BVwG W210 1413946-3

BVwGW210 1413946-38.7.2014

B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §32 Abs1 Z2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §32 Abs1 Z2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W210.1413946.3.00

 

Spruch:

W210 1413946-3/8E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Anke Sembacher als Einzelrichterin über den Antrag der XXXX, geb. XXXX, StA. Russische Föderation, vom 19.04.2011, beschlossen:

Der Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 09.02.2011, Zl. D16 413946-2/2011/2E, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens wird gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG, BGBl I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Die Antragstellerin ist russische Staatsangehörige tschetschenischer Herkunft und wurde am XXXX geboren. Sie reiste am 05.11.2009 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Dieser Antrag, in dem die Antragstellerin im Wesentlichen vorbrachte, aufgrund einer XXXX durch ihren Vorgesetzten einer Verfolgung durch ihre Familie ausgesetzt gewesen zu sein, da sie gegen die tschetschenische Tradition verstoßen habe, wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Linz, vom 28.05.2010, Zl. XXXX, gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl I Nr.100/2005 (AsylG) abgewiesen, da dem Vorbringen der Antragstellerin kein Glauben geschenkt wurde. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen. Weiters wurde die Antragstellerin gem. § 10 Abs. 1 Z. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen. Die dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 11.10.2010, GZ. D16 413946-1/2010/3E, gem. §§ 3, 8 und 10 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 135/2009 als unbegründet abgewiesen. Mit 17.10.2010 erwuchs das Erkenntnis des Asylgerichtshofes in Rechtskraft.

3. Mit Beschluss des VfGH vom 30.11.2010 wurde die Behandlung der von der Antragstellerin erhobenen Beschwerde abgelehnt und der unter einem gestellte Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen.

4. Am 23.12.2010 stellte die Antragstellerin einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen einer niederschriftlichen Befragung vor der Polizeiinspektion Traiskirchen, EASt, am selben Tag, gab die Antragstellerin an, im Zuge ihrer ersten Antragsstellung nicht alle Asylgründe vorgebracht zu haben, da sie der Meinung gewesen sei, ihr erstes Vorbringen reiche aus, um in Österreich Schutz gewährt zu bekommen. Die neuen Gründe legte die Antragstellerin im Zuge dieser Befragung in schriftlicher Form vor, wobei sie ausführte, am 11.10.2009 in Grosny von zwei Männern mitgenommen worden zu sein. Ihr sei vorgeworfen worden, mit Feinden Kadyrows zusammenzuarbeiten, diese finanziell zu unterstützen und Verbindungen nach Georgien zu pflegen. Man habe ihr Videos gezeigt, in denen Menschen geschlagen und ermordet und Frauen vergewaltigt worden seien und habe man ihr gedroht, dass dies auch ihr passieren könne. Die Antragstellerin sei aber niemals in Georgien gewesen und habe lediglich Verwandte finanziell unterstützt, wobei einer davon gegen Kadyrow gekämpft habe. Die Antragstellerin sei bis zum Abend des nächsten Tages festgehalten worden und habe dann zu Hause sofort ihre Koffer gepackt und sei weggelaufen. Von ihrer Schwester wisse sie, dass seitdem mehrmals Leute nach ihr gesucht hätten. Sie habe in Tschetschenien eine gute Arbeit gehabt und jetzt noch einige Verwandte dort und habe ihre Heimat nur verlassen, da sie bedroht worden sei. Bei einer Rückkehr habe sie Angst um ihr Leben. Die nun vorgebrachten Fluchtgründe seien ihr schon von früher bekannt gewesen, sie habe diese nur aus Angst zunächst nicht vorgebracht.

Im Anschluss an die Niederschrift der Erstbefragung findet sich im Akt des Bundesasylamtes ein Befund der Antragstellerin vom 29.10.2010, der vorhandene Depressionen der Antragstellerin belege, sowie eine via Fax übermittelte Bestätigung einer Organisation aus Grosny mit dem Namen XXXX, die eine Verfolgung der Antragstellerin auf dem Gebiet der Russischen Föderation nachweise.

5. In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle West, vom 11.01.2011, gab die Antragstellerin unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Russisch an, seit etwa einem Jahr an Depressionen zu leiden, dies im ersten Verfahren aber nicht angegeben zu haben. Ihr Hausarzt in Linz habe ihr wegen der Krankheit Medikamente verschrieben.

Die Antragstellerin gab an, dass das im Zuge des ersten Verfahrens angegebene Problem immer noch bestehe. Entgegen ihrer Angaben im ersten Verfahren, habe sie jedoch in der Russischen Föderation auch Probleme mit staatlichen Organen gehabt und habe sie deswegen das Land verlassen müssen. Der bereits in der Erstbefragung geschilderte Vorfall, im Zuge dessen sie von zwei Männern entführt worden sei, habe sich am 11.10.2009 ereignet. Ergänzend gab sie an, dass einer der Männer eine Uniform getragen habe, man ihr jedoch keine Ladung vorgelegt habe. Man habe ihr vorgeworfen, Rebellen zu unterstützen und sie informiert, dass man ihr Telefon überwacht habe. Sie sei 24 Stunden festgehalten worden und habe man sie dann zurück nach Hause gebracht. Dort habe sie sofort ihre Koffer gepackt und sei geflüchtet.

