AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:W183.2212218.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. PIELER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch RA Mag. Dr. Helmut BLUM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.11.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.10.2019 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) verließ im Jahr 2018 Iran, stellte am 28.07.2018 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am 29.07.2018 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Am 12.10.2018 wurde BF von der nunmehr belangten Behörde, dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), zu seinen Fluchtgründen niederschriftlich einvernommen.
Im behördlichen Verfahren gab BF als Fluchtgrund im Wesentlichen an, dass er in Iran aufgrund seines Interesses für das Christentum und seines Besuchs von Hauskirchen Verfolgung fürchte. Kurz vor seiner Ausreise sei sein Zimmer durchsucht und nach ihm gesucht worden. Auch in Österreich besuche er eine Kirche.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid (zugestellt am 27.11.2018) wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.), sondern gegen BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Iran zulässig ist (Spruchpunkte IV. und V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.
Das BFA stellte BF amtswegig einen Rechtsberater zur Seite.
3. Mit Schriftsatz vom 19.12.2018 erhob BF durch seine Rechtsvertretung binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde. Vorgebracht wurde im Wesentlichen, der BF würde im Falle seiner Rückkehr nach Iran wegen seiner Konversion und als Apostat verfolgt werden.
4. Mit Schriftsatz vom 03.01.2019 (eingelangt am 07.01.2019) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.
Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 28.03.2019 wurde die gegenständliche Rechtssache der bislang zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen und der nun zuständigen Gerichtsabteilung neu zugewiesen (eingelangt am 15.05.2019).
5. Am 07.01.2019 gab der BF der Bezirkshauptmannschaft XXXX seinen Austritt aus der islamischen Glaubensgemeinschaft bekannt.
6. Mit Schreiben vom 25.07.2019 wurden der BF sowie das BFA zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 08.10.2019 geladen und wurde in den Ladungen darauf hingewiesen, dass das Bundesverwaltungsgericht beabsichtigt, die Länderberichte gemäß dem "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Iran, Gesamtaktualisierung am 03.07.2018" sowie dem "Länderreport 10 des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Iran - Situation der Christen, Stand 3/2019" als Grundlage für die Feststellungen zur Situation in Iran heranzuziehen. Es wurde Gelegenheit zur Einsicht- und Stellungnahme gegeben.
Mit Schreiben vom 16.08.2019 gab der Rechtsvertreter des BF bekannt, dass dieser Ende August getauft werde, beantragte die Einvernahme eines Zeugen und legte mehrere Unterlagen vor (u.a. Integrationsprüfung A1 vom 31.05.2019, Bestätigung der Teilnahme am "Lehrgang zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses" seit 25.02.2019, Mathematikprüfung, Empfehlungsschreiben, Bestätigung über gemeinnützige Hilfstätigkeiten in der Marktgemeinde XXXX ).
7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 08.10.2019 unter Beiziehung eines Dolmetschs für die Sprache Farsi eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der BF sowie dessen Rechtsvertretung und ein Zeuge teilnahmen. BF wurde ausführlich zu seiner Person, seinen Fluchtgründen sowie religiösen Aktivitäten in Österreich befragt. Es wurde ihm Gelegenheit gegeben, alle Gründe umfassend darzulegen, zu den ins Verfahren eingeführten Länderberichten Stellung zu nehmen und seine Situation in Österreich darzustellen.
Der BF legte eine Bestätigung über den Besuch des zweiten Semesters des "Lehrgangs zum Nachholen eines Pflichtschulabschlusses" seit 23.09.2019 vor sowie ein Schreiben von zwei näher bezeichneten Personen, die Bestätigung seiner Teilnahme am Aufbaukurs "Komm, folge mir nach!" innerhalb der Kirchengemeinde "Evangelikale Gemeinde XXXX ", ein Empfehlungsschreiben des Pastors der Evangelikalen Gemeinde XXXX und einen Taufschein vom 22.09.2019.
Das BFA nahm an dieser Verhandlung nicht teil und gab keine schriftliche Stellungnahme zu der Situation im Herkunftsland ab.
8. Das Bundesverwaltungsgericht führte zuletzt am 25.10.2019 eine Strafregisterabfrage durch.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers
BF ist ein volljähriger iranischer Staatsangehöriger. Er trägt den im Erkenntniskopf genannten Namen und ist am dort angeführten Datum geboren. Seine Identität steht fest.
BF stammt aus Teheran und lebte dort bis zu seiner Ausreise, gehört der Volksgruppe der Luren an, spricht Farsi (Muttersprache), hat in Iran die Schule abgeschlossen, studierte dort und arbeitete in Iran in einer Buchhandlung und als Tankwart.
BF ist ledig und hat keine Kinder. In Iran leben seine Eltern und seine ältere Schwester. Zu seiner Mutter und Schwester in Iran hat BF regelmäßig Kontakt, das Verhältnis ist gut.
BF reiste legal aus Iran aus, illegal nach Österreich ein und stellte am 28.07.2018 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht besteht nicht.
BF leidet an keiner physischen oder psychischen (schweren oder lebensbedrohlichen) Erkrankung und ist arbeitsfähig.
Eine Schwester des BF lebt in Österreich, es besteht kein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis. Vor und nach seiner Einreise nach Österreich hatte der BF wenig Kontakt zu ihr. Der BF verfügt darüber hinaus über keine familiären oder sonstigen verwandtschaftlichen bzw. familienähnlichen sozialen Bindungen in Österreich. BF lebt hier in keiner Lebensgemeinschaft. BF ist in Österreich nicht Mitglied in Vereinen oder anderen Organisationen. BF besucht einen Lehrgang zur Nachholung des Pflichtschulabschlusses. Die sozialen Kontakte beschränken sich auf seine Nachbarn und Bekannte, die er vorwiegend von der Kirche oder dem Lehrgang kennt. Die sozialen Kontakte entstanden zu einem Zeitpunkt, als BF bereits seinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.
BF bezieht in Österreich Leistungen aus der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.
BF spricht sehr wenig Deutsch; er hat bislang eine Prüfung über Deutsch auf A1-Niveau absolviert.
BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zum Fluchtvorbringen
BF wuchs in Iran als Moslem auf und entstammt einer mäßig religiösen Familie.
Es wird festgestellt, dass sich BF in Iran nicht dem Christentum zuwandte oder christlich missionierte. Es wird festgestellt, dass dies dem BF von iranischen Behörden oder Privatpersonen auch nicht unterstellt wird.
In Österreich besucht BF seit etwa einem Jahr regelmäßig die Gottesdienste und Kurse der evangelikalen Gemeinde XXXX . BF meldete am 07.01.2019 seinen Austritt aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich und wurde am 22.09.2019 getauft. BF verfügt über christliche Grundkenntnisse.
Es wird festgestellt, dass BF in Österreich nicht aus einem innerem Entschluss zum Christentum konvertiert ist und die christliche Glaubensüberzeugung aktuell nicht derart ernsthaft ist, sodass sie Bestandteil der Identität des BF wurde. Es wird davon ausgegangen, dass sich BF im Falle einer Rückkehr nach Iran nicht privat oder öffentlich zum christlichen Glauben bekennen wird.
BF ist in Österreich nicht missionarisch tätig und beabsichtigt nicht ernsthaft, dies in Zukunft zu tun. Die iranischen Behörden wissen von den oben festgestellten christlichen Aktivitäten des BF in Österreich nicht Bescheid.
BF brachte keine weiteren Gründe, warum er eine Rückkehr in den Heimatstaat fürchtet, vor.
1.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat
Aus dem ins Verfahren eingeführten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Iran vom 03.07.2018 (LIB 2018) ergibt sich wie folgt:
Zur Sicherheitslage
Auch wenn die allgemeine Lage insgesamt als ruhig bezeichnet werden kann, bestehen latente Spannungen im Land. Sie haben wiederholt zu Kundgebungen geführt, besonders im Zusammenhang mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei ist es in verschiedenen iranischen Städten verschiedentlich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen, die Todesopfer und Verletzte gefordert haben, wie beispielsweise Ende Dezember 2017 und im Januar 2018 (EDA 20.6.2018).
In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Seit den Pariser Anschlägen vom November 2015 haben iranische Behörden die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zu Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran, erhöht. Am 7. Juni 2017 ist es nichtsdestotrotz in Teheran zu Anschlägen auf das Parlamentsgebäude und auf das Mausoleum von Ayatollah Khomeini gekommen, die Todesopfer und Verletzte forderten (AA 20.6.2018b).
In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen. Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrte Sicherheits- und Personenkontrollen. Wiederholt wurden Ausländer in der Region festgehalten und längeren Verhören unterzogen. Eine Weiterreise war in manchen Fällen nur noch mit iranischer Polizeieskorte möglich. Dies geschah vor dem Hintergrund von seit Jahren häufig auftretenden Fällen bewaffneter Angriffe auf iranische Sicherheitskräfte in der Region (AA 20.6.2018b, vgl. BMEIA 20.6.2018).
