BVwG W247 2114426-2

BVwGW247 2114426-220.3.2020

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z5
AsylG 2005 §58 Abs2
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs1 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2020:W247.2114426.2.00

 

Spruch:

W247 2114426-2/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Ukraine, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.12.2019, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm §§ 57, 10 Abs. 2 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., iVm §§ 9, 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, idgF., und §§ 52 Abs. 1 Z 2 und Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe insoweit stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., auf 1 Jahr herabgesetzt wird; Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

III. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Verfahren über Antrag der BF auf internationalen Schutz in Österreich:

1.1. Die Beschwerdeführerin (BF), eine Staatsangehörige der Ukraine, reiste im Juni 2014 gemeinsam mit ihrem minderjährigen Sohn XXXX , geb. XXXX , illegal nach Österreich und stellte am 15.06.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 10.06.2015 hat die BF auf Seite 3 des Protokolls, befragt nach dem Vater ihres Kindes angegeben, dass sie nicht wisse, wo dieser sich aufhalten würde. Sie hätte mit dem Vater ihres Kindes nie zusammengelebt, hätte ihren Sohn alleine großgezogen und der Vater habe nie Kontakt zu seinem Kinde gehabt.

1.2. Dieser Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") vom 24.08.2015, Zl. XXXX , abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.11.2018 mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.12.2018, Zl. W189 XXXX , als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis erwuchs am 18.12.2018 in Rechtskraft.

Gegen dieses Erkenntnis erhob die BF zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und lehnte dieser am 26.02.2019 die Behandlung der Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ab, wobei er mit Beschluss vom 13.03.2019 die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Die gegen dieses Erkenntnis beim Verwaltungsgerichtshof erhobene außerordentliche Revision wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.05.2019, Zl. Ra 2019/19/0136 bis 0137-6, zurückgewiesen.

2. Antrag der BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 Abs. 1 AsylG 2005:

2.1. Die BF verblieb nach dieser Ausreiseverpflichtung unrechtmäßig im Bundesgebiet und stellte am 09.07.2019 gemeinsam mit ihrem Sohn jeweils Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 Abs. 1 AsylG 2005.

Beigefügt wurden dem Antrag folgende Beweismittel:

* Mietvertrag XXXX ;

* Einkommenssteuerbescheid 2018 vom 03.10.2019 für Herrn XXXX ;

* (aufschiebende bedingter) Dienstvertrag zwischen der BF und Firma " XXXX ";

* Nachweis über weiter geleitete Dienstleistungsschecks betr. die BF;

* Jahreszeugnisse des Sohnes der BF der Schuljahre 2016/2017, 2017/2018, Schulnachricht und Jahreszeugnis 2018/2019;

* Empfehlungsschreiben des Lehrerkollegiums der NMS Feldkirchen betreffend den Sohn der BF vom 06.11.2018;

* Empfehlungsschreiben des Direktors der XXXX betr. den Sohn der BF vom 22.11.2018;

* Bestätigung des Direktors der XXXX betr. die erfolgreiche Absolvierung der 1. Klasse der HTL durch den Sohn der BF vom 28.06.2019;

* Abstammungsgutachen XXXX vom 19.03.2019 betr. die Vaterschaft von XXXX zum Sohn der BF;

* Patenschafterklärung vom 22.07.2019;

* ÖSD-Zertifikat B1, ausgestellt am 16.03.2018;

* Auszug der Pensionsversicherungsanstalt des Vaters des BF vom 01.07.2019;

* ukrainischer Reisepass der BF, ausgestellt am 11.07.2012, gültig bis 11.07.2022 sowie abgelaufener Reisepass des Sohnes der BF:

* Erklärung zur Geburtsurkunde des Sohnes der BF, ohne Übersetzung;

* Kontoauszüge der XXXX für den Zeitraum 28.09.2018 bis 30.09.2019, Kontoinhaber XXXX ;

* Bestätigung der Firma XXXX über die geringfügige Beschäftigung des Vaters des BF2. Das Monatsgehalt beträgt € 424,-;

2.2. Mit schriftlicher Eingabe vom 31.08.2019 brachte die BF durch ihren (ehemaligen) rechtsfreundlichen Vertreter vor, dass der zum dauernden Aufenthalt berechtigte Vater des Sohnes der BF eine Patenschaftserklärung abgegeben habe, welche unter einem vorgelegt würde. Der Vater des Sohnes der BF wurde zur Zeit 14 x EUR 1.158,73- Pension und aus geringfügiger Erwerbstätigkeit 14 x EUR 424,- beziehen. Die BF und ihr Sohn seien zudem bestrebt gewesen, sich von der ukrainischen Botschaft in XXXX in neues Reisedokument für den Sohn der BF ausstellen zu lassen. Dort sei ihnen mitgeteilt worden, dass eine Ausstellung erst nach Vorlage eines gültigen österreichischen Aufenthaltstitels erfolgen könne. Die Beantragung und Ausstellung eines Reisepasses müsse ansonsten in der Ukraine erfolgen. Das diese Auskunft beinhaltende Bestätigungsschreiben der Botschaft gelang ebenso zur Vorlage.

Vorgelegt wurden unter einem:

* Patenschaftserklärung XXXX vom 22.07.2019;

* Schreiben der PVA betreffend den monatlichen Leistungsanspruch v. XXXX vom 01.07.2019;

* Lohn-Gehaltsabrechnung für Juli und August 2019 betr. XXXX , ausgestellt von der Firma " XXXX ";

* Bestätigung der ukrainischen Botschaft vom 08.08.2019; Dokument enthält keine Geschäftszahl;

2.3. Mit Bescheid des BFA vom 29.11.2019, Zl. XXXX , wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 56 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Ukraine gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.), festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt IV.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegen die BF ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.), gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

2.4. Mit Schriftsatz vom 17.01.2020 erhob die BF durch ihren Rechtsberater dagegen Beschwerde.

2.5. Die Beschwerdevorlage vom 21.01.2020 und die Verwaltungsakte langten beim Bundesverwaltungsgericht am 23.01.2020 ein. Das Bundesverwaltungsgericht entschied über die Beschwerde mit Erkenntnis W247 XXXX zum gleichen Datum, wie gegenständliches Erkenntnis.

3. Gegenständliches Verfahren nach § 57 AsylG:

3.1. Im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 21.06.2019 gab XXXX , geb. am XXXX , dass er der Vater des XXXX (Sohn der BF) sei, seit 2001 in Österreich leben würde und ein Daueraufenthaltsrecht für Österreich habe. Die Frau seines leiblichen Kindes habe ihn bereits während ihres Asylverfahrens in Österreich gesucht und ihn erst nach Abschluss ihres Asylverfahrens, vor ca. 4 Monaten gefunden (Anmerkungen: somit im Februar 2019). XXXX sei Frühpensionist, beziehe als Frühpension XXXX und könne ca. € XXXX ,- dazuverdienen. Er plane mit seinem Kind und dessen Mutter gemeinsam zu leben und XXXX zu heiraten. Es wurde ein Vaterschaftsnachweis in Vorlage gebracht.

3.2. Im Rahmen ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA (betreffend ihre am 09.07.2019 erfolgte Antragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG) am 12.09.2019 gab die BF im Wesentlichen zusammengefasst an, dass sie in Österreich bleiben wolle, da sie hier eine Ausbildung machen und so schnell als möglich arbeiten wolle. Auch ihr Sohn gehe hier in die HTL, er lerne gut. Sie habe, bevor sie nach Österreich gereist wäre, teilweise mit ihrer Mutter, teilweise mit ihrem Partner zusammengelebt. Sie habe in Odessa in einem Einkaufszentrum als Verkäuferin gearbeitet. Ihr Sohn habe bei ihrer Mutter gelebt, da er dort zur Schule gegangen sei. Ihr damaliger Lebenspartner habe in Odessa eine Mietwohnung gehabt und hätten sie da zusammengewohnt. Befragt, welche Angehörigen sie noch im Herkunftsland habe, gab sie an, dass sie noch einen Bruder habe, mit welchem sie wenig Kontakt habe. Mit ihrer Mutter telefoniere sie zweimal im Monat. Auch habe sie noch eine Freundin, von deren Kind sie die Taufpatin wäre. Die Frage, ob sie derzeit arbeite, verneinte die BF und gab an, dass sie in der Ukraine als Näherin gearbeitet habe und auch als Verkäuferin tätig gewesen sei. Sie habe früher mit Dienstleistungschecks in Österreich gearbeitet, habe Putzarbeiten durchgeführt. Sie könne einen Arbeitsvorvertrag für die Firma " XXXX " vorlegen, bei welcher sie als Hausbetreuung und Hilfskraft arbeiten könne und € 950,00 für 40/Woche verdienen würde. Sie brauche monatlich € 250,00 bis 300,00 für Essen, € 30,- für Strom und € 20,- für die Handys von ihrem Sohn und sich. Die Miete zahle ihr Lebensgefährte, Herr XXXX . Sie sei über die Grundversorgung krankenversichert. Sie habe in Österreich nur österreichische Freunde und Bekannte. Sie lebe mit Herrn XXXX seit Mai 2019 in einer Lebensgemeinschaft. Sie habe Herrn XXXX erstmals in Moldawien an ihrem Geburtsort getroffen, als sie 18 Jahre alt gewesen wäre, etwa im Jahr 2000 und habe mit diesem dann eine eineinhalbjährige Beziehung geführt, aus der ihr Sohn entstanden sei. Herr XXXX habe keine Kinder haben wollen, wollte mit seinem Sohn weder etwas zu tun haben, noch habe er für den Sohn bezahlt. Sie habe danach kaum mit ihm Kontakt gehabt (AS 205: "Einmal alle 3 Jahre ungefähr") und ihn erst wieder in Österreich getroffen. Sie denke, dass sie Gutes für Österreich tun könne.

