B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W105.1426994.1.00
Spruch:
W105 1426994-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald BENDA über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.05.2012, Zl. 11 14.149-BAT, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als
unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Somalias, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 22.11.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Antragsteller zu Protokoll, dass es in Somalia keine Sicherheit gebe und herrsche seit fast 21 Jahren Bürgerkrieg und habe sich die Situation verschlechtert; weiters gebe es keine Ausbildungsmöglichkeit und keine Arbeitsmöglichkeit. Für den Fall der Rückkehr habe er Angst, getötet zu werden.
Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt vom 14.03.2012 gab der Antragsteller an, aus Mogadischu zu stammen und habe er wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit zuletzt keine Probleme gehabt und sei er deshalb nicht geflohen. Wirtschaftlich sei es ihnen gut gegangen und verfüge er in Mogadischu noch über eine Mehrzahl enger verwandtschaftlicher Bindungen. Seine Frau sei nach seiner Ausreise bei seiner Mutter verblieben. Die Lage in Mogadischu sei zuletzt sehr angespannt gewesen und sei er ständig von al-Shabaab bedroht worden. Man habe ihn angerufen und habe er SMS erhalten und seien sie immer wieder ins Geschäft gekommen und hätten Schutzgeld verlangt. Im Jahre 2010 habe er einmal nicht zahlen können und habe man ihm eine Frist von einem Monat zugestanden und habe man ihm auch gesagt, dass er gegen die Regierung kämpfen solle und habe er diese abgelehnt. Man habe ihn aufgefordert, zu einem Stützpunkt der al-Shabaab zu kommen um zu lernen, wie man mit der Waffe umgehe. Er habe gesagt, er sei nicht bereit, dorthin zu gehen und habe seine Mutter gemeint, er solle in einen Bezirk gehen, wo die Regierung an der Macht sie und sei er daher in einen von der Regierung besetzten Teil Mogadischus verzogen und habe dort seine spätere Ehefrau kennengelernt und geheiratet. Nach Rückkehr ins Elternhaus habe er ständig Anrufe und SMS von den al-Shabaab bekommen und hätten sie gemeint, dass sie wüssten, wo er sich aufhalte; jedoch sei er nicht mehr persönlich von al-Shabaab-Angehörigen belästigt worden. Im regierungskontrollierten Stadtteil Mogadischus habe er nicht bleiben können, da er mit seiner Frau keine adäquate Wohnung gefunden hätte. Körperliche Übergriffe auf seine Person habe es bis zu seiner Ausreise keine gegeben. Auf Vorhalt, dass sich ca. im Frühjahr 2011 die al-Shabaab gänzlich aus Mogadischu zurückgezogen hätten, gab der Antragsteller zu Protokoll, dass dies nicht so sei und glaube er dies nicht und sei es ein Spiel, das mittlerweile schon seit 22 Jahren gespielt werde. Es gäbe nirgendwo eine völlige Sicherheit und könnten sich die Islamisten nach wie vor überall einmischen. Im Weiteren wurde dem Antragsteller ein umfassender Abriss der aktuellen Lageentwicklung in Somalia geboten; wie nachstehend:
Allgemeine Lage
Konfliktentwicklung
Im Jänner 1991 kam es zum Sturz des Regimes Siad Barres durch oppositionelle Gruppierungen, organisiert in Clan- und Stammesverbänden. Seit diesem Zeitpunkt gibt es faktisch keine zentrale Regierungsgewalt in Somalia. Das ehemalige britische Protektorat Britisch-Somaliland im Nordwesten rief 1991 die unabhängige Republik Somaliland aus. Angesichts einer Hungerkatastrophe im Jahr 1992, welche die humanitäre Lage weiter verschlechterte, beschloss die UNO den Einsatz einer multinationalen Friedenstruppe. Die versuchte Entwaffnung der Milizen führte jedoch zu einer Eskalation der Gewalt, während Friedensbestrebungen scheiterten. Im Dezember 1993 wurde die Mission für gescheitert erklärt, und die UNO Truppen zogen sich bis März 1995 aus dem Land zurück.