Die Antragstellerin gab an, in Baku zwar jemanden, der bei den Rebellen gewesen sei, Geld gegeben zu haben, es sich dabei aber um einen Verwandten namens XXXX gehandelt habe. Auch dessen Frau habe die Antragstellerin im Rahmen eines Besuches im Sommer 2009 um finanzielle Unterstützung gebeten. Rebellen habe sie aber nie unterstützt.

Dieses Problem habe die Antragstellerin im Erstverfahren nicht für wichtig gehalten und habe sie es deshalb nicht angeführt. Sie sei der Meinung gewesen, ihr privates Problem reiche aus, um Asyl gewährt zu bekommen. Ergänzend gab sie an, dass nachdem sie das Land verlassen habe, ihr Neffe entführt worden sei und dessen Vater das Haus verkaufen habe müssen, um ihn wieder freikaufen zu können. Dies habe ihr ihre Schwester telefonisch vor etwa einem halben Jahr erzählt.

Im Bundesgebiet wohne die Antragstellerin mit einer Tschetschenin zusammen und habe sie immer weniger Angst. Auch habe sie schon ein paar Deutschstunden besucht. In ihre Heimat könne sie auf keinen Fall zurück.

Im Anschluss an die Niederschrift der Einvernahme findet sich ein Quellenverzeichnis zu Berichten zur Russischen Föderation. Die Antragstellerin lehnte eine Einsicht in die Quellen im Rahmen der Einvernahme ab und wurde informiert, dass während des weiteren Verfahrens während der Amtsstunden Einsicht in diese genommen werden kann.

6. Am 26.01.2011 wurde die Antragstellerin, in Gegenwart einer Rechtsberaterin im Zulassungsverfahren, ihres gewillkürten Vertreter und einer Dolmetscherin für die Sprache Russisch, ein weiteres Mal beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, einvernommen.

Unter dem Vorhalt, es werde beabsichtigt, den Asylantrag der Antragstellerin wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und deren Ausweisung zu veranlassen, gab diese an, nicht nach Tschetschenien zurückkehren zu können, da dort Ungerechtigkeit herrsche. Sie sei ohne Ladung festgenommen und für 24 Stunden festgehalten worden. Sie sei auch in Moskau gewesen, habe sich dort zwar registrieren können, jedoch erst nachdem sie vom FSB kontrolliert worden sei. Vor allem in Zeiten, in denen es Explosionen und Schießereien gegeben habe, seien Tschetschenen dort streng kontrolliert worden. Obwohl sie selbst gegen keine Gesetze verstoßen habe, habe man ihre Wohnung nach Sprengstoff und Waffen durchsucht.

Die Antragstellerin führte weiters aus, dass auch ihre Verwandten und Bekannten, obwohl diese nie gekämpft haben sollen, die Russische Föderation bereits verlassen hätten und in der Europäischen Union leben würden. Auch ihre Cousins hätten wegen ihres Familiennamens Probleme gehabt und würden sich nicht mehr in deren Heimat aufhalten.

Auf Befragungen ihres gewillkürten Vertreters, was seit Oktober 2010 in ihrer Heimat passiert sei, gab die Antragstellerin an, dass ihr Neffe, der in Tschetschenien gearbeitet habe, festgenommen worden sei. Dessen Vater, ihr Bruder, habe sein Haus verkaufen müssen, um seinen Sohn vor dem Gefängnis zu bewahren. Er sei unschuldig, jedoch hätten die Behörden ihm vorgeworfen, ein XXXX zu sein und gedroht, ihn umzubringen. Der Neffe habe nach seiner Freilassung drei Monate in der Ukraine verbracht, sei dann wieder nach Tschetschenien gegangen und warte er dort nun darauf, dieses wieder verlassen zu können. Dies habe die Schwester der Antragstellerin, die sich in Tschetschenien aufhalte, ihr erzählt. Von dieser wisse sie auch, dass vor etwa zwei oder drei Monaten das letzte Mal jemand nach der Antragstellerin gefragt habe. Diesbezüglich habe die Schwester sich dann an die nichtstaatliche Organisation "Objective" gewandt und das Schreiben, das die Antragstellerin im Rahmen ihrer Erstbefragung vorgelegt hat, verfassen lassen. Die Dolmetscherin übersetzte das Schreiben im Rahmen der Einvernahme wie folgt: "Meine Organisation bestätigt, dass XXXX in der Russischen Föderation gesucht wird und bitte um Asyl für sie."

Wie ihrem Neffen, sei auch der Antragstellerin bei ihrer Festnahme vorgeworfen worden, ein XXXX zu sein. Bei dem in der Erstbefragung erwähnten Verwandten namens XXXX, handle es sich um den Rebellen. Dieser habe gegen die Russen gekämpft und sei von diesen als Terrorist eingestuft worden. Sie habe in der ganzen Russischen Föderation Angst, egal wohin sie gehe, da sie mit diesem Rebellen verwandt sei und sie in Österreich um Asyl angesucht habe.

Darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin in ihrer ersten Einvernahme angegeben habe, von den geschilderten Problemen ihres Neffen bereits vor eine halben Jahr von ihrer Schwester erfahren zu haben, gab die Antragstellerin an, dass dies so stimme.

7. Mit Bescheid vom 28.01.2011, Zahl: XXXX, wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr. 51/1991 idgF wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I) und wies die Antragstellerin gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation aus (Spruchpunkt II.).

Die Behörde führte begründend aus, dass die Antragstellerin nicht glaubwürdig weitere asylrelevante Gründe vorgebracht und sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben habe. Auch die die Antragstellerin treffende allgemeine Lage in der Russischen Föderation habe sich seit Rechtskraft des letzten Asylverfahrens XXXX nicht geändert. Die vorgebrachte Depression sei aufgrund der vorgelegten Befunde plausibel und widerspruchsfrei nachvollziehbar. Die nunmehrige Behauptung, Probleme mit staatlichen Organen zu gehabt haben, die sie abgeholt, befragt und 24 Stunden festgehalten hätten, stelle keinen neuen objektiven Sachverhalt dar. Dies sei der Antragstellerin bereits vor ihrer Ausreise und somit vor rechtskräftigem Abschluss des ersten Verfahrens bekannt gewesen und habe sie sowohl die Möglichkeit als auch die Verpflichtung gehabt, dieses Problem im ersten Asylverfahren anzugeben. Wieso sie dieses jedoch nicht angeführt habe, sei nicht nachvollziehbar, da es der Lebenserfahrungen widerspreche, dass ein Asylwerber tatsächlich bestehende staatliche Verfolgung wider besseren Wissens verschweige.

Auch das Vorbringen ihres Neffen betreffend, stelle keinen neuen Sachverhalt dar, da ihr dieser bereits vor rechtskräftigem Abschluss des ersten Verfahrens bekannt gewesen sei.

Hinsichtlich des Schreibens der Organisation "Objective" wurde ausgeführt, dass diesem keine Beweiskraft zukomme, da dieses nur allgemein gehalten sei und sich nicht individuell auf das Vorbringen der Antragstellerin beziehe. Außerdem sei dieses von ihrer Schwester organisiert worden, während sie selbst keinen Kontakt zu dieser Organisation gehabt habe. Es handle sich dabei um eine Gefälligkeitshandlung einer Sympathieperson. Auch die Behauptung gesundheitliche Probleme zu haben, stelle keinen neuen Sachverhalt dar, da auch diese bereits vor der Rechtskraft des ersten Asylverfahrens bekannt gewesen seien und sie die Verpflichtung gehabt habe, diese dort vorzubringen. Außerdem handle es sich nach dem vorgelegten Befund nicht um eine lebensbedrohliche Erkrankung und sei nicht jene Schwere erreicht, die eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstelle (VwGH, 19.02.2009, 2008/01/0344).

In der Beweiswürdigung wurden die Quellen der Feststellungen, die im Erstverfahren sowohl vom Bundesasylamt als auch vom Asylgerichtshof verwendet wurden, zitiert.

Im Rahmen der Ausweisungsentscheidung wurde festgehalten, dass mangels Familienzugehörigkeit in das Recht auf Familienleben im Fall einer Ausweisung nicht eingegriffen werde. Zum Privatleben wurde ausgeführt, dass sich die Antragstellerin seit knapp mehr als einem Jahr in Österreich aufhalte und angegeben habe, einen Freund und eine Freundin hier zu haben sowie ein paar Deutschkurse besucht zu haben. Die Abwägung gemäß Art. 8 Abs. 2 EMKR ergebe, dass schon alleine aufgrund der Kürze der Aufenthaltsdauer anzunehmen sei, dass ein Eingriff in das Privatleben nicht vorliege. Darüber hinaus sei die Aufenthaltsdauer ausschließlich auf die Stellung eines zweiten Antrags der zurückzuführen und das dadurch entstandene private Interesse nur minder schutzwürdig. Es liege auch sonst kein Hinweis auf eine Aufenthaltsverfestigung vor.

8. Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin fristgerecht Beschwerde, worin der Bescheid wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und inhaltlicher Rechtswidrigkeit in vollem Umfang angefochten wurde.

Die Antragstellerin führte an, dass ihre vorgebrachte Gefährdung akut sei, da man von Seiten der Sicherheitsbehörden Nachforschungen über sie anstelle. Dies habe ihr ihre Schwester erzählt. Es handle sich dabei um Tatsachen, die nach Oktober 2010 entstanden seien. Ein weiterer Verfahrensmangel ergebe sich daraus, dass die Länderberichte auf die Person XXXX keinen Bezug nehmen würden. Ihr seien zwar die Länderberichte zur Einsicht angeboten, jedoch keine Möglichkeit gegeben worden, dazu Stellung zu nehmen. Die Feststellung, dass sich die Lage im Herkunftsstaat seit Rechtskraft des Erstverfahrens nicht geändert habe, sei Ergebnis eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens. Das Bundesasylamt habe ohne Ermittlungsverfahren festgestellt, dass dem Schreiben der Organisation "Objective" keine Beweiskraft zukomme. Dieses Schreiben bestätige jedoch ihre Verfolgung. Hege die Behörde Zweifel an der Richtigkeit und Echtheit des Schreibens, so sei sie diesbezüglich verpflichtet, darüber zu recherchieren. Der Kern ihres Fluchtvorbringens sei die Verwandtschaft zum Terroristen XXXX. Ihre im Erstverfahren geschilderte Verfolgung habe mit diesem nichts zu tun.