In der Folge wurden nachstehende Unterlagen/Dokumente vorgelegt:

* ÖSD Zertifikat B1 der BF vom 16.03.2018;

* Lohn-Gehaltsabrechnung für Juli und August 2019 betr. XXXX , ausgestellt von der Firma " XXXX ";

* Niederschrift Unterhaltsvereinbarung von XXXX betr. dessen Sohn XXXX ;

* Infopass für Behörden, ausgestellt am 25.09.2019 von der KSV1870 Information GmbH;

* übersetzte Strafregisterbescheinigung der Botschaft Armenien, ausgestellt auf XXXX , vom 04.03.2019;

* österreichischer Strafregisterauszug betr. XXXX vom 28.12.2018;

* Dienstvertrag der BF mit dem Sachverständigenbüro XXXX vom 20.09.2019;

* Abstammungsgutachten XXXX vom 25.09.2019;

* Besitz-Versicherungspolizze der XXXX betr. XXXX , vom 28.06.2019;

* Einkommenssteuerbescheid XXXX des Jahres 2017;

* Geburtsurkunde der BF im Original;

3.3. Mit schriftlichem Parteiengehör vom 03.12.2019 wurde die BF über die Beabsichtigung der Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot in Kenntnis gesetzt.

3.4. Mit Bescheid des BFA vom 16.12.2019, Zl. XXXX , wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Ukraine gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegen die BF ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

3.5. Begründend wurde zusammenfassend zum Gesamtverhalten und dem sich bietenden Persönlichkeitsbild festgehalten, dass die BF in Österreich keine familiären, wirtschaftlichen oder sonstigen wesentlichen Bindungen habe und somit keine Hinweise dafür vorliegen würden, welche den Schluss zuließen, dass durch eine zwingende Rückkehr unzulässigerweise in ihr Privat- und Familienleben eingegriffen würde. Die BF habe es zudem verabsäumt eine Stellungnahme zum Parteiengehör über die Beabsichtigung der Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot abzugeben. Es hätten keine derartig intensiven Bindungen zu Österreich festgestellt werden können, und ergebe sich, dass das Interesse an einer zwingenden Rückkehr allfällig entwickelte Bindungen überwiege. Es könne auch nicht erkannt werden, dass sie in beliebiger Weise in die österreichische Gesellschaft eingewachsen und verankert wäre, da ihr Aufenthalt im Bundesgebiet von relativ kurzer Dauer gewesen ist. Die BF habe sich weiters der österreichischen Rechtsordnung widersetzt, indem sie sich der Aufforderung zur freiwilligen Ausreise widersetzt habe. Die Überwachung der Ausreise der BF sei aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dringend geboten, zumal sie die österreichische Rechtsordnung missachtet habe und somit eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstelle, weshalb auch ein Einreiseverbot zu erlassen sei. Weiters sei die Ukraine als sicherer Herkunftsstaat festgelegt. Mangels des Vorliegens einer menschenrechtsrelevanten Gefahr sei ihr zuzumuten, den Ausgang des Verfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten, weshalb ihr Interesse auf einen Verbleib in Österreich während des gesamtem Verfahrens im Hinblick auf das Interesse Österreichs an einer raschen und effektiven Durchsetzung der Rückkehrentscheidung nicht zu berücksichtigen sei. Bei einer Gesamtbeurteilung ihres Verhaltens gehe die Behörde davon aus, dass die Erlassung eines zweijährigen Einreiseverbotes zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit dringend geboten sei, da ihr Verhalten eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sei zum Schutze des Wohles der Republik Österreich, sohin zur Erreichung von Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten. Insgesamt komme die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG nicht in Betracht. Da die Voraussetzung des (gemeint wohl: ehemals) nicht rechtmäßigen Aufenthaltes vorliege und kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt werde, sei eine Rückkehrentscheidung zu erlassen. Aufgrund des Umstandes, dass für sie bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung gegeben sei, sei in ihrem Fall davon auszugehen, dass die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Interesse eines geordneten Fremdenwesens geboten sei, weshalb einer möglichen Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen sei.

3.6. Weiters traf das BFA Länderfeststellungen zur Situation im Herkunftsstaat der BF.

3.7. Mit Verfahrensordnung vom 19.12.2019 wurde der BF für ein etwaiges Beschwerdeverfahren ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

3.8. Mit Schriftsatz vom 16.01.2020 erhob die BF durch ihren Rechtsberater Beschwerde in vollem Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung, sowie der Verletzung der Verfahrensvorschriften, und brachte im Wesentlichen zusammengefasst vor, dass im gegenständlichen Verfahren der Grundsatz des Parteiengehörs verletzt worden sei. Die Behörde habe ihre Entscheidung maßgeblich damit begründet, dass die BF und ihr Sohn keine Verwandten oder sonstigen Angehörigen im Bundesgebiet hätten. Die BF und ihr Sohn hätten bis zu ihrer Abschiebung jedoch mit dem Lebensgefährten der BF bzw. mit dem Vater ihres Sohnes in der von jenem finanzierten Mietwohnung gelebt. Sie hätten weiters zahlreiche Freunde in Österreich. Der Sohn der BF sei bis zu seiner Abschiebung in die XXXX gegangen und könnte im Falle einer Aufenthaltsberechtigung jederzeit den Schulbesuch fortsetzen. Die BF habe Einstellungszusagen und einen Arbeitsvorvertrag. Sowohl die BF als auch ihr Sohn würden sehr gut Deutsch sprechen und hätten beide einen großen Freundeskreis in Österreich. Die belangte Behörde gehe über sämtliches Vorbringen komplett hinweg, was die Entscheidung absolut mangelhaft mache. Nachdem die Beschwerde vor dem VfGH und die Revision vor dem VwGH zurückgewiesen worden seien, hätten die BF und ihr Sohn beim BFA zulässige Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln gemäß § 56 AsylG gestellt, nachdem die im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen vorgelegen wären. Da der Aufenthalt im Bundesgebiet Erteilungsvoraussetzung wäre, sei somit nachvollziehbar, dass die BF und ihr Sohn ihrer Ausreiseverpflichtung nicht sogleich nachgekommen seien. Die BF und ihr Sohn hätten nachweislich immer ihre Bereitschaft erklärt, ihrer Ausreiseverpflichtung nachzukommen, sollte im Verfahren gemäß § 56 AsylG keine Erfolgsaussichten bestehen. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde sei absolut mangelhaft und nicht nachvollziehbar. Der weitere Aufenthalt der BF und ihres Sohnes im Bundesgebiet nach Erlassung der Rückkehrentscheidung beruhe darauf, dass sie Rechtsbehelfe zur Bekämpfung der aus ihrer Sicht zu Unrecht ergangenen Rückkehrentscheidungen ergriffen hätten und danach zulässige und erfolgversprechende Anträge auf § 56 AsylG gestellt hätten, denen aber nicht automatisch aufschiebende Wirkung zugekommen sei. In diesem Verhalten sei in keiner Weise eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gelegen. Es beruhe vielmehr auf der berechtigten Furcht vor einer Abschiebung in die Ukraine bzw. dem Wunsch der BF und ihres Sohnes, beim Lebensgefährten bzw. Vater zu bleiben. Im gegenständlichen Fall stelle sich die Interessenabwägung gemäß § 9 BFA-VG als mangelhaft dar. Durch die Rückkehrentscheidung würden die BF und ihr Sohn in ihrem Recht gemäß Art. 8 EMRK verletzt, da sich der Lebensgefährte bzw. Vater in Österreich befinde. Das Einreiseverbot sei eine "Kann"-Bestimmung und hätte nicht erlassen werden müssen. Durch das Einreiseverbot wäre es der BF und ihrem Sohn nicht möglich, für die nächsten 2 Jahre den Lebensgefährten bzw. Vater zu besuchen, was einen massiven Eingriff in ihr Familienleben darstelle. Durch die mit gegenständlicher Beschwerde intendierte Aufhebung des Einreiseverbotes sei auch den übrigen Aussprüchen, die nur deshalb zu treffen gewesen seien, weil ein Einreiseverbot zwingend mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden sei, der Boden entzogen, zumal sich das BFA offensichtlich in keiner Weise mit den anhängigen Anträgen gemäß § 56 AsylG auseinandergesetzt habe. Da das BVwG seiner Entscheidung aktuelle Länderberichte zu Grunde zu legen habe und die Feststellungen des Bundesamtes zumindest zu ergänzen habe, sei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich. Beantragt wurde, das Bundesverwaltungsgericht möge 1.) eine mündliche Verhandlung durchführen; 2.) Spruchpunkt V. betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung aufheben bzw. ersatzlos beheben; 3.) den angefochtenen Bescheid aufheben bzw. dahingehend abändern, dass die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklärt und ihr ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK erteilt werde; 4.) in eventu das Einreiseverbot auf eine angemessene Dauer herabsetzen; 5.) in eventu den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückverweisen.

