AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2020:W195.2209561.3.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch XXXX gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.05.2019, XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.07.2020 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Erster Antrag auf internationalen Schutz:
I.1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 21.03.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Er begründete seinen Antrag zusammengefasst damit, dass er mit einem Freund ein Liebesverhältnis und ab Dezember 2015 Geschlechtsverkehr mit seinem Freund gehabt habe. Ein älterer Mann habe dies im März 2016 mitbekommen und in weiterer Folge die Mutter des BF und das Oberhaupt der Moschee verständigt. Der BF sei bei der Polizei angezeigt worden, die Polizei habe die Anzeige jedoch nicht entgegengenommen und auch nichts gemacht, weil der BF damals erst 16 Jahre alt gewesen sei. Er sei von seiner Mutter zu Verwandten geschickt worden. Seine Verwandtschaft habe dann erfahren, dass er bisexuell sei, und ihm gesagt, dass er nicht bleiben könne. Er ging zu einem anderen Verwandten, der das auch erfahren habe und das Moscheeoberhaupt angerufen habe, damit jenes Oberhaupt ihn töten könne. Der BF sei daraufhin weggelaufen. Die Leute in seiner Heimatregion würden ihn töten. Zur Frage des BFA, ob er „immer noch homosexuell“ sei, gab er an, er sei noch jung, er gehe dahin, wie es sich weiterentwickle.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) wies den Antrag des BF mit Bescheid vom 05.07.2018 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten ab; gleichzeitig wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei.
Das BFA führte im Bescheid zusammengefasst aus, dass der BF persönlich unglaubwürdig sei und es nicht festgestellt werden könne, dass er sein Herkunftsland wegen seiner Homosexualität habe verlassen müssen. Selbst bei Wahrunterstellung wäre das Vorbringen aber nicht asylrelevant, da dem BF eine innerstaatliche Fluchtalternative offenstehen würde.
Der Bescheid des BFA wurde dem BF am 09.07.2018 zugestellt und erwuchs mangels Erhebung einer Beschwerde in Rechtskraft.
I.2. Gegenständlicher zweiter Antrag auf internationalen Schutz:
I.2.1. Am 16.10.2018 stellte der BF, nachdem er am 13.09.2018 nach illegaler Einreise aus Italien kommend aufgegriffen wurden war, einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Zu diesem wurde er am 17.10.2018 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt sowie am 29.10.2018 vor dem BFA niederschriftlich einvernommen.
Der BF führte zur Begründung des zweiten Antrages auf internationalen Schutz bei der Erstbefragung aus, er habe alle seine Gründe bereits beim ersten Antrag genannt; es sei in Bangladesch ein großes Problem, dass er schwul sei.
In seiner Einvernahme vor dem BFA gab er an, er stelle den neuen Antrag, da er homosexuell sei und das BFA wisse, wie ein homosexueller Mann in Bangladesch behandelt werde. Wenn er nach Bangladesch zurückkehren müsse, würde er getötet werden. Er habe noch immer dieselben Fluchtgründe wie bei seiner Einreise nach Österreich. Ein Freund habe ihm vor etwa vier oder fünf Tagen gesagt, dass er noch immer in Bangladesch gesucht werde. Er wolle hier in Österreich mit seiner persönlichen Meinung und Einstellung leben.
I.2.2. Das BFA wies mit Bescheid vom 30.10.2018, XXXX , den Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurück. Das BFA erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V). Das BFA sprach zudem aus, dass gemäß § 55 Abs. 1a keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.) und erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot.
Das BFA stellte im Bescheid zu den Gründen für den neuen Antrag auf internationalen Schutz fest, dass der BF seine Angaben auf sein als unglaubwürdig qualifiziertes Vorbringen im ersten Asylantrag stütze und er im gegenständlichen Verfahren unglaubwürdig weitere Fluchtgründe vorgebracht habe. Es habe sich daraus kein neuer Sachverhalt ergeben, die allgemeine maßgebliche Lage habe sich nicht geändert.
I.2.3. Gegen diesen Bescheid erhob der BF eine Beschwerde.
I.2.4. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.11.2018, XXXX , wurde der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF bei der Einvernahme am 29.10.2018 angegeben habe, dass er homosexuell sei und er hier in Österreich mit seiner persönlichen Meinung und Einstellung leben wolle. Dass sich dieses Vorbringen ausschließlich auf Sachverhalte beziehe, die schon vor Beendigung des Vorverfahrens verwirklicht worden wären, könne nicht gesagt werden. Es gehe vielmehr - entgegen den Ausführungen der belangten Behörde - über die im ersten Asylverfahren gemachten Angaben des BF wesentlich hinaus und mache eine beweiswürdigende Auseinandersetzung mit dem neuen Vorbringen erforderlich.
I.2.5. Am 12.12.2018 wurde der BF erneut vom BFA niederschriftlich einvernommen. Der BF verneinte darin die Frage, ob er „derzeit eine Beziehung“ führe und gab auf die Frage, wie lange er bereits ohne Partner sei sowie ob er sich als homosexuell oder bisexuell bezeichne, an, dass er seit seiner Ausreise aus Bangladesch keinen Partner mehr gehabt habe und er bis jetzt keinen Geschlechtsverkehr mit Frauen gehabt habe. Der BF legte im Rahmen seiner Einvernahme ein Schreiben der Organisation XXXX vor.
I.2.6. Das BFA wies mit Bescheid vom 21.01.2019, XXXX , den Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) erneut wegen entschiedener Sache zurück. Das BFA erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Das BFA sprach zudem aus, dass gemäß § 55 Abs. 1a keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.) und erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VII.).
Das BFA stellte zu den Gründen für den neuen Antrag auf internationalen Schutz fest, der BF stütze seine Angaben auf sein als unglaubwürdig qualifiziertes Vorbringen im ersten Asylantrag und habe im gegenständlichen Verfahren unglaubwürdig weitere Fluchtgründe vorgebracht. Es habe sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben, die allgemeine maßgebliche Lage habe sich nicht geändert.
I.2.7. Gegen diesen Bescheid erhob der BF wiederum eine Beschwerde.
I.2.8. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.02.2019, XXXX wurde der Beschwerde erneut stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.
Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der BF seinen nunmehrigen Antrag einerseits damit begründe, dass er, wie er bereits im Vorverfahren angegeben habe, aufgrund homosexueller Handlungen, die er vor seiner Ausreise in Bangladesch vorgenommen habe, noch immer verfolgt werde. Mit diesem Vorbringen stütze er sich auf Ereignisse, die von der Rechtskraft des Vorbescheides umfasst seien. Insoweit sei den Ausführungen des BFA nicht entgegenzutreten. Der BF habe darüber hinaus jedoch bei der Einvernahme am 29.10.2018 neu angegeben, dass er homosexuell sei und er „mit [s]einer persönlichen Meinung und Einstellung hier [in Österreich] leben möchte.“ Das BFA sei diesem neuen Vorbringen des BF nicht entgegengetreten und habe dieses insbesondere nicht als unglaubhaft gewertet. Das BFA habe auch das Vorbringen des BF, wonach er homosexuell sei, nicht als unglaubhaft erachtet. Das BFA sei lediglich zu dem Ergebnis gekommen, dass das, was dem BF laut seinen Angaben in Pakistan an konkreten Erlebnissen und Verfolgungshandlungen widerfahren sein soll, nicht den Tatsachen entspreche. Das BFA werde im fortzusetzenden Verfahren das im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erstattete Parteivorbringen sowie allfällig zwischenzeitig vorgelegte Beweismittel zu berücksichtigen. Eine zurückweisende Entscheidung wegen entschiedener Sache komme im vorliegenden Fall nicht mehr in Betracht.
I.2.8. Am 20.02.2019 langte beim BFA ein vom Bezirksgericht Wels übermittelter Strafantrag aufgrund des Vergehens der mittelbaren unrichtigen Beurkundung oder Beglaubigung nach § 228 Abs. 1 StGB durch den BF beim BFA ein.
I.2.9. Am 30.04.2019 wurde der BF erneut vor dem BFA niederschriftlich einvernommen.
Der BF legte eingangs ein Konvolut an Fotos, die ihn bei sozialen Aktivitäten zeigen, sowie diverse Schreiben, darunter des Vereins Queer Base und des Vereins „Homosexuelle Initiative Wien“, vor. Der BF gab in seiner Befragung zusammengefasst an, vom Staat versorgt zu werden und in Österreich Mitglied bei der XXXX ( XXXX ) und bei der Freikirche XXXX zu sein. Der BF habe keine Verwandten in Österreich, aber einige österreichische Freunde. Unter den Bengalen habe er nur seinen Partner und einen Freund. Der BF besuche einen Deutschkurs und spreche ein wenig Deutsch. Er sei gesund, habe aber manchmal Schmerzen im linken Brustbereich. In Bangladesch habe der BF mit seiner Mutter und seinem älteren Bruder gelebt und die Familie habe den Lebensunterhalt durch die Arbeit seiner Mutter in einem Büro für Elektrizität bestritten. Der BF selbst habe nicht gearbeitet. Der Vater des BF sei verstorben.
Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der BF an, bereits in Bangladesch homosexuell gewesen zu sein und einen Freund gehabt zu haben, mit dem er häufig unterwegs gewesen sei. Als sie elf oder zwölf Jahre alt gewesen seien, hätten sie begonnen, sich zu küssen und im Alter von 13 oder 14 hätten sie weitere sexuelle Handlungen vorgenommen und mit 14 Jahren sei es zum Geschlechtsverkehr gekommen. Dies sei bis August 2016 so weitergegangen, als die beiden in einem neu zu errichtenden Gebäude erwischt worden wären. Der BF sei von einer Person namens XXXX am Arm gepackt worden, aber er habe sich losreisen können und sei danach nicht mehr nach Hause, sondern direkt zu Verwandten gegangen. Bis der BF seine Verwandten erreicht habe, habe es eine Weile gedauert und inzwischen hätten viele von dem Vorfall erfahren, weshalb die Verwandten den BF nicht hätten aufnehmen wollen. Daher sei der BF zu einem Onkel seiner Mutter gegangen. Dort hätten Leute von der Ortschaft des BF angerufen und nach dem BF gefragt. Der BF sei daraufhin - ohne sich zu verabschieden -fortgegangen und sei mit einem Bus nach XXXX gefahren. Seine Mutter sei, nachdem der BF sie telefonisch kontaktiert habe, nach XXXX gekommen und habe dem BF erzählt, dass alle in der Ortschaft, auch die Moscheen, über den BF Bescheid wissen und nach ihm suchen würden. Alle möglichen Leute seien in ihr Haus gekommen und hätten auch den Bruder des BF bedroht. Nach dem Vorfall habe sich der BF nur mehr maximal ein Monat, in einem Hotel in XXXX , in Bangladesch aufgehalten. Während dieser Zeit sei er nicht bedroht worden, aber seine Angehörigen zu Hause schon. Die Mutter des BF habe diesem gesagt, dass 90 % der Bewohner Muslime seien und selbst der Staat und die Polizei gegen Homosexualität wären, weshalb er das Land verlassen solle. Die Leute aus der Ortschaft und die Polizei würden den BF noch immer suchen. Sein damaliger Freund sei aus einer reichen und recht machhabenden Familie und ein Freund des BF habe von Leuten aus der Ortschaft gehört, dass erzählt werde, der BF habe diesen zum Geschlechtsverkehr gezwungen. Im Fall einer Rückkehr befürchte der BF, dass er kein ordentliches Leben führen könne. Falls er einen Partner finden würde, wäre es nicht möglich, mit diesem zusammenzuleben.
Der BF sei mit einem Asylwerber in einer Beziehung und habe diesen das erste Mal bei der XXXX im Dezember 2018 gesehen. Sie würden sich zwei bis drei Mal wöchentlich treffen. Der BF sei homosexuell und könne keinen Geschlechtsverkehr mit Frauen haben.
