nur rudimentär Deutsch. Dies wurde in der Beschwerde auch nicht behauptet.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers darstellt.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.5. Zur Zulässigkeit der Ausweisung nach Ägypten (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. Bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Die mit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellenden Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG den Herkunftsstaat, ist mangels Vorliegens von Gründen, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig wäre, im vorliegenden Fall zulässig.

Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119; 25.09.2019, Ra 2019/19/0399; 16.05.2019, Ra 2018/21/0232).

Da die nach § 50 Abs. 1 FPG vorzunehmende Prüfung der Zulässigkeit der Abschiebung über die von der Prüfung des subsidiären Schutzes erfassten Bereiche hinausgeht, ist in diesem Zusammenhang auch zu prüfen, ob die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Ägypten eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeutet, weil sonstige ernste Schäden aufgrund allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsstaat dem Beschwerdeführer drohen, etwa, dass der Beschwerdeführer dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht decken kann. Diese - bislang im Rahmen der Prüfung des subsidiären Schutzes vorgenommene Prüfung - ist im Sinne des Erkenntnisses VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, nunmehr in diesem Rahmen vorzunehmen, wobei die bisherige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu gegenständlicher Fragestellung ungeachtet des Erkenntnisses VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, anzuwenden ist. Daher ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass der Beschwerdeführer arbeitsfähig ist, an keinen lebensbedrohlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet und auch in Ägypten über Familienangehörige verfügt, die ihm ausreichenden Schutz und Unterstützung angedeihen lassen werden. Selbst wenn keine Unterstützung durch Familienangehörige bei einer Rückkehr bestünde, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr in nach Ägypten jedenfalls einen zumindest bescheidenen Lebensunterhalt verdienen wird und somit auch selbsterhaltungsfähig wäre. Auch hat der Beschwerdeführer keine exzeptionellen Umstände vorgebracht, die darauf schließen ließen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in nach Ägypten einer Art 3 EMRK widersprechenden Situation ausgesetzt werden könnte, weil Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer in Österreich allenfalls wirtschaftlich gegenüber einer Situation in Ägypten bessergestellt ist, genügt für die Annahme, er würde in Ägypten keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, nicht. Es fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs. 2 FPG, da dem Beschwerdeführer keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.

Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in nach Ägypten erfolgte daher zu Recht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 52 Abs. Abs. 9 FPG abzuweisen war.

3.6. Zur Frist einer freiwilligen Ausreise (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemäß § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Vom Gesetz sind grundsätzlich 14 Tage für die freiwillige Ausreise vorgesehen (vgl EBRV zu § 55 Abs. 2 FPG idF FrÄG 2011, 1078 BlgNR 24. GP , 30). Bei den in § 55 Abs. 2 und 3 FPG idF FrÄG 2011 genannten "besonderen Umständen", die gegebenenfalls im Rahmen der gebotenen Abwägung zu einer Festsetzung der Frist für die freiwillige Ausreise über 14 Tage hinausführen können, kann es sich nur um solche handeln, die bei der Regelung der persönlichen Verhältnisse im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Organisation der freiwilligen Ausreise zu berücksichtigen sind (vgl. VwGH 16.05.2013, 2012/21/0072-0074). Solche "besonderen Umstände" wurden weder vom Beschwerdeführer behauptet, noch in der Beschwerde vorgebracht. Im gegenständlichen Verfahren sind auch keine solchen "besonderen Umstände" hervorgekommen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes VI. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

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