BVwG W104 2235626-1

BVwGW104 2235626-122.12.2020

B-VG Art133 Abs4
Erzeuger-Rahmenbedingungen-Verordnung §13
Erzeuger-Rahmenbedingungen-Verordnung §7
MOG 2007 §19 Abs2
MOG 2007 §19 Abs7
MOG 2007 §6
MOG 2007 §7
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2020:W104.2235626.1.00

 

Spruch:

 

W104 2235626-1/2E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Baumgartner über die Beschwerde der XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich I der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 24.1.2020, AZ 19294/I/I/I/Pf/Br, nach Beschwerdevorentscheidung vom 26.8.2020, AZ 20174/I/I/I, betreffend den Widerruf der Anerkennung als Erzeugerorganisation mit Wirksamkeit ab 28.8.2017 zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und die Beschwerdevorentscheidung vom 26.8.2020, AZ 20174/I/I/I, ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) vom 19.12.2008, AZ LE.4.3.4/0018-I/2/2008, wurde die Beschwerdeführerin als Erzeugerorganisation anerkannt.

2. Am 10.5.2017 führte die belangte Behörde gemäß § 13 Erzeuger-Rahmenbedingungen-Verordnung idF. BGBl. II Nr. 326/2015 eine Überprüfung der Voraussetzungen für die Anerkennung als Erzeugerorganisation in den Betriebsräumlichkeiten der Beschwerdeführerin durch. Dabei wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin keine ausreichenden nachvollziehbaren Aufzeichnungen im Bereich der Überprüfung der Andienungsverpflichtung angefertigt hat und nach den derzeitigen vertraglichen Regelungen durch die Erzeugerorganisation nicht gewährleistet ist, dass lediglich aktive Erzeuger an der Entscheidungsfindung über den Betriebsfonds teilnehmen. Weiter wurden keine schriftlichen Vereinbarungen hinsichtlich der Übernahme von Erzeugnissen durch Übernahmestellen geschlossen. Dennoch wurde im Zuge dieser Kontrolle festgestellt, dass die gemäß § 7 Erzeuger-Rahmenbedingungen-Verordnung festgelegten Voraussetzungen für die Anerkennung von Erzeugerorganisationen durch die Beschwerdeführerin nach wie vor erfüllt werden.

3. Mit Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich I der AMA vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, wurde gegenüber der Beschwerdeführerin festgestellt, dass die mit Bescheid des BMLFUW vom 19.12.2008, AZ LE.4.3.4/0018-I/2/2008, erteilte Anerkennung als Erzeugerorganisation weiter aufrecht bleibt, da die gemäß § 7 Erzeuger-Rahmenbedingungen-Verordnung idF. BGBl. II Nr. 326/2015 normierten Anerkennungskriterien noch immer gegeben seien (Spruchpunkt I.).

Gleichzeitig wurde der Bescheid des BMLFUW vom 19.12.2008, AZ LE.4.3.4/0018-I/2/2008, dahingehend richtiggestellt und abgeändert, dass der Spruch zu lauten habe „Der Erzeugerorganisation XXXX wird die Anerkennung als Erzeugerorganisation für ausschließlich zur Verarbeitung bestimmte Erzeugnisse erteilt“ (Spruchpunkt II.). Unter Spruchpunkt III. wurde der Beschwerdeführerin die Auflage erteilt, ab sofort bei allen aktiven Erzeugern nachvollziehbare Aufzeichnungen über die Erhebung der Flächen, die Kulturarten sowie die Kulturdichte anzufertigen und darauf basierend eine Ernteschätzung zu erstellen, sowie die tatsächlich angelieferten Mengen einer Saison bei mindestens 10 % der angeschlossenen Erzeuger mit der Ertragsschätzung und den durchschnittlich erzielbaren Mengen (aufgrund von Erfahrungswerten) abzugleichen. Im Falle von auffälligen Abweichungen seien die Gründe dafür festzustellen. Darüber seien Protokolle anzufertigen, aus denen hervorgehe, welche Prüfschritte gesetzt wurden und zu welchen Ergebnissen diese geführt haben. Bei der Feststellung von Unregelmäßigkeiten seien die in der Satzung vorgesehenen Sanktionen zu verhängen, was ebenfalls nachvollziehbar zu dokumentieren sei. Die Einhaltung dieser Auflage sei bis spätestens Ende des nächsten Erntejahres 2018 durch die Vorlage von Prüfprotokollen nachzuweisen, ein entsprechendes Prüfkonzept sei bis spätestens 31.10.2017 vorzulegen. Weiter wurde der Beschwerdeführerin unter Spruchpunkt IV. aufgetragen, in die Verträge der Erzeugerorganisation eine Regelung des Inhaltes aufzunehmen, dass lediglich der Wille aktiver (anliefernder) Mitglieder am demokratischen Entscheidungsprozess berücksichtigt werden dürfe, sofern es sich dabei um Entscheidungen über den Betriebsfonds handle. Die Einhaltung und Erfüllung dieser Auflage sei bis spätestens 31.12.2017 gegenüber der belangten Behörde durch die Übermittlung von entsprechenden Unterlagen nachzuweisen. Unter Spruchpunkt V. dieses Bescheides sprach die belangte Behörde aus, dass die Erzeuger verpflichtet seien, die Erzeugnisse an einer der insgesamt 20 Übernahmestellen abzuliefern. Da die Beschwerdeführerin keine schriftlichen Verträge mit diesen Übernahmestellen abgeschlossen habe, werde die Auflage erteilt, solche schriftlichen Vereinbarungen abzuschließen und der belangten Behörde bis spätestens 31.12.2017 vorzulegen.

Die Beschwerdeführerin wurde unter Spruchpunkt VI. dieses Bescheides darauf hingewiesen, dass die jeweiligen Auflagen als nicht erfüllt gelten, sollten die Nachweise laut den Spruchpunkten III. bis V. nicht erbracht werden. In diesem Fall habe die belangte Behörde ein Sanktionsverfahren gemäß Art. 59 VO (EU) 2017/891 (Art. 114 VO [EU] 543/2011) einzuleiten, was die Aussetzung der Anerkennung zur Folge habe.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin kein Rechtsmittel.

4. Mit E-Mail vom 20.10.2017 übermittelte die Beschwerdeführerin der AMA eine Stellungnahme der Rechtsabteilung des XXXX vom 17.10.2017 betreffend die Ergänzung der Geschäftsordnung für den Vorstand und bat die belangte Behörde um Mitteilung, ob die vorgeschlagene Ergänzung der Geschäftsordnung die unter Spruchpunkt IV. des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, erteilte Auflage erfülle. Weiter ersuchte die Beschwerdeführerin die belangte Behörde betreffend die Erfüllung der mit Spruchpunkt III. des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, erteilten Auflage (Vorlage eines Kontrollkonzeptes betreffend die Überprüfung der Andienungsverpflichtung) um Fristerstreckung bis 31.12.2017.

5. Die belangte Behörde teilte der Beschwerdeführerin mit E-Mail vom 20.10.2017 mit, dass die vorgeschlagene Ergänzung der Geschäftsordnung für den Vorstand ausreichend für die Erfüllung der unter Spruchpunkt IV. des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, erteilten Auflage sei. In einem gab die AMA dem Antrag auf Fristverlängerung hinsichtlich Spruchpunkt III. des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, statt und erstreckte die Frist bis zum 31.12.2017.

6. Mit E-Mail vom 14.12.2017 übermittelte die Beschwerdeführerin der AMA betreffend Spruchpunkt III. des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, ein Kontrollkonzept betreffend die Überprüfung der Andienungsverpflichtung samt ergänzenden Erläuterungen und Auswertungen für das Erntejahr 2017. Betreffend die Erfüllung der unter Spruchpunkt IV. dieses Bescheides erteilten Auflage übermittelte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde neuerlich die bereits mit E-Mail vom 20.10.2017 übermittelte Stellungnahme der Rechtsabteilung des XXXX vom 17.10.2017 betreffend die Ergänzung der Geschäftsordnung für den Vorstand und ersuchte die AMA um Mitteilung, ob die vorgeschlagene Ergänzung der Geschäftsordnung die erteilte Auflage erfülle. Hinsichtlich der unter Spruchpunkt V. des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, erteilten Auflage legte die Beschwerdeführerin mit vier Übernahmestellen geschlossene schriftliche Vereinbarungen vor.

7. Mit Warnschreiben gemäß Art. 59 VO (EU) 2017/891 vom 16.2.2018, AZ 18058/I/I/I/Pf, teilte die AMA der Beschwerdeführerin mit, dass die unter Spruchpunkt IV. des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, erteilte Auflage, wonach hinsichtlich der ausgelagerten Tätigkeiten der Übernahme und Lagerung der Erzeugnisse durch Übernahmestellen schriftliche Vereinbarungen betreffend diese Dienstleistungen abzuschließen und bis längstens 31.12.2017 vorzulegen seien, nicht erfüllt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe bislang lediglich vier Verträge fristgerecht vorgelegt, die den Vorgaben des Art. 13 VO (EU) 2017/891 jedoch nicht entsprechen würden. Insgesamt habe die Beschwerdeführerin der unter Spruchpunkt IV. des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, erteilten Auflage nicht entsprochen und keinerlei Nachweis darüber erbracht, dass die Erzeugerorganisation Einfluss auf die von ihr ausgelagerten Tätigkeiten habe und weiterhin für diese voll verantwortlich sei. Die Beschwerdeführerin wurde in Entsprechung von Art 59 Abs. 4 VO (EU) 2017/891 aufgefordert, binnen einer Frist von vier Monaten ab rechtswirksamer Zustellung des gegenständlichen Warnschreibens alle bestehenden mündlichen Vereinbarungen mit den bekannt gegebenen Übernahmestellen der Dienstleister in schriftlicher Form vorzulegen, wobei sämtliche Verträge den Bestimmungen des Art 13 VO (EU) 2017/891 entsprechen müssten. Für den Fall der Nichtbeachtung der Anerkennungskriterien innerhalb der gesetzten Frist verwies die belangte Behörde auf Art. 59 Abs. 4 ff VO (EU) 2017/891 , wonach die Zahlungen zu den jährlichen Beihilfebeträgen ausgesetzt und in der Folge gekürzt werden.

8. Mit E-Mail vom 12.6.2018 übermittelte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde 28 Dienstleistungsverträge betreffend Warenübernahme und Lagerung.

9. Die belangte Behörde bestätigte den Eingang der Dienstleistungsverträge mit E-Mail vom 12.6.2018 und wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass einer der übermittelten Vereinbarungen der eigentliche Vertragspartner nicht entnommen werden könne. Es werde daher ersucht, diesen Vertrag entsprechend zu ergänzen und neuerlich vorzulegen.

10. Am 28.11.2018 sowie am 29.11.2018 fand am Betrieb der Beschwerdeführerin eine Vor-Ort-Kontrolle betreffend die Genehmigung operationeller Programme bei Erzeugerorganisationen im Sektor Obst und Gemüse durch das Referat 10 der AMA statt. Im Zuge dieser Überprüfung wurde festgehalten, dass die Anerkennungskriterien für die Erzeugerorganisation laut Bescheid vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, erfüllt seien.

11. Mit E-Mail vom 15.4.2019 wies die AMA die Beschwerdeführerin darauf hin, dass ihr mit Bescheid vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, unter Spruchpunkt III. aufgetragen worden sei, bis zum Ende des Erntejahres 2018 (sohin bis längstens 31.12.2018) hinsichtlich 10 % der aktiven Mitglieder Unterlagen zu Betriebskontrollen entsprechend dem am 14.12.2017 vorgelegten Kontrollkonzept vorzulegen. Derartige Unterlagen seien der AMA bislang nicht vorgelegt worden. Die Beschwerdeführerin werde daher aufgefordert, dies binnen einer Woche nachzuholen, widrigenfalls ein Sanktionsverfahren eingeleitet werden müsse.

12. Die Beschwerdeführerin übermittelte der AMA mit E-Mail vom 16.4.2019 eine Soll-/Ist-Auswertung betreffend die Ernte 2018 und teilte mit, dass die Anlagenspiegel der Mitglieder in der nächsten Woche postalisch übermittelt würden.

13. Am 17.4.2019 teilte die AMA der Beschwerdeführerin zu den bislang vorgelegten Urkunden per E-Mail mit, dass die belangte Behörde in Hinblick auf eine bevorstehende Kontrolle durch die Europäische Kommission bestrebt sei, das Funktionieren der Kontrollmechanismen lückenlos und nachvollziehbar aufzuzeigen. Die vorgelegten Urkunden seien kein Nachweis von durchgeführten Betriebskontrollen bei den Mitgliedern der Beschwerdeführerin. Es seien zumindest hinsichtlich 10 % der Erzeuger Aufzeichnungen über die einzelnen Betriebskontrollen 2018 vorzulegen. Der Beschwerdeführerin wurde die Möglichkeit eingeräumt, derartige Unterlagen bis zum 26.4.2019 nachzureichen, widrigenfalls ein Sanktionsverfahren gemäß Art. 59 VO (EU) 2017/891 eingeleitet werde.

14. Mit E-Mail vom 25.4.2019 reichte die Beschwerdeführerin ergänzende Unterlagen betreffend die unter Spruchpunkt III. des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, erteilte Auflage nach.