I.2.10. In der Stellungnahme des BF, vertreten durch die XXXX , vom 14.05.2019 wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF glaubhaft und substantiiert vorgebracht habe, homosexuell zu sein und zur Untermauerung seines Vorbringens zahlreiche Beweismittel zur Vorlage gebracht habe. Die vorgelegten Fotos würden den BF mit seinem Lebensgefährten zeigen und die Schreiben, insbesondere der XXXX und der Homosexuellen Initiative Wien, würden eine Eingliederung in die LGBT-Community beweisen. Der BF habe im Verfahren detailliert dargestellt, wie sein Coming-Out-Prozess in Bangladesch gewesen sei und welche inneren Kämpfe und Zwänge er in einem konservativ-islamisch geprägtem Umfeld ausgeliefert sei.
Zu den Länderberichten wurde angeführt, dass dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu entnehmen sei, dass homosexuelle Personen in Bangladesch einerseits der gesellschaftlichen Diskriminierung, andererseits der staatlichen bzw. quasistaatlichen Verfolgung ausgesetzt seien. Es werde ein besonders prekäres Bild gezeichnet. Aktuell würden Menschen ihre von der Norm abweichende sexuelle Orientierung in Bangladesch nicht frei und offen leben und seien diese Menschen bemüht, die sexuelle Orientierung zu verheimlichen und zu verstecken, um einer Verfolgung zu entgehen. Berichte über die Verfolgungswahrscheinlichkeit in Bangladesch gebe es nicht, da es aufgrund der Gefahr und der Ängste der Betroffenen keine offen ausgelebte nicht-normative Sexualität gebe. Dabei sei auch auf die UNHCR SOGI Richtlinien vom 23.10.2012 Bedacht zu nehmen, wonach internationale Organisationen in bestimmten Ländern nach wie vor nur beschränkte Möglichkeiten hätten, Übergriffe gegen LGBTIQ-Personen zu beobachten und zu dokumentieren. Auch die Stigmatisierung rund um das Thema sexuelle Orientierung und/oder geschlechtliche Identität trage laut den Richtlinien dazu bei, dass Zwischenfälle nicht angezeigt werden würden. Die in den Länderberichten angegebenen Informationen können nur die Mindestanzahl der Übergriffe darstellen, da notwendigerweise eine oft erhebliche Dunkelziffer bleibe und sich nur das Niveau der Verfolgung von versteckt lebenden LGBTIQ-Personen, welche entdeckt worden seien, abbilde. In einem durch Human Rights Watch veröffentlichten Bericht werde ausgeführt, dass sich die LGBT-Community in Bangladesch unter permanentem Druck befinde. Verwiesen wurde zudem auf einen Bericht von Amnesty International, in dem von einer Zunahme der Gewalt und Morden durch Extremisten berichte, auf einen Bericht der Organisation Freedom House über dutzende Angriffe auf LGBT-Personen sowie auf Berichte in diversen Medien betreffend Morde an LGBT-Aktivisten, einer Verhaftung eines lesbischen Paares wegen ihrer gleichgeschlechtlichen Beziehung, sowie ein Interview eines LGBT-Aktivisten, der Bangladesch aufgrund von Drohungen, einer Entführung und Vergewaltigung verlassen habe.
Weiters wurde auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes verwiesen, in denen ausgesprochen wurde, dass ein offenes Bekenntnis zur Homosexualität in Bangladesch unmöglich sei und oft durch die Familie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zur Verfolgungshandlungen führe sowie dass es zu Belästigungen, Missbrauch, Verhaftungen und Anhaltungen durch die Polizei komme und es zu weiteren massiven Diskriminierungen kommen könne.
Zur Verfolgungsgefahr des BF wurde ausgeführt, dass dem BF im Fall einer Rückkehr eine Ermordung drohe und der Familie des BF bereits Morddrohungen übermittelt worden seien. Die Familie des BF habe diesen verstoßen, auch sein Bruder habe sich gegen den BF gewandt. Die Mutter des BF habe dem BF geraten, nicht nach Bangladesch zurückzukommen. Die Länderberichte würden das Ausmaß der Verfolgung von LGBTI-Personen und die damit einhergehende Gefahr deutlich machen. Dem BF drohen neben Diskriminierung auch vielfältige Repressalien, welche willkürliche Inhaftierungen, rechtsgrundlose Anhaltung, (sexuellen) Missbrauch, Erpressung und Morddrohungen beinhalten. Aufgrund dieser Vielzahl alltäglicher Gelegenheiten, die eine Verfolgung asylrelevanten Ausmaßes unmittelbar hervorrufen können, sei von einer Gruppenverfolgung homosexueller Männer in Bangladesch auszugehen. Selbst wenn man keine individuelle Verfolgung annehme, sei der BF daher einer Gruppenverfolgung ausgesetzt. Ein Verbergen der sexuellen Orientierung im Herkunftsstaat zwecks Hintanhaltung von Verfolgungshandlungen zu verlangen, sei nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung jedenfalls unzulässig.
I.2.11. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17.05.2019 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen den BF wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass alleine aufgrund der Tatsache, dass der BF homosexuell sei, keine asylrechtliche Verfolgungsgefahr bestehe. Es werde nicht verkannt, dass Homosexuelle in Bangladesch mitunter einer Diskriminierung ausgesetzt werden können, jedoch erreiche diese keine asylrechtliche Intensität. Der BF habe, obwohl bekannt geworden sei, dass er homosexuell sei, circa einen Monat in XXXX ohne Probleme leben können. Es hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben, dass es ihm nicht möglich gewesen wäre, weiterhin in dieser Stadt zu leben. Beim BF handle es sich um einen jungen, arbeitsfähigen und gesunden Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden könne. Es seien keine Gründe ersichtlich, weshalb der BF keiner Erwerbstätigkeit nachgehen könne. Der BF sei in Bangladesch aufgewachsen und in die Schule gegangen und habe die überwiegende Zeit seines Lebens in Bangladesch verbracht. Es könne davon ausgegangen werden, dass der BF auch im Rahmen seines Familienverbandes – seine Eltern leben in Bangladesch – eine ausreichende wirtschaftliche und soziale Unterstützung gewährleistet sei. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" würden nicht vorliegen und würden zudem die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Die Abschiebung des BF sei als zulässig zu bewerten.
I.2.12. Mit Schriftsatz vom 12.06.2019 wurde der Bescheid des BFA seitens des – rechtsfreundlich vertretenen – BF zur Gänze angefochten.
Begründend wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass das Länderinformationsblatt ein prekäres Bild über die Situation von LGBTIQ-Personen zeichne, aber nicht ausreiche, um ein umfassendes Bild von der Lage zu erlangen, weshalb zwei ACCORD-Anfragebeantwortungen in Vorlage gebracht werden. Im Zuge der Einvernahme habe der BF XXXX erwähnt, mit dem der BF eine Beziehung führe. Im Rahmen seiner Ermittlungspflicht wäre das BFA daher verpflichtet gewesen, weitere Feststellungen bezüglich dieser Person zu treffen, auch nach dessen Befragung als Zeuge. Zum Beweis, dass der BF homosexuell sei, werde die zeugenschaftliche Einvernahme von Herrn XXXX sowie von Herrn XXXX beantragt. Mit der erstgenannten Person führe der BF eine geschlechtliche Beziehung und mit der zweiten Person besuche der BF diverse Veranstaltungen, wie zuletzt den EuroPride PoolDay. Die Behörde habe zudem ihre Ermittlungspflicht verletzt, indem sie nicht durch konkretere Fragen bezüglich relevanter Sachverhaltselemente drauf hingewirkt habe, dass wesentliche Angaben gemacht werden.
Hinsichtlich der Beweiswürdigung wurde angeführt, dass die vorgelegten Beweismittel keine Berücksichtigung gefunden hätten und die Beweiswürdigung insgesamt äußerst „dürftig“ ausfalle. Dass (noch) keine strafrechtliche Verfolgung gegen den BF eingeleitet worden sei, möge seine Ursache darin haben, dass der BF damals noch minderjährig gewesen sei.
Zur rechtlichen Beurteilung wurde ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des EuGH der Konnex zu einem Konventionsgrund gegeben sei, weil Homosexuelle eine bestimmte soziale Gruppe darstellen würden. Der VwGH habe ausgesprochen, dass von einem Asylwerber nicht erwartet werden könne, dass er seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim halte, um eine Verfolgung zu vermeiden; dies entspreche auch der Rechtsprechung des BVwG. Eine innerstaatliche Fluchtalternative stehe nicht zur Verfügung, da es dem BF nicht zumutbar sei, seine sexuelle Orientierung zu verstecken und er im Fall der offenen Ausübung seiner Homosexualität im gesamten Staatsgebiet sowohl staatlich als auch gesellschaftlich verfolgt werden würde.
Zudem wurde dargelegt, dass dem BF als homosexuellem Mann, der seine sexuelle Orientierung auch leben möchte, in seinem Herkunftsstaat eine Verletzung von Art. 3 EMRK drohe. Außerdem habe der BF ein schützenswertes Privatleben in Österreich. Er sei in die österreichische LGBTIQ* Community integriert. Zudem leide der BF an einer Depression und benötige deswegen Psychopharmaka und eine Psychotherapie, die dem BF in seinem Herkunftsland nicht zugänglich wäre. Auch dies verstärke seine Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet.
I.2.13. Am 13.06.2019 legte das BFA die Beschwerde und den Akt des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
I.2.14. Am 13.06.2019 wurden die in der Beschwerde erwähnten Beilagen, die ACCORD Anfragebeantwortung zu Bangladesch: Lage von LGBT-Personen, speziell in XXXX und anderen Großstädten: Gewalt und Behandlung durch den Staat vom 30.05.2018 sowie die ACCORD Anfragebeantwortung zu Bangladesch: Bestimmungen und Anwendung des bangladeschischen Strafgesetzes zur Homosexualität, gesellschaftlicher Umgang mit Homosexualität, Existenz von Organisationen, die sich für LGBT-Personen einsetzen, Vernetzung von Homosexuellen, Berichte über Gewalt gegen Homosexuelle vom 01.06.2016, nachgereicht.
I.2.15. Am 09.07.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an der der BF und seine Rechtsvertretung teilnahmen. Vor dieser Verhandlung wurde dem BF das aktuelle Länderinformationsblatt (Stand April 2020) zur Kenntnis und Stellungnahme übermittelt. Im Zuge der Verhandlung wurde der BF erneut ausführlich u.a. zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Bangladesch befragt.
Einleitend legte der BF diverse Empfehlungsschreiben, eine Einstellungszusage, Fotos und Bestätigungen über Deutschkurse vor (ein Zertifikat über den Abschluss wurde nicht vorgelegt); weiters wurden dem Gericht Ausdrucke von Facebook-Posts übermittelt.
Als Zeuge wurde XXXX namhaft gemacht; dieser sollte die Homosexualität des BF bestätigen können.
In der Beweisaufnahme führte der BF aus, dass er bei einer Einvernahme Probleme mit dem Dolmetscher hatte.
Der BF sei grundsätzlich gesund, habe jedoch psychische Probleme und nehme deshalb regelmäßig Medikamente ( XXXX ).
Kontakt zu seiner Familie habe er keinen, den letzten telefonischen Kontakt zu seiner Mutter habe er kurz nachdem er im Jahr 2018 nach Österreich gekommen sei, gehabt. Dieser Kontakt habe über einen Freund stattgefunden, weil sein Bruder nicht haben will, dass der BF mit der Mutter kontakt habe. Mittlerweile wisse der BF nicht, ob seine Familie noch in der gleichen Ortschaft wohne.
Der BF sagte aus, er sei am 13.03.2002 geboren worden. Er sei mit vier oder viereinhalb Jahren in die Schule gekommen. Die Schule habe er sieben Jahre lang besucht. Nach einem Vorfall, den Fluchtgrund, habe er sodann Bangladesch verlassen (BVwG VS S 7). Demnach wäre der BF 11 ½ Jahre alt gewesen, als er Bangladesch verließ.
Hingegen führte er später in der Verhandlung aus, dass er Bangladesch mit 14 ½ oder 14 Jahren und 7 oder 8 Monate verlassen habe (BVwG VS S 17).