Eine "Somalische Nationale Versöhnungskonferenz" unter Ägide der ostafrikanischen Staatengruppe IGAD (Inter-Governmental Authority for Development) führte 2004 zur Verabschiedung einer Übergangsverfassung (TFC). Auf dieser Grundlage wurde im August 2004 ein auf den traditionellen Clan-Strukturen basierendes Übergangsparlament mit 275 Mitgliedern berufen. Dieses wählte im Oktober 2004 Abdullahi Yusuf als Übergangspräsidenten. Noch im gleichen Jahr wurde eine Übergangsregierung (Transitional Federal Government, TFG) gebildet.
Die Übergangsinstitutionen wurden 2005 von Kenia nach Somalia verlegt.
(GEO Themenlexikon, Band 3 - Unsere Erde: Somalia (Geschichte), S1319-1320, Mannheim, 2006)
(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Somalia, Stand 3.2009, 2.4.2009)
Politik / Wahlen
Das Territorium von Somalia ist da facto in drei unterschiedliche Einheiten unterteilt: Somaliland, Puntland und das Gebiet südlich der Stadt Galkacyo, das als Süd-/Zentralsomalia bezeichnet wird. Jedes Gebiet wird von einer unterschiedlichen politischen, menschenrechtlichen und Sicherheitslage gekennzeichnet.
(UN High Commissioner for Refugees: UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Somalia, 5.5.2010,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4be3b9142.html , Zugriff 22.8.2011)
Es gibt keine flächendeckende, effektive Staatsgewalt; die Übergangsregierung hat über große Teile des Landes keine Kontrolle. Umfangreiche Gebiete werden von unterschiedlichen bewaffneten Gruppen beherrscht. Potentiell asylrechtlich relevante Tatsachen sind daher staatlichen Strukturen regelmäßig nicht eindeutig zuzuordnen, sondern resultieren häufig gerade aus deren Abwesenheit. Dabei muss nach den einzelnen Landesteilen differenziert werden.
Die Regierung Sheikh Sharifs, in der Vertreter der "alten" TFG und solche der ARS zusammenarbeiten, bezeichnet sich als "Regierung der nationalen Einheit" und versucht, möglichst breite Kreise des politischen Spektrums einzubinden oder zumindest von bewaffnetem Widerstand gegen die Übergangsregierung abzuhalten. Ob dadurch die Befriedung oder wenigstens eine relative Stabilisierung des Landes gelingt, bleibt auch ein Jahr nach Amtsantritt Sheikh Sharifs angesichts fortgesetzter Kämpfe zwischen verschiedenen ("moderaten" und "radikalen") islamistischen und/oder nach Clangesichtspunkten organisierten "warlords" und ihrer Milizen sowie zwischen Kräften, die der Übergangsregierung gegenüber loyal sind, und solchen, die sie bekämpfen, sehr fraglich. Auch die neue Regierung unter Premierminister Mohamed hat keine wirksame Kontrolle über weite Teile Süd-/Zentralsomalias; vielmehr herrschen dort radikal-islamistische Gruppen vor, die zum Teil Bezüge zum internationalen Terrorismus aufweisen.
(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Somalia, Stand 3.2011, 24.3.2011)
Aktuelle Sicherheitslage
Dürre und Hunger haben den Fortschritt von Operationen der al Shabaab in Somalia gehemmt, da Menschen aus den von ihre kontrollierten Gebieten Südsomalias flüchten. Diese Regionen sind es, die von Wasser- und Nahrungsknappheit am stärksten betroffen sind. Die Dürre hat wahrscheinlich auch eine wichtige Rolle bei dem unerwarteten Rückzug der al Shabaab aus Mogadischu (6. August) gespielt.
Hunderte IDPs flüchten aus den von al Shabaab kontrollierten Regionen Lower Shabelle, Middle Shabelle, Bay und Bakool nach Mogadischu, um dort Hilfe zu suchen. Internationale Hilfsorganisationen dürfen in Gebieten der al Shabaab nicht arbeiten. Mehr als 1.300 Flüchtlinge erreichen auch täglich das Lager Dadaab in Kenia, 2.000 überqueren pro Tag die Grenze nach Äthiopien.
Die Flüchtlinge aus den al Shabaab-Gebieten sind meist Bauern und Viehzüchter, die für die al Shabaab eine Einkommensquelle dargestellt hatten. Die Gruppe hat von diesen Menschen Steuern eingehoben, um Waffen und Munition kaufen zu können.