15. Mit Warnschreiben gemäß Art. 59 Abs. 1 VO (EU) 2017/891 vom 9.5.2019, AZ 19138/I/I/I/Pf/Br, teilte die AMA der Beschwerdeführerin mit, dass diese der unter Spruchpunkt III. des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, erteilten Auflage betreffend die Andienungskontrolle, die bis Ende 2018 zu erfüllen gewesen sei, nicht entsprochen hätten. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die bislang vorgelegten Urkunden würden weder schriftliche Aufzeichnungen über getätigte Betriebskontrollen enthalten, noch seien die in den übermittelten Tabellen dargestellten Zahlen betreffend Ernteprognosen rechnerisch nachvollziehbar bzw. aus anderen Aufstellungen ableitbar. Den Unterlagen seien keine von der Beschwerdeführerin gesetzten Schritte oder entsprechende Erklärungen bei auffälligen Abweichungen zu entnehmen. Die Kontrolle der Andienungsverpflichtung sei als Grundlage für die daraus folgende Verifizierung des Selbstvermarktungsanteils der angeschlossenen Mitglieder und für die Ermittlung des Wertes der vermarkteten Erzeugung durchzuführen. Habe ein Mitgliedstaat festgestellt, dass eine Erzeugerorganisation eines der Anerkennungskriterien im Zusammenhang mit den Anforderungen nach Art. 5, Art. 7, Art. 11 Abs. 1 und 2 sowie Art. 17 VO (EU) 2017/891 nicht beachte, habe er der betreffenden Erzeugerorganisation spätestens zwei Monate, nachdem der Verstoß festgestellt wurde, ein Warnschreiben zu übermitteln. Der Beschwerdeführerin wurde in Entsprechung von Art. 59 Abs. 1 VO (EU) 2017/891 aufgetragen, binnen einer Frist von vier Monaten ab rechtswirksamer Zustellung des gegenständlichen Warnschreibens als Abwehrmaßnahme gegen den festgestellten Verstoß ein detailliertes Konzept vorzulegen, aus dem hervorgehe, wie in Zukunft die volle Kenntnis über die Erzeugung der angeschlossenen Mitglieder gewährleistet und nachweisbar durch schriftlich festgehaltene Prüfschritte (Prüfprotokoll) umgesetzt werde. Für den Fall der Nichtbeachtung der Anerkennungskriterien innerhalb gesetzten Frist werde auf Art. 59 Abs. 2 VO (EU) 2017/891 verwiesen, demgemäß die Anerkennung der Erzeugerorganisation für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten – gerechnet ab dem Eingang des Warnschreibens – ausgesetzt werden könne. Weiter werde auf die Aussetzung von Beihilfezahlungen gemäß Art. 59 Abs. 1 VO (EU) 2017/891 ab dem Zeitpunkt der Feststellung von Verstößen verwiesen.

16. Im Juli 2019 fand eine Kontrolle durch die Europäische Kommission am Betrieb der Beschwerdeführerin im Beisein der belangten Behörde statt.

17. Die belangte Behörde wies die Beschwerdeführerin mit E-Mail vom 6.9.2019 darauf hin, dass die Erfüllungsfrist von vier Monaten betreffend das Warnschreiben vom 9.5.2019 am 13.9.2019 ende.

18. Mit E-Mail vom 6.9.2020 übermittelte die Beschwerdeführerin der AMA ein Kontrollkonzept.

19. Die belangte Behörde teilte der Beschwerdeführerin mit E-Mail vom 9.9.2019 mit, dass die geforderten Unterlagen laut Warnschrieben vom 9.5.2019 fristgerecht übermittelt und die erforderliche Abwehrmaßnahme zur Behebung des festgestellten Verstoßes gesetzt worden sei. Die mit Zustellung des Warnschreibens eingetretene Aussetzung der Beihilfezahlungen gemäß Art. 59 Abs. 2 VO (EU) 2017/891 trete daher ab sofort außer Kraft. Die Überprüfung der Umsetzung des vorgelegten Kontrollkonzeptes durch die AMA habe gemäß Art. 27 Abs. 1 VO (EU) 2017/892 im Laufe des nächsten Jahres zu erfolgen.

20. Mit E-Mail vom 8.10.2019 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, dass ab 22.10.2019, 8.30 Uhr eine Vor-Ort-Kontrolle der Voraussetzungen der Anerkennung als Erzeugerorganisation in ihren Büroräumlichkeiten in der Dauer von zwei bis drei Tagen stattfinden werde, und ersuchte vorab um Übermittlung diverser Unterlagen bis längstens 17.10.2019.

21. Am 9.10.2019 ersuchte die AMA die Beschwerdeführerin um Bestätigung des Prüfungstermins.

22. Die Beschwerdeführerin bestätigte den Termin für die Vor-Ort-Kontrolle mit E-Mail vom 9.10.2019.

23. Mit E-Mail vom 14.10.2019 teilte die AMA der Beschwerdeführerin mit, dass die für 22.10.2019 angesetzte Vor-Ort-Kontrolle abberaumt werde. Eine weitere Kontrolle betreffend die Anerkennung finde im nächsten Jahr statt.

24. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 24.1.2020, AZ 19294/I/I/I/Pf/Br, änderte die belangte Behörde den Bescheid vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, unter Berufung auf § 19 Abs. 2 MOG 2007 dahingehend ab, dass Spruchpunkt I. zu lauten habe: „Es wird gegenüber der Erzeugerorganisation XXXX festgestellt, dass die laut Bescheid vom 19.12.2008 erteilte Anerkennung als Erzeugerorganisation im Falle der fristgerechten Setzung der Abhilfemaßnahmen laut Spruchteil Ill. weiter aufrecht bleibt“ (Spruchpunkt 1.). Spruchpunkt II. des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, wurde dahingehend abgeändert, dass er in seinem letzten Satz zu lauten habe: „Die Einhaltung dieser Auflage ist bis spätestens 28. August 2018 durch die Vorlage von Prüfprotokollen nachzuweisen, ein entsprechendes Prüfkonzept ist bis spätestens 31.10.2017 vorzulegen“ (Spruchpunkt 2.). Weiter wurde der Bescheid vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, in seinem Spruchpunkt VI. dahingehend abgeändert, dass er laute: „Sollten die Nachweise laut den Punkten Ill. bis V. nicht erbracht werden, so gelten die jeweiligen Auflagen als nicht erfüllt und hat die erkennende Behörde ein Sanktionsverfahren gemäß Art 59 Abs. 3 VO (EU) 2017/891 (Art. 114 VO (EU) 543/2011 ) einzuleiten“ (Spruchpunkt 3.). Weiter wurde das Warnschrieben vom 9.5.2019, AZ 19138/I/I/I/Pf/Br, ersatzlos behoben (Spruchpunkt 4.) und die Anerkennung als Erzeugerorganisation gegenüber der Beschwerdeführerin gemäß Art. 59 Abs. 3 VO (EU) 2017/891 mit Wirksamkeit ab 28. August 2017 widerrufen (Spruchpunkt 5.).

Begründend führte die belangte Behörde entscheidungswesentlich aus, der Beschwerdeführerin sei in Entsprechung von Art. 59 Abs. 1 VO (EU) 2017/891 mit Bescheid vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, die weitere Anerkennung als Erzeugerorganisation unter der Bedingung bestätigt worden, dass sie ab sofort nachvollziehbare Andienungskontrollen durchführen und innerhalb einer Frist von zwei Monaten ein Kontrollkonzept zur Andienungsverpflichtung vorlegen und die Umsetzung desselben bis 31.12.2018 nachweisen werde. Dies habe hinsichtlich des Verstoßes der Andienungskontrolle einer Fristsetzung gemäß Art. 59 Abs. 2 VO (EU) 2017/891 zur Setzung von Abhilfemaßnahmen entsprochen. Die Beschwerdeführerin habe innerhalb der gesetzten Frist weder ein Konzept zur Kontrolle der Andienung vorgelegt, noch Unterlagen übermittelt, die die sofortige Umsetzung eines allfälligen Konzeptes und die Durchführung tatsächlicher Kontrollen und Abgleiche der Ertragsschätzung mit der Anlieferung nachvollziehbar darlegen würden. Gemäß § 19 Abs. 2 MOG seien Bescheide von Amts wegen aufzuheben oder abzuändern, soweit dies zur Erfüllung unionsrechtlicher Vorgaben erforderlich sei. Unter Verweis auf Art. 59 Abs. 1 bis 3 VO (EU) 2017/891 führte die belangte Behörde aus, derartige Verstöße bei der Andienungsverpflichtung seien nach den EU-rechtlichen Vorgaben innerhalb der von der VO (EU) 2017/891 normierten Frist zu sanieren, die Abhilfemaßnahmen umzusetzen und die Anerkennungskriterien zu erfüllen. Die Anerkennungskriterien betreffend die Andienungskontrolle seien daher innerhalb von maximal zwölf Monaten ab Feststellung des Verstoßes – sohin bis spätestens 28.8.2018 – zur Gänze zu erfüllen gewesen. Der Beschwerdeführerin sei demnach unionsrechtswidrig eine längere als in den gesetzlichen Grundlagen vorgesehene Frist eingeräumt worden. Der Bescheid vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, sei daher in seinem Spruchpunkt III. abzuändern und die die gesetzlich zulässige Frist anzuführen gewesen. Gemäß Art. 59 Abs. 2 VO (EU) 2017/891 trete die Aussetzung der Anerkennung ex lege mit dem ungenutzten Ablauf der Frist zur Setzung von geeigneten Abhilfemaßnahmen ein. Da binnen zwei Monaten kein Konzept zur Andienung vorgelegt worden sei und selbst in der von der belangen Behörde daraufhin weiter eingeräumten unionsrechtswidrigen längeren Behebungsfrist keine Abhilfemaßnahmen durch die Beschwerdeführerin gesetzt worden seien, sei gemäß den unionsrechtlich zwingenden Fristen für die Setzung von Abhilfemaßnahmen der Bescheid vom 28.8.2017 entsprechend abzuändern gewesen. Das Warnschreiben vom 9.5.2019 sei wegen der bereits verstrichenen gesetzlich vorgesehenen Erfüllungsfristen zu beheben und die Anerkennung daher zu widerrufen gewesen. Aufgrund der Bestimmung des § 19 Abs. 2 MOG 2007 könne die AMA Bescheide aufheben oder abändern, wenn dies zur Erfüllung unionsrechtlicher Vorgaben erforderlich sei. Da die Beschwerdeführerin seit August 2017 bis September 2019 keine geeigneten Abwehrmaßnahmen gesetzt habe und damit weit über der unionsrechtlich vorgesehenen Frist von maximal zwölf Monaten zur Sanierung von Verstößen geblieben sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Durch diese Vorgehensweise werde ein dem EU-Recht entsprechender Zustand durch die belangte Behörde hergestellt.

25. Mit Schreiben vom 24.1.2020, AZ 20018/I/1/1/Bru, teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid mit, dass die sich daraus ergebende Konsequenz der Rückforderung gewährter Beihilfen noch Gegenstand weiterer Bemühungen sei. Diese Thematik werde im Rahmen eines bilateralen Gesprächs mit der Europäischen Kommission im Mai 2020 angesprochen werden.

26. Gegen den Bescheid vom 24.1.2020, AZ 19294/I/I/I/Pf/Br, richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 20.2.2020, in der im Wesentlichen vorgebracht wird, die Beschwerdeführerin sei sämtlichen Aufträgen und Weisungen der belangten Behörde fristgerecht nachgekommen. Ausschlaggebend für den angefochtenen Abänderungsbescheid sei ein zuvor ergangener Prüfbericht der Europäischen Kommission gewesen, welchen die belangte Behörde im Juli 2019 erhalten habe. In diesem Prüfbericht seien Verfahrensfehler durch die belangte Behörde beanstandet und insbesondere bemängelt worden, dass die AMA innerhalb von zwölf Monaten – sohin bis August 2018 – die Auflagen überprüfen hätte müssen. Dem sei die belangte Behörde nicht fristgerecht nachgekommen. Dieser Verfahrensfehler der belangten Behörde werde nunmehr auf die Beschwerdeführerin abgewälzt. Die Beschwerdeführerin befürchte einen gravierenden Schaden, der sich aus der drohenden Rückzahlungsverpflichtung bereits überwiesener Fördergelder, der noch ausständigen Abrechnung aus dem Jahr 2019 sowie dem geplanten laufenden Programm 2020 zusammensetze. Die belangte Behörde habe durch den Bescheid vom 28.8.2017 und die anschließende Korrespondenz eine Willensäußerung abgegeben, die erkennen lasse, bis wann gewisse Unterlagen abzugeben seien. Die Beschwerdeführerin habe dieser Willensäußerung der belangten Behörde entsprochen. Es stehe ihr daher diesbezüglich Vertrauensschutz zu, zumal die Beschwerdeführerin weder einen Irrtum der Behörde erkennen habe müssen, noch vorzuplanen habe, dass allenfalls die Bezug habenden Regelungen durch die belangte Behörde rückwirkend abgeändert werden. Auch das Gebot der Rechtssicherheit, das insbesondere bei rückwirkenden Änderungen zu tragen komme, sei vor allem bei Vorschriften, die finanzielle Konsequenzen haben, von Bedeutung. Die Beschwerdeführerin habe fristgerecht innerhalb der von der belangten Behörde im Bescheid vom 28.8.2017 festgesetzten Zeitspanne alle Informationen und Unterlagen zur Verfügung gestellt. Die belangte Behörde habe jedoch selbst verspätet weitere bzw. detailliertere Fragen zu diesen Informationen und Unterlagen eingefordert. Diese Informationen seien wiederum fristgerecht innerhalb der von der belangten Behörde festgelegten Frist erfolgt. Mit dem angefochtenen Bescheid sei die Frist zur Erfüllung der Anerkennungskriterien betreffend die Andienungskontrolle rückwirkend verkürzt worden, da die belangte Behörde der Beschwerdeführerin eine längere als in der VO (EU) 2017/891 vorgesehene Frist eingeräumt worden sei. Dies habe zur Folge, dass der Beschwerdeführerin die erwarteten Beihilfen überhaupt nicht mehr ausgezahlt werden, obwohl sie sämtlichen Aufträgen fristgerecht und vollständig nachgekommen sei. Weiter sei zu erwarten, dass der Beschwerdeführerin noch rückwirkend eine Rückzahlung der bislang erhaltenen Beihilfen auferlegt werde. Durch den angefochtenen Bescheid werde insbesondere auch die Frist für die Erfüllung der Anerkennungskriterien für das zurückliegende Erntejahr 2018 dahingehend abgeändert, dass sämtliche Dokumente bis 28.8.2018 vorzulegen gewesen wären. Mangels rechtzeitiger Information durch die belangte Behörde sei es der Beschwerdeführerin im Erntejahr 2018 nicht möglich gewesen, diese Fördervoraussetzung zu erfüllen. Es sei unstatthaft, dass rückwirkend ohne rechtzeitige Information Voraussetzungen für die Beihilfengewährung, die zum Verlust der Beihilfen führen, abgeändert werden. Die Beschwerdeführerin treffe überhaupt kein Verschulden, da diese sämtliche Weisungen und Aufträge seitens der belangten Behörde fristgerecht erfüllt habe und diesen stets nachgekommen sei. Der bekämpfte Bescheid sei daher jedenfalls rechtswidrig und daher ersatzlos zu beheben. Zum Beweis ihres Vorbringens legte die Beschwerdeführerin ein Konvolut an Unterlagen vor.

