VwGH 91/18/0101

VwGH91/18/01018.11.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerden des Gerd S in L, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. Jänner 1991, Zl. VerkR-9947/7-1990-II/Fra/Aum, und vom 7. Mai 1991, Zl. VerkR-10.296/2-1991-II/Dre, beide betreffend Verweigerung der Wiederaufnahme eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung des KFG 1967, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §69 Abs1 litb;
AVG §69 Abs1 Z2 impl;
AVG §69 Abs1 litb;
AVG §69 Abs1 Z2 impl;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 3.035,--, insgesamt sohin S 6.070,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. Oktober 1989 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 12. Mai 1988 um 15.50 Uhr in Linz, Leonfelderstraße nächst dem Haus Nr. 40, ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kfz auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt zu haben, ohne im Besitz einer von der Behörde erteilten Lenkerberechtigung zu sein. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 64 Abs. 1 in Verbindung mit § 64 Abs. 5 KFG 1967 begangen, weshalb gemäß § 134 Abs. 1 leg. cit. über ihn eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt wurde.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 2. Jänner 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 15. September 1987 um

10.50 Uhr in Linz, auf der A 7, Fahrtrichtung Nord, ca. 200 m vor der Ausfahrt "Hafen" ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt zu haben, ohne im Besitz einer von der Behörde erteilten Lenkerberechtigung gewesen zu sein. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 64 Abs. 1 KFG 1967 begangen, weshalb gemäß § 134 Abs. 1 leg. cit. über ihn eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt wurde.

Tragende Begründung beider Bescheide war die Annahme des Landeshauptmannes, der Beschwerdeführer, welcher bei seiner Anhaltung jeweils einen mexikanischen Führerschein vorgewiesen habe, habe in den letzten Jahren ständig seinen Wohnsitz in Österreich gehabt, weshalb er nicht berechtigt gewesen sei, auf Grund einer im Ausland ausgestellten Lenkerberechtigung in Österreich ein Kraftfahrzeug zu lenken.

Mit Schriftsatz vom 13. April 1990 stellte der Beschwerdeführer den Antrag, die Wiederaufnahme (unter anderen auch) der den beiden genannten Bescheiden des Landeshauptmannes von Oberösterreich zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahren zu bewilligen. Er schloß diesem Antrag schriftliche Erklärungen des L und des W, letztere vom 14. März 1990, an und führte dazu aus, er sei während der wiederaufzunehmenden Verfahren nicht in der Lage gewesen, seinen Wohnsitz in Mexiko durch Urkunden zu belegen. Nunmehr sei er wiederum in Mexiko gewesen und habe dabei Herrn L ausfindig machen können. Herr L habe ihm eine schriftliche Bestätigung über seinen Aufenthalt in Mexiko und seine dortigen Tätigkeiten ausgestellt. Außerdem habe er einen Bekannten, Herrn W, ersucht, ihm eine Bestätigung über seine Besuche bei ihm in Mexiko zukommen zu lassen.