In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gibt es wiederholt Anschläge gegen Sicherheitskräfte, lokale Repräsentanten der Justiz und des Klerus. In diesem Zusammenhang haben Sicherheitskräfte ihr Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen und Kontrollen mit Checkpoints noch einmal verstärkt. Seit März 2011 gab es in der Region wieder verstärkt bewaffnete Zusammenstöße zwischen iranischen Sicherheitskräften und kurdischen Separatistenorganisationen wie PJAK und DPIK, mit Todesopfern auf beiden Seiten. Insbesondere die Grenzregionen zum Irak und die Region um die Stadt Sardasht waren betroffen. Trotz eines im September 2011 vereinbarten Waffenstillstandes kam es im Jahr 2015 und verstärkt im Sommer 2016 zu gewaltsamen Konflikten. In bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen iranischen Sicherheitskräften und Angehörigen der DPIK am
6. und 7. September 2016 nahe der Stadt Sardasht wurden zehn Personen und drei Revolutionsgardisten getötet. Seit Juni 2016 kam es in der Region zu mehreren derartigen Vorfällen. Bereits 2015 hatte es nahe der Stadt Khoy, im iranisch-türkischen Grenzgebiet (Provinz West-Aserbaidschan), Zusammenstöße mit mehreren Todesopfern gegeben (AA 20.6.2018b).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt (20.6.2018b): Iran: Reise- und Sicherheitshinweise,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/iran-node/iransicherheit/202396 , Zugriff 20.6.2018
* BMEIA - Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (10.5.2017): Reiseinformation Iran, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/iran/ , Zugriff 20.6.2018
* EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (20.6.2018): Reisehinweise Iran, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/iran/reisehinweise-fuerdeniran.html , Zugriff 20.6.2018
Zu Apostasie und Konversion
Apostasie (d.h. Abtrünnigkeit vom Islam) ist in Iran verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), "mofsid-fil-arz/fisad-al-arz" ("Verdorbenheit auf Erden"), oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie selten, bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen wurden im Jahr 2016 25 Sunniten (davon 22 Kurden) u.a. wegen "moharebeh" exekutiert (ÖB Teheran 9.2017). Christliche Konvertiten werden normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern Fälle von Konversion werden als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und diese werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen keine geläufige Bestrafung. Die Todesstrafe wird hauptsächlich bei Drogendelikten und Morden angewandt und seltener bei politischen "high-profile" Fällen. Für Konversion wurde in den letzten zehn Jahren keine Todesstrafe ausgesprochen. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt (DIS/DRC 23.2.2018). Nach anderen Quellen wurden im Jahr 2017 gegen mehrere christliche Konvertiten hohe Haftstrafen verhängt [Anmerkung der Staatendokumentation:
Verurteilungsgrund unklar] (AA 2.3.2018, vgl. AI 22.2.2018).
Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Muslime dürfen daher nicht an Gottesdiensten anderer Religionen teilnehmen. Oftmals lautet die Anklage jedoch auf "Gefährdung der nationalen Sicherheit", "Organisation von Hauskirchen" und "Beleidigung des Heiligen", um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden. Trotz des Verbots nimmt die Konversion zum sunnitischen Islam und zum Christentum weiter zu. Unter den Christen in Iran stellen Konvertiten aus dem Islam mit schätzungsweise mehreren Hunderttausend inzwischen die größte Gruppe dar, noch vor den Angehörigen traditioneller Kirchen (AA 2.3.2018). Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein, und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken (US DOS 15.8.2018).
In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind (ÖB Teheran 9.2017).
Kirchenvertreter sind angehalten, die Behörden zu informieren, bevor sie neue Mitglieder in ihre Glaubensgemeinschaft aufnehmen. Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter in Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab (ÖB Teheran 9.2017). Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben). In Familien eines öffentlich Bediensteten oder eines Polizisten wird die Konversion eines Familienmitgliedes jedoch als heikler eingeschätzt, wobei es sein kann, dass der oder die Konvertierte aus der Familie verbannt oder sogar den Behörden gemeldet wird, um die Arbeit des Amtsträgers nicht zu beeinträchtigen (ÖB Teheran 9.2017, vgl. DIS/DRC 23.2.2018).
Keine besonderen Bestimmungen gibt es zur Konversion von einer nicht-islamischen zu einer anderen nicht-islamischen Religion, da diese nicht als Apostasie gilt (ÖB Teheran 9.2017).
Die Schließungen der "Assembly of God" Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Es gibt viele Hauskirchen in Iran und ihre Anzahl steigt. Dieser Anstieg an Hauskirchen zeigt, dass sie - obwohl sie verboten sind - trotzdem die Möglichkeit haben, zu agieren. Obwohl die Behörden die Ausbreitung der Hauskirchen fürchten, ist es schwierig, diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Nichtsdestotrotz werden sie teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren, deshalb organisieren sich die Hauskirchen in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Behörden sofort reagieren, da man zuerst Informationen über die Mitglieder sammeln und wissen will, wer was in der Gemeinschaft macht. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weit verbreitet. Es kann jedoch nicht klargestellt werden, wie hoch die Kapazitäten zur Überwachung sind. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018). In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet (FH 1.2018). Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken und dies den Behörden melden. Ansonsten haben die Behörden eigentlich keine Möglichkeit eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind (DIS/DRC 23.2.2018).
Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen "Verbrechen gegen Gott" angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. In Bezug auf die Strafverfolgung von Mitgliedern von Hauskirchen besagte eine Quelle, dass eher nur die Anführer von Hauskirchen gerichtlich verfolgt würden, während eine andere Quelle meint, dass auch "low-profile" Mitglieder davon betroffen sein können. Manchmal werden inhaftierte Anführer von Hauskirchen oder Mitglieder auf Kaution entlassen, und wenn es ein prominenter Fall ist, werden diese Personen von den Behörden gedrängt, das Land zu verlassen. Primär zielen die Behörden auf Anführer der Hauskirchen ab, dann erst auf Mitglieder. Es gibt aber auch Quellen, die besagen, dass auch auf Mitglieder abgezielt wird. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird aber normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen. Die typische Vorgehensweise gegen eine Hauskirche ist, dass der Anführer der Hauskirche verhaftet und wieder freigelassen wird, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Es gibt auch für normale Mitglieder das Risiko verhaftet zu werden, allerdings werden diese wieder freigelassen mit der Bedingung, dass sie sich vom Missionieren fernhalten. Wenn sie das Missionieren stoppen, werden die Behörden i.d.R. aufhören, Informationen über sie zu sammeln. Es soll auch die Möglichkeit geben, sich den Weg aus der Haft zu erkaufen. Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Normale Mitglieder von Hauskirchen riskieren, zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden, da die Behörden diese Personen schikanieren und einschüchtern wollen. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung, wenn der Konversion aber andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder andere Personen im Glauben zu unterrichten, dann kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen (DIS/DRC 23.2.2018).
Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, werden für die Behörden nicht von Interesse sein. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, dann wäre eine Rückkehr nach Iran kein Problem. Konvertiten, die ihre Konversion aber öffentlich machen, können sich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang würde davon abhängen, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein "high-profile"-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, wird der Konvertit wohl keine harsche Strafe bekommen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein, würde nicht zu einer Verfolgung führen, aber es kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, würde er/sie nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das zu einem Problem werden (DIS/DRC 23.2.2018).
Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Während Amnesty International und eine anonyme Quelle vor Ort aussagen, dass eine Taufe keine Bedeutung habe, ist sich ein Ausländer mit Kontakt zu Christen in Iran unsicher, ob eine Taufe Auswirkungen hat; Middle East Concern, eine Organisation, die sich um die Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten und Nordafrika kümmert, ist der Meinung, dass eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein könnte (DIS/DRC 23.2.2018).
Zu Grundversorgung und Rückkehr:
Die Grundversorgung ist in Iran gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt. Der Mindestlohn liegt bei ca. 9,3 Mio. IRR im Monat (ca. 200 Euro). Das durchschnittliche Monatseinkommen pro Kopf liegt bei ca. 400 Euro (AA 2.3.2018).
Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. (AA 2.3.2018)
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran
* AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html , Zugriff 5.6.2018
* DIS/DRC - The Danish Immigration Service/Danish Refugee Councile (23.2.2018): IRAN - House Churches and Converts. Joint report from the Danish Immigration Service and the Danish Refugee Council based on interviews in Tehran, Iran, Ankara, Turkey and London, United Kingdom, 9 September to 16 September 2017 and 2 October to 3 October 2017,
https://www.ecoi.net/en/file/local/1426255/1788_1520517773_house-churches-and-converts.pdf , Zugriff 5.6.2018
* ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht
* US DOS - US Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1406998.html , Zugriff 28.5.2018
Zu ethnischen Minderheiten:
Nur etwa 51% der Iraner sind Perser. Dazu kommt die Volksgruppe der Aseris mit 24% der Gesamtbevölkerung, etwa 8% Gilakis und Mazanderanis, 7% Kurden, 3% Araber und je etwa 2% Turkmenen, Luren und Balutschen. (GIZ 3.2018c)
Es sind keine Rechtsverletzungen gegen Mitglieder ethnischer Minderheiten aus rein ethnischen Gesichtspunkten bekannt. Von Diskriminierungen im Alltag (rechtlich, wirtschaftlich und/oder kulturell, z.B. Zugang zu Wohnraum, Wasser und Bildung) wurde jedoch betreffend u.a. Angehöriger der arabischen Gemeinschaft der Ahwazi, Aseris, Belutschen, Kurden und Turkmenen berichtet. Der Gebrauch ihrer jeweiligen Muttersprache in Behörden und Schulen ist weiterhin verboten, trotz entsprechender Zusagen von Präsident Rohani während seines Wahlkampfes im Jahr 2013. Menschen, die sich für Minderheitenrechte einsetzten, wurden bedroht, festgenommen und bestraft (ÖB Teheran 9.2017).
Quellen:
* - GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018c):
Gesellschaft Iran, https://www.liportal.de/iran/gesellschaft/ , Zugriff 6.6.2018
* - ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht
Zu den Sicherheitsbehörden:
Diverse Behörden teilen sich die Verantwortung für die innere Sicherheit; etwa das Informationsministerium, die Ordnungskräfte des Innenministeriums und die Revolutionsgarden welche direkt dem Obersten Führer Khamenei berichten. Die Basij-Kräfte, eine freiwillige paramilitärische Gruppierung mit lokalen Niederlassungen in Städten und Dörfern, sind zum Teil als Hilfseinheiten zum Gesetzesvollzug innerhalb der Revolutionsgarden tätig. Basij Einheiten sind oft bei der Unterdrückung von politischen Oppositionellen oder bei der Einschüchterung von Zivilisten, die den strikten Moralkodex nicht befolgen, involviert (US DOS 20.4.2018). Die Polizei unterteilt sich in Kriminalpolizei, Polizei für Sicherheit und öffentliche Ordnung (Sittenpolizei), Internetpolizei, Drogenpolizei, Grenzschutzpolizei, Küstenwache, Militärpolizei, Luftfahrtpolizei, eine Polizeispezialtruppe zur Terrorbekämpfung und Verkehrspolizei. Die Polizei hat auch einen eigenen Geheimdienst. Eine Sonderrolle nehmen die Revolutionsgarden (Sepah-e Pasdaran-e Enghelab-e Islami - IRGC) ein, deren Auftrag formell der Schutz der Islamischen Revolution ist. Als Parallelarmee zu den regulären Streitkräften durch den Staatsgründer Khomeini aufgebaut, haben sie neben ihrer herausragenden Bedeutung im Sicherheitsapparat im Laufe der Zeit Wirtschaft, Politik und Verwaltung durchsetzt und sich zu einem Staat im Staate entwickelt. Militärisch kommt ihnen eine höhere Bedeutung als dem regulären Militär zu. Sie verfügen über eigene Gefängnisse und eigene Geheimdienste sowie engste Verbindungen zum Revolutionsführer. Das Ministerium für Information ist als Geheimdienst (Vezarat-e Etela'at) mit dem Schutz der nationalen Sicherheit, Gegenspionage und der Beobachtung religiöser und illegaler politischer Gruppen beauftragt. Aufgeteilt ist dieser in den Inlandsgeheimdienst, Auslandsgeheimdienst, Technischen Aufklärungsdienst und eine eigene Universität. Dabei kommt dem Inlandsgeheimdienst die bedeutendste Rolle bei der Bekämpfung der politischen Opposition zu. Der Geheimdienst tritt bei seinen Maßnahmen zur Bekämpfung der politischen Opposition nicht als solcher auf, sondern bedient sich überwiegend der Sicherheitskräfte und der Justiz. Das reguläre Militär (Artesh) erfüllt im Wesentlichen Aufgaben der Landesverteidigung und Gebäudesicherung. Neben dem "Hohen Rat für den Cyberspace" beschäftigt sich die iranische Cyberpolice mit Internetkriminalität mit Fokus auf Wirtschaftskriminalität, Betrugsfällen und Verletzungen der Privatsphäre im Internet sowie der Beobachtung von Aktivitäten in sozialen Netzwerken und sonstigen politisch relevanten Äußerungen im Internet. Sie steht auf der EU-Menschenrechtssanktionsliste (AA 2.3.2018).
Der Oberste Rechtsgelehrte hat höchste Autorität unter allen Sicherheitsorganisationen. Straffreiheit bleibt weiterhin ein Problem innerhalb des Sicherheitsapparates. Menschenrechtsgruppen beschuldigen reguläre und paramilitärische Sicherheitskräfte (wie zum Beispiel die Basij), zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben. Es gibt keinen transparenten Mechanismus, um Missbräuche der Sicherheitskräfte zu untersuchen oder zu bestrafen. Es gibt nur wenige Berichte, dass die Regierung Täter diszipliniert. Eine nennenswerte Ausnahme stellt der Fall des früheren Teheraner Staatsanwaltes dar, der im November 2017 für seine mutmaßliche Verantwortung für Folter und Todesfälle unter Demonstranten im Jahr 2009 zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde (US DOS 20.4.2018).
Die Regierung hat volle Kontrolle über die Sicherheitskräfte und über den größten Teil des Landes, mit Ausnahme einiger Grenzgebiete. Irans Polizei ist traditionellerweise verantwortlich für die innere Sicherheit und im Falle von Protesten oder Aufständen. Sie wird von den Revolutionsgarden (IRGC) und den Basij Milizen unterstützt. Im Zuge der steigenden inneren Herausforderungen verlagerte das herrschende System die Verantwortung für die innere Sicherheit immer mehr zu den IRGC. Die Polizeikräfte arbeiten ineffizient. Getrieben von religiösen Ansichten und Korruption, geht die Polizei gemeinsam mit den Kräften der Basij und der Revolutionsgarden rasch gegen soziale und politische Proteste vor, sind aber weniger eifrig, wenn es darum geht, die Bürger vor kriminellen Aktivitäten zu schützen (BTI 2018).
Mit willkürlichen Verhaftungen kann und muss jederzeit gerechnet werden, da vor allem die Basijis nicht nach iranisch-rechtsstaatlichen Standards handeln. Auch Verhaltensweisen, die an sich (noch) legal sind, können das Misstrauen der Basijis hervorrufen. Basijis sind ausschließlich gegenüber dem Obersten Führer loyal und haben oft keinerlei reguläre polizeiliche Ausbildung, die sie mit rechtlichen Grundprinzipien polizeilichen Handelns vertraut gemacht hätten. Basijis haben Stützpunkte u.a. in Schulen, wodurch die permanente Kontrolle der iranischen Jugend gewährleistet ist. Schätzungen über die Zahl der Basijis gehen weit auseinander. Viele Schätzungen nehmen an, dass heute mehrere Millionen Basijis in Iran tätig sind. Bereits auffälliges Hören von (insb. westlicher) Musik, die Äußerung der eigenen Meinung zum Islam oder gemeinsame Autofahrten junger nicht miteinander verheirateter Männer und Frauen kann den Unwillen zufällig anwesender Basijis bzw. mit diesen sympathisierenden Personen hervorrufen. Willkürliche Verhaftungen oder Verprügeln durch Basijis können in diesem Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden. Zu Verhaftungen kommt es immer wieder auch, wenn (junge) Menschen gemischtgeschlechtliche Partys feiern oder sie sich nicht an die Bekleidungsvorschriften halten. Manchmal kann bei Frauen schon ein zu kurzer/enger Mantel oder das Hervortreten von Haarsträhnen unter dem Kopftuch, bei Männern zu eng anliegende Jeans, das Tragen von Goldschmuck oder ein außergewöhnlicher Haarschnitt für eine Verhaftung reichen (ÖB Teheran 9.2017).
Die Revolutionsgarden sind eng mit der iranischen Wirtschaft verbunden (FH 1.2018). Die Elitetruppe der Islamischen Republik betreibt den Imam Khomeini International Airport in der iranischen Hauptstadt und verfügt damit allein durch Start- und Landegebühren über ein äußerst lukratives Geschäft. Auch an den anderen Flug- und Seehäfen im Land kontrollieren die Truppen der 'Sepah Pasdaran' Irans Grenzen. Sie entscheiden, welche Waren ins Land gelassen werden und welche nicht. Sie zahlen weder Zoll noch Steuern. Sie verfügen über Land-, See- und Luftstreitkräfte, kontrollieren Irans strategisches Waffenarsenal und werden auf eine Truppenstärke von mehr als 120.000 geschätzt. Außerdem sind die Revolutionswächter ein gigantisches Wirtschaftsunternehmen, das Augenkliniken betreibt, Kraftfahrzeuge, Autobahnen, Eisenbahnstrecken und sogar U-Bahnen baut. Sie sind eng mit der Öl- und Gaswirtschaft des Landes verflochten, bauen Staudämme und sind im Bergbau aktiv (DW 18.2.2016). Heute gehören Khamenei und den Revolutionsgarden rund 80% der iranischen Wirtschaft. Sie besitzen außer den größten Baufirmen auch Fluggesellschaften, Minen, Versicherungen, Banken, Elektrizitätswerke, Telekommunikationsfirmen, Fußballklubs und Hotels. Für die gesammelten Auslandsaktivitäten gibt das Regime Milliarden aus (Menawatch 10.1.2018).
Längst ist aus den Revolutionsgarden ein bedeutender Machtfaktor geworden - gesellschaftlich, wirtschaftlich, militärisch und politisch. Sehr zum Leidwesen von Hassan Rohani. Der wiedergewählte Präsident versucht zwar, die Garden und ihre Chefebene in die Schranken zu weisen. Es gelingt ihm nur kaum. Die paramilitärischen Einheiten schalten und walten nach wie vor je nach Belieben. Nicht nur in Iran, sondern in der Region. Es gibt nur wenige Konflikte, an denen sie nicht beteiligt sind. Libanon, Irak, Syrien, Jemen - überall mischen die Revolutionsgarden mit und versuchen, die islamische Revolution zu exportieren. Ihre Al-Quds-Brigaden sind als Kommandoeinheit speziell für Einsätze im Ausland trainiert (Tagesspiegel 8.6.2017, vgl. BTI 2018).
In Bezug auf die Überwachung der Bevölkerung ist zu sagen, dass nicht bekannt ist, wie groß die Kapazität der iranischen Behörden ist, jeden zu überwachen. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der
* Islamischen Republik Iran
* BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Iran, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Iran.pdf , Zugriff 22.3.2018
* DW - Deutsche Welle (18.2.2016): Die Strippenzieher der iranischen Wirtschaft,
http://www.dw.com/de/die-strippenzieher-der-iranischen-wirtschaft/a-19054802 , Zugriff 22.3.2018
* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426304.html , Zugriff 22.3.2018
* DIS/DRC - The Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (23.2.2018): IRAN - House Churches and Converts. Joint report from the Danish Immigration Service and the Danish Refugee Council based on interviews in Tehran, Iran, Ankara, Turkey and London, United Kingdom, 9 September to 16 September 2017 and 2 October to 3 October 2017,
*
https://www.ecoi.net/en/file/local/1426255/1788_1520517773_house-churches-and-converts.pdf , Zugriff 24.4.2018
* Menawatch (10.1.2018): Die Wirtschaft des Iran ist in den Händen der Revolutionsgarden,
https://www.mena-watch.com/die-wirtschaft-des-iran-ist-in-den-haenden-der-revolutionsgarden/ , Zugriff 22.3.2018
* ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht
* Tagesspiegel (8.6.2017): Staat im Staat: Warum Irans Revolutionsgarden so viel Macht haben, https://www.tagesspiegel.de/politik/krise-am-golf-staat-im-staat-warum-irans-revolutionsgarden-so-viel-macht-haben/19907934.html , Zugriff 22.3.2018
* US DOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices 2016 Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430093.html , Zugriff 23.4.2018
Aus dem Länderreport 10 Iran zur Situation der Christen des Deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Stand 3/2019) ergibt sich wie folgt:
Ein Mitglied einer Hauskirche, das Mission betreibt, an christlichen Konferenzen außerhalb Irans teilnimmt, sich möglicherweise auch im Besitz christlicher Materialen befindet und insofern in den Fokus der Ordnungskräfte oder Geheimdienste geraten kann, wird bestenfalls vernommen und verwarnt. Es kann aber auch zu einer Festnahme mit anschließendem Strafverfahren führen. Das Ziel der vorgenannten Sicherheitskräfte ist nicht die Privatperson, sondern die Hauskirche als Organisation und die aktiv missionierenden Führungspersonen. Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen "Verbrechen gegen Gott" angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall eines Konvertiten bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hat. Mitglieder von Hauskirchen, die nicht der Leitung der Gemeinschaft zugerechnet werden, werden oftmals nach einer zweitägigen Haft und verschiedenen Vernehmungen, in deren Verlauf sie zu der Organisation der Hauskirche und eventuellen noch nicht bekannten Mitgliedern befragt werden, wieder auf freien Fuß gesetzt. (S. 8f.)
Die Rückkehr von Konvertiten in den Iran führt nicht zwingend zu einer Festnahme oder Inhaftierung. In den vergangenen zehn Jahren wurde seitens der in Iran vertretenen westlichen Botschaften, die grundsätzlich Rückführungen iranischer Staatsangehöriger vor Ort kontrollieren, kein Fall der Festnahme eines Konvertiten bei der Einreise gemeldet. (S. 11)
Die zu Apostasie festgestellte Situation stellt sich im gesamten iranischen Staatsgebiet gleichermaßen dar.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsunterlagen sowie den Aktenbestandteilen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Als Beweismittel insbesondere relevant sind die Niederschriften der Einvernahmen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und durch das BFA sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, der Beschwerdeschriftsatz, das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Iran vom 03.07.2018 mit den darin enthaltenen, bei den Feststellungen näher zitierten Berichten, der Länderreport 10 Iran zur Situation der Christen des Deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Stand 3/2019), die vom BF selbst beim BFA und vor dem BVwG vorgelegten Dokumente sowie die Strafregisterabfrage vom 25.10.2019.
2.2. Zu folgenden Feststellungen wird näher ausgeführt wie folgt:
2.2.1. Zur Person des Beschwerdeführers
Die Identität des BF steht aufgrund der Vorlage seiner unbedenklichen Personendokumente (iranischer Personalausweis und Führerschein) fest; dies hat auch das BFA seiner Entscheidung unterstellt.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtet BF - betreffend seine Person (Alter, Staatsangehörigkeit, ethnische Zugehörigkeit, Herkunftsregion, Ausbildung und Berufserfahrung, Familienstand, Familienverhältnisse und Gesundheitszustand) sowie seine Situation in Österreich für persönlich glaubwürdig. Es gibt keine Gründe, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln, und war BF diesbezüglich auch in der mündlichen Verhandlung persönlich glaubwürdig. Der Kontakt zu und das Verhältnis mit seiner Mutter und Schwester in Iran ergibt sich insbesondere aus der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, aber auch aus der Einvernahme vor dem BFA.
Die Feststellungen zur Situation des BF in Österreich ergeben sich aus den vorgelegten unstrittigen Dokumenten und der Einvernahme in der mündlichen Verhandlung. Betreffend die Deutschkenntnisse konnte sich das Bundesverwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung ein aktuelles Bild von den erst in Ansätzen vorhandenen Deutschkenntnissen machen und legte der BF ein Zeugnis über eine Prüfung über Deutsch auf A1-Niveau vor.
2.2.2. Zum Fluchtvorbringen
2.2.2.1. Zu den von BF vorgebrachten Vorfällen in Iran
Die belangte Behörde führte im Wesentlichen ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren und kam bereits zu dem Schluss, dass das Fluchtvorbringen des BF nicht glaubhaft ist. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bestätigte sich die mangelnde Nachvollziehbarkeit des Fluchtvorbringens und ist dazu näher auszuführen wie folgt:
Der BF hat im Wesentlichen vorgebracht, in Iran Christ geworden und deshalb verfolgt worden zu sein, sowie sich auch in Österreich religiös zu betätigen. Im Laufe des Verfahrens haben sich allerdings massive Zweifel am Fluchtvorbringen des BF ergeben, weil er es grundsätzlich vage schilderte und wesentliche Details in der Erstbefragung (EB), der Einvernahme vor dem BFA (EV) und der Verhandlung (VH) unterschiedlich erzählte sowie das Vorbringen auch vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen nicht objektivierbar ist.
So gab der BF in der EV an, nur seine Schwester und der Freund, der ihm zur Flucht verholfen habe, wüssten in Iran von seiner Konversion. Sein Vater wisse nichts davon, seine Mutter habe gesehen, wie er etwas gelesen oder recherchiert habe, er wisse jedoch nicht, ob sie tatsächlich von seiner Konversion Kenntnis habe. Wenn sie telefonieren, frage die Mutter nur, wie es ihm gehe und wie das Essen sei (AS 71). Im Widerspruch dazu gab er in der VH an, er habe nach seiner Ankunft in Österreich seiner Mutter von der Konversion erzählt, daraufhin habe sein Vater den Kontakt zu ihm abgebrochen, ebenso seine Freunde (S. 6).
Der BF hat im Verfahren gleichbleibend angegeben, legal über den Flughafen und mit seinem Reisepass ausgereist zu sein. In der EV gab er an, es habe keine Probleme bei den Personenkontrollen gegeben (AS 72). Es ist jedoch nicht glaubhaft, dass der BF legal hätte ausreisen können, wenn der iranische Geheimdienst tatsächlich auf der Suche nach ihm gewesen wäre, zumal sich aus den Länderfeststellungen ergibt, dass die Revolutionsgarden den Flughafen betreiben. Nachdem der BF in der EV ausführlich die Ausreise beschrieben hatte, gab er in der VH erstmals auf Vorhalt dieses Umstands an, dass er auch sehr viel gezahlt habe, um durchzukommen (S. 13). Diese Begründung führte er aber nicht näher aus. Auch seine Behauptung, es dauere in Iran 72 Stunden, bis man ein Ausreiseverbot bekomme, und habe er deswegen unbehelligt ausreisen können, steht einerseits im Widerspruch zu seiner Angabe, er habe (deshalb) Bestechungsgelder am Flughafen zahlen müssen, und ist andererseits vor dem Hintergrund der gut organisierten iranischen Geheimdienste nicht glaubwürdig. Darüber hinaus ist unklar, ab welchem Zeitpunkt der iranische Geheimdienst vom Interesse des BF am Christentum, das nach seinen Angaben für die Hausdurchsuchung maßgeblich gewesen sei, gewusst haben soll. Laut BF habe die Hausdurchsuchung am 22.07.2018 stattgefunden, am 24.07.2018 sei er ausgereist. Allerdings habe er ab 16.07.2018 seinen Nachbarn, mit dem er die Hauskirchen besucht habe (und den er der Informationsweitergabe verdächtige), nicht mehr telefonisch erreichen können (VH, S. 9f.), auch hätten die Leute vom Geheimdienst einen Hausdurchsuchungsbescheid gehabt (EV, AS 64). Demnach ist davon auszugehen, dass, selbst wenn es drei Tage dauern würde, um ein Ausreiseverbot zu erwirken, dies bei Wahrunterstellung der Angaben des BF sehr wohl möglich gewesen wäre. Auch gab BF an, seine Probleme in Iran hätten sich insgesamt während zwei Wochen abgespielt (EV, AS 58).
Unglaubwürdig ist der BF wenn er angibt, er hätte seine Mutter nicht nach dem Grund für den Hausdurchsuchungsbescheid gefragt (AS 64). Wenn dies der tatsächliche Grund für seine Ausreise gewesen sein soll, so wäre anzunehmen, dass er bei seiner Mutter näher nachgefragt hätte. Hätten die Behörden auch wirklich ein Interesse an seiner Person gehabt, wäre davon auszugehen, dass sie nochmals bei seinen Eltern nachgefragt hätten oder auch nach der erfolgten Ausreise Nachforschungen betrieben hätten. Der BF gab aber stets an, Beamte seien nur einmal zuhause gewesen (AS 64). Eine nähere Nachfrage in der VH wurde ausweichend beantwortet, indem der BF ausführte, nur ab und zu mit seiner Mutter Kontakt zu haben und sie habe ihm nichts erzählt (VH S. 13); in der EV gab der BF jedoch an, alle drei bis vier Tage mit der Familie Kontakt zu haben (AS 61).
In der EB gab der BF an, er sei vom Geheimdienst nach seiner Konversion zum Christentum verfolgt worden (AS 5), in der VH hingegen, der Geheimdienst sei zu ihm nach Hause gekommen, als dieser erfahren habe, dass sich der BF für das Christentum bloß interessiere (S. 8). In der EV gab der BF abwechselnd an, er sei seit Mai 2018 (AS 59) bzw. seit März/April 2018 (AS 67) Christ. In der VH gab er an, er habe bei seinem zweiten Hauskirchenbesuch Jesus Christus gespürt (S. 9). Er fühle sich seit dieser zweiten Veranstaltung als Christ, ausschlaggebend sei gewesen, dass gesagt worden sei, dass alle, die an Jesus Christus glauben würden, an dieser Veranstaltung teilnehmen könnten (S. 14). Warum die Erlaubnis zur Teilnahme an der Veranstaltung den christlichen Glauben erweckte, ist nicht nachvollziehbar.
Hinsichtlich der Hauskirchen in Iran gab der BF an, er habe alle zwei Wochen, etwa acht Mal, daran teilgenommen (EV, AS 71), habe aber keine besondere Funktion gehabt. Die Organisation habe Vater Johanna übernommen. Niemand habe gewusst, dass er diese Hauskirchen besuche, auch die anderen Teilnehmer hätten nicht seinen Namen gekannt (VH, S. 11). In diesem Zusammenhang erscheint es lebensfremd, dass der BF die Namen der anderen Teilnehmer, mit denen er auch eigenen Angaben zufolge regelmäßig Fußball gespielt habe, nicht kennt.
Während die Antworten auf Nachfragen im Wesentlichen stets sehr kurz und allgemein gehalten waren, war im Vergleich dazu die Fluchtgeschichte ausführlich, was auf eine Vorbereitung und nicht eine spontane Erzählung eines tatsächlichen Erlebnisses schließen lässt. Die Schilderungen betreffend die Veranstaltungen von Hauskirchen in Iran blieben oberflächlich und waren gerade in der VH äußerst knapp (VH, S. 12). Dies lässt jeglichen individuellen Bezug zur Person des BF vermissen, auch eine Motivation für das Christentum lässt sich daraus nicht erschließen. Der BF konnte auch nicht sagen, wann und wo die anfängliche Sitzung stattfand, das habe er vergessen (AS 62). Auf Nachfrage gab der BF in der EV an, dass die Sitzungen immer an anderen Orten gewesen seien, er wisse aber nicht wo - bloß an die letzte Adresse könne er sich erinnern. Es habe ihm sein Freund mitgeteilt, wo die Sitzungen stattfinden (AS 63). Diese Ausführungen erwecken den Eindruck, der BF möchte verschleiern, dass es sich bei dem Vorbringen nicht um ein tatsächliches Erleben handelt. Es ist nicht nachvollziehbar, dass ein erwachsener Mann keinerlei Ortsangaben zu den Treffen machen kann, zumal diese auch zeitlich nicht sehr lange zurückliegen (Anfang 2018; VH, S. 9) und die EV vor dem BFA im Oktober 2018 war.
In Iran sei ausschlaggebend für sein Interesse am Christentum gewesen, als sein Nachbar ihn einmal zu einem Fußballspiel eines christlichen Teams mitgenommen habe, wie nett diese miteinander umgegangen seien und vor dem Spiel gebetet hätten (EV, AS 69). Der persönliche Eindruck des BF in der mündlichen Verhandlung (knappe Antworten, emotionsloser Ausdruck) lässt aber nicht auf ein tatsächliches Erleben der geschilderten Ereignisse schließen. Angesichts der in Iran üblichen behördlichen Überwachungsmethode, Informanten einzuschleusen, widerspricht es auch jeglicher Vernunft und allgemeinen Erfahrung, dass eine Person muslimischen Glaubens bereits nach kurzer Zeit zu einer Hauskirche oder zu einem geheimen Treffen eines christlichen Fußballteams mitgenommen wird. Widersprüchlich gab der BF auch betreffend das erste gemeinsame Fußballspiel an, dass er erst nach der Veranstaltung erfahren habe, dass sie Christen sind, später sagte er jedoch, dass sie vor dem Fußballspiel gebetet haben und aus der Bibel vorgelesen worden sei (VH S. 10). Lebensfremd ist auch, dass die Spieler vor dem Spiel zu beten beginnen, den neuen Spieler (also den BF) aber nicht vorher darüber einweihten, dass sie ein christlicher Zusammenschluss sind. Gleichfalls unplausibel erscheint die Ausführung des BF, er wisse nicht, ob sein Freund, der ihm schließlich zur Ausreise verholfen habe, Christ sei und er habe ihn auch nicht danach gefragt (VH, S. 12).
Zu den angeblich vorgefunden belastenden Sachen wie einen Laptop mit christlichen Inhalten und einer Bibel ist anzumerken, dass es grundsätzlich unwahrscheinlich erscheint, derartiges Material bei Kenntnis der Gefahrenlage zuhause aufzubewahren. Die auf Nachfrage gegebene Erklärung "es ist gefährlich, aber, wenn man Christ ist muss man die haben" ist sehr allgemein gehalten. Diese Überzeugung des BF, wonach ein Christ das haben muss, deckt sich auch nicht mit den Angaben des BF in der EV, wo er sagte, er habe das am Laptop als Datei befindliche Buch gar nicht gelesen (AS 65). Auch die Angabe "Schriften über die Wunder von Jesus" (AS 65) haben sich am Laptop befunden, ist sehr oberflächlich. Für das Gericht erscheint es somit naheliegender, dass der BF keine christlichen Bücher und dgl. zuhause aufbewahrte.
Zu den angeblich von BF bereits in Iran in sozialen Netzwerken gesetzten Aktivitäten mit christlichem Bezug ist festzuhalten, dass der BF diese Angaben nicht von sich aus initiativ machte, was aber seine Pflicht gewesen wäre. Der BF bejahte lediglich die von seinem Rechtsvertreter in der VH gestellte Frage nach Aktivitäten in sozialen Netzwerken (VH, S. 13). Was er konkret in Iran machte und warum daraus Verfolgung drohte oder drohen soll, führte er aber nicht aus.
Alle geschilderten Umstände zusammen lassen für das Gericht keine Zweifel übrig, dass es sich beim Fluchtvorbringen des BF hinsichtlich der in Iran vorgefallenen Umstände um eine Konstruktion handelt.
Aufbauend darauf, dass nicht glaubwürdig dargelegt wurde, dass BF in Iran Hauskirchen besuchte, kann auch der Behauptung, die Behörden hätten nach ihm gesucht und bei ihm zu Hause eine Hausdurchsuchung durchgeführt, kein Glauben geschenkt werden.
Nicht objektivierbar ist das Vorbringen des BF, der Geheimdienst sei zu ihm nach Hause gekommen, da er sich für das Christentum interessiere (VH, S. 8). Aus den Länderfeststellungen geht hervor, dass Ziel der Sicherheitskräfte nicht Privatpersonen, sondern die Hauskirche als Organisation und aktiv missionierende Führungspersonen sind. Im gegenständlichen Fall ist - selbst bei Wahrunterstellung des Vorbringens des BF - jedoch noch nicht einmal davon auszugehen, dass dieser ein einfaches Mitglied war.
Es ist schließlich auch nicht anzunehmen, dass BF aus anderen Gründen ein Bezug zum Christentum oder missionarische Tätigkeit in Iran unterstellt wird, weil er derartige Tätigkeiten nicht vorgebracht hat. Vor dem Hintergrund der Länderberichte ist das Vorbringen des BF zu seiner Verfolgung in Iran nicht plausibel.
Im Rahmen einer ganzheitlichen Würdigung des Vorbringens des BF zu den angeblichen Vorfällen in Iran ist im Ergebnis nicht davon auszugehen, dass der BF vor seiner Ausreise im Visier der iranischen Behörden stand bzw. im Falle einer Rückkehr stehen würde - insbesondere, da er auch legal aus Iran ausreisen konnte.
2.2.2.2. Zu den von BF in Österreich gesetzten Aktivitäten
Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt, dass sobald auf Grund äußerer Tatsachen ein Wechsel der Religion aus innerer Überzeugung nicht unwahrscheinlich ist, sich das Gericht auf Grund einer ausführlichen Beurteilung der Persönlichkeit und aller Umstände der persönlichen Glaubwürdigkeit sowie darauf aufbauend einer ins einzelne gehenden Beweiswürdigung und allenfalls der Einvernahme von Personen, die Auskunft über den Glaubenswechsel und die diesem zugrunde liegenden Überzeugungen geben können, einen detaillierten Eindruck darüber verschaffen muss, inwieweit der Religionswechsel auf einer persönlichen Glaubensentscheidung beruht; dies selbst dann, wenn sich der Asylwerber zunächst auf unwahre Angaben betreffend seinen Fluchtgrund gestützt hat (vgl. VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0260 unter Bezugnahme auf VfGH 27.02.2018, E 2958/2017).
Im gegenständlichen Fall ergeben sich die Feststellungen zu den christlich-religiösen Aktivitäten des BF in Österreich aus den von ihm vorgelegten Dokumenten (Schreiben der zuständigen BH über den Austritt des BF aus der islamischen Glaubensgemeinschaft, Kursteilnahmebestätigung, Taufschein, Empfehlungsschreiben des Pastors) sowie der Einvernahme des BF und eines Zeugen in der mündlichen Verhandlung.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung prüfte das erkennende Gericht die von BF vorgebrachte Konversion entsprechend den in der Folge unter Punkt 3.1.1. zitierten Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofes und befragte BF zu seiner Motivation für den Glaubenswechsel, seinem Wissen in Bezug auf das Christentum, seinen Gottesdienstbesuchen und sonstigen religiösen Aktivitäten. Die Befragung widmete sich der Glaubensüberzeugung des BF sowohl im Hinblick auf eine öffentliche Ausübung des Glaubens als auch auf die persönliche, innere Beziehung zum Christentum.
Die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht diente insbesondere dazu, einen Eindruck vom persönlichen Empfinden des BF zu seiner neuen Religion zu gewinnen. Gerade darin konnte der BF aber keinen emotionalen Bezug glaubwürdig darlegen. Die Erzählweise war knapp, wenig lebendig in der Ausdrucksweise und erschöpfte sich vielfach in Stehsätzen, welche dem erkennenden Gericht aus vergleichbaren Verfahren bekannt sind. Eine individuelle Motivation und Bezugsebene zum Christentum konnte bei BF demnach nicht festgestellt werden.
Weder vermochte der BF nachvollziehbar seine Motivation für die Hinwendung zum Christentum darzulegen, noch für die Auswahl der konkreten Glaubensgemeinschaft. Zu seiner Motivation für die Hinwendung zum Christentum näher befragt, gab BF lediglich an, er wolle gerettet werden und ein ewiges Leben bekommen, das gebe es weder im Islam noch in anderen Religionen (VH, S. 14, 15). Ausschlaggebend für sein Interesse am Christentum seien die Gnade Gottes und das ewige Leben (VH, S. 13). Beim BFA gab der BF aber zusätzlich zum Versprechen eines ewigen Lebens (AS 71) an, dass ihn das nette Verhalten der Fußballspieler animiert hätte, Christ zu werden (AS 69). Auch die Aussage, er fühle sich seit der zweiten Veranstaltung in Iran als Christ ist kein nachvollziehbares Argument, insbesondere, weil der BF auch angab, dass ihm gesagt worden sei, dass alle, die an Jesus Christus glauben, an der Veranstaltung teilnehmen können (VH, S. 14).
Näher zu seiner gewählten Glaubensrichtung befragt, gab BF an, er habe in Iran seinen Nachbarn (der ihn zu Hauskirchen gebracht habe) diesbezüglich gefragt, dieser habe gesagt, er gehe in die protestantische Kirche. Dieser sei der BF daher nachgegangen (VH, S. 14). Zu der protestantischen Kirche in Österreich sei er gekommen, weil er einer iranischen Familie gesagt habe, dass er in eine protestantische Kirche gehen wolle, und ihn daraufhin der Pastor abgeholt habe (VH, S. 14). Beim BFA gab der BF wiederum an, dass ihn zwei Iraner in seiner Unterkunft zu der Kirche mitgenommen hätten, wie die Gemeinde genau heiße, wisse er nicht (AS 66). Aus diesen Antworten geht hervor, dass der BF nicht eigeninitiativ den protestantischen Glaubenszweig auswählte. Überdies konnte er nicht näher darlegen, was ausschlaggebend für die gewählte Richtung war. Nachfragen des erkennenden Gerichts wich der BF anfänglich aus (vgl. VH, S. 14f.) und gab schließlich nach mehrmaliger Aufforderung an, dass bei den Katholiken auch die Kinder getauft würden und es dort sieben Sakramente gebe. Warum gerade diese Unterschiede für ihn als Person so wichtig seien, konnte der BF auf Nachfrage ebenfalls nicht glaubwürdig darlegen. So begnügte er sich damit, Kritik an der katholischen Kindertaufe zu üben (VH, S. 15). Warum gerade dieser Umstand für ihn als erwachsenen, unverheirateten und kinderlosen Mann aber so bedeutend sein soll, dass er den protestantischen Glaubenszweig wählte, erschließt sich für das erkennende Gericht nicht. Die Aussagen des BF zu seinem neuen Glauben zeugen nicht von einer tiefergehenden inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Glaubenslehre des Protestantismus. Vor dem BFA gab der BF auf die Frage, was ihm am Protestantismus besonders gefalle an, dass die Kontakte zwischen den Gläubigen sehr interessant seien (AS 66). Dass sich der BF als Person durch den neuen Glauben geändert hat, gab dieser zwar an, doch führte er es nicht näher aus und begnügte sich mit der stereotypen Aussage, er sei geduldiger geworden (VH, S. 17).
Auch die Antworten auf Fragen in Bezug auf die Rolle, welche der neue Glaube für den BF persönlich spiele, begnügten sich mit Allgemeinplätzen und ließen die erforderliche Individualität vermissen. BF konnte nur floskelhafte Aussagen zu seinem neuen Glauben tätigen (VH, S. 14: Hoffnung, Liebe, Kinder Gottes; S. 18:
Das Christentum sei keine Religion, sondern ein Weg zum Gott.), er konnte diese stereotypen Aussagen aber nicht auf seine Person und sein Verhalten bezogen näher erläutern. Nicht nachvollziehbar ist für das erkennende Gericht die Aussage, warum es sich beim Christentum nicht um eine Religion, sondern um einen Weg handeln soll. Der BF konnte dies nicht näher erläutern. Mit all diesen Angaben hat der BF keine innere Glaubenshaltung dargelegt. Im gegenständlichen Fall ist auch der Umstand zu berücksichtigen, dass sich der BF früher nicht für Religion interessierte. Der BF gab auch kein spezielles Erlebnis für die Abwendung vom Islam an, sondern brachte phrasenhaft wirkende Kritik am Islam vor (AS 70: Im Islam gebe es Gewalt und "Ghesas"; VH, S. 16: er habe Angst vor dem islamischen Gott gehabt.), welche nicht von einer kritischen Auseinandersetzung mit Religionen und ihren Lehren zeugt.
Für das Bundesverwaltungsgericht steht zwar aufgrund der Antworten des BF insbesondere in der mündlichen Verhandlung fest, dass dieser über ein Grundwissen zum Christentum verfügt. Dieses Wissen alleine ist jedoch nicht ausreichend, um von einem inneren Glaubenswandel sprechen zu können, zumal der BF nicht in der Lage war, nachvollziehbar darzulegen, warum gerade die protestantische Glaubenslehre für ihn persönlich entscheidend und in seiner Glaubensausübung relevant war bzw. ist (vgl. obige Ausführungen). Befragt nach Kennzeichen des Christentums war der BF nicht in der Lage, die wesentlichen Eckpfeiler seines neuen Glaubens zu benennen und begnügte sich mit dem nicht näher ausgeführten Stehsatz "Das Christentum ist keine Religion, sondern ein Weg zum Gott." (VH, S. 18) Weiters führte er an, Erlösung der Sünden, Kontakt über Jesus zu Gott und man sei Kind Gottes. Von einer Person, welche sich im Erwachsenenalter bewusst für eine neue Religion entscheidet, wäre aber zu erwarten gewesen, dass sie ausführlicher und konkreter die wesentlichen Inhalte darlegen kann. Dass sich der BF sein Wissen zum Christentum erst in Österreich schrittweise und durch intensive Kurse aneignete, ergibt sich auch aus der Zeugenaussage, wonach mit dem BF anfangs weniger tiefgehend geredet werden konnte (VH, S. 23).
Befragt, wie er den Glauben in Österreich auslebe, gab der BF vage an, alle negativen Eigenschaften bzw. Ärger über andere habe er abgeschafft, er sei geduldiger geworden. Nochmals zur Praxis befragt, gab er an, regelmäßig in die Kirche zu gehen, an den Kursen über Jesus Christus teilzunehmen sowie am Abendmahl (VH, S. 17). Der als Zeuge befragte Pastor des BF gab an, der BF besuche seit 01.09.2018 seine Kirche und sei oft viermal die Woche bei den Kursen. Der BF habe aber kaum Kontakt mit nicht iranischen oder afghanischen Mitgliedern. Es sei nicht so, dass der BF von sich aus auf andere zugehe, es wären dies hauptsächlich die Mitglieder, die die Kurse leiten (VH, S. 23), mit denen der BF Kontakt habe.
Im Ergebnis ist zu der Zeugenaussage vor dem Bundesverwaltungsgericht festzuhalten, dass sich daraus zwar ergibt, dass der BF äußerst fleißig an Kursen und Veranstaltungen teilnimmt. Warum sich aus diesen im Vergleich mit anderen Besuchern häufigeren Veranstaltungsteilnahmen des BF eine ernsthafte Zuwendung zum Christentum ergeben soll, erschließt sich für das Gericht nicht. Auch in der Folge gab der Zeuge an, dass der BF im Vergleich zu anderen regelmäßig und gewissenhaft bei den Kursen dabei ist und die Aufgaben macht, aber auch daraus ist nicht eine innere Zuwendung zum Christentum aus religiösen Motiven nachvollziehbar geworden. Gerade diese innere Zuwendung vermochte BF durch seinen persönlichen Eindruck nicht zu vermitteln.