Seine Mutter habe die Flucht samt Schleppung organisiert. Es habe dies vermutlich eine Million Taka gekostet, seine Mutter würde monatlich um die 20.000 bis 25.000 Taka in einem Elektrikerbüro verdienen; der BF gehe davon aus, dass sie Schmuck und Grundstücke verkauft habe, um die Ausreise zu finanzieren; er wisse es nicht genau.
Der BF hat keine Verwandten und keine Kinder in Österreich.
Gefragt, ob der BF eine Beziehung habe, antwortete er: „Nein, also Beziehung … verheiratet oder so eine Beziehung habe ich nicht.“.
Er habe jedoch regelmäßig homosexuellen Geschlechtsverkehr mit XXXX .
Er sei aktiv in der Queer-Community tätig und wurde dies auch durch den in der Verhandlung vor dem BVwG einvernommenen Zeugen XXXX bestätigt. Dieser berichtete, dass der BF „brav mithelfe“ bei diversen Veranstaltungen, dass der BF „leuchtende Augen“ bekäme, wenn er sich in der Community befände und man merken würde, dass sich der BF wohl fühle. Mittlerweile kenne man den BF innerhalb der Queer-Community. Der Zeuge selbst habe keinen homosexuellen Kontakt mit dem BF gehabt, und er wisse auch nichts über die Fluchtgründe. Der BF habe sie ihm nicht erzählt und er habe nicht danach gefragt. Sie würden sich auf Englisch und ein wenig Deutsch unterhalten.
Mit dem BF war ein Gespräch in deutscher Sprache möglich, der Sprachwortschatz ist jedoch sehr begrenzt; diese Feststellungen konnten im Rahmen der Verhandlung vor dem BVwG getroffen werden.
Der BF lebt von der Grundversorgung.
Nachgefragt, was der BF nach dem rechtskräftigen Bescheid des BFA vom 09.07.2018, mit dem der Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen worden war, gemacht habe, sagte der BF, dass er im Bundesgebiet verblieb. Er habe auf der Straße, im Zug und in Bahnhöfen gelebt.
Einmal sei er versehentlich in Innsbruck in einen falschen Zug eingestiegen und nach Italien gefahren. Er sei zurückgeschickt, festgenommen und ins Gefängnis gebracht worden.
Nachdem er entlassen worden war, sei er in einem Lager für Minderjährige in Niederösterreich untergebracht worden. Dort habe er einen Jungen namens „ XXXX (phonetisch) getroffen, der ihm den Kontakt zu XXXX verschafft habe. Seinen ersten homosexuellen Geschlechtsverkehr in Österreich habe er erst im Jänner oder Februar 2019 gehabt.
Befragt durch den Richter gab der BF an, dass er in Österreich bisher mit sieben bis acht Personen, in Bangladesch mit drei bis vier Personen homosexuellen Geschlechtsverkehr gehabt habe (BVwG VS S 16); im Zuge der Verhandlung änderte der BF seine diesbezügliche Aussage betreffend Sexualpartner in Bangladesch (über Nachfrage des Beschwerdeführervertreters) und meinte, er hätte „so mit 1, 2 Personen …Sex und mit 4 bis 5 Personen … Sex-Spiele“ gehabt (BVwG S 22). Den ersten homosexuellen Geschlechtsverkehr in Bangladesch habe er im Dezember 2015 oder Anfang 2016 gehabt (BVwG VS 17).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
II.1.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensumständen in Österreich:
Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der muslimischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali.
Festgestellt wird, dass das BVwG vom Geburtsdatum 24.10.1999 ausgeht.
Der BF stammt aus XXXX . Er hat in Bangladesch – nach seinen Angaben – mit vier, viereinhalb Jahren mit der Schule begonnen und diese sieben Jahre lang besucht und nie gearbeitet. Widersprüchlich ist dazu die Aussage, dass der BF Bangladesch mit vierzehneinhalb Jahren Vor seiner Ausreise aus Bangladesch im Jahr 2016 lebte der BF in XXXX . Die Mutter des BF sorgte für den Lebensunterhalt der Familie. Der Vater des BF ist verstorben.
Die Mutter und der Bruder des BF leben in Bangladesch. Der BF hatte zuletzt ein bis zwei Monate nach seiner Einreise nach Österreich Kontakt zu seiner Familie. Er hat Kontakt zu einem Freund in Bangladesch.
Der BF verließ Bangladesch im Jahr 2016 und stellte am 21.03.2018 seinen ersten Asylantrag im Bundesgebiet, welcher mit Bescheid vom 05.07.2018 rechtskräftig abgewiesen wurde. Der BF verließ das österreichische Bundesgebiet. Am 13.09.2018 reiste der BF aus Italien kommend erneut illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 16.10.2018 den gegenständlichen zweiten Asylantrag.
Der BF bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.
Der BF ist Mitglied des Vereins der XXXX Wien. Er besucht regelmäßig Deutschkurse (ohne Abschluss) und Veranstaltungen der XXXX sowie – laut schriftlicher Bestätigung - den Sonntagsgottesdienst und Veranstaltungen der Jugendgruppe der Freikirche XXXX . Gleichzeitig gibt der BF (mehrmals) zu Protokoll, dass er Muslim sei (zuletzt BVwG VS S 11). Der BF hat an einem „Workshop gegen die Angst“ des Vereins „PatInnen für alle“ teilgenommen.
Der BF ist ledig und hat keine Kinder; er lebt in Österreich ohne Beziehung, hat aber nach seinen Aussagen regelmäßigen homosexuellen Geschlechtsverkehr.
Im Bundesgebiet befinden sich keine Familienangehörigen des BF.
Der BF ist strafrechtlich unbescholten.
Der BF ist arbeitsfähig.
II.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:
Es wird festgestellt, dass mit rechtskräftiger Entscheidung vom 05.07.2018 der Antrag des BF auf internationalen Schutz und Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde. Zugleich wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei.
Es wird festgestellt, dass der BF im Jahr 2018 das Bundegebiet (nach Italien) verließ, jedoch wieder nach Österreich geschickt wurde.
Es wird festgestellt, dass der BF am 16.10.2018 einen neuerlichen, den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Das vom BF im Rahmen seines ersten Antrags auf internationalen Schutzes geltend gemachte Vorbringen (bezüglich homosexueller Handlungen in seinem Herkunftsstaat) wurde bereits rechtskräftig als unglaubwürdig qualifiziert. Es wird daher festgestellt, dass der BF seine Homosexualität in Bangladesch ausleben konnte, ohne von staatlichen Autoritäten verfolgt zu werden.
Es wird festgestellt, dass sich der in Bangladesch aufhältige Bruder des BF wegen der sexuellen Orientierung des BF gegen diesen gewendet hat und den Kontakt zum BF verweigert und auch den Kontakt zwischen dem BF und seiner Mutter unterbindet.
Es wird festgestellt, dass der BF in Österreich keine Beziehung hat.
Es wird festgestellt, dass der BF seit Jänner/Februar 2019 mit verschiedenen Personen in Österreich homosexuellen Geschlechtsverkehr hat, aber in keiner Beziehung mit den Geschlechtspartnern lebt.
Festgestellt wird, dass das gesamte Vorbringen des BF in der Beschwerde nur allgemeine Berichte widergibt, aber keine konkrete Verfolgungshandlung gegen den BF darlegte. Festgestellt wird, dass die während des Verfahrens vorgelegten Dokumente keine konkrete Verfolgungshandlung gegen den BF darlegten. Auch belegen insbesondere die Anfragebeantwortungen von ACCORD vom 01.06.2016 und vom 30.05.2018 keine konkreten, individuellen Verfolgungshandlungen gegen den BF, sondern beziehen sich auf allgemeine Berichte aus den Jahren 2015 bis 2019.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF wegen seiner Homosexualität einer konkreten Verfolgung durch staatliche Organe und Autoritäten in Bangladesch ausgesetzt ist.
Es liegen auch keine anderen Gründe vor, aufgrund derer der BF in seinem Heimatland eine Verfolgung bzw. Gefährdung zu befürchten hätte. Dem BF steht eine innerstaatliche Fluchtalternative, insbesondere in der Hauptstadt Dhaka (ca 20 Mio Einwohner), in der sich der BF ohne Verfolgungshandlungen aufhalten konnte, zur Verfügung.
II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:
Politische Lage
Bangladesch – offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People's Republic of Bangladesh / Gaṇaprajātantrī Bāṃlādeś) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 11.2019a). Das Land befindet sich größtenteils in der Deltaebene, die durch die Mündung der Flüsse Ganges und Brahmaputra in den Golf von Bengalen (Indischer Ozean) gebildet wird. Nachbarstaaten sind Indien (Westen, Norden und Osten) und Myanmar (Südosten). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km² (CIA 13.3.2020) leben etwa 163 Millionen Einwohner (CIA 13.3.2020; vgl. GIZ 3.2020, AA 6.3.2020a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer, der am dichtesten besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km²) (WPR o.D.; vgl. AA 6.3.2020a).
Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige Übergangsregierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB 8.2019; vgl. GIZ 11.2019a). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 11.2019a).
Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten, Abgeordneten (ÖB 8.2019) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (USDOS 11.3.2020; vgl. GIZ 11.2019a). Diese werden nicht direkt durch eine Wahl vergeben, sondern durch die Parteien, die es ins Parlament schaffen, nominiert (GIZ 11.2019a; vgl. USDOS 11.3.2020). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der Übergangsregierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 8.2019).
Das politische Leben wird durch die beiden dominierenden und konkurrierenden größten Parteien, die „Awami League“ (AL) und „Bangladesh Nationalist Party“ (BNP) bestimmt (ÖB 8.2019). Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 22.7.2019; vgl. DGVN 2016). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 2020).
Seit 2009 ist Sheikh Hasina Wazed von der Awami League (AL) Premierministerin (GIZ 11.2019a; vgl. ÖB 8.2019). Im Jänner 2019 wurde Sheikh Hasina für ihre vierte Amtszeit, die dritte Amtszeit in Folge, als Premierministerin angelobt. Im Februar 2019 gab sie bekannt, dass sie nach dieser Amtszeit an die „junge Generation“ übergeben wolle (DW 14.2.2019).
Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die „Große Allianz“ um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DS 10.1.2019, DW 14.2.2019), wobei in zwei Wahlkreisen aufgrund von Gewalt (DS 10.1.2019) bzw. dem Tod eines Kandidaten Nachwahlen notwendig waren (DT 27.1.2019).
Es gibt Berichte über Wahlmanipulation. Die Opposition verurteilte die Wahl als „Farce“ und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl „völlig frei und unabhängig“ (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl „viel freier und fairer“ ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Die Wahlen vom 30. Dezember 2018 waren durch Übergriffe auf Oppositionelle, willkürliche Verhaftungen und Einschüchterungen der Stimmberechtigten gekennzeichnet (HRW 14.1.2020). Am Wahltag waren rund 600.000 Sicherheitskräfte, darunter Armee und paramilitärische Truppen, im Einsatz, um die Gewalt einzudämmen (Guardian 30.12.2018). Frühzeitig wurde die Wahl durch die Wahlkommission als frei und fair bezeichnet. Unregelmäßigkeiten wurden nicht untersucht. Stattdessen wurden Journalisten wegen ihrer Berichterstattung verhaftet (HRW 14.1.2020). Es wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).
Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potenzial, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 11.2019a).
Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden, innerparteilichen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei das Wahlergebnis angefochten hatte und nun nicht mehr im Parlament vertreten ist (GIZ 11.2019a).
Die erste Verfassung trat 1972 in Kraft und setzte neben der demokratischen Staatsform auch Säkularismus, Sozialismus und Nationalismus als Ziele fest. Nach zahlreichen Verfassungsänderungen wurde 1988 der Islam als Staatsreligion eingeführt bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen (ÖB 8.2019). Die verfassungsändernde Mehrheit der AL im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration. Gesetzesinitiativen schränken den Spielraum der Zivilgesellschaft weiter ein (ACCORD 12.2016). Die Ankündigung von PM Sheik Hasina, ein Tribunal einzusetzen, um erstmals die Verantwortlichen für die Kriegsverbrechen im Unabhängigkeitskrieg 1971, aber auch für die Ermordung ihres Vaters und Staatsgründers Sheikh Rajibur Rahman 1975 sowie versuchte Mordanschläge auf ihr eigenes Leben 2004 zur Rechenschaft zu ziehen, stoßen in gewissen (pro-pakistanischen Kreisen) in Bangladesch auf heftigen Widerstand (ÖB 8.2019).