27. Mit Bescheid vom 26.8.2020, AZ 20174/I/I/I, erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung, gab der Beschwerde statt und behob den angefochtenen Bescheid vom 24.1.2020, AZ 19294/I/I/I/Pf/Br (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. änderte die belangte Behörde den Bescheid vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, dahingehend ab, dass dieser in seinem Spruchpunkt I. zu lauten habe: „Es wird gegenüber der Erzeugerorganisation ,, XXXX festgestellt, dass die gemäß§ 7 VO BGBI. II Nr. 326/2015 normierten Anerkennungskriterien nicht gegeben sind und daher die laut Bescheid vom 19.12.2008 erteilte Anerkennung als Erzeugerorganisation nicht weiter bestätigt werden kann.“ Das Warnschreiben vom 9.5.2019, AZ 19138/1/1 /1, wurde gemäß § 19 Abs. 2 MOG 2007 ersatzlos behoben (Spruchpunkt III.) und die Anerkennung als Erzeugerorganisation gegenüber der Beschwerdeführerin gemäß Art. 59 Abs. 3 VO (EU) 2017/891 mit Wirksamkeit ab 28.8.2017 widerrufen (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die fristgerecht erhobene Beschwerde verweise zu Recht darauf, dass zwischen dem Inhalt des positiven Anerkennungsbescheides vom 28.8.2017 und der darin getroffenen Feststellung, die Anerkennungskriterien seien erfüllt, sowie dem Inhalt des nunmehr behobenen Bescheides vom 24.1.2020, dies sei nicht der Fall gewesen, ein Widerspruch bestehe. Der Bescheid vom 24.1.2020 sei daher zu beheben gewesen. Mangels der erforderlichen unionsrechtlichen Voraussetzungen habe die Bestätigung der Anerkennung als Erzeugerorganisation mit Bescheid vom 28.8.2017 nicht ausgesprochen werden dürfen. Es seien daher sämtliche auf dieser damaligen Rechtsansicht aufbauenden Bescheide gemäß § 19 Abs. 2 MOG 2007 aufzuheben gewesen. Wenn derartige Bescheide aufgehoben werden können, liege es auf der Hand, dass auch damit im Zusammenhang stehende Handlungen und Mitteilungen der Behörde, die auf dieser unrichtigen Rechtsansicht aufbauen, als gegenstandslos anzusehen seien (zB. E-Mail an den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin vom 9.9.2019). Daher sei der rechtswidrige Ausspruch über das Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzungen im Bescheid vom 28.8.2017 abzuändern gewesen.

Unter Verweis auf Art. 59 VO (EU) 2017/891 führte die belangte Behörde weiter aus, dass im gegenständlichen Fall als Abhilfemaßnahme angeordnet worden sei, darzulegen, auf welche Art und Weise ab sofort die Flächen, Kulturarten und die Anbaudichte der Kulturpflanzen stichprobenartig geprüft, bei mindestens 10 % der Erzeuger vermessen werden und ein Abgleich der angelieferten Mengen mit erzielbaren Durchschnittserträgen erfolgt. Es werde bei der Feststellung des Verstoßes klargestellt, dass keine ausreichenden Flächen- und Anbaukontrollen durchgeführt wurden, und nicht, dass lediglich ein Konzept dazu fehle. Die Erstellung eines Konzeptes sei für sich genommen offensichtlich nicht ausreichend, um das Anerkennungskriterium der Andienungskontrolle zu sanieren. Insgesamt ergebe sich daher zwingend, dass zur Wiederherstellung des Anerkennungskriteriums Andienungskontrolle über die Erstellung eines Konzeptes hinaus auch noch dessen Umsetzung erforderlich sei. Es sei auch angeordnet worden, die Kontrolle der Andienungsverpflichtung der Erzeuger gegenüber der belangten Behörde bis Ende 2018 nachzuweisen. Im vorliegenden Fall sei zwar innerhalb der aufgetragenen Frist ein Konzept zur Kontrolle der Andienung vorgelegt, aber keine Unterlagen übermittelt worden, welche die sofortige Umsetzung eines allfälligen Konzeptes und die Durchführung tatsächlicher Kontrollen und Abgleiche der Ertragsschätzung mit der Anlieferung nachvollziehbar darlegen würden. Selbst mit der Beschwerde seien keinerlei Unterlagen vorgelegt worden, die eine derartige verpflichtende Kontrolle belegen würden.

Der Bescheid vom 28.8.2017 sei in seinem Spruchteil I. unionsrechtswidrig, da die Erfüllung der Anerkennungsvoraussetzungen bestätigt worden sei, obwohl diese nicht gegeben gewesen seien. Es mangle nach wie vor am Kriterium der Andienungskontrolle, weil die Beschwerdeführerin nachweislich keine tatsächlichen Schritte unternommen habe, ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Andienungskontrolle nachzugehen. Die Beschwerdeführerin habe keine Nachweise zur Andienungspflicht erbracht. Erst aufgrund einer Nachfrage im April 2019 betreffend die abgelaufene Vorlagefrist mit Ende 2018 habe die Beschwerdeführerin völlig verspätet unvollständige Unterlagen übermittelt. Das Vorliegen dieser Anerkennungsvoraussetzung sei mangels Vorlage geeigneter Beweismittel zu keinem Zeitpunkt fristgerecht nachgewiesen worden. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften obliege den Erzeugerorganisationen aber unabhängig von einer Aufforderung durch die Behörde (Hinweis auf Art. 160 VO [EU] 1308/2013 iVm. Art 7 VO [EU] 2017/891).

Das Warnschreiben vom 9.5.2019 sei wegen der bereits verstrichenen gesetzlich vorgesehenen Erfüllungsfristen zur Behebung von festgestellten Verstößen wegen Gesetzwidrigkeit zu beheben gewesen.

Die AMA könne nach § 19 Abs. 2 MOG 2007 Bescheide aufheben oder abändern, wenn dies zur Erfüllung unionsrechtlicher Vorgaben erforderlich sei. Da die Beschwerdeführerin seit August 2017 bis September 2019 keine geeigneten Abwehrmaßnahmen gesetzt habe und damit weit über der unionsrechtlich vorgesehenen Frist zur Sanierung von Verstößen geblieben sei, sei die Anerkennung zu widerrufen gewesen. Durch diese Vorgehensweise werde ein dem EU-Recht entsprechender Zustand hergestellt.

28. Mit Vorlageantrag vom 11.9.2020 beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Ergänzend führte die Beschwerdeführerin aus, die belangte Behörde habe die Beschwerdevorentscheidung mit 31.8.2020 und damit nach Ablauf der Frist für eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 19 Abs. 7 MOG 2007 erlassen, was eine Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Folge habe. Die außerhalb der Entscheidungsfrist erlassene Beschwerdevorentscheidung sei mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde belastet und bereits aus diesem Grund ersatzlos aufzuheben.

Im Übrigen sei die Beschwerdevorentscheidung unabhängig von der Unzuständigkeit der belangten Behörde rechtswidrig. Es sei unrichtig, dass die mit Spruchpunkt III. des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, erteilte Auflage einer Fristsetzung gemäß Art. 59 Abs. 2 VO (EU) 2017/891 zur Setzung von Abhilfemaßnahmen entsprochen habe. Die belangte Behörde habe die Übermittlung eines eingeschriebenen Warnschreibens gemäß Art. 59 Abs. 1 VO (EU) 2017/891 vielmehr verabsäumt. Ein entsprechendes Warnschreiben sei erst am 9.5.2019 von der belangten Behörde verfasst worden. Mit diesem Warnschreiben sei der Beschwerdeführerin aufgetragen worden, binnen vier Monaten ab Zustellung des Warnschreibens vom 9.5.2019 – sohin bis zum 13.9.2019 – ein Prüfkonzept sowie ein Prüfprotokoll vorzulegen. Weiter sei in diesem Schreiben darauf hingewiesen worden, dass für den Fall der Nichtbeachtung innerhalb der gesetzten Frist die Anerkennung für bis zu zwölf Monate beginnend ab Zustellung des Warnschreibens ausgesetzt werden könne. Die Beschwerdeführerin habe die geforderten Unterlagen fristgerecht vorgelegt, was die belangte Behörde mit E-Mail vom 9.9.2019 auch bestätigt habe.

Der Widerruf einer Anerkennung sei gemäß § 59 Abs. 3 VO (EU) 2017/891 nur zulässig, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 1 und Abs. 2 VO (EU) 2017/891 kumulativ vorliegen. Dies bedeute, dass die belangte Behörde zunächst ein eingeschriebenes Warnschreiben gemäß § 59 Abs. 1 VO (EU) 2017/891 erlassen müsse. Werden dann die Abhilfemaßnahmen nicht innerhalb der im Warnschreiben festgesetzten Frist getroffen, sei die Anerkennung auszusetzten. Erst, wenn auch die Anerkennungskriterien bis zum Ende des von der belangten Behörde festgelegten Aussetzungszeitraumes nicht erfüllt werden, sei der Widerruf der Anerkennung zulässig. Da das Warnschreiben betreffend die Prüfprotokolle und das Prüfkonzept gemäß Spruchpunkt III. des Bescheides vom 28.8.2017 erst mit 9.5.2019 – sohin verspätet – verfasst und mit 13.5.2019 zugestellt worden sei und die entsprechenden Abhilfemaßnahmen – wie von der Behörde mit E-Mail vom 9.9.2019 bestätigt – fristgerecht gesetzt bzw. erfüllt worden seien, würden die Voraussetzungen für einen Widerruf nicht vorliegen, zumal auch keine Aussetzung der Anerkennung erfolgt sei. Die belangte Behörde habe somit entgegen Art. 59 Abs. 3 VO (EU) 2017/891 grob rechtswidrig gehandelt. Es liege sowohl ein Verstoß gegen das Legalitätsprinzip, als auch gegen das Willkürverbot vor.

Selbst wenn man davon ausgehe, dass es sich bei den Spruchpunkten III. bis V. des Bescheides vom 28.8.2017 um ein unionsrechtskonformes Warnschreiben handle, was bestritten werde, fehle es für einen rechtmäßigen Widerruf an der dafür zwingenden Voraussetzung der Aussetzung einer Anerkennung bzw. der Festlegung eines Aussetzungszeitraumes für die Erfüllung der Anerkennungskriterien. Nur, wenn ein solcher gesetzt worden wäre und die Beschwerdeführerin die Anerkennungskriterien bis zum Ende des Aussetzungszeitraumes nicht erfüllt hätte, wäre ein Widerruf zulässig gewesen.

Im Übrigen habe die Beschwerdeführerin bereits vor der Erlassung des Bescheides vom 28.8.2017 Kontrollen bei ihren Mitgliedsbetrieben durchgeführt. Vertreter jener Mitgliedsbetriebe, bei denen Abweichungen festgestellt worden seien, seien persönlich vorgeladen und auch abgemahnt worden. Entsprechende Kontrollen seien auch betreffend die Erntejahre 2018 und 2019 durchgeführt worden. Insgesamt könne der Beschwerdeführerin nicht vorgeworfen werden, dass sie ihren Verpflichtungen betreffend die Andienungskontrolle nicht nachgekommen sei. Vielmehr habe sie ihre diesbezüglichen Pflichten bereits lange vor der Erlassung des Bescheides vom 28.8.2017 erfüllt. Auch den Auflagen gemäß Spruchpunkt IV. und Spruchpunkt V. des Bescheides vom 28.8.2017 habe die Beschwerdeführerin entsprochen.

Zudem sehe § 19 Abs. 2 MOG zwar vor, dass Bescheide zu den in §§ 7, 8 bis 8h und 10 angeführten Maßnahmen zusätzlich zu den in § 68 AVG angeführten Gründen von Amts wegen von der Behörde aufgehoben oder abgeändert werden können, soweit dies zur Erfüllung unionsrechtlicher Vorgaben erforderlich sei. Die Aberkennung bzw. der Widerruf als Erzeugerorganisation seien davon jedoch nicht erfasst. Auch sei eine rückwirkende und belastende Abänderung rechtskräftiger Entscheidungen in Hinblick auf das Prinzip der Rechtskraft jedenfalls unzulässig und stelle eine Verletzung des Vertrauensschutzes dar.

Zum Beweis ihres Vorbringens legte die Beschwerdeführerin ein Konvolut an Unterlagen vor.

29. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht am 1.10.2020 die Beschwerde, den Vorlageantrag und die zugehörigen Unterlagen des Verwaltungsverfahrens zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Mit Bescheid des BMLFUW vom 19.12.2008, AZ LE.4.3.4/0018-I/2/2008, wurde die Beschwerdeführerin als Erzeugerorganisation anerkannt.

1.2. Am 10.5.2017 führte die belangte Behörde gemäß § 13 Erzeuger-Rahmenbedingungen-Verordnung idF. BGBl. II Nr. 326/2015 eine Überprüfung der Voraussetzungen für die Anerkennung als Erzeugerorganisation in den Betriebsräumlichkeiten der Beschwerdeführerin durch. Dabei wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin keine ausreichenden nachvollziehbaren Aufzeichnungen im Bereich der Überprüfung der Andienungsverpflichtung angefertigt hat und nach den derzeitigen vertraglichen Regelungen durch die Erzeugerorganisation nicht gewährleistet ist, dass lediglich aktive Erzeuger an der Entscheidungsfindung über den Betriebsfonds teilnehmen. Weiter wurden keine schriftlichen Vereinbarungen hinsichtlich der Übernahme von Erzeugnissen durch Übernahmestellen geschlossen. Dennoch wurde im Zuge dieser Kontrolle festgestellt, dass die gemäß § 7 Erzeuger-Rahmenbedingungen-Verordnung festgelegten Voraussetzungen für die Anerkennung von Erzeugerorganisationen durch die Beschwerdeführerin nach wie vor erfüllt werden.