9. Mit Erkenntnis vom 09.02.2011, Zl. D16 413946-2/2011/2E, wies der Asylgerichtshof die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.01.2011, 10 12.103-EWEST, gemäß § 68 Abs. 1 AVG, BGBl I. Nr. 51/1997 idF BGBl. I Nr. 471/1995 und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, BGBl. Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 122/2009 als unbegründet ab.

Bezogen auf den Verwaltungsakt des Erstverfahrens, führte der Asylgerichtshof in seinen Feststellungen aus, dass im Erstverfahren rechtskräftig festgestellt worden sei, dass der Antragstellerin in der Russischen Föderation keine Verfolgung im Sinne der GFK drohe sowie dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Antragstellerin in die Russische Föderation keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK darstelle. Die Antragstellerin habe in Österreich keine Verwandten, lebe in keiner Lebensgemeinschaft, gehe weiters keiner Erwerbstätigkeit nach, bestreite ihren Lebensunterhalt aus der Grundversorgung und lerne die deutsche Sprache. Sie verfüge in der Russischen Föderation in Moskau über eine Bekannte, bei welcher sie sich nach ihrer Flucht aus Tschetschenien aufgehalten habe, habe auch davor einige Jahre in Moskau gelebt und sei immer berufstätig gewesen. Zwei Brüder, zwei Schwestern und andere Verwandte seien in Tschetschenien aufhältig, eine Schwester lebe in der Ukraine.

Der Asylgerichtshof folgte dem Bundesasylamt dahingehend, dass die Antragstellerin ihre neu vorgebrachten Behauptungen bereits im Erstverfahren geltend zu machen gehabt habe. Die Antragstellerin versuche in ihrem neuen Vorbringen nur einen politischen Grund für ihre Verfolgung zu konstruieren, da - wie aus dem Ergebnis des Erstverfahrens ersichtlich sei - selbst bei Glaubhaftmachung der behaupteten Privatverfolgung, diese keinen Fluchtgrund iSd GFK darstelle.

Deshalb sei absolut nicht nachvollziehbar, warum die Antragstellerin im Erstverfahren ihre Verfolgung und die ihres Neffen wegen der Rebellentätigkeit ihres Cousins nicht vorgebracht habe, obwohl genau eine dahingehende Behauptung auf eine politische Verfolgung abziele. Ebenso gefolgt wurde der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes, dass es sich beim von der Schwester per Fax übermittelten Schreiben der Organisation "Objective" um ein - emotional nachvollziehbares - Gefälligkeitsschreiben handle, dass das im jetzigen Verfahren erstattete Vorbringen untermauern solle.

Auch sei die Behauptung, die Antragstellerin habe im Fall einer Rückkehr Angst, weil sie als Tschetschenin in Österreich um Asyl angesucht habe, nicht mit den Länderfeststellungen des Erstverfahrens, insbesondere dem Bericht des deutschen auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation, 30.7.2009, die sich seither nicht geändert haben sollen, in Einklang zu bringen.

In einer Gesamtbetrachtung komme der Asylgerichtshof daher zum Schluss, dass - wie auch vom Bundesasylamt ausgeführt worden sei - von keinem neuen entscheidungsrelevanten Sachverhalt hinsichtlich der Asylgewährung, der einer neuerlichen Beurteilung bedarf, ausgegangen werden könne, da der von der Antragstellerin vorgebrachte neue Fluchtgrund unglaubwürdig sei. Das Bundesasylamt habe auch zu den von der Antragstellerin glaubwürdig vorgebrachten Depressionen im Bescheid festgehalten, dass diese nach dem vorgelegten Befund nicht eine lebensbedrohliche Erkrankung darstellen sowie nicht jene Schwere erreichen würden, die eine Verletzung des Art. 3 EMRK zur Folge hätte (VwGH, 19.02.2009, 2008/01/0344). Dem sei jedenfalls zuzustimmen.

Rechtlich führte der Asylgerichtshof aus, dass angesichts der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens und der daraus resultierenden eindeutigen Sachlage und des Umstandes, dass es sich bereits um den zweiten Asylantrag handle, die Argumente der Antragstellerin nicht haben zu überzeugen vermögen. Die Antragstellerin habe bei ihrem zweiten Antrag auf internationalen Schutz eine Änderung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes nicht nachweisen können, stehe sohin die Rechtskraft des ergangenen Bescheides dem neuerlichen Antrag entgegen und habe die Behörde erster Instanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen. Da in der maßgeblichen Sachlage und in den anzuwendenden Rechtsnormen keine Änderung eingetreten sei, liege entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden könne.