Beigefügt wurden der Beschwerde folgende Unterlagen:

* Bestätigung betreffend XXXX bezüglich des Besuches der XXXX vom 07.01.2020;

* Vollmacht XXXX vom 13.01.2020;

* Niederschrift der BF bezüglich der Antragstellung gemäß § 56 AsylG;

* E-Mail des RA der BF vom 20.11.2019;

* Stellungnahme der BF bzw. ihres Sohnes vom 30.11.2019;

* Reisepass der BF und ihres Sohnes in Kopie;

* Abstammungsgutachten betr. die Vaterschaft von XXXX bezüglich XXXX ;

Im weiteren Verfahrensverlauf brachte die BF folgende Unterlagen in Vorlage:

* Erklärung zur Geburtsurkunde des Sohnes der BF, ohne Übersetzung;

* Schulnachricht des Sohnes der BF (Schuljahr 2018/2019); Jahreszeugnisse vom Schuljahr 2016/2017, 2017/2018 und 2018/2019 des Sohnes der BF;

* Nachweis über weitergeleitete Dienstleistungsschecks der BF und Arbeitsbestätigung von XXXX über die geleisteten Arbeiten der BF über Dienstleistungsschecks;

* Empfehlungsschreiben der XXXX und des Lehrerkollegiums NMS XXXX betreffend den Sohn der BF;

* Auszug des Lohnkostenrechners;

* Deutschzertifikat B1 der BF vom 16.03.2018;

* Kopie der Aufenthaltskarte des Vater des Sohnes der BF;

* Heiratsurkunde der BF vom 16.01.2020;

* Einstellungszusage der BF bei der Firma " XXXX " vom 08.01.2020;

* Arbeitsvorvertrag des Firma XXXX vom 31.05.2019;

2.9. Mit schriftlicher Eingabe vom 17.02.2020 brachte XXXX vor, dass er der leibliche Vater des Sohnes der BF sei. Er selbst sei armenischer Staatsbürger. Das Familienleben mit seinem Sohn und seiner Frau sei seit der Abschiebung seines Sohnes und seiner Frau in die Ukraine im November 2019 nicht mehr möglich. Er selbst dürfe nur für maximal drei Monate im Jahr in die Ukraine. Da er aus gesundheitlichen Gründen in einer vorzeitigen Pension sei, sei ihm ein längerer Aufenthalt im Ausland nicht möglich, da er auch in regelmäßiger Behandlung sei. Sein Sohn habe während seines Aufenthaltes in Österreich eine HTL für Maschinenbau besucht und habe seine Abschiebung seine Ausbildung unterbrochen. Er wünsche sich für seinen Sohn, dass dieser seine Ausbildung abschließen könne und müsste er dafür rasch wieder in Österreich einreisen dürfen.

Beigefügt wurden der Eingabe Jahreszeugnisse des BF der Schuljahre 2016/2017, 2017/2018, 2018/2019;

3.10. Die Beschwerdevorlage vom 17.01.2020 und die Verwaltungsakte langten beim BVwG am 21.02.2020 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Der Ablauf des Verfahrensgangs zum bisherigen Verfahren wird - wie unter Punkt I. dargelegt - festgestellt.

1.2. Zur Person der BF:

Die volljährige BF ist Staatsangehörige der Ukraine, Angehörige der ukrainischen Volksgruppe und dem christlich-orthodoxen Glauben zugehörig. Die BF führt die im Spruch angeführten Personalien. Die Identität der BF steht fest.

Die BF stellte erstmals in Österreich nach gemeinsamer illegaler Einreise mit ihrem minderjährigen Sohn XXXX , geb. XXXX StA. Ukraine, am 15.06.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des BFA vom 24.08.2015, Zl. XXXX , abgewiesen wurde. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.12.2018 als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis erwuchs am 18.12.2018 in Rechtskraft.

Gegen dieses Erkenntnis erhob die BF zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und lehnte dieser die Behandlung der Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ab, wobei er mit Beschluss vom 13.03.2019 die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Die gegen dieses Erkenntnis beim Verwaltungsgerichtshof erhobene außerordentliche Revision wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.05.2019, Zl. Ra 2019/19/0136 bis 0137-6, zurückgewiesen.

Die BF verblieb nach dieser Ausreiseverpflichtung unrechtmäßig im Bundesgebiet und stellte am 09.07.2019 - gemeinsam mit ihrem Sohn - jeweils Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 Abs. 1 AsylG.

Der Aufenthalt der BF nach dem 18.12.2018 bis zu ihrer Abschiebung am 21.11.2019 war nicht rechtmäßig.

Die BF ist jung, gesund und arbeitsfähig. Sie leidet weder an einer schweren oder lebensbedrohlichen Krankheit, noch ist sie längerfristig pflege- und rehabilitationsbedürftig. Ihr Gesundheitszustand steht ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht entgegen.

Die BF ist seit 23.01.2020 mit dem armenischen Staatsangehörigen, XXXX , geb. XXXX , der zum dauernden Aufenthalt in Österreich berechtigt ist, verheiratet. XXXX ist der leibliche Vater des Sohnes der BF. Die BF und der nunmehrige Ehegatte hatten sich bereits im Jahr 2000 in Moldawien kennengelernt und hatten danach eine ca. eineinhalbjährige Beziehung, aus welcher der gemeinsame Sohn XXXX , geb. XXXX hervorgegangen ist. Die BF hatte damals weder mit den nunmehrigen Ehegatten zusammengelebt, noch hat der Vater des gemeinsamen Sohnes ein Kind gewollt. Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF mit dem Vater ihres Sohnes bis ca. Februar 2019 Kontakt gehabt hat. In dieser Zeit hatte sich der nunmehrige Ehegatte weder um seinen Sohn gekümmert, noch einen finanziellen Beitrag für seinen Sohn geleistet. Zwischen der BF und ihrem nunmehrigen Ehegatten bestand lediglich zwischen 21.08.2019 und 21.11.2019 ein gemeinsamer Haushalt im Bundesgebiet.

Die BF wurde am 21.11.2019 - gemeinsam mit ihrem Sohn - in die Ukraine abgeschoben.

Die BF war in Österreich lediglich im Rahmen von Dienstleistungsschecks tätig und ging in diesem Rahmen vom XXXX ca. zweimal im Monat Tätigkeiten als Haushaltshilfe nach. Sie verfügt über einen Arbeitsvorvertrag der Firma " XXXX " vom 31.05.2019, wobei diese Tätigkeit ein Nettoeinkommen von € 950,00 bei 40 Stunden/Woche einbringen würde. Weiters verfügt sie über eine Einstellungszusage der Firma " XXXX " vom 08.01.2020. Die BF spricht Deutsch auf dem Niveau B1. Die BF hat im Bundesgebiet Freundschaften geschlossen. Sie ist nicht Mitglied in Vereinen und Organisationen und es kann eine überdurchschnittliche Integration im Bundesgebiet nicht festgestellt werden. Sie lebte bis 19.08.2019 von Leistungen der staatlichen Grundversorgung und war im Bundesgebiet nicht selbsterhaltungsfähig. Sie war bis zum 21.11.2019 lediglich über die Grundversorgung im Bundesgebiet versichert.

1.3. Zur Frage der Rückkehr in die Ukraine:

Es existieren in casu keine Umstände, welche einer Abschiebung der BF aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Die BF verfügt über keine sonstigen Aufenthaltsberechtigungen. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der BF in die Ukraine eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde.

Es sind auch sonst keine Hinweise hervorgekommen, dass allenfalls schwerwiegende oder lebensbedrohliche körperliche oder psychische Erkrankungen einer Rückführung der BF in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

Ihr droht auch keine Strafe nach ihrer Rückkehr in die Ukraine wegen illegaler Ausreise.

Eine in die Ukraine zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt. Auch aus dem sonstigen Verfahrensergebnis werden vor dem Hintergrund der aktuellen Lage in ihrem Herkunftsstaat keine Hinweise auf eine allfällige Gefährdung der BF nach ihrer Rückkehr ersichtlich, noch wurde von der BF eine solche Gefährdung substantiiert behauptet. Die BF ist jung, arbeitsfähig, verfügt über eine fundierte 9-jährige Schulausbildung, hat den Beruf der Näherin gelernt und kann umfassende Arbeitserfahrung im Herkunftsstaat vorweisen. Sie hat mehrjährig als Schneiderin und Marktverkäuferin gearbeitet und war - auch ohne finanzielle Unterstützung des Vaters ihres Kindes - über all diese Jahre im Herkunftsstaat selbsterhaltungsfähig. Die BF verfügt im Herkunftsstaat über eine Eigentumswohnung und über familiäre Anknüpfungspunkte in den Personen ihres Bruders und ihrer Mutter, zu welchen sie in Kontakt steht und schon vor ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat in Kontakt gestanden ist. Es ist davon auszugehen, dass die BF nach Rückkehr - zumindest in der Anfangsphase - auf die Unterstützung ihrer Familie Vorort zurückgreifen kann, hinsichtlich ihrer Unterkunft auf die vorhandene Eigentumswohnung Zugriff hat bzw. wird eine finanzielle Unterstützung durch ihren nunmehrigen Ehemann - wie schon während der letzten Monate ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet - auch im Herkunftsstaat möglich sein. Aufgrund dieser Erwägungen kann mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die BF im Herkunftsstaat nicht eine aussichtslose Lage geraten wird.

1.4. Zu den Feststellungen zur Lage in der Ukraine:

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1.GRUNDVERSORGUNG

Die makroökonomische Lage stabilisiert sich nach schweren Krisenjahren auf niedrigem Niveau. Ungeachtet der durch den Konflikt in der Ostukraine hervorgerufenen, die Wirtschaftsentwicklung weiter erheblich beeinträchtigenden, Umstände, wurde 2018 ein Wirtschaftswachstum von geschätzten 3,4% erzielt; die Inflation lag bei rund 10%. Der gesetzliche Mindestlohn wurde zuletzt mehrfach erhöht und beträgt seit Jahresbeginn 4.173 UAH (ca. 130 EUR) (AA 22.2.2019).

Die Existenzbedingungen sind im Landesdurchschnitt knapp ausreichend. Die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gesichert. Vor allem in ländlichen Gebieten stehen Strom, Gas und warmes Wasser zum Teil nicht immer ganztägig zur Verfügung. Die Situation gerade von auf staatliche Versorgung angewiesenen älteren Menschen, Kranken, Behinderten und Kindern bleibt daher karg. Die Ukraine gehört zu den ärmsten Ländern Europas. Ohne zusätzliche Einkommensquellen (in ländlichen Gebieten oft Selbstversorger) bzw. private Netzwerke ist es insbesondere Rentnern und sonstigen Transferleistungsempfängern kaum möglich, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Sozialleistungen und Renten werden zwar regelmäßig gezahlt, sind aber trotz regelmäßiger Erhöhungen größtenteils sehr niedrig. In den von Separatisten besetzten Gebieten der Oblaste Donezk und Luhansk müssen die Bewohner die Kontaktlinie überqueren, um ihre Ansprüche bei den ukrainischen Behörden geltend zu machen (AA 22.2.2019).

Nachdem die durchschnittlichen Verdienstmöglichkeiten weit hinter den Möglichkeiten im EU-Raum, aber auch in Russland, zurückbleiben, spielt Arbeitsmigration am ukrainischen Arbeitsmarkt eine nicht unbedeutende Rolle (ÖB 2.2019).

Das ab der zweiten Hälfte der 1990er Jahre eingeführte ukrainische Sozialversicherungssystem umfasst eine gesetzliche Pensionsversicherung, eine Arbeitslosenversicherung und eine Arbeitsunfallversicherung. Aufgrund der Sparpolitik der letzten Jahre wurde im Sozialsystem einiges verändert, darunter Anspruchsanforderungen, Finanzierung des Systems und beim Versicherungsfonds. Die Ausgaben für das Sozialsystem im nicht-medizinischen Sektor sanken von 23% des BIP im Jahr 2013 auf 18,5% im Jahr 2015 und danach weiter auf 17,8%. Die ist vor allem auf Reduktion von Sozialleistungen, besonders der Pensionen, zurückzuführen. Das Wirtschaftsministerium schätzte den Schattensektor der ukrainischen Wirtschaft 2017 auf 35%, andere Schätzungen gehen eher von 50% aus. Das Existenzminimum für eine alleinstehende Person wurde für Jänner 2019 mit 1.853 UAH beziffert (ca. 58 EUR), ab 1. Juli 2019 mit 1.936 UAH (ca. 62 EUR) und ab 1. Dezember 2019 mit 2.027 (ca. 64,5 EUR) festgelegt. Alleinstehende Personen mit Kindern können in Form einer Beihilfe für Alleinerziehende staatlich unterstützt werden. Diese wird für Kinder unter 18 Jahren (bzw. StudentInnen unter 23 Jahren) ausbezahlt. Die Zulage orientiert sich am Existenzminimum für Kinder (entspricht 80% des Existenzminimums für alleinstehende Personen) und dem durchschnittlichen Familieneinkommen. Diese Form von Unterstützung ist mit einer maximalen Höhe von 1.626 UAH (ca. 50,8 EUR) für Kinder im Alter bis zu 6 Jahren, 2.027 UAH (ca. 63,3 EUR) für Kinder im Alter von 6 bis 18 Jahren bzw. 1.921 UAH (ca. 60 EUR) für Kinder im Alter von 18 bis 23 Jahren pro Monat gedeckelt. Außerdem ist eine Hinterbliebenenrente vorgesehen, die monatlich 50% der Rente des Verstorbenen für eine Person beträgt; bei zwei oder mehr Hinterbliebenen werden 100% ausgezahlt. Für Minderjährige gibt es staatliche Unterstützungen in Form von Familienbeihilfen, die an arme Familien vergeben werden. Hinzu kommt ein Zuschuss bei der Geburt oder bei der Adoption eines Kindes sowie die o.g. Beihilfe für Alleinerziehende. Der Geburtenzuschuss beträgt derzeit in Summe 41.280 UAH (ca. 1.288 EUR). Davon werden 10.320 UAH (ca. 322,15 EUR) in den zwei bis drei Monaten nach Geburt/Adoption ausgezahlt, die restliche Summe in gleichen Zahlungen von 860 UAH (ca. 26,85 UAH) monatlich im Laufe der folgenden drei Jahre. Laut geltenden ukrainischen Gesetzen beträgt die Dauer des Mutterschutzes zwischen 126 Tagen (70 Tage vor und 56 Tage nach der Geburt) und 180 Tagen (jeweils 90 Tage vor und nach der Geburt). Für diese Periode bekommen die Mütter ihren Lohn hundertprozentig ausbezahlt. In den nächsten drei Karenzjahren bekommen die Mütter keine weiteren Auszahlungen außer dem o.g. Geburtenzuschuss bzw. den finanziellen Zuschüssen für Alleinerziehende. Gesetzlich ist grundsätzlich ebenfalls die Möglichkeit einer Väterkarenz vorgesehen, wobei diese in der Praxis weiterhin kaum in Anspruch genommen wird. Versicherte Erwerbslose erhalten mindestens 1.440 UAH (ca. 45 EUR) und maximal 7.684 UAH (240 EUR) Arbeitslosengeld pro Monat, was dem Vierfachen des gesetzlichen Mindesteinkommens entspricht. Nicht versicherte Arbeitslose erhalten mindestens 544 UAH (ca. 17 EUR). In den ersten 90 Kalendertagen werden 100% der Berechnungsgrundlage ausbezahlt, in den nächsten 90 Tagen sind es 80%, danach 70%. Die gesetzlich verpflichtende Pensionsversicherung wird durch den Pensionsfonds der Ukraine verwaltet, der sich aus Pflichtbeiträgen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, aus Budgetmitteln und diversen Sozialversicherungsfonds speist. Im Oktober 2017 nahm das ukrainische Parlament eine umfassende Pensionsreform an, die vor allem auch von internationalen Geldgebern zur Reduzierung des großen strukturellen Defizits gefordert wurde. Darin enthalten ist vor allem eine Anhebung der Mindestpension, welche von knapp zwei Drittel aller Pensionisten bezogen wird, um knapp 700 UAH (ca. 22 EUR). Ebenfalls vorgesehen ist eine automatische Indexierung der Mindestpension sowohl an die Inflationsrate, wie auch an die Entwicklung des Mindestlohns. Weiters wurde für arbeitende Pensionisten der Beitrag zur staatlichen Pensionsversicherung von 15% zur Gänze gestrichen. Das Pensionsantrittsalter wurde bei 60 Jahren belassen, die Anzahl an Beitragsjahren zur Erlangung einer staatlichen Pension wurde jedoch von 15 auf 25 Jahre erhöht und soll sukzessive bis 2028 weiter auf 35 Jahre steigen. Ebenfalls abgeschafft wurden gewisse Privilegien z.B. für öffentliche Bedienstete, Richter, Staatsanwälte und Lehrer. Im Jahr 2017 belief sich die Durchschnittspension auf 2.480,50 UAH (ca. 77 EUR), die durchschnittliche Invaliditätsrente auf 1.996,20 UAH (ca. 62,31 EUR) und die Hinterbliebenenpension auf 2.259,99 UAH (ca. 70,55 EUR). Viele Pensionisten sind dementsprechend gezwungen, weiter zu arbeiten. Private Pensionsvereinbarungen sind seit 2004 gesetzlich möglich. Die Ukraine hat mit 12 Millionen Pensionisten (knapp ein Drittel der Gesamtbevölkerung) europaweit eine der höchsten Quoten in diesem Bevölkerungssegment, was sich auch im öffentlichen Haushalt widerspiegelt: 2014 wurden 17,2% des Bruttoinlandsprodukts der Ukraine für Pensionszahlungen aufgewendet (ÖB 2.2019; vgl. UA 27.4.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-02-2019.pdf , Zugriff 18.3.2019

- ÖB - Österreichische Botschaften (2.2019): Asylländerbericht Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003113/UKRA_ ÖB-Bericht_2018.doc, Zugriff 11.4.2019

- UA - Ukraine Analysen (27.4.2018): Rentenreform, http://www.laender-analysen.de/ukraine/pdf/UkraineAnalysen200.pdf , Zugriff 27.5.2019