1.3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, wurde gegenüber der Beschwerdeführerin festgestellt, dass die Anerkennung als Erzeugerorganisation weiter aufrecht bleibt, da die gemäß § 7 Erzeuger-Rahmenbedingungen-Verordnung idF. BGBl. II Nr. 326/2015 normierten Anerkennungskriterien noch immer gegeben seien (Spruchpunkt I.). In Abänderung des Bescheides des BMLFUW vom 19.12.2008, AZ LE.4.3.4/0018-I/2/2008, wurde der Beschwerdeführerin die Anerkennung als Erzeugerorganisation für ausschließlich zur Verarbeitung bestimmte Erzeugnisse erteilt (Spruchpunkt II.). Der Beschwerdeführerin wurden drei Auflagen erteilt, für deren Erfüllung die belangte Behörde Fristen festlegte: Der Beschwerdeführerin wurde erstens aufgetragen, ab sofort bei allen aktiven Erzeugern nachvollziehbare Aufzeichnungen über die Erhebung der Flächen, die Kulturarten sowie die Kulturdichte anzufertigen und darauf basierend eine Ernteschätzung zu erstellen, sowie die tatsächlich angelieferten Mengen einer Saison bei mindestens 10 % der angeschlossenen Erzeuger mit der Ertragsschätzung und den durchschnittlich erzielbaren Mengen (aufgrund von Erfahrungswerten) abzugleichen und darüber Protokolle anzufertigen. Bei der Feststellung von Unregelmäßigkeiten seien die in der Satzung vorgesehenen Sanktionen zu verhängen, was ebenfalls nachvollziehbar zu dokumentieren sei. Die Einhaltung dieser Auflage sei bis spätestens Ende des nächsten Erntejahres 2018 durch die Vorlage von Prüfprotokollen nachzuweisen, ein entsprechendes Prüfkonzept sei bis spätestens 31.10.2017 vorzulegen (Spruchpunkt III.). Weiter wurde der Beschwerdeführerin die Auflage erteilt, in die Verträge der Erzeugerorganisation eine Regelung des Inhaltes aufzunehmen, dass lediglich der Wille aktiver (anliefernder) Mitglieder am demokratischen Entscheidungsprozess berücksichtigt werden dürfe, sofern es sich dabei um Entscheidungen über den Betriebsfonds handle. Die Einhaltung und Erfüllung dieser Auflage sei bis spätestens 31.12.2017 nachzuweisen (Spruchpunkt IV.). Der Beschwerdeführerin wurde zudem die Auflage erteilt, schriftliche Vereinbarungen mit den Übernahmestellen abzuschließen und der belangten Behörde bis spätestens 31.12.2017 vorzulegen (Spruchpunkt V.). Die Beschwerdeführerin wurde unter Spruchpunkt VI. darauf hingewiesen, dass die jeweiligen Auflagen als nicht erfüllt gelten, sollten die Nachweise laut den Spruchpunkten III. bis V. nicht erbracht werden. In diesem Fall habe die belangte Behörde ein Sanktionsverfahren gemäß Art. 59 VO (EU) 2017/891 (Art. 114 VO [EU] 543/2011) einzuleiten, was die Aussetzung der Anerkennung zur Folge habe. Dieser Bescheid vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, wurde rechtskräftig.

Mit E-Mail vom 20.10.2017 erstreckte die belangte Behörde die Frist für die Erfüllung der Auflage gemäß Spruchpunkt III. des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, bis 31.12.2017.

Am 14.12.2017 übermittelte die Beschwerdeführerin der AMA ein Kontrollkonzept betreffend die Überprüfung der Andienungsverpflichtung samt ergänzenden Erläuterungen und Auswertungen für das Erntejahr 2017, eine Stellungnahme der Rechtsabteilung des XXXX vom 17.10.2017 betreffend die Ergänzung der Geschäftsordnung für den Vorstand um einen Punkt hinsichtlich der ausschließlichen Berücksichtigung des Willens aktiver Mitglieder bei der Entscheidungsfindung in Belangen über den Betriebsfonds und vier mit Übernahmestellen geschlossene schriftliche Vereinbarungen.

1.4. Am 16.2.2018 erging ein Warnschreiben der AMA gemäß Art. 59 VO (EU) 2017/891 , AZ 18058/I/I/I/Pf, an die Beschwerdeführerin. Dieses Warnschreiben betraf lediglich die unter Spruchpunkt IV. des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, erteilte Auflage betreffend den Abschluss schriftlicher Vereinbarungen mit den Übernahmestellen. Der Beschwerdeführerin wurde mitgeteilt, dass diese Auflage nicht fristgerecht (bis längstens 31.12.2017) erfüllt worden sei. Die Beschwerdeführerin wurde aufgefordert, binnen einer Frist von vier Monaten ab rechtswirksamer Zustellung des gegenständlichen Warnschreibens sämtliche Verträge in schriftlicher Form vorzulegen. Für den Fall der Nichtbeachtung der Anerkennungskriterien innerhalb der gesetzten Frist verwies die belangte Behörde auf Art. 59 Abs. 4 ff VO (EU) 2017/891 , wonach die Zahlungen zu den jährlichen Beihilfebeträgen ausgesetzt und in der Folge gekürzt werden.

Am 12.6.2018 übermittelte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde 28 Dienstleistungsverträge betreffend Warenübernahme und Lagerung. Die belangte Behörde bestätigte den Eingang der Verträge und ersuchte die Beschwerdeführerin, eine der schriftlichen Vereinbarungen zu ergänzen und erneut vorzulegen, da dieser der Vertragspartner nicht entnommen werden könne.

Am 28.11.2018 sowie am 29.11.2018 fand am Betrieb der Beschwerdeführerin eine Vor-Ort-Kontrolle betreffend die Genehmigung operationeller Programme bei Erzeugerorganisationen im Sektor Obst und Gemüse durch das Referat 10 der AMA statt. Im Zuge dieser Überprüfung wurde festgehalten, dass die Anerkennungskriterien für die Erzeugerorganisation laut Bescheid vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, erfüllt seien.

Mit E-Mail vom 15.4.2019 wies die belangte Behörde die Beschwerdeführerin darauf hin, dass die unter Spruchpunkt III. des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, erteilte Auflage betreffend die Vorlage von Unterlagen zu durchgeführten Betriebskontrollen hinsichtlich 10 % der aktiven Mitglieder nicht fristgerecht, nämlich bis längstens 31.12.2018, vorgelegt worden seien. Die Beschwerdeführerin wurde ersucht, diese Unterlagen binnen einer Woche vorzulegen, widrigenfalls ein Sanktionsverfahren eingeleitet werden müsse.

Am 16.4.2019 übermittelte die Beschwerdeführerin eine Soll-/Ist-Auswertung betreffend das Erntejahr 2018 und teilte mit, dass sie die Anlagenspiegel der Mitglieder auf postalischem Weg nachreichen werde. Die belangte Behörde wies die Beschwerdeführerin mit E-Mail vom 17.4.2019 darauf hin, dass die vorgelegten Urkunden kein Nachweis von durchgeführten Betriebskontrollen bei den Mitgliedern der Beschwerdeführerin seien, da diese keine Aufzeichnungen über die einzelnen Betriebskontrollen im Erntejahr 2018 enthalten würden. Der Beschwerdeführerin wurde die Möglichkeit eingeräumt, die entsprechenden Unterlagen bis zum 26.4.2019 nachzureichen, widrigenfalls ein Sanktionsverfahren gemäß Art. 59 VO (EU) 2017/891 eingeleitet werde. Am 25.4.2019 reichte die Beschwerdeführerin ergänzende Unterlagen nach.

1.5. Am 9.5.2019 erging ein Warnschreiben der AMA gemäß Art. 59 Abs. 1 VO (EU) 2017/891 , AZ 19138/I/I/I/Pf/Br, an die Beschwerdeführerin. Dieses Warnschreiben betraf erstmals die unter Spruchpunkt III. des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, erteilte Auflage betreffend die Andienungskontrolle und die aufgetragene Vorlage von Nachweisen betreffend die Kontrolle der Andienungsverpflichtung und tatsächlich durch die Beschwerdeführerin durchgeführte Betriebskontrollen. Der Beschwerdeführerin wurde mitgeteilt, dass diese Auflage nicht fristgerecht, nämlich bis Ende 2018, erfüllt worden sei. Die bislang vorgelegten Urkunden würden keine schriftlichen Aufzeichnungen über getätigte Betriebskontrollen enthalten. Auch die in den übermittelten Tabellen dargestellten Zahlen betreffend Ernteprognosen seien rechnerisch nicht nachvollziehbar. Auch habe die Beschwerdeführerin keine durch sie gesetzten Schritte oder entsprechende Erklärungen bei auffälligen Abweichungen nachgewiesen. Der Beschwerdeführerin wurde unter Hinweis auf Art. 59 Abs. 1 VO (EU) 2017/891 aufgetragen, binnen einer Frist von vier Monaten ab rechtswirksamer Zustellung dieses Warnschreibens als Abwehrmaßnahme gegen den festgestellten Verstoß ein detailliertes Konzept vorzulegen, aus dem hervorgehe, wie in Zukunft die volle Kenntnis über die Erzeugung der angeschlossenen Mitglieder gewährleistet und nachweisbar durch schriftlich festgehaltene Prüfschritte (Prüfprotokoll) umgesetzt werde. Für den Fall der Nichtbeachtung der Anerkennungskriterien innerhalb der gesetzten Frist verwies die belangte Behörde auf Art. 59 Abs. 2 VO (EU) 2017/891 , wonach die Anerkennung der Erzeugerorganisation für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten – gerechnet ab dem Eingang des Warnschreibens – ausgesetzt werden könne. Weiter wurde auf die Aussetzung von Beihilfezahlungen gemäß Art. 59 Abs. 1 VO (EU) 2017/891 ab dem Zeitpunkt der Feststellung von Verstößen verwiesen. Dieses Warnschreiben wurde der Beschwerdeführerin am 13.5.2019 zugestellt.

Im Juli 2019 fand eine Kontrolle durch die Europäische Kommission am Betrieb der Beschwerdeführerin im Beisein der belangten Behörde statt, wobei die Europäische Kommission Verfahrensfehler durch die belangte Behörde beanstandete.

Am 6.9.2020 übermittelte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde in Kontrollkonzept. Mit E-Mail vom 9.9.2020 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, dass die geforderten Unterlagen laut Warnschreiben vom 9.5.2019 fristgerecht übermittelt und die erforderliche Abwehrmaßnahme zur Behebung des festgestellten Verstoßes gesetzt worden sei. Die mit Zustellung des Warnschreibens eingetretene Aussetzung der Beihilfezahlungen gemäß Art. 59 Abs. 2 VO (EU) 2017/891 trete daher ab sofort außer Kraft.

1.6. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 24.1.2020, AZ 19294/I/I/I/Pf/Br, änderte die belangte Behörde den Bescheid vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, unter Berufung auf § 19 Abs. 2 MOG 2007 dahingehend ab, dass insbesondere die Fristen zur Erfüllung der erteilten Auflagen rückwirkend verkürzt wurden. Spruchpunkt I. des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, habe zu lauten: „Es wird gegenüber der Erzeugerorganisation XXXX festgestellt, dass die laut Bescheid vom 19.12.2008 erteilte Anerkennung als Erzeugerorganisation im Falle der fristgerechten Setzung der Abhilfemaßnahmen laut Spruchteil Ill. weiter aufrecht bleibt“ (Spruchpunkt 1.). Spruchpunkt II. des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, wurde dahingehend abgeändert, dass er in seinem letzten Satz zu lauten habe: „Die Einhaltung dieser Auflage ist bis spätestens 28. August 2018 durch die Vorlage von Prüfprotokollen nachzuweisen, ein entsprechendes Prüfkonzept ist bis spätestens 31.10.2017 vorzulegen“ (Spruchpunkt 2.). Weiter wurde der Bescheid vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, in seinem Spruchpunkt VI. dahingehend abgeändert, dass er laute: „Sollten die Nachweise laut den Punkten Ill. bis V. nicht erbracht werden, so gelten die jeweiligen Auflagen als nicht erfüllt und hat die erkennende Behörde ein Sanktionsverfahren gemäß Art 59 Abs. 3 VO (EU) 2017/891 (Art. 114 VO (EU) 543/2011 ) einzuleiten“ (Spruchpunkt 3.). Weiter wurde das Warnschreiben vom 9.5.2019, AZ 19138/I/I/I/Pf/Br, ersatzlos behoben (Spruchpunkt 4.) und die Anerkennung als Erzeugerorganisation gegenüber der Beschwerdeführerin gemäß Art. 59 Abs. 3 VO (EU) 2017/891 mit Wirksamkeit ab 28. August 2017 widerrufen (Spruchpunkt 5.).

Der angefochtene Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 27.1.2020 zugestellt. Die dagegen erhobene Beschwerde langte am 20.2.2020 bei der belangten Behörde ein.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 26.8.2020, AZ 20174/I/I/I, gab die belangte Behörde der Beschwerde der Beschwerdeführerin statt und hob den angefochtenen Bescheid vom 24.1.2020, AZ 19294/I/I/I/Pf/Br, auf (Spruchpunkt I.). In einem änderte die belangte Behörde den Bescheid vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, neuerlich ab (Spruchpunkt II.), hob das Warnschreiben vom 9.5.2019, AZ 19138/I/I/I/Pf/Br, ersatzlos auf (Spruchpunkt III.) und sprach gemäß Art. 59 Abs. 3 VO (EU) 2017/891 den Widerruf der Anerkennung als Erzeugerorganisation gegenüber der Beschwerdeführerin mit Wirksamkeit ab 28.8.2017 aus (Spruchpunkt IV.)

Die Beschwerdevorentscheidung vom 26.8.2020, AZ 20174/I/I/I, wurde der Beschwerdeführerin am 31.8.2020 zugestellt. Gegen die Beschwerdevorentscheidung erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig einen Vorlageantrag an das Bundesverwaltungsgericht.

2. Beweiswürdigung:

Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt sowie aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten unbedenklichen Urkunden und wurden von keiner Partei bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen:

Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671, im Folgenden VO (EU) 1308/2013 :

„Artikel 1

Geltungsbereich

(1) Mit dieser Verordnung wird eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse errichtet, d. h. alle Erzeugnisse, die in Anhang I der Verträge aufgeführt sind, ausgenommen Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur im Sinne der Gesetzgebungsakte der Union über die gemeinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur.