Weiters sei auch die von der Behörde verfügte Ausweisung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK als zulässig anzusehen, da diese keinen Eingriff in das Familienleben der Antragstellerin darstelle bzw. ein Eingriff in das Privatleben der Antragstellerin rechtfertigen zu sei, da im vorliegenden Fall die Interessen der Republik Österreich an der Wahrung eines geordneten Fremden- und Zuwanderungswesens als Teil der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung sowie des wirtschaftlichen Wohls des Landes durch Vermeidung unkontrollierter Zuwanderung schwerer wiegen würden, als das persönliche Interesse der Antragstellerin am weiteren Verbleib im Bundesgebiet.

Dieses Erkenntnis erwuchs mit 10.02.2011 in Rechtskraft.

10. Mit Beschluss des VfGH vom 03.05.2011 wurde ein Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen.

11. Mit dem gegenständlichen Antrag vom 19.04.2011 begehrte die Antragstellerin die Wiederaufnahme des Verfahrens.

Um die Ausführungen des Asylgerichtshofes, es könne im Fall der Antragstellerin von keinem neuen Sachverhalt ausgegangen werden, da der neu vorgebrachte Fluchtgrund unglaubwürdig sei und das Schreiben der Organisation "Objetive" als Gefälligkeitsschreiben zu werten sei, widerlegen zu können, habe die langjährige Leiterin des XXXX ein Schreiben verfasst sowie eine Stellungnahme übermittelt, welche die Angaben der Antragstellerin sowie die Seriosität der Organisation "Objective" bestätigen würden.

Da die Antragstellerin nicht davon ausgehen habe können, dass man das Schreiben der Organisation "Objective" ohne Ermittlungen als Gefälligkeitsschreiben werte, könne der Antragstellerin auch nicht vorgeworfen werden, dass sie erst nach der Entscheidung des Asylgerichtshofes die Organisation kontaktiert und die Beweismittel erst jetzt vorgelegt habe.

Unter Zugrundelegung dieser neu hervorgekommenen Beweismittel, könne der von ihr vorgebrachte Sachverhalt nicht mehr als unglaubwürdig betrachtet werden, hätte die Vorlage des Schreibens zu einer anders lautenden Entscheidung führen können und beantrage sie daher ihr Verfahren wieder zu eröffnen und XXXX als Zeugin bzw. Sachverständige zu befragen.

Aufgrund der Tatsache, dass das Schreiben von XXXX am 15.04.2011 in Linz unterzeichnet bzw. ihre Stellungnahme am 18.04.2011 zu Handen der Rechtsberaterin gemailt worden sei, sei der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens auch rechtzeitig.

Mit dem Antrag übermittelte die Antragstellerin auch das Schreiben von XXXX vom 11.04.2011, in welchem diese angibt, dass XXXX ein prominenter Kommandant der tschetschenischen Untergrundkämpfer gewesen und im Jahr 2004 verstorben sei. Russische Soldaten, die an der "Vernichtung" XXXX beteiligt gewesen seien, seien von Präsident Putin persönlich ausgezeichnet worden. Seither würden Personen, die den Nachnamen XXXX tragen von der Moskau-treuen tschetschenischen Führung verfolgt. Die Wohnung der Antragstellerin sei durchsucht worden und sei sie selbst von Männern der tschetschenischen Führung für 24 Stunden festgehalten worden. Bei einer Rückkehr sei die Antragstellerin in Lebensgefahr, zumal sie auch keine nahen Verwandten mehr in Tschetschenien habe. Die Familie der Antragstellerin sei gezwungen gewesen, Russland zu verlassen und lebe inzwischen auf der ganzen Welt zerstreut.

Weiters legte die Antragstellerin eine Stellungnahme von XXXX betreffend der Organisation "Objective" vor. Diese beschäftige sich mit dem Schicksal nach Tschetschenien zurückgeschickter Flüchtlinge und ehemaliger Untergrundkämpfer, die sich freiwillig gestellt haben und dokumentiere das Schicksal verschleppter und verhafteter Personen. Amnestierte Untergrundkämpfer würden immer wieder verhört, verhaftet oder verschleppt werden und gelte dies auch für zurückgekehrte Flüchtlinge. Es gäbe eine Reihe von dokumentierten Fällen, in denen Flüchtlinge nach ihrer Rückkehr verschleppt und ermordet worden seien. Jedenfalls seien diese Menschen in der Regel in Gefahr und würden diese in Tschetschenien nicht mehr in Ruhe leben können. Auch seien die Mitarbeiter der Organisation auch selbst in Gefahr und habe eine Mitarbeiterin Tschetschenien verlassen müssen, da man Drohungen gegen sie und ihre beiden Söhne ausgesprochen habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die Antragstellerin heißt XXXX und ist am XXXX2 geboren. Sie ist Staatsbürgerin der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe.

Die Antragstellerin reiste am 05.11.2009 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.05.2010 in Bezug auf die Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten sowie in Bezug auf die Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Gleichzeitig wurde die Antragstellerin in die Russische Föderation ausgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Antragstellerin wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 11.10.2010, GZ. D16 413946-1/2010/3E, mit der oben in der Schilderung des Verfahrensgangs ausführlich wiedergegebenen Begründung rechtskräftig abgewiesen.