Die Kommunalwahlen 2019 fanden an fünf verschiedenen Wahltagen zwischen 10.3. und 18.6.2019 statt (bdnews24 20.6.2019; vgl. bdnews24 3.2.2019). Nachdem die BNP und einige andere Parteien die Wahlen boykottierten, wurde eine niedrige Wahlbeteiligung beobachtet (bdnews24 20.6.2019; vgl. DS 10.3.2019). Die Kandidaten der AL waren in 317 von 470 Upazillas [Landkreisen] siegreich, in 149 Upazillas gewannen unabhängige Kandidaten, die vorwiegend abtrünnige der Regierungsparteien sind. In 115 Upazillas gab es keine Gegenkandidaten (bdnews 20.6.2019). Für die Nachwahlen in insgesamt 8 Upazillas am 14.10.2019 kündigte die BNP jedoch eine Teilnahme an (PA 8.9.2019).
Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralistisch: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 92 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), über 4.500 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (ÖB 8.2019). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 8.2019).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (6.3.2020a): Bangladesch – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/-/206322 , Zugriff 1.4.2020
AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (22.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw ärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2019),_22.07.2019.pdf https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw ärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2019),_22.07.2019.pdf, Zugriff 2.4.2020
ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (12.2016): Länderkurzübersicht Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/1047992/90_1485186416_122016-bangladesch.pdf , Zugriff 2.4.2020
BBC (31.12.2018): Bangladesh election: PM Sheikh Hasina wins landslide in disputed vote, https://www.bbc.com/news/world-asia-46718393 , Zugriff 6.4.2020
bdnews24 (3.2.2019): 87 Upazila councils go to election on Mar 10 in first phase, https://bdnews24.com/bangladesh/2019/02/03/87-upazila-councils-go-to-election-on-mar-10-in-first-phase , Zugriff 6.4.2020
bdnews24 (20.6.2019): Turnout in Upazila polls drops 50% from general elections, https://bdnews24.com/bangladesh/2019/06/20/turnout-in-upazila-polls-drops-50-from-general-elections , Zugriff 6.4.2020
BN24 - Bangla News 24 (31.12.2018): Grand alliance wins 288 seats, https://www.banglanews24.com/english/national/article/73191/Grand-alliance-wins-288-seats , Zugriff 7.3.2019
CIA – Central Intelligence Agency (13.3.2020): The World Factbook – Bangladesh, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/bg.html , Zugriff 1.4.2020
DS – Daily Star, the (10.1.2019): BNP's Sattar bags B'baria-2, https://www.thedailystar.net/bangladesh-national-election-2018/bangladesh-re-election-3-centres-brahmanbaria-2-constituency-going-peacefully-1685053 , Zugriff 6.4.2020
DS – Daily Star, the (10.3.2019): First phase upazila polls end, counting starts, https://www.thedailystar.net/country/news/election-78-upazilas-begins-1712992 , Zugriff 6.4.2020
DT – Dhaka Tribune (27.1.2019): Ruling party's Dr Younus Ali Sarker wins Gaibandha 3 by-polls,https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2019/01/27/voting-in-gaibandha-3-by-polls-underway , Zugriff 6.4.2020
DT – Dhaka Tribune (8.12.2018): EC rejects Khaleda Zia’s candidature by majority decision, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2018/12/08/khaleda-zia-s-appeal-remains-pending , Zugriff 7.3.2019
DW – Deutsche Welle (14.2.2019): Bangladesh PM Sheikh Hasina hints at last term as prime minister, https://www.dw.com/en/bangladesh-pm-sheikh-hasina-hints-at-last-term-as-prime-minister/a-47513555 , Zugriff 6.4.2020
DGVN – Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen (2016): EWP – Eine Welt Presse . Menschenwürdige Arbeitsbedingungen, https://nachhaltig-entwickeln.dgvn.de/fileadmin/publications/PDFs/Eine_Welt_Presse/20170119_EWP_Arbeitsbedingungen_Nachdruck-web.pdf , Zugriff 2.4.2020
FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020 , Zugriff 1.4.2020
GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (11.2019a): Bangladesch – Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/ , Zugriff 24.3.2020
GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020): Bangladesch – Überblick, https://www.liportal.de/bangladesch/ueberblick/ , Zugriff 24.3.2020
Guardian, The (30.12.2018): Bangladesh PM Hasina wins thumping victory in elections opposition reject as 'farcical', https://www.theguardian.com/world/2018/dec/30/bangladesh-election-polls-open-after-campaign-marred-by-violence , Zugriff 6.4.2020
Hindu, The (1.1.2019): Hasina’s triumph: on Bangladesh election results, https://www.thehindu.com/opinion/editorial/hasinas-triumph/article25874907.ece , Zugriff 6.4.2020
HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022700.html , Zugriff 1.4.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (8.2019): Asylländerbericht Bangladesch
PA – Prothom Alo (8.9.2019): BNP to join upazila polls: Fakhrul, https://en.prothomalo.com/bangladesh/news/201499/BNP-to-join-upazila-polls-Fakhrul , Zugriff 6.4.2020
Reuters (1.1.2019): Western powers call for probe into Bangladesh election irregularities, violence, https://www.reuters.com/article/us-bangladesh-election/western-powers-call-for-probe-into-bangladesh-election-irregularities-violence-idUSKCN1OV1PK , Zugriff 6.4.2020
HRW - Human Rights Watch (13.12.2018): Bangladesh: Crackdown as Elections Loom, https://www.ecoi.net/de/dokument/1454483.html https://www.ecoi.net/de/dokument/1454483.html https://www.ecoi.net/de/dokument/1454483.html , Zugriff 6.4.2020
USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026382.html , Zugriff 24.3.2020
WPR – World Population Review (o.D.): World Countries by Population Density 2020, http://worldpopulationreview.com/countries/countries-by-density/ Zugriff 6.4.2020
Allgemeine Menschenrechtslage
Bangladesch hat bisher mehrere UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert (ÖB 8.2019; vgl. UNHROHC o.D.). Die Verfassung von Bangladesch in der seit 17. Mai 2004 geltenden Fassung listet in Teil III, Artikel 26 bis 47A, einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Artikel 102 aus Teil VI, Kapitel 1 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abteilung des Obersten Gerichtshofes. Jeder Person, die sich in ihren verfassungsmäßigen Grundrechten verletzt fühlt, steht der direkte Weg zum „High Court“ offen. Die „National Human Rights Commission“ wurde im Dezember 2007 unter dem „National Human Rights Commission Ordinance“ von 2007 eingerichtet, hat aber noch keine nennenswerte Aktivität entfaltet (ÖB 8.2019).
Teils finden Menschenrechtsverletzungen auch unter Duldung und aktiver Mitwirkung der Polizei und anderer Sicherheitskräfte statt (GIZ 11.2019a). Dazu zählen außergerichtliche Tötungen, Verschwinden lassen von Personen, willkürliche Festnahmen und Verhaftungen und Folter (USDOS 11.3.2020). Die Regierung verhaftete laut neuesten Berichten bis zu 2000 Mitglieder der RABs wegen diverser Vergehen. Obwohl die RABs in den letzten Jahren hunderte Tötungen bzw. mutmaßliche Morde verübt haben, kam es noch zu keiner Verurteilung wegen außergerichtlicher Tötungen, Folter oder willkürlicher Verhaftungen (ÖB 8.2019, siehe auch Abschnitt 5).
Menschenrechtsverletzungen beinhalten weiters harte und lebensbedrohende Haftbedingungen, politische Gefangene, willkürliche oder rechtswidrige Eingriffe in die Privatsphäre, Zensur, Sperrung von Websites und strafrechtliche Verleumdung; erhebliche Behinderungen der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, wie beispielsweise restriktive Gesetze für Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Beschränkungen der Aktivitäten von NGOs; erhebliche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit; Einschränkungen der politischen Partizipation, da Wahlen nicht als frei oder fair empfunden werden; Korruption, Menschenhandel; Gewalt gegen Lesben, Homosexuelle, Bisexuelle, Transgender- und Intersexuelle (LGBTI) und Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher sexueller Aktivitäten; Einschränkungen für unabhängige Gewerkschaften und der Arbeitnehmerrechte sowie die Anwendung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit (USDOS 11.3.2020).
Die Regierung von Bangladesch ignoriert Empfehlungen im Hinblick auf glaubwürdige Berichte zu Wahlbetrug, hartem Vorgehen gegen die Redefreiheit, Folterpraktiken von Sicherheitskräften und zunehmenden Fällen von erzwungenem Verschwinden und Tötungen (EEAS 1.1.2019; vgl. HRW 14.1.2020).
Das Gesetz verbietet Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen und es werden Maßnahmen ergriffen, um diese Bestimmungen wirksamer durchzusetzen. Fälle von Diskriminierung und gesellschaftlicher Gewalt gegen religiöse und ethnische Minderheiten sowie von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung bestehen fort (USDOS 11.3.2020). Das Informations- und Kommunikationstechnologiegesetz (Information and Communication Technology Act - ICT Act) wird angewandt, um Oppositionelle und Mitglieder der Zivilgesellschaft wegen Delikten von Verleumdung juristisch zu verfolgen (USDOS 11.3.2020).
Bangladesch ist nach wie vor ein wichtiger Zubringer wie auch Transitpunkt für Opfer von Menschenhandel. Jährlich werden Zehntausende Menschen in Bangladesch Opfer von Menschenhandel. Frauen und Kinder werden sowohl in Übersee als auch innerhalb des Landes zum Zweck der häuslichen Knechtschaft und sexuellen Ausbeutung gehandelt, während Männer vor allem zum Zweck der Arbeit im Ausland gehandelt werden. Ein umfassendes Gesetz zur Bekämpfung des Menschenhandels aus dem Jahr 2013 bietet den Opfern Schutz und verschärft die Strafen für die Menschenhändler, doch die Durchsetzung ist nach wie vor unzureichend (FH 2020). Internationale Organisationen behaupten, dass einige Grenzschutz-, Militär- und Polizeibeamte an der Erleichterung des Handels mit Rohingya-Frauen und -Kindern beteiligt waren. Formen der Unterstützung von Menschenhandel reichen dabei von „Wegschauen“ über Annahme von Bestechungsgelder für den Zugang der Händler zu Rohingya in den Lagern bis hin zur direkten Beteiligung am Handel (USDOS 11.3.2020).
Quellen:
EEAS - European External Action Service (1.1.2019): Statement by the Spokesperson on parliamentary elections in Bangladesh, https://eeas.europa.eu/headquarters/headquarters-homepage/56110/node/56110_es , Zugriff 6.4.2020
FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020 , Zugriff 1.4.2020
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (11.2019a): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat , Zugriff 24.3.2020
HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022700.html , Zugriff 1.4.2020
HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002245.html , Zugriff 27.2.20191.4.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (8.2019): Asylländerbericht Bangladesch
UNHROHC- United Nations Human Rights Office of the High Commissioner (o.D.): View the ratification status by country or by treaty - Bangladesh, http://tbinternet.ohchr.org/_layouts/TreatyBodyExternal/Treaty.aspx?CountryID=37&Lang=EN , Zugriff 5.3.2019
USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026382.html , Zugriff 26.3.2020
SOGI - Sexuelle Orientierung und Genderidentität
Homosexuelle Handlungen sind illegal und können nach § 377 des „Bangladesh Penal Code, 1860“ (BPC) mit lebenslangen Freiheitsentzug (ILGA 3.2019), mit einer Haftstrafe von bis zu zehn Jahren, inklusive der Möglichkeit einer Geldstrafe bestraft werden (ILGA 3.2019; vgl. AA 27.7.2019).