2.MEDIZINISCHE VERSORGUNG

Das ukrainische Spitalswesen ist derzeit nach einem hierarchischen Dreistufenplan organisiert: die Grundversorgung wird in Rayonskrankenhäusern bereitgestellt. Das Rückgrat des ukrainischen Spitalswesens stellen die Distriktkrankenhäuser dar, die sich durch Spezialisierung in den verschiedenen medizinischen Disziplinen auszeichnen. Die dritte Ebene wird durch überregionale Spezialeinrichtungen und spezialisierte klinische und diagnostische Einrichtungen an den nationalen Forschungsinstituten des ukrainischen Gesundheitsministeriums gebildet. Ursprünglich als Speerspitze der Gesundheitsversorgung für komplizierte Fälle konzipiert, sind die Grenzen zwischen Einrichtungen der zweiten und dritten Ebene in letzter Zeit zunehmend verschwommen. Auch die laufende Dezentralisierungsreform dürfte in Zukunft Auswirkungen auf die Struktur des ukrainischen Gesundheitssystems haben. Aufgrund der dafür nötigen, jedoch noch nicht angenommenen Verfassungsänderung, bleibt diese Reform jedoch vorerst unvollendet, die Zusammenlegung von Gemeinden erfolgt bislang auf freiwilliger Basis. Von einigen Ausnahmen abgesehen ist die technische Ausstattung ukrainischer Krankenhäuser als dürftig zu bezeichnen. Während die medizinische Versorgung in Notsituationen in den Ballungsräumen als befriedigend bezeichnet werden kann, bietet sich auf dem Land ein differenziertes Bild: jeder zweite Haushalt am Land hat keinen Zugang zu medizinischen Notdiensten. Die hygienischen Bedingungen, vor allem in den Gesundheitseinrichtungen am Land, sind oftmals schlecht. Aufgrund der niedrigen Gehälter und der starken Motivation gut ausgebildeter MedizinerInnen ins Ausland zu gehen, sieht sich das ukrainische Gesundheitssystem mit einer steigenden Überalterung seines Personals und mit einer beginnenden Ausdünnung der Personaldecke, vor allem auf dem Land und in Bereichen der medizinischen Grundversorgung, konfrontiert. Von Gesetzes wegen und dem ehemaligen sowjetischen Modell folgend sollte die Bereitstellung der jeweils nötigen Medikation - mit der Ausnahme spezieller Verschreibungen im ambulanten Bereich - durch Budgetmittel gewährleistet sein. In der Realität sind einer Studie zufolge in 97% der Fälle die Medikamente von den Patienten selbst zu bezahlen, was die jüngst in Angriff genommene Reform zu reduzieren versucht. Dies trifft vor allem auf Verschreibungen nach stationärer Aufnahme in Spitälern zu. 50% der PatientInnen würden demnach aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten eine Behandlung hinauszögern oder diese gänzlich nicht in Anspruch nehmen. In 43% der Fälle mussten die PatientInnen entweder Eigentum verkaufen, oder sich Geld ausleihen, um eine Behandlung bezahlen zu können. In der Theorie sollten sozial Benachteiligte und Patienten mit schweren Erkrankungen (Tbc, Krebs, etc.) von jeglichen Medikamentenkosten, auch im ambulanten Bereich, befreit sein. Aufgrund der chronischen Unterdotierung des Gesundheitsetats und der grassierenden Korruption wird das in der Praxis jedoch selten umgesetzt (ÖB 2.2019).

Patienten müssen in der Praxis die meisten medizinischen Leistungen und Medikamente informell aus eigener Tasche bezahlen (BDA 21.3.2018).

Ende 2017 wurde eine umfassende Reform des ukrainischen Gesundheitssystems auf die Wege gebracht. Eingeführt wird unter anderem das System der "Familienärzte". Patienten können in dem neuen System direkt mit einem frei gewählten Arzt, unabhängig von Melde- oder Wohnort, eine Vereinbarung abschließen und diesen als Hauptansprechpartner für alle gesundheitlichen Belange nutzen. Ebenfalls ist eine dringend nötige Modernisierung der medizinischen Infrastruktur in ländlichen Regionen vorgesehen, und ein allgemeiner neuer Zertifizierungsprozess inklusive strikterer und transparenterer Ausbildungsanforderungen für Ärzte vorgesehen. Weiters sind ukrainische Ärzte nunmehr verpflichtet, internationale Behandlungsprotokolle zu befolgen. Die Umsetzung der Reform schreitet nur schrittweise voran und wird noch einiges an Zeit in Anspruch nehmen. Im Zuge der Gesundheitsreform wurde im März 2018 ein Nationaler Gesundheitsdienst gegründet, der in Zukunft auch als zentrales Finanzierungsorgan für alle (öffentlichen und privaten) ukrainischen Gesundheitsdienstleister dienen und die Implementierung der Gesundheitsreform vorantreiben soll. Über die Hälfte aller in der medizinischen Grundversorgung tätigen Institutionen haben bereits neue Verträge mit dem Nationalen Gesundheitsdienst abgeschlossen (ÖB 2.2019).

Der Nationale Gesundheitsdienst hat die Funktion einer staatlichen, budgetfinanzierten Einheitskrankenversicherung übernommen. Zugleich wurde ein modernes, IT-gestütztes e-Health-System (Ärzte/Patienten-Register, Erfassung abrechnungsfähiger Dienstleistungen/Verschreibungen von erstattungsfähigen Arzneien etc.) eingeführt. Das noch im Aufbau begriffene System umfasst derzeit ca. 700 medizinische private und kommunale Einrichtungen mit ca. 24 Mio. Patienten sowie mehr als 17 Mio. einzelne Patientenverträge mit ihren Familienärzten, und deckt damit etwa die Hälfte aller Einrichtungen der primären medizinischen Fürsorge ab. Es ermöglicht derzeit bereits mehr als 40% der ukrainischen Bevölkerung freie Hausarztwahl sowie einen geregelten Zugang zu erstattungsfähigen Arzneien (derzeit mehr als 300 gelistete Arzneien) (AA 22.2.2019).

Die Gesundheitsreform sieht eine Rückerstattung der Kosten für eigens gelistete Medikamente für Herzkreislauf-Erkrankungen, Asthma und Typ 2 Diabetes vor, die bei teilnehmenden Apotheken und mit einem entsprechenden Rezept teils auch kostenlos oder stark vergünstigt erworben werden können. Die Verfügbarkeit dieses Angebots ist zwar vorerst weiterhin von den an diesem Programm teilnehmenden Apotheken abhängig, allgemein scheint dieses System jedoch in der Praxis gut zu funktionieren (ÖB 2.2019; Liste der Medikamente siehe unter: MOZ o.D.).

Soweit die Gesundheitsreform noch nicht umgesetzt ist, ist der Beginn einer Behandlung in der Regel auch weiterhin davon abhängig, dass der Patient einen Betrag im Voraus bezahlt oder Medikamente und Pflegemittel auf eigene Rechnung beschafft. Neben dem öffentlichen Gesundheitswesen sind in den letzten Jahren auch private Krankenhäuser beziehungsweise erwerbswirtschaftlich geführte Abteilungen staatlicher Krankenhäuser gegründet worden. Die Dienstleistungen der privaten Krankenhäuser sind außerhalb des Nationalen Gesundheitsdienstes jedoch für die meisten Ukrainer nicht bezahlbar. Gebräuchliche Medikamente werden im Land selbst hergestellt. Die Apotheken halten teilweise auch importierte Arzneien vor (AA 22.2.2019).

In den unter Kontrolle der ukrainischen Regierung stehenden Teilen der Oblaste Donezk und Luhansk leidet die medizinische Versorgung unter kriegsbedingten Engpässen: so wurden einige Krankenhäuser beschädigt und/oder verloren wesentliche Teile der Ausrüstung; qualifizierte Ärzte sind nach Westen gezogen. Im Donezker Gebiet gibt es zurzeit nur eingeschränkte psychiatrische Betreuung, da das entsprechende Gebietskrankenhaus vollständig zerstört wurde und bisher nur die Einrichtungen für Kinder und Tuberkulosekranke wieder hergerichtet werden konnten. Das Gebietskrankenhaus des Luhansker Gebiets musste sämtliche Ausrüstung zurücklassen und konnte sich nur provisorisch in Rubishne niederlassen. Eine qualifizierte Versorgung auf sekundärem Niveau (oberhalb der Versorgung in städtischen Krankenhäusern) ist dort zurzeit nicht gegeben (AA 22.2.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-02-2019.pdf , Zugriff 18.3.2019

- BDA - Belgian Immigration Office via MedCOI (21.3.2018): Question & Answer, BDA-6768

- MOZ - Ukrainisches Gesundheitsministerium (o.D.): Affordable Medicines, http://en.moz.gov.ua/affordable-medicines , Zugriff 24.5.2019

- ÖB - Österreichische Botschaften (2.2019): Asylländerbericht Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003113/UKRA_ ÖB-Bericht_2018.doc, Zugriff 11.4.2019

3.RÜCKKEHR

Es sind keine Berichte bekannt, wonach in die Ukraine abgeschobene oder freiwillig zurückgekehrte ukrainische Asylbewerber wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland behelligt worden wären. Um neue Dokumente zu beantragen, müssen sich Rückkehrer an den Ort begeben, an dem sie zuletzt gemeldet waren. Ohne ordnungsgemäße Dokumente können sich - wie bei anderen Personengruppen auch - Schwierigkeiten bei der Wohnungs- und Arbeitssuche oder der Inanspruchnahme des staatlichen Gesundheitswesens ergeben (AA 22.2.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-02-2019.pdf , Zugriff 18.3.2019

2. Beweiswürdigung

2.1. Die Feststellungen zu den bisherigen Verfahren, sowie der unter Punkt I. dargelegte Verfahrensgang ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die Identität und Staatsangehörigkeit der BF stehen aufgrund des vorgelegten Reisepasses fest.

2.3. Die Feststellungen zu ihrer Einreise, sowie ihrem Aufenthalt in Österreich und zu ihrem bisher im Bundesgebiet geführten Asylverfahren lassen sich dem vorliegenden Verwaltungsakt entnehmen.