(2) Landwirtschaftliche Erzeugnisse im Sinne von Absatz 1 werden in folgende, in den verschiedenen Teilen des Anhangs I aufgeführte Sektoren unterteilt:

[…]

i) Obst und Gemüse, Teil IX;

j) Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse, Teil X;

[…].“

„Artikel 152

Erzeugerorganisationen

(1) Die Mitgliedstaaten können auf Antrag Erzeugerorganisationen anerkennen, die:

a) aus Erzeugern aus bestimmten der in Artikel 1 Absatz 2 genannten Sektoren bestehen und von diesen Erzeugern gemäß Artikel 153 Absatz 2 Buchstabe c kontrolliert werden; b) auf Initiative der Erzeuger gebildet wurden und mindestens eine der folgenden Tätigkeiten ausführen:

i) gemeinsame Verarbeitung;

ii) gemeinsamer Vertrieb, einschließlich gemeinsamer Verkaufsplattformen oder gemeinsamer Beförderung;

iii) gemeinsame Verpackung, Kennzeichnung oder Werbung;

iv) gemeinsame Durchführung von Qualitätskontrollen;

v) gemeinsame Nutzung von Ausrüstungen und Lagereinrichtungen;

vi) gemeinsame Verwertung der bei der Erzeugung unmittelbar anfallenden Abfälle;

vii) gemeinsame Beschaffung von Betriebsmitteln;

viii) sonstige gemeinsame Dienstleistungen, mit denen eines der unter Buchstabe c genannten Ziele verfolgt wird;

c) ein spezifisches Ziel verfolgen, das mindestens eine der folgenden Zielsetzungen einschließen kann:

i) Sicherstellung einer planvollen und insbesondere in quantitativer und qualitativer Hinsicht nachfragegerechten Erzeugung;

ii) Bündelung des Angebots und Vermarktung der Erzeugung ihrer Mitglieder, auch durch Direktwerbung;

iii) Optimierung der Produktionskosten und Investitionserträge als Reaktion auf Umwelt- und Tierschutznormen und Stabilisierung der Erzeugerpreise;

iv) Durchführung von Forschungsarbeiten und Erarbeitung von Initiativen zu nachhaltigen Erzeugungsverfahren, innovativen Verfahren, wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit und Marktentwicklungen;

v) Förderung umweltgerechter Anbau- und Herstellungsverfahren und Bereitstellung technischer Hilfe, damit diese zum Einsatz kommen, sowie solide Praktiken und Verfahren im Bereich Tierschutz;

vi) Förderung und Bereitstellung technischer Hilfe für die Anwendung von Produktionsnormen, die Verbesserung der Produktqualität und die Entwicklung von Erzeugnissen mit geschützter Ursprungsbezeichnung, geschützter geografischer Angabe oder einem nationalen Gütezeichen;

vii) Bewirtschaftung der Nebenerzeugnisse und Abfallverwertung, insbesondere zum Schutz der Gewässer, des Bodens und der Landschaft sowie zur Erhaltung oder Förderung der Biodiversität;

viii) Beitrag zur nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und Bekämpfung des Klimawandels;

ix) Entwicklung von Initiativen im Bereich Werbung und Vermarktung;

x) Verwaltung der in operationellen Programmen genannten Fonds auf Gegenseitigkeit im Sektor Obst und Gemüse gemäß Artikel 33 Absatz 3 Buchstabe d der vorliegenden Verordnung und gemäß Artikel 36 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 ;

xi) Bereitstellung der erforderlichen technischen Hilfe für die Benutzung der Terminmärkte und der Versicherungssysteme.

[…].“

„Artikel 154

Anerkennung der Erzeugerorganisation

(1) Um durch einen Mitgliedstaat anerkannt zu werden, muss es sich bei der Erzeugerorganisation, die einen entsprechenden Antrag stellt, um eine juristische Person oder genau definierte Teile einer juristischen Person handeln,

a) die die Anforderungen nach Artikel 152 Absatz 1 Buchstaben a, b und c erfüllt;

b) der eine Mindestanzahl von Erzeugern angeschlossen ist und/oder die innerhalb ihres jeweiligen Tätigkeitsbereichs eine von dem jeweiligen Mitgliedstaat festzusetzende Mindestmenge bzw. Mindestwert an vermarktbaren Erzeugnissen abdeckt;

c) die hinreichende Sicherheit für die sachgerechte Ausübung ihrer Tätigkeit sowohl hinsichtlich des Zeitverlaufs als auch in Bezug auf Effizienz, die Bereitstellung von personeller, materieller und technischer Unterstützung für ihre Mitglieder und, wenn dies zweckmäßig ist, eine Bündelung des Angebots bietet;

d) die eine Satzung hat, die den Buchstaben a, b, und c dieses Absatzes entspricht.

[…]

(4) Die Mitgliedstaaten haben folgende Aufgaben:

[…]

b) sie führen in Abständen, die von ihnen festgelegt werden, Kontrollen durch, um festzustellen, ob die anerkannten Erzeugerorganisationen die Bestimmungen dieses Kapitels erfüllen;

c) sie erlassen im Falle des Verstoßes oder von Unregelmäßigkeiten hinsichtlich der Bestimmungen dieses Kapitels die von ihnen festgelegten Sanktionsmaßnahmen gegen diese Organisationen und Vereinigungen und beschließen erforderlichenfalls den Entzug ihrer Anerkennung;

[…].“

„Artikel 155

Auslagerung

Die Mitgliedstaaten können einer anerkannten Erzeugerorganisation oder einer anerkannten Vereinigung von Erzeugerorganisationen in den von der Kommission gemäß Artikel 173 Absatz 1 Buchstabe f festgelegten Sektoren gestatten, Tätigkeiten mit Ausnahme der Erzeugung auszulagern, auch durch Übertragung von Tätigkeiten an Tochterunternehmen, sofern die Erzeugerorganisation bzw. die Vereinigung von Erzeugerorganisationen weiterhin für die Durchführung dieser Tätigkeit sowie die allgemeine Verwaltungskontrolle und die Überwachung des Geschäftsvertrags für die Durchführung der Tätigkeit verantwortlich bleibt.“

„Artikel 160

Erzeugerorganisationen im Sektor Obst und Gemüse

Im Sektor Obst und Gemüse verfolgen die Erzeugerorganisationen mindestens eines der in Artikel 152 Absatz 1 Buchstabe c Ziffern i bis iii genannten Ziele.

Die einer Erzeugerorganisation beigetretenen Erzeuger werden durch deren Satzung dazu verpflichtet, ihre gesamte betreffende Erzeugung über die Erzeugerorganisation abzusetzen.

Bei Erzeugerorganisationen und Vereinigungen von Erzeugerorganisationen im Sektor Obst und Gemüse wird davon ausgegangen, dass sie im Rahmen ihrer Aufgaben in wirtschaftlichen Fragen im Namen und im Auftrag ihrer Mitglieder handeln.“

Delegierte Verordnung (EU) 2017/891 der Kommission vom 13. März 2017 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Sektoren Obst und Gemüse sowie Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse und zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die in diesen Sektoren anzuwendenden Sanktionen und zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 543/2011 der Kommission, ABl. L 138 vom 25.5.2017, S. 4, im Folgenden VO (EU) 2017/891 :

„Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieses Titels bezeichnet der Ausdruck

a) „Erzeuger“ einen Betriebsinhaber gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Obst und Gemüse gemäß Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe i der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 und solches Obst und Gemüse erzeugt, das ausschließlich zur Verarbeitung bestimmt ist.

b) „angeschlossener Erzeuger“ einen Erzeuger oder eine von Erzeugern gebildete juristische Person, der bzw. die Mitglied einer Erzeugerorganisation oder einer Vereinigung von Erzeugerorganisationen ist;

[…].“

„Artikel 7

Strukturen und Tätigkeiten der Erzeugerorganisationen

Die Mitgliedstaaten vergewissern sich, dass die Erzeugerorganisationen über das Personal, die Infrastruktur und die Ausrüstung verfügen, die zur Einhaltung der Anforderungen gemäß den Artikeln 152, 154 und 160 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 und zur Ausübung ihrer wesentlichen Aufgaben erforderlich sind; diese umfassen insbesondere

a) die Kenntnis über die Erzeugung ihrer Mitglieder,

b) die technischen Mittel für das Anliefern, Sortieren, Lagern und Verpacken der Erzeugung ihrer Mitglieder,

c) die Vermarktung der Erzeugung ihrer Mitglieder;

d) die kaufmännische und haushaltstechnische Abwicklung und

e) die zentrale kostenbezogene Buchführung und das Rechnungswesen im Einklang mit nationalem Recht.“

„Artikel 11

Haupttätigkeiten der Erzeugerorganisation

(1) Die Haupttätigkeit einer Erzeugerorganisation betrifft die Bündelung des Angebots und die Vermarktung der Erzeugnisse ihrer Mitglieder, für die sie anerkannt wurde.

Die Vermarktung gemäß Unterabsatz 1 erfolgt durch die Erzeugerorganisation oder im Falle der Auslagerung gemäß Artikel 13 unter Kontrolle der Erzeugerorganisation. Die Vermarktung umfasst unter anderem die Entscheidung über das zu verkaufende Erzeugnis, die Verkaufsmethode und, wenn der Verkauf nicht in Form einer Auktion erfolgt, die Verhandlungen über Menge und Preis.

Die Erzeugerorganisationen müssen Unterlagen, einschließlich Buchungsbelegen, durch die nachgewiesen wird, dass die Erzeugerorganisation das Angebot gebündelt und die Erzeugnisse ihrer Mitglieder, für die sie anerkannt wurde, vermarktet hat, mindestens fünf Jahre lang aufbewahren.

[…].“

„Artikel 12

Vermarktung von Erzeugnissen außerhalb der Erzeugerorganisation

(1) Sofern die Erzeugerorganisation dies in ihrer Satzung zulässt und dabei die vom Mitgliedstaat und der Erzeugerorganisation festgelegten Bedingungen eingehalten werden, können die angeschlossenen Erzeuger

a) Erzeugnisse direkt oder außerhalb ihrer Betriebe an den Verbraucher für seinen persönlichen Bedarf abgeben;

b) Erzeugnismengen, die mengen- oder wertmäßig lediglich einen geringfügigen Anteil an der vermarktbaren Erzeugung der betreffenden Erzeugnisse ihrer Erzeugerorganisation ausmachen, selbst oder über eine andere, von ihrer eigenen Erzeugerorganisation bestimmte Erzeugerorganisation vermarkten;

c) Erzeugnisse, die aufgrund ihrer Merkmale oder wegen der mengen- oder wertmäßig begrenzten Erzeugung der angeschlossenen Erzeuger von der betreffenden Erzeugerorganisation normalerweise nicht gehandelt werden, selbst oder über eine andere, von ihrer eigenen Erzeugerorganisation bestimmte Erzeugerorganisation vermarkten.

(2) Der Prozentsatz der außerhalb der Erzeugerorganisation vermarkteten Erzeugung eines angeschlossenen Erzeugers gemäß Absatz 1 darf pro Erzeuger nicht mehr als 25 % der vermarktbaren Erzeugungsmenge oder des vermarktbaren Erzeugungswerts betragen.

Die Mitgliedstaaten können jedoch einen niedrigeren als den in Unterabsatz 1 genannten Prozentsatz für die Erzeugung festlegen, den die angeschlossenen Erzeuger außerhalb der Erzeugerorganisation vermarkten dürfen. Im Falle von Erzeugnissen, die unter die Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates fallen, oder wenn die angeschlossenen Erzeuger ihre Erzeugung über eine andere, von ihrer eigenen Erzeugerorganisation bestimmte Erzeugerorganisation vermarkten, können die Mitgliedstaaten diesen Prozentsatz auf bis zu 40 % anheben.“

„Artikel 13

Auslagerung

(1) Die Tätigkeiten, deren Auslagerung ein Mitgliedstaat gemäß Artikel 155 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 gestatten kann, betreffen die in Artikel 152 Absatz 1 Buchstabe c der genannten Verordnung angeführten Ziele und können unter anderem die Anlieferung, Lagerung, Verpackung und Vermarktung der Erzeugnisse der Mitglieder der Erzeugerorganisation umfassen.

(2) Eine Erzeugerorganisation, die eine Tätigkeit auslagert, schließt zum Zweck der Durchführung der betreffenden Tätigkeit eine schriftliche Geschäftsvereinbarung in Form eines Vertrags, einer Übereinkunft oder eines Protokolls mit einer anderen Einrichtung, einschließlich eines oder mehrerer ihrer Mitglieder oder einer Tochtergesellschaft. Die Erzeugerorganisation bleibt für die Durchführung der ausgelagerten Tätigkeit sowie die allgemeine Verwaltungskontrolle und die Überwachung der für die Durchführung der Tätigkeit geschlossenen Geschäftsvereinbarung verantwortlich.

[…]

(3) Die allgemeine Verwaltungskontrolle und die Überwachung gemäß Absatz 2 Unterabsatz 1 müssen wirksam sein und vorschreiben, dass der Vertrag, die Übereinkunft oder das Protokoll über die Auslagerung

a) es der Erzeugerorganisation ermöglicht, verbindliche Anweisungen zu erteilen, und Bestimmungen enthält, durch die die Erzeugerorganisation den Vertrag, die Übereinkunft oder das Protokoll kündigen kann, wenn der Dienstleister die Bedingungen des Auslagerungsvertrags nicht erfüllt;

b) genaue Bedingungen, einschließlich Pflichten zu regelmäßiger Berichterstattung und Fristen, enthält, durch die die Erzeugerorganisation die ausgelagerten Tätigkeiten wirksam kontrollieren kann.

Die Auslagerungsverträge, -übereinkünfte oder -protokolle sowie die in Unterabsatz 1 Buchstabe b genannten Berichte werden von der Erzeugerorganisation mindestens fünf Jahre lang zum Zweck von Ex-post- Kontrollen aufbewahrt und müssen allen Mitgliedern auf Antrag zugänglich gemacht werden.“

„Artikel 16

Mitgliedschaft von Nichterzeugern

(1) Die Mitgliedstaaten können festlegen, unter welchen Bedingungen natürliche oder juristische Personen als Mitglieder einer Erzeugerorganisation zugelassen werden können, auch wenn sie keine Erzeuger sind.

(2) Durch die Festlegung der Bedingungen gemäß Absatz 1 stellen die Mitgliedstaaten insbesondere die Einhaltung von Artikel 153 Absatz 2 Buchstabe c und Artikel 159 Buchstabe a Ziffer i der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 sicher.

(3) Die natürlichen bzw. juristischen Personen gemäß Absatz 1 dürfen nicht

a) bei den Anerkennungskriterien berücksichtigt werden,

b) die von der Union finanzierten Maßnahmen direkt in Anspruch nehmen.