Das Gesetz wird nicht aktiv angewandt.
Gerichtsverfahren oder Verurteilungen von Homosexuellen sind nicht bekannt (ÖB 8.2019). Mitglieder der LGBTI-Gemeinschaft (Homosexuelle, Bisexuelle, Transgender und Intersex) berichteten, dass die Polizei das Gesetz als Vorwand benutzt, um LGBTI-Personen sowie feminine Männer, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung, zu schikanieren (USDOS 11.3.2020; vgl. AA 27.7.2019).
Homosexualität ist gesellschaftlich absolut verpönt und wird von den Betroffenen nicht offen gelebt. Wo Homosexuelle als solche erkannt werden, haben sie mit gesellschaftlicher Diskriminierung, in Einzelfällen auch mit Misshandlungen bis hin zum Mord zu rechnen (ÖB 8.2019; vgl. HRW 14.1.2020). Jedes Jahr wird über dutzende Angriffe auf Mitglieder der LGBTI-Gemeinschaft berichtet (FH 2020). Bei einem durch das Human Rights Forum Bangladesh (HRFB) eingereichten Bericht beim UN-Ausschuss gegen Folter vom 29.6.2019 wurden für den Zeitraum 2013 bis 2018 insgesamt 434 Beschwerden wegen schikanöser Behandlungen oder Misshandlungen angeführt. Davon betrafen 294 Fälle Angriffe gegen Angehörige sexueller Minderheiten (HRFB 22.6.2019).
Eine besondere Rolle kommt dem „dritten Geschlecht“ zu, den sogenannten „Hijras“, Eunuchen und Personen mit unterentwickelten oder missgebildeten Geschlechtsorganen. Diese Gruppe ist aufgrund einer langen Tradition auf dem indischen Subkontinent im Bewusstsein der Gesellschaft präsent und quasi etabliert. Dieser Umstand schützt sie jedoch nicht vor Übergriffen und massiver gesellschaftlicher Diskriminierung (AA 27.7.2019), auch wenn viele Hijras in klar definierten und organisierten Gemeinschaften leben, die sich seit Generationen erhalten haben. Obwohl sie eine anerkannte Rolle in der Gesellschaft Bangladeschs innehaben, bleiben sie trotzdem marginalisiert (DFAT 22.8.2019). Die Regierung verabsäumte es, den Schutz der Rechte von Hijras ordnungsgemäß durchzusetzen (HRW 14.1.2020).
LGBT-Organisationen, insbesondere für Lesben, sind selten (USDOS 11.3.2020). Es gibt keine NGO für sexuelle Orientierung und Geschlechteridentität in Bangladesch, dafür aber NGOs wie „Boys of Bangladesh“, die „Bhandu Social Welfare Society“ und online Gemeinschaften wie „Roopbaan“, das lesbische Netzwerk „Shambhab“ und „Vivid Rainbow“ (ILGA 3.2019).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (22.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw ärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2019),_22.07.2019.pdf https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw ärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2019),_22.07.2019.pdf, Zugriff 19.3.2020
DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade (22.8.2019): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016264/country-information-report-bangladesh.pdf , Zugriff 6.4.2020
FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020 , Zugriff 1.4.2020
HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022700.html , Zugriff 1.4.2020
HRFB - Human Rights Forum Bangladesh (22.6.2019): veröffentlicht von CAT – UN Committee Against Torture: Stakeholders' Submission to the United Nations Committee against Torture, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014744/INT_CAT_CSS_BGD_35310_E.docx , Zugriff 6.4.2020
ILGA – International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (3.2019): State Sponsored Homophobia 2019 (Autor: Mendos, Lucas Ramon), https://www.ecoi.net/en/file/local/2004824/ILGA_State_Sponsored_Homophobia_2019.pdf , Zugriff 6.4.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (8.2019): Asylländerbericht Bangladesch
USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026382.html , Zugriff 26.3.2020
Bewegungsfreiheit
Die Freiheit, sich im Land zu bewegen, ist relativ unbeschränkt (FH 2020; vgl. AA 27.7.2019). Rechtliche Hindernisse, sich in anderen Landesteilen, mit Ausnahme der Chittagong Hill Tracts, niederzulassen, bestehen nicht. Faktisch migriert jährlich eine große Zahl von Menschen vom Land in die Städte (AA 27.7.2019). Grundsätzlich respektiert die Regierung die Rechte der inländischen und ausländischen Bewegungsfreiheit, Emigration und Rückkehr von Bürgern, mit Ausnahme der zwei sensiblen Regionen Chittagong Hill Tracts und Cox’s Bazar. Die Regierung hat 2015 Restriktionen für ausländische Reisende in diese Gebiete, in denen viele nichtregistrierte Rohingyas außerhalb der zwei offiziellen Flüchtlingscamps in den Städten und Dörfern leben, angekündigt, allerdings war die Art der Umsetzung zum damaligen Zeitpunkt noch unklar (ÖB 8.2019).
Es liegen keine Einschränkungen hinsichtlich der Ein- oder Ausreise vor (ÖB 8.2019; vgl. FH 2020; AA 27.7.2019). Personen, die in der Vergangenheit bereits ihren Pass verloren haben, bekommen allerdings oft nur Reisepässe, die nur für wenige Monate gültig sind, ausgestellt. Generell kommt es zu teils enormen Verzögerung bei der Reisepassausstellung (ÖB 8.2019). Auch manche Oppositionspolitiker berichten von langen Verzögerungen bei der Erneuerung von Reisepässen, zusätzlich von Belästigungen und Verzögerungen an Flughäfen (USDOS 11.3.2020). Ein Ausreiseverbot besteht für Verdächtige an den Kriegsverbrechen während des Unabhängigkeitskrieges 1971 (ÖB 8.2019; vgl. USDOS 11.3.2020).
Frauen brauchen keine Erlaubnis ihrer Väter oder Ehemänner um zu reisen. Minderjährige über zwölf Jahre brauchen keinen gesetzlichen Vertreter um einen Pass zu beantragen. Sie dürfen auch alleine reisen, bedürfen dazu aber eines speziellen, von einem Elternteil unterschriebenen Formulars (ÖB 8.2019).
Ein staatliches Meldewesen oder Staatsangehörigkeitsregister besteht nicht (ÖB 8.2019; vgl. AA 27.7.2019). Neuankömmlinge fallen wegen fehlender familiärer Bindungen und aufgrund der engen Nachbarschaftsverhältnisse auf. Dies setzt der Anonymität auch in Städten gewisse Grenzen (AA 27.7.2019).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (22.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw ärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2019),_22.07.2019.pdf https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw ärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2019),_22.07.2019.pdf, Zugriff 19.3.2020
FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020 , Zugriff 1.4.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (8.2019): Asylländerbericht Bangladesch
USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026382.html , Zugriff 1.4.2020
Grundversorgung
Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert (AA 27.7.2019). Obwohl die Armutsquote in den letzten zwei Dekaden zurückging, leben weiterhin mindestens 11,3 % der Bevölkerung (circa 20 Millionen) unterhalb der extremen Armutsgrenze von 1,9 US-Dollar. Unter- sowie Fehlernährung bleiben weit verbreitete Phänomene. Das Bevölkerungswachstum liegt bei 1,042 %, die Geburtenziffer je Frau bei 2,2 % (AA 1.10.2019).
Bangladeschs Wirtschaft ist seit 2005 jährlich um rund 6 % gewachsen, trotz politischer Instabilität, schlechter Infrastruktur, Korruption, unzureichender Stromversorgung und langsamer Umsetzung der Wirtschaftsreformen (CIA 13.3.2020). Der landwirtschaftliche Sektor beschäftigt knapp die Hälfte der Gesamtbevölkerung. Die Landwirtschaft wird vom Reisanbau dominiert (GIZ 3.2020b; vgl. CIA 13.3.2020). Die Verarbeitung von Produkten der Landwirtschaft und die Textilindustrie sind die wichtigsten Zweige des industriellen Sektors (GIZ 3.2020b), auf den 2017 geschätzt 29,3 % des BIP gefallen sind. Der Export von Kleidungsstücken macht ca. 80 % der Exporte aus. Der Dienstleistungssektor erwirtschaftet 2017 mehr als die Hälfte des BIP (CIA 13.3.2020).
Über 10 % Anteil an der bangladeschischen gesamtwirtschaftlichen Leistung haben Geldüberweisungen von Arbeitsmigranten nach Bangladesch (GIZ 12.2018b), die im Finanzjahr 2016/17 ca. 13 Milliarden US-Dollar ausmachten (CIA 13.3.2020). Arbeitsmigration, vornehmlich in die Golfstaaten und Malaysia, ist stark ausgeprägt und wird von der Regierung gefördert. Etwa 10 Millionen bangladeschische Staatsangehörige arbeiten im Ausland. Die Migration wird durch das „Bureau of Manpower, Employment and Training“ (BMET) gesteuert. Daneben existieren weitere Organisationen, die sich der Bedürfnisse der Wanderarbeiter vor Ausreise und nach Rückkehr annehmen. (z.B. “BRAC", “Welfare Association of Bangladeshi Returnee Employees“, “Bangladesh Migrant Centre“, “Bangladesh Women Migrants Association“). Dachverband ist das „Bangladesh Migration Development Forum“ (BMDF). Diese Organisationen werden aber auch bei zurückgeführten Personen aktiv (AA 27.7.2019).
Die offizielle Arbeitslosenrate liegt 2018 geschätzt bei 4-6 %, jedoch mit verdeckter weit verbreiteter massiver Unterbeschäftigung. Vor allem in der Landwirtschaft ist Subsistenzwirtschaft ausgeprägt. Formelle und organisierte Beschäftigung gibt es lediglich im staatlichen Bereich, sowie bei größeren Unternehmen. 85 % der Beschäftigten arbeiten im informellen Sektor. Einen staatlichen Mindestlohn gibt es nicht. Die Durchsetzung von arbeitsrechtlichen Standards erfolgt lediglich sporadisch (ÖB 8.2019). Brände und Gebäudeeinstürze mit zahlreichen Toten kommen immer wieder vor; insbesondere in der Textilindustrie, wo Bauordnungen lax sind und gefährliche Chemikalien nicht ordnungsgemäß gelagert werden (Al Jazeera 21.2.2019).
Die Bevölkerung Bangladeschs erfährt seit einigen Jahren einen erhöhten Verteilungs- und Chancenkonflikt, aufgrund des Bevölkerungswachstums bei gleichzeitig abnehmenden Landressourcen und fehlenden Alternativen zur Landarbeit, sowie erhöhtem Druck durch Extremwetterereignisse und anderen Konsequenzen des Klimawandels. Die Slums der Städte wachsen, wenn auch im Vergleich zu anderen Ländern mit ähnlichen Bedingungen etwas langsamer. Ebenso konkurriert die Bevölkerung mit einem höheren Bildungsabschluss um Universitätsplätze und besser bezahlte Arbeitsplätze. Die Lebenshaltungskosten in den Städten steigen und die Versorgung mit Wasser und Elektrizität in den ländlichen Gebieten und kleineren Städten ist oft lückenhaft bzw. ist ein Anschluss an öffentliche Versorgungsnetzwerke noch nicht vollzogen. Die Strukturen werden zusätzlich temporär belastet, wenn Saisonarbeiter für einige Zeit in die Städte ziehen und dort Arbeitsplätze und Unterkünfte suchen. Die nötige Infrastruktur wird in vielen Gebieten ausgebaut, allerdings kann das Tempo dieses Ausbaus noch nicht mit der Bevölkerungsdynamik mithalten. Aktuell sind ungefähr 60 % aller Haushalte an das staatliche Stromnetz angeschlossen (GIZ 3.2020b).