2.4. Die Feststellungen betreffend die persönlichen und familiären Verhältnisse und die Lebensumstände der BF in Österreich resultieren aus dem Verwaltungsakt, sowie ihren im Rahmen der erstinstanzlichen Einvernahmen erstatteten diesbezüglichen Angaben. Die Feststellung, wonach der Ehegatte der BF der Vater des gemeinsamen Sohnes XXXX ist, ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Abstammungsgutachten von XXXX vom 19.03.2019. Die Feststellung, dass lediglich für wenige Monate ein gemeinsamer Haushalt zwischen der BF und ihrem nunmehrigen Ehegatten bestanden hat, ergibt sich einerseits aus einem Abgleich der ZMR-Auskünfte der BF und ihres nunmehrigen Ehegatten, wie auch aus den beschwerdeseitigen Angaben im bisherigen Verfahren. So hat der nunmehrige Ehegatte der BF bei seiner Einvernahme vor dem BFA am 21.06.2019 auf Seite 2 angegeben, dass er in einer eben gefundenen Wohnung in Graz mit seiner Lebensgefährtin und seinem Sohn gemeinsam leben möchte. Aus dem ZMR ist ersichtlich, dass der nunmehrige Gatte der BF am neuen Wohnsitz in XXXX seit 21.08.2019 gemeldet war. Davor hat er in XXXX gelebt.

Die Feststellung, wonach die Ehe zwischen der BF und ihrem nunmehrigen Ehegatten am XXXX geschlossen wurde, ergibt sich aus der vorgelegten Heiratsurkunde.

Die Feststellung, wonach die BF nach Beendigung der ca. 1,5 Jahre dauernden Beziehung Anfang der 2000er Jahre bis ca. Februar 2019 keinen Kontakt mit dem nunmehrigen Ehegatten gehabt hat, ergibt sich zum einen aus den Ausführungen des XXXX im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 21.06.2019, wo er auf Seite 2 des Protokolls explizit angeführt hat, dass er erstmalig vor 4 Monaten (Anmerkung: d.h. ca Februar 2019) wieder Kontakt mit der BF gehabt hatte. Andererseits hat die BF im Vorverfahren im Rahmen ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 10.06.2015, befragt nach dem Vater ihres Kindes, selbst angegeben, dass sie nicht weiß, wo sich dieser aufhalten würde, dass sie ihren Sohn alleine aufgezogen hat und der Vater ihres Sohnes auch nie Kontakt zu seinem Kind gehabt hat. Auf Seite 6 des BFA-Einvernahme vom 12.09.2019 gab die BF ebenfalls zu Protokoll, dass sie mit XXXX nie zusammengelebt hat, dieser keine Kinder gewollt hat, nichts mit ihrem Sohn zu tun haben wollte und auch nie etwas für seinen Sohn gezahlt hat. Dass die BF auf Seite 7 dann plötzlich angab, sehr wohl mit dem Vater des Sohnes im Abstand von ca. 3 Jahren Kontakt gehabt zu haben, steht im Widerspruch zu den o.a. bisherigen Aussagen der Beschwerdeseite im Verfahren und im Vorverfahren und ist vielmehr als wenig glaubhafter Versuch der BF zu werten, hierdurch einen kontinuierlichen Kontakt zum Vater ihres Kindes zu konstruieren um eine - wenn auch lose - Bindung zum nunmehrigen Ehegatten schon vor dem Februar 2019 darzulegen. Hiermit vermag die Beschwerdeseite jedoch nicht zu überzeugen, zumal die BF bei vom erkennenden Gericht nicht angenommener Wahrannahme eines solchen - sich über die Jahre wiederholenden - Kontakts zum Kindsvater nach allgemeiner Lebenserfahrung den nunmehrigen Gatten im Bundesgebiet bereits im negativ entschiedenen Asylverfahren als Anknüpfungspunkt im Bundesgebiet behauptet hätte.

Die Feststellung, dass die BF Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 hat, ergibt sich aus dem im Verfahren betreffend ihren Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 Abs. 1 AsylG vorgelegten Zertifikat. Die Feststellung betreffend die Einstellungszusage bzw. den Arbeitsvorvertrag der BF ergibt sich aus den von ihr vorgelegten Unterlagen. Die Feststellungen betreffend die im Rahmen von Dienstleistungsschecks erbrachten Hilfsarbeiten der BF im Bundesgebiet ergeben sich einerseits aus der Arbeitsbestätigung der Firma XXXX vom 02.11.2018, als auch aus einem Nachweis weitergeleiteter Dienstleistungsschecks (AS 33), einem aktuellen Auszug von AJ-Web, sowie den Angaben des Mag. XXXX vor dem BFA am 18.11.2019. Die BF brachte im gesamten Verfahren darüber hinaus keine konkreten Angaben vor, welche die Annahme ihrer Integration in Österreich in gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht rechtfertigen würden. Sie verfügt über keine nachweisbare außergewöhnliche Integration. Auch aus der Beschwerdeschrift gehen keine Hinweise auf weitere erfolgte Integrationsschritte der BF in Österreich hervor.

2.5. Die Feststellungen, dass die BF bis 19.08.2019 Leistungen aus der Grundversorgung bezogen hat und somit im Bundesgebiet nicht selbsterhaltungsfähig war, ergeben sich aus dem eingeholten GVS-Auszug und aus ihren eigenen Angaben.

2.6. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der BF leitet sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich ab.

2.7. Zu den Feststellungen in Zusammenhang mit der Rückkehr der BF in die Ukraine:

2.7.1. Nachdem die BF keine der in § 31 FPG genannten Voraussetzungen erfüllt, war die entsprechende Feststellung zu treffen, dass ihr Aufenthalt seit rechtskräftigem Abschluss ihres Asylverfahrens bis zur Abschiebung am 21.11.2019 im österreichischen Bundesgebiet nicht rechtmäßig war.

2.7.2. Die Feststellung zur Arbeitsfähigkeit und zum Gesundheitszustand der BF ergibt sich aus der Aktenlage, sowie dem Umstand, dass die BF weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde konkrete durch entsprechende medizinische Unterlagen belegte Angaben substantiierte, welche auf eine schwere gesundheitliche Beeinträchtigung oder auf eine Einschränkung ihrer Arbeitsfähigkeit schließen lassen würden.

2.7.3. Die BF verfügt nach eigenen Angaben über ein familiäres Netzwerk in den Personen ihres Bruders und ihrer Mutter, mit denen sie nach eigenen Angaben regelmäßig in Kontakt steht.

2.8. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem im angefochtenen Bescheid zitierten Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für die Ukraine samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen, sowie des Umstandes, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die BF trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland im Rahmen der Beschwerdeschrift nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.3. Gemäß § 3 BFA-VG, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I 70/2015, obliegt dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl. I Nr. 100 (Z 4).

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

3.4. Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.5. Zur Abweisung der Beschwerde betreffend die Nichterteilung des Aufenthaltstitels "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nach § 57 AsylG:

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn die Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wird, weil dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs. 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

3.5.1. Indizien dafür, dass die BF einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihr ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt der BF seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist die BF Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

3.5.2. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG wurde von der BF nicht behauptet und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich keinerlei Hinweise, die nahe legen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

3.5.3. Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.6. Zur Abweisung der Beschwerde betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung:

3.6.1 Die diesbezüglich maßgeblichen Rechtsgrundlagen stellen sich wie folgt dar:

3.6.1.1. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung, mit der einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 erteilt wird, mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

3.6.1.2. § 52 FPG lautet auszugsweise:

"Rückkehrentscheidung

§ 52 (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) - (8) [...]

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) - (11) [...]"

3.6.1.3. § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet auszugsweise:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) - (6) [...]"

3.6.1.4. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung - nunmehr Rückkehrentscheidung - nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

3.6.2. Was einen allfälligen Eingriff in das Familienleben der BF betrifft, lässt sich das Bundesverwaltungsgericht von nachstehenden Erwägungen leiten:

Vom Prüfungsumfang des Begriffs des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, die miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

3.6.2.1. Unstrittig ist, dass in Österreich der nunmehrige Ehegatte der BF ein zum dauernden Aufenthalt in Österreich berechtigter armenischer Staatsangehöriger und Vater des Sohnes der BF lebt. Der BF ist jedoch entgegenzuhalten, dass sie sich bei seiner standesamtlichen Eheschließung am XXXX ihres unsicheren Aufenthaltes bewusst gewesen sein musste, da sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im Bundesgebiet aufhältig gewesen ist und somit begründetermaßen auch nicht mehr damit rechnen durfte, dauerhaft im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen (vgl VwGH vom 19.02.2009, Zl. 2008/18/0721; vom 30.04.2009, Zl. 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Diesbezüglich ist auf auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hinzuweisen, der bei einem zweijährigen Aufenthalt trotz einer bestehenden Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin eine Rückkehrentscheidung für verhältnismäßig befunden hat (VwGH, 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Auch ist eine besondere Intensität des Familienlebens zwischen der BF und ihrem Ehegatten schon vor dem Hintergrund, dass die BF mit ihrem nunmehrigen Ehegatten - nach einer ca. 1,5 dauernden Liaison Anfang der 2000er Jahre, aus welcher der Sohn der BF hervorgegangen ist - bis ca. Februar 2019 keinen Kontakt gehabt hat, der Kontakt mit ihrem nunmehrigen Ehegatten erst nach rechtskräftig negativ entschiedenen Asylverfahren wieder entstanden ist und die BF mit ihrem Sohn und dem nunmehrigen Ehegatten lediglich zwischen August 2019 und Ende November 2019 in einem gemeinsamen Haushalt im Bundesgebiet gelebt hat, nicht gegeben. Diese Erwägungen gelten naturgemäß auch für die Intensität der Beziehung des gemeinsamen Sohnes der BF und ihrem nunmehrigen Ehegatten, da dieser seinen Vater erst im Februar 2019 kennengelernt hat, sodass eine tatsächliche intensive familiäre Bindung zwischen dem Sohn der BF und dessen Vater schon angesichts der Kürze der Zeit des möglichen Kontaktes zueinander bzw. des tatsächlichen Zusammenlebens von lediglich knapp 2 Monaten nicht entstehen konnte. Darüber hinaus gilt es zu berücksichtigen, dass sich der nunmehrige Ehegatte der BF vor dem Februar 2019 nie um den Sohn der BF gekümmert hatte und auch keine finanzielle Unterstützung der BF hat zukommen lassen. Weiters ist zu berücksichtigen, dass es dem nunmehrigen Ehegatten der BF bzw. dem Vater des gemeinsamen Sohnes jedenfalls zumutbar wäre, den Kontakt mit der BF und dem gemeinsamen Sohn nach deren Rückkehr in den Herkunftsstaat durch technische Mittel (Telefon, Internet,...) bzw. fallweise durch Besuche aufrechtzuerhalten. Die Schutzwürdigkeit des Familienlebens der BF (bzw. ihres Sohnes) ist vor dem Hintergrund des Gesagten daher in einem nur äußerst geringen Maß gegeben, sodass trotz eines möglicherweise erst in ferner Zukunft wieder bestehenden Familienlebens im Rahmen der nach § 9 BFA-VG vorzunehmenden Interessensabwägung jedenfalls die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung ihrer Person gegenüber ihren familiären Interessen überwiegen.