Die Mitgliedstaaten können unter Beachtung der Bedingungen gemäß Absatz 1 das Stimmrecht dieser natürlichen oder juristischen Personen bei Entscheidungen, die den Betriebsfonds betreffen, einschränken oder ausschließen.“

„Verwaltungssanktionen

Artikel 59

Nichtbeachtung der Anerkennungskriterien

(1) Hat ein Mitgliedstaat festgestellt, dass eine Erzeugerorganisation eines der Anerkennungskriterien im Zusammenhang mit den Anforderungen von Artikel 5, Artikel 7, Artikel 11 Absätze 1 und 2 sowie Artikel 17 nicht beachtet, so übermittelt er der betreffenden Erzeugerorganisation spätestens zwei Monate, nachdem der Verstoß festgestellt wurde, per Einschreiben ein Warnschreiben, in dem der festgestellte Verstoß, die Abhilfemaßnahmen und die Fristen aufgeführt sind, innerhalb deren diese Maßnahmen ergriffen werden müssen, wobei die Frist nicht mehr als vier Monate betragen darf. Ab dem Zeitpunkt, zu dem ein Verstoß festgestellt wird, setzen die Mitgliedstaaten die Beihilfezahlungen so lange aus, bis die Abhilfemaßnahmen zu ihrer Zufriedenheit getroffen worden sind.

(2) Werden die Abhilfemaßnahmen gemäß Absatz 1 nicht innerhalb der vom Mitgliedstaat festgesetzten Frist getroffen, wird die Anerkennung der Erzeugerorganisation ausgesetzt. Der Mitgliedstaat unterrichtet die Erzeugerorganisation über den Zeitraum der Aussetzung, der unmittelbar nach Ablauf der für die Abhilfemaßnahmen gesetzten Frist beginnt und ab dem Eingang des Warnschreibens bei der Erzeugerorganisation höchstens zwölf Monate beträgt. Die Anwendung horizontaler nationaler Rechtsvorschriften, die die Aussetzung einer solchen Handlung nach Einleitung eines diesbezüglichen Gerichtsverfahrens vorsehen können, bleibt hiervon unberührt.

Während der Aussetzung der Anerkennung kann die Erzeugerorganisation ihre Tätigkeit fortsetzen, doch die Beihilfezahlungen werden so lange zurückgehalten, bis die Aussetzung der Anerkennung aufgehoben wird. Der jährliche Beihilfebetrag wird für jeden vollen Kalendermonat oder Teil davon, in dem die Anerkennung ausgesetzt war, um 2 % gekürzt.

Die Aussetzung endet an dem Tag, an dem die Kontrolle ergibt, dass die betreffenden Anerkennungskriterien erfüllt sind.

(3) Werden die Kriterien bis zum Ende des von der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats festgelegten Aussetzungszeitraums nicht erfüllt, so widerruft der Mitgliedstaat die Anerkennung mit Wirkung ab dem Zeitpunkt, ab dem die Anerkennungsvoraussetzungen nicht erfüllt wurden, oder, wenn dieses Datum nicht ermittelt werden kann, ab dem Zeitpunkt, zu dem der Verstoß festgestellt wurde. Die Anwendung horizontaler nationaler Rechtsvorschriften, die die Aussetzung der Anerkennung nach Einleitung eines diesbezüglichen Gerichtsverfahrens vorsehen können, bleibt hiervon unberührt. Ausstehende Beihilfen für den Zeitraum, in dem die Nichtbeachtung festgestellt wurde, werden nicht ausgezahlt und zu Unrecht gezahlte Beihilfen wiedereingezogen.

[…].“

Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft mit Rahmenbedingungen für Erzeuger zur Verbesserung der Erzeugung und Vermarktung und zur Stärkung ihrer Marktstellung (Erzeuger-Rahmenbedingungen-Verordnung), BGBl. II Nr. 326/2015:

„Allgemeine Anerkennungsvoraussetzungen von Erzeugerorganisationen

§ 7. (1) Erzeugerorganisationen haben bei der AMA einen Antrag auf Anerkennung gemäß Art. 154 bzw. gemäß Art. 161 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 zu stellen. Dem Antrag sind die für die Beurteilung der Anerkennungsvoraussetzungen erforderlichen Unterlagen anzuschließen, insbesondere:

1. die Satzung der Erzeugerorganisation,

2. alle die Gründung und die Tätigkeit der Erzeugerorganisation betreffenden Verträge, wie Gesellschaftsverträge und Verträge mit Erzeugern und Vermarktern,

3. die Vorschriften der Erzeugerorganisation hinsichtlich Erzeugermeldung, Erzeugung und Vermarktung und gegebenenfalls auch hinsichtlich Umweltschutz,

4. ein Verzeichnis der Mitglieder der Erzeugerorganisation, gegebenenfalls getrennt nach Mitgliedstaaten, unter Angabe von Namen und Sitz der Mitglieder sowie dem Zeitpunkt des Beginns der Mitgliedschaft,

5. detaillierte Unterlagen betreffend den Jahresumsatz oder die Gesamtmenge der vermarktbaren Erzeugung der Erzeugerorganisation, gegebenenfalls aufgeschlüsselt nach Mitgliederdaten, sowie

6. bei Erzeugerorganisationen im Sektor Obst und Gemüse auch ein Verzeichnis der von der Erzeugerorganisation für ihre Mitglieder bereitgestellten technischen Hilfsmittel zur Lagerung, Aufbereitung und Verarbeitung der Erzeugnisse und zur Anwendung von umweltfreundlichen Anbauverfahren.

(2) Eine Erzeugerorganisation ist anzuerkennen, wenn

1. es sich bei der Erzeugerorganisation um eine juristische Person handelt,

2. der Erzeugerorganisation mindestens zehn Erzeuger, die im betreffenden Sektor jährlich mindestens 500 kg für Zwecke der Vermarktung produzieren, angehören,

3. die Erzeugerorganisation eine jährliche Mindestmenge der vermarkteten Erzeugung,

a) im Sektor Milch ausgedrückt durch eine jährliche Mindestmenge an gelieferter Rohmilch oder Rohmilchäquivalent von 3 000 t und

b) in den übrigen Sektoren ausgedrückt durch den Wert der vermarkteten Erzeugung, von 1 Million Euro

aufweist, wobei bei Neugründungen von Erzeugerorganisationen, die nicht als Zusammenschluss im Sinne von Art. 15 der Verordnung (EU) 2017/891 geschaffen werden, die Mindestmenge zudem von Erzeugern gebildet werden muss, die in den letzten drei Jahren bei keiner anderen Erzeugerorganisation waren,

4. die Voraussetzungen, die in den in § 1 angeführten Rechtsakten vorgesehen sind, erfüllt sind sowie

5. die zusätzlichen sektorbezogenen speziellen Anerkennungsvoraussetzungen eingehalten werden.

[…]

(4) Erzeugerorganisationen haben im Rahmen des Verfahrens zur Anerkennung nachzuweisen, dass sie über das Personal, die Infrastruktur und die Ausrüstung verfügen, die zur Einhaltung der Anforderungen und zur Ausübung ihrer wesentlichen Aufgaben erforderlich sind.

[…]

(6) Für Erzeugerorganisationen im Sektor Obst und Gemüse in den Bundesländern Burgenland, Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark und Wien gelten abweichend von Abs. 2 Z 2 und Z 3 lit. b folgende sektorbezogene Anerkennungsvoraussetzungen:

1. Der Erzeugerorganisation gehören mindestens 20 Erzeuger, die im Sektor Obst und Gemüse jährlich mindestens 500 kg für Zwecke der Vermarktung produzieren, an.

2. Die Erzeugerorganisation weist eine jährliche Mindestmenge, ausgedrückt durch den Wert der vermarkteten Erzeugung, in Höhe von 4 Millionen Euro auf.

3. […]

Zur Bestimmung dieser Schwellenwerte ist eine Erzeugerorganisation jenem Bundesland zuzurechnen, in dem die Mehrheit der Erzeugung stattfindet. Im Zweifelsfall sind die höchsten Schwellenwerte heranzuziehen.“

„Auslagerung von Aufgaben

§ 8. (1) Die Auslagerung von Geschäftsfeldern ist im Rahmen des Anerkennungsverfahrens bzw. des Verfahrens zur Änderung der Anerkennung zu prüfen und zu entscheiden. Zeitlich befristete Auslagerungen im Sektor Obst und Gemüse sind im Rahmen der operationellen Programme zu beantragen.

(2) Erzeugerorganisationen können die Steuerung der Erzeugung, die Anlieferung, die Lagerung, die Sortierung, die Aufbereitung und die Vermarktung der Erzeugnisse auslagern, wobei die Erzeugerorganisationen oder ihre angeschlossenen Erzeuger zumindest drei dieser Tätigkeiten selbst ausüben müssen.

[…].“

„Übergangsregelungen für bestehende Erzeugerorganisationen

§ 13. (1) Erzeugerorganisationen, die gemäß der Verordnung über Erzeugerorganisationen für Obst und Gemüse und Vereinigungen von Erzeugerorganisationen für Obst und Gemüse (Obst- und Gemüse EO-VO), BGBl. II Nr. 444/2008, oder gemäß der Milchzusammenschlüsse-Verordnung (MZV), BGBl. II Nr. 343/2012 in der Fassung der Verordnung, BGBl. II Nr. 52/2013, vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft anerkannt worden sind, sind innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieser Verordnung von der AMA dahingehend zu überprüfen, ob die Anerkennungsvoraussetzungen noch vorliegen.

(2) Erzeugerorganisationen, die gemäß der Verordnung über die Anerkennung von Erzeugerorganisationen und deren Vereinigungen, BGBl. Nr. 726/1995 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 351/1999, anerkannt worden sind, sind innerhalb von vier Jahren nach Inkrafttreten dieser Verordnung von der AMA dahingehend zu überprüfen, ob die Anerkennungsvoraussetzungen gemäß § 7 vorliegen. Die AMA hat darüber bescheidmäßig abzusprechen.

(3) Erzeugerorganisationen, die gemäß der Erzeuger-Rahmenbedingungen-Verordnung, BGBl. II Nr. 326/2015, vor dem 31. Dezember 2017 anerkannt worden sind, sowie Erzeugerorganisationen, die nach Überprüfung gemäß Abs. 1 und 2 noch anerkannt sind, haben spätestens bis 31. Dezember 2020 die Voraussetzungen gemäß § 8 zu erfüllen.“

„Maßnahmen bei Nichteinhaltung

§ 17. (1) Einer anerkannten Erzeugerorganisation, einer Vereinigung von Erzeugerorganisationen und einem Branchenverband ist die Anerkennung zu entziehen, wenn die Anerkennungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt sind und innerhalb der von der AMA eingeräumten Frist keine Abhilfemaßnahmen gesetzt wurden.

(2) Ist der Verstoß gemäß Abs. 1 behebbar, kann anstelle der Entziehung der Anerkennung diese für einen bestimmten Zeitraum ausgesetzt werden, um der Organisation die Wiedererfüllung der Anerkennungsvoraussetzungen zu ermöglichen.“

Bundesgesetz über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2007 – MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007:

„Vorschriften zu Bescheiden und Rückzahlung

§ 19. (1) […]

(2) Bescheide zu den in §§ 7, 8 bis 8h und 10 angeführten Maßnahmen können zusätzlich zu den in § 68 AVG angeführten Gründen von Amts wegen von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, aufgehoben oder abgeändert werden, soweit dies zur Erfüllung unionsrechtlicher Vorgaben erforderlich ist.

[…]

(7) Abweichend von § 14 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, beträgt die Frist für eine Beschwerdevorentscheidung vier Monate.

[…].“

Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Verwaltungsverfahren, im Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie im Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes (Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz – COVID-19-VwBG), BGBl. I Nr. 16/2020:

„Sonderregelungen für bestimmte Fristen

§ 2. (1) Die Zeit vom 22. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 wird nicht eingerechnet:

1. in die Zeit, in der ein verfahrenseinleitender Antrag (§ 13 Abs. 8 AVG) zu stellen ist,

2. in Entscheidungsfristen mit Ausnahme von verfassungsgesetzlich festgelegten Höchstfristen und

3. in Verjährungsfristen.

Im Anwendungsbereich der Z 2 verlängert sich die jeweilige Entscheidungsfrist um sechs Wochen, wenn sie jedoch weniger als sechs Wochen beträgt, nur im Ausmaß der Entscheidungsfrist selbst.

[…].“

Gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwGVG) hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (MRK), noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.3.2010 S. 389, entgegenstehen.

3.2. Rechtliche Würdigung:

3.2.1. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerdevorentscheidung vom 26.8.2020:

Im Vorlageantrag brachte die Beschwerdeführerin unter anderem vor, die belangte Behörde sei zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung unzuständig gewesen, da die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung bereits am 3.8.2020 abgelaufen sei. Die Beschwerdevorentscheidung sei der Beschwerdeführerin jedoch erst am 31.8.2020 zugestellt worden. Die belangte Behörde habe die Beschwerdevorentscheidung daher außerhalb ihrer Entscheidungsfrist erlassen, was eine Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Folge habe. Die Beschwerdevorentscheidung sei daher bereits infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde rechtswidrig und aus diesem Grund ersatzlos aufzuheben.

Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG iVm. § 19 Abs. 7 MOG 2007 steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von vier Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen. Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).

Im vorliegenden Fall langte die gegen den Bescheid vom 24.1.2020, AZ 19294/I/I/I/Pf/Br, erhobene Beschwerde am 20.2.2020 bei der belangten Behörde ein. Mit diesem Zeitpunkt begann die viermonatige Beschwerdevorentscheidungsfrist gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG iVm. § 19 Abs. 7 MOG 2007. Die viermonatige Beschwerdevorentscheidungsfrist würde daher mit 20.6.2020 enden.

Allerdings bestimmt § 2 Abs. 1 Z 2 COVID-19-VwBG, dass die Zeit vom 22.3.2020 bis zum Ablauf des 30.4.2020 in Entscheidungsfristen nicht eingerechnet (gehemmt) wird. Zusätzlich verlängert sich die jeweilige Entscheidungsfrist um sechs Wochen, wenn sie jedoch weniger als sechs Wochen beträgt, nur im Ausmaß der Entscheidungsfrist (vgl. Greifeneder in Resch, Corona-HB1.02 Kap 15 Rz 14 [Stand 30.9.2020, rdb.at]).

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die viermonatige Beschwerdevorentscheidungsfrist mit 20.2.2020 zu laufen begann und von 22.3.2020 bis 30.4.2020 gehemmt wurde. Zu diesem Zeitpunkt waren erst ein Monat und zwei Tage der Beschwerdevorentscheidungsfrist abgelaufen. Es war daher zum Stichtag 22.3.2020 noch eine Entscheidungsfrist von zwei Monaten und 29 Tagen offen, die ab 1.5.2020 weiterlief. Damit würde die Beschwerdevorentscheidungsfrist am 29.7.2020 enden. Allerdings bestimmt § 2 Abs. 1 letzter Satz 2 COVID-19-VwBG, dass sich im Anwendungsbereich von Z 2 leg.cit. die jeweilige Entscheidungsfrist zusätzlich um sechs Wochen verlängert. Damit lief die Beschwerdevorentscheidungsfrist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin erst am 9.9.2020 ab.