Mit dem etwas höheren Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre kam es zu einer Beschleunigung der Inflation mit geschätzten 7 %, für 2018 sogar knapp 8 % kam es vor allem seit 2008 zu einer Beschleunigung der Inflation mit 5,6 % für 2018. Die Preissteigerungen bei Lebensmittel von bis zu 70 % treffen besonders den armen Teil der Bevölkerung. Die Regierungen versuchen, mit staatlichen Nahrungsmittel-, Düngemittel- und Treibstoffsubventionen gegenzusteuern, fördern damit aber hauptsächlich Ineffizienz. Allerdings verfügt Bangladesch über ein hervorragendes Netz an Mikrokreditinstitutionen, welche Millionen Bangladeschis effektiv bei ihrem Weg aus der Armut unterstützen (ÖB 8.2019).
Mikrokreditinstitute bieten Gruppen und Individuen ohne Zugang zum herkömmlichen Finanzsystem die Möglichkeit, einen Kredit aufzunehmen (GIZ 3.2020b). Das bekannteste davon ist die Grameen Bank, die 1976 in Bangladesch durch den späteren Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus gegründet wurde. Die Grameen Bank, deren Konzept von zahlreichen weiteren Institutionen aufgegriffen und auch in anderen Ländern umgesetzt wurde, gewährt Kredite ohne die banküblichen materiellen Sicherheiten und setzt stattdessen vor allem auf die soziale Komponente, um die Rückzahlung zu gewährleisten. Die Kreditnehmerinnen, die kaum unternehmerische Erfahrung und zumeist einen sehr niedrigen Bildungsstand haben, sollen auch langfristig beraten und unterstützt werden, um ein realistisches Konzept entwickeln und erfolgreich umsetzen zu können – so zumindest ist es vorgesehen. Bei seriösen Programmen sind auch Schulungen über Grundlagen der Unternehmensführung enthalten („finanzielle Alphabetisierung“) (IP 6.3.2018).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (22.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw ärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2019),_22.07.2019.pdf, Zugriff 19.3.2020
AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (12.2018): DDBD – Deutsche Botschaft Dhaka, Die bangladeschische Wirtschaft, https://dhaka.diplo.de/bd-de/themen/wirtschaft/-/2251288 , Zugriff 6.4.2020
Al Jazeera (21.2.2019): Worst building disasters in Bangladesh, https://www.aljazeera.com/news/2019/02/timeline-worst-building-disasters-bangladesh-190221050555909.html , Zugriff 28.2.2019
CIA – Central Intelligence Agency (13.3.2020): The World Factbook – Bangladesh, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/bg.html , Zugriff 1.4.2020
GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020b): Bangladesch – Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/bangladesch/wirtschaft-entwicklung , Zugriff 24.3.2020
IP – Idealism Prevails (6.3.2018): Mikrokredite: Kann Armut durch Unternehmertum überwunden werden?, https://www.idealismprevails.at/mikrokredite-kann-armut-durch-unternehmertum-ueberwunden-werden , Zugriff 27.2.2019
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (8.2019): Asylländerbericht Bangladesch
Sozialbeihilfen
Bei regionaler Nahrungsmittelknappheit werden von der Regierung Bezugsscheine für staatliche Nothilferationen ausgegeben. Sonstige staatliche Hilfe für bedürftige Personen gibt es nicht (AA 27.7.2019). Aufgrund des Fehlens eines staatlichen Sozialversicherungssystems muss allgemein auf Hilfe innerhalb von Familienstrukturen zurückgegriffen werden. Dies gilt auch für die Absicherung alter und behinderter Menschen (ÖB 8.2019). Nicht staatliche Unterstützung durch religiös ausgerichtete Wohltätigkeitsvereine und andere NGOs findet statt (AA 27.7.2019; vgl. ÖB 8.2019), kann aber in Anbetracht der hohen Bevölkerungszahl nur einem kleinen Teil der Bedürftigen geleistet werden. Eine flächendeckende soziale Absicherung besteht nicht (AA 27.7.2019).
Eine Alterspension in der Höhe von 500 Taka [5,5 Euro] wird an Männer über 65 und Frauen über 62 Jahren mit Wohnsitz in Bangladesch ausgezahlt, wobei nur ein Familienmitglied eine Pension beziehen kann. Eine Behindertenpension beträgt monatlich 700 Taka, wobei die Bezugsberechtigung durch eine Kommission festgestellt wird. Im Falle einer Krankheit wird das Gehalt zu 100 % für insgesamt 14 Tage jährlich ausbezahlt. Mütter erhalten den Durchschnitt ihres Gehalts der letzten drei Monate vor der Ankündigung der Schwangerschaft für den Zeitraum von acht Wochen vor bis acht Wochen nach der Geburt, für insgesamt zwei Lebendgeburten, ausbezahlt; ab der dritten Geburt ist keine Unterstützung vorgesehen. Bei temporärer Behinderung nach einem Arbeitsunfall werden 100 % des Gehaltes für zwei Monate, danach 2/3 für die nächsten zwei Monate, danach die Hälfte des Gehaltes bis zu einem Zeitraum von zwei Jahren bezahlt. Bei permanenter Behinderung in Folge eines Arbeitsunfalles wird ein Fixbetrag von 125.000 Taka bezahlt. Es gibt keine staatliche Arbeitslosenunterstützung, Unternehmen müssen eine Kündigungsabfindung in der Höhe von 30 Tagesgehältern pro Jahr Firmenzugehörigkeit bezahlen (USSSA 3.2019).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (22.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw ärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2019),_22.07.2019.pdf https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw ärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2019),_22.07.2019.pdf, Zugriff 19.3.2020
USSSA – U.S. Social Security Administration (3.2019): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2018 – Bangladesh, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2018-2019/asia/bangladesh.pdf , Zugriff 17.9.2019
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (8.2019): Asylländerbericht Bangladesch
Rückkehr
Die Rückkehr bangladeschischer Staatsangehöriger unterliegt keinen rechtlichen Beschränkungen (AA 27.7.2019) und es ist bisher nicht bekannt geworden, dass sich Rückkehrer aufgrund der Stellung eines Asylantrages staatlichen Maßnahmen ausgesetzt sahen (AA 27.7.2019). Sofern es sich um Opfer von Schlepperei handelt, können sie allerdings auch nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen. Problematisch ist, dass „erfolglose Rückkehrer“ von ihren Familien und lokalen Gemeinschaften als Schandfleck betrachtet werden. Soweit Kritiker der Regierung oder rivalisierender politischer Parteien in Bangladesch selbst gefährdet waren, gilt dies auch für ihre eventuelle Rückkehr (ÖB 8.2019).
Staatliche Repressionen nach Rückkehr wegen oppositioneller Tätigkeiten im Ausland (z.B. Demonstrationen und Presseartikel) sind nicht bekannt. Der „International Organization for Migration“ (IOM) ist kein Fall bekannt, in dem eine rückgeführte Person misshandelt wurde. In einigen seltenen Fällen wurden die Rückkehrer zu einem sogenannten „General Diary“ gebeten. Nach IOM Angaben handelt es sich dabei um ein ca. halbstündiges Gespräch mit der Immigrationsbehörde, die die Daten des Rückkehrers aufnimmt und ihn zum Auslandsaufenthalt befragt. IOM sind bislang keine Fälle bekannt geworden, in denen dem Rückkehrer ein Nachteil entstanden ist. Besondere Vorkommnisse sind anlässlich der Durchführung der Einreisekontrollen nicht bekannt geworden (AA 27.7.2019).
IOM betreut nur Personen, die freiwillig zurückkehren und ist am Flughafen Dhaka mit einem Büro und Mitarbeitern präsent und kann im Rahmen von Betreuungs- und Integrationsvereinbarungen die Betreuung vor Ort übernehmen. Diese Hilfe umfasst die Betreuung und Begleitung anlässlich der Ankunft, soweit erforderlich die Vermittlung von Kontakten zur Familie des Rückkehrers und die Vermittlung von Kontakten zu anderen Organisationen, die weiterführende Hilfe leisten können. Ferner leistet IOM praktische Reintegrationsbetreuung und -begleitung. IOM bestätigt, dass in Bangladesch familiäre und verwandtschaftliche Unterstützung letztendlich für die Rückkehrer maßgeblich sind und dem Rückkehrer als Auffangnetz in einer kritischen Lebensphase dienen. Rückkehrer sind, auch ohne die oben genannten Institutionen, aufgrund der großen Familien, enger, weit verzweigter Verwandtschaftsverhältnisse und noch intakter nachbarschaftlicher bzw. dörflicher Strukturen in der Regel nicht auf sich allein gestellt (AA 27.7.2019).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (22.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw ärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2019),_22.07.2019.pdf https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw ärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_(Stand_Mai_2019),_22.07.2019.pdf, Zugriff 19.3.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (8.2019): Asylländerbericht Bangladesch
II.2. Beweiswürdigung:
II.2.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensumständen in Österreich:
Festgestellt wird, dass das BVwG vom Geburtsdatum 24.10.1999 ausgeht.
Dies ergibt sich nicht nur durch die vom BFA durchgeführte Altersfeststellung des BF, sondern auch durch dessen Angabe, dass er ca sieben Jahre lang in die Schule ging und Bangladesch im Alter von zumindest vierzehneinhalb Jahren verlassen habe. Die Angabe, dass der BF mit „vier oder viereinhalb“ Jahren in die Schule kam, ist unglaubwürdig und ergeben sich genau aus diesen gut zwei Jahren „Fehlzeit“ das festgestellte Geburtsjahr 1999 (im Gegensatz zu dem wiederholt behaupteten Geburtsjahr 2002).
Die unterschiedliche Zeitangaben zum Geburtsjahr wird dem Umstand, dass damit dem BF als „Unbegleiteter Minderjähriger“ einer bevorzugte Behandlung zukam, zugeschrieben; die Behauptung, dass seine Mutter ihm dieses Geburtsdatum (2002) gesagt habe, wird wegen der vom BF rund um den Schulbesuch dargelegten Zeiten hingegen als unglaubwürdig angesehen.
Hinsichtlich der Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des BF sowie zu seiner Muttersprache und seinem Familienstand wird den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen des BFA gefolgt, ebenso wie hinsichtlich der Feststellungen zu seiner Herkunft und seiner in Bangladesch absolvierten schulischen Ausbildung. An diesen Feststellungen haben sich im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht keine Zweifel ergeben, zumal sich diese Feststellungen auf den im Verfahren vor dem BFA sowie im Beschwerdeverfahren getätigten eigenen Angaben des BF gründen. Hinsichtlich der Feststellung im angefochtenen Bescheid, dass die Eltern des BF für den BF im Fall einer Rückkehr sorgen könnten, wird dem das glaubhafte Vorbringen des BF in seiner letzten Einvernahme vor dem BFA und vor dem BVwG, wonach sein Vater 2016 verstorben sei, entgegengehalten.
Der BF verliert hingegen massiv an Glaubwürdigkeit, wenn er einerseits wiederholt, sowohl vor dem BFA als auch vor dem BVwG angibt, moslemischen Glaubens zu sein, gleichzeitig jedoch eine schriftliche Bestätigung über seine regelmäßige Teilnahme am Sonntagsgottesdienst der Freikirche XXXX (vom 27.04.2019) vorlegt.
Die Glaubwürdigkeit leidet zusätzlich dadurch, dass der BF in seiner Ersteinvernahme in Österreich anführte, dass er „Europa, wegen wirtschaftliche Probleme“ erreichen wollte und nunmehr ausschließlich Gründe einer behaupteten sexuellen Verfolgung geltend macht. Auch wenn dieser Ersteinvernahme nicht überwiegendes Gewicht beizumessen ist, zeigt es sich, dass bestimmte Argumente erst im Laufe des historischen Geschehens sich verdeutlicht haben.
Dass der BF Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezogen hat bzw. strafrechtlich unbescholten ist, geht aus einer Einsichtnahme in die österreichischen amtlichen Register (Grundversorgungs-Informationssystem, Strafregister) hervor.
Die Feststellungen zu der Situation des BF in Österreich ergeben sich aus den Angaben des BF im Verfahren sowie den diesbezüglich vorgelegten Unterlagen.
Dass der BF in Österreich „ohne Beziehung“ lebt ergibt sich aus seiner Aussage vor dem BVwG, ebenso wie die Feststellung, dass der BF regelmäßigen homosexuellen Geschlechtsverkehr in Österreich hat.