3.6.3. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher lediglich in das Privatleben der BF eingreifen:

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554).

In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, weil - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, davon aus, dass "der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 ua. mwH).

Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

3.6.3.1. Geht man nun im vorliegenden Fall von einem bestehenden Privatleben der BF in Österreich aus, fällt die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zu Lasten des BF aus und würde die Rückkehrentscheidung jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellen:

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner langjährigen Rechtsprechung zu Ausweisungen Fremder wiederholt ausgesprochen, dass die EMRK Fremden nicht das Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Land garantiert und die Konventionsstaaten im Allgemeinen nicht verpflichtet sind, die Wahl des Aufenthaltslandes durch Einwanderer zu respektieren und auf ihrem Territorium die Familienzusammenführung zu gestatten. Dennoch könne in einem Fall, der sowohl die Achtung des Familienlebens, als auch Fragen der Einwanderung betrifft, der Umfang der staatlichen Verpflichtung, Familienangehörigen von im Staat ansässigen Personen Aufenthalt zu gewähren, - je nach der Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse - variieren (vgl. z.B. EGMR 05.09.2000, Solomon v. Niederlande, Appl. 44328/98; EGMR 09.10.2003, Slivenko v. Lettland, Appl. 48321/99; EGMR 22.04.2004, Radovanovic v. Österreich, Appl. 42703/98; EGMR 31.01.2006, da Silva und Hoogkamer v. Niederlande, Appl. 50435/99; EGMR 31.07.2008, Darren Omoregie ua v. Norwegen, Appl. 265/07).

3.6.3.2. Die BF hielt sich mit ihrem Sohn von Juni 2014 bis zum 21.11.2019 im Bundesgebiet auf und verfügte nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des bloß vorübergehenden Aufenthaltsrechts des Asylverfahrens. Die BF reiste mit ihrem Sohn illegal nach Österreich ein und beide stellten in weiterer Folge Anträge auf internationalen Schutz, welche sich als unberechtigt erwiesen haben. Das Gewicht ihres etwas mehr als fünfjährigen Aufenthalts wird dadurch relativiert, dass der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigungen als Asylwerber rechtmäßig war, was der BF und ihrem Sohn bewusst gewesen sein musste. Der beharrliche, unrechtmäßige Verbleib im Bundesgebiet - trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidungen - ist außerdem eine erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung.

3.6.3.3. Angesichts des Umstandes, dass der Aufenthalt der BF im österreichischen Bundesgebiet seit der Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.12.2018, Zl. W189 XXXX , mit welchem ihr Asylverfahren in Österreich negativ entschieden wurde, nicht mehr rechtmäßig ist, ist unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes der BF stark ausgeprägt und das Interesse an der Achtung des Privatlebens der BF überaus schwach:

Es ist davon auszugehen, dass die BF freundschaftliche Bindungen mit anderen im Bundesgebiet lebenden Personen knüpfte. Wesentliche Aspekte ihres Privatlebens, wie die in Odessa erfolgte standesamtliche Eheschließung am XXXX mit dem in Österreich zum dauernden Aufenthalt berechtigten XXXX , sowie die kurze Zeit des Zusammenlebens mit ihrem nunmehrigen Mann zwischen 21.08.2019 und 25.11.2019 in Österreich sind aber durch oben beschriebene Umstände des stets unsicheren Aufenthaltes der BF im Bundesgebiet geschwächt. Der Umstand, dass sich die BF nachweislich Sprachkenntnisse auf dem Niveau B1 anzueignen vermochte und eine Einstellungszusage und einen Arbeitsvorvertrag vorlegen konnte, sowie im Rahmen von Dienstleistungschecks Hilfstätigkeiten ausgeübt hat, spricht für ein grundsätzliches Bemühen der BF, Integrationsschritte zu setzen. Der Umstand, dass die BF in Österreich an keinen sonstigen Aus-, Fort-, oder Weiterbildungsmaßnahmen teilgenommen hat, weder gemeinnützige Tätigkeiten ausübte, in keinem Klub oder Verein in Österreich tätig war, noch bis zu ihrer Abschiebung einen Grad der Selbsterhaltungsfähigkeit erlangen konnte, spricht gegen eine außergewöhnliche Integration der BF. Unterlagen, die für eine verfestigte Integration sprechen würden, wurden abseits des Sprachzertifikates und der Einstellungszusage bzw. des Vorarbeitsvertrages beschwerdeseitig nicht vorgelegt. Es liegen bei der BF auch keine anderweitigen Aspekte einer außerordentlichen Integration vor. Die Dauer dieses Verfahrens übersteigt auch nicht das Maß dessen, was für ein rechtstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtsschutzmöglichkeiten entsprechendes Verfahren angemessen ist. Es liegt somit jedenfalls kein Fall vor, in dem die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der einreise- und fremdenrechtlichen Vorschriften, sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angesichts der langen Verfahrensdauer oder der langjährigen Duldung des Aufenthaltes im Inland nicht mehr hinreichendes Gewicht haben, die Rückkehrentscheidung als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" erscheinen zu lassen (vgl. VfSlg 18.499/2008, 19.752/2013; EGMR 04.12.2012, Fall Butt, Appl. 47.017/09, Z 85 f.).

Dementgegen kann auch nach wie vor von einem Bestehen von starken Bindungen der BF zu ihrem Herkunftsstaat ausgegangen werden, zumal sie dort einen Großteil ihres Lebens verbracht hat und dort hauptsozialisiert wurde, den Beruf der Schneiderin und Marktverkäuferin nachgekommen ist, sie nach wie vor ihre Muttersprache spricht, durchaus mit den kulturellen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten ihres Herkunftsstaates hinreichend vertraut ist und sie überdies auch noch verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat in den Personen ihres Bruders und ihrer Mutter hat, mit denen sie auch weiters in Kontakt ist. Des Weiteren verfügt die BF im Herkunftsstaat über eine Eigentumswohnung, welcher ihr zur Unterkunft dient. Es kann im gegenständlichen Fall nicht von einer Entwurzelung der BF von ihrem Herkunftsstaat gesprochen werden. Es kann auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die BF nach Rückkehr in den Herkunftsstaat mit unzumutbaren Schwierigkeiten konfrontiert wäre. Schließlich handelt es sich um eine junge, gesunde und arbeitsfähige Frau mit fundierter Schul- und Berufsausbildung, sowie mehrjähriger Berufserfahrung im Herkunftsstaat. Es ist mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit vielmehr davon auszugehen, dass die familiären Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat der BF und ihrem Sohn nach Rückkehr - zumindest in der Anfangsphase - eine Unterstützung sein können. Ebenfalls wird davon auszugehen sein, dass der in Österreich aufhältige Ehegatte der BF, der BF und ihrem Sohn im Herkunftsstaat eine finanzielle Unterstützung zukommen lassen kann, so wie er beiden zumindest in den letzten Monaten ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet eine Unterstützung gewesen ist. Des Weiteren verfügt die BF über eine eigene Eigentumswohnung im Herkunftsstaat auf welche die Beschwerdeführer bei Rückkehr zum Zwecke der Unterkunft zurückgreifen können.

3.6.3.4. Dem allenfalls bestehenden Interesse der BF an einem Verbleib in Österreich (bzw Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber. Ihr steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Im Fall der BF, die abseits der erwirkten Einstellungszusagen, der Arbeiten im Rahmen der Dienstleistungsschecks, sowie den nachgewiesenen Sprachkenntnissen in der deutschen Sprache keine weiteren nennenswerten Integrationsschritte in Österreich vorzuweisen hat, kommt hinzu, dass diese sich seit der Rechtskraft der Rückkehrentscheidung mit 18.12.2018 weiterhin illegal in Österreich aufgehalten hat und sie ihrer Ausreiseverpflichtung nicht freiwillig nachgekommen ist. Der bisherige Aufenthalt der BF beeinträchtigte gewichtige Grundinteressen der Gesellschaft - vor allem das Interesse an Ordnung und Sicherheit. Es bleibt anzumerken, dass der BF und ihrem Sohn - unter Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben des österreichischen Niederlassungs- und Aufenthaltsrechts - die Möglichkeit offen steht einen Aufenthalt im Bundesgebiet zu legalisieren, ohne Umgehung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen über Aufenthaltstitel nach dem AsylG.

3.6.4. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), bei weitem schwerer als die relativ schwach ausgebildeten privaten Interessen der BF am Verbleib in Österreich. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, nach denen im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

3.6.5. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung der BF in ihrem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist daher nicht nur nicht geboten, sondern es war dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auch verwehrt, über diesen überhaupt abzusprechen (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

3.6.6. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 AsylG 2005 liegen deshalb vor, weshalb Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids zu Recht erging. Da die Voraussetzungen des (ehemals) nicht rechtmäßigen Aufenthalts im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 2 FPG vorliegen, war seitens des BFA zu Recht eine Rückkehrentscheidung erlassen worden.

3.7. Zur Zulässigkeit der Abschiebung in die Ukraine (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, dass die Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. in einen bestimmten Staat zulässig ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG 2005.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seiner Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wären, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Das entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG 2005.

3.7.1. Wie bereits die belangte Behörde festgehalten hat, konnten keine Anhaltspunkte dahingehend gefunden werden, dass die BF im Falle einer Rückkehr in die Ukraine einer Verfolgungsgefährdung iSd. Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre und wäre ihr als erwachsener, junger und gesunder Frau mit sozialen und verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat eine Rückkehr in den Herkunftsstaat zumutbar (siehe hier insbesondere die Beweiswürdigung unter Punkt II.2.7.)

Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.7.2. Die Zulässigkeit der Abschiebung der BF in die Ukraine ist gegeben, da keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Eine Abschiebung in die Ukraine ist daher zulässig, sodass Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides entsprechend zu bestätigen war.

3.8. Zur Beschwerde betreffend die Erlassung eines auf 2 Jahre befristeten Einreiseverbots:

3.8.1. Die fremdenpolizeiliche Maßnahme des Einreiseverbots wird in § 53 FPG normiert. Diese Bestimmung lautet auszugsweise:

"Einreiseverbot

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. - 9. [...]

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. - 4. [...];

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) [...]"

Dass Einreiseverbot knüpft gemäß § 53 Abs. 1 erster Satz FPG an das Bestehen einer Rückkehrentscheidung an. Es kann daher unbesehen der Frage erlassen werden, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist.

3.8.2. Bei der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289; 24.03.2015, Ra 2014/21/0049).

3.8.3. Bei der Entscheidung betreffend die Verhängung eines Einreiseverbots ist - abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Fremden - darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist (VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237). Diese Prognose ist nachvollziehbar zu begründen, wobei im Allgemeinen auch der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zukommt (VwGH 16.10.2014, Ra 2014/21/0039).

3.8.4. Weiters ist bei der Entscheidung über die Dauer des Einreiseverbots auch auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/21/0002; vgl. auch Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, 2016, § 53 FPG, K12).

3.8.5. Schließlich darf bei der Verhängung eines Einreiseverbots das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen nicht regelmäßig schon dann erfolgen, wenn einer der Fälle des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 bzw. des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG vorliegt (vgl. etwa VwGH 30.06.2015, Ra 2015/21/0002 mwH).

3.8.6. Die belangte Behörde hat über die BF ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 FPG 2005 verhängt.

3.8.7. Im gegenständlichen Fall stellte die belangte Behörde fest, dass die Aufzählung der unter § 53 FPG zu subsumierenden Tatbestände demonstrativ und nicht enumerativ ist. Das BFA hat weiters zu Recht auf Artikel 11 der Rückführungsrichtlinie verwiesen, wonach Rückkehrentscheidungen mit einem Einreiseverbot einhergehen, falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde.

Die BF und ihr Sohn waren im Bundesgebiet zu keinem Zeitpunkt selbsterhaltungsfähig und haben keine eigenen Mittel zur Bestreitung des Unterhalts vorweisen können. Sie waren somit mittellos und erfüllen bereits den - den die Verhängung eines Einreiseverbotes prinzipiell rechtfertigenden - Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG. Die BF und ihr Sohn stellten Anträge auf internationalen Schutz, missachteten in weiterer Folge die mit Erkenntnissen des BVwG vom 03.12.2018 rechtskräftig ausgesprochenen Rückkehrentscheidungen und kamen ihrer Rückkehrentscheidung nicht nach, indem sie beharrlich im Bundesgebiet verblieben sind. Mit diesem Verhalten machten die BF und ihr Sohn deutlich, ihren fremdenrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommen zu wollen. Sie setzten damit Handlungen, die im Sinne des § 53 Abs. 2 FPG den Schluss zulassen, dass ihr weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung gefährdet bzw. den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen maßgeblich entgegensteht. Dass die konkrete Handlungsweise der BF und ihres Sohnes nicht von einem der Tatbestände in den Ziffern 1 bis 9 der genannten Bestimmung erfasst ist, schadet für ihre Subsumtion unter § 53 Abs. 2 FPG - wie auch von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vertreten - insoweit nicht, als die Ziffern 1 bis 9 laut Regierungsvorlage zum Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 einen Katalog darstellen, der lediglich "demonstrativ" Beurteilungskriterien für das Verhalten des Drittstaatsangehörigen aufstellt (vgl. RV 1078 BlgNR XXIV GP , 30).

Wie bereits zur Frage der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ausführlich geprüft, und festgestellt, sind die familiären und privaten Anknüpfungspunkte der BF in Österreich nicht dergestalt, dass sie einen Verbleib der BF in Österreich rechtfertigen würden. Die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verletzt in casu Art. 8 EMRK nicht. Es muss daher nun, unter der in § 53 Abs. 2 FPG genannten Tatbestände ebenso davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit dem persönlichen Interesse an einem Verbleib in Österreich überwiegt.

3.8.8. Die Verhängung des Einreiseverbotes erfolgte daher zu Recht.

3.8.9. Bei der Bemessung der Höhe des Einreiseverbotes sprechen zwar die mangelnde Selbsterhaltungsfähigkeit der BF und ihres Sohnes, sowie das beharrliche Verbleiben beider im Bundesgebiet - trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung - für ein gemäß § 53 Abs. 2 FPG zu verhängendes Einreiseverbot. Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ist die tatsächliche Verhängung der 2-jährigen Frist vor dem Hintergrund, dass die BF und ihr Sohn aus der Grundversorgung ab 19.08.2019 keine Leistungen mehr bezogen haben und die Unterkunft der BF zuletzt von ihrem nunmehrigen Ehegatten finanziert worden ist, unverhältnismäßig. Die Erlassung eines Einreiseverbotes in der Höhe von 2 Jahren war daher als überschießend anzusehen, zumal in anderen, gewichtigeren Fällen wenig Spielraum nach oben bliebe. Ein Einreiseverbot von 1 Jahr erscheint dem Gericht angemessen, um die BF und ihren Sohn ihr Fehlverhalten vor Augen zu führen.

3.8.10. Daher war der Beschwerde hinsichtlich des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG teilweise stattzugeben und die Dauer des verhängten Einreiseverbotes herabzusetzen.

3.9. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides)

3.9.1. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist auszuführen, dass die belangte Behörde einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkennen kann, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

3.9.2. Gemäß § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebungen oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zu Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

3.9.3. Derartige Gründe sind jedoch beschwerdeseitig nicht hinreichend substantiiert worden (siehe II.2.7.), noch sind sich sonst im Verfahren hervorgekommen.

3.9.4. Im angefochtenen Bescheid stützt sich die belangte Behörde bei der gegenständlichen Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG. Wie bereits oben dargelegt, ist die Aufenthaltsbeendigung der BF im Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit geboten. Auch hat dies die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid in hinreichender Klarheit begründet. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung durch die belangte Behörde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist daher zu Recht erfolgt.

3.9.5. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides war somit ebenfalls abzuweisen.

3.10. Zur Feststellung, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht:

3.10.1. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das Bundesamt von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

3.10.2. Im angefochten Bescheid in Spruchpunkt V. einer Beschwerde gegen die Entscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

3.10.3. Da im angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Frist für die freiwillige Ausreise nicht abgesprochen wurde, war spruchgemäß zu entscheiden.

4. Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:

4.1. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

4.2. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann - unter anderem - eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

4.3. Gemäß der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK, dessen Garantien nach Art. 47 Abs. 2 GRC auch im vorliegenden Fall Anwendung finden, kann eine mündliche Verhandlung unter bestimmten Voraussetzungen unterbleiben, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Äußerungen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR 12.11.2002, 28.394/95, Döry vs. Schweden; 8.2.2005, 55.853/00, Miller vs. Schweden).

4.4. Der Verfassungsgerichtshof hat betreffend die Anwendung des § 41 Abs. 7 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008, (also zur wortidenten Vorgängerbestimmung des § 21 Abs. 7 BFA-VG) unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm Art. 52 GRC ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat der Asylwerber hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor dem Bundesasylamt releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof erforderlich, wenn die vom betroffenen Asylwerber bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde an den Asylgerichtshof aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfSlg. 19.632/2012).

4.5. Seit seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, judiziert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 02.08.2018, Ra 2018/19/0136; 01.03.2018, Ra 2017/19/0410; 18.05.2017, Ra 2016/20/0258), dass für die Beurteilung, ob der Sachverhalt im Sinn des § 21 Abs. 7 BFA-VG geklärt erscheint und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dieser Bestimmung daher unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich sind: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

4.6. Angesichts der Tatsache, dass der maßgebende Sachverhalt von der belangten Behörde abschließend ermittelt wurde und der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war, Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen, sowie eine initiative Darlegung für die Entscheidungsfindung relevanten Umstände, die durch die weitere Hinterfragung zu klären gewesen wären, nicht erforderlich war, ist der Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-Verfahrensgesetz aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt.

4.7. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte somit gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

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