Trotz des Unwillens mehrer al Shabaab-Kommandanten hat der Anführer Sheikh Ahmed Abdi Godane "Abu Zubayr" durchgesetzt, dass internationale Hilfsorganisationen in ihren Gebieten nicht helfen dürfen. Die Kommandanten der am meisten betroffenen Gebiete riskieren eine Revolte und damit den Verlust weiterer Gebiete. Dies betrifft vor allem die Umgebung von Mogadischu, Lower und Middle Shabelle und einige Städte Zentralsomalias. Ein Beispiel dafür ist etwa die Gegend von Jazeera am Rande Mogadischus. Weiteren Ungehorsam und Aufstände gab es im Bezirk Merka, in Laanta Buure (Afgooye) und Jowhar.
Die Regierung versucht Aufständische mit Verstärkungen zu unterstützen, doch auch die al Shabaab hat Verstärkungen entsendet.
Al Shabaab fordert gewaltsam die Übergabe junger Männer zum Kampf. In Jowhar wurden die Familien aufgefordert, entweder einen Jungen oder zwei Kamele an al Shabaab abzuführen.
Der Führer Godane selbst hat zur Einheit der Gruppe aufgerufen. Offensichtlich wird eine Spaltung befürchtet. Die Unterstützung der Gruppe und des Kommandanten Mukhtar Robow "Abu Mansur" durch die Clanallianz der Digil/Mirifle scheint zu erodieren. Der Versuch von al Shabaab, die Somalis hinter sich zu sammeln, während die Führung Hilfslieferungen an die hungernde Bevölkerung verweigert, ist weitgehend fehlgeschlagen. Die Zukunft der Gruppe ist fraglich und die Übergangsregierung spricht bereits von einem Ausfall aus Mogadischu.
(Jamestown Foundation: Somalia's Famine Contributes to Popular Revolt against al-Shabaab Militants, 12.8.2011, Terrorism Monitor Volume: 9 Issue: 32,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4e49fa252.html , Zugriff 22.8.2011)
Der plötzliche Rückzug der al Shabaab aus Mogadischu am 6. August angesichts der konzentrierten Offensive von ugandischen und burundischen Truppen der AMISOM scheint von einem großen internen Streit bei den Islamisten begleitet worden zu sein. Dies hat möglicherweise zur Ernennung eines neuen Führers geführt.
Al Shabaab hat angegeben, dass sie Kämpfer im Widerstand in der Hauptstadt zurückgelassen habe. AMISOM stößt vor allem im Norden der Stadt noch auf Widerstand.
Die Übergangsregierung versucht aus den Schwierigkeiten der al Shabaab Kapital zu schlagen und hat für noch in Mogadischu aufhältige Kämpfer ein Amnestieangebot abgegeben. Einige Stadtteile scheinen in die Hände lokaler Clanmilizen und mächtiger Wirtschaftstreibender gefallen zu sein, die nicht unter die Kontrolle der Übergangsregierung geraten wollen. Viele der hier tätigen Kämpfer sind ehemalige Angehörige der Hizbul Islam und teils noch immer unter Kontrolle von Sheikh Hassan Dahir Aweys (nunmehr al Shabaab).
Das ugandische Kommando der AMISOM befürchtet eine Überspannung der knappen Personalressourcen. Weitere 2.000 wurden von Präsident Museveni zugesichert.
Viele Somali befürchten, dass die Vertreibung der al Shabaab von einer Rückkehr der Warlords begleitet werden wird.
IFA
Bewegungsfreiheit
In Somalia herrscht Bürgerkrieg. Hiervon sind nur die westlichen etwa zwei Drittel von Somaliland sowie, mit Abstrichen, Teile Puntlands ausgenommen.
Relativ sichere Zufluchtsgebiete gibt es vor allem in den nördlichen Landesteilen, in der Republik Somaliland und in Puntland, wo weitgehend Bewegungsfreiheit für Angehörige aller Clans herrscht, sowie in denjenigen Teilen Süd-/Zentralsomalias, die nicht direkt von Kampfhandlungen, Willkürmaßnahmen unterschiedlicher Milizen und Verfolgungs-maßnahmen lokal dominierender gegenüber anderen Clans betroffen sind.
Gegner der somaliländischen "Regierung" können grundsätzlich in den Osten Somalilands oder nach Puntland in Nordostsomalia ausweichen.