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass der BF über ein grundlegendes Wissen zum Christentum verfügt und regelmäßig an christlichen Aktivitäten der Kirche teilnimmt. Der BF erweckte in der VH den Eindruck, zwar über Wissen zu verfügen und auch eifrig in Gottesdienste und Glaubenskurse zu gehen, weil er lernen will (AS 69) und deckt sich dies auch mit dem Bild von der Zeugenaussage. Diese Aktivitäten alleine sind aber nicht ausreichend, um von einem verinnerlichten christlichen Glauben zu sprechen. Eine individuelle Bedeutung des Glaubens konnte der BF nicht glaubwürdig darlegen. Im gegenständlichen Fall ist auch zu berücksichtigen, dass der BF erst seit kurzem mit dem Christentum in einem näheren Kontakt ist, sodass nicht von einer erfolgten identitätsändernden Verinnerlichung des neuen Glaubens auszugehen ist. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, ist der BF erst in Österreich mit dem Christentum in Kontakt gekommen. Seinen Antrag auf internationalen Schutz stellte er im Juli 2018. Seit September 2018 besucht er die protestantische Kirche, wo der einvernommene Zeuge Pastor ist. Auch wurde der BF am 22.09.2019 getauft, somit kurz vor der mündlichen Verhandlung am 08.10.2019. Weiters ist zu berücksichtigen, dass der BF den Austritt aus der islamischen Glaubensgemeinschaft am 07.01.2019, somit nach Erhalt des negativen Bescheides des BFA, bekanntgegeben hat. Es ergibt sich daraus das Bild, dass der BF außenwirksame Schritte in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Verfahrensstand setzte.
Die vom BF vorgelegte Erklärung über den Austritt aus der islamischen Glaubensgemeinschaft wurde weder offiziellen Stellen des Iran noch sonstigen Personen in Iran übermittelt und es ist nicht ersichtlich, warum aus dieser Erklärung eine Bedrohung resultieren soll.
Im Ergebnis ist bei einer Gesamtbetrachtung aller Beweismittel und insbesondere aufgrund der Einvernahme des BF eine ernsthafte und innere Glaubensüberzeugung in Bezug auf das Christentum nicht ableitbar, sondern ist von einer Scheinkonversion auszugehen. BF hat sich im Zusammenhang mit der Ausübung seines Glaubens auf außenwirksame Akte (Wissensaneignung, regelmäßige Gottesdienstbesuche) beschränkt, lässt aber eine tatsächliche, tiefergehende Auseinandersetzung mit Glaubensinhalten im Sinne einer nachhaltigen, persönlichen Hinwendung vermissen, sodass in weiterer Folge auch nicht von der Weitergabe von Glaubensinhalten und dem Verbreiten der christlichen Glaubenslehre ausgegangen werden kann. Dass BF im Falle einer Rückkehr nach Iran missionieren würde, hat er selbst nicht behauptet. Eine solche Tätigkeit erscheint aber auch aufgrund des insbesondere zu seiner Glaubensrichtung erst ansatzweisen Wissens und mangels persönlicher Identifikation mit dem christlichen Glauben ausgeschlossen.
Dass Privatpersonen in Iran mit den christlichen Aktivitäten des BF in Österreich ein ernsthaftes Problem haben, hat BF nicht glaubwürdig vorgebracht. Mit der Mutter hat er regelmäßigen Kontakt, sein Vater akzeptiere zwar die neue Religion nicht, aber der BF müsse letztlich selbst entscheiden (VH, S. 16; auch AS 71). Dass Personen außerhalb der Familie in Iran von seinem neuen Glauben wissen, hat der BF auf Nachfrage explizit verneint (AS 71). Somit ist es auch nicht glaubwürdig, dass die social media Aktivitäten des BF in Österreich, in Iran eine Verfolgungsgefahr bedingen. Überdies nannte der BF auch in Bezug auf Österreich (wie bereits in Bezug auf social media Aktivitäten in seiner Zeit in Iran) nicht initiativ diese Aktivitäten, sondern erst auf Nachfrage durch seinen Rechtsvertreter (VH, S. 20). Dass der BF aufgrund dieser Aktivitäten Verfolgung fürchtet, ist somit nicht glaubwürdig.
Die Feststellung, wonach BF keine weiteren Fluchtgründe vorbrachte, ergibt sich aus seiner Einvernahme, wo er von sich aus und auch auf Nachfrage keine weiteren Gründe nannte, welche asylrelevant wären sowie explizit angab, nicht an Demonstrationen teilgenommen zu haben, politisch aktiv gewesen zu sein oder Probleme aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit gehabt zu haben (AS 73). Auch in der mündlichen Verhandlung brachte er keine darüberhinausgehenden Gründe vor ("Gibt es noch weitere Gründe, warum Sie Iran verlassen haben?" "Nein."; VH, S. 13).
2.2.3. Zur Situation in Iran
Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat ergeben sich aus den unter Punkt 1.3. genannten Länderberichten samt darin zitierten Quellen. Die aktuellen Länderberichte beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von staatlichen und nichtstaatlichen Stellen und bieten dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche, weshalb im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass besteht, an der Richtigkeit dieser Berichte zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
Das Bundesverwaltungsgericht teilte den Verfahrensparteien im Rahmen der Ladung zur mündlichen Verhandlung mit, welche Berichte es beabsichtigt, der Entscheidung zugrunde zu legen, und bot die Möglichkeit zur Einsicht- und Stellungnahme an. Den Länderberichten wurde nicht substantiiert entgegengetreten, weshalb für das Bundesverwaltungsgericht auch aus diesem Grund keine Zweifel an deren Richtigkeit bestehen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten)
3.1.1. Rechtsgrundlagen
Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (in Folge: AsylG 2005), ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).
Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen."
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.11.2003, 2003/20/0389, ausführte, ist das individuelle Vorbringen eines Asylwerbers ganzheitlich zu würdigen und zwar unter den Gesichtspunkten der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit und der objektiven Wahrscheinlichkeit des Behaupteten.
Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an (vgl. etwa VwGH 27.06.2019, Ra 2018/14/0274). Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (vgl. VwGH 29.05.2019, Ra 2019/20/0230; 23.01.2019, Ra 2018/19/0453 und Ra 2018/19/0260). Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob der Fremde schon im Iran mit dem Christentum in Berührung gekommen ist (vgl. VwGH 17.09.2008, 2008/23/0675); ebenso wenig, ob der Religionswechsel durch die Taufe erfolgte oder bloß beabsichtigt ist (VwGH 29.05.2019, Ra 2019/20/0230). Die Behauptung eines "Interesses am Christentum" reicht zur Darlegung einer inneren Glaubensüberzeugung nicht aus (VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0453).
In Bezug auf die asylrechtliche Relevanz einer Konversion zum Christentum ist entscheidend, ob der Fremde bei weiterer Ausübung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden (vgl. VwGH 29.05.2019, Ra 2019/20/0230; 07.05.2018, Ra 2018/20/0186). Maßgebliche Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel sind beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, welche sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergehende Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation bzw. des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel (VwGH 14.03.2019, Ra 2018/18/0455).
Aus Art. 10 Abs. 1 lit. b RL 2011/95/EU (Statusrichtlinie) folgt, dass die Ausübung einer Glaubensüberzeugung nicht auf das sog. "forum internum" beschränkt werden darf, sondern vielmehr auch der öffentliche Bereich umfasst ist.
3.1.2. Im gegenständlichen Fall wurde festgestellt, dass BF nicht aus einem inneren Entschluss zum Christentum konvertiert ist. Weder kam BF bereits in Iran mit dem Christentum in einen engeren Kontakt oder nahm eine führende Position bei Hauskirchenveranstaltungen ein, noch führt er in Österreich aus innerer Glaubensüberzeugung ein Leben als Christ oder ist missionarisch tätig.
Wie bereits in der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt wurde, war BF in Bezug auf den vorgebrachten (Nach‑)Fluchtgrund persönlich unglaubwürdig. Da es im gegenständlichen Fall jedoch an einer schlüssigen Darlegung der Motivation für den Glaubenswechsel mangelt, kann keine ernsthafte und innere Glaubensüberzeugung angenommen werden. Hinzu kommt, dass die vorgebrachte Verfolgungsgefahr aktuell auch vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen nicht objektivierbar ist, weil die von BF in Österreich gesetzten christlichen Aktivitäten nicht mit der erforderlich maßgeblichen Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung in Iran auslösen. Verfolgungsgefahr setzt in der Regel voraus, dass zur Apostasie weitere Umstände hinzutreten, z. B. missionarische Aktivitäten oder Organisation von Hauskirchen. Derartige exponierte Tätigkeiten hatte BF jedoch nicht verrichtet und kann aus dem erst ansatzweise vorhandenen Wissen über das Christentum auch keine missionarische Tätigkeit angenommen werden. Die Rückkehr nach Iran ist außerdem kein Problem, wenn der (konvertierte) Rückkehrer den Behörden bei seiner Ausreise noch nicht bekannt war. Ein Rückkehrer, der vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, wird auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit verfolgt werden. Selbst eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook würde allein nicht zu einer Verfolgung führen. Außerdem können Konvertiten problemlos zum Islam zurückkehren. Dazu genügt es, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen.
Eine asylrelevante Verfolgungsgefahr durch nicht-staatliche Akteure ist aus den Länderfeststellungen gleichfalls nicht ersichtlich.
Abschließend wird festgehalten, dass aus den amtswegigen Ermittlungen des Bundesverwaltungsgerichts in Form von Einsichtnahmen in die relevanten Länderberichte und dem am Bundesverwaltungsgericht vorhandenen Fachwissen eine asylrelevante Verfolgung auch aus anderen, nicht von BF vorgebrachten Gründen (z. B. in Bezug auf die Volksgruppenzugehörigkeit) nicht maßgeblich wahrscheinlich ist.
Da die Glaubhaftmachung ein wesentliches Tatbestandsmerkmal für die Gewährung von Asyl ist, und es BF nicht gelungen ist, eine aus einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Grund aktuell drohende Verfolgung maßgeblicher Intensität glaubhaft zu machen, liegt somit im Falle des BF weder ein Flucht- noch ein Nachfluchtgrund vor und hat die belangte Behörde zu Recht den Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten)
3.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden im Falle der Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt, dass eine Voraussetzung für die Gewährung subsidiären Schutzes das Drohen einer realen Gefahr ("real risk") insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung ist (VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137). Um von der realen Gefahr ("real risk") im Falle der Rückkehr ausgehen zu können, reicht es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf vielmehr einer darüber hinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird.