Am 23.12.2010 stellte die Antragstellerin einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.01.2011 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Abermals wurde die Antragstellerin in ihr Herkunftsland ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde der Antragstellerin wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 09.02.2011, Zl. D16 413946-2/2011/2E, mit der oben in der Schilderung des Verfahrensgangs ausführlich wiedergegebenen Begründung erneut rechtskräftig abgewiesen.

Mit Antrag vom 19.04.2011 begehrte die Antragstellerin die Wiederaufnahme des Verfahrens und legte diesem ein Schreiben von XXXX vom 15.04.2011 und eine Stellungnahme von XXXX vom 18.04.2011 zur Organisation "Objective" vor.

2. Beweiswürdigung

Das erkennende Gericht hat durch Einsicht in den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben.

Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und das erkennende Gericht war in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

Die Entscheidungsgründe des Asylgerichtshofes zu den bisherigen Entscheidungen ergeben sich aus den im Verfahrensgang zitierten Erkenntnissen.

Der Inhalt des Wiederaufnahmeantrags ergibt sich aus der Eingabe vom 19.04.2011, welche im Akt aufliegt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und zum anzuwendenden Verfahrensrecht:

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 7 B-VG wurde der Asylgerichtshof mit 01.01.2014 zum Verwaltungsgericht des Bundes.

Gemäß § 3 Abs. 6 des Bundesgesetzes betreffend den Übergang zur zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz - VwGbk-ÜG) entscheiden die Verwaltungsgerichte ab 1. Jänner 2014 über die Wiederaufnahme von und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Verfahren, die entweder in diesem Zeitpunkt gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf die Verwaltungsgerichte übergegangen sind, oder, wären sie in diesem Zeitpunkt noch anhängig, übergehen würden. Die §§ 32 und 33 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, sind sinngemäß anzuwenden.

Da das gegenständliche Verfahren, wäre es noch anhängig, auf die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte übergehen würde, ist das Bundesverwaltungsgericht somit zur Entscheidung über die Wiederaufnahme berufen.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Aufgrund des Fehlens einer derartigen Regelung in den einschlägigen Gesetzen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in den dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 11 VwGVG sind, soweit in diesem und im vorangehenden Abschnitt nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren nach diesem Abschnitt jene Verfahrensvorschriften anzuwenden, die die Behörde in einem Verfahren anzuwenden hat, das der Beschwerde beim Verwaltungsgericht vorangeht.

3.2. Zur Wiederaufnahme des Verfahrens

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. Fuchs hält in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 32 VwGVG, Anm. 13 fest, dass der Systematik des VwGVG folgend anzunehmen ist, dass sämtliche Entscheidungen über Wiederaufnahmeanträge - als selbstständige Entscheidungen - in Beschlussform zu erfolgen haben.

3.2.1. Anzuwendende Rechtslage:

§ 32 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013 lautet:

"Wiederaufnahme des Verfahrens

§32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof gegen das Erkenntnis nicht mehr zulässig ist und

1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

(5) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse."

3.2.2. Zur Zulässigkeit des Antrags auf Wiederaufnahme:

In der Regierungsvorlage zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (2009 der Beilagen, XXIV. GP) ist festgehalten, dass die Bestimmungen über die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im VwGVG weitgehend den Bestimmungen der §§ 69 bis 72 AVG mit den entsprechenden Anpassungen auf Grund der Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz entsprechen. Durch den Ausschluss der Anwendung des IV. Teiles des AVG ist das AVG in diesem Bereich für unanwendbar erklärt worden, wobei aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung und ähnlichen Formulierung der Bestimmung des § 32 Abs. 1 bis 3 VwGVG mit § 69 AVG die bisher ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidungen sinngemäß anzuwenden sind bzw. die bisherige Judikatur zu § 69 AVG herangezogen werden können.

Zur Voraussetzung der Zulässigkeit einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG ist festzuhalten, dass das Rechtsinstitut der Revision erst seit Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit am 01.01.2014 gilt. § 3 Abs. 6 VwGbk-ÜG normiert die sinngemäße Anwendung von § 32 VwGVG in Übergangsfällen.

Verfahrensgegenständlich liegt eine rechtskräftige Entscheidung des Asylgerichtshofes aus Februar 2011 vor. Gegen diese Entscheidung war im Zeitpunkt der Stellung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens bereits kein ordentliches Rechtsmittel mehr zulässig. Die erste Voraussetzung für die Stellung eines Wiederaufnahmeantrages - nämlich der Eintritt der formellen Rechtskraft - ist somit erfüllt.

Weiters sind mit Einlangen des Antrages am 20.04.2011 sowohl die in § 32 Abs. 2 VwGVG geforderte objektive Frist von 3 Jahren, als auch - ausgehend von der Behauptung, das als Beweismittel dienende vorgelegte Schreiben sei am 15.04.2011 unterfertigt, sowie die Stellungnahme zur Organisation "Objective" am 18.04.2011 per Mail übermittelt worden, die subjektive Frist von zwei Wochen ab Kenntniserlangung des Wiederaufnahmegrundes, erfüllt.

Der Antrag ist somit zulässig.

3.3. Zu Spruchpunkt A) hinsichtlich der Abweisung des Antrags auf

Wiederaufnahme des Verfahrens:

Der Antrag ist aber nicht begründet:

Tatsachen und Beweismittel können nur dann einen Grund für die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens darstellen, wenn sie bei Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens schon vorhanden gewesen sind, ihre Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich geworden ist (sogenannte "nova reperta"), nicht aber, wenn es sich um erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel handelt (sogenannte "nova causa superveniens") (vgl. zB. VwGH 08.11.1991, 91/18/0101; 07.04.2000, 96/19/2240; 20.06.2001, 95/08/0036; 19.03.2003, 2000/08/0105; siehe weiters Hengstschläger/Leeb, AVG, Bd. 4 [2009] § 69 Rz 28).

"Tatsachen" sind Geschehnisse im Seinsbereich, mit "Beweismittel" sind Mittel zur Herbeiführung eines Urteils über Tatsachen gemeint (VwGH 11.03.2008, 2006/05/0232).

Die neu hervorgekommenen Tatsachen und Beweismittel dürfen ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht worden sein. Es ist zwar notwendig, aber nicht ausreichend, dass die Tatsachen (Beweismittel) im wieder aufzunehmenden Verfahren nicht geltend gemacht worden sind; es ist darüber hinaus auch erforderlich, dass sie - allenfalls auch im Verfahren vor einer höheren Instanz - nicht geltend gemacht werden konnten und dass die Partei daran kein Verschulden trifft. Jegliches Verschulden, das die Partei an der Unterlassung ihrer Geltendmachung trifft, auch leichte Fahrlässigkeit, schließt somit den Rechtsanspruch auf Wiederaufnahme des Verfahrens aus (VwGH 19.03.2003, 2000/08/0105). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 69 AVG - die wie oben ausgeführt auf die Bestimmungen des § 32 VwGVG anzuwenden sind - handelt es sich beim "Verschulden" im Sinne des Abs. 1 Z 2 um ein Verschulden im Sinne des § 1294 ABGB. Bei der Beurteilung des Verschuldens im Zusammenhang mit einer Wiederaufnahme ist das Maß dafür ein solcher Grad des Fleißes und der Aufmerksamkeit, welcher bei gewöhnlichen Fähigkeiten aufgewendet werden kann (siehe § 1297 ABGB). Konnte die wiederaufnahmewerbende Partei eine Tatsache oder ein Beweismittel bei gehöriger Aufmerksamkeit und gebotener Gelegenheit schon im Verwaltungsverfahren geltend machen, unterließ sie es aber, liegt ein ihr zurechnendes Verschulden vor, das eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausschließt (VwGH 08.04.1997, 94/07/0063; 10.10.2001, 98/03/0259). Ob die Fahrlässigkeit leicht oder schwer ist (§ 1294 ABGB), ist irrelevant (vgl. Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht9 [2011] Rz 589; Hengstschläger/Leeb, AVG § 69 Rz 36 ff.).

Die Wiederaufnahme eines Verfahrens dient jedenfalls nicht dazu, Versäumnisse während eines Verwaltungsverfahrens zu sanieren (VwGH 27.07.2001, 2001/07/0017; 22.12.2005, Zl. 2004/07/0209).

Des Weiteren müssen die neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel entweder allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens die Eignung aufweisen, einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid (hier: anders lautende Entscheidung des Asylgerichtshofes) herbeizuführen. Ob diese Eignung vorliegt, ist eine Rechtsfrage, die im Wiederaufnahmeverfahren zu beantworten ist; ob tatsächlich ein anderes Ergebnis des Verfahrens zustande kommt, ist sodann eine Frage, die im wiederaufgenommenen Verfahren zu klären ist. Tauglich ist ein Beweismittel als Wiederaufnahmegrund ungeachtet des Erfordernisses seiner Neuheit also nur dann, wenn es nach seinem objektiven Inhalt (und unvorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit) die abstrakte Eignung besitzt, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche die Behörde entweder den den Gegenstand des Wiederaufnahmeantrages bildenden Bescheid oder (zumindest) die zum Ergebnis dieses Bescheides führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat (VwGH 22.02.2001, 2000/04/0195; 19.04.2007, 2004/09/0159; Hengstschläger/Leeb, AVG § 69 Rz 42 ff.).

Eine Wiederaufnahme setzt nicht Gewissheit darüber voraus, dass die Entscheidung im wieder aufzunehmenden Verfahren anders gelautet hätte. Für die Bewilligung oder Verfügung der Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens genügt es, dass diese Voraussetzung mit einiger Wahrscheinlichkeit zutrifft; ob sie tatsächlich vorliegt, ist erst in dem wiederaufgenommenen Verfahren zu entscheiden. Sachverhaltsänderungen nach Abschluss des wieder aufzunehmenden Verfahrens haben bei der Entscheidung über die Wiederaufnahme außer Betracht zu bleiben (VwGH 13.12.2002, 2001/21/0031; 07.09.2005, 2003/08/0093; Hengstschläger/Leeb, AVG § 69 Rz 42 ff.; siehe dazu weiters Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht9 [2011] Rz. 591, die in diesem Zusammenhang von einem "höheren Grad der Wahrscheinlichkeit" sprechen).