Allerdings ist es häufig schwierig oder unmöglich, solche Gebiete tatsächlich zu erreichen. Außerdem ist die Aufnahmekapazität der Zufluchtsgebiete begrenzt und bereits jetzt äußerst angespannt - u. a. durch deutlich mehr als eine Million Binnenvertriebene, deren wirtschaftliche und soziale Situation extrem prekär ist und die vor allem unter einem Mangel an Nahrungsmitteln sowie an medizinischer und schulischer Versorgung leiden.
(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Somalia, Stand 3.2011, 24.3.2011)
Die Übergangsverfassung und die Verfassungen von Somaliland und Puntland sehen Reisefreiheit vor. Allerdings wurde dieses Recht in einigen Gebieten des Landes eingeschränkt. Seit 2009 gab es eine generelle Reduktion der Anzahl von Straßensperren in Süd-/Zentralsomalia und auch die puntländischen Kräfte eliminierten ad-hoc-Sperren bewaffneter Clanmilizen. Trotzdem führten ad-hoc-Sperren von bewaffneten Milizen, Clan-Fraktionen, mit der Übergangsregierung alliierten Gruppen und al Shabaab zur Plünderung, Ausraubung und Drangsalierung von Reisenden. Dies traf speziell vor dem Konflikt fliehende Zivilisten.
(U.S. Department of State: 2010 Country Reports on Human Rights Practices - Somalia, 8.4.2011,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4da56d89c.html , Zugriff 22.8.2011)
Rückkehrfragen
Humanitäre Lage / Grundversorgung
Die Vereinten Nationen haben am 3. August für drei weitere Gebiete im von der Dürre geplagten Somalia eine Hungersnot ausgerufen. Nach der Einstufung von Lower Shabelle und der Region Bakool am 20. Juli gilt dies nunmehr auch für den Afgooye-Korridor, Mogadischu und die Region Middle Shabelle.
Eine Hungersnot wird ausgerufen, wenn gewisse Grenzen von Sterbefällen, Mangelernährung und Hunger überschritten werden. Dies sind: Mindestens 20 % der Haushalte im Gebiet stehen vor extremer Nahrungsknappheit und haben nur eine eingeschränkte Möglichkeit, diese zu bekämpfen; die akute Mangelernährung übersteigt 30 %; die Todesrate liegt höher als zwei Menschen pro 10.000 Personen/Tag.
Die Ausbreitung der Hungersnot unterstreicht die ernste Lage bezüglich Nahrungsmittel für die IDPs in Mogadischu. Die Ausrufung der Hungersnot in der Hauptstadt folgt dem massiven Zustrom hungernder Menschen in den letzten zwei Monaten.
Akute Mangelernährung und Hunger haben bereits das Leben von Zehntausenden Menschen gekostet.
(UN News Service: UN declares famine in another three areas of Somalia, 3.8.2011,
http://www.unhcr.org/refworld/docid/4e3f917e2.html , Zugriff 22.8.2011)
Rückkehrsituation
Nach Somaliland - in geringerem Ausmaß auch nach Puntland - kehren dem Vernehmen nach bisweilen Flüchtlinge bzw. anerkannte Asylbewerber zurück, unter ihnen in Einzelfällen auch wohlhabende und gut ausgebildete. Gelegentlich gibt es auch freiwillige Rückkehrer in das Zentrum und den Süden des Landes. Die größte Gefahr für Rückkehrer liegt in lokalen, klanbezogenen Rivalitäten, gegebenenfalls auch in Übergriffen radikal-islamistischer Gruppen. Rückkehrer sind, u.a. in Abhängigkeit von ihrer Klanzugehörigkeit, einer im Einzelfall schwer einzuschätzenden, möglicherweise sogar lebensbedrohlichen Gefahr ausgesetzt. In Somaliland und Puntland gab es in den letzten Jahren mehrfach Projekte zur Wiedereingliederung von Rückkehrern, die u.a. vom UNHCR durchgeführt werden. Mit Hilfe dieser Programme sollen in den letzten zehn Jahren bereits ca. 700.000 Menschen nach Somaliland und ca. 400.000 nach Puntland zurückgekehrt sein. Da Doppelzählungen und/oder mehrfache Ein- und Ausreisen kaum ausgeschlossen werden können, sind diese Angaben jedoch wenig gesichert.