Wenn die Beschwerdeführerin in ihrem Vorlageantrag vermeint, die Entscheidungsfrist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung sei am 3.8.2020 abgelaufen, übersieht sie, dass die gegenständliche Frist nach § 2 Abs. 1 Z 2 COVID-19-VwBG von 22.3.2020 bis 30.4.2020 gehemmt und zusätzlich um sechs Wochen verlängert wird. Diese sechs Wochen beginnen entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht mit dem 20.6.2020 zu laufen, sondern erst nach Ablauf der mit 1.5.2020 weiterlaufenden noch offenen (bis dahin gehemmten) Entscheidungsfrist von zwei Monaten und 29 Tagen.

Die Beschwerdevorentscheidung vom 26.8.2020, AZ 20174/I/I/I, wurde der Beschwerdeführerin am 31.8.2020 zugestellt und damit innerhalb der bis 9.9.2020 laufenden Beschwerdevorentscheidungsfrist erlassen. Die belangte Behörde war daher zur Erlassung der gegenständlichen Beschwerdevorentscheidung zuständig, weshalb eine ersatzlose Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde nicht in Frage kommt.

Aus der Entstehung der den Vorlageantrag regelnden Gesetzesbestimmung des § 15 VwGVG und den Gesetzesmaterialien ist zu schließen, dass nach Stellung eines Vorlageantrages die Beschwerdevorentscheidung nicht außer Kraft tritt (vgl. dazu etwa Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren2 (2018) § 15 Anm. 9, Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht11 (2019), Rz 774). Die Beschwerdevorentscheidung bildet vielmehr den Beschwerdegegenstand und ersetzt den ursprünglichen Bescheid zur Gänze (vgl. VwGH vom 20.5.2015, Ra 2015/09/0025).

3.2.2. In der Sache:

3.2.2.1. Die Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des BMLFUW vom 19.12.2008, AZ LE.4.3.4/0018-I/2/2008, als Erzeugerorganisation anerkannt.

Am 10.5.2017 führte die belangte Behörde eine Überprüfung der Voraussetzungen für die (weitere) Anerkennung als Erzeugerorganisation nach den Übergangsregelungen für bestehende Erzeugerorganisationen gemäß § 13 Erzeuger-Rahmenbedingungen-Verordnung durch. Dabei wurden unter anderem Verstöße bei der Andienungsverpflichtung gemäß Art. 160 VO (EU) 1308/2018 iVm. Art. 7 lit a VO (EU) 2017/891 festgestellt.

Mit Bescheid vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, hat die belangte Behörde dennoch gegenüber der Beschwerdeführerin ausgesprochen, dass die erteilte Anerkennung als Erzeugerorganisation weiter aufrecht bleibt, da die gemäß § 7 Erzeuger-Rahmenbedingungen-Verordnung normierten Anerkennungskriterien noch immer gegeben seien. Der Beschwerdeführerin wurden einige Auflagen, darunter auch in Hinblick auf die Überprüfung der Andienungspflicht, „zwecks besserer Erfüllung der in den rechtlichen Grundlagen […] normierten Verpflichtungen einer Erzeugerorganisation“ erteilt.

Mit der nunmehr verfahrensgegenständlichen Beschwerdevorentscheidung vom 26.8.2020, AZ 20174/I/I/I, wurde der Bescheid vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, unter Berufung auf § 19 Abs. 2 MOG 2007 dahingehend abgeändert, dass gegenüber der Beschwerdeführerin nunmehr festgestellt wurde, dass die Anerkennungskriterien nicht gegeben sind und die mit Bescheid vom 19.12.2008 erteilte Anerkennung als Erzeugerorganisation nicht weiter bestätigt werden kann. In einem wurde das Warnschreiben vom 9.5.2019, AZ 19138/I/I/I/Pf/Br, ersatzlos behoben und die Anerkennung als Erzeugerorganisation gegenüber der Beschwerdeführerin gemäß Art. 59 Abs. 3 VO (EU) 2017/891 mit Wirksamkeit ab 28.8.2017 widerrufen.

Gegen die rückwirkende Abänderung des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, und den Widerruf der Anerkennung als Erzeugerorganisation richtet sich der gegenständliche Vorlageantrag vom 11.9.2020, der auf die Beschwerde vom 20.2.2020 verweist.

Strittig ist daher, ob die belangte Behörde zur rückwirkenden Änderung des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, berechtigt war und der Widerruf der Anerkennung als Erzeugerorganisation gegenüber der Beschwerdeführerin zu Recht erfolgte.

3.2.2.2. Die unionsrechtlichen Bestimmungen sehen vor, dass bei festgestellten Verstößen gegen die Anerkennungskriterien einer Erzeugerorganisation zwingend ein Sanktionsverfahren nach Art. 59 VO (EU) 2017/891 einzuleiten ist, das bestimmte Verfahrensvorschriften im Fall der Nichtbeachtung der Anerkennungskriterien durch eine Erzeugerorganisation vorsieht:

Wurde u.a. ein Verstoß gegen eines der Anerkennungskriterien nach Art. 7 VO (EU) 2017/891 festgestellt, hat der entsprechende Mitgliedstaat der Erzeugerorganisation gemäß Art. 59 Abs. 1 VO (EU) 2017/891 spätestens zwei Monate, nachdem der Verstoß festgestellt wurde, per Einschreiben ein Warnschreiben zu übermitteln. In diesem Warnschreiben sind der festgestellte Verstoß, die zu treffenden Abhilfemaßnahmen und die Fristen anzuführen, binnen derer diese Maßnahmen ergriffen werden müssen. Dabei darf die der Erzeugerorganisation gesetzte Frist nicht mehr als vier Monate betragen. Ab dem Zeitpunkt, zu dem ein Verstoß festgestellt wird, sind zudem die Beihilfezahlungen so lange auszusetzen, bis die Abhilfemaßnahmen zur Zufriedenheit des Mitgliedstaates getroffen worden sind.

Werden die Abhilfemaßnahmen nicht innerhalb der gesetzten Frist getroffen, wird gemäß Art. 59 Abs. 2 VO (EU) 2017/891 in einem zweiten Schritt die Anerkennung der Erzeugerorganisation (ex lege) ausgesetzt. Der Mitgliedstaat unterrichtet die Erzeugerorganisation über den Zeitraum der Aussetzung, der unmittelbar nach Ablauf der nach Art. 59 Abs. 1 VO (EU) 2017/891 beginnt und ab dem Eingang des Warnschreibens bei der Erzeugerorganisation höchstens zwölf Monate beträgt. Während der Aussetzung der Anerkennung kann die Erzeugerorganisation ihre Tätigkeit fortsetzen. Die Beihilfezahlungen werden jedoch so lange zurückgehalten, bis die Aussetzung der Anerkennung aufgehoben wird. Der jährliche Beihilfebetrag wird für jeden vollen Kalendermonat oder Teil davon, in dem die Anerkennung ausgesetzt war, um 2 % gekürzt.

Nur, wenn die Kriterien bis zum Ende des von der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats festgelegten Aussetzungszeitraums nicht erfüllt werden, widerruft der Mitgliedstaat gemäß Art. 59 Abs. 3 VO (EU) 2017/891 die Anerkennung mit Wirkung ab dem Zeitpunkt, zu dem der Verstoß festgestellt wurde. Ausstehende Beihilfen für den Zeitraum, in dem die Nichtbeachtung festgestellt wurde, werden nicht ausgezahlt und zu Unrecht gezahlte Beihilfen wiedereingezogen.

3.2.2.3. Aus dem Bescheid vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, ergibt sich, dass bereits bei der Kontrolle am 10.5.2017 die Nichtbeachtung von Anerkennungskriterien durch die Beschwerdeführerin festgestellt wurde. Insbesondere wurden Verstöße bei der Andienungsverpflichtung gemäß Art. 160 VO (EU) 1308/2018 iVm. Art. 7 lit a VO (EU) 2017/891 festgestellt. Da es sich bei diesem festgestellten Verstoß um die Nichtbeachtung eines Anerkennungskriteriums nach Art. 7 VO (EU) 2017/891 , nämlich der Kenntnis über die Erzeugung der Mitglieder, handelt, wäre ein Sanktionsverfahren nach Art. 59 VO (EU) 2017/891 einzuleiten und der Beschwerdeführerin gemäß Art. 59 Abs. 1 VO (EU) 2017/891 spätestens zwei Monate, nachdem der Verstoß festgestellt wurde – sohin bis längstens 10.7.2017 – per Einschreiben ein Warnschreiben, in dem der festgestellte Verstoß, die Abhilfemaßnahmen und die Fristen aufgeführt sind, innerhalb deren diese Maßnahmen ergriffen werden müssen, zu übermitteln gewesen, wobei die Frist nicht mehr als vier Monate betragen darf.

Stattdessen erließ die belangte Behörde entgegen den in Art. 59 VO (EU) 2017/891 unionsrechtlich vorgesehenen Verfahrensbestimmungen den Bescheid vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, und sprach aus, dass die erteilte Anerkennung als Erzeugerorganisation weiter aufrecht bleibt, erteilte der Beschwerdeführerin unter Setzung von Fristen Auflagen und wies darauf hin, dass ein Sanktionsverfahren gemäß Art. 59 VO (EU) 2017/891 eingeleitet werden müsse, sollen die Auflagen nicht erfüllt werden.

Wenn die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung vom 26.8.2020, AZ 20174/I/I/I, nunmehr vermeint, der Bescheid vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, entspreche hinsichtlich des Verstoßes der Andienungskontrolle einer Fristsetzung gemäß Art. 59 Abs. 2 VO (EU) 2017/891 , ist ihr zu entgegnen, dass eine Fristsetzung nach Art. 59 Abs. 2 VO (EU) 2017/891 bereits die zweite Stufe des unionsrechtlich vorgesehenen Sanktionsverfahrens darstellt. Voraussetzung für eine derartige Fristsetzung ist daher, dass der jeweiligen Erzeugerorganisation ein Warnschreiben gemäß Art. 59 Abs. 1 VO (EU) 2017/891 übermittelt wurde und die mit diesem Warnschreiben festgesetzte Frist zur Ergreifung von Abhilfemaßnahmen bereits abgelaufen ist.

Die belangte Behörde hat es verabsäumt, der Beschwerdeführerin ein Warnschreiben gemäß Art. 59 Abs. 1 VO (EU) 2017/891 zu übermitteln und dies erst im Mai 2019 (!) betreffend den Verstoß gegen die Andienungskontrolle nachgeholt. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde entsprach die Auflage unter Spruchpunkt III. des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, bereits mangels vorher ergangenen Warnschreibens keiner Fristsetzung gemäß Art. 59 Abs. 2 VO (EU) 2017/891 . Damit hat die belangte Behörde das in Art. 59 VO (EU) 2017/891 normierte Sanktionsverfahren nicht eingehalten und ist von unionsrechtlichen Verfahrensvorschriften abgewichen.

Die Bestätigung der Anerkennung als Erzeugerorganisation und die Erteilung von Auflagen mit Bescheid vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, erfolgte in Hinblick darauf, dass die belangte Behörde diesen Bescheid trotz festgestellter Nichtbeachtung einiger Anerkennungskriterien erlassen hat, unionsrechtswidrig. Da gegen den Bescheid vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, kein Rechtsmittel erhoben wurde, erwuchs dieser in Rechtskraft.

3.2.2.4. Zu prüfen bleibt, ob dieser Verstoß gegen unionsrechtliche Bestimmungen die belangte Behörde berechtigt, den rechtskräftigen Bescheid vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, gemäß § 19 Abs. 2 MOG 2007 aufzuheben bzw. abzuändern.

§ 19 Abs. 2 MOG 2007 berechtigt die AMA dazu, Bescheide zu den in §§ 7, 8 bis 8h und 10 MOG 2007 angeführten Maßnahmen zusätzlich zu den in § 68 AVG angeführten Gründen von Amts wegen aufzuheben oder abzuändern, soweit dies zur Erfüllung unionsrechtlicher Vorgaben erforderlich ist. Da in § 7 MOG 2007 auch die Anerkennung von Erzeugerorganisationen Erwähnung findet, ist § 19 Abs. 2 MOG 2007 auf Sachverhalte betreffend Erzeugerorganisationen grundsätzlich anzuwenden. Fraglich erscheint jedoch, ob § 19 Abs. 2 MOG 2007 die belangte Behörde lediglich ermächtigt, Bescheide aufzuheben bzw. abzuändern, die gegen unionsrechtliches materielles Recht verstoßen, oder ob auch Bescheide, die gegen unionsrechtliches Verfahrensrecht verstoßen, aufzuheben bzw. abzuändern sind.