Beide vorgelegten Schreiben von XXXX datieren im April 2011, zu einem Zeitpunkt, zu dem das Verfahren, dessen Wiederaufnahme begehrt wird, bereits rechtskräftig abgeschlossen war. Im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtslage und Rechtsprechung verkennt die Antragstellerin, dass für die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens nur Tatsachen und Beweismittel einen Grund für eine solche darstellen, wenn sie bei Abschluss des Verfahrens schon vorhanden gewesen sind und ihre Verwertung der Partei ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich geworden ist, nicht aber, wenn es sich um Beweismittel handelt, die erst nach Abschluss des Verfahrens neu entstanden sind. Die Antragstellerin bezeichnet die als Beweismittel vorgelegten Schreiben zwar als "neu hervorgekommen", übersieht aber, dass ihren eigenen Ausführungen zufolge die Verfasserin der Schreiben erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens kontaktiert wurde und sich der Antrag somit genau auf solch "neu entstandene" Beweismittel gründet, die eben nicht dazu geeignet sind, ein Verfahren wieder aufzunehmen.

Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge besteht jedoch die Möglichkeit, dass auch solch "neu entstandene" Beweismittel zur Wiederaufnahme des Verfahrens führen können, sofern sich diese auf "alte", also nicht ebenfalls neu entstandene, Tatsachen beziehen (VwGH 19.04.2007, 2004/09/0159). Das Hervorkommen neuer Tatsachen und Beweise allein genügt aber nicht, um das Verfahren wieder aufzunehmen. Es handelt sich bei diesem "Neuerungstatbestand" nämlich um einen relativen Wiederaufnahmegrund und ist für eine Wiederaufnahme weiters erforderlich, dass die neuen Tatsachen und Beweise voraussichtlich auch zu einem anderen Verfahrensergebnis führen würden (vgl. VwGH 14.06.1993, 91/10/0107; 27.09.1994, 92/07/0074; 22.02.2001, 2000/04/0195).

Verfahrensgegenständlich hätten die vorgelegten Beweismittel jedoch weder allein noch in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens, voraussichtlich eine im Hauptinhalt des Spruches anders lautende Entscheidung herbeigeführt: Ein erster Antrag auf internationalen Schutz wurde vom Asylgerichtshof mit rechtskräftigem Urteil vom 17.10.2010 abgewiesen. Die Antragstellerin stellte daraufhin einen Folgeantrag, brachte einen neuen Sachverhalt vor, dieser Antrag wurde jedoch wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen. An diesem Ergebnis vermögen die nun im Rahmen des Wiederaufnahmeantrages vorgelegten Beweismittel nichts zu ändern, wobei vorab festzuhalten ist, dass der erkennenden Richterin die langjährige Tätigkeit der Verfasserin der Schreiben als XXXX bekannt ist und ihre Expertise nicht infrage gestellt wird. Die gegenständlich vorgelegten Beweismittel besitzen aber ihrem objektiven Inhalt nach nicht die abstrakte Eignung, jene Tatsachen und Gründe in Zweifel zu ziehen, auf welche der Asylgerichtshof das den Gegenstand des Wiederaufnahmeantrages bildende Erkenntnis tragend gestützt hat. Insbesondere vermag die Stellungnahme zur Organisation "Objective" keine andere Qualifikation des im damaligen Verfahren vorgelegten Schreiben der Organisation "Objective" als jene des Asylgerichtshofes herbeiführen. Die Beweismittel sind infolgedessen nicht geeignet, ein "im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis" herbeizuführen und letztlich somit als Wiederaufnahmegrund nicht tauglich.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass in der gegenständlichen Rechtssache keine neuen Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen sind, die in dem vom Asylgerichtshof, bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden der Antragstellerin nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich eine im Hauptinhalt des Spruches anders lautende Entscheidung herbeigeführt hätten. Andere entscheidungsrelevante Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens wurden nicht geltend gemacht und sind auch sonst nicht hervorgekommen.

Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG sind somit nicht erfüllt und der gegenständliche Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist daher spruchgemäß abzuweisen.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit dem Antrag auf Wiederaufnahme geklärt erschien und es sich bei der Einordnung, ob die Eignung eines vorgebrachten Wiederaufnahmegrundes vorliegt, um eine Rechtsfrage handelt (vgl. VwGH 19.04.2007, 2004/09/0159; Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 32 VwGVG Anm. 9), konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben (vgl. VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018; VfGH 14.03.2012, U 466/11 ua.).

3.4. Zu Spruchpunkt B) hinsichtlich der Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Wie bereits oben unter 3.2 und 3.3. ausgeführt, wurde § 32 Abs. 1 bis 3 VwGVG nach den Materialien der Bestimmung des § 69 AVG nachempfunden, weshalb auf die einheitliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 69 AVG zurückgegriffen werden kann.

Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von dieser bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch kann nicht davon ausgegangen werden kann, dass es an einer Rechtsprechung gänzlich fehlen würde.

Schließlich liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, die die Zulassung der Revision bedingen würde.

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