Die Versorgungslage für Rückkehrer, die nicht über größeres eigenes Vermögen verfügen, ist äußerst schwierig. Somalia ist eines der ärmsten Länder der Welt. Soziale Sicherungssysteme sind nicht vorhanden; private Hilfe wird allenfalls im Klan- und Familienverband oder im Einzelfall auch durch internationale Nichtregierungsorganisationen geleistet. Die Lebensbedingungen für Rückkehrer, die nicht über familiäre oder andere soziale Bindungen verfügen, sind unter diesen Bedingungen sowie angesichts der prekären Sicherheitslage extrem schwierig.
(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Somalia, Stand 3.2011, 24.3.2011)
Menschenrechte
Menschenrechtslage allgemein
Die Anzahl der Menschen, die in Somalia auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, hat 2,4 Millionen erreicht. Dies ist ein Zuwachs von zwanzig Prozent in den vergangenen sechs Monaten. Somalis sind von der allgemein vorherrschenden Unsicherheit, von Vertreibung und Nahrungsmittelunsicherheit betroffen. Die letzten Untersuchungen zur Ernährung haben ergeben, dass die Zahl akuter Mangelernährung vor allem in Süd-/Zentralsomalia ständig steigt.
Al Shabaab hat Berichten zufolge willkürliche und wahllose Angriffe auf Zivilisten durchgeführt, darunter Granatbeschuss. Schlechte Führung und Kontrolle über die Kräfte der Übergangsregierung und eine nur lockere Einbindung von Milizen und Clan-Kräften hat zu einer Serie von Zwischenfällen geführt, bei welchen es zu zivilen Verlusten kam. Mindestens 16 Personen wurden bei einer Schießerei unter Truppen der Übergangsregierung im Jänner getötet. Die Regierung hat sich öffentliche für den Vorfall entschuldigt und fünf Personen verhaftet.
Die Menschenrechtslage hat sich in den Gebieten unter Kontrolle der al Shabaab nicht verbessert. UNPOS hat Berichte von mindestens sechs standrechtlichen Hinrichtungen erhalten, meist wegen vorgeblicher Verbindungen mit der Übergangsregierung. Außerdem erhielt UNPOS Berichte über Folterungen und unmenschliche Bestrafung, darunter drei Amputationen und fünf Prügelstrafen.
(UN Security Council: Report of the Secretary-General on Somalia, 28.4.2011, http://www.unhcr.org/refworld/docid/4df0bc062.html , Zugriff 22.8.2011)
1.2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Sowie wurde dem Antragsteller der Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG unter gleichzeitiger Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 01.05.2013 erteilt.
Zum Individualsachverhalt wurde festgestellt, dass die Angaben des Antragstellers der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden sowie dass er keine asylrelevante Verfolgung hinsichtlich seines Herkunftsstaates Somalia habe glaubhaft machen können. Des Weiteren habe seine Volksgruppenzugehörigkeit keinen Fluchtgrund dargestellt sowie seien die Individualangaben zu Erlebnissen im Herkunftsstaat und diversen Vorfällen sehr wenig plausibel und daher sehr unwahrscheinlich gehalten gewesen. Persönliche Übergriffe habe der Antragsteller nicht ins Treffen geführt.
1.3. Gegen Spruchpunkt I. dieser Entscheidung wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und zentral ausgeführt, dass der Antragsteller als Fluchtgrund angegeben habe, von den al-Shabaab ständig bedroht worden zu sein und habe seine Mutter immer wieder Schutzgeld gezahlt. Die Situation sei für ihn letztlich aussichtslos geworden und sei er daher geflüchtet. Am 21.05.2012 habe er wieder mit seiner Mutter telefoniert und hätte dies ihm mitgeteilt, dass die al-Shabaab immer noch nach ihm fragen und suchen würden. Die Erstbehörde halte dem Antragsteller im Wesentlichen aufgetretene Divergenzen im Vorbringen im Vergleich der beiden Befragungen vor und führte er dazu an, dass dies daran liege, dass er von der Polizei angehalten und mitten in der Nacht plötzlich zur Erstbefragung geholt worden sei. Er sei ganz verschlafen gewesen und habe sich nicht ausgekannt. Er sei von der Polizei schlecht behandelt worden und habe man ihm mitgeteilt, er solle einfach, schnell und kurz antworten. Also sei er auf seine Fluchtgründe bei der Erstbefragung nicht genauer eingegangen. Erst im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme habe er ausführlicher Stellung bezogen. Des Weiteren rügte der Antragsteller, dass Mogadischu nach wie vor nicht vollkommen frei von der al-Shabaab sei und verwies er in diesem Zusammenhang auf dokumentierte Einzelfälle. Des Weiteren herrsche in Somalia weiterhin in zwei Dritteln des Landes Bürgerkrieg. Die Erstbehörde überschätze seiner Meinung nach die Sicherheitslage in Mogadischu bei weitem und könnten die al-Shabaab durch Hintermänner überall deren Drohungen, auch in Mogadischu verwirklichen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Somalia. Er stellte am 22.11.2011 nach illegaler Einreise den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen der erstniederschriftlichen Einvernahme bezog sich der Antragsteller hinsichtlich seiner Fluchtgründe ausdrücklich, ausschließlich und unmissverständlich auf die seit 21 Jahren herrschende Bürgerkriegssituation in Somalia sowie weiters darauf, dass es keine Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeit gegeben habe. Weiters führte er aus, es gäbe in Somalia Gruppen, die die Jugend zwingen würden, am Krieg teilzunehmen und bei Weigerung würde man umgebracht werden. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt bezog sich der Antragsteller auf einen Individualsachverhalt hinsichtlich seiner Person und konkreten Bedrohungen seiner Person von Seiten der al-Shabaab.
2. Beweiswürdigung:
Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass tatsächlich die niederschriftliche Einvernahme vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in erster Linie der Identitätsfeststellung, Abklärung der Herkunft eines Asylwerbers, Abklärung des Reiseweges, jedoch auch des zentralsten Punktes der Fluchtmotivation dient. Nicht Aufgabe der niederschriftlichen Ersteinvernahme ist es, eine umfassende Darstellung zu den Fluchtgründen vom Antragsteller zu verlangen bzw. eine solche darzustellen.
Tatsächlich hat sich der Antragsteller jedoch im Rahmen der niederschriftlichen Ersteinvernahme lediglich und ausschließlich allgemein auf die Bürgerkriegssituation in Somalia sowie die schlechten Ausbildungs- und Berufsaussichten bezogen, sowie verwies er allgemein auf ein System der Zwangsrekrutierung von jungen Männern. Einen persönlichen Bezugspunkt zeigte der Antragsteller nicht auf. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt liefert der Beschwerdeführer eine gänzlich von seinen spontanen kurzen Erstangaben zu den Fluchtgründen und seiner Fluchtmotivation abweichende Darstellung, nämlich dergestalt, dass er höchstpersönlich von den allgemeinen Bürgerkriegsverhältnissen und den Umtrieben der al-Shabaab betroffen gewesen sei.
Die grobe Divergenz zwischen den spontanen erstinstanzlichen Angaben sowie den weiteren Angaben des Antragstellers vor dem Bundesasylamt indizieren dringend die mangelnde Glaubhaftigkeit des Vorbringens zu den Fluchtgründen und der Fluchtmotivation insgesamt.
Dem Antragsteller wäre es jedenfalls im Rahmen der spontanen Ersteinvernahme zumutbar gewesen und wäre es angezeigt gewesen, auch nur einen einzigen Hinweis auf erlittene Unbill oder eine konkret ihn betreffende Bedrohungssituation zu liefern.
Hinzu tritt, dass der Antragsteller hinsichtlich des Sachverhaltskreises einer Rückkehr in sein Elternhaus offenbar nach seiner Eheschließung keinerlei persönliche Kontakte oder Bedrohungssituationen in Bezug auf die al-Shabaab mehr zu verzeichnen hatte und dies bis zu seiner Ausreise, was überdies indiziert, dass diesbezüglich kein realistisches Risikopotential besteht. Die vom Antragsteller im Rahmen der Beschwerdeschrift aufgezeigten Umstände der niederschriftlichen Ersteinvernahme stellen sich insofern als Schutzbehauptung dar, da der Antragsteller tatsächlich offenbar leicht in der Lage war, umfassendes und detailliertes Vorbringen zu seiner Reiseroute zu erstatten; er jedoch umgekehrt nunmehr glaubhaft machen will, dass es ihm unmöglich war aufgrund seiner schlechten allgemeinen Situation und der Nachtzeit der niederschriftlichen Einvernahme nicht in der Lage gewesen zu sein, zu seinem persönlichen Schicksal und einer Bedrohungssituation im Detail oder in die Tiefe gehend Stellung zu nehmen.