Auch die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben des BF im Verfahren. Eine lebensbedrohliche Krankheit hat der BF nicht geltend gemacht.
Zweifel an der grundsätzlichen Arbeitsfähigkeit des BF sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
II.2.2. Dem BF ist es auch im Verfahren betreffend seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz nicht gelungen, eine Verfolgungsgefahr in seinem Herkunftsstaat glaubwürdig vorzubringen:
Zunächst ist anzuführen, dass das Vorbringen des BF bezüglich homosexueller Handlungen in seinem Herkunftsstaat bereits im Rahmen des Verfahrens betreffend seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz die Glaubhaftigkeit abgesprochen wurde. Dieser Bescheid des BFA vom 05.07.2018 wurde rechtskräftig.
Das Fluchtvorbringen des BF wurde bereits 2018 rechtskräftig entschieden und ist somit sein Vorbringen nur dahingehend einer neuerlichen Beurteilung zuzuführen, als es andere oder darüber hinausgehende Fluchtgründe oder Nachfolgefluchtgründe betrifft, die einer neuen Entscheidung zugrunde zu legen wären.
Der BF begründet seinen nunmehrigen Antrag damit, dass er, wie er bereits im Vorverfahren angegeben hat, aufgrund homosexueller Handlungen, die er vor seiner Ausreise in Bangladesch vorgenommen hat, noch immer verfolgt werde. Mit diesem Vorbringen stützt er sich auf Ereignisse, die von der Rechtskraft des Vorbescheides umfasst sind. Der BF gab darüber hinaus jedoch bei der Einvernahme vor dem BFA am 29.10.2018 neu an, dass er als Homosexueller mit einer persönlichen Meinung und Einstellung in Österreich leben wolle.
Tatsächlich hatte der BF jedoch – nach seinen eigenen Angaben – erst im Jänner bzw. Februar 2019 homosexuellen Geschlechtsverkehr in Österreich.
Damit hat der BF zum Antragszeitpunkt Gründe geltend gemacht, welche er in Österreich noch gar nicht lebte.
Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu in seinem Beschluss vom 22.11.2018, L516 2209561-1, und Erkenntnis vom 14.02.2019, L516 2209561-2, ausgeführt, dass nicht gesagt werden könne, dass sich auch dieses Vorbringen ausschließlich auf Sachverhalte bezieht, die schon vor Beendigung des Vorverfahrens verwirklicht worden wären, sondern dieses Vorbringen über die im ersten Asylverfahren gemachten Angaben des BF wesentlich hinausgehe. Im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.02.2019 wurde dargelegt, dass das BFA diesem neuen Vorbringen des BF mit Bescheid vom 21.01.2019 nicht entgegengetreten sei und dieses insbesondere nicht als unglaubhaft gewertet habe. Das BFA habe auch das Vorbringen des BF, wonach er homosexuell sei, nicht als unglaubhaft erachtet. Das BFA sei lediglich zu dem Ergebnis gekommen, dass das, was dem BF laut seinen Angaben an konkreten Erlebnissen und Verfolgungshandlungen widerfahren sein soll, nicht den Tatsachen entspreche.
Im nunmehr angefochtenen Bescheid führt das BFA im Wesentlichen aus, dass alleine aufgrund der Tatsache, dass der BF homosexuell sei, keine asylrelevante Verfolgung bestehe und der BF – auch nach Bekanntwerden seiner Homosexualität – ohne Probleme in XXXX gelebt habe.
Wesentlich ist, dass der BF im ersten Verfahren keine konkrete fluchtauslösende Verfolgung staatlicher Autoritäten glaubhaft machen und auch im gegenständlichen Verfahren keine konkrete Verfolgungsgefahr im Fall einer Rückkehr darlegen konnte.
Das Leben als homosexueller Mensch in Bangladesch hat offensichtlich viele Schichten und zeigt sich dies sowohl in den diversen Länderberichten als auch in den Schilderungen des BF. Der BF hat seine Homosexualität in Bangladesch ausgelebt, konnte aber nicht glaubhaft darlegen, dass ihn im Fall einer Rückkehr staatliche oder gesellschaftlich Verfolgungshandlungen drohen. Die in den vorgelegten Anfragebeantwortungen angeführten Verfolgungen homosexueller Personen beziehen sich nicht auf den BF und ist in einer Gesamtschau nicht davon auszugehen, dass jede homosexuelle Person in Bangladesch ohne Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte einer Verfolgung ausgesetzt ist. Es wird nicht verkannt, dass sich die Lage für Homosexuelle als schwierig darstellt und es zu Diskriminierungen und auch Verfolgungshandlungen gegen Einzelpersonen kommt, dem BF ist es aber im gegenständlichen Verfahren nicht gelungen, eine ihn konkret treffende Verfolgungsgefahr darzulegen. Dass er in einer besonders exponierten Lage ist und sich in Bangladesch engagiert hat, weshalb er beispielsweise ins Blickfeld der Polizei geraten sein könnte, ist im Verfahren nicht hervorgekommen.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich das Beschwerdevorbringen und insbesondere die dargestellte Judikatur sich nicht mehr auf die aktuelle Länderinformation der Staatendokumentation bzw von ACCORD, welche mit Stand April 2020 datiert, bezieht.
Der Hinweis des Vertreters des BF auf Seite 40 der übermittelten Länderinformation belegt lediglich, dass – generell gesehen – Homosexualität gesellschaftlich verpönt und von den Betroffenen nicht offen gelebt wird. Es ist aber unbestritten, dass eine Anwendung der gesetzlichen Strafnormen, die Homosexualität unter Strafdrohung stellt, tatsächlich nicht zur Anwendung gelangt. Eine Verfolgungshandlung durch staatliche Autoritäten ist somit in Bangladesch idR nicht gegeben, und hat der BF eine solche gegen ihn auch nicht behauptet.
Soweit es sich um im Länderbericht dargestellte „Beschwerden“ bzw „Angriffe“ gegen Angehörige sexueller Minderheiten geht, muss festgestellt werden, dass diese Darstellung im Länderbericht, fußend auf Feststellungen des Human Rights Forum Bangladesch nicht leichtfertig übergangen werden darf. Es wird für den Zeitraum 2013 bis 2018, somit über den Zeitraum von fünf Jahren, über 434 „Beschwerden“, davon „294“ Angriffe gegen Angehörige sexueller Minderheiten berichtet. Auch wenn jede (gerechtfertigte) Beschwerde bzw jeder Angriff einer zu viel ist, muss man der Vollständigkeit halber auch die Relation des erfassten Zeitraumes von 60 Monaten und einer Bevölkerungsanzahl von 165 Millionen Einwohnern in Betracht ziehen.
Das BVwG verkennt nicht, dass in einem Land, dessen deutliche Bevölkerungsmehrheit moslemischen Glaubens ist, sich die Vorstellungen zu einer frei gelebten Homosexualität nicht gleich offenbaren wie in einem westlich und liberal orientiertem Staat wie Österreich. Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass daraus der Umkehrschluss zu ziehen ist, dass in allen Ländern mit moslemischen Mehrheiten homosexuellen Menschen jedenfalls verfolgt werden; diese Ansicht wird jedenfalls auch nicht von Seiten der UN vertreten. Es trifft gerade im Falle von Bangladesch, welches die entsprechenden gesetzlichen Strafnormen zur Homosexualität unangewendet lässt, zu, dass selbst LGBT-Organisationen existieren, wenn auch nur in geringer Anzahl. Im Länderbericht der Staatendokumentation werden einschlägige NGO, wie etwa „Boys of Bangladesh“, „Bhandu Social Welfare Societx“ oder als online-Gemeinschaft „Roopbaan“ genannt.
Es muss aber auch betont werden, dass die Vorstellung, einen Anspruch auf die Freiheiten der Lebensweisen, welche in Österreich vorliegen, zu haben und dies jedenfalls Maßstab für die Beurteilung für andere Länder ist, nicht gegeben ist. Es ist eben kein asylrelevanter Grund, die Freiheiten, welche Österreich bietet, im Heimatland nicht angeboten zu bekommen, sondern orientiert sich das Asylrecht an der EMRK und der Grundrechtecharta. Diesbezüglich konnte der BF jedoch keine individuelle oder konkrete Verfolgung plausibel darlegen.
Der BF hat im Verfahren zwar dargelegt, dass sein Bruder aufgrund der Homosexualität des BF keinen Kontakt zu diesem halten will, eine konkrete asylrelevante Verfolgung auch von Seiten seiner Familienangehörigen ist im Verfahren aber ebenso wenig hervorgekommen. Mittlerweile dürfte die Familie auch nicht mehr im Heimatdorf leben, zumindest deutete dies der BF an.
Zusammengefasst ist von keiner asylrelevanten Verfolgung des BF auszugehen, weil keine konkrete Verfolgung des BF glaubhaft dargelegt wurde.
II.2.3. Die getroffenen Feststellungen zum Herkunftsstaat stützen sich auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bangladesch und die darin angeführten Quellen. Das Länderinformationsblatt zu Bangladesch (Gesamtaktualisierung 06.04.2020) wurden dem BF Abgabe einer Stellungnahme innerhalb angemessener Frist zur Kenntnis gebracht.
Darin wird eine Vielzahl von Berichten verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen zusammengefasst, die ein ausgewogenes Bild betreffend die allgemeine Situation in Bangladesch zeigen. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
II.3. Rechtliche Beurteilung:
II.3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates oder wegen Schutzes in einem EWR-Staat oder in der Schweiz zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist).
Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Ausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.
Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) – deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben – ist ein Flüchtling, wer sich „aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.“
Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist somit die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, 2016/19/0074).
Verlangt wird eine „Verfolgungsgefahr“, wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 24.02.2015, 2014/18/0063); auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 28.01.2015, 2014/18/0112 mwN). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).
Die Voraussetzung der „wohlbegründeten Furcht“ vor Verfolgung wird in der Regel aber nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. VwGH 17.03.2009, 2007/19/0459). Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. u.a. VwGH 20.06.2007, 2006/19/0265 mwN).
Die „Glaubhaftmachung“ wohlbegründeter Furcht gemäß § 3 AsylG 2005 setzt gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes positiv getroffene Feststellungen von Seiten der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus. Gleichfalls nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers die zentrale Entscheidungsgrundlage dar. Dabei genügen aber nicht bloße Behauptungen, sondern bedarf es, um eine Anerkennung als Flüchtling zu erwirken, hierfür einer entsprechenden Glaubhaftmachung durch den Asylwerber.
Die Glaubhaftmachung hat das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252). Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel am Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen.
So entspricht es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes bzw. Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens - niederschriftlichen Einvernahmen - unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen, oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, 95/20/0650; vgl. auch Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 2004/83/EG - StatusRL, ABl. L Nr. 304, 12, sowie Putzer, Leitfaden Asylrecht2, [2011], Rz 31). Allgemein gehaltene Behauptungen reichen jedenfalls für eine Glaubhaftmachung nicht aus (vgl. VwGH 17.10.2007, 2006/07/0007).
Grundsätzlich obliegt es dem Asylwerber, alles Zweckdienliche, insbesondere seine wahre Bedrohungssituation in dem seiner Auffassung nach auf ihn zutreffenden Herkunftsstaat, für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (vgl. VwGH 31.05.2001, 2001/20/0041; 23.07.1999, 98/20/0464). Nur im Fall hinreichend deutlicher Hinweise im Vorbringen eines Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention in Frage kommt, hat die Behörde gemäß § 28 AsylG 1997 in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu dringen. Aus dieser Gesetzesstelle kann im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber keine Verpflichtung der Behörde abgeleitet werden, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln (vgl. VwGH 14.12.2000, 2000/20/0494; 06.10.1999, 98/01/0311; 14.10.1998, 98/01/0222). Die Ermittlungspflicht der Behörde geht auch nicht soweit, den Asylwerber zu erfolgversprechenden Argumenten und Vorbringen anzuleiten (vgl. VwGH 21.09.2000, 98/20/0361; 04.05.2000, 99/20/0599).