Den Gesetzesmaterialien zum Agrarrechtsänderungsgesetz 2007, BGBl. I Nr. 55/2007 (ErläutRV 37 BlgNR 23. GP ) ist betreffend § 19 Abs. 2 MOG 2007 folgendes zu entnehmen:

„[…] Über die in § 68 AVG bzw. – im Bereich der Abgaben (§ 13) §§ 300ff BAO – vorgesehenen Möglichkeiten hinaus sind weitergehende Möglichkeiten zur amtswegigen Abänderung oder Aufhebung von Bescheiden vorzusehen. Ein wesentlicher Hintergrund für diese Sonderregelung ist die in den Gemeinschaftsrechtsvorschriften festgehaltene vierjährige Verjährungsfrist für die Verfolgung (Art. 3 Verordnung (EG) Nr. 2988/95, Art. 73 Verordnung (EG) Nr. 796/2004). Wird im Rahmen einer Vorortkontrolle festgestellt, dass z.B. eine beantragte Fläche in natura kleiner als die vorhandene Fläche ist, hat zwingend eine Rückverfolgung dieser Fläche für die letzten vier Jahre zu erfolgen. Durch Änderungen im Gemeinschaftsrecht aber auch infolge der Überprüfung der Abwicklung der gemeinschaftsrechtlichen Maßnahmen durch Organe der Europäischen Kommission und des Europäischen Rechnungshofs kann sich die Notwendigkeit zur Abänderung von Bescheiden ergeben. Auch die Bestimmungen über die anderweitigen Verpflichtungen (§ 12) verlangen eine Bescheidabänderung (Kürzung der Direktzahlungen als verwaltungsrechtliche Maßnahme), wenn für das betreffende Antragsjahr ein Verstoß gegen zu berücksichtigende Vorschriften festgestellt wurde. Dieser Sachverhalt tritt vor allem dann ein, wenn der Verstoß nicht im Rahmen der gemäß Art. 45 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 vorzunehmenden Kontrolle durch die zuständige Cross Compliance-Kontrollbehörde festgestellt wurde, sondern auf andere Weise (Meldung eines abgeschlossenen Strafverfahrens wegen Verstoßes gegen die betreffenden Vorschriften) zur Kenntnis gebracht wurde. […].“

Die Gesetzesmaterialien zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz-BMLFUW – Land- und Forstwirtschaft, BGBl. I Nr. 189/2013, (ErläutRV 2291 BlgNR 24. GP ) lauten betreffend § 19 Abs. 2 MOG 2007 wie folgt:

„[…] Über die in § 68 AVG vorgesehenen Möglichkeiten hinaus werden mit Abs. 2 weitergehende Möglichkeiten zur amtswegigen Abänderung oder Aufhebung von Entscheidungen vorgesehen. Dies ist durch die unionsrechtlichen Vorgaben (Art. 9 Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 in Verbindung mit Art. 3 Verordnung (EG, EURATOM) Nr. 2988/95) bedingt, wonach der Mitgliedstaat zur Wiedereinziehung der infolge Unregelmäßigkeiten oder Versäumnisse abgeflossenen Beträge verpflichtet ist (vergleiche auch EuGH verb. Rs 146/81 u.a.). […].“

Aus den oben zitierten Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Gesetzgeber mit § 19 Abs. 2 MOG 2007 vor allem das unionsrechtliche Gebot des Schutzes der finanziellen Interessen der Gemeinschaft und die Möglichkeit der Abänderung von Beschwerden im Fall von Verstößen gegen unionsrechtliches materielles Recht (zB. betreffend die materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Direktzahlungen im Rahmen der GAP) vor Augen hatte. Ob es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, dass § 19 Abs. 2 MOG 2007 auch im Fall von Verstößen durch die belangte Behörde gegen unionsrechtliches Verfahrensrecht zur Anwendung kommen soll, lässt sich den zitierten Gesetzesmaterialien hingegen nicht entnehmen.

Da § 19 Abs. 2 MOG 2007 jedoch die Erfüllung unionsrechtlicher Vorgaben zum Ziel hat, ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob das Unionsrecht die Abänderung des gegen unionsrechtliche Verfahrensvorschriften verstoßenden Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, erforderlich macht.

Die Beschwerdeführerin führt zunächst den unionsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes für sich ins Treffen: Sie verweist darauf, dass eine rückwirkende Änderung des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, wegen eines der belangten Behörde anzulastenden Verfahrensfehlers einen Verstoß gegen den unionsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes darstelle, da eine solche Änderung eine Abwälzung der Verfahrensfehler der belangten Behörde auf die Beschwerdeführerin zur Folge habe.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die AMA als zuständige Behörde mit Bescheid vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, bestätigt hat, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung als Erzeugerorganisation bei der Beschwerdeführerin weiterhin vorliegen. In einem wurden der Beschwerdeführerin Auflagen erteilt, für deren Erfüllung bestimmte Fristen festgesetzt wurden.

Auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes kann sich nach ständiger Rechtsprechung des EuGH jeder berufen, bei dem ein Unionsorgan begründete Erwartungen geweckt hat. Präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte von zuständiger und zuverlässiger Stelle stellen unabhängig von der Form ihrer Mitteilung Zusicherungen dar, die solche Erwartungen wecken können. Dagegen kann niemand eine Verletzung dieses Grundsatzes geltend machen, dem die Verwaltung keine präzisen Zusicherungen gegeben hat (vgl. EuGH 14.3.2013, Rs. C-545/11, Agrargenossenschaft Neuzelle). Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH kann von einem Berufslandwirt jedoch erwartet werden, dass er bei der Stellung eines Beihilfeantrages besondere Sorgfalt anwendet und von den Voraussetzungen für die Gewährung einer Beihilfe Kenntnis genommen hat (vgl. EuGH 2.7.2015, Rs. C-684/13, Demmer, Rz. 81 ff.). Das unionsrechtswidrige Verhalten einer mit der Anwendung des Unionsrechts betrauten nationalen Behörde kann kein berechtigtes Vertrauen eines Wirtschaftsteilnehmers darauf begründen, in den Genuss einer unionsrechtswidrigen Behandlung zu kommen (vgl. EuGH 20.12.2017, Rs. C-516/16, Erzeugerorganisation Tiefkühlgemüse eGen, Rz. 69 mwN.).

Die oben zitierte Judikatur des EuGH bezieht sich jedoch auf festgestellte Verstöße gegen materielles Unionsrecht und kann daher allenfalls schlagend werden, insoweit der Beschwerdeführerin die Anerkennung als Erzeugerorganisation erteilt wurde, obwohl die (materiellrechtlichen) Voraussetzungen für diese Anerkennung tatsächlich nicht vorlagen. Soweit die belangte Behörde jedoch zwingendes unionsrechtliches Verfahrensrecht nicht eingehalten und entgegen der Bestimmungen des Art. 59 VO (EU) 2017/891 kein Sanktionsverfahren durchgeführt hat, steht die Judikatur des EuGH einem begründeten Vertrauen der Beschwerdeführerin auf die Rechtskonformität der Vorgehensweise der belangten Behörde nicht entgegen. Von der Beschwerdeführerin kann zwar die Kenntnis der Voraussetzungen für die Anerkennung als Erzeugerorganisation erwartet werden; es ist ihr jedoch nicht zumutbar, den Verstoß der belangten Behörde gegen zwingendes unionsrechtliches Verfahrensrecht zu erkennen bzw. dessen Folgen zu tragen, dient doch die Einhaltung der vorgeschriebenen Verfahrensschritte nicht nur dem Schutz der finanziellen Interessen der Union, indem der Spielraum der Behörden eingeengt wird, sondern auch der Rechtsklarheit und damit dem Schutz der Antragsteller.

Durch die Nichteinhaltung der Verfahrensvorschriften des Art. 59 VO (EU) 2017/891 und die rückwirkende Abänderung des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, mit der verfahrensgegenständlichen Beschwerdevorentscheidung wurde der Beschwerdeführerin im Ergebnis die Möglichkeit genommen, den Widerruf der Anerkennung als Erzeugerorganisation binnen vorgesehener Frist zu verhindern. Das Gebot der Rechtssicherheit, das insbesondere bei rückwirkenden Änderungen zu tragen kommt, ist aber vor allem bei Rechtshandlungen, die finanzielle Konsequenzen haben (können), von Bedeutung. In der Vergangenheit hat der EuGH etwa in Bezug auf die Intervention für Sauerkirschen (EuGH 14.7.1983, Rs. C-224/82, Meiko, Slg 1983, I-02539) eine rückwirkende Verpflichtung als gegen den Vertrauensschutz verstoßend angesehen, da diese so eng bemessen war, dass deren Einhaltung praktisch ausgeschlossen war. Auch in der Rechtssache Crispoltoni I kam der EuGH zum Schluss, dass die streitige Regelung – Herabsetzung der Erzeugerprämie erst nach Aussaat des Pflanzgutes – das berechtigte Vertrauen der betroffenen Wirtschaftsteilnehmer verletzt hat. Diese durften erwarten, dass ihnen etwaige Maßnahmen, die sich auf ihre Investitionen auswirken, rechtzeitig mitgeteilt würden (EuGH 11.7.1991, Rs. C-368/89, Crispoltoni I, Rz. 21)

Zu berücksichtigen ist auch, dass der Einhaltung der unionsrechtlichen Verfahrensvorschriften und insbesondere der vorgesehenen unionsrechtlichen Fristen grundlegende Bedeutung zukommt. Betreffend den Rechnungsabschluss im Rahmen der Beihilfekontrolle bei landwirtschaftlichen Unionsbeihilfen im Verhältnis der EU zu ihren Mitgliedsstaaten hat das EuG unter Verweis auf Rechtsprechung des EuGH etwa ausgesprochen, dass auch die Europäische Kommission nach einem allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts bei ihren Verwaltungsverfahren angemessene Fristen einzuhalten hat. Die Pflicht, Verwaltungsverfahren innerhalb einer angemessenen Frist durchzuführen, stelle einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts dar. Im vorliegenden Fall habe das gegenständliche Rechnungsabschlussverfahren insgesamt über zehn Jahre gedauert. Die Europäische Kommission habe damit keine angemessene Verfahrensdauer eingehalten und damit gegen Verfahrensrecht verstoßen. Diese Verzögerung habe einen finanziellen Schaden für den Mitgliedstaat zur Folge gehabt und stelle einen Grund für die teilweise Nichtigerklärung der angefochtenen Anlastungsentscheidung dar (vgl. EuG 7.6.2013, Rs. T-267/07, Italienische Republik gegen Europäische Kommission, insb. Rz 60 bis 61, 68 und 86). Der EuGH selbst hat in sog. Anlastungsverfahren betreffend den Ausschluss bestimmter Ausgaben im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitk von der gemeinschaftlichen Finanzierung Verfahrensbestimmungen im Rahmen dieser Verfahren als „Verfahrensgarantien“ der Mitgliedstaaten bezeichnet und entschieden, dass etwa eine entsprechende Mitteilung der Kommission an einen Mitgliedstaat im Vorfeld sämtliche dem Mitgliedstaat zur Last gelegten Unregelmäßigkeiten enthalten muss, um ihre Warnfunktion zu erfüllen, widrigenfalls eine Anlastung nicht erfolgen kann (vgl. EuGH 3.5.2012, Rs. C-24/11 P Königreich Spanien gegen Kommission, Rz 28 bis 31).

Daraus ergibt sich für das vorliegende Verfahren die maßgebliche Bedeutung unionsrechtlichen Verfahrensrechts, welches auch von der Europäischen Kommission zwingend einzuhalten ist. Der Grundsatz des Schutzes der finanziellen Interessen der Gemeinschaft tritt demgegenüber zurück.

In Hinblick auf die unionsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit berechtigt der vorliegende Verstoß der belangten Behörde gegen ein unionsrechtlich strikt konzipiertes Verfahren, wie es Art. 59 VO (EU) 2017/891 vorsieht, die belangte Behörde nicht zur rückwirkenden Abänderung des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, zu Lasten der Beschwerdeführerin.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde erst mit Warnschreiben vom 9.5.2019, AZ 19138/I/I/I/Pf/Br, nach Durchführung eines unionswidrigen Verbesserungsverfahrens das in Art. 59 VO (EU) 2017/891 vorgesehene (zwingend durchzuführende) Sanktionsverfahren, wenngleich verspätet, hinsichtlich der festgestellten Verstöße gegen die Andienungskontrolle eingeleitet. Mit diesem Warnschreiben wurde der Beschwerdeführerin eine Frist von vier Monaten ab Zustellung des Warnschreibens für die Vornahme von Abwehrmaßnahmen gesetzt. Weiter wurde die Beschwerdeführerin auf die Aussetzung der Beihilfezahlungen gemäß Art. Art. 59 Abs. 1 VO (EU) 2017/891 hingewiesen.

Dieses Warnschreiben wurde der Beschwerdeführerin am 13.5.2019 zugestellt. Die von der belangten Behörde gesetzte viermonatige Frist lief daher bis 13.9.2019. Am 6.9.2019 reichte die Beschwerdeführerin die geforderten Unterlagen nach. Die belangte Behörde bestätigte daraufhin mit E-Mail vom 9.9.2019, dass die geforderten Unterlagen laut Warnschreiben vom 9.5.2019 fristgerecht übermittelt und die erforderliche Abwehrmaßnahme zur Behebung des festgestellten Verstoßes gesetzt worden sei. Die mit Zustellung des Warnschreibens eingetretene Aussetzung der Beihilfezahlungen trete daher ab sofort außer Kraft.

Wenn die belangte Behörde nunmehr der Ansicht ist, die Beschwerdeführerin sei ihren Verpflichtungen im Rahmen der Andienungskontrolle nach wie vor nicht nachgekommen, so hätte sie die Beschwerdeführerin gemäß Art. 59 Abs. 2 VO (EU) 2017/891 nach Ablauf der gesetzten viermonatigen Frist über den Zeitraum der Aussetzung der Anerkennung der Erzeugerorganisation, der unmittelbar nach Ablauf der für die Abhilfemaßnahmen gesetzten Frist beginnt und ab dem Eingang des Warnschreibens bei der Erzeugerorganisation höchstens zwölf Monate beträgt, unterrichten müssen. Dies hat die belangte Behörde jedoch unterlassen und damit keinen Aussetzungszeitraum festgelegt.

Da Art. 59 Abs. 3 VO (EU) 2017/891 den fruchtlosen Ablauf des von der zuständigen Behörde des Mitgliedstaates festgelegten Aussetzungszeitraums für den Widerruf der Anerkennung als Erzeugerorganisation voraussetzt, erweist sich der Widerruf der Anerkennung als Erzeugerorganisation gegenüber der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 24.1.2020, AZ 19294/I/I/I/Pf/Br, bzw. mit Beschwerdevorentscheidung vom 26.8.2020, AZ 20174/I/I/I, ebenso wie die Abänderung des Bescheides vom 28.8.2017, AZ 17280/I/I/I/Pf, unter Berufung auf § 19 Abs. 2 MOG als unzulässig.

Der Beschwerde war daher stattzugeben und die Beschwerdevorentscheidung vom 26.8.2020 ersatzlos zu beheben. Da dem angefochtenen Bescheid vom 24.1.2020 durch die Beschwerdevorentscheidung endgültig derogiert wurde (VwGH 4.3.2016, Ra 2015/08/0185), lebt auch dieser nicht wieder auf und bleibt somit aus dem Rechtsbestand beseitigt.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verwaltungsgerichtshofes keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen (VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117); vgl. dazu mwN auch Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534).

3.3. Zulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es fehlt Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob § 19 Abs. 2 MOG 2007 die belangte Behörde auch zur Abänderung bzw. Aufhebung von Bescheiden ermächtigt, wenn sie selbst gegen unionsrechtliches Verfahrensrecht verstoßen hat.

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