Diesbezüglich liefert die Gegenüberstellung der einzelnen Angaben ein klares Bild von der Fähigkeit eine klare Aussage zu machen:
"Vor ca. 11 Monaten bin ich mit dem Flugzeug von Mogadischu nach Istanbul in der Türkei geflogen. Dor blieb ich 4 Tage. Dort lebte ich in einem Hotel. Von Istanbul wurde ich mit einem Schnellboot nach Griechenland gebracht, wo ich in Athen, in der Straße XXXX 6 Monate in einer Wohnung mit vielen anderen Somali wohnte. Dort wurde mir ein Schlepper vermittelt der mich und ca. 12 Somalier und noch ca. 3 andere Personen mit einem Bus nach Serbien brachte. In XXXX lebte ich ca. 2 Monate. Dort haben ich und andere Somalier eine Wohnung gemietet. Eine Adresse kann ich nicht angeben. Somalier haben mir einen Schlepper vermittelt, der mich nach Österreich bringen werde. Um ca. 02.00 heute Früh wurde ich in XXXX von einem Taxi mit 4 Somaliern abgeholt. Nach kurzer Fahrt mussten wir in einem Kastenwagen umsteigen, er hatte keine Fenster, die Farbe war glaube ich silber. Ich und die anderen mit mir geschleppten Personen mussten uns auf den Boden setzen, da es keine Sitze gab. Wir sind von Serbien nach Österreich durchgefahren, ob wir durch Ungarn gefahren sind kann ich nicht sagen. Als der Fahrer stehen blieb mussten wir schnell aussteigen und sind ca. 5 bis 10 Minuten später schon von der Polizei angehalten worden. Ich kann nicht sagen in welche Richtung der Schlepper weggefahren ist.
Keine Sicherheit, er herrscht seit fast 21 Jahren Bürgerkrieg und die Situation verschlechtert sich immer noch. Keine Ausbildungsmöglichkeit und Arbeitsmöglichkeit.
Es gibt Gruppen in Somalia die die Jugend zwingen am Krieg teilzunehmen. Wenn man sich weigert wird man umgebracht. Deshalb suche ich in Österreich internationalen Schutz."
Die Bezug habende Verfahrensrüge geht sohin jedenfalls ins Leere.
Das Vorbringen des Antragstellers liefert sohin - wie von der Erstbehörde hinlänglich dargestellt - auffällige substantielle Divergenzen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.
Flüchtling i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK (i.d.F. des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politi-schen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."
Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.
Gemäß § 3 Abs. 3 Z. 1 und § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Asylantrag abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK vorliegen kann (vgl. zur Rechtslage vor dem AsylG 2005 z.B. VwGH 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134, wonach Asylsuchende nicht des Schutzes durch Asyl bedürfen, wenn sie in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen). Damit ist - wie der Verwaltungsgerichtshof zur GFK judiziert - nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal wirtschaftliche Benachteiligungen auch dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/20/0539).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.3.1995, 95/19/0041; 27.6.1995, 94/20/0836; 23.7.1999, 99/20/0208; 21.9.2000, 99/20/0373; 26.2.2002, 99/20/0509 m.w.N.; 12.9.2002, 99/20/0505; 17.9.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 m.w.N.).
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichen Schutzes einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law, 2. Auflage [1996] 73; weiters VwGH 26.2.2002, 99/20/0509 m.w.N.; 20.9.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert wird. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.2.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191).
3.2.2. Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht gemäß § 3 AsylG 1991 setzt positiv getroffene Feststellungen von Seiten der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, Zl. 95/01/0627). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers die zentrale Entscheidungsgrundlage dar. Dabei genügen aber nicht bloße Behauptungen, sondern bedarf es, um eine Anerkennung als Flüchtling zu erwirken, hierfür einer entsprechenden Glaubhaftmachung durch den Asylwerber (vgl. VwGH 04.11.1992, Zl. 92/01/0560). So erscheint es im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht unschlüssig, wenn den ersten Angaben, die ein Asylwerber nach seiner Ankunft in Österreich macht, gegenüber späteren Steigerungen erhöhte Bedeutung beigemessen wird (vgl. VwGH 08.07.1993, Zl. 92/01/1000; VwGH 30.11.1992, Zl. 92/01/0832; VwGH 20.05.1992, Zl. 92/01/0407; VwGH 19.09.1990, Zl. 90/01/0133). Der Umstand, dass ein Asylwerber bei der Erstbefragung gravierende Angriffe gegen seine Person unerwähnt gelassen hat (hier Schläge, Ziehen an den Haaren, Begießen mit kaltem Wasser) spricht gegen seine Glaubwürdigkeit (VwGH 16.09.1992, Zl. 92/01/0181). Auch unbestrittenen Divergenzen zwischen den Angaben eines Asylwerbers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung und dem Inhalt seines schriftlichen Asylantrages sind bei schlüssigen Argumenten der Behörde, gegen die in der Beschwerde nichts Entscheidendes vorgebracht wird, geeignet, dem Vorbringen des Asylwerbers die Glaubwürdigkeit zu versagen (Vgl. VwGH 21.06.1994, Zl. 94/20/0140). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. VwGH 30.09.2004, Zl. 2001/20/0006, zum Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. VwGH vom 23.01.1997, Zl. 95/20/0303 zu Widersprüchen bei einer mehr als vier Jahre nach der Flucht erfolgten Einvernahme hinsichtlich der Aufenthaltsdauer des BFs in seinem Heimatdorf nach seiner Haftentlassung) können für sich allein nicht ausreichen, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (vgl. dazu auch VwGH 26.11.2003, Zl. 2001/20/0457).
Die amtswegigen Ermittlungspflichten im Asylverfahren sind im § 18 Abs. 1 AsylG 2005 geregelt, der inhaltlich nahezu wortgleich der Vorgängerbestimmung des § 28 AsylG 1997 entspricht. Der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. AsylG 1997 folgend stellt diese Gesetzesstelle eine Konkretisierung der aus § 37 AVG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AVG hervorgehende Verpflichtung der Verwaltungsbehörden dar, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, begründet aber keine über den Rahmen der angeführten Vorschriften hinausgehende Ermittlungspflicht (vgl. VwGH 08.04.2003, Zl. 2002/01/0522). Grundsätzlich obliegt es dem Asylwerber, alles Zweckdienliche, insbesondere seine wahre Bedrohungssituation in dem seiner Auffassung nach auf ihn zutreffenden Herkunftsstaat, für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (Vgl. VwGH 31.05.2001, Zl. 2001/20/0041; VwGH 23.07.1999, Zl. 98/20/0464). Nur im Fall hinreichend deutlicher Hinweise im Vorbringen eines Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention in Frage kommt, hat die Behörde gemäß § 28 AsylG 1997 in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu dringen. Aus dieser Gesetzesstelle kann aber keine Verpflichtung der Behörde abgeleitet werden, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln (Vgl. VwGH 14.12.2000, Zl. 2000/20/0494; VwGH 06.10.1999, Zl. 98/01/0311; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0222). Die Ermittlungspflicht der Behörde geht auch nicht soweit, den Asylwerber zu erfolgversprechenden Argumenten und Vorbringen anzuleiten (vgl. VwGH vom 21.09.2000, Zl. 98/20/0361; VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0599).
Der Beschwerdeführer hat gemäß den getroffenen Feststellungen sowie der erwiesenen Tatsache, dass der Antragsteller inhaltlich ein grob divergentes Vorbringen zu seinen Fluchtgründen erstattet hat, keine Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat aus einem vom Schutzzweck der Genfer Flüchtlingskonvention umfassten Grunde glaubhaft machen können. Die Asylgewährung bzw. Gewährung internationalen Schutzes war daher zu versagen.
Die allgemein herrschende Situation in Somalia bzw. die herrschende dokumentierte Bürgerkriegssituation und allfällig damit einhergehende Risiken wurden bereits hinlänglich durch die Gewährung subsidiären Schutzes durch die Behörde erster Instanz berücksichtigt.
Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde in den obigen rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.
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