Zum AsylG 2005 hat der VwGH betreffend die Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz - entsprechend dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 - (insbesondere) auf den Maßstab des Art. 3 MRK abgestellt (vgl. VwGH 21.05.2019, Ro 2019/19/0006; 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, Rn. 14 f, mwN). Nach dieser Rechtsprechung kann die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat etwa auch dann eine Verletzung von Art. 3 MRK bedeuten und daher die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten begründen, wenn - wobei eine solche Situation allerdings nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist - der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also seine Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können (vgl. näher zu den Voraussetzungen einer solchen Annahme etwa VwGH 18.10.2018, Ra 2017/19/0200; 25.04.2017, Ra 2017/01/0016). Ebenso ist in der Rechtsprechung des VwGH in Hinblick auf den anzuwendenden Prüfungsmaßstab des Art. 3 MRK (weiterhin) anerkannt, dass es unter Berücksichtigung der Judikatur des EGMR Ausnahmefälle geben kann, in denen durch eine schwere Erkrankung bzw. einen fehlenden tatsächlichen Zugang zur erforderlichen Behandlung im Herkunftsstaat die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten begründet wird (vgl. jüngst VwGH 21.03.2018, Ra 2018/18/0021).
3.2.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall folgt vor dem Hintergrund dieser Rechtsgrundlage und in Zusammenschau mit den oben getroffenen Feststellungen zur Person des BF sowie den aktuellen Länderberichten, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Iran in keine existenzbedrohende oder lebensgefährliche Situation gelangen würde.
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass es in Iran Spannungen gibt, aber die Sicherheitslage ist - wie sich aus den Länderberichten ergibt - nicht derart, dass der BF alleine aufgrund seiner Anwesenheit in Iran einem realen Risiko für seine körperliche Unversehrtheit oder sein Leben ausgesetzt wäre. Insbesondere stammt BF nicht aus den Provinzen Sistan-Belutschistan, Kurdistan oder West-Aserbaidschan, für welche die Länderberichte ein erhöhtes Sicherheitsrisiko verzeichnen.
Auch aus der Person des BF ergeben sich keine subjektiven Gründe, weshalb eine Rückführung nach Iran die reale Gefahr einer Verletzung der aus Art. 2 und 3 EMRK sowie Nr. 6 und 13 ZPEMRK entspringenden Rechte für maßgeblich wahrscheinlich erachten lasse. So konnte festgestellt werden, dass es sich bei dem BF um einen volljährigen, aber noch jungen, gesunden und arbeitsfähigen Mann der Volksgruppe der Luren handelt, dessen Muttersprache die Landessprache Farsi ist. Auch weist er einen Schulabschluss auf, hat studiert und verfügt über (langjährige) Berufserfahrung in Iran. Überdies hat BF Verwandte in Iran, zu denen er Kontakt und ein gutes Verhältnis hat. Es sind zu keinem Zeitpunkt im Verfahren Hinweise hervorgekommen, woraus zu schließen wäre, dass sich BF im Falle einer Rückkehr in einer existenz- bzw. lebensbedrohlichen Situation befinden würde. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum sich BF in Iran keine Existenz aufbauen könnte. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach es dem Antragsteller obliegt, Gründe für ein entsprechendes Risiko nachzuweisen (vgl. VwGH 10.08.2018, Ra 2018/20/0314). Darüber hinaus liegen auch keine Hinweise auf eine allgemein existenzbedrohende Notlage in Iran vor und ist die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert.
Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann daher ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden.
Vor diesem Hintergrund hat die belangte Behörde somit den Antrag auf internationalen Schutz auch in Bezug auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten zu Recht abgewiesen.
3.3. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz)
3.3.1. § 57 AsylG 2005 regelt die "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz". Aus dem festgestellten Sachverhalt ergeben sich keine Anhaltspunkte, wonach der BF die Voraussetzungen für eine derartige Aufenthaltsberechtigung erfüllt. Auch wurde in der Beschwerde kein entsprechendes Vorbringen erstattet. Die belangte Behörde erteilte somit zu Recht keinen Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005.
4.3. Zu Spruchpunkten IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheides (Rückkehrentscheidung und Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Iran)
4.3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.
Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen:
die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9).
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen.
4.3.2. Für den BF ergibt sich vor diesem Hintergrund wie folgt:
BF ist kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm auch kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet. Gegenteiliges wurde von BF nicht vorgebracht.
BF brachte im Verfahren vor, in Österreich eine Schwester zu haben, zu ihr aber nur wenig oder sehr wenig Kontakt zu haben und auch nicht in einem finanziellen Abhängigkeitsverhältnis zu stehen; auch hat BF seine in Österreich aufhältige Schwester nicht einmal vor seiner Flucht nach Österreich kontaktiert (VH, S. 12), sodass ein Eingriff in sein Recht auf Achtung des Familienlebens jedenfalls zu verneinen ist. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls in das Privatleben des BF eingreifen.
Unter dem Privatleben sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.6.2005, Fall Sisojeva ua, Appl 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Bei der Beurteilung der Frage, ob der BF in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Ausgehend davon, dass der Verwaltungsgerichtshof bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer ausgeht (vgl. Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf VwGH 08.03.2005, 2004/18/0354; 27.03.2007, 2005/21/0378), und im Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, argumentiert, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte", ist im Fall des BF, der sich seit 28.07.2018 - sohin erst seit knapp einem Jahr und drei Monaten - in Österreich aufhält, anzunehmen, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet zu kurz ist, um ein schützenswertes Privatleben zu begründen (vgl. auch VwGH 15.03.2016, Ra 2016/21/0040, VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0192, VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0235 und VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0188).
BF reiste illegal nach Österreich ein und durfte sich bislang nur aufgrund seines Antrages auf internationalen Schutz, der zu keinem Zeitpunkt berechtigt war, im Bundesgebiet aufhalten (vgl. zB VwGH 20.02.2004, 2003/18/0347; 26.02.2004, 2004/21/0027; 27.04.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 8.4.2008, Fall Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen).
Ein schützenswertes Privatleben iSd Art. 8 EMRK und eine nennenswerte Integration des BF in Österreich können vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen nicht angenommen werden. Der BF besucht einen Lehrgang zur Nachholung des Pflichtschulabschlusses, hat diesen jedoch bislang nicht abgeschlossen. Er verfügt kaum über Deutschkenntnisse und hat bislang nur eine Prüfung auf A1-Niveau absolviert. Ein- bis zweimal im Monat verrichtet er gemeinnützige Hilfstätigkeiten für die Gemeinde. Sozialen Kontakt hat er zu seinen Nachbarn und zu Personen aus dem Lehrgang und der Kirche, wobei er nach Angaben des Zeugen nicht von sich aus auf Menschen zugeht, sondern sich diese Kontakte eher auf die Kursleiter beschränken. Darüber hinaus ist BF in keinem Verein, setzt keine sozialen Aktivitäten, hat keine engen sozialen Bindungen zu Personen in Österreich, und ist in keiner Lebensgemeinschaft. Alle Kontakte sind zu einem Zeitpunkt begründet worden, als sich die Zulässigkeit des Aufenthalts des BF alleine auf den unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz stützen konnte.
Es ist auch im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen, dass sich BF während seines Aufenthaltes in wirtschaftlicher Hinsicht durch legale Erwerbstätigkeit eine tragfähige Existenz aufgebaut hätte oder er selbsterhaltungsfähig wäre, vielmehr lebt er von der Grundversorgung.
Im Gegensatz dazu hat BF enge Bindungen zu seinem Heimatstaat. So hat er sein gesamtes bisheriges Leben bis zum Verlassen des Herkunftsstaates in Iran verbracht. Er wuchs dort auf, ging dort zur Schule und Universität, übte einen Beruf aus, spricht die Landessprache Farsi und hat Kontakt zu seiner Familie (Mutter, Schwester) in Iran. Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass sich der BF in die Gesellschaft seines Herkunftsstaates wieder wird eingliedern können.
Dass der BF strafgerichtlich unbescholten ist, vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken, noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (zB VwGH 19.04.2012, 2011/18/0253).
Den Interessen des BF an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zu (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes überwiegen im Ergebnis die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, die privaten Interessen des BF am Verbleib im Bundesgebiet (vgl. dazu VfSlg 17.516/2005 sowie ferner VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479).
Es kam kein Sachverhalt hervor, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass der angefochtene Bescheid einen unverhältnismäßigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben darstellt. Die Erlassung der Rückkehrentscheidung durch das BFA war daher im vorliegenden Fall zulässig und im Hinblick auf die Ziele des Art. 8 Abs. 2 EMRK dringend geboten.
4.3.3. Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist.
Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG 2005.
Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Das entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG 2005. Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entgegensteht.
Im gegenständlichen Fall ist die Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Iran gegeben, weil nach den die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 Abs. 1 und 2 FPG ergeben würde, und auch keine entsprechende Empfehlung des EGMR für Iran besteht.
4.3.4. Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Im gegenständlichen Fall wurde solches nicht dargetan und liegen keine Anhaltspunkte vor, die in concreto für eine längere Frist sprächen.
Die Beschwerde erweist sich somit auch in Bezug auf die Spruchpunkte IV., V. und VI. als unbegründet und war folglich zur Gänze abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter Punkt 3. angeführte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im Übrigen war eine auf die Umstände des Einzelfalls bezogene Prüfung vorzunehmen und waren Fragen der Beweiswürdigung entscheidend.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
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