Wie der Beweiswürdigung zu entnehmen ist, ist es dem BF mit seinem Vorbringen nicht gelungen, eine in seinem Herkunftsstaat bestehende konkrete Bedrohungssituation aus Gründen seiner sexuellen Neigung für seine Person glaubhaft zu machen. Dies deshalb, weil er eine konkrete Verfolgung staatlicher Autoritäten oder auch seiner eigenen Familie für seine Person nicht glaubhaft vermitteln konnte.
Hinsichtlich der Situation für Homosexuelle in Bangladesch ist anzuführen, dass kein Ausmaß erreicht wird, das die Annahme rechtfertigen würde, dass in Bangladesch lebende Homosexuelle allein aufgrund ihrer sexuellen Orientierung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung zu befürchten hätten. Eine Gruppenverfolgung ist auch nicht daraus ableitbar, dass Homosexuelle allenfalls Opfer krimineller Aktivitäten werden können. Diesbezüglich wird nochmals auf die Aktualität der vorliegenden Länderberichte (April 2020) verwiesen.
Diese Einschätzung erfolgt auch in Hinblick auf die in den aktuellen Länderberichten dargestellte Situation. Es wird nicht übersehen, dass die Lage von homosexuellen Männern in Bangladesch, mit einer überwiegend islamischen Bevölkerung, nicht vergleichbar ist mit der Situation von homosexuellen Männern in Österreich. Letztlich findet in einer Gesellschaft die Freiheit eines Individuums dort ihre Grenzen, wo sie die Freiheit eines anderen Individuums berührt. Diese Freiheiten sind in den vielschichtigen gesellschaftlichen Ausprägungen in einem islamischen Staat anders zu sehen als in einem westeuropäischen Staat, ohne dass man generell die Meinung vertreten muss, dass in islamisch geprägten Staaten die Menschenrechte nicht eingehalten werden. Eine derartige Interpretation wird auch nicht von der UN vertreten.
Im gesamten Verfahren ergaben sich auch keine Hinweise auf eine begründete Verfolgung des BF aus anderen, in der GKF genannten Gründen. Insbesondere gibt es nach den getroffenen Feststellungen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass Staatsangehörige aus Bangladesch, die aus dem Ausland in ihre Heimat zurückkehren, nunmehr asylrelevanten Verfolgungshandlungen ausgesetzt wären oder die Lage in Bangladesch dergestalt ist, dass bereits jedem, der sich dort aufhält, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden müsste.
Da sohin keine Umstände vorliegen, wonach es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der BF in seiner Heimat in asylrelevanter Weise bedroht wäre, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides sohin abzuweisen.
II.3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.
Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.
Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, 95/18/0049; 05.04.1995, 95/18/0530; 04.04.1997, 95/18/1127; 26.06.1997, 95/18/1291; 02.08.2000, 98/21/0461).
Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; 25.01.2001, 2001/20/0011).
Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 Asyl 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (VwGH 26.06.1997, 95/21/0294; 25.01.2001, 2000/20/0438; 30.05.2001, 97/21/0560).
Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören - der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen.
Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, 98/21/0427; 20.06.2002, 2002/18/0028; siehe auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81 ff).
Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB. Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 09.07.2002, 2001/01/0164; 16.07.2003, 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, 2001/21/0137).
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 im vorliegenden Fall nicht gegeben sind.
Absatz 377 des Strafgesetzbuchs von Bangladesch legt fest, dass jeder, der freiwillig „gegen die Ordnung der Natur“ Geschlechtsverkehr mit einem Mann, einer Frau oder einem Tier hat, mit lebenslanger Haft oder einer Haftstrafe, die sich über eine Dauer von 10 Jahren erstrecken kann, zu bestrafen ist und zudem einer Bußgeldzahlung unterliegt. Den vom BF in das Verfahren eingeführten Berichten zufolge setzt die Regierung dieses Gesetz allerdings nicht um.
Dass der BF im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens daher nicht festgestellt werden.
Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat des BF in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994; 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und jeder, der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält, schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen zu sein.
Der BF vermochte im Verfahren auch nicht darzulegen, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf seine individuelle Situation auswirken würde, insbesondere inwieweit der BF durch die Rückkehr einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Er konnte eine aktuelle Bedrohungssituation nicht mittels konkreter Angaben dartun. Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung genügt - nach der Rechtsprechung des VwGH und EGMR wie oben ausgeführt – nicht. Im Verfahren haben sich aufgrund der Angaben keine konkreten Anhaltspunkte ergeben, dass gerade der BF einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde.
Es handelt sich beim BF um einen arbeitsfähigen und gesunden Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Der BF leidet unter keinen lebensbedrohlichen Krankheiten. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum der BF in Bangladesch keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können sollte. Der BF ist in Bangladesch aufgewachsen, hat dort die überwiegende Zeit seines Lebens verbracht und wurde in Bangladesch sozialisiert. Er hat dort eine Schule besucht und verfügt in Bangladesch über – nach seinen Angaben - freundschaftliche Anknüpfungspunkte. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass im Fall seiner Rückkehr eine ausreichende wirtschaftliche und soziale Unterstützung gewährleistet ist.
Darüber hinaus steht es dem BF frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das - wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige - Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen. Es besteht für den BF auch die Möglichkeit eine Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen. Diese umfasst die Betreuung und Begleitung anlässlich der Ankunft und soweit erforderlich die Vermittlung von Kontakten zur Familie des Rückkehrers und die Vermittlung zu Kontakten zu anderen Organisationen, die weiterführende Hilfe leisten können. Ferner wird eine praktische Reintegrationsbetreuung und –begleitung angeboten. Aus den Länderberichten ergibt sich zudem, dass Rückkehrer, auch ohne Institutionen im Rahmen der Rückkehrhilfe aufgrund der großen Familien, enger, weit verzweigter Verwandtschaftsverhältnisse und noch intakter nachbarschaftlicher bzw. dörflicher Strukturen in der Regel nicht auf sich alleine gestellt sind.
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass in Bangladesch politische Instabilität herrscht und eine schlechte Infrastruktur, unzureichende Stromversorgung sowie eine langsame Umsetzung der Wirtschaftsreform besteht. Allerdings ist die Wirtschaft seit 2005 jährlich um rund 6 % gewachsen und auch die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert. Es ist daher davon auszugehen, dass die Versorgung der Bevölkerung zumindest grundlegend gesichert ist. Aus den Länderberichten geht auch nicht hervor, dass das existentielle Überleben gefährdet wäre.
Hinweise auf das Vorliegen einer allgemein existenten Notlage im Herkunftsstaat des BF (allgemeine Hungersnot, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor. In diesem Zusammenhang hält das BVwG fest, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie im Rahmen der Verhandlung vor dem BVwG zur Sprache gekommen sind. Ausgehend von der Bevölkerungszahl (ca 165 Mio Einwohner in Bangladesch; zum Vergleich Österreich: ca 8 Mio Einwohner) ergibt sich ein Faktor 20 bei der Betrachtung der Auswirkungen auf die Bevölkerung. In Bangladesch sind nach WHO-Statistik ca 169.000 Personen infiziert, 78.000 genesen und 2150 gestorben (in Österreich: ca 18.400/16.600/700). Das BVwG verkennt nicht die im Bericht der Staatendokumentation genannten gesundheitlichen und strukturellen Rahmenbedingungen in Bangladesch, welche nicht mitteleuropäischen Standard haben, und dennoch zeigte sich auch in Mittel-, Süd- und Westeuropa eine teilweise Überforderung der Gesundheitssysteme. Umgelegt auf die vergleichende Situation in Bangladesch zu Österreich ist aber ein Faktor 20 nicht erreicht; dass nicht alle Fälle in Bangladesch erhoben sind und damit in das Zahlenwerk einfließen konnten, mag evident sein (weil dies auch nicht in Österreich vorliegt), jedoch kann das BVwG nur von den von der WHO mitgeteilten Werten ausgehen, alle anderen Aussagen wären wesentlich spekulativer. Abgesehen davon sind, wie dem Länderbericht entnommen werden kann, vor allem die Flüchtlingslager von der Pandemie bedroht, in denen sich bis zu einer Million Menschen aufhalten. Der BF ist jedoch nicht einem der im Bericht genannten Flüchtlingsbereiche zuzuordnen. Der BF gehört mit Blick auf sein Alter und das Fehlen physischer (chronischer) Vorerkrankungen auch keiner spezifischen Risikogruppe betreffend COVID-19 an. Es besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der BF bei einer Rückkehr nach Bangladesch eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus erleiden würde. Ein bei einer Überstellung des BF nach Bangladesch vorliegendes „real risk“ einer Verletzung des Art. 3 EMRK ist daher (auch insoweit) nicht erkennbar.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 im vorliegenden Fall nicht gegeben sind.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war daher ebenso als unbegründet abzuweisen.
II.3.3. Zu den Spruchpunkten III., IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.
Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt (Z 1), wenn dies zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel notwendig ist (Z 2) oder wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist (Z 3).
Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen im Fall des BF nicht vor, weil der Aufenthalt des BF weder geduldet, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch der BF Opfer von Gewalt wurde. Weder hat der BF das Vorliegen eines der Gründe des § 57 FPG behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.
Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Der BF ist als Staatsangehöriger von Bangladesch kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und ihm kommt kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen: 1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, 4. der Grad der Integration, 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit, 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.
Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Vom Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z. B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, Appl. 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (EKMR 06.10.1981, Appl. 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind.
In Österreich lebt keine Familienangehörigen des BF. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls lediglich in das Privatleben des BF eingreifen. Unter dem Privatleben sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Für den Aspekt des Privatlebens spielt die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Die zeitliche Komponente spielt jedoch insofern eine zentrale Rolle, da – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, davon aus, dass „der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren […] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte“.
Was den BF betrifft, ist festzuhalten, dass sich dieser seit weniger als 2 ½ Jahre im Bundesgebiet aufhält. Der BF legte im gesamten Verfahren keine Bestätigungen über bestandene Deutschprüfungen vor. Anhaltspunkte für eine besondere kulturelle Integration, soweit man diese nicht auf die Tätigkeit des BF auf Aktivitäten bei der XXXX fokussiert, sind nicht hervorgekommen. In diesem Zusammenhang muss festgehalten werden, dass sich eine erfolgreiche Integration nicht auf das Sexualleben eines Menschen beschränkt. Diese einseitige und eindimensionale Sicht wird der Vielfältigkeit des gesellschaftlichen Miteinanders nicht gerecht. Auch wirtschaftlich ist der BF nicht integriert; er ist nicht selbsterhaltungsfähig, sondern in die staatliche Grundversorgung einbezogen.
Bei den (geringen) gesetzten Integrationsbemühungen des BF musste sich dieser zudem seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein. Der BF hat in Österreich keine „Beziehung“ im Sinne einer Lebensgemeinschaft, sondern homosexuelle Geschlechtspartner.
Der BF hat demgegenüber den Großteil seines bisherigen Lebens in Bangladesch verbracht, ist dort aufgewachsen und erhielt eine Schulbildung. Beim BF ist daher von einer stärkeren Bindung des BF zu seinem Heimatland auszugehen.
Der BF hat in einer Gesamtschau kein besonderes Maß an persönlicher, sozialer und wirtschaftlicher Integration dargetan. Die Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet reichen nicht aus, um unter dem Gesichtspunkt von Art. 8 EMRK von einer Rückkehrentscheidung Abstand zu nehmen.
Dass der BF strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253).
Insgesamt betrachtet ist daher davon auszugehen, dass die Interessen BF an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten.
Die Verfügung einer Rückkehrentscheidung ist daher im vorliegenden Fall geboten und auch nicht unverhältnismäßig.
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Die Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Bangladesch ist gegeben, weil nach den tragenden Gründen der vorliegenden Entscheidung keine Umstände vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.
Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.
Die Beschwerden gegen die Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Bescheides sind daher ebenfalls abzuweisen.
Die belangte Behörde wird somit unverzüglich die Herstellung des Rechtszustandes zu veranlassen haben.
II.3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides ausführlich wiedergegeben.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)