Mit den angefochtenen Bescheiden vom 9. Jänner 1991 und vom 7. Mai 1991 wies der Landeshauptmann die Anträge auf Wiederaufnahme der mit seinen Bescheiden vom 18. Oktober 1989 bzw. vom 2. Jänner 1990 abgeschlossenen Verfahren ab. Zur Begründung führte der Landeshauptmann in beiden Bescheiden gleichlautend aus, im Antrag auf Wiederaufnahme habe der Antragsteller lediglich ausgeführt, daß er während der wiederaufzunehmenden Verwaltungsstrafverfahren nicht in der Lage gewesen sei, den Umstand des ordentlichen Wohnsitzes in Mexiko durch Urkunden zu belegen, ohne dies allerdings in irgendeiner Form zu begründen. Auch aus den sonstigen Ausführungen des Wiederaufnahmeantrages ergebe sich nicht, warum der Beschwerdeführer während der genannten Verwaltungsstrafverfahren ohne sein Verschulden keine Unterlagen zum Beweis seines Wohnsitzes in Mexiko habe vorlegen können. Der Wiederaufnahmeantrag enthalte lediglich die Behauptung, daß er dazu nicht in der Lage gewesen sei. Der Antragsteller habe in keiner Weise dargetan, warum es ihm in den vorgenannten Verwaltungsstrafverfahren nicht möglich gewesen sei, den Umstand seines Wohnsitzes in Mexiko zu belegen. Weiters habe er in den vorausgegangenen Verwaltungsstrafverfahren in keiner Weise im Sinne des § 25 Abs. 2 VStG mitgewirkt. Er habe in diesen Verfahren behauptet, eine Zweigniederlassung der Firma seiner Tochter errichtet zu haben. Als ordentichen Wohnsitz habe er bis ca. November 1987 in Mexiko "Cald de Los, Binos n" angegeben. Zum Beweis dafür habe er die Einvernahme des Herrn L sowie von Frau M beantragt. Der Landeshauptmann sei der Ansicht, der Antragsteller hätte, falls er nur gewollt hätte, von den genannten Personen Erklärungen oder andere geeignete Unterlagen vorlegen können, um seinen behaupteten Wohnsitz in Mexiko zu belegen. Etwaige Hinderungsgründe seien weder im vorangegangenen Verwaltungsstrafverfahren noch im derzeit vorliegenden Antrag dargetan worden. Im übrigen seien die vorgelegten Urkunden auch nicht geeignet, in der Hauptsache zu einem anderen Ergebnis zu führen.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden.

Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsstrafverfahren vor und erstattete Gegenschriften mit dem Antrag, die Beschwerden kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und erwogen:

Gemäß dem zufolge § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 69 Abs. 1 lit. b AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnisse des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalte des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Tatsachen und Beweismittel stellen nur dann einen Grund für die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens dar, wenn sie bei Abschluß des seinerzeitigen Verfahrens schon vorhanden gewesen sind, ihre Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich geworden ist ("nova reperta"), nicht aber, wenn es sich um erst nach Abschluß des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel handelt ("nova causa superveniens") (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 4. Februar 1970, Slg. N.F. Nr. 7721/A).

Die vom Beschwerdeführer in seinem Wiederaufnahmeantrag vorgelegten Urkunden wurden nach seinem eigenen Vorbringen erst nach rechtskräftigem Abschluß der wiederaufzunehmenden Verwaltungsstrafverfahren errichtet. Sie sind daher schon aus diesem Grund nicht geeignet, seinen Wiederaufnahmeantrag zu begründen.

Abgesehen davon ergibt sich aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Akten des Verwaltungsstrafverfahrens, daß dem Beschwerdeführer die in dessen schriftlicher Erklärung angeführte Anschrift des L schon während des Laufes der wiederaufzunehmenden Verwaltungsstrafverfahren bekannt war; seine Vernehmung scheiterte lediglich daran, daß die mexikanischen Behörden, welche im Wege der österreichischen Botschaft in Mexiko um Vernehmung dieses Zeugen ersucht wurden, die Vorlage eines Fotos des Beschwerdeführers verlangten.

Es trifft daher nicht zu, daß der Beschwerdeführer, wie er in seinem Wiederaufnahmeantrag vorbringt, diesen Zeugen erst jetzt ausfindig machen konnte. Daß er Herrn W erst nach Abschluß der wiederaufzunehmenden Verwaltungsstrafverfahren ausfindig machen konnte, wird nicht einmal vom Beschwerdeführer behauptet.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher auch in der Ansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei keinesfalls ohne sein Verschulden gehindert gewesen, entsprechende Erklärungen der fraglichen Personen bereits in den wiederaufzunehmenden Verwaltungsstrafverfahren vorzulegen, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erkennen.

Aus den dargelegten Gründen erweist sich die Abweisung der Wiederaufnahmeanträge des Beschwerdeführers als frei von Rechtsirrtum, weshalb die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen waren.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte