VfGH G450/2015 ua

VfGHG450/2015 ua2.7.2016

Abweisung der – zulässigen – Parteianträge von ÖBB-Bediensteten auf Aufhebung von Bestimmungen über die Neuberechnung der Vorrückungsstichtage bzw Anrechnung von vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Vordienstzeiten und damit in Zusammenhang stehenden Inkrafttretensbestimmungen; kein Verstoß der an die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union zur Beseitigung einer Altersdiskriminierung angepassten Neuregelungen gegen den Gleichheitsgrundsatz und das Eigentumsrecht; keine Verletzung des Vertrauensschutzes; Eigentumsbeschränkung nicht unverhältnismäßig

Normen

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
BundesbahnG 1992 §53a, §56 Abs18 bis Abs24
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
StGG Art2, Art5
EMRK 1. ZP Art1
EU-Grundrechte-Charta Art21
Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf Art2, Art6 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2016:G450.2015

 

Spruch:

Die Anträge werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anträge

Beim Verfassungsgerichtshof sind 116 auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG gestützte, im Wesentlichen gleichlautende, Parteianträge auf Normenkontrolle anhängig, in denen begehrt wird, "§53a Bundesbahngesetz und §56 Abs18 bis 24 Bundesbahngesetz je idF BGBl I Nr 64/2015 zur Gänze" als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

1. Die angefochtenen Bestimmungen des Bundesbahngesetzes, BGBl 825/1992 idF BGBl I 64/2015, lauten:

"§53a. (1) Der Vorrückungsstichtag ist jener Stichtag, an dem die Vorrückungsfrist für die Erlangung einer höheren Gehaltsstufe erstmals zu laufen beginnt.

 

(2) Für die Berechnung des Vorrückungsstichtages sind ausschließlich die zurückgelegten Zeiten in einem Dienstverhältnis und einem Ausbildungsverhältnis als Lehrling zu

a) den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), einem ihrer Rechtsvorgänger oder ab Rechtswirksamkeit der angeordneten Spaltungs- und Umwandlungsvorgänge bei der ÖBB-Holding AG, den im 3. Teil dieses Bundesgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 138/2003 angeführten Gesellschaften, deren Rechtsnachfolgern und Unternehmen, die durch Maßnahmen der Umgründung im Rahmen des bestehenden Gesellschaftsrechts aus einer der Gesellschaften hervorgegangen sind, sowie den Unternehmen, auf die die Dienstverhältnisse der am 31. Dezember 2003 bei den Österreichischen Bundesbahnen beschäftigten Bediensteten infolge eines (auch mehrmaligen) Betriebsüberganges oder vertraglich übergegangen sind, sowie

b) Eisenbahninfrastrukturunternehmen und/oder Eisenbahnverkehrsunternehmen eines Mitgliedstaates des Europäischen Wirtschaftsraums, der Türkischen Republik oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft anzurechnen, insoweit sich eine solche Verpflichtung aus den jeweiligen Assoziierungs- und Freizügigkeitsabkommen ergibt.

 

(3) Die Vorrückung findet mit dem auf die Vollendung der Vorrückungsfrist nächstfolgenden 1. Jänner statt.

 

(4) Anzurechnende Vordienstzeiten gemäß Abs2 litb sind binnen vier Monaten nach Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 64/2015 dem Arbeitgeber entsprechend mitzuteilen und nachzuweisen. Erfolgt keine, keine fristgerechte oder eine nicht korrekte oder unvollständige Mitteilung oder wird kein, kein fristgerechter oder ein nicht korrekter oder unvollständiger Nachweis erbracht, erfolgt die Berechnung des Vorrückungsstichtages auf Basis der Dienstzeiten gemäß Abs2 lita. Sollte der Bedienstete eine fristgerechte Mitteilung oder einen fristgerechten Nachweis versäumt haben, ohne dass ihn ein Verschulden hieran trifft, so kann er die Mitteilung und den Nachweis binnen drei Monaten nach Wegfall des Verhinderungsgrundes nachholen.

 

(5) Nach ordnungsgemäßer Mitteilung und Nachweis, spätestens nach Ablauf der Frist gemäß Abs4, erfolgt die Einstufung auf Basis des gemäß Abs2 ermittelten Vorrückungsstichtages in die Gehaltstufen der Gehaltstabellen Anlage 2 und 2a der Allgemeinen Vertragsbedingungen für Dienstverträge bei den Österreichischen Bundesbahnen (AVB).

 

(6) Die Einstufung gemäß Abs5 führt zu keiner Reduktion der vor Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 64/2015 bezogenen Gehälter. Sofern die Einstufung gemäß Abs5 zu einer Verschlechterung im Vergleich zum im letzten Monat vor Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 64/2015 bezogenen Gehalts führt, bleibt dieses zuletzt bezogene Gehalt gewahrt, bis das sich aus der Einstufung gemäß Abs5 ergebende Gehalt das gewahrte Gehalt entsprechend der Anlagen 2 und 2a der Allgemeinen Vertragsbedingungen für Dienstverträge bei den Österreichischen Bundesbahnen (AVB) erreicht.

 

(7) In den Allgemeinen Vertragsbedingungen für Dienstverträge bei den Österreichischen Bundesbahnen (AVB) ist binnen sechs Monaten nach Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 64/2015 in der Anlage 2 vor der jeweils letzten Gehaltsstufe eine weitere Gehaltsstufe vorzusehen.

 

(8) Die Rechte und Pflichten aus den voranstehenden Bestimmungen können durch Vertrag nicht abgeändert werden."

 

 

"Inkrafttreten

§56.(1) […]

[…]

 

(18) §53a in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl I Nr 64/2015 gilt für jene Bediensteten, die bis zum 31. Dezember 2004 bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), einem ihrer Rechtsvorgänger oder ab Rechtswirksamkeit der angeordneten Spaltungs- und Umwandlungsvorgänge bei der ÖBB-Holding AG, den im 3. Teil dieses Bundesgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 138/2003 angeführten Gesellschaften, deren Rechtsnachfolgern und Unternehmen, die durch Maßnahmen der Umgründung im Rahmen des bestehenden Gesellschaftsrechts aus einer der Gesellschaften hervorgegangen sind, sowie den Unternehmen, auf die die Dienstverhältnisse der am 31. Dezember 2003 bei den Österreichischen Bundesbahnen beschäftigten Bediensteten infolge eines (auch mehrmaligen) Betriebsüberganges oder vertraglich übergegangen sind, eingetreten sind.

 

(19) §53a Abs1 bis 3 und 8 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl I Nr 64/2015, tritt für Bedienstete, deren Vorrückungsstichtag auf Grundlage von §3 Bundesbahn-Besoldungsordnung 1963 (BO 1963) berechnet wurde, mit dem 1. April 1963 in Kraft.

 

(20) §53a Abs1 bis 3 und 8 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl I Nr 64/2015, tritt für Bedienstete, deren Vorrückungsstichtag auf Grundlage von §13 Bundesbahn-Dienst- und Lohnordnung 1954 (DILO 1954) berechnet wurde, mit dem 1. Jänner 1954 in Kraft.

 

(21) §53a Abs1 bis 3 und 8 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl I Nr 64/2015, tritt für Bedienstete, deren Vorrückungsstichtag auf Grundlage von §4 Gastarbeiterordnung (GaO) berechnet wurde, mit dem 20. Juli 1966 in Kraft.

 

(22) §53a Abs1 bis 3 und 8 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl I Nr 64/2015, tritt für Bedienstete, deren Vorrückungsstichtag auf Grundlage von §14 Teilbeschäftigtenordnung 1977 (TbO 1977) berechnet wurde, mit dem 1. Jänner 1977 in Kraft.

 

(23) §53a Abs1 bis 3 und 8 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl I Nr 64/2015, tritt für Bedienstete, deren Vorrückungsstichtag auf Grundlage von §35 der Allgemeinen Vertragsbedingungen für Dienstverträge bei den Österreichischen Bundesbahnen (AVB) berechnet wurde, mit dem 1. Jänner 1996 in Kraft.

 

(24) §53a Abs4 bis 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 64/2015 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

 

[...]"

 

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Sämtliche 116 Antragsteller sind Dienstnehmer der ÖBB-Personenverkehr AG und haben beim Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht Klagen auf Grund von Engeltdifferenzen für bestimmte Zeiträume aus ihrem jeweiligen Dienstverhältnis eingebracht. Dazu wird in den im Wesentlichen gleichlautenden Anträgen auszugsweise vorgebracht:

" […] Dieses Dienstverhältnis unterfällt dem – zuletzt im Weg über die AVB – vereinbarten Geltungsbereich des in §56 Abs19 BBG idF BGBI. I Nr 64/2015 bezeichneten §3 der Bundesbahn-Besoldungsordnung 1963 (BO 1963).

 

Vor Eingehung dieses Dienstverhältnisses hatte der ASt gem §3 BO grundsätzlich anrechenbare, jedoch schon vor Vollendung seines 18. Lebensjahres zurückgelegte und daher unter Berufung auf die entsprechende Ausschlussklausel konkret nicht angerechnete Vordienstzeiten absolviert.

 

Exklusive der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Vordienstzeiten war seitens der ÖBB-Personenverkehr AG der Vorrückungsstichtag richtig errechnet und angewendet worden.

 

Unter Neuberechnung des Vorrückungsstichtages nach Maßgabe der vor lnkrafttreten von §53a BBG idF BGBI. I. Nr 64/215 idgF geltenden Rechtslage (siehe inhaltlich dazu Rechtssache Starjakob) wird der Vorrückungsstichtag derart vorverlegt, dass sich für die im Gerichtsverfahren bezeichneten Zeiträume die klagsgegenständlichen Entgeltdifferenzen errechnen.

 

Gegenstand der Klage bildet ausschließlich diese sich durch Anrechnung von vor Vollendung des 18. Lebensjahres absolvierten Vordienstzeiten zeitkongruent ergebenden Entgeltdifferenzen.

 

Die Höhe der auf dieser Basis errechneten Klagsbeträge wurde durch die ÖBB Personenverkehr AG nicht substantiiert bestritten. Auch hat die ÖBB‑Personenverkehr AG keine Alternativberechnung auf Basis des vom Ast reklamierten Vorrückungsstichtages vorgelegt.

 

Die ÖBB-Personenverkehr AG bestreitet das Klagebegehren vielmehr mit der Begründung, dass aufgrund der geltenden Rechtslage kein Anspruch auf Bezahlung der klagsgegenständlichen Beträge zustehe bzw. zugestanden habe.

 

lm Hinblick auf die mit Ausnahme konkreter Daten des jeweiligen Dienstverhältnisses völlig identen Sachverhaltslage mit dem Verfahren Starjakob wurde das Gerichtsverfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung der als Musterprozess geführten Rechtssache 42 Cga 87/12h, LG lnnsbruck (im Weiteren bezeichnet als Rechtssache Starjakob) unterbrochen.

 

Entsprechend dem dort im Rahmen des zu C-417I13 geführten Vorabentscheidungsverfahrens erlassenen Urteil des EuGH hat der Oberste Gerichtshof die Sache Starjakob mittels klagsstattgebenden Urteiles zu 8 ObA 11/15y rechtskräftig im Sinn in der Hauptsache vollständiger Klagsstattgabe entschieden. ln seiner Entscheidungsbegründung ging der Oberste Gerichtshof davon aus, dass §53a Abs4 Satz 2 BBG idF BGBI. I Nr 129/2011 europarechtskonform dahin zu verstehen ist, dass unter dem 'bisher für sie geltenden Vorrückungsstichtag' der unter Anrechnung auch der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Vordienstzeiten diskriminierungsfrei errechnete Vorrückungsstichtag zu verstehen und zugrunde zu legen war.

 

Anlassbezogen anzufügen ist, dass schon §53a BBG idF BGBI. I Nr 129/2011 nur aus Anlass des im Verfahren 43 Cga 112/12i, LG lnnsbruck ergangenen Urteiles des OLG lnnsbruck vom 21.09.2011, 13 Ra 21/11 b, in das Gesetz eingefügt worden war. Mit genanntem Urteil war über die seitens des Betriebsrates Bordservice/Zugbegleitdienst Tirol/Vorarlberg gegen die ÖBB-Personenverkehrs AG eingebrachte besondere Feststellungsklage gem §54 Abs1 ASGG, gerichtet auf Feststellung der Anrechnungspflicht auch vor Vollendung des 18. Lebensjahres absolvierter Vordienstzeiten, klagsstattgebend entschieden worden. Einziger Zweck des Gesetzes war die Abwendung der Durchsetzbarkeit dieses Verfahrensergebnisses gewesen, hatte das OLG lnnsbruck doch entschieden, dass der Vorrückungsstichtag europarechtskonform nur unter Berücksichtigung auch der vor Vollendung des 18. Lebensjahres absolvierten Vordienstzeiten zu errechnen war.

 

Nachdem der Betriebsrat Bordservice Tirol/Vorarlberg im Rahmen der Revisionsbeantwortung unter detaillierter Analyse gerade auch der Rechtslage nach BGBI. I Nr 129/2011 die in der Rechtssache Starjakob später höchstgerichtlich bestätigte europarechtskonforme Interpretation von §53a BBG idF BGBI. I. Nr 129/2011 begründet und eingefordert hatte, zog die ÖBB‑Personenverkehr AG die gegen vorbezeichnetes Urteil des OLG lnnsbruck erhobene außerordentliche Revision bezeichnenderweise zurück, weil sie wusste, dass der Revision auch auf Basis der Rechtslage ab BGBI. I Nr 129/2011 nicht stattzugeben gewesen wäre, die Belegschaft dies aber nicht in Erfahrung bringen sollte.

 

Nach Einbringung eines Feststellungsantrages gem §54 Abs4 ASGG zu GZ 9 ObA 77/12g war abzusehen, dass diesem Vorhaben kein dauernder Erfolg beschieden sein werde.

 

Durch die Sache Starjakob schlussendlich war der erste gesetzgeberische Versuch fiskalisch motivierter Klagsvermeidungen als endgültig gescheitert anzusehen.

 

Zur Vermeidung der Umsetzung des Ergebnisses Starjakob in allen beim Landesgericht lnnsbruck und in anderen Verfahren auch bei anderen Gerichten (ua beim LG Klagenfurt) bereits behängenden sowie noch einzuleitenden gleichgelagerten Verfahren, in denen Klagserfolge aufgrund des in der Rechtssache Starjakob ergangenen höchstgerichtlichen Erkenntnisses unausweichlich gewesen wären, hat der Bundesgesetzgeber nun §53a BBG idgF erlassen.

 

Zur im Gerichtsverfahren gegebenen Begründung des Ersturteiles:

 

Mittels im gegenständlichen Gerichtsverfahren ergangenen Urteiles hat das Landesgericht lnnsbruck nunmehr die Klage mit der sinngemäßen Begründung abgewiesen, dass §53a Abs2 und Abs iVm §56 Abs19 je idF BGBI I. Nr 64/2015 dahin zu lesen seien, dass der Vorrückungsstichtag rückbezogen auf den Beginn des Dienstverhältnisses nach §53a Abs3 BBG zu berechnen sei und die in Abs6 enthaltene Wahrungsklausel nicht solche Ansprüche erfasse, welche nach Altrechtslage unter Anrechnung auch von vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Vordienstzeiten europarechtskonform und diskriminierungsfrei zu errechnen gewesen wären, weil das Wort 'bezogen' in Abs6 insbesondere in Verbindung mit den Gesetzesmaterialien derart eindeutig sei, dass eine Interpretation, darunter alle vor lnkrafttreten der nunmehrigen Gesetzesfassung bestandenen Ansprüche zu verstehen, nicht möglich sei. Vielmehr beziehe sich das Wort 'bezogen' vollkommen eindeutig ausschließlich auf dienstgeberseits anerkannte und damit ohne Anrechnung von vor dem 18. Lebensjahr zurückgelegten Vordienstzeiten berechnete Ansprüche.

 

Das Erstgericht verneinte gleichzeitig sowohl wie auch die nunmehr geltende Gesetzeslage in obiger Lesart damit, dass durch rückwirkendes lnkrafttreten von §53a BBG idgF bestehende Gehaltsansprüche der Bediensteten ohnedies nicht zu deren Nachteil verändert worden seien, sondern lediglich eine Streckung der Vorrückungszeiträume vorgenommen worden sei. Das Erstgericht übersieht dabei aber, dass nach Urteil Starjakob die diskriminierten Dienstnehmer in europarechtskonformer Interpretation der Altrechtslage höhere als die ihnen dienstgeberseits zugestandenen Ansprüche gehabt hatten. Wenn nach Lesart des Erstgerichtes die in §53a Abs6 BBG idgF enthaltene Wahrungsklausel aber gerade nur vorher schon zugestandene Altansprüche wahren soll, verlieren die vormals diskriminierten Dienstnehmer just diese ihnen seinerzeit nicht zugestandenen Ansprüche, wohingegen bereits vorher nicht diskriminiert gewesenen Dienstnehmern ihre bisherigen Bezüge zumindest bis zur Einschleifung gewahrt bleiben. Insoweit argumentiert das Erstgericht in Widerspruch mit sich selbst, zumal es das Klagebegehren ja gerade deshalb abweist, weil unter den 'bezogenen' im Sinn von Abs6 vom Dienstgeber nicht zugestandene Ansprüche gerade nicht zu verstehen seien. Der Verweis auf die Wahrungsklausel verfängt daher genau dort nicht, wo Ansprüche durch den Dienstgeber bestritten worden waren. Unrichtig ist daher die aus der falschen Prämisse abgeleitete Behauptung, eine nachteilige Veränderung träte somit lediglich insofern ein, als sich die Vorrückung in die nächste Gehaltsstufe verzögere.

 

Mit den wenn in sich auch widersprüchlichen vorgehenden Ausführungen spricht das Erstgericht bezeichnender-, offenbar allerdings nicht bewussterweise genau das punctum saliens und damit die Zentralproblematik der Verfassungswidrigkeit an und liefert just durch seine zur Begründung der Verfassungskonformität gegebene, seiner eigenen Prämisse der gebotenen Lesart von Abs6 leg cit aber selbst widersprechenden Argumentation im Endeffekt bereits die implizite Bestätigung, jedenfalls aber ein gravierendes Argument zur Unterstützung des Standpunktes des Antragstellers, dass nämlich §53a BBG idgF entweder verfassungskonform dahin zu lesen sei, dass das Wort 'bezogen' in Abs6 als 'zustehend' bzw. 'zugestanden habend' verstanden werden muss, oder aber dass Verfassungswidrigkeit infolge unsachlicher Differenzierung zwischen anerkannten und nicht anerkannten Ansprüchen vorliegt.

 

Der Verweis auf die Wahrungsklausel muss also genau dort versagen, wo die Wahrungsklausel nicht wahrt, und damit also just im vormaligen Diskriminierungs- und sohin nicht Anrechnungsumfang, der exakt den Klagsbeträgen entspricht.

 

ln geradezu augenfälliger Plakativität liefert das Erstgericht damit einen deutlichen Verweis auf das verfassungsrechtliche Zentralproblem, wenn es einerseits die Klagsansprüche abweist, andererseits die reklamierte Verfassungskonformität von §53a BBG idgF damit argumentiert, dass die Wahrungsklausel ja ohnedies dafür sorge, dass mit Ausnahme der verlangsamten Vorrückung in die nächste Gehaltsstufe keine Nachteile entstehen.

 

Zur Präjudizialität der angefochtenen Bestimmungen:

 

Dem Verständnis der Norm kommt damit im Hinblick auf die klagsgegenständlichen Ansprüche präjudizielle rechtliche Bedeutung iSv §62a Abs2 VerfGG zu, weil die Lesart von §53a iVm §56 Abs19 BBG idgF und gegebenenfalls dessen Aufhebung daher (einzig) entscheidend für den Ausgang des Gerichtsverfahrens ist:

 

Ist 'bezogen' zu lesen, wie es das Erstgericht versteht, ist die Klage, die nur bis zu BGBI I 2015/64 fällig gewordene und daher nur gem §53a Abs6 idgF beständige Ansprüche umfasst, abzuweisen.

 

Zwar hatte der ASt schon im erstinstanzlichen Verfahren und hat nunmehr auch im Berufungsschriftsatz darauf hingewiesen, dass jede Bestimmung insolange möglich grundsätzlich verfassungskonform zu lesen sei und er daher in erster Linie davon ausgehe, dass die anzuwendenden Bestimmungen verfassungskonform daher jedenfalls so zu verstehen sind, dass §53a Abs6 BBG idgF alle Ansprüche wahrt, welche nach alter Rechtslage zugestanden hatten, ungeachtet, ob dienstgeberseits anerkannt oder nicht. Verfassungswidrigkeit könnte nur (und müsste nach Meinung des ASt jedenfalls) gegeben sein, insoweit die bezeichneten Bestimmungen so nicht lesbar sind.

 

Dies ändert allerdings nichts an der vom Gesetz geforderten Präjudizialität:

 

Sollte das verfassungsgerichtliche Verständnis der vorbezeichneten einfachgesetzlichen Bestimmungen dahin gehen, dass dem Klagebegehren ohnedies schon auf einfachgesetzlicher Basis stattzugeben ist, weil 'bezogenen' als 'gebührt habenden' zu lesen ist, werden sich die im Rechtsmittelzug berufenen ordentlichen Gerichte an die durch den Verfassungsgerichtshof vorgegebene Lesart zu halten haben. Diesfalls wird allenfalls zwar der Normenkontrollantrag nicht erfolgreich sein können, der Klage aber stattzugeben sein.

 

Sollte der Verfassungsgerichtshof die einfachgesetzliche Rechtslage in Übereinstimmung mit dem Erstgericht verstehen, wird eine Verneinung der Verfassungswidrigkeit zur Klagsabweisung zu führen haben, eine Bejahung der Verfassungswidrigkeit zur Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens und im Aufhebungsfall zur Behandlung des klagsgegenständlichen Falles als Anlassfall und damit zur Klagsstattgabe gemäß Starjakob zu führen haben.

 

Zur inhaltlichen Begründung des Antrages:

 

[…]

 

Zur allenfalls möglich erscheinenden verfassungskonformen Lesart:

 

Unabhängig von jeder Interpretationsmethode sind einfache Gesetze wo und soweit immer möglich schon ganz grundsätzlich stets verfassungskonform zu verstehen, weil dem Gesetzgeber ebenso grundsätzlich nicht zu unterstellen ist, sich bewusst über verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen hinwegsetzen zu wollen (siehe dazu statt vieler Bydlinski in Rummel3 RZ21 zu §6 ABGB swN). Daran ändert selbst der naheliegende und ‑ wie hier sogar ausformulierte ‑ Hintergedanke fiskalischer Selbstbegünstigung des Staates bzw. im Staatsbesitz stehender Unternehmen nichts, wie sehr er auch zu verfassungswidriger Lesart verlocken mag. Denn nicht die Materialien, sondern der im Gesamtregelungskontext einschließlich der verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen (siehe dazu grundsätzlich insgesamt die Ausführungen von Bydlinski in Rummel3 zu §§6, 7 ABGB swN) und nicht isoliert zu betrachtende Gesetzestext entscheiden insoweit.

 

Auf Basis der unten aufgezeigten verfassungsrechtlichen Vor- und Rahmenbedingungen ist eine verfassungskonforme Interpretation von §53a Abs6 BBG im Einklang mit und am Boden der (Verfassungs-)Rechtsordnung nur dahin möglich, 'bezogen' als 'zustehend' zu verstehen, weil der Wortlaut aus noch aufzuzeigenden Gründen keineswegs ausschließlich und zwingend im Sinn von 'tatsächlich bezogen' verstanden werden muss und ein solches Verständnis aus den in diesem und im nächstfolgenden Abschnitt nachangeführten Gründen verfassungsrechtlich geboten erscheint.

 

'Bezogen' im Sinn von 'tatsächlich bezogen' zu verstehen, stünde aus den bereits bei Darlegung der verfassungsrechtlichen Lage genannten Gründen das argumentum ad absurdum entgegen[.]

 

[…]

 

Bleibt schließlich also nur mehr die Vereinbarkeit einer verfassungskonformen Lesart mit der Wortinterpretation zu belegen: Auch der Sprachgebrauch des Gesetzes ist teils unpräzise (siehe nur beispielshalber §56 Abs19 bis 23 BBG idF BGBI I 2015/64: mehrere Subjekte ['Abs1 bis 3 und 8']. Personalform des Prädikates dennoch in Einzahl ['tritt']). Dies gilt gerade immer wieder auch in Bezug auf Identifikation von Anspruch und Bezug. Den Begriff 'bezogen' als 'zustehend' verstehen zu können und auf vorangeführtem Hintergrund verstehen zu müssen, bedarf eigentlich nur eines Überblicks über die legistisch-praktisch gehandhabte einfachgesetzliche Terminologie.

 

Zum synonymen Iegistischen Gebrauch unter verwendungsabhängiger Bedeutung exemplarisch verwiesen wird

 

- zum Verständnis als 'zustehend' (und damit ungeachtet, ob tatsächlich bereits ausbezahlt oder nicht) etwa auf §§10 Abs6b, 18a, 45 Abs3, 71 Abs1, 73a Abs1, 2, 3, 5, 76 Abs1, 105 Abs1 u 3a, 123 Abs4, 123 Abs2, 162 Abs3, 213 Abs2, 215a Abs5, 227a Abs5 u 6, 238 Abs3, 242 Abs2, 252 Abs2, 459d Abs1, 459g Abs1, 472 Abs1 Z3 (zum Thema deshalb besonders ergiebig, als der Begriff dort mit Bezug auf Versorgungsgenuss der Österreichischen Bundesbahnen verwendet wird!), 563 Abs4, 667 ASVG,

 

- zum Gebrauch in gegenteiliger Bedeutung (iSv tatsächlich bezogen) in ein und demselben Gesetz dagegen etwa in §§107 Abs5, 296 Abs5 ASVG

 

- und zum Gebrauch mit interpretationsoffener Bedeutung (je nachdem ob entsprechend Unterhalts- und Einkommenssteuerrecht vom tatsächlichen Mittelzufluss ausgegangen wird) in §265 Abs4 u 5 ASVG.

 

Allgemein gilt nach obigem Befund: Wo es (insoweit vorerst nur bezogen auf das exemplarisch herangezogene ASVG) auf das Durchsetzenkönnen ankommt, wird 'bezogen' als 'zustehend' angewendet, wo es auf das Verfügenkönnen ankommt, als 'auch tatsächlich erhalten'.

 

Ein vergleichbarer Befund wie etwa zum ASVG ließe sich an anderen Sozialversicherungs- und Sozialgesetzen (Sozialversicherungsgesetze, AIVG, Beihilfengesetze, etc) aufzeigen.

 

Der Verweis auf die sozialrechtliche Natur (und damit öffentlichrechtlich durchsetzbares Zustehen) verfinge nicht, wie etwa §472 Abs1 Z3 ASVG besonders plakativ demonstriert. Zudem stellt der Staat ja nicht nur für öffentlichrechtliche, sondern auch für privatrechtliche Ansprüche Durchsetzungsinstrumentarien zur Verfügung.

 

Um aber auch arbeitsrechtlich einschlägige Gesetze zu benennen, darf zum Bedeutungsgehalt iSv 'zustehend' auf §§4, 13c Abs4, 15 Abs2a, 77 Abs8, 83a Abs2, 169d Abs6 GehG verwiesen werden (Dienstverhältnisse zur ÖBB werden gerade durch die Judikatur immer wieder den öffentlichrechtlichen angenähert!). Vergleichbares findet sich in einkommensbezogenem Kontext in §§26 Abs2, 37 Abs2 HeeresgebührenG und §14 Abs1 u 3 MSchG.

 

Nur exemplarisch wird dagegen zB im Studienförderungsgesetz 'bezogen' im Sinn tatsächlichen Zuflusses verwendet, wo es um das faktische Verfügenkönnen und nicht das Durchsetzenkönnen geht, etc.

 

Im Ergebnis bestätigt sich der oben gegebene Befund daher für den gesamten einfachgesetzlichen Bereich auch ganz allgemein: Wo es auf das Durchsetzenkönnen ankommt, wird 'bezogen' synonym für 'zustehend' angewendet, wo es auf das Verfügenkönnen ankommt, für 'auch tatsächlich erhalten'.

 

Durchsetzenkönnen aber besteht so lange, bis der Gesetzgeber das Durchsetzungsinstrumentarium, vor allem den Anspruch selbst, entzieht. Setzt man im gegenständlichen Kontext bei der Suche nach der für §53a Abs6 BBG geltenden Wortbedeutung von 'bezogen' den Bedeutungsgehalt 'tatsächlich zugeflossen' nicht bereits als Input und damit Postulat voraus (was die Suche zur eingeforderten Bestätigung verkommen ließe), zwingt der Wortlaut der Norm von §53a Abs6 BBG auf Basis obigen Befundes daher nicht nur keineswegs zu einer solchen Lesart, sondern lässt am Boden des Verfassungsrechts überhaupt gar keine Lesart als im Sinn von 'zustehend' zu.

 

Der ASt geht unter Berücksichtigung dieser Rahmenbedingungen also davon aus, dass §53a Abs6 BBG überhaupt nur dahin verstanden werden kann und darf, dass unter 'bezogen' 'zustehend' zu verstehen ist.

 

Zur Begründung allfälliger Verfassungswidrigkeit von §§53a und 56 Abs18 bis

24 BBG idF BGBI. I 2015/64:

 

Sollten die vorgenannten einfachgesetzlichen Bestimmungen nicht in vorgenannter Lesart zu verstehen sein, wird zu prüfen sein, ob die anderweitige Lesart mit den verfassungsrechtlichen Grundlagen übereinstimmt. Nach Rechtsmeinung des Antragstellers ist dies nicht der Fall aus nachstehenden Gründen:

 

Für sich allein besehen erscheint die in §53a Abs2 BBG vorgesehene Anrechnungsregelung gleichheitskonform zu sein, weil sie ‑ aber ebenso nur für sich allein betrachtet ‑ tatsächlich alle betroffenen Dienstnehmer gleich zu behandeln scheint.

 

Allerdings ist diese Bestimmung in eine zeitliche Abfolge von Normen eingebunden und damit in eine Verlaufsbetrachtung einzubeziehen. Gerade ihre Übergangsbestimmungen sind daher für die Frage der Verfassungskonformität ausschlaggebend.

 

Wenngleich den Gegenstand des Anlassverfahrens ausnahmslos solche Entgeltdifferenzansprüche bilden, die im Zeitpunkt der Kundmachung der Neuregelung bereits fällig gewesen waren (keine der eingeklagten Entgeltdifferenzen betrifft einen Zeitraum nach Juni 2015, infolge Fälligkeit zum Monatsanfang erfolgte die Kundmachung der Neuregelung daher erst nach dem letztmaßgeblichen Fälligkeitstag), wird einerseits die Neuregelung insgesamt angefochten und wird im Folgenden zur gesamten Neuregelung und nicht nur zu den die Vergangenheit regelnden Übergangsbestimmungen ausgeführt, weil durch die angeordnete Rückwirkung der Neuregelung dieselbe ja schon ganz grundsätzlich auch auf die Zeiträume anzuwenden ist, für welche die gemäß Altregelung (siehe Entscheidung Starjakob) definitiv zugestanden habenden klagsgegenständlichen Entgeltdifferenzen geltend gemacht werden.

 

I. Problemstellung

 

Bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im ÖBB-Dienst erfolgt ihre Einstufung in die entsprechenden Gehaltsklassen durch die Anrechnung sogenannter Vordienstzeiten und dem damit ermittelten Vorrückungsstichtag. Angerechnet wurden ursprünglich nur jene Zeiten, die nach der Vollendung des 18. Lebensjahres lagen. Die meisten Dienstrechtsordnungen des Bundes und der Länder beruhten auf einem ähnlichen System.

 

In der Rs Hütter […]‑ ‑ anzuwenden war in diesem Fall das VBG ‑ hat der EuGH solche Regelungen als unionsrechtswidrig qualifiziert: Werden nämlich Zeiten nur deswegen nicht als Vordienstzeiten angerechnet, weil sie vor dem 18. Geburtstag liegen, so liegt eine Ungleichbehandlung nach dem Alter vor, in dem die anzurechnende Berufserfahrung erworben wurde. Aus diesem Grund lag in diesem System ein Verstoß gegen die Gleichbehandlungsrichtlinie.

 

Als Folge dieses Urteils entstand erheblicher Anpassungsbedarf für die verschiedenen Dienstrechtsordnungen, so auch für jene der ÖBB-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dementsprechend reformierte der Bundesgesetzgeber mit BGBI I 2011I 120 das Bundesbahngesetz (BBG).

 

Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurde nunmehr ‑ aufgrund des neu eingefügten §53a BBG ‑ die Möglichkeit eingeräumt, den Vorrückungsstichtag neu ermitteln zu lassen. Dabei wurden auch Vordienstzeiten angerechnet, die vor Vollendung des 18. Lebensjahrs lagen. Zugleich wurde freilich der für die Vorrückung in den ersten drei Gehaltsstufen erforderliche Zeitraum um jeweils ein Jahr verlängert. Auf diese Weise führte eine Neueinstufung zwar formell zu einer Verbesserung, nicht aber materiell: Der zunächst eingeräumte Vorteil ‑ Anrechnung der Zeiten vor Vollendung des 18. Lebensjahres ‑ wurde durch die zeitliche Verlängerung der Gehaltsstufen wieder neutralisiert.

 

ln der Rs Starjakob […] qualifizierte der EuGH auch dieses System als unionrechtswidrig: Nach wie vor wurden nämlich 'die vom früheren System benachteiligten Bediensteten und die von diesem System begünstigten Bediensteten in Bezug auf ihre Einstufung in das Gehaltsschema und das entsprechende Gehalt weiterhin unterschiedlich behandelt' (Rz 29).

 

ln Reaktion darauf hat der Gesetzgeber mit BGBI. I 2015/64 das BBG ‑ konkret: §53a ‑ neuerlich reformiert.

 

[…]

 

B. Wirkung:

 

Die Frage, welche Zeiten für die Berechnung des Vorrückungsstichtagsherangezogen werden, war bislang in den AVB festgelegt. Nunmehr wird sie im BBG geregelt. In zeitlicher Hinsicht kommt es zu einer Erweiterung: Auch Zeiten, die vor Vollendung des 18. Lebensjahrs liegen, werden angerechnet. ln sachlicher Hinsicht kommt es dagegen zu einer Reduzierung, denn der Kreis der anrechenbaren Zeiten wird enger gezogen: Anrechenbar sind nur mehr branchenspezifische Dienst- und Ausbildungszeiten. Das sind Dienst- und Lehrzeiten, die bei der ÖBB verbracht wurden und solche, die bei Eisenbahninfrastrukturunternehmen und/oder Eisenbahnverkehrsunternehmen eines Ms des Europäischen Wirtschaftsraums, der Türkischen Republik oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft. insoweit sich eine solche Verpflichtung aus den jeweiligen Assoziierungsund Freizügigkeitsabkommen ergibt.

 

Während gem §53a aF BBG (BGBI I 2011/120) Mitarbeiter in das neue System optieren konnten, ist die Geltung des neuen Systems nun zwingend: Eine vertragliche Änderung ist ausgeschlossen (§53a Abs8 BBG).

 

Überdies gilt die Bestimmung rückwirkend für alle, die bis zum 31. Dezember 2004 bei den ÖBB eingetreten sind (§56 Abs18 BBG). Für jene Mitarbeiter, deren Vorrückungsstichtag auf Grundlage der Bundesbahn-Besoldungsordnung 1963 berechnet wurde, wird Rückwirkung mit 1. April 1963 angeordnet (§56 Abs19 BBG). Für jene Mitarbeiter, deren Vorrückungsstichtag nach den AVB berechnet wurde, treten die einschlägigen Bestimmungen mit 1. Jänner 1996 in Kraft(§56 Abs23 BBG). Vergleichbare Rückwirkungsbestimmungen sind auch für die anderen ehemaligen Dienstordnungen vorgesehen (§56 Abs20 bis 22 BBG).

 

Der Gesetzgeber hat indes nicht nur die anrechenbaren Vordienstzeiten geregelt, sondern auch die Vorrückungstermine geändert.

 

Bislang waren in §34 AVB zwei Vorrückungstermine vorgesehen: Endete die Vorrückungsfrist spätestens am 30. Juni, so fand die Vorrückung bereits am vorhergehenden 1. Jänner statt, in den übrigen Fällen fand die Vorrückung am nächstfolgenden 1. Jänner statt. Bereits §53a aF BBG sah für jene, die ins neue System optierten nur mehr einen Vorrückungstermin vor, nämlich den auf die Vollendung des Vorrückungszeitraums folgenden 1. Jänner (Abs2 Z2 leg cit). Nunmehr gilt dieser Vorrückungstermin zwingend für alle Mitarbeiter (§53a Abs3 BBG). Konsequenz ist, dass die Mitarbeiter nunmehr ‑ je nach Konstellation ‑ allenfalls ein Jahr später als bisher in die nächste Gehaltsstufe aufrücken.

 

Naturgemäß kann die Neuberechnung des Vorrückungsstichtages zu einer Veränderung dieses Stichtages und damit auch zu einer Änderung der bisherigen Gehaltsstufe führen. Kommt es dadurch zu einer Verschlechterung des zuletzt bezogenen Gehalts ‑ das ist jenes, das im letzten Monat vor Kundmachung von BGBI I 2015/64, also im Mai 2015 bezogen wurde ‑, so bleibt dieses Gehalt so lange gewahrt, bis der Mitarbeiter jene Dienstzeit erworben hat, die nach dem neuen Vorrückungsstichtag für die Vorrückung in eine höhere Gehaltsstufe erforderlich ist.

 

III. Verfassungsrechtliche Beurteilung

 

Im Rahmen einer verfassungsrechtlichen Beurteilung gilt es, die Novellierung des BBG unter zwei Aspekten näher zu untersuchen: Zum Ersten ist die Vereinbarkeit mit dem Grundrecht auf Eigentum, zum Zweiten jene mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz zu prüfen.

 

A. Grundrecht auf Eigentum (Art5StGG, Art1 1. ZP EMRK)

 

1. Schutzbereich

 

Nach st Rsp des VfGH umfasst der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz alle vermögenswerten Privatrechte (VfSlg 12.227/1989; VfGH 8.10.2014, G97/2013). Dazu zählt auch die Privatautonomie (VfSlg 12.227/1989; 17.071/2003; 18.829/2009; 19.873/2014): Sie ist ein tragendes Prinzip des Privatrechts, das es dem Einzelnen gestattet, seine Rechtsverhältnisse nach freiem Willen zu gestalten. Eine besondere Facette der Privatautonomie ist die Vertragsfreiheit, die das Recht zum Abschluss privatrechtlicher Verträge vermittelt.

 

Aus dieser grundrechtlichen Absicherung der Privatautonomie im Allgemeinen und der Vertragsfreiheit im Besonderen folgt, dass gesetzliche Eingriffe in privatrechtliche Verträge als Eingriff in das Eigentumsrecht beider Vertragsteile zu qualifizieren sind (VfSlg 14.075/1995; 14.500/1996; 17.071/2003).

 

Wendet man diese allgemeinen Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so ist durch die Novellierung des §53a BBG ein Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum zu konstatieren. Die Frage, welche Vordienstzeiten bei der Ermittlung des Vorrückungsstichtags zu berücksichtigen sind, ergab sich bislang aus den Allgemeinen Vertragsbedingungen für Dienstverträge bei den Österreichischen Bundesbahnen (AVB). Bei diesen AVB handelt es sich um Vertragsschablonen, die mit dem Abschluss des jeweiligen Einzeldienstvertrags Bestandteil des individuellen Arbeitsvertrags und damit für die Vertragsparteien bindend werden. Nunmehr wird durch Gesetz rückwirkend normiert, welche Zeiten anrechenbar sind. Diese Regelung ist zwingend: Sie wird für die Dienstnehmer unabhängig von ihrer Zustimmung wirksam und kann auch durch eine entsprechende Willenserklärung nicht ausgeschlossen werden (§53a Abs3 BBG). Auf diese Weise ändert die gesetzliche Regelung den Inhalt der individuellen Arbeitsverträge und greift somit in das Grundrecht auf Eigentum ein.

 

Entsprechendes gilt für die Regelung der Vorrückungstermine: Bislang waren in den AVB zwei Vorrückungstermine vorgesehen, nunmehr gibt es lediglich einen. Auch dies ist als Änderung der individuellen Vertragsinhalte zu qualifizieren.

 

Bei Eingriffen in das Grundrecht auf Eigentum unterscheidet der VfGH zwischen Enteignungen und sonstigen Eigentumseingriffen. Eine Enteignung liegt dann vor, wenn eine Sache durch Verwaltungsakt oder unmittelbar kraft Gesetzes dem Eigentümer zwangsweise entzogen und auf eine andere Person übertragen wird. Eigentumsbeschränkungen sind alle anderen Eingriffe in das Eigentum, die nicht als Enteignungen zu qualifizieren sind. Da der gegenständliche Eingriff in die privatrechtliehen Verträge die Kriterien einer Enteignung nicht erfüllt, ist im konkreten Fall von einer Eigentumsbeschränkung auszugehen.

 

2. Zulässigkeit des Eingriffs

 

Nach dem bislang Gesagten bewirkt sowohl die (rückwirkende) Regelung der anrechenbaren Vordienstzeiten als auch die (rückwirkende) Festlegung der Vorrückungstermine einen Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum. Damit ist im Weiteren die Zulässigkeit dieser Eingriffe zu untersuchen.

 

Nach st Rsp des VfGH sind Eigentumsbeschränkungen zulässig, wenn sie

-ein öffentliches Interesse verfolgen,

- verhältnismäßig sind und

-nicht den Wesensgehalt der Eigentumsgarantie berühren.

 

a. Öffentliches Interesse

 

Zunächst stellt sich die Frage, welches öffentliche Interesse mit dem Eingriff in bestehende privatrechtliche Verträge verfolgt wird. Nach den Materialien ist 'Ziel des neuen §53a BBG [...], das bisherige diskriminierende Entlohnungssystem zu beseitigen und durch ein von Anfang an diskriminierungsfreies Entlohnungssystem zu ersetzen'. Aus diesem Grund soll es auch 'rückwirkend auf alle Bediensteten angewendet' werden (RV 584 BlgNR 24. GP 2). Ein weiteres Motiv liegt in budgetären Überlegungen: Um das aus der EuGH-Rsp resultierende 'finanzielle [...] Bedrohungspotential' zu reduzieren, wurde eine 'de facto ergebnisneutrale Lösung' gesucht (RV 584 BlgNR 25. GP 1 ).

 

Die erste Zielsetzung ist zweifellos legitim: Dass es im öffentlichen Interesse liegt, ein diskriminierungsfreies System sicherzustellen, liegt auf der Hand.

 

Differenziertere Betrachtungen müssen bei der zweiten Zielsetzung angestellt werden. Die Reduzierung finanzieller Belastungen gilt grundsätzlich als legitimes öffentliches Interesse. Freilich hat der VfGH in seiner Rsp bislang ausschließlich auf staatsbudgetäre Erwägungen abgestellt. So war es etwa im Erk des VfGH zum ÖBB-Pensionsgesetz (VfSlg 17.071/2003) entscheidend, dass der finanzielle Aufwand der Pensionen vom Bund zu tragen gewesen wäre, weswegen die Zielsetzung der damals gegenständlichen Eigentumseingriffe ‑ übermäßige budgetäre Belastungen hintanzuhalten ‑ auch als öffentlich zu qualifizieren war.

 

Die Ausgangslage im gegenständlichen Fall stellt sich indes völlig anders dar: Die finanzielle Belastung, die der Eigentumseingriff vermeiden soll, betrifft nicht den Staatshaushalt, sondern ein Unternehmen. Dass derartige unternehmensspezifische Interessen als öffentliche Interessen qualifiziert werden können, ist zumindest zweifelhaft.

 

Wiewohl somit mit guten Gründen bereits die Qualifikation der finanziellen Zielsetzung als öffentliches Interesse verneint werden könnte, soll im Folgenden doch auch geprüft werden, wie die Norm zu beurteilen wäre, wenn man hier zu einer anderen Einschätzung käme und die budgetären Erwägungen als legitime öffentliche Interessen qualifizieren würde.

 

b. Verhältnismäßigkeit

 

Normiert der Gesetzgeber im öffentlichen Interesse gelegene Eigentumsbeschränkungen, so hat er im Weiteren den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Demnach muss der Eingriff zur Erreichung des legitimen Ziels auch tatsächlich geeignet sein. Außerdem muss der Eingriff erforderlich sein, dh er darf nicht weiter gehen als zur Zielerreichung notwendig. Schließlich muss die Eigentumsbeschränkung verhältnismäßig ieS sein: Im Rahmen einer Abwägung muss das mit der Regelung verfolgte öffentliche Interesse höher zu gewichten sein als das Interesse des Betroffenen an der Vermeidung eines Eigentumseingriffs (VfSlg 14.075/1995).

 

aa. Rückwirkende Änderung der anrechenbaren Zeiten (§53a Abs2 iVm §56 Abs18 bis 23 BBG):

Die Eignung des §53a Abs2 BBG zur Zielerreichung kann ohne weiteres bejaht werden. Die damit verfügten Eigentumsbeschränkungen führen zu einer diskriminierungsfreien Regelung und wenden ‑ so man dies überhaupt als legitimes öffentliches Interesse qualifiziert ‑ das oben bereits aufgezeigte finanzielle Bedrohungspotential ab.

 

Was die Erforderlichkeit des Eingriffs angeht, also die Frage, ob der Gesetzgeber auch das gelindeste Mittel zur Zielerreichung gewählt hat, ist zu differenzieren:

 

Zunächst ist auf einer grundsätzlichen Ebene zu fragen, ob es zur Zielerreichung überhaupt erforderlich ist, in privatrechtliche Verträge einzugreifen. Dies ist zu bejahen: Folgt die Diskriminierung nämlich (auch) aus Einzelverträgen iVm den AVB, so lässt sich dieser Problematik durch eine gesetzliche Regelung begegnen. Nun ließe sich an dieser Stelle argumentieren, dass der Gesetzgeber in diesem Fall ‑ iS eines schonenden Eingriffs ‑ nicht verschlechternd in die Dienstverträge eingreifen durfte. Tatsächlich ließe sich das bisherige System diskriminierungsfrei gestalten, indem alle schon bisher anrechenbaren Vordienstzeiten auch dann berücksichtigt werden, wenn sie vor dem 18. Geburtstag liegen. Die Beurteilung dieser Regelungsalternative hängt freilich maßgeblich davon ab, ob die angeführten budgetären Erwägungen als legitime öffentliche Interessen qualifiziert werden.

 

Bei Bejahung eines öffentlichen Interesses: Die aufgezeigte Regelungsalternative würde zweifellos einen gelinderen Eingriff in die Privatautonomie bewirken, sie wäre freilich mit gerade jenen erheblichen finanziellen Belastungen verbunden, die der Gesetzgeber vermeiden wollte (und durfte). Somit wäre diese Regelungsvariante zur Erreichung des Ziels gar nicht geeignet. Ist es aber aus ‑ berücksichtigungswürdigen – budgetären Erwägungen nicht möglich, das bisherige System diskriminierungsfrei anzuwenden, so bleibt dem Gesetzgeber nur mehr die Möglichkeit, ein neues diskriminierungsfreies System in Geltung zu setzen, in dem die Vordienstzeiten anders berechnet werden. Damit ist zwangsläufig ein Eingriff in privatrechtliche Einzelverträge verbunden.

 

Bei Verneinung eines öffentlichen Interesses:Die aufgezeigte Regelungsalternative würde einen gelinderen Eingriff in die Privatautonomie bewirken und wäre zur Zielsetzung ‑ ein diskriminierungsfreies System sicherzustellen ‑ gleichermaßen geeignet. Damit stellt sich die vom Gesetzgeber gewählte Regelungsvariante nicht als zur Zielerreichung erforderlich dar.

 

Freilich: Selbst wenn man zum Ergebnis kommt, dass die vom Gesetzgeber gewählte Variante erforderlich iSe gelindesten Mittels ist, so erweist sich doch die konkrete Ausgestaltung diese Systems, das wie gezeigt grundrechtliche Positionen beschränkt, nicht als verhältnismäßig.

 

Der abrupte und letztlich übergangslose Eingriff in bestehende Vertragsinhalte ist nicht das zur Zielerreichung schonendste Mittel. Die Sicherstellung eines diskriminierungsfreien Entlohnungssystems verlangt nicht zwingend die abrupte rückwirkendeNeuberechnung der Vordienstzeiten. Übergangsregelungen ‑ etwa in Form einer phasenweisen Überleitung ins neue System ‑ wären gleichermaßen zur Zielerreichung geeignet, sie wären aber mit einem gelinderen Eingriff in die Inhalte der individuellen Arbeitsverträge verbunden. Nun ist zwar einzuräumen, dass es in §53a Abs6 BBG eine Übergangsbestimmung gibt, sie erweist sich freilich bei näherer Betrachtung nicht als geeignet, um die Wirkungen der abrupten rückwirkenden Neuberechnung aufzufangen. Das Gehalt wird nämlich abrupt eingefroren, ohne Rücksicht darauf, ob die Betroffenen etwa kurz vor der nächsten Vorrückung gestanden wären, kurz vor der Pension stehen oder durch das neue System gravierend schlechter gestellt werden.

 

Allenfalls ließe sich dem entgegenhalten, dass – wie aus den Mat hervorgeht – 'ein von Anfang an diskriminierungsfreies Entlohnungssystem' angestrebt wurde. Aber selbst wenn man unter diese Prämisse die Erforderlichkeit dieser Regelung zur Zielerreichung bejahen wollte, so müsste jedenfalls die Verhältnismäßigkeit ieS verneint werden. Das Interesse an einer 'von Anfang an' diskriminierungsfreien Regelung ist nicht dazu geeignet, die Interessen der Arbeitnehmer an einem möglichst gelinden Eingriff in ihre Verträge zu überwiegen. Bei dieser Abwägung fällt nämlich besonders ins Gewicht, dass es in verfassungsrechtlicher Hinsicht gar nicht geboten ist, diskriminierende Regelungen stets rückwirkend zu beseitigen, ja es uU sogar geboten sein kann, rückwirkende Normen gerade nicht ohne Übergangsregelungen in Geltung zu setzen (ausführlich dazu unter B. zum verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz).

 

Entsprechende Überlegungen können angestellt werden, wenn es um das Ziel geht, finanzielle Belastungen hintanzuhalten (so man dies als legitimes öffentliches Interesse qualifiziert). Auch in Bezug darauf erweist sich der Eingriff in die Privatautonomie als unverhältnismäßig. Zwar ist es in der Tat – wie dargelegt – geboten, die anrechenbaren Zeiten zu ändern, auch im Hinblick auf budgetäre Erwägungen ist aber keine abrupte und übergangslose Rückwirkung geboten, wie sie aber durch das plötzliche Einfrieren des letzten Gehalts bewirkt wird. Mit entsprechenden Übergangsregelungen könnte ein Ausgleich hergestellt werden zwischen den öffentlichen Interessen und den Interessen der betroffenen Mitarbeiter.

 

bb. Rückwirkende Reduzierung der Vorrückungstermine (§53a Abs3 iVm Abs18 bis 23):

 

Wie dargelegt ändert der Gesetzgeber nicht nur die anrechenbaren Zeiten, auch die Vorrückungstermine werden neu geregelt. Bislang waren in den AVB zwei Vorrückungstermine vorgesehen: Endete die Vorrückungsfrist spätestens am 30. Juni, so fand die Vorrückung bereits am vorhergehenden 1. Jänner statt, in allen übrigen Fällen erfolgte die Vorrückung am nächstfolgenden 1. Jänner.

 

Nunmehr gibt es nur noch einen Termin: Vorgerückt wird ausschließlich mit dem auf das Ende der Frist folgenden 1. Jänner. Wie bereits durch die Regelung der anrechenbaren Zeiten, so verändert der Gesetzgeber auch mit der Neuordnung der Vorrückungstermine den Inhalt eines privatrechtliehen Vertrags und greift somit in die Privatautonomie ein. Hinsichtlich des Ziels der Regelung, ein diskriminierungsfreies System zu schaffen, ist freilich bereits die Eignung der Regelung zur Zielerreichung in Frage zu stellen. Die Diskriminierung lag ja nicht in der Zahl der Vorrückungstermine begründet, sondern in der Anrechnung altersabhängiger Erfahrungszeiten. Anders gewendet: Das Diskriminierungsverbot verbietet es nicht, zwei Vorrückungstermine vorzusehen, zumal nunmehr der Vorrückungsstichtag ohnehin nach altersunabhängigen Erfahrungszeiten ermittelt wird. Mehr noch: Zwei Vorrückungstermine vorzusehen scheint sogar besonders sachgerecht, weil sie jene Differenzierungen ausgleicht und minimiert, die daraus resultieren, dass die Vollendung der Vorrückungsfristen über ein ganzes Jahr verstreut liegen können.

 

Nun ließe sich freilich ‑ wiederum unter der Prämisse, dass die budgetären Erwägungen als legitim qualifiziert werden ‑ argumentieren, dass auch die Reduzierung der Vorrückungstermine budgetäre Zielsetzungen verfolgt: Zweifellos reduziert sich dadurch die finanzielle Belastung insoweit, als jene Mitarbeiter, deren Vorrückungsstichtag in der ersten Jahreshälfte liegt, ein Jahr später in die nächste Gehaltsstufe vorrücken, als dies bisher der Fall war.

 

Zu berücksichtigen ist freilich, dass bei einer derartigen Argumentation zwei Zielsetzungen miteinander vermengt werden: Das finanzielle Bedrohungspotenzial, das durch das BBG abgewendet werden soll, resultierte aus der drohenden diskriminierungsfreien Anwendung des bisherigen Systems, die eingetreten wäre, wenn der Gesetzgeber die Frage nicht neu geregelt hätte. ln diesem Fall wären nämlich alle bislang anrechenbaren Zeiten auch dann anzurechnen gewesen, wenn sie vor dem 18. Lebensjahr liegen. Dieses 'Bedrohungspotential' hat der Gesetzgeber nunmehr abgewendet, indem er den Kreis der anrechenbaren Zeiten verkleinert hat.

 

Wollte man nun argumentieren, dass in der Reduzierung der Vorrückungstermine ein weiteres Einsparungspotenzial liegt, so ist dies zwar zutreffend, es wird damit aber ein allgemeines Sparziel verfolgt, dessen Bedürfnis sich gerade nicht aus der dargelegten Problematik ergibt. Zwar bleibt es dem Gesetzgeber grundsätzlich unbenommen, neue Regelungen in Geltung zu setzen, mit dem Ziel, finanzielle Belastungen zu reduzieren. Einmal mehr ist freilich zu berücksichtigen, dass die gesetzliche Regelung im konkreten Fall mit einem Eingriff in privatrechtliche Verträge einhergeht und darum die entsprechenden grundrechtliehen Schranken zu beachten sind.

 

Stellt man nun das allgemeine Sparziel auf der einen Seite den Interessen der Betroffenen an der Vermeidung des Eigentumseingriffs gegenüber, so muss die Abwägung zulasten der öffentlichen Interessen ausgehen. Andernfalls könnten allgemeine finanzielle Überlegungen ‑ solche lassen sich in fast allen Konstellationen ins Treffen führen ‑ stets entsprechende Eingriffe rechtfertigen.

 

Aber selbst wenn man in dieser Abwägung die Gewichtung anders vornehmen wollte, so müsste sich jedenfalls die rückwirkende Anordnung als unzulässig erweisen: Auch hier könnte nämlich mit einer Übergangsregelung, die über das bloße Einfrieren des bisherigen Gehalts hinausgeht, ein gelinderer grundrechtlicher Eingriff bewirkt werden.

 

c. Wesensgehalt:

 

Der Wesensgehalt des Grundrechts auf Eigentum ist durch die gegenständlichen

Bestimmungen nicht verletzt.

 

B. Gleichheitssatz (Art7 B‑VG, Art2 StGG)

 

Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz hat mehrere Bedeutungsschichten. Kurz gefasst gebietet er dem Gesetzgeber, an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen, er verbietet es, sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierungen vorzunehmen und unterwirft gesetzliche Regelungen einem allgemeinen Sachlichkeitsgebot. Außerdem leitet der VfGH aus dem Gleichheitssatz in st Rsp den sogenannten Vertrauensschutz ab.

 

Dieser Vertrauensschutz knüpft an der Schnittstelle gegenläufiger Interessenspositionen an. Zwar steht es nämlich nach st Rsp des VfGH dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, die Rechtslage jederzeit und auch zum Nachteil der Rechtsunterworfenen zu ändern, dennoch gilt es zu berücksichtigen, dass 'dem Recht auch die Funktion zukommt, Rechtssicherheit zu gewährleisten' (VfSlg 15.577/1999). Der VfGH entnimmt dem Vertrauensschutz nun jene Grenzen, die der Gesetzgeber bei einer Änderung der Rechtslage zu berücksichtigen hat.

 

Der dadurch vermittelte Schutz kann im Wesentlichen in drei Konstellationen zum Tragen kommen: Geschützt sind – unter bestimmten Voraussetzungen – rechtliche Anwartschaften (sogenannte 'wohlerworbene Rechte') sowie das Vertrauen auf faktische Dispositionen. Außerdem kann der Vertrauensschutz vor rückwirkend belastenden Rechtsvorschriften bewahren. Bloße Erwartungshaltungen erfasst der Vertrauensschutz hingegen nicht mehr.

 

Im konkreten Fall ist nun zu untersuchen, ob der Schutz vor rückwirkend belastenden Rechtsvorschriften greifen könnte.

 

ln der Tat handelt es sich im vorliegenden Fall um eine rückwirkende Rechtsvorschrift: Ihr Geltungsbereich erstreckt sich auf Sachverhalte, die vor der Erlassung des Gesetzes liegen (VfSlg 13.461/1993). Außerdem wirkt die Norm ‑ für einen Großteil der Mitarbeiter ‑ belastend: Es werden nämlich rückwirkend die Kriterien für die Gehaltseinstufung geändert. Zwar bleibt bei jenen Mitarbeitern, die sich dadurch verschlechtern, das bisher bezogene Gehalt unverändert ‑ auf dieser Ebene findet also formal betrachtet keine Verschlechterung statt ‑, die Neueinstufung bewirkt aber in diesen Fällen ein vorläufiges Stagnieren: Ein Vorrücken in eine höhere Gehaltsstufe findet erst später statt.

 

Des weiteren gibt es nur mehr einen Vorrückungstermin. Auch dies bewirkt für einen Teil der Mitarbeiter eine Verschlechterung: Jene Mitarbeiter, deren Vorrückungsstichtag in der ersten Jahreshälfte liegt, rücken ein Jahr später in die nächste Gehaltsstufe vor als bisher.

 

Insgesamt hat diese Regelung nicht nur aktuelle, sondern auch langfristige Auswirkungen: Es sind erhebliche Verluste bei der Lebensgehaltssumme hinzunehmen, die auch eine zusätzliche Gehaltsstufe nicht auszugleichen vermag.

 

Ist damit außer Frage gestellt, dass eine rückwirkend belastende Rechtsvorschrift vorliegt, so ist weiter zu fragen, ob sie sich im Rahmen der durch den Gleichheitssatz gezogenen Grenzen hält.

 

Nach st Rsp des VfGH ist eine rückwirkende und nachteilige Änderung einer gesetzlichen Bestimmung verfassungswidrig, wenn 'die Normunterworfenen durch einen Eingriff von erheblichem Gewicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht wurden und nicht etwa besondere Umstände eine solche Rückwirkung verlangen' (st Rsp seit VfSlg 12.186/1989).

 

Ein berechtigtes Vertrauen der Mitarbeiter in die Rechtslage ‑ genauer: in die Geltung ihrer Verträge – ist zu bejahen. Zwar ist einzuräumen, dass auch Dienstverträge nicht jeglicher Abänderung entzogen sind, beinhalten sie doch typischerweise einen Änderungsvorbehalt der bei einer Änderung der A VB zum Tragen kommt. Freilich dürfen AVB ihrerseits nur innerhalb bestimmter Grenzen und unter Einbindung der Belegschaftsvertretung geändert werden. Im Übrigen durften die Mitarbeiter jedenfalls darauf vertrauen. dass ihre Verträge nicht rückwirkend geändert werden.

 

Dass der Eingriff erheblich ist, wurde oben ‑ va im Zusammenhang mit der Schmälerung der Lebensverdienstsumme ‑ bereits dargelegt.

 

Schließlich ist zu überlegen, ob besondere Umstände eine Rückwirkung verlangen. Bei dieser Abwägung gilt es auch zu berücksichtigen, wie schwerwiegend und plötzlich der Eingriff in die Rechtsposition des Betroffenen ist (s zB VfSlg 15.936/2000).

 

Ohne Zweifel erfolgt der Eingriff in die Rechtspositionen der Mitarbeiter plötzlich, wird die gesetzliche Regelung doch abrupt eingeführt. Zwar ist an dieser Stelle einzuräumen, dass es formal betrachtet ein Übergangssystem gibt: Jene Mitarbeiter, die sich durch das neue System verschlechtern, bleiben in ihrer derzeitigen Gehaltsstufe so lange stehen, bis sie das ‑ nach dem neuen System ‑ erforderliche Dienstalter zur Vorrückung erreicht haben. Materiell betrachtet ist diese Regelung für sich genommen aber nicht geeignet, die Folgen der plötzlichen Einführung des neuen Gehaltsschemas abzufedern: Eine Problematik liegt nämlich darin, dass das aktuelle Gehalt abrupt eingefroren wird. Dies betrifft jene Personen besonders gravierend, deren Vorrückung in die nächste Gehaltsstufe unmittelbar ‑ dh mit 1. Jänner ‑ bevorgestanden wäre, weil ihr Vorrückungsstichtag in der zweiten Jahreshälfte liegt. Diese Problematik verschärft sich überdies bei jenen Mitarbeitern, die bereits nahe der Pension sind und nunmehr allenfalls die nächste Gehaltsstufe gar nicht mehr erreichen, was sich wiederum auf die Höhe des Ruhegenusses auswirkt. Schließlich ist auch noch auf jene Gruppe jener Mitarbeiter zu verweisen, die durch die Neueinstufung massiv schlechter gestellt werden und deswegen mehrere Jahre lang in der bisherigen Gehaltsstufe verweilen müssen.

 

Der im BBG vorgesehene Übergangsmechanismus beschränkt sich somit auf das bloße Einfrieren der derzeitigen Bezüge; eine schrittweise Überleitung ins neue System ist nicht vorgesehen.

 

Die eben aufgezeigte Problematik verschärft sich schließlich noch durch einen weiteren Aspekt der Novelle: Bei den eingefrorenen Bezügen handelt es sich nämlich um jene, die aufgrund der alten, diskriminierenden Regelung bezogen wurden. Auf diese Weise werden folgende Wirkungen erzeugt:

 

- Zum Ersten wird die bisherige Diskriminierung und damit Benachteiligung nicht nur für die Übergangsphase bis zur allfälligen Aufsaugung der Altbezüge durch die Neubezüge prolongiert, sondern darüber hinaus auch für die gesamte Vergangenheit versteinert. Das mag vordergründig von rein europarechtlicher Dimensionen sein. Allerdings erzeugt die prolongierte Diskriminierung auch eine ungleiche Behandlung von nach bisher geltendem Recht zugestanden habenden Ansprüchen.

 

- Zum Zwei[t]en werden daher diejenigen Dienstnehmer, die schon bisher alles erhalten hatten, was ihnen von Rechts wegen gebührt hatte, einerseits und diejenigen Dienstnehmer, die schon bisher in den ihnen gebührenden Ansprüchen unrechtmäßig verkürzt worden waren, andererseits ohne zwingenden sachlichen Grund dahingehend rechtlich vollkommen unterschiedlich behandelt, dass den vormals verkürzten Dienstnehmern ebenso nicht etwa nur für die Zukunft bis zur allfälligen Aufsaugung, sondern ebenso wieder für die gesamte Vergangenheit alles das genommen wird, was ihnen nach aufgehobener Rechtslage zugestanden hatte, seitens des Dienstgebers aber unrechtmäßig vorenthalten worden war, wohingegen den schon bisher rechtmäßig behandelten Dienstnehmern für Vergangenheit und Zukunft all das erhalten wird, was ihnen schon bis zur Neuregelung zugestanden hatte (und auch erfüllt worden war).

 

- Zum Dritten wird damit das unrechtmäßige und gleichzeitig (spätestens seit dem Urteil Hütter und ‑ siehe auch §338 ABGB ‑ vor allem seit den Klagen, so auch der gegenständlichen, aber auch der vorgängigen Feststellungsklage zu 43 Cga 112/10i LG lnnsbruck) auch noch unredliche Handeln des Dienstgebers zum Maßstab […] erhoben.

 

Zwar gelten all diese Wirkungen 'nur' für die Übergangsphase, die infolge Rückwirkung des Gesetzes allerdings jeweils auf den Beginn der jeweiligen Dienstverhältnisse zurückreicht. Die in §59 Abs18ff BBG vorgesehenen Rückwirkungsfristen sind nämlich jeweils auf den 'Wirkungsbeginn' der jeweiligen Vorschriften bezogen, und da jeder Dienstnehmer nach denjenigen Vorschriften eingestellt wurde, die zum Zeitpunkt seiner Einstellung und nach Art seiner Verwendung gerade 'in Geltung' waren, wirkt die Neuregelung sohin für jedes Dienstverhältnis auf dessen gesamten Verlauf zurück, was ja gerade der gesetzlichen Intention entspricht.

 

Im Ergebnis werden damit vormaliges objektives Unrecht wie damit (spätestens jedenfalls seit Veröffentlichung des Urteils Hütter) verbundene vormalige Unredlichkeit gerade auch rückwirkend auf die gesamte Dauer der Dienstverhältnisse versteinert und zum Maßstab erhoben.

 

Die Rückwirkung in die Vergangenheit wird nicht dadurch entschärft, dass gem §1486 Z5 ABGB ohnedies die Verjährung mehr als drei Jahre rückständige Ansprüche abschneide. Zum Ersten vernichtet Verjährung nicht den Anspruch an sich, sondern ist einerseits einredebedürftig und wirkt andererseits nicht, insolange den verjährten Ansprüchen jemals unverjährt eine aufrechenbare Gegenforderung gegenübergestanden hatte. Zum Zweiten unterliegt die Verjährung Ab- und Fortlauf hemmenden und/oder unterbrechenden Hindernissen, so zB gerade etwa auch den in §54 Abs5 ASGG genannten, das in Bezug auf aus der Altrechtslage zB konkret beispielsweise durch die Verfahren 43 Cga 112/10i LG lnnsbruck und 9 ObA 77/12g ausgelöst wurden (ersteres Verfahren etwa entfaltet Hemmungswirkung bis 2007 zurück). Außer rein fiskalischen Überlegungen (dazu schon zum Eigentumsschutz) ist nicht ersichtlich, warum bezüglich Überleitung va für die Vergangenheit zwischen aus Vertrags- bzw. nationalem Gesetzesrecht und Europarecht resultierenden Ansprüchen zu differenzieren ist. Dies könnte zudem seinerseits europarechtswidrig sein und vor Bejahung jedenfalls ein positiv absolviertes Vorabentscheidungsverfahren erfordern. Denn die bisherigen Entscheidungen (va auch Starjakob) nehmen höchstens dazu Stellung, welche Übergangslösungen allenfalls zulässig erscheinen, nicht aber dazu, dass europarechtliche Ansprüche sowohl für vergangene als auch zukünftige Übergangsphasen anders als nationale behandelt werden dürfen.

 

Die Übergangsregelung wirkt im Endeffekt den ASt betreffend daher zumindest bis 2007, je nach verjährungshemmenden und/oder -unterbrechenden Umständen des jeweiligen Einzelfalles allenfalls auch länger, zurück, und sie wirkt teils bis zum Ende der jeweils betroffenen Dienstverhältnisse auch in die Zukunft vor und sogar bis in die Pension bzw. Ruhestandsversetzung weiter:

 

Durch Neudefinition des Stichtages wird die Bezugskarrierenkurve nämlich parallel verschoben, und zwar entweder in die Vergangenheit (mit Zeitabtrag auf der x-Achse eines kartesischen Koordinatensystems also nach links) oder in die Zukunft (dann nach rechts): Dienstnehmer, deren Bahneintritt vor dem bisherigen Stichtag liegt (= Kurvenverschiebung nach links), profitieren, solche, deren Bahneintritt nach dem bisherigen Stichtag liegt (= Kurvenverschiebung nach rechts), verlieren. Einerseits sind Erstere schon zahlenmäßig deutlich weniger als Letztere, und selbst gegenteiligenfalls wären Letztere noch immer sehr viele. Denn je nach Dienstordnung waren Bundes- und bestimmte limitierte Schul- und Studienzeiten zur Gänze, sonstige Zeiten (also etwa sonstige Schul-, Studien-, Beschäftigungs- und je nach Lesart sogar Stills[t]andszeiten) zur Hälfte anzurechnen und wurden auch angerechnet, sodass also fast jeder Dienstnehmer Vorzeiten angerechnet erhielt. Soweit nicht im Bahndienst zugebracht, fallen diese Anrechnungszeiten durch die Neuregelung nachträglich weg. Das bedeutet im realen Ergebnis: Alle Dienstnehmer, die nicht vor Vollendung ihres 18. Lebensjahres Vordienstzeiten (= de facto Lehrzeiten) im Bahndienst zugebracht hatten, verlieren und müssen durch die Neuregelung eine teils extreme und allenfalls bis zu einem ganzen Jahrzehnt oder noch weiter reichende Kurvenverschiebungen nach rechts hinnehmen.

 

Lebensnahes und sehr häufig anzutreffendes Beispiel: Ein Dienstnehmer ‑ wie gerade abseits typischer Bahn-Lehrberufe (zB Triebzeugführer), so zB bei ungelerntem, Verwaltungs- oder Servicepersonal äußerst häufig ‑ tritt erst nach in anderweitigen Dienstverhältnissen absolvierten und nach der Altregelung zur Hälfte anzurechnenden und angerechneten Vordienst- (oder auch Schul- und/oder Studien- oder sogar Stillstands-)zeiten in den Bahndienst, zB also im relativ realistischen Alter von 27 Jahren. Nach Altrechtslage anzurechnen waren und angerechnet wurden bis zur Novelle der Zeitraum von der Vollendung des 18. Lebensjahres bis zum Eintritt, im konkreten Beispiel also 9 Jahre, zur Hälfte, das entsprach 4,5 Jahren (die je nach Stichtagslagerung auch zu einer de-facto-Vorverschiebung des Stichtags um bis zu 5 Jahre führen konnte). Hatte der Dienstnehmer auch noch nach Absolvierung der Schulpflicht und vor Vollendung des 18. Lebensjahres ‑ was sehr häufig der Fall ist ‑ etwas mehr als drei weitere Vordienstjahre (nämlich je nach Lagerung des Geburtstages zwischen Absolvierung der 9. Schulstufe und Vollendung des 18. Lebensjahres) absolviert, wären ihm gemäß Starjakob in Summe sogar 6 Jahre anzurechnen gewesen (was je nach Stichtagslagerung eine Stichtagsvorverlegung bis zu 6,5 Jahren bewirken hätte können). Letztere Anrechnung wurde allerdings dienstgeberseits verweigert, was ja das Thema des Anlassverfahrens bildet. ln ersterem Fall (ohne Zeiten vor Vollendung des 18. Lebensjahrs) kommt es also zur Kurvenverschiebung nach rechts um bis zu 5 und in zweiterem bis zu 6,5 Jahren. Trat ein Dienstnehmer dagegen erst zB mit 30 Jahren in den Bahndienst, was ebenfalls durchaus häufig der Fall war, verschiebt sich die Kurve sogar jeweils um noch eineinhalb Jahre weiter nach rechts (also bis zu 6,5 respektive 8 Jahren). Das bewirkt, dass der Dienstnehmer bis zur Erreichung der letzten Vorrückung dem nach Altrechtslage gegebenen Kurvenverlauf für die gesamte ‑ fiktiv neu zu berechnende ‑ Vergangenheit und Zukunft immer um ‑ in obigen Beispielen ‑ zwischen 4,5 bis zu 8 Jahren nachhängen kann. Diese Übergangsphase muss und wird aber nicht nach 4,5 respektive 8 Jahren beendet sein: Nur dann, wenn der Dienstnehmer knapp vor der letzten Vorrückung steht oder sie bereits erreicht hat, holt er in dieser Zeit auf. Je weiter er von der letzten Vorrückung aber noch entfernt ist, desto länger zieht sich die Übergangsphase. Wenn die Kurve nach rechts verschoben wird, sinkt er nämlich auf der Kurve entsprechend (und in praxi meist mehrere Treppenstufen) ab, und erst wenn er die gesamte Kurve bis zur letzten Vorrückung durchlaufen hat wird er mit dem Status, den er nach Altrechtslage längst erreicht hätte, gleichziehen. Je nach Dauer, für die er auf der jeweiligen Stufe der Kurve verharren muss, kann das noch Jahrzehnte dauern oder auch überhaupt nie mehr zur Gleichziehung führen, wenn er nach Neuregelung die letzte Stufe eben nicht mehr erreicht.

 

Der veränderte Kurvenverlauf verbessert daran nichts: Einschiebung einer weiteren Stufe und Streckung der Vorrückungszeiträume führen sogar zur Verlangsamung der Vorrückungen. Selbst wenn man Abs7 dahin verstehen wollte, dass nur die bisher mit identem Bezug wie die unmittelbar vorangehende ausgefüllte vorletzte Stufe der AVB 'wiederzubeleben' sei (was nicht dem Text des Gesetzes entspricht, weil die bisher vorletzte Stufe ja vorgesehen war, nur eben den identen Bezug wie die unmittelbar vorangehende enthielt), wäre dies nur mit minimaler Kurvensteigungsänderung in der Endphase verbunden.

 

Plastisch zeigt sich diese Situation insgesamt hinsichtlich der 116 dem Betrieb Bordservice/Zugbegleitdienst Tirol/Vorarlberg angehörenden Kläger, deren einer der ASt ist, wobei die 116 Kläger die zahlenmäßige Mehrheit der Betriebsgesamtbelegschaft von ca. 150 Dienstnehmern bilden. Die Nichtkläger hatten entweder vor Vollendung des 18. Lebensjahres Vordienstzeiten nicht absolviert oder infolge bereits ohne deren Anrechnung die letzte Vorrückung erreicht und von der Anrechnung nicht mehr profitieren können. Von den 116 Klägern profitieren von der Neuregelung insgesamt nur drei Dienstnehmer durch Kurvenlinksverschiebung nach links infolge Anrechnung von vor Vollendung ihres 18. Lebensjahres absolvierten und bisher nicht angerechneten Bahnvordienstzeiten, 113 dagegen verlieren durch teils sehr deutliche Kurvenrechtsverschiebung nach rechts, nämlich immer dort, wo ‑ wie in der Mehrzahl ‑, und zwar gerade auch noch lange nach Vollendung des 18. Lebensjahres, Vordienstzeiten zu anderen Dienstgebern zugebracht wurden, die nach Altregelung zur Hälfte anzurechnen waren, nach Neuregelung nun aber nicht mehr anzurechnen sind. Da diese Dienstnehmer keineswegs alle schon unmittelbar vor der letzten Stufe standen und stehen, sondern teils ‑vor allem auch schon im ersten Nachforderungsjahr 2007 ‑ weit davor, werden sie bis zum Gleichzug Jahre bis Jahrzehnte warten müssen und/oder diesen vor Pensionierung bzw. Ruhestandsversetzung und damit teils gar nicht mehr erreichen können. 113 von 116 klagenden Dienstnehmern verlieren also kräftig und langdauernd bis zu ihrer Pensionierung. Zudem aber verlieren alle 113 dieser Dienstnehmer Anwartschaften bei Pensionsberechnung und am Pensionskonto, die sich sogar und in jedem Fall zwingend bis zum Erlöschen aller Witwen- und Waisenpensionen auswirken werden. Für die gesamte Vergangenheit (konkret diese 113 Dienstnehmer betreffend also bis 2007 zurück) und auch noch durch die gesamte Zukunft bis zur Aufholung verlieren sie zudem im Vergleich zu vormals nicht diskriminierten Dienstnehmern zusätzlich alle Bezüge, die ihnen zugestanden hätten, wäre von Dienstgeberseite rechtmäßig vorgegangen worden, die also längst bezahlt sein müssten.

 

Nach wie vor beziehen damit die bisher rechtsunrichtig (= diskriminierten) Arbeitnehmer längere Zeit hindurch ein niedrigeres Gehalt als die bislang rechtsrichtig behandelten Arbeitnehmer. Nun soll freilich nicht verkannt werden, dass bei Übergangsregelungen allenfalls gewisse Ungleichheiten hinzunehmen sind, im konkreten Fall kann sich dieser Effekt der Regelung freilich besonders negativ auswirken: Diese Bestimmungen können etwa dazu führen, dass der Ruhegenuss aufgrund des niedrigeren (diskriminierenden) Gehalts bemessen wird. Gleichermaßen kann auch das legitime Ziel der Angleichung der beiden Arbeitnehmergruppen ‑ je nach konkreter Konstellation ‑ durchaus jahre- und sogar jahrzehntelang dauern, was wiederum Zweifel daran stützt, ob diese Bestimmung tatsächlich dazu geeignet ist, die negativen Effekte der rückwirkenden Inkraftsetzung abzufedern.

 

Bleibt zu fragen, ob die plötzliche mit Rückwirkung verfügte Regelung durch besondere, im öffentlichen Interesse gelegene Umstände gerechtfertigt ist. Zunächst besteht zweifellos ein öffentliches Interesse daran, das diskriminierende Gehaltssystem möglichst rasch zu beseitigen. Dieses Anliegen erfordert aber ‑ auch nach der Rsp des EuGH ‑ keine abrupte und übergangslose Umstellung. Verfassungsrechtlich können entsprechende Übergangsregelungen sogar geboten sein. So betont der VfGH in st Rsp, dass der Abbau unsachlicher Regelungen uU gar nicht plötzlich erfolgen darf, sondern der Vertrauensschutz Übergangsregelungen erforderlich machen kann (VfSlg 12.568/1990; 15.523/1999; 19.884/2014). Zwar ist in §53a Abs6 BBG eine entsprechende Übergangsregelung enthalten, sie ist nach dem bislang Gesagten aber nicht ausreichend, um die negativen Folgen der rückwirkenden Inkraftsetzung der Norm abzufedern. Ebensowenig vermögen allein budgetäre Erwägungen einen derart plötzlichen Übergang ins neue System zu rechtfertigen (VfSlg 15.936/2000).

 

Es Iassen sich damit keine besonderen, im öffentlichen Interesse gelegenen Umstände identifizieren, die den plötzlichen rückwirkenden Eingriff in die Rechtspositionen der Mitarbeiter rechtfertigen könnten.

 

[…]"

 

Die Berufungen gegen die Urteile des Landesgerichtes Innsbruck, mit denen die Klagen der Antragsteller auf Gehaltsnachzahlungen auf Grund der ihrer Ansicht nach zu erfolgenden Berücksichtigung ihrer Vordienstzeiten vor dem 18. Lebensjahr abgewiesen wurden, wurden gleichzeitig mit der Einbringung der Anträge beim Verfassungsgerichtshof vorgelegt. Nach der Verständigung des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht über das Einlangen der auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG gestützten Anträge teilte das Landesgericht Innsbruck mit, dass aus seiner Sicht von der Rechtzeitigkeit und Zulässigkeit der Berufungen auszugehen sei.

2. Die mitbeteiligte ÖBB Personenverkehr AG erstattete eine Äußerung, in der sie zunächst einen Überblick über die Entwicklung der Rechtslage bis zum heutigen Tag gibt und zu den Anträgen Folgendes ausführt:

"2.Unzulässigkeit der Anträge

 

2.1 Fehlen der Voraussetzungen eines Antrages nach Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG

 

2.1.1 Aus den zwischen den einzelnen Bedienstetengruppen differenzierenden Inkrafttretensbestimmungen der Absätze 19 bis 23 des §53a BBG ergibt sich zunächst, dass auf ein und denselben Antragsteller nicht gleichzeitig einige oder alle der vorgenannten Absätze anwendbar sein können, sondern jeweils nur einer von ihnen, weil sich die Anwendungsbereiche der jeweils genannten Vertragsschablonen gegenseitig ausschließen. Sämtliche Anträge der Antragsteller begehren jedoch die Aufhebung jeweils aller Absätze.

 

Gemäß §§62a Abs3 iVm 62 Abs1 VfGG hat der (Normenkontroll-)Antrag, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, die gegen die Verfassungsmäßigkeit sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Nach der verfassungsgerichtlichen Judikatur bedarf es dazu der Zuordnung von Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit in Bezug auf bestimmte gesetzliche Bestimmungen (VfGH 2.7.2015, G16/2015; G145/2015).

 

Die Anträge führen lediglich aus (Seite 14):

 

Für jene Mitarbeiter, deren Vorrückungsstichtag auf Grundlage der Bundesbahn-Besoldungsordnung 1963 berechnet wurde, wird Rückwirkung mit 1. April 1963 angeordnet (§56 Abs19 BBG). Für jene Mitarbeiter, deren Vorrückungsstichtag nach den AVB berechnet wurde, treten die einschlägigen Bestimmungen mit 1. Jänner 1996 in Kraft (§56 Abs23 BBG). Vergleichbare Rückwirkungsbestimmungen sind auch für die anderen ehemaligen Dienstordnungen vorgesehen (§56 Abs20 bis 22 BBG).

 

Dieses Formerfordernis erfüllen die Anträge nicht, weil sie nicht darlegen, inwieweit der jeweilige Antragstellervon sämtlichenInkrafttretensbestimmungen des §56 Abs19 bis 23 betroffen sein kann. Das Fehlen einer geeigneten Darlegung iSd §62 Abs1 zweiter Satz VfGG ist kein behebbares Formgebrechen, sondern ein inhaltlicher, keiner Verbesserung zugänglicher Mangel (VfGH 2.7.2015, G16/2015; G145/2015).

 

Weiters hat nach §62a Abs2 VfGG der Antrag darzulegen, inwiefern das Gericht das Gesetz anzuwenden und welche Auswirkungen die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes auf die beim Gericht anhängige Rechtssache hätte. Der Verfassungsgerichtshof verneint in stRsp die Präjudizialität einer Norm, wenn es offenkundig unrichtig ('denkunmöglich') ist, dass die angefochtene Norm eine Voraussetzung für eine Entscheidung ist (VfSlg 9906, 13.424). Mutatis mutandis trifft diese Prozessvoraussetzung auf für einen Antrag gemäß Art140 Abs1 ZI litd B‑VG zu (Stefula, ZAK 2015, 6; Schoditsch, ecolex 2015, 338).

 

Auch diese Voraussetzung erfüllen die Anträge nicht. Weder behaupten die Antragsteller, dass das ordentliche Gericht im Anlassverfahren sämtliche Inkrafttretensbestimmungen des §56 Abs19 bis 24 BBG gleichzeitig angewendet hat, noch dass sie das ordentliche Gericht anzuwenden gehabt hätte. Nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung führt Denkunmöglichkeit der Anwendung einer angefochtenen Norm zur Zurückweisung des Antrages (VfGH 29.11.2014, G137/2014).

 

2.1.2 Das Fehlen beider Antragsvoraussetzungen in Bezug auf die erwähnten Inkrafttretensbestimmungen führt zunächst dazu, dass die Anträge, soweit sie die Aufhebung des §56 Abs19 bis 23 BBG begehren, unzulässig sind.

 

2.1.3 Darüber hinaus führt dieser Mangel dazu, dass die Aufhebungsanträge auch in Bezug auf §53a Abs1 bis 3 BBG unzulässig sind:

 

Die Antragsteller begründen die Verfassungswidrigkeit der in §53a Abs1 und 2 BBG normierten gesetzlichen Regelung des Vorrückungsstichtages und der Vordienstzeiten und der in §53a Abs3 BBG normierten gesetzlichen Regelung des Vorrückungstermins mit einem Verstoß gegen das Grundrecht auf Eigentum und den Gleichheitssatz. Die geltend gemachten Bedenken in Bezug auf den Gleichheitssatz fußen ausschließlich auf der Behauptung, dass die rückwirkend belastende Rechtsvorschrift vorliegt, die den Vertrauensschutz verletzt. Die Rückwirkung ergebe sich aus §56 Abs18 bis 23 BBG (vgl Punkt IV.1. der Anträge). Auch die Bedenken in Bezug auf das Grundrecht auf Eigentum fußen darauf, dass der Eingriff wegen der rückwirkenden Änderung nicht verhältnismäßig sei (vgl Punkt III.A2.b.aa. und bb. der Anträge). Lediglich in Bezug auf das öffentliche Interesse des Eingriffs wird nicht auf die Rückwirkung des Eingriffs rekurriert, allerdings behaupten die Antragsteller gar nicht, dass ein öffentliches Interesse am Eingriff fehle; dieses sei (nur) 'zumindest zweifelhaft' (Seite 16 der Anträge).

 

Nach der Judikatur beschränkt sich der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen (VfSlg 12.691, ua). Er beurteilt sohin ausschließlich, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193; in Bezug auf einen Antrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG: VfGH 3.7.2015, G46/2015).

 

Die in Bezug auf §53 Abs1 bis 3 BBG geltend gemachten Bedenken können vom Verfassungsgerichtshof nur dann geprüft werden, wenn auch die Bedenken gegen die Inkrafttretensbestimmungen des §56 Abs19 bis 23 BBG im Einzelnen dargelegt werden bzw deren Anwendung durch das ordentliche Gericht im Anlassverfahren tatsächlich erfolgt ist oder zumindest denkmöglich erfolgen hätte müssen. Wie in Punkt 2.1 ausgeführt, ist dies nicht der Fall, folglich sind die Aufhebungsanträge auch in Bezug auf §53a Abs1 bis 3 BBG zurückzuweisen.

 

2.1.4 Weiters legen die Antragsteller nicht im Einzelnen ihre Bedenken zu den Verfahrensvorschriften betreffend die Ermittlung der Vordienstzeiten gemäß §53a Abs4 und 5 BBG bzw deren (gebotene) Anwendung durch das ordentliche Gericht im Anlassverfahren dar. Aus den erstinstanzlichen Urteilen der Anlassverfahren ist eine Anwendung der Bestimmungen nicht erkennbar. Folglich erweisen sich die Aufhebungsanträge in Bezug auf diese beiden Absätze ebenfalls als unzulässig.

 

2.1.5 Schließlich sind die Anträge betreffend die Aufhebung des §53a Abs6 BBG zurückzuweisen.

 

Die Antragsteller äußern zu §53a Abs6 BBG lediglich verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber der Auslegung des ordentlichen Gerichtes im Anlassfall in Bezug auf das Wort 'bezogen' und fordern eine 'verfassungskonforme Interpretation'. Ihre Ausführungen legen jedoch nicht die behauptete Verfassungswidrigkeit des Gesetzes dar (vgl VfGH 2.7.2015, G16/2015).

 

Weiters führen die Antragsteller aus, dass der Normenkontrollantrag nicht erfolgreich sein werde können, wenn das verfassungsgerichtliche Verständnis der vorbezeichneten einfachgesetzlichen Bestimmungen dahin gehen sollte, dass dem Klagebegehren ohnedies schon auf einfachgesetzlicher Basis stattzugeben sei, weil 'bezogenen' als 'gebührt habenden' zu lesen sei (Seite 6 der Anträge). Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG und §62a Abs1 VfGG setzt der Antrag zumindest die Behauptung der Verletzung in Rechten durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes voraus (vgl VfSlg 15.334). Soweit die Antragsteller die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen gar nicht behaupten, sind die Anträge unzulässig.

 

Im Übrigen verkennen die Antragsteller das Wesen des Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG. Dem Verfassungsgerichtshof kommt lediglich die Prüfung der Verfassungswidrigkeit von Gesetzen zu (Art140 Abs1 Z1 B‑VG). Er ist nicht berufen, die Auslegung der Gesetze durch das ordentliche Gericht des Anlassfalles nachzuprüfen: Die Bindung des ordentlichen Gerichtes besteht nämlich gemäß Art140 Abs7 B‑VG und §528b Abs3 ZPO (nur) an den Spruch der verfassungsgerichtlichen Entscheidung. Eine Bindung des ordentlichen Gerichts an die Auslegung der Norm durch den Verfassungsgerichtshof besteht nicht (vgl Lamiss Khakzadeh-Leiler, ÖJZ2015/74, 549). Zusammengefasst ist der Verfassungsgerichtshof nicht berufen, die Auslegung des §53a Abs6 BBG in den erstinstanzlichen Entscheidungen des ordentlichen Gerichtes in den Anlassverfahren einer Prüfung zu unterziehen.

 

2.1.6 Zur Verfassungswidrigkeit der Absätze 7 und 8 des §53a BBG sowie der Absätze 18 und 24 des §56 BBG, deren Aufhebung ebenfalls beantragt wird, finden sich in den Anträgen überhaupt keine Ausführungen.

 

Der Aufhebungsantrag erweist sich mangels geeigneter Darlegung iSd §62 Abs1 zweiter Satz VfGG als unzulässig.

 

2.2 Unzulässigkeit des Kostenbegehrens

 

Gemäß §27 Satz 1 VfGG findet der Ersatz der Kosten des Verfahrens nur statt, wenn er in diesem Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Ein solcher Kostenersatzanspruch ist für Normenkontrollverfahren auf Parteiantrag im VfGG nicht vorgesehen. Es besteht daher kein Anspruch der Antragsteller auf Kostenzuspruch durch den Verfassungsgerichtshof und zwar auch dann nicht, wenn der Normenkontrollantrag erfolgreich wäre, die generelle Norm also aufgehoben wurde (Rohregger, AnwBl 2015, 198; Fichtenbauer/Hauer, Parteiantrag auf Normenkontrolle, Rz 163).

 

Somit sind auch die Anträge der Antragsteller auf Zuspruch von Kostenersatz für das gegenständliche Verfahren unzulässig.

 

3.Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit

 

3.1 Zu den geltend gemachten Bedenken

 

3.1.1 Die BBG-Novelle regelt für von §56 Abs18 BBG erfassten ÖBB-Bediensteten anstelle der bisherigen Regelung durch Vertrag (Vertragsschablone) per Gesetz die Definition des Vorrückungsstichtages (§53a Abs1 BBG), die Berechnung des Vorrückungsstichtages durch Bestimmung anrechenbarer Zeiten (§53a Abs2 leg cit), die Vorrückung, einschließlich Vorrückungstermin (Abs3 leg cit), das Verfahren zur Bestimmung der anzurechnenden Vordienstzeiten (Abs4 leg cit), die Einstufung in die Gehaltsstufen der Gehaltstabellen Anlage 2 und 2a der AVB (Abs5 leg cit), eine Wahrungsbestimmung (Abs6 leg cit), die Pflicht zur Einführung einer weiteren Gehaltsstufe (Abs7 leg cit) und das Verbot der vertraglichen Abänderung der Rechte und Pflichten aus den vorstehenden Bestimmungen (Abs8 leg cit).

 

Wie sich aus der oben in Punkt 1. dargestellten Rechtslage ergibt, sind damit die Dienstverhältnisse zu den ÖBB-Gesellschaften betroffen, die vor dem 1.1.2005 abgeschlossen wurden. Nur auf diese Dienstverhältnisse sind die Bestimmungen der AVB bzw bei den vor dem 1.1.1996 abgeschlossenen Dienstverhältnissen die von den AVB als weiter in Geltung belassenen Bestimmungen der BO 1963, der DILO 1954, der GaO und der TbO 1977 anzuwenden. Nach den Inkrafttretensbestimmungen in §56 Abs19 bis 23 BBG treten ausschließlich für diese Bediensteten die Bestimmungen über die Definition des Vorrückungsstichtags, dessen Berechnung, die Vorrückung und das vertragliche Abänderungsverbot jeweils mit Wirkung des Inkrafttretens der angeführten Vertragsschablonen in Kraft.

 

Der Gesetzesprüfungsantrag begründet die behauptete Verfassungswidrigkeit der BBG‑Novelle nur in Bezug auf die Festlegung des Vorrückungsstichtages durch Gesetz, die anrechenbaren Zeiten und den Vorrückungstermin; all dies im Zusammenhalt mit den rückwirkenden Inkrafttretensbestimmungen. Es wurde bereits in Punkt 2.1.3 ausgeführt, dass der Verfassungsgerichtshof seine Prüfung der Verfassungsmäßigkeit auf die in der Begründung des Antrages dargelegten Gründe beschränkt. Folglich ist insbesondere nicht Gegenstand der Prüfung

 

• die Einschränkung des Anwendungsbereiches der Novelle auf die in §56 Abs18 BBG genannten Personen (§56 Abs18 BBG)

 

• das Verfahren zur Bestimmung der anzurechnenden Vordienstzeiten (§53a Abs4 BBG)

 

• die Einstufung in die Gehaltstabellen (§53a Abs5 BBG)

 

• die Wahrungsbestimmung (§53a Abs6 BBG) — zur mangelnden Relevanz der Kritik in den Anträgen an der behaupteten verfassungswidrigen Auslegung durch die ordentlichen Gerichte siehe oben Punkt 2.1.5)

 

• die Pflicht zur Einführung einer weiteren Gehaltsstufe und (§53a Abs7 BBG)

 

• das Verbot vertraglicher Abänderung (§53a Abs8 BBG) sowie

 

• die Inkrafttretensbestimmung des §56 Abs24 BBG.

 

 

Die folgenden Ausführungen beschränken sich daher auf die in den Anträgen angeführten Bedenken.

 

3.2 Zum behaupteten Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum

 

3.2.1 Den Antragstellern ist zuzustimmen, dass die angefochtene BBG-Novelle in die bisher vertraglich ausgestalteten Besoldungsregelungen zwischen den in §56 Abs18 BBG genannten Unternehmen (ÖBB-Gesellschaften) und ihren Bediensteten, auf die die in Abs19 bis 23 leg cit angeführten Vertragsschablonen anzuwenden sind, eingreift.

 

Analog zur Umgestaltung privatrechtlicher Pensionsregegelungen der ÖBB-Bediensteten durch das BB-PG bewirkt die BBG-Novelle eine Änderung des vertraglich begründeten, privatrechtlichen Dienstverhältnisses (VfSlg 17.071). Ebenso wie ein Gesetz, das den Abschluss bestimmter Verträge verhindert (VfSlg 12.100) oder umgekehrt zum Abschluss bestimmter Verträge zwingt, in das durch Art5 StGG und Art1 des 1. ZPEMRK verfassungsgesetzlich gewährleistete Eigentumsrecht seiner Adressaten eingreift (VfSlg 12.227), greift auch ein Gesetz, das wie das hier gegenständliche einen privatrechtlichen Vertrag in der oben dargestellten Weise unmittelbar verändert, allein schon dadurch in das Eigentumsrecht beider Vertragsteile ein (VfSlg 14.075). Ein Eigentumseingriff wäre in einem solchen Fall selbst dann gegeben, wenn (auch) die aus dem Vertrag erfließenden Rechte und Pflichten des Dienstgebers bzw. des Dienstnehmers inhaltlich keine Änderung erführen (VfSlg 17.071).

 

3.2.2 Eingriffe in das Eigentum können nach Art5 StGG und Art1 1.ZPEMRK entweder durch eine Enteignung oder durch eine sonstige Eigentumsbeschränkung erfolgen. Eine Enteignung liegt vor, wenn durch Gesetz oder Verwaltungsakt das Eigentum an einer Rechtsposition entzogen und auf ein anderes Rechtssubjekt übertragen wird (VfSlg 11.209). Eigentumsbeschränkungen sind alle anderen, nicht als Enteignung zu qualifizierenden Eingriffe in das Eigentum, das heißt jede Beschränkung der Eigentümerbefugnisse, die der Gesetzgeber aus Gründen des Gemeinwohls verfügt (Berka, Grundrechte, Rz 723 f).

 

Die Unterscheidung ist deshalb wesentlich, weil Enteignungen grundsätzlich nur gegen eine angemessene Entschädigung zulässig sind, während der Eigentümer sonstige Eigentumsbeschränkungenals Ausfluss der Sozialbindung des Eigentumsgrundsätzlich entschädigungslos zudulden hat (Berka, aaO Rz 722).

 

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis VfSlg 17.071 der Auffassung, dass das BB-PG als Enteignung zu qualifizieren sei, eine Absage erteilt, da der privatrechtliche Charakter des zwischen den ÖBB und den in Rede stehenden Bediensteten bestehenden Dienstverhältnisses als solcher keine Änderung erfährt. Weder wurde durch das BB-PG das privatrechtliche Dienstverhältnis aufgehoben und durch eine öffentlich-rechtliche Subordinationsbeziehung ersetzt bzw der privatrechtliche Anspruch der Bediensteten zur Gänze zum Erlöschen gebracht.

 

Dies trifft auch auf die BBG-Novelle zu. Das Dienstverhältnis als solches bleibt privatrechtlicher Natur und es wird der privatrechtliche Anspruch der von der BBG-Novelle betroffenen ÖBB-Bediensteten lediglich punktuell modifiziert. Es liegt somit lediglich eine Eigentumsbeschränkung vor.

 

3.2.3 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 12.227, 14.075, 17.071) kann der Gesetzgeber verfassungsrechtlich unbedenklich Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes auf Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Grundsatz verstößt und soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt.

 

Die Antragsteller bestreiten nicht, dass die BBG-Novelle weder den Wesensgehalt des Grundrechts berührt noch — unter dem Blickwinkel des Eigentumsschutzes — in anderer Weise gegen einen den Gesetzgeber bindenden Grundsatz verstößt.

 

Die Eigentumsbeschränkung liegt aus folgenden Gründen im öffentlichen Interesse:

 

Dazu halten die Gesetzesmaterialien zur BBG-Novelle (RV 584 BlgNR 25. GP ) fest:

 

'Problem

 

Der EuGH hat mit Urteil C-417/13 vom 28. Jänner 2015 In der Rechtssache Starjakob festgestellt, dass der bisherige §53a Bundesbahngesetz (BBG) unionsrechtswidrig ist. Der bisherige §53a BBG […] sah neben der Anrechnung von Vordienstzeiten vor dem 18. Lebensjahr auch eine rückwirkende Verlängerung der ersten Vorrückungszeiträume vor. Der EuGH lehnte die aus Anlass der EuGH-Entscheidung Hütter erfolgte Gesetzesreparatur als altersdiskriminierend ab, da die Reparatur den Unterschied zwischen diskriminierten und nicht‑diskriminierten ÖBB Bediensteten nicht beseitigt, sondern festschreibt (siehe auch die Entscheidung des EuGH In der Rechtssache Schmitzer, C-530/13 vom 11. November 2014).

 

Ziel

 

Mit der gegenständlichen Novelle erfolgt eine Anpassung der Regelungen über die einstufungswirksame Anrechnung von (Vor-)Dienstzeiten an die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000, konkretisiert durch das Urteil C‑417/13 des Europäischen Gerichtshofs vom 28. Jänner 2015 in der Rechtssache Starjakob sowie in dem Urteil C-501/12 vom 19. Juni 2014 in der Rechtssache Specht.'

 

§53a Abs1 BBG idF BGBl I 129/2011 legte für alle (von der Regelung erfassten) ÖBB-Bediensteten (der Kreis entspricht jenen gemäß §56 Abs18 BBG idgF) die Neuberechnung des Vorrückungsstichtages unter Anrechnung bestimmter Vordienstzeisten ohne Berücksichtigung einer Altersgrenze fest. Damit wurden die Anrechnungsbestimmungen der AVB, BO 1963, DILO 1954, GaO und TbO 1977, welche die Anrechnung von Zeiten vor dem 18. Lebensjahr ausschlossen (vgl oben Punkt 1.4) aufgehoben. Gleichzeitig wurde der für die Vorrückung in den jeweils ersten drei Gehaltsstufen erforderliche Zeitraum um jeweils ein Jahr verlängert. Der in der Rs Starjakob vorlegende Oberste Gerichtshof hat dazu ausgeführt, dass der Vorrückungsstichtag nunmehr ohne Diskriminierung wegen des Alters bestimmt wird (Urteil des EuGH in der Rs Starjakob, Rn 25).

 

Freilich normierte §53a Abs2 Z3 BBG idF BGBl I 129/2011, dass die Neufestsetzung des individuellen Vorrückungsstichtages nicht wirksam wird, wenn damit eine gehaltsmäßige Verschlechterung gegenüber der bisherigen Festsetzung des Vorrückungsstichtages verbunden ist.

 

Im Urteil Starjakob folgerte der EuGH daraus, dass aufgrund der Ausgestaltung des §53a BBG idF BGBl I 129/2011 jene Bediensteten, die vom früheren System begünstigt waren, keine Veranlassung haben, die Neuberechnung ihres Vorrückungsstichtages zu verlangen, da sie vor der Vollendung des 18. Lebensjahres keine Vordienstzeiten zurückgelegt haben und gleichzeitig bei den vom früheren System Benachteiligten die Zeit bis zu einer weiteren Vorrückung um drei Jahre verlängert wird. Somit würden die vom früheren System benachteiligten und begünstigten Bediensteten in Bezug auf ihre Einstufung in das Gehaltsschema und das entsprechende Gehalt weiterhin unterschiedlich behandelt (Rn 27-29 des Urteils). Die Maßnahme (gemeint die BBG-Novelle BGBl I 129/2011) schreibt eine Ungleichbehandlung wegen des Alters endgültig fest (Rn 39 des Urteils) und verstoße damit gegen Unionsrecht, insbesondere Art2 und Art6 Abs1 der RL 2000/78/EG . (vgl Pkt 1. des Urteilstenors).

 

Aufgrund des Urteils Starjakob war somit eine Neuregelung der Gehaltseinstufung der von der BBG-Novelle BGBl I 129/2011 erfassten ÖBB-Bediensteten erforderlich.

 

Wie sich aus den dargestellten Materialien ergibt, ist es das Ziel der BBG-Novelle, das bisherige diskriminierende Entlohnungssystem zu beseitigen und durch ein von Anfang an diskriminierungsfreies Entlohnungssystem zu ersetzen und somit die Unionsrechtskonformität des Entgeltsystems sicherzustellen. Die Sicherstellung des im Unionsrecht (Art21 GRC sowie im Sekundärrecht) verankerten Diskriminierungsverbots im Entgeltsystem der ÖBB-Bediensteten liegt im öffentlichen Interesse (vgl zum öffentlichen Interesse bei der Umsetzung von Unionsrecht etwa VfSlg 19.635; in Hinblick auf die Einhaltung des Diskriminierungsverbotes im Entgeltsystem überdies VfGH 7.6.2013, B19/2013).

 

Dies anerkennen auch die Antragsteller (Seite 16 der Anträge):

 

'Dass es im öffentlichen Interesse li egt, ein diskriminierungsfreies System sicherzustellen, liegt auf der Hand.'

 

Die Antragsteller bringen unter Zitierung der Materialien weiters vor, dass ein weiteres Motiv in budgetären Überlegungen liege: Um das aus der EuGH-Rechtsprechung resultierende finanzielle Bedrohungspotential zu reduzieren, sei eine de facto ergebnisneutrale Lösung gesucht worden. Die Reduzierung finanzieller Belastungen sei nur ein legitimes Interesse, wenn sie den Staatshaushalt betreffen, nicht aber bei unternehmensspezifischen Interessen.

 

Die Antragsteller vermischen Ursache und Wirkung. Das öffentliche Interesse am Eigentumseingriff liegt in der Beseitigung einer unionsrechtswidrigen Rechtslage. Auch wenn die Rechtsprechung (vgl OGH 26.2.2015, 8 ObA 11/15y) zu einer unionsrechtskonformen Auslegung des §53a BBG idF BGBI I 129/2011 kommt, sind die Mitgliedsstaaten gemäß Art288 AEUV zur Herstellung einer unionsrechtskonformen Rechtslage, insbesondere zur vollständigen Umsetzung von Richtlinien, verpflichtet (EuGH 20.3.1997, Rs C-96/95 ; EuGH 21.1.2002, C-298/99 ). Die Erfüllung dieser Verpflichtung ist die ausschlaggebende Ursache für den (neuerlichen) Eingriff in das Eigentumsrecht der Antragsteller. Die Ausgestaltung des Eingriffs im Sinne einer budgetschonenden Lösung spielt erst bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs eine Rolle, wobei schon hier festzuhalten ist, dass die Umstellung auf das neue Gehaltsmodell für die ÖBB-Gesellschaften erhebliche finanzielle Auswirkungen hat.

 

Im Übrigen irren die Antragsteller, wenn sie die Reduzierung finanzieller Belastungen als legitimes Ziel bestreiten.

 

Aus dem Urteil Starjakob resultiert ein finanzielles Bedrohungspotential in Summe von rund EUR 220 Mio für die ÖBB. Wie aus den zitierten Materialien hervorgeht, ist die ÖBB-Infrastruktur AG und ÖBB-Personenverkehr AG dem staatlichen Sektor zuzurechnen, so dass ohne der gegenständlichen Änderung rund dreiviertel der Gesamtkosten für den Bund Maastricht-Defizit-wirksam werden würden (RV 584 BIgNR 25. GP, WFA). Schon daraus erhellt, dass ein Ansteigen finanzieller Verpflichtungen der ausgegliederten Unternehmen unmittelbar Auswirkungen auf den öffentlichen Haushalt hat, würde doch eine Steigerung des Maastricht-Defizits die Handlungsspielräume der öffentlichen Hand wegen der Verpflichtung zur Einhaltung der Verschuldensgrenzen anderweitig einschränken.

 

Außerdem übersehen die Antragsteller, dass zwar die ÖBB-Gesellschaften und — im Unterschied zu Pensionsansprüchen nicht der Bund (VfSlg 17.071) — Schuldner der Gehaltsansprüche der ÖBB-Bediensteten sind, jedoch gemäß §52 Abs1a BBG der Bund wie ein Ausfallsbürge (§1356 ABGB) jedem aktiven Bediensteten, der sich zum Stichtag 31. Dezember 1992 in einem Dienstverhältnis zum Bund/Wirtschaftskörper Österreichische Bundesbahnen befunden hat, für die Befriedigung seiner Forderungen aus den in Z1 und 2 leg cit angeführten Dienstverhältnissen nach Maßgabe und im Ausmaß gemäß Abs1b und 1c zu haften hat. Die Beschränkung des Haftungspotentials der öffentlichen Hand liegt nach der jüngsten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ebenfalls im öffentlichen Interesse (zur Kärntner Landeshaftung: VfGH 3.7.2015, G239/2014 ua, V14/2015 ua).

 

Zusammenfassend besteht ein legitimes öffentliches Interesse am Eigentumseingriff durch die BBG-Novelle.

 

3.2.4 Nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist es für den verfassungskonformen Eingriff weiters erforderlich, dass er nicht unverhältnismäßig ist (vgl VfSlg 13.587, 14.500, 14.679, 15.367, 15.753/2000). Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob die gesetzliche Regelung ein an sich geeignetes Mittel zur Erreichung der genannten Ziele darstellt (vgl VfSlg 11.558, 12.094, 12.492, 13.318, 19.639).

 

Dies ist der Fall, weil die angefochtenen Bestimmungen einen unionsrechtskonformen Zustand herbeiführen, nämlich ein altersdiskriminierungsfreies Besoldungssystem.

 

Das Verbot der Altersdiskriminierung ist im Unionsrecht auf mehreren Ebenen verankert: In Art21 der Grundrechtecharta, als Grundsatz des Unionsrechts (Urteile des EuGH in den Rs C-144/04 , Mangold und C-555/07 , Kücükdeveci) sowie in der Richtlinie 2000/78/EG . Art16 der RL bestimmt insbesondere, dass Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen müssen, um sicherzustellen, dass Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die dem Gleichbehandlungsgrundsatz der Richtlinie zuwiderlaufen, aufgehoben werden. Nach dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Starjakob war der Gesetzgeber daher verpflichtet, ein diskriminierungsfreies System betreffend die Anrechnung von Vordienstzeiten zu schaffen und so einen unionsrechtskonformen Zustand herbeizuführen.

 

Der EuGH hat sich in mehreren Entscheidungen mit der Beseitigung altersdiskriminierender Besoldungs- und Vergütungssysteme mit dem Ziel der Herstellung eines unionsrechtskonformen Zustandes befasst. Vorauszusetzen ist, dass eine unionskonforme Beseitigung einer Altersdiskriminierung es einem Betroffenen nicht zwingend ermöglichen muss, einen finanziellen Ausgleich zu erhalten, der der Differenz zwischen dem Entgelt entspricht, das er ohne die Diskriminierung erhalten hätte, und dem Entgelt, das er tatsächlich erhalten hat (EuGH, 28.1.2015, C-417/13 , Starjakob, Rn 49). Von Bedeutung ist nur, dass ein diskriminierungsfreies System geschaffen wird. Gedanklich lässt sich die Schaffung eines solchen Systems in zwei Schritte teilen: Die Gestaltung eines diskriminierungsfreien Vergütungssystems einerseits sowie eine unionskonforme Überleitung der Bediensteten aus dem diskriminierenden in das diskriminierungsfreie Vergütungssystem andererseits. Gelingt beides, ist ein unionsrechtskonformer Zustand hergestellt.

 

3.2.4.1. Betreffend der Gestaltung eines diskriminierungsfreien Vergütungssystems ist zunächst anzuführen, dass rein erfahrungsbasierte Vergütungssysteme unionsrechtskonform sind (Thüsing/Pötters, Altersdiskriminierung in Besoldungs- und Vergütungssystemen, EuZW 2015, 936). Denn auch wenn die Honorierung von Berufserfahrung eine mittelbare Ungleichbehandlung aufgrund des Alters ist, ist die Entlohnung von damit verbundener steigender Erfahrung ein legitimes Ziel (EuGH 3.10.2006, C-17/05 , Cadman). Gleichzeitig darf aber eine Differenzierung der Vergütung nach der Berufserfahrung kein Umweg zur Differenzierung nach dem Alter sein – es ist auf die Beziehung zwischen der Art der ausgeübten Tätigkeit und der daraus gewonnen Erfahrung zu achten (EuGH 7.2.1991, C-184/89 , Nimz, Rn 14).

 

Dieser Aspekt ist insbesondere bei der Anrechnung von Vordienstzeiten zu beachten. Das Unionsrecht selbst verlangt keine Anrechnung von Vordienstzeiten (auch nicht die Anrechnung identer, konzernintern erworbener Berufserfahrung, EuGH, 7.6.2012, 132/11, Tyrolean). Allerdings muss eine allfällige Anrechnung diskriminierungsfrei erfolgen (siehe EuGH, 5.12.2013, C-514/12 , SALK). Werden bei der Anrechnung daher Zeiten jeglicher Berufstätigkeit oder auch noch Schul- und andere Ausbildungszeiten etc, berücksichtigt, steht die Honorierung von Lebenserfahrung bzw eines bestimmten Lebensalters im Vordergrund (Windisch-Graetz in Rebhahn/GIBG, §20 Rn 32). Eine solche Honorierung von Lebenserfahrung ist aber kein zulässiges Regelungsziel, welches eine mittelbare Altersdiskriminierung rechtfertigen kann (Schmidt/Senne, Das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung und seine Bedeutung für das deutsche Arbeitsrecht, RdA 2002, 80).

 

Werden Zeiten zum Zwecke der Honorierung von Berufserfahrung angerechnet, ist zu differenzieren: Grundsätzlich ist die Honorierung von Berufserfahrung immer dann ein legitimes Ziel, wenn die frühere Tätigkeit für die nunmehr aufgenommene Tätigkeit relevant ist. Einstufungsregelungen hingegen, die sachgrundlos Zeiten berücksichtigten, die keine zusätzlichen Qualifikationen bringen, können nicht mit dem Ziel, Berufserfahrung zu honorieren, gerechtfertigt werden (Windisch-Graetz in Rebhahn/G1BG, §20 Rn 32; Rebhahn, Altersdiskriminierung, in Altersgerechte Arbeitswelt (2004), 42f.; Schmidt in Schiek, AGG, §10, Rn 8).

 

Der Gesetzgeber hat [sich] anhand dieser unionsrechtlichen Vorgaben orientiert, wie sich aus den diesbezüglichen Materialien (RV 584 BlgNR 25. GP ) ergibt:

 

'Ziel des neuen §53a BBG ist es, bisherige diskriminierende Entlohnungssystem zu beseitigen und durch ein von Anfang an diskriminierungsfreies Entlohnungssystem zu ersetzen. Um dies zu erreichen, wird das Gehaltssystem unter Beachtung unionsrechtlicher Vorgaben reformiert [...] Die bisherige Anrechnung aller Vordienst-zeiten, insbesondere die uneingeschränkte Halbanrechnung sämtlicher nicht ausdrücklich voll angerechneter Zeiten, stellt mittelbar auf das Lebensalter der Bediensteten zu ihrem Eintrittsdatum ab. Diese überschießende Anrechnung von Vordienstzeiten geht weit über die Honorierung erworbener Berufserfahrung, die Bediensteten ermöglicht, ihre Arbeit besser zu verrichten, hinaus (siehe die Urteile des EuGH C‑88/08, Hütter, Rn. 47 C-297/10).'

 

Gemäß §53a Abs2 BBG werden nun Vordienstzeiten bei den ÖBB-Gesellschaften — insbesondere die unter dem bisherigen Anrechnungssystem nicht berücksichtigten Lehrzeiten, die bei diesen Gesellschaften vor dem 18. Lebensjahr absolviert wurden — sowie Vordienstzeiten bei Eisenbahninfrastrukturunternehmen und/oder Eisenbahnverkehrsunternehmen im Sinne des Eisenbahngesetzes bzw. bei vergleichbaren Eisenbahninfrastruktur- und Eisenbahnverkehrsunternehmen in einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums, der Türkischen Republik oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft, sofern diesbezüglich eine rechtliche Verpflichtung besteht, angerechnet. §53a Abs2 BBG berücksichtigt daher nicht nur unternehmenseinschlägige Berufserfahrung (was zulässig wäre, siehe EuGH C-132/11 , Tyrolean Airways), sondern die in der Branche der mitbeteiligten Partei relevante Berufserfahrung. Eisenbahnferne Zeiten sind von §53a Abs2 BBG nicht erfasst.

 

Da der EuGH grundsätzlich von einer Rückwirkung seiner Rechtsprechung ausgeht, und da er eine solche weder in der Entscheidung Hütter noch in der Entscheidung Starjakob ausgeschlossen hat, hat der Gesetzgeber die gleichbehandlungswidrigen Bestimmungen mit §56 Abs19 bis 23 BBG rückwirkend aufgehoben und ebenfalls rückwirkend durch diskriminierungsfreie Bestimmungen ersetzt. Insgesamt hat der Gesetzgeber durch §53a BBG ein diskriminierungsfreies Vergütungssystem geschaffen.

 

3.2.4.2. Zur Herstellung eines unionsrechtskonformen Zustands ist neben der Einführung eines diskriminierungsfreien Vergütungssystems auch eine unionskonforme Überleitung der Bediensteten erforderlich. Denkbar sind hier grundsätzlich zwei Varianten — (1) eine Überleitung der Bediensteten in das neue Vergütungssystem auf Basis des diskriminierenden Gehalts oder (2) eine Neuberechnung der Gehälter der Bediensteten anhand der Parameter des neuen, diskriminierungsfreien Vergütungssystems.

 

Der EuGH hat eine Überleitung auf Basis des diskriminierenden Gehalts, und somit ein Fortbestehen der Diskriminierung, nur dann zugelassen, wenn sie zur Erreichung des Ziels der Wahrung des Besitzstandes verhältnismäßig — dh angemessen und erforderlich — war (EuGH 19.6.2014, C-501/12 , Specht, EuGH 9.9.2015, C-20/13 , Unland). Der EuGH betont in diesen Entscheidungen, dass eine solche Überleitung immer nur dann erforderlich ist, wenn eine Neuberechnung der Gehälter in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nicht handhabbar ist und zu willkürlichen und sachfremden Ergebnissen führen würde (EuGH 19.6.2014, C‑501/12, Specht, Rn 78f). Diese Voraussetzungen treffen aber auf die Situation der mitbeteilig ten Partei nicht zu.

 

Die Neuberechnung der Gehälter ist jene Überleitungsmethodik, welche die Diskriminierung durch das ehemalige Vergütungssystem am unmittelbarsten beseitigt. Um für jene Bediensteten, bei denen eine Neuberechnung der Gehälter zu Einkommensverlusten führen würde, ebendiese Einkommensverluste zu vermeiden, ist ihr zuletzt bezogenes Gehalt so lange zu wahren, bis sie dieses Gehaltsniveau auch nach dem neuen Vergütungssystem erreichen. Auch diese Form der Überleitung führt zu einem zeitweiligen Fortlaufen der Diskriminierung. Dies ist aber, so GA Bot in den Schlussanträgen der Rs Specht und Starjakob, durch die Wahrung des Besitzstandes der Bediensteten gerechtfertigt. Die diskriminierenden Auswirkungen des alten Entgeltssystems werden so schrittweise beseitigt (Schlussanträge GA Bot in Specht, Rn 90; Schlussanträge GA Bot in Starjakob, Rn 59f. Die Altersdiskriminierung wird aber nicht über das angemessene und erforderliche hinaus fortgeführt.

 

Der Gesetzgeber hat sich für eine Überleitung in das diskriminierungsfreie System mittels (denklogisch notwendiger und unionsrechtlich gebotener) rückwirkender Neuberechnung der Gehälter entschieden. Diese Neuberechnung anhand der Parameter des neuen Vergütungssystems führt zum Teil dazu, dass sich Vorrückungsstichtage von Bediensteten verbessern, und es somit zu einer höheren Einstufung sowie zu Nachzahlungen kommt. Die mitbeteiligte Partei hat bis dato Nachzahlungen in Höhe von insgesamt rund € 23 Mio. brutto an Bedienstete geleistet. Teilweise bleiben Vorrückungsstichtage unverändert, so dass es zu keinen Veränderungen im Gehalt kommt. Verschlechtert sich der Vorrückungsstichtag, bleibt jedoch das zuletzt bezogene Gehalt gewahrt, so dass es zu keinen Gehaltseinbußen kommt. Der Gesetzgeber hat auch, um allfällige Erwartungen auf zukünftige Gehaltssteigerungen zu wahren, für alle Bediensteten mittels §53a Abs7 BBG eine neue Gehaltsstufe in den AVBs eingeführt. Für jene Bediensteten, welche sich bereits in der letzten Gehaltsstufe befinden, kommt es durch die Neuberechnung zu keinerlei gehaltsmäßigen Veränderungen.

 

Auch die Überleitung der Bediensteten in das neue diskriminierungsfreie Vergütungssystem ist daher unionskonform, so dass §53a BBG insgesamt einen unionsrechtskonformen Zustand herbeiführt. Somit steht fest, dass der durch die BBG-Novelle bewirkte Eigentumseingriff zur Erreichung des legitimen Ziels der Herbeiführung eines unionsrechtskonformen Zustandes geeignet ist.

 

Ergänzend sei noch ausgeführt, dass auch die zur Herbeiführung des unionsrechtskonformen Zustandes gewählte Vorgangsweise, nämlich durch einen gesetzlichen Eingriff in vertragliche Regelungen, im öffentlichen Interesse liegt. Da die Wirkungen des Urteils in der Rs Starjakob ohne Übergangsfrist und erga omnes wirken, galt es, so rasch wie möglich den unionsrechtskonformen Zustand herzustellen. Auch die Antragsteller gestehen zu, dass es zur Zielerreichung erforderlich ist, in privatrechtliche Verträge einzugreifen (Seite 17 der Anträge). Eine bloße Aufhebung der gesetzlichen Bestimmungen der BBG-Novelle, BGBl I 129/2011 und eine Anpassung der Gehaltsregelungen durch die Vertragsparteien würde jedenfalls mehr Zeit in Anspruch nehmen. Da sich aus der Rs Starjakob ergibt, dass die dort als 'benachteiligte Bedienstete' bezeichneten Arbeitnehmer nach der Rechtslage vor der BBG-Novelle unmittelbar einen Anspruch auf eine für sie günstigere Einstufung und damit auf ein höheres Entgelt hatten, wäre, wie bereits ausgeführt, den ÖBB-Gesellschaften ein erheblicher Kostenaufwand mit Auswirkungen auf das Maastricht-Defizit entstanden und es hätte sich die Haftung des Bundes erhöht. Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis VfSlg 17.071 die Argumentation der Bundesregierung, dass die Kodifikation des ÖBB-Pensionsrechts wegen der Vermeidung eines erheblichen Kostenaufwandes erforderlich sei, gebilligt. Diese Überlegungen lassen sich auf den vorliegenden Fall infolge der Auswirkungen auf die 'Maastricht-Verschuldung' für das Budget der öffentlichen Hand und der Ausfallshaftung des Bundes nach §52 BBG übertragen.

 

Bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses ist weiters zu berücksichtigen, dass die durch die BBG-Novelle modifizierten Gehaltsregelungen eine sogenannte 'Jeweils-Klausel' enthalten, die für den einzelnen ÖBB-Bediensteten im Ergebnis keine Gewähr für die Unabänderbarkeit seiner besoldungsrechtlichen Stellung bietet (vgl analog zu den vormaligen ÖBB-Pensionsregelungen: VfSlg 17.071).

 

Nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes sind die verschiedenen Dienstvorschriften der ÖBB nur Vertragsschablonen, die mit dem Abschluss der jeweiligen Einzeldienstverträge rechtlich wirksam werden. Nach herrschender Auffassung bringt der jeweilige Bedienstete seinen Unterwerfungswillen dadurch hinlänglich zum Ausdruck, dass er den im Verleihungsschreiben enthaltenen ausdrücklichen Hinweis, dass auf das Dienstverhältnis die jeweilige Vertragsschablone in ihrer letzten Fassung sowie die sonstigen für die Beamten der Österreichischen Bundesbahnen jeweils geltenden Bestimmungen Anwendung finden, widerspruchslos zur Kenntnis nimmt. Der in der 'Jeweils-Klausel' zum Ausdruck kommende Änderungsvorbehalt räumt dem Arbeitgeber eine nach dem Grundsatz von Treu und Glauben und nach billigem Ermessen auszuübende Regelungsbefugnis ein, wobei nicht nur verbessernde, sondern auch verschlechternde Bestimmungen von einem solchen Gestaltungsrecht umfasst sind (vgl etwa OGH 16.10.2003, 8 ObA 16/03s). Hiebei ist hervorzuheben, dass der Oberste Gerichtshof es auch für zulässig erachtet, dass die Parteien insbesondere im Rahmen der Privatautonomie berechtigt sind, derartige Gestaltungsrechte auf den Gesetzgeber zu übertragen (OGH 29.10.2014, 9 ObA 157/13y).

 

Damit erweist sich insgesamt der Eingriff in die Gehaltsregelungen (Vertragsschablonen) durch Gesetz als geeignet zur Verfolgung der legitimen öffentlichen Interessen.

 

3.2.5 Eine gesetzliche Regelung ist verhältnismäßig, wenn sie unter Bedachtnahme auf die Intensität der Grundrechtsbeschränkung eine angemessene Relation der Erfordernisse des Allgemeininteresses zu den Grundrechtsschutzinteressen des Einzelnen bewirkt (VfSlg 13.964/1994, VfGH 3.3.2015, G107/2013). Es muss zum einen bei einer Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Regelung und dem Interesse des Betroffenen an der Vermeidung des Eigentumseingriffes das öffentliche Interesse überwiegen und es darf ferner der zur Verwirklichung einer im überwiegenden öffentlichen Interesse getroffenen Regelung vorgenommene Eigentumseingriff nicht weiter gehen, als dies zur Erreichung des Regelungszieles notwendig ist VfSlg 17.071, 19.722).

 

Die Antragsteller verkennen in ihrer Argumentation, dass die Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht darauf abstellt, ob der Gesetzgeber das gelindeste Mittel zur Zielerreichung gewählt hat. Nach der verfassungsgerichtlichen Judikatur steht dem Gesetzgeber ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu. Der Verfassungsgerichtshof hat nicht zu beurteilen, ob die Verfolgung eines Zieles etwa aus wirtschafts‑ oder sozialpolitischen Gründen zweckmäßig ist, wobei dieser Gestaltungsspielraum dem Gesetzgeber allerdings nur in dem Rahmen zusteht, als die Bestimmung nicht 'exzessiv' ist. Ist sie nicht 'exzessiv', genügt sie auch dem aus dem Eigentumsrecht erfließenden Gebot der Verhältnismäßigkeit (VfGH 26.9.2014, B1504/2013 ua). Der Eingriff in das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums ist nicht deshalb unverhältnismäßig, weil der Bundesgesetzgeber die von ihm verfolgten — im öffentlichen Interesse liegenden — Ziele gegebenenfalls auch mit anderen Mitteln erreichen hätte können (VfSlg 16.764, VfGH 7.10.2015, G282/2015).

 

Die Antragsteller halten die rückwirkende Änderung der anrechenbaren Zeiten gemäß §53a Abs2 iVm §56 Abs18 bis 23 BBG für nicht verhältnismäßig, weil sich das bisherige System diskriminierungsfrei gestalten ließe, indem alle schon bisher anrechenbaren Vordienstzeiten auch dann berücksichtigt werden, wenn sie vor dem 18. Geburtstag liegen (Seite 17 der Anträge). Dies trifft schon deshalb nicht zu, weil das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot es nicht gestattet, sachgrundlos fremde Vordienstzeiten anzurechnen (siehe oben Pkt 3.2.4). Die nach den Vertragsschablonen BO 1963, DILO 1954, GaO und TbO 1977 zur Hälfte anrechenbaren 'sonstigen' Zeiten erfüllen dieses Erfordernis ebensowenig wie die dort zur Gänze anrechenbaren Zeiten im öffentlichen Dienst. Die aufgezeigte Regelungsalternative ist daher zur Erreichung eines unionsrechtskonformen Zustands nicht einmal geeignet.

 

Selbst wenn die von den Antragstellern aufgezeigte Alternative zur Herstellung des unionsrechtskonformen Zustandes geeignet wäre, zeigt die vorstehende Judikatur, dass der Gesetzgeber den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch dann einhält, wenn er das Ziel gegebenenfalls mit anderen Mitteln erreichen hätte können, sofern die gewählte Regelungsalternative nicht exzessiv ist.

 

In Bezug auf das von den Antragstellern in Zweifel gezogene Ziel der Reduzierung finanzieller Belastungen (zur Legitimität dieses Ziels siehe oben Punkt 3.2.3) anerkennen die Antragsteller zwar die Eignung des Ziels, halten die gewählte Regelung jedoch nicht für erforderlich im Sinne eines gelindesten Mittels, weil die Sicherstellung eines diskriminierungsfreien Entlohnungssystems nicht zwingend die abrupte rückwirkende Neuberechnung der Vordienstzeiten erfordere und Übergangsregelungen in Form einer phasenweisen Überleitung ins neue System gleichermaßen zur Zielerreichung geeignet wären. Wie erwähnt, kommt es nicht darauf an, ob andere Handlungsalternativen ebenfalls geeignet wäre; sondern ob die gewählte nicht exzessiv ist.

 

Von einer exzessiven Regelung kann keine Rede sein. Die Neuberechnung des Vorrückungsstichtages erfolgt zwar rückwirkend (§56 Abs19 bis 23 BBG). Jedoch kommt es für die von der BBG-Novelle betroffenen ÖBB-Bediensteten zu keinen Gehaltseinbußen, weil §53a Abs6 BBG ausdrücklich anordnet, dass die Neueinstufung zu keiner Reduktion der vor Kundmachung der BBG-Novelle bezogenen Gehälter führt. Sofern die neue Einstufung zu einer Verschlechterung führt, bleibt das zuletzt bezogene Gehalt gewahrt, bis das sich aus der neuen Einstufung ergebende Gehalt das gewahrte Gehalt entsprechend der Anlagen 2 und 2a AVB erreicht.

 

Die Verhältnismäßigkeit der Regelung liegt nicht nur vor, wenn man im Sinne der Antragsteller das Wort 'bezogen' als nach der unionsrechtskonform auszulegenden alten Rechtslage zustehend (im Sinne von: Anrechnung aller Vordienstzeiten nach den Vertragsschablonen ohne Altersgrenze) auslegt. Die Antragsteller erachten sich bei dieser Auslegung als nicht beschwert (siehe Punkt 2.1.5.) Die Regelung ist auch verhältnismäßig, wenn man 'bezogen' in §53 Abs6 BBG so auslegt, dass damit das tatsächlich bezahlte Gehalt gemeint ist.

 

Da die Prüfung der Verhältnismäßigkeit des §53a Abs2 und 3 BBG durch den Verfassungsgerichtshof davon abhängig sein könnte, wie §53a Abs6 BBG auszulegen ist, wird dazu ausgeführt:

 

Auszugehen ist zunächst von der wörtlichen Auslegung dieses Begriffes:

 

Wie bereits das ordentliche Gericht im Anlassverfahren richtig erkannt hat, kann nach dem allgemeinen Sprachgebrauch die Wortfolge des 'zuletzt bezogenen Gehalts' nur als das tatsächlich ausbezahlte Gehalt verstanden werden. Es ist schlicht unerfindlich, dass unter dem bezogenen Gehalt das 'zustehende' Gehalt (mit dem Anspruchsumfang, wie von den Antragstellern gefordert) gemeint sein soll. Die Anträge räumen selbst ein, dass in der Rechtsordnung in zahlreichen, von ihnen selbst angeführten Gesetzesbestimmungen 'bezogen' so zu verstehen ist, wie es auch das ordentliche Gericht im Anlassverfahren getan hat.

 

Allfällige noch verbleibende Auslegungsspielräume werden durch die systematische, historische und teleologische Auslegung ausgeräumt:

 

§53a Abs1-5 BBG idgF legen den Vorrückungsstichtag, die Vorrückung und die Einstufung in die Gehaltsstufen der Gehaltstabellen Anlage 2 und 2a der Allgemeinen Vertragsbedingungen für Dienstverträge bei den Österreichischen Bundesbahnen (AVB) durch Gesetz, wenn auch mit Anknüpfung an außergesetzliche Gehaltstabellen, fest. Wenn nun Abs6 leg cit normiert, dass die Einstufung nach Abs5 zu keiner Reduktion der vor Kundmachung dieses Bundesgesetzes bezogenen Gehälter führt, kann dies sinnvoll nur als ein Vergleich des Gehaltes nach der Neueinstufung gemäß der BBG-Novelle zum bisher bezahlten Gehalt verstanden werden.

 

Die Bedeutung des Begriffs 'bezogen' wird weiters durch die eindeutigen Materialien zur BBG-Novelle gestützt (584 BlgNR 25. GP ):

 

'Das neue Anrechnungssystem wird rückwirkend auf alle Bediensteten angewendet, um von Beginn an ein diskriminierungsfreies System zu schaffen. Die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages kann zu einer Veränderung des Vorrückungsstichtages und somit auch zu einer Veränderung der Einstufung in eine Gehaltsstufe führen. Führt die Neuberechnung zu einer Einstufung in eine höhere Gehaltsstufe, erhalten die betroffenen Bediensteten das Entgelt, das ihnen aufgrund der diskriminierungsfreier Berücksichtigung genannter (Vor-)Dienstzeiten zusteht; dies auch rückwirkend unter Berücksichtigung der nationalen Verjährungsvorschriften. Führt die Neuberechnung des Vorrückungsstichtages zu der Einstufung in eine niedrigere Gehaltstufe, bleibt zunächst das zum Zeitpunkt der Neuberechnung tatsächlich bezogene Gehalt aus Besitzstandsgründen gewahrt. Diesen Bediensteten ist ihr Gehalt in der zuletzt tatsächlich bezogenen Höhe im letzten Monat vor Kundmachung so lange garantiert, bis sie die nach dem neuen Vorrückungsstichtag für die Erreichung einer höheren Gehaltsgruppe erforderliche Dienstzeit erworben haben. Sie behalten ihr Gehalt so lange unverändert bei, bis sie die dem bisherigen tatsächlich bezogenen Gehalt nunmehr entsprechende Gehaltsstufe erreichen.'

 

Die Erläuterungen lassen an Klarheit nichts zu wünschen übrig: Hätte 'bezogen' die Bedeutung von 'zustehend' läge ein Pleonasmus vor. Dem (österreichischen) Recht ist nämlich ein Unterschied zwischen 'Ansprüchen' und 'tatsächlichen Ansprüchen' unbekannt.

 

Auch eine teleologische Interpretation bestätigt das Auslegungsergebnis des Erstgerichts: Ziel der BBG-Novelle ist, wie aus den Materialien hervorleuchtet, 'das bisherige diskriminierende Entlohnungssystem zu beseitigen und durch ein von Anfang an diskriminierungsfreies Entlohnungssystem zu ersetzen. Um dies zu erreichen, wird das Gehaltssystem unter Beachtung unionsrechtlicher Vorgaben reformiert' Wären die 'bezogenen Gehälter' als unter Anwendung des Unionsrechts nach der bisherigen Rechtslage zustehende Gehälter zu verstehen, hätte die Gehaltsreform keinen Zweck, weil die durch die Reform zu beseitigende Diskriminierung durch die Reform festgeschrieben werden würde.

 

Zusammenfassend sind somit die 'bezogenen Gehälter' als die bisher 'ausgezahlten Gehälter' zu verstehen.

 

Die Wahrungsklausel bewirkt — in beiden Auslegungsvarianten — sogar gegenüber der bisherigen Rechtslage für die betroffenen Bediensteten einen Vorteil, weil die Höhe des bisher bezogenen Gehalts 'versteinert' wird: vom Dienstgeber einseitig vorgenommene Änderungen der Vertragsschablonen, die eine Reduktion des bisher bezogenen Gehalts bewirken würden, hätten keine Wirkung. Außerdem wurde in Ausführung des §53a Abs7 BBG eine weitere Gehaltsstufe eingeführt, die zu einer vorzeitigen Gehaltserhöhung bereits nach der Hälfte der nach dem bisherigen System erforderlichen Dienstzeit — wenn auch unter Berücksichtigung des neu berechneten Vorrückungsstichtages — führt.

 

Außerdem ist die nunmehrige bundesgesetzliche Regelung des Entgeltsystems der ÖBB‑Bediensteten nicht beliebig abänderbar, zumal auch (künftige) gesetzliche Änderungen dem aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz unterliegen (VfSlg 17.071).

 

Nach Ansicht der mitbeteiligten Partei ist das vorn Gesetzgeber gewählte System daher keinesfalls als exzessiv zu werten.

 

Die Antragsteller gestehen zu, dass die Neueinstufung durch §53a Abs6 BBG abgefedert wird, meinen jedoch, dass das Interesse einer 'von Anfang an' diskriminierungsfreien Regelung nicht dazu geeignet sei, die Interessen der Arbeitnehmer an einem möglichst gelinden Eingriff in ihre Verträge zu überwiegen (Seite 18 der Anträge). Zum Erfordernis einer 'von Anfang an' diskriminierungsfreien Regelung wird auf Punkt 3.2.4 verwiesen. Aufgrund der 'Rückwirkung' des Urteils in der Rs Starjakob war die rückwirkende Neuregelung des Vorrückungsstichtages erforderlich. Ob die Herbeiführung des unionsrechtskonformen Zustandes auch durch eine andere Regelung möglich gewesen wäre und ob der Gesetzgeber eine andere Übergangsregelung treffen hätte können, ist nach der verfassungsgerichtlichen Judikatur nicht ausschlaggebend. Zu den im Zusammenhang mit dem Grundrecht auf Eigentum nur am Rande gestreiften Vertrauensschutzerwägungen wird in Pkt 3.3 eingegangen.

 

3.2.6 Die Neuregelung betreffend die Vorrückung in §53a Abs3 BBG kann nicht isoliert von der Neuregelung eines diskriminierungsfreien Besoldungssystems beurteilt werden. Wie unter Pkt 1.3 dargestellt, war der Vorrückungstermin in (unterschiedlich anzuwendenden Fassungen des) §34 AVB geregelt, der in einem systematischen Zusammenhang zum Vorrückungsstichtag des §35 AVB steht. Der Vorrückungstermin bestimmt — ausgehend vom Vorrückungsstichtag — den Zeitpunkt des Eintritts in eine (neue) Gehaltsstufe. Das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot verbietet — vereinfacht gesprochen — eine unterschiedliche Entlohnung, die allein vom Lebensalter abhängig ist. Folglich ist auch die Regelung des Vorrückungstermins ein Bestandteil der Entlohnungsregeln, die dem Diskriminierungsverbot entsprechen müssen. Eine gesetzliche Regelung, die neben dem Vorrückungsstichtag auch den Vorrückungstermin neu festlegt, ist somit zur Erreichung des Ziels des unionsrechtskonformen Zustandes geeignet.

 

Wiederum verkennen die Antragsteller, dass eine Regelung nicht deshalb unverhältnismäßig ist, weil der Gesetzgeber die von ihm verfolgten Ziele gegebenenfalls auch mit anderen Mitteln erreichen hätte können. Die Festlegung eines einzigen Vorrückungstermins dient der Vereinfachung der Gehaltsabrechnungen. Sie führt auch nur zu einem vergleichsweise geringen Eingriff in das bisherige System, weil ein ÖBB-Bediensteter maximal ein Jahr länger als im bisherigen System auf eine Erhöhung seines Gehaltes infolge Vorrückung warten muss. Ein Regelungsexzess ist darin nicht zu erblicken.

 

Schließlich anerkennen auch die Antragsteller, dass mit der Reduzierung der Vorrückungstermine auch die finanziellen Lasten der Dienstgeber gesenkt werden. Die damit einhergehende Verringerung der Maastricht-Verschuldung der öffentlichen Hand und der Ausfallshaftung des Bundes sind im öffentlichen Interesse liegende Ziele und §53a Abs3 BBG zur Erreichung dieser Ziele geeignet und aufgrund der vergleichsweise geringen Eingriffsintensität auch verhältnismäßig.

 

3.3 Zur behaupteten Verletzung des Gleichheitssatzes

 

3.3.1 Ausgehend von der Zulässigkeit des Eigentumseingriffes bestehen aber auch keine Bedenken in Bezug auf den Gleichheitssatz nach Art7 Abs1 B‑VG, Art2 StGG.

 

Nach der vom Verfassungsgerichtshof entwickelten Prüfungsformel gestattet der Gleichheitssatz nur eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung; eine solche setzt relevante Unterschiede im Tatsachenbereich (objektive Unterscheidungsmerkmale) voraus. Nach ständiger Judikatur muss der Gesetzgeber an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen knüpfen; wesentlich ungleiche Tatbestände müssen zu entsprechend unterschiedlichen Regelungen führen (Mayer/Muzak, B‑VG Kommentar5 §2 StGG 605 mwN).

 

Die Antragsteller sehen sich durch die angefochtenen Bestimmungen im Wesentlichen in dem durch den Gleichheitssatz vermittelten Vertrauensschutz verletzt. Nach der diesbezüglichen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes genießt das bloße Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage als solches keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (VfSlg 16.687). Vielmehr bleibt es dem Gesetzgeber auf Grund des ihm zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes unbenommen, die Rechtslage auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern (zB VfSlg 18.010). Nur unter besonderen Umständen setzt der Vertrauensschutz dem Gesetzgeber verfassungsrechtliche Grenzen, so insbesondere, wenn dem Betroffenen zur Vermeidung unsachlicher Ergebnisse die Gelegenheit gegeben werden muss, sich rechtzeitig auf die neue Rechtslage einzustellen (VfSlg 13.657, 15.373, 16.754). Vertrauensschutz begründende Umstände können nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darin liegen, dass rückwirkend an in der Vergangenheit liegende Sachverhalte geänderte (für die Normunterworfenen nachteilige) Rechtsfolgen geknüpft werden (VfSlg 13.020, 16.850) oder dass der Gesetzgeber in Rechtsansprüche, auf die sich die Normunterworfenen nach ihrer Zweckbestimmung rechtens einstellen durften (wie auf Pensionsleistungen bestimmter Höhe), plötzlich und intensiv nachteilig eingreift (VfSlg 11.288, 16.764, 17.254) oder dass der Gesetzgeber, der Normunterworfene zu Dispositionen veranlasst hat, durch eine spätere Maßnahme diese im Vertrauen auf die Rechtslage vorgenommenen Dispositionen frustriert bzw ihrer Wirkung beraubt (VfSlg 12.944, 13.655, 16.452).

 

3.3.2 Ausgangspunkt der Überlegungen zur Sachlichkeit der angefochtenen Bestimmungen ist zunächst der Umstand, dass die von ihnen modifizierten Vertragsschablonen stets unter einem Änderungsvorbehalt standen und damit auch verschlechternde Bestimmungen vom Gestaltungsrecht erfasst sind. Derartige Vertragsänderungen können nicht nur als Einbahnstraßen zugunsten der Arbeitnehmer angesehen werden (vgl Tomandl in ZAS 1995, 181 mwN). Insbesondere hat die Rechtsprechung etwa auch die nachteilige Änderung hinsichtlich einer Vorrückung als zulässig erachtet (OGH 16.6.1999, 9 ObA 17/99m).

 

Von der neuen Regelung sind 24.276 Mitarbeiter der ÖBB-Gesellschaften erfasst. Davon kommt es bei 13.573 Mitarbeitern (rund 56%) zu keiner Änderung, weil sie sich bereits in der letzten Gehaltsstufe befinden. Weitere 3.723 Mitarbeiter (rund 15%) erhielten aufgrund geänderter (günstigerer) Vorrückungsstichtage Gehaltsnachzahlungen. In Summe hat somit für 71% der Mitarbeiter die Neuregelung unabhängig von ihrer künftigen Karriereentwicklung (Verbleib bei den / Verlassen der ÖBB-Gesellschaften / Ruhestandsversetzung zu jeglichem Zeitpunkt in der Zukunft) entweder zu einer unmittelbaren Verbesserung oder zu keiner Verschlechterung ihrer Einkommenssituation geführt.

 

Für die übrigen 6.980 Mitarbeiter (rund 29%) lässt sich keine eindeutige Aussage treffen. Ihr Vorrückungsstichtag bleibt aufgrund der Neuregelung gleich bzw verschlechtert sich. Unter der Annahme, dass diese Mitarbeiter bis zu ihrem altersbedingten Pensionsantritt bei den ÖBB-Gesellschaften verbleiben, kommt es in einem Betrachtungszeitraum von 2016 bis 2033 bei 2.267 Mitarbeitern (rund 9%) dennoch zu einer Verbesserung ihrer Einkommenssituation, weil die Gehaltserhöhung durch die wieder eingeführte vorletzte Gehaltsstufe die Gehaltseinbußen durch den schlechteren Vorrückungsstichtag überkompensiert. Lediglich für 4.713 Mitarbeiter (rund 19%) führt die Neuregelung unter den genannten Annahmen in diesem Betrachtungszeitraum zu Einbußen. Von den 4.713 Mitarbeitern beschränken sich für 4.467 Mitarbeiter die Einbußen auf maximal 3,49% Restgesamtverdienstsumme nach der alten Regelung. Somit verlieren im angenommen Karriereverlauf lediglich 246 Mitarbeiter (rund 1%) mehr als 3,5% ihrer Restgesamtverdienstsumme.

 

3.3.3 Da das Besoldungsrecht der ÖBB-Bediensteten dem Beamtendienstrecht nachempfunden ist (OGH 16.6.1999, 9 ObA 17/99m), kommt der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Beamtendienstrecht besondere Bedeutung zu. Die Ähnlichkeit zeigt sich gerade in Bezug auf die von den angefochtenen Gesetzesbestimmungen erfassten Themenbereiche, nämlich dem Vorrückungsstichtag und dem Vorrückungstermin. Die Regelungen in den Vertragsschablonen entsprachen weitgehend etwa jenen im Dienstrecht der Bundesbeamten (vgl die historischen §8 Abs2 und §12 GehaltsG 1956).

 

Nach der einschlägigen Rechtsprechung ist dem Gesetzgeber bei der Regelung des Dienst-, Besoldungs‑ und Pensionsrechtes der Beamten durch den Gleichheitsgrundsatz ein verhältnismäßig weiter Gestaltungsspielraum offen gelassen; der Gesetzgeber ist lediglich gehalten, das Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrecht derart zu gestalten, dass es im Großen und Ganzen in einem angemessenen Verhältnis zu den dem Beamten obliegenden Dienstpflichten steht (VfSlg 16.176, 17.452); insbesondere liegt die Art der Gestaltung des Gehaltsschemas der Beamten in der rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, sofern er mit seiner Regelung nicht gegen das — sich aus dem Gleichheitsgrundsatz ergebende — Sachlichkeitsgebot verstößt (VfSlg 16.176; VfGH 7.6.2013, B19/2013).

 

In Hinblick darauf, dass mit der BBG-Novelle das System der Einstufung in das jeweilige Gehaltsschema des ÖBB-Bediensteten grundlegend geändert wird, sei auch darauf verwiesen, dass es dem Gesetzgeber freisteht, unterschiedliche Ordnungssysteme zu schaffen (Berka, aaO, Rz 943) und damit auch Ordnungssysteme zu ändern.

 

Insbesondere gewährleistet keine Verfassungsvorschrift den Schutz erworbener Rechtspositionen, so dass es im Prinzip in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers fällt, eine einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern. Die Erlassung gesetzlicher Regelungen, die eine Kürzung des Aktivbezuges eines Beamten bewirken, fällt im Prinzip in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Freilich ist er auch dabei an das aus dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz erfließende Sachlichkeitsgebot gebunden, wobei das Sachlichkeitsgebot dem Gesetzgeber auf dem Gebiet des Dienst- und Besoldungsrechtes lediglich auferlegt, dieses System derart zu gestalten, dass es im Großen und Ganzen in angemessenem Verhältnis zu den den Beamten obliegenden Dienstpflichten steht (VfSlg 14.867).

 

Im Erkenntnis VfSlg 16.764 hat der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, dass gesetzliche Vorschriften mit dem Gleichheitssatz in Konflikt geraten können, weil und insoweit sie die im Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage handelnden Normunterworfenen nachträglich belasten, und dass schwerwiegende und plötzlich eintretende Eingriffe in erworbene Rechtspositionen, auf deren Bestand der Normunterworfene mit guten Gründen vertrauen konnte, zur Gleichheitswidrigkeit des belastenden Eingriffes führen können. Zur Beurteilung der Gleichheitskonformität sei insbesondere von Bedeutung, ob Normunterworfene bei einem Eingriff in ihre Rechtsposition in einem Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht werden, auf das sie sich berechtigterweise berufen konnten, und nicht etwa besondere Umstände vorliegen, die eine solche Rückwirkung – beispielsweise um einen gleichheitswidrigen Zustand zu beseitigen — verlangen. Im Fall der Verletzung eines gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbotes ist der Gesetzgeber ganz allgemein nicht gehalten, die erforderliche Korrektur der Rechtslage nach der für die Versicherten (hier: Betroffenen) günstigeren Variante auszurichten.

 

Fasst man diese Rechtsprechungslinien zusammen, zeigt sich völlig klar, dass die BBG‑Novelle keine unsachliche Regelung darstellt. Zunächst konnten die Antragsteller keineswegs darauf vertrauen, dass die Höhe ihrer Bezüge im Sinne einer Einbahnstraße bei Veränderungen ausschließlich ansteigt. Noch weniger als sonstige Dienstnehmer können ÖBB-Bedienstete, die mit der 'Jeweils-Klausel' ihrem Dienstgeber ein einseitiges Abänderungsrecht ihrer Rechte und Pflichten aus dem Dienstvertrag durch Änderung der Vertragsschablonen einräumen, darauf vertrauen, dass die Regelungen über den Vorrückungsstichtag und den Vorrückungstermin unabänderlich sind.

 

Aus verfassungsrechtlicher Sicht reicht es — analog zum Beamtendienstrecht — aus, dass das System im Großen und Ganzen in angemessenem Verhältnis zu den Pflichten der ÖBB-Bediensteten steht. Das wird von den Antragstellern im Übrigen nicht bestritten. Soweit es durch die Änderung des Besoldungssystems überhaupt zu einem Eingriff in das geschützte Vertrauen in eine Rechtsposition der Antragsteller kommt, ist der Eingriff aufgrund der oben darstellten Notwendigkeit zur Herstellung eines unionsrechtskonformen Zustandes geboten und damit — selbst bei einem schweren Eingriff — gerechtfertigt. Dass die erforderliche Korrektur der Rechtslage nicht in der Form erfolgt, dass die Antragsteller davon — im Sinne der von ihnen präferierten Auslegung des Begriffes 'bezogen' in §53a Abs6 BBG profitierten—, schadet nach der dargestellten Judikatur nicht.

 

3.3.4 Die Änderung des Vorrückungsstichtages und des Vorrückungstermins wäre unter Sachlichkeitsgesichtspunkten allenfalls dann problematisch, wenn keine ausreichenden Übergangsbestimmungen bestehen, die den Betroffenen eine bei Durchschnittsbetrachtung realistische Chance einräumen, die nachteiligen Auswirkungen der Änderung abzufangen (VfSlg 15.373). Diese Übergangsbestimmung in das neue System wird jedoch durch die Wahrungsklausel in §53a Abs6 BBG gewährleistet, und zwar in den beiden oben in Punkt 3.2.5 dargestellten Auslegungsvarianten. Hinzukommt, dass das zukünftige System die (Wieder)‑Einführung einer weiteren Gehaltsstufe gemäß §53a Abs7 BBG idgF vorsieht. Auch diese Bestimmung federt allfällige Gehaltseinbußen im Karriereverlauf nach dem neuen Gehaltssystem ab (siehe oben Punkt 3.2.5). Aus der Darstellung oben in Pkt 3.3.2 ist ersichtlich, dass sich für 71% der Bediensteten überhaupt keine Verschlechterungen ergeben und durch die Wiedereinführung einer weiteren Gehaltsstufe es für weitere 9% der Bediensteten zu einer Verbesserung kommt.

 

Der Verfassungsgerichtshof hatte — ohne Rücksicht auf unionsrechtliche Überlegungen — auch keine Bedenken gegen das (im Beamtendienstrecht des Bundes nunmehr aufgehobene) Modell nach der Wiener Dienstordnung, dass ebenfalls eine Wahrung der bisherigen Bezüge vorsah, weil damit ein legitimes Ziel — die diskriminierungsfreie Berechnung des historischen Vorrückungsstichtages — verfolgt wird und diese Übergangsregelung auch zur Erreichung des Ziels verhältnismäßig ist (VfGH 7.6.2013, B19/2013).

 

3.3.5 Ausgehend von diesen Überlegungen sind die Argumente der Antragsteller nicht stichhaltig:

 

Soweit sie in Bezug auf den geänderten Vorrückungsstichtag und den geänderten Vorrückungstermin auf den Schutz rückwirkender Gesetze verweisen, ist ihnen zunächst entgegenzuhalten, dass die BBG-Novelle im Ergebnis keine Rückwirkung normiert, weil die bisher bezogenen Gehälter gewahrt bleiben. Es kommt lediglich zu einer neuen Einstufung der ÖBB-Bediensteten und damit potentiell zu anderen Gehaltsverläufen in der Zukunft. Gehaltsmäßige Verschlechterungen durch die rückwirkende Inkraftsetzung der Bestimmungen des §53a Abs1 bis 3 und 8 BBG idgF gemäß §58 Abs19 bis 23 BBG sind mit der Wahrungsklausel ausgeschlossen.

 

3.3.6 Soweit sich die Antragsteller auf den Schutz wohlerworbener Rechte berufen, besteht ein solcher Schutz im Grundsatz nicht, zumal schon bisher die 'Jeweils-Klausel' in den Vertragsschablonen kein Vertrauen darauf entstehen lassen konnte, dass die Entwicklung der Gehälter auf der Grundlage der gehaltsmäßigen Einstufung und der vorgesehen Gehaltssprünge gemäß den Vertragsschablonen bis in alle Ewigkeit unverändert (bzw nur zu Gunsten der Arbeitnehmer verändert) so bleibt, wie sie sich vor Inkrafttreten der BBG-Novelle darstellte. Eine allfällige Erschütterung des Vertrauens in die künftige Gehaltsentwicklung ist jedenfalls aufgrund der gebotenen Beseitigung eines unionsrechtswidrigen Zustandes gerechtfertigt und musste dabei nicht in der für den Berufungswerber vorteilhaftesten Form erfolgen.

 

Wenn selbst Pensionskürzungen in Höhe von 10% als unbedenklich erachtet werden, obwohl sich in diesem Fall der Rechtsunterworfene viel schwerer auf die geänderte Rechtslage einstellen kann (VfSlg 14.846/1997), ist umso mehr die vorliegende Neuregelung, die eine Wahrungsklausel enthält und eine weitere Gehaltsstufe vorsieht, völlig unbedenklich. Die BBG-Novelle betrifft nur ÖBB‑Bedienstete des Dienststandes. Ihnen ist es — im Gegensatz zu Pensionisten — durchaus zumutbar, sich auf einen neuen Gehaltsverlauf einzustellen bzw das Unternehmen zu verlassen.

 

3.3.7 Unrichtig unterstellen die Anträge im Übrigen, dass sich die Norm für einen Großteil der Mitarbeiter belastend auswirke (Seite 20 der Anträge). Aus den Ausführungen unter Pkt 3.3.2 geht hervor, dass die Mehrheit der von der Neuregelung betroffenen Mitarbeiter keinen finanziellen Nachteil erleidet.

 

3.3.8 Selbst wenn man jene Bediensteten, die knapp vor der Versetzung in den Ruhestand stehen bzw deren — potentielle! — zukünftigen Gehaltsverläufe sich nach der neuen Regelung im Vergleich zur bisherigen Regelung drastisch verschlechtern, als Härtefälle ansähe, wäre damit die Regelung nicht unsachlich. Knapp vor der Ruhestandsversetzung stehende ÖBB-Bedienstete können sich zwar auf die neue Rechtslage nur noch schwer einstellen, werden aber vor Einbußen durch die Wahrungsklausel geschützt. Drastisch verschlechterte Gehaltsverläufe sonstiger Bediensteter wären atypisch und damit hinzunehmen (VfSlg 12.641). Lediglich für 1% der von der Neuregelung betroffenen Mitarbeiter kommt es zu einer Einbuße von mehr als 3,5% ihrer Restgesamtverdienstsumme (siehe Pkt 3.3.2).

 

Tatsächlich wird von den 19% der Bediensteten, die bei Verbleib bei den ÖBB-Gesellschaften bis zu ihrer altersbedingten Ruhestandsversetzung (Pensionierung) mit Einbußen ihrer Restgesamtverdienstsumme zu rechnen haben, niemand in den Jahren 2016 und 2017, lediglich eine Person im Jahr 2018, werden 2 Personen im Jahr 2019, 3 Personen im Jahr 2020 und insgesamt nur 191 Personen (rund 0,8%) innerhalb der nächsten 10 Jahre (bis 2026) in Ruhestand versetzt werden. Bei jenen Bediensteten, die bis zum Jahr 2020 in Ruhestand versetzt werden, beträgt die Einbuße über die Restgesamtverdienstsumme, maximal 2,49%.

 

Mit anderen Worten hat das Gros der von der Neuregelung betroffenen Bediensteten (rund 99,2%) noch eine Aktivlaufbahn von 10 Jahren und mehr vor sich und betragen die Einbußen bei den knapper vor dem Ruhestand stehenden Personen weniger als 2,49%.

 

Es ist somit für alle Bediensteten, die sich durch die Neuregelung in ihrer weiteren Karriereplanung finanziell zu sehr eingeschränkt sehen, zumutbar, sich auf die geänderten Einkommenserwartungen einzustellen. Für die übrigen Bediensteten sind die finanziellen Einbußen gering.

 

3.3.9 Auch die von den Antragstellern behauptete unsachliche Ungleichbehandlung von Diskriminierten und Nichtdiskriminierten liegt nicht vor. Der Verfassungsgerichtshof hat eine in diesem Punkt vergleichbare Regelung nach der Wiener DO für zulässig erachtet (VfGH 7.6.2013, B19/2013).

 

3.4 Zusammenfassende Würdigung

 

Zusammengefasst lässt vor dem Hintergrund der vorzitierten ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes das Vorbringen die behauptete Rechtsverletzung wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Es liegen somit die Voraussetzungen zur Ablehnung der Anträge gemäß Art140 Abs1b B‑VG vor (vgl in Bezug auf einen Antrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG: VfGH 24.2.2015, G13/2015). Jedenfalls sind die geltend gemachten Bedenken unbegründet."

 

Die mitbeteiligte ÖBB Personenverkehr AG beantragt die Ablehnung der Anträge gemäß Art140 Abs1b B‑VG mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg, in eventu die Zurückweisung der Anträge mangels Zulässigkeit, in eventu deren Abweisung.

3. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie den Anträgen entgegentritt und ihre Zurückweisung als unzulässig, in eventu den Ausspruch beantragt, dass die angefochtenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden. Dazu bringt sie auszugsweise Folgendes vor:

"Da die Bestimmungen der AVB bzw. der — nach Maßgabe der Übergangsvorschriften der AVB weiterhin anwendbaren — früheren Dienstordnungen betreffend die Berechnung des Vorrückungsstichtages im Wesentlichen jenen des GehG bzw. des VBG entsprachen, waren diese Aussagen des Europäischen Gerichtshofes auch für das Dienstrecht der Österreichischen Bundesbahnen einschlägig (vgl. AB 1611 BIgNR 24. GP 1). Um auch im Bereich des Dienstrechts der Österreichischen Bundesbahnen eine den Vorgaben des Unionsrechts bzw. insbesondere der Richtlinie 2000/78/EG entsprechende Rechtslage zu schaffen, wurde — im Anschluss an die Änderungen des Bundesdienstrechts durch die Novelle BGBl I Nr 82/2010 — durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 129/2011 ein neuer §53a in das Bundesbahngesetz eingefügt.

 

[…]

 

8.2.1. §53a Bundesbahngesetz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr 129/2011 räumte also jedem Bediensteten oder Ruhegenussempfänger, der bis zum 31. Dezember 2004 bei den Österreichischen Bundesbahnen oder einem ihrer Rechtsvorgänger oder Rechtsnachfolger eingetreten ist und dessen individueller Vorrückungsstichtag auf Grundlage der Bestimmungen der BO 1963, der DILO 1954, der GaO, der TbO 1977 oder der AVB berechnet wurde, die Möglichkeit (vgl. Abs4) ein, den individuellen Vorrückungsstichtag nach Bekanntgabe der anzurechnenden Vordienstzeiten neu ermitteln zu lassen.

 

8.2.2. Bei der Ermittlung waren sämtliche nach der BO 1963, der DILO 1954, der GaO, der TbO 1977 oder den AVB anrechenbare Zeiten zu berücksichtigen; im Unterschied zu den bis dahin geltenden Bestimmungen der BO 1963, der DILO 1954, der GaO, der TbO 1977 oder der AVB wurden allerdings nunmehr auch vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegte Zeiten für die Ermittlung berücksichtigt.

 

Für den Fall der Neufestsetzung des individuellen Vorrückungsstichtages ordnete §53a Abs2 Z1 Bundesbahngesetz eine Verlängerung des für die Vorrückung in den jeweils ersten drei Gehaltsstufen erforderlichen Zeitraums um jeweils ein Jahr an. Dadurch sollte die unionsrechtskonforme Neuregelung aufkommensneutral bleiben (vgl. AB 1611 BIgNR 24. GP 1).

 

8.2.3. Eine Neufestsetzung wurde gemäß §53a Abs2 Z3 Bundesbahngesetz allerdings nicht wirksam, wenn damit eine gehaltsmäßige Verschlechterung gegenüber der bisherigen Festsetzung verbunden war; in diesen Fällen blieb es daher beim ursprünglich ermittelten Vorrückungsstichtag. Der bisher geltende Vorrückungsstichtag blieb gemäß §53a Abs4 Bundesbahngesetz außerdem für Personen weiterhin wirksam, die keinen, einen nicht korrekten oder einen unvollständigen Nachweis erbrachten.

 

9.1.1. Mit Urteil vom 11. November 2014, Rs. C-530/13 (Schmitzer) erkannte der Europäische Gerichtshof in einem Vorabentscheidungsverfahren betreffend das GehG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr 82/2010, zu Recht, dass Art2 Abs1 und Abs2 Buchstabe 1 und Art6 Abs1 der Richtlinie 2000/78/EG einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der zur Beendigung einer Diskriminierung wegen des Alters Schulzeiten und Zeiten der Berufserfahrung, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegt wurden, berücksichtigt werden, aber gleichzeitig für die von dieser Diskriminierung betroffene Beamte eine Verlängerung des für die Vorrückung von der jeweils ersten in die jeweils zweite Gehaltsstufe erforderlichen Zeitraums um drei Jahre erfolgt.

 

9.1.2. Im Anschluss an dieses Urteil sprach der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 18. Februar 2015, 2014/12/0004, aus, dass bei der Ermittlung der besoldungsrechtlichen Stellung auf Grund des Anwendungsvorranges des Unionsrechts die Regelungen betreffend die Verlängerung der Vorrückung verdrängt würden (vgl. mit einer im Wesentlichen gleichlautenden Begründung VwGH 4. September 2012, 2012/12/0007).

 

9.2.1. Mit Urteil vom 28. Jänner 2015, Rs. C-417/13 (Starjakob) beantwortete der Europäische Gerichtshof schließlich Vorlagefragen des Obersten Gerichtshofes zu dem dem Dienstrecht des Bundes nachgebildeten §53a Bundesbahngesetz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI, I Nr 129/2011. Der Europäische Gerichtshof erkannte zu Recht, dass das Unionsrecht — und dabei insbesondere Art2 und 6 der Richtlinie 2000/78/EG — einer nationalen Regelung entgegenstehe, die zur Beseitigung einer Altersdiskriminierung zwar die vor dem vollendeten 18. Lebensjahr zurückgelegten Vordienstzeiten berücksichtige, aber zugleich eine tatsächlich nur für Bedienstete, die Opfer der betreffenden Diskriminierung sind, geltende Bestimmung enthalte, die den für die Vorrückung in den jeweils ersten Gehaltsstufen erforderlichen Zeitraum um jeweils ein Jahr verlängere und damit eine Ungleichbehandlung wegen des Alters endgültig festschreibe.

 

Der Europäische Gerichtshof stellte gleichzeitig fest, dass das Unionsrecht — dabei insbesondere Art16 der Richtlinie 2000/78/EG — dahin auszulegen sei, dass eine nationale Regelung, mit der eine Altersdiskriminierung beseitigt werden soll, nicht zwingend einen finanziellen Ausgleich in Höhe der Differenz zwischen jenem Entgelt, das der Bedienstete ohne die Diskriminierung erhalten hätte, und dem Entgelt, das er tatsächlich erhalten hat, ermöglichen müsse. Solange allerdings kein System zur Beseitigung der Diskriminierung in einer mit der Richtlinie in Einklang stehenden Weise eingeführt werde, bedeute die Herstellung der Gleichbehandlung Folgendes: Den (diskriminierten) Bediensteten, die ihre Berufserfahrung (teilweise) vor der Vollendung des 18. Lebensjahres erworben haben, seien hinsichtlich der Berücksichtigung dieser Vordienstzeiten, aber auch hinsichtlich der Vorrückung in der Gehaltstabelle dieselben Vorteile zu gewähren, wie sie den (nicht-diskriminierten) Bediensteten, die nach der Vollendung des 18. Lebensjahres eine gleichartige Berufserfahrung in vergleichbarem zeitlichen Umfang erworben haben, zuteil würden.

 

9.2.2. Im Anschluss an dieses Urteil stellte der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 26. Februar 2015, 8 ObA 11/15y, fest, dass das für die vom früheren System begünstigten Bediensteten geltende System das einzig gültige Bezugssystem bleibe und daher auch für die benachteiligte Gruppe gelte, solange kein System zur Beseitigung der Diskriminierung wegen des Alters eingeführt werde. Der Oberste Gerichtshof erkannte daher zu Recht, dass der — vom bestehenden System benachteiligte — Kläger des Ausgangsverfahrens einen Anspruch auf Nachzahlung der geltend gemachten Differenzen zwischen dem tatsächlich bezogenen und dem nach dem günstigeren Bezugssystem zustehenden Gehalt habe.

 

10.1. Durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 64/2015 wurde §53a Bundesbahngesetz im Hinblick auf die Urteile des Europäischen Gerichtshofes und des Obersten Gerichtshofes geändert und erhielt seine geltende Fassung.

 

[…]

 

§56 Abs18 bis 24 Bundesbahngesetz regelt den Anwendungsbereich und das Inkrafttreten des §53a Bundesbahngesetz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 64/2015.

 

[…]

 

Der in §56 Abs18 Bundesbahngesetz festgelegte Anwendungsbereich des §53a leg. cit. stimmt mit dem Anwendungsbereich des §53a Bundesbahngesetz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr 129/2011 überein (vgl. ErIRV 584 BIgNR 25. GP 3) und erfasst Bedienstete, auf deren Dienstverhältnis jeweils die Bestimmungen der BO 1963, der DILO 1954, der GaO, der TbO 1977 oder der AVB anwendbar sind. Die Abs19 bis 23 sehen dementsprechend ein jeweils mit dem Inkrafttreten der BO 1963, der DILO 1954, der GaO, der TbO 1977 oder der AVB übereinstimmendes — und damit rückwirkendes — Inkrafttreten des §53a Abs1 bis 3 und 8 Bundesbahngesetz vor.

 

[…]

 

10.3. §53a Bundesbahngesetz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr 64/2015 unterscheidet sich damit maßgeblich von seiner Vorgängerregelung, die bei prinzipieller Beibehaltung des bisherigen Systems lediglich eine punktuell — für nach dem bisherigen System diskriminierte Bedienstete — wirkende Neuregelung der Ermittlung des Vorrückungsstichtages geschaffen hatte (Neuberechnung des Vorrückungsstichtages und gleichzeitige Verlängerung der Vorrückung in den ersten drei Gehaltsstufen beim Nachweis von vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten, prinzipiell anrechenbaren Zeiten).

 

10.3.1. Mit dem Ziel, das bisherige, vom Europäischen Gerichtshof als diskriminierend erkannte, Entlohnungssystem zu beseitigen und durch ein von Anfang an in sich diskriminierungsfreies Entlohnungssystem zu ersetzen, führt §53a iVm. §56 Abs18 bis 24 Bundesbahngesetz für die Berechnung des Vorrückungsstichtages einen neuen Ansatz ein: Angerechnet werden branchenspezifische Dienst- und Ausbildungszeiten und zwar vollkommen unabhängig davon, in welchem Alter sie zurückgelegt wurden. Mit der altersunabhängigen Berücksichtigung einschlägiger Berufserfahrung schafft §53a Bundesbahngesetz ein auf sachlichen Gesichtspunkten basierendes Anrechnungsmodell, das auch im Hinblick auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes, der die Berücksichtigung von Berufserfahrung für die Entgelthöhe (nur) dann als zulässig erachtet, wenn sie es dem Arbeitnehmer ermöglicht, seine Arbeit besser zu verrichten (vgl. EuGH Urteil vom 18. Juni 2005, Rs. C-88/08 [Hütter] Rz. 47), den Vorgaben des Unionsrechts entspricht.

 

10.3.2. Die Neuberechnung erfolgt automatisch durch den Arbeitgeber — somit die Österreichischen Bundesbahnen, die ÖBB-Holding AG oder eine weitere Nachfolge‑ oder aus einer Umgründung hervorgegangene Gesellschaft; ein gesonderter Antrag des Arbeitnehmers ist nicht erforderlich. Den Arbeitnehmer trifft lediglich eine Mitwirkungsobliegenheit: Er muss dem Arbeitgeber gemäß §53a Abs4 Bundesbahngesetz anzurechnende Vordienstzeiten entsprechend mitteilen und nachweisen; anderenfalls erfolgt die Berechnung allein auf Basis der bei den Österreichischen Bundesbahnen, der ÖBB-Holding AG oder einer weiteren Nachfolge- oder aus einer Umgründung hervorgegangenen Gesellschaft zurückgelegten Zeiten.

 

10.3.3. Die rückwirkende Inkraftsetzung der für die Berechnung der Vorrückung maßgeblichen Bestimmungen des §53a Bundesbahngesetz erfolgt im Hinblick auf die im Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Rs. C-417/13 (Starjakob) getroffene Feststellung, dass eine Regelung, welche eine Diskriminierung endgültig festschreibt, nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Durch die rückwirkende Inkraftsetzung ist sichergestellt, dass das in sich diskriminierungsfreie System für alle Bediensteten vom Beginn ihres Arbeitsverhältnisses an gilt und eine Diskriminierung zwischen den einzelnen Bediensteten daher ausgeschlossen ist.

 

10.3.4. Führt die Neuberechnung des Vorrückungsstichtages zu einer Einstufung in eine höhere Gehaltsstufe, erhalten die betroffenen Bediensteten zum einen in Hinkunft das ihnen auf Grund der nunmehr diskriminierungsfreien Berücksichtigung sämtlicher branchenspezifischer Vordienstzeiten zustehende (höhere) Entgelt. Zum anderen haben sie auf Grund der rückwirkenden Inkraftsetzung des §53a Bundesbahngesetz — unter Berücksichtigung der Verjährungsvorschriften — einen Anspruch auf eine entsprechende Nachzahlung für die Vergangenheit. Befindet sich der Bedienstete zum Zeitpunkt der Neufestsetzung bereits in der letzten Gehaltsstufe, ist zwar eine Verbesserung für die Zukunft nicht mehr möglich, jedoch kann auch hier ein Anspruch auf Nachzahlung bestehen, wenn er — unter Berücksichtigung der Verjährungsvorschriften — nach Maßgabe des neu festgesetzten Vorrückungsstichtages bereits zu einem früheren Zeitpunkt in die letzte Gehaltsstufe vorgerückt wäre.

 

10.3.5. Führt die Neuberechnung des Vorrückungsstichtages hingegen zu einer Einstufung in eine niedrigere Gehaltsstufe, kommt es zu keiner 'Rückstufung' in dem Sinn, dass das bisher bezogene Gehalt gekürzt und in der Vergangenheit zu viel bezogenes Gehalt zurückgezahlt werden müsste. Den betroffenen Bediensteten wird gemäß §53a Abs6 Bundesbahngesetz vielmehr das zuletzt bezogene Gehalt gewahrt, bis das auf Basis der Neuberechnung des Vorrückungsstichtages und der entsprechenden Einstufung zustehende Gehalt und das zuletzt bezogene Gehalt wieder übereinstimmen.

 

Befindet sich ein Bediensteter zum Zeitpunkt der Neufestsetzung bereits in der letzten Gehaltsstufe, erfährt seine besoldungsrechtliche Position durch die Neufestsetzung daher keine Änderung. Ein Bediensteter, der noch nicht am Ende der Gehaltstabelle angekommen ist, verbleibt im Fall der Einstufung in eine niedrige Gehaltsstufe auf Grund der Wahrungsbestimmung in der zuletzt zugeordneten Gehaltsstufe, bis das auf Basis der Neuberechnung des Vorrückungsstichtages und der entsprechenden Einstufung zustehende Gehalt und das zuletzt bezogene Gehalt wieder übereinstimmen und rückt ab jenem Zeitpunkt wieder regulär in die nächsten Gehaltstufen vor.

 

Auch insoweit entspricht die Neuregelung den Vorgaben des Unionsrechts: Wie oben unter Punkt 9.2.1. dargelegt, fordert das Unionsrecht nicht, dass eine nationale Regelung, mit der eine Altersdiskriminierung beseitigt werden soll, jenen Bediensteten, die nach dem alten Regime diskriminiert waren, einen finanziellen Ausgleich in Höhe der Differenz zwischen jenem Entgelt, das der Bedienstete ohne die Diskriminierung erhalten hätte, und dem Entgelt, das er tatsächlich erhalten hat, ermöglichen muss.

 

10.3.6. Zusätzlich zur Wahrung des aktuell bezogenen Gehalts enthält §53a Abs7 Bundesbahngesetz eine Maßnahme zur Wahrung der Erwartungen im Hinblick auf die künftige Entwicklung des Gehalts: Gemäß §53a Abs7 leg. cit. ist in der Anlage 2 der AVB — welche die Gehaltstabelle enthält — binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr 64/2015 vor der jeweils letzten Gehaltsstufe eine weitere Gehaltsstufe vorzusehen. Diese Anordnung ist vor dem Hintergrund der Änderung der AVB im Jahr 2005 zu sehen, mit der die jeweils vorletzte Gehaltsstufe gestrichen und für die Vorrückung — von der ursprünglich vorvorletzten, nun vorletzten — in die letzte Gehaltsstufe gemäß §34 AVB eine Wartefrist von sechs statt der für die Vorrückung sonst vorgesehenen drei Jahre festgelegt wurde. Diese vorletzte Stufe wurde nun wieder eingefügt und die Dauer der für die Vorrückung geltenden Wartefrist gemäß §34 AVB wieder einheitlich mit drei Jahren festgelegt. Statt am Ende der Gehaltstabelle sechs Jahre in einer vorletzten Gehaltsstufe zu bleiben, rücken die Bediensteten nun also — nach Maßgabe ihres neu berechneten Vorrückungsstichtages — am Ende der Gehaltstabelle bereits drei Jahre früher in eine höhere Gehaltsstufe vor.

 

10.4. Für die Vorrückung sieht §53a Abs3 Bundesbahngesetz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 64/2015 mit dem auf die Vollendung der Vorrückungsfrist folgenden 1. Jänner nunmehr einen einheitlichen, für alle Bediensteten geltenden Vorrückungstermin vor. §34 AVB sah bisher neben dem auf die Vorrückungsfrist folgenden 1. Jänner einen weiteren Vorrückungstermin vor: Endete die Vorrückungsfrist spätestens am 30. Juni, fand die Vorrückung bereits am vorhergehenden 1. Jänner statt.

 

10.5. Zusammenfassend kann zu der angefochtenen Rechtslage nach der Novelle BGBl I Nr 64/2015 Folgendes festgehalten werden: Das bestehende Gehaltssystem, das auf dem Vorrückungsstichtag als Messgröße zur Einstufung der Bediensteten in die Gehaltstabellen aufbaute, wurde dem Grunde nach beibehalten. Es wurde aber insoweit geändert, als dies — vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes — zur Verwirklichung eines in sich diskriminierungsfreien Systems notwendig war: Branchenspezifische Vordienstzeiten werden nunmehr unabhängig davon, in welchem Alter sie zurückgelegt wurden, für die Festlegung des Vorrückungsstichtages angerechnet. Durch die rückwirkende Inkraftsetzung dieser Änderung und die amtswegige Neuberechnung des Vorrückungsstichtages wird die diskriminierungsfreie Rechtslage auch für die Vergangenheit gewährleistet, wobei durch eine Wahrungsbestimmung sichergestellt ist, dass allfälligen schlechter eingestuften Bediensteten ihre bisherigen Vergütungen im Sinne der Besitzstandswahrung erhalten bleiben.

 

II.

Zu den Prozessvoraussetzungen:

 

Gemäß §62 Abs1 VfGG muss der Antrag begehren, 'dass entweder das Gesetz seinem ganzen Inhalt nach oder dass bestimmte Stellen des Gesetzes als verfassungswidrig aufgehoben werden. Der Antrag hat die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen.'

 

Die vorliegenden Anträge entsprechen diesem Erfordernis nicht: §53a Bundesbahngesetz regelt neben dem Vorrückungsstichtag (Abs1) und seiner Berechnung (Abs2) sowie dem Vorrückungstermin (Abs3) auch die Modalitäten der individuellen Neuberechnung (Abs4 und 5) und die Wahrung des bisherigen Gehaltes (Abs6) und enthält überdies die — ausschließlich an die Österreichischen Bundesbahnen gerichtete — Anordnung, in den AVB eine weitere Gehaltsstufe vorzusehen (Abs7) sowie die Anordnung, dass die aus diesen Regelungen sich ergebenden Rechte und Pflichten durch Vertrag nicht geändert werden können (Abs8). §56 Abs18 bis 24 Bundesbahngesetz regelt neben dem persönlichen Anwendungsbereich des angefochtenen §53a (Abs18) das rückwirkende Inkrafttreten der Bestimmungen über den Vorrückungsstichtag, seine Berechnung und den Vorrückungstermin (Abs19 bis 23) sowie ein davon abweichendes Inkrafttreten der übrigen Bestimmungen des angefochtenen §53a (Abs24). Die Antragsteller legen aber nicht konkrete Bedenken gegen alle diese Bestimmungen im Einzelnen dar bzw. ordnen ihre Bedenken auch nicht den jeweiligen Bestimmungen zu. Die Anträge entsprechen daher insofern nicht dem Erfordernis des §62 Abs1 VfGG.

 

2. Die Anträge erweisen sich überdies als zu weit gefasst:

 

2.1. Die Anträge richten sich jeweils pauschal gegen alle Inkrafttretensbestimmungen des §56 Abs19 bis 23 Bundesbahngesetz. Diese Inkrafttretensbestimmungen stellen allerdings jeweils auf den Anwendungsbereich verschiedener Dienstordnungen und damit verschiedener Kategorien von Bediensteten bzw. von Dienstverhältnissen und — teilweise auch — auf verschiedene Zeitpunkte des Abschlusses der Dienstverträge ab. Es ist also offenkundig denkunmöglich, dass jede einzelne der angefochtenen Inkrafttretensbestimmungen auf jeden einzelnen Antragsteller anwendbar ist und eine Voraussetzung für die Entscheidung im jeweiligen Anlassverfahren bildet.

 

2.2. Die Bundesregierung verkennt dabei nicht, dass ein zu weit gefasster Anfechtungsgegenstand und die mangelnde Präjudizialität einzelner Bestimmungen einen Antrag nach der jüngeren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht per se unzulässig machen und nicht zur Zurückweisung des Antrages zur Gänze führen. Vielmehr führt eine zu weite Fassung eines in der Sache begründeten Antrages nach dieser Judikatur, soweit der Antrag nur Normen erfasst, die präjudiziell sind oder mit solchen untrennbar zusammenhängen, im Fall der Aufhebung zu seiner teilweisen Abweisung und, soweit der Antrag auch Bestimmungen erfasst, die offenkundig nicht präjudiziell sind, zu seiner teilweisen Zurückweisung (vgl. VfSlg 19.746/2013; VfGH 24.11.2015, G255/2015 ua).

 

Diese neuere Judikatur betraf — soweit ersichtlich — bislang nur Fälle, in denen ein Aufhebungsantrag nur hinsichtlich von Teilen einzelner Gliederungseinheiten zu weit gefasst war. Nach Auffassung der Bundesregierung kann diese Judikatur aber nicht schrankenlos gelten, sodass sich ein Antragsteller etwa auf die Anfechtung eines ganzen, mehrere Absätze umfassenden Paragraphen, von dem einzelne Teile offenkundig nicht präjudiziell sind, beschränken könnte und damit letztlich dem Verfassungsgerichtshof die richtige Abgrenzung des Anfechtungsgegenstandes zur Gänze überbürden würde. Die Bundesregierung zieht angesichts dessen in Zweifel, ob diese neuere Judikatur auf die Anträge in den gegenständlichen Verfahren übertragen werden kann, mit denen jeweils pauschal alle, in fünf Absätzen geregelten Inkrafttretensbestimmungen angefochten werden, die einen je unterschiedlichen, einander ausschließenden Anwendungsbereich haben, sodass vier dieser fünf Absätze von vornherein nicht präjudiziell sein können. Es ist nach Auffassung der Bundesregierung nämlich nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, in einem über hundert Anträge umfassenden Sammelverfahren festzustellen, welche von fünf möglichen Inkrafttretensbestimmungen im jeweiligen Anlassverfahren zur Anwendung kommt.

 

3. Die Bundesregierung geht daher davon aus, dass die Anträge jeweils in ihrer

Gesamtheit als unzulässig zurückzuweisen wären.

 

III.

In der Sache:

 

Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl. zB VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken.

 

1. Zu der von den Antragstellern vertretenen verfassungskonformen Interpretation:

 

1.1. Die Antragsteller stellen ihren Ausführungen zur Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Normen Überlegungen zu einer 'allenfalls möglich erscheinenden verfassungskonformen Lesart' des §53a Abs6 Bundesbahngesetz voran (Anträge S. 6 ff): Das in §53a Abs6 Bundesbahngesetz genannte und für die Wahrung herangezogene '(zuletzt) bezogene Gehalt' sei als 'zustehendes Gehalt' zu lesen.

 

1.2. Vor dem Hintergrund der Darstellung des Vorbringens der Antragsteller in dem den Parteianträgen zu Grunde liegenden Gerichtsverfahren (Anträge S. 4 f) ergibt sich, dass die Antragsteller dabei von dem Verständnis ausgehen, dass 'die Wahrungsklausel [...] solche Ansprüche erfasse, welche nach Altrechtslage unter Anrechnung auch von vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Vordienstzeiten europarechtskonform und diskriminierungsfrei zu errechnen gewesen wären'. Die Antragsteller gehen daher offenbar davon aus, dass vom 'zustehenden Gehalt' auch solche Ansprüche erfasst sind, die nach der Rechtslage vor der Erlassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr 64/2015 dann zuzuerkennen gewesen wären, wenn aus unionsrechtlichen Erwägungen Teile der damals geltenden Bestimmungen unangewendet geblieben wären. Dabei wären gemäß §53a Abs1 Z1 Bundesbahngesetz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr 129/2011 (sämtliche) vor dem 18. Lebensjahr zurückgelegte (Dienst)Zeiten anzurechnen gewesen, und hätte — auf Grund der partiellen Verdrängung der nationalen Vorschriften durch unmittelbar anwendbares Unionsrecht — die gleichzeitig gemäß §53a Abs2 Bundesbahngesetz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl 1 Nr 129/2011 vorgesehene Verlängerung der ersten Vorrückung um drei Jahre unterbleiben müssen.

 

1.3. Damit sind die Antragsteller nicht im Recht: Gegen die von den Antragstellern darlegte Interpretation spricht nicht nur der klare Gesetzeswortlaut der §§53a und 56 Abs18 bis 24 Bundesbahngesetz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr 64/2015 und der sich aus den Erläuterungen der entsprechenden Regierungsvorlage (vgl. Pkt. 1.10.2.) ergebende Wille der Gesetzgebung. Auch die Entstehungsgeschichte der angefochtenen §§53a und 56 Abs18 bis 24 Bundesbahngesetz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr 64/2015 steht der von den Antragstellern vertretenen Interpretation entgegen: Die angefochtenen Regelungen wurden gerade in Reaktion auf jene Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes bzw. des Obersten Gerichtshofes geändert bzw. erlassen, mit denen jeweils ausgesprochen wurde, dass bis zur Erlassung einer unionsrechtskonformen Regelung das für die begünstigten Bediensteten geltende System das einzig gültige Bezugssystem bleibe; diesem Ergebnis zuwiderlaufende nationale Bestimmungen hätten daher unanwendbar bleiben müssen. Eben dieses Ergebnis sollte aber durch eine — von Anfang an — in sich diskriminierungsfreie Neuregelung ausgeschlossen werden.

 

Die Antragsteller gehen also zu Unrecht davon aus, dass ihnen die betreffenden Bezüge nach der 'aufgehobenen Rechtslage' zugestanden wären (Anträge S. 22). Die von den Antragstellern behaupteten Bezüge wären allenfalls bei unmittelbarer Anwendung von Unionsrecht im Sinne der auf das Bundesbahngesetz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr 129/2011 bezogenen Rechtsprechung zuzuerkennen gewesen, wenn die Gesetzgebung keine Neuregelung getroffen hätte.

 

Wie oben unter Punkt I. 10.3. ausführlich dargelegt, entspricht die durch die angefochtenen Bestimmungen geschaffene Rechtslage den Vorgaben des Unionsrechts. Für eine unmittelbare Anwendung der Vorschriften der Richtlinie 2000/78/EG und eine entsprechende Nichtanwendung nationaler Vorschriften besteht daher nach Auffassung der Bundesregierung kein Grund. Hinsichtlich dieser, hier allein präjudiziellen Rechtslage liegt auch keine Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes oder innerstaatlicher (Höchst-)Gerichte vor, die einen solchen Anwendungsvorrang annehmen würde.

 

1.4. Die angefochtenen Bestimmungen entsprechen aber, wie im Folgenden zu zeigen sein wird, auch den Vorgaben des österreichischen Verfassungsrechts. Die Voraussetzungen für eine verfassungskonforme Interpretation, wie sie die Antragsteller behaupten, liegen daher nicht vor.

 

2. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums:

 

2.1. Die Antragsteller bringen auf das Wesentliche zusammengefasst vor, dass die Novellierung des §53a Bundesbahngesetz durch das Bundesgesetz BGBI. I Nr 64/2015 das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletze. Bislang habe sich aus den AVB, die als Vertragsschablonen Inhalt der einzelnen Dienstverträge wurden, ergeben, welche Zeiten bei der Ermittlung des Vorrückungsstichtages als Vordienstzeiten angerechnet werden und welcher von zwei Vorrückungsterminen zur Anwendung komme. Durch die angefochtenen Bestimmungen werde nun rückwirkend normiert, welche Zeiten als Vordienstzeiten anrechenbar seien und statt zwei nur noch ein Vorrückungstermin vorgesehen. Damit werde der Inhalt der individuellen Arbeitsverträge geändert und in das Grundrecht auf Eigentum eingegriffen. Zwar liege die Regelung insofern im öffentlichen Interesse, als sie das Ziel verfolge, ein diskriminierungsfreies System sicherzustellen; es sei dagegen zweifelhaft, dass im konkreten Fall auch die Reduzierung finanzieller Belastungen als legitimes öffentliches Interesse zu qualifizieren sei, da die finanzielle Belastung nicht den Staatshaushalt, sondern ein Unternehmen betreffe. Jedenfalls erwiesen sich die angefochtenen Regelungen als nicht verhältnismäßig, da der mit ihnen verbundene abrupte und letztlich übergangslose Eingriff in bestehende Verträge nicht das zur Zielerreichung schonendste Mittel darstelle.

 

2.2.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes greift ein Gesetz, das einen privatrechtlichen Vertrag unmittelbar verändert, allein schon dadurch in das Eigentumsrecht beider Vertragsteile ein und bildet eine Eigentumsbeschränkung (vgl. VfSlg 14.075/1995; 17.071/2003 jeweils mwH). Durch die angefochtenen Bestimmungen werden die privatrechtlichen Dienstverträge jener Bediensteten, die bis zum 31. Dezember 2004 bei den österreichischen Bundesbahnen oder einem ihrer Rechtsvorgänger oder Rechtsnachfolger eingetreten sind, insofern geändert, als die in §53a Bundesbahngesetz für die Berechnung des Vorrückungsstichtages sowie für die Vorrückung getroffenen Regelungen rückwirkend an die Stelle der — jeweils zum Inhalt der einzelnen Verträge gewordenen — entsprechenden Bestimmungen der BO 1963, der DILO 1954, der GaO, der TbO 1977 bzw. der AVB treten.

 

2.2.2. Die Bundesregierung weist zunächst darauf hin, dass der Vorrückungsstichtag für diejenigen Bediensteten, die nach Maßgabe des §53a Bundesbahngesetz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr 129/2011 nach einem entsprechenden Nachweis anzurechnender Vordienstzeiten eine Neufestsetzung ihres Vorrückungsstichtages veranlasst haben, bereits seit diesem Zeitpunkt auf einer gesetzlichen und nicht länger einer vertraglichen Grundlage beruhte. Für diese Bediensteten ist durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 64/2015 daher gar kein Eingriff in bestehende Verträge und daher auch nicht in ihr Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums erfolgt.

 

2.2.3. Soweit die Antragsteller aber keine Neuberechnung ihres Vorrückungsstichtages nach den Bestimmungen des §53a Bundesbahngesetz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr 129/2011 veranlasst haben, sind sie mit ihren Ausführungen insoweit im Recht, als sie einen Eingriff in das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums behaupten. Hingegen sind die Bedenken der Antragsteller, dass dieser Eingriff verfassungswidrig — weil unverhältnismäßig — sei, nach Ansicht der Bundesregierung nicht begründet:

 

2.3. Die Gesetzgebung kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verfassungsrechtlich unbedenklich Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern sie damit nicht den Wesensgehalt des Rechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch sie bindenden Grundsatz verstößt und soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt und in einem angemessenen Verhältnis zu dem durch sie bewirkten Eingriff in das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums steht. Das öffentliche Interesse an der Regelung muss das Interesse des Betroffenen an der Vermeidung des Eigentumseingriffs überwiegen und der zur Verwirklichung der im überwiegenden öffentlichen Interesse gelegenen Regelung vorgenommene Eingriff darf nicht weiter gehen als zur Erreichung des Regelungszieles notwendig ist (VfSlg 14.075/1995; 17.071/2003; 17.817/2006; 19.722/2012 jeweils mwH). Innerhalb der so abgesteckten Grenzen kommt der Gesetzgebung ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu (vgl. VfSlg 19.687/2012, VfGH 3.3.2015, G107/2013 jeweils mwN; Korinek, in: Korinek/Holoubek [Hrsg.] Österreichisches Bundesverfassungsrecht [7. Lfg 2005], Art1 (1.) ZPEMRK, Rz. 15). Allein der Umstand, dass der Gesetzgebung auch ein anderer Weg offen gestanden wäre, das im öffentlichen Interesse liegende Ziel zu erreichen, führt damit nicht zur Unverhältnismäßigkeit der mit den angefochtenen Regelungen bewirkten Eigentumsbeschränkung (vgl. VfSlg 17.071/2003; VfGH 26.9.2014, B1504/2013 ua; 7.10.2015, G282/2015; vgl. zum Spielraum der Gesetzgebung bei der Korrektur einer ein unionsrechtliches Diskriminierungsverbot verletzenden Rechtslage auch VfGH 7.6.2013, B19/2013 mwN). Zwischen den angewendeten Mitteln und dem angestrebten Ziel muss eine 'vernünftige Verhältnismäßigkeitsbeziehung' bestehen, wobei bei der Feststellung dieses billigen Ausgleichs zwischen den Allgemeininteressen der Gemeinschaft und den Erfordernissen des Schutzes der Grundrechte des Einzelnen ein weiter Gestaltungsspielraum offensteht und keine Einschränkung auf die Erforderlichkeit der betreffenden Eingriffsmaßnahme besteht (vgl. VfSlg 14.263/1995 zu Art1 (1.) ZPEMRK mit Verweisen auf die Judikatur des EGMR). Ein billiger Ausgleich ist nur dann nicht mehr gegeben und die Grenzen des Gestaltungsspielraumes überschritten, wenn die betroffene Person eine individuelle und übermäßige Last trifft (vgl. EGMR, Urteil vom 31.5.2011, Maggio ua gegen Italien, Appl. 46286/09 ua, Rz. 57 mwN).

 

2.4. Die Gesetzesmaterialien nennen zwei Motive für die (konkrete Ausgestaltung der) Neuregelung: Zum einen sollten die Regelungen an die Vorgaben der Richtlinie 2000/78/EG angepasst werden (vgl. ErIRV 584 BIgNR 25. GP 1; AB 605 BIgNR 25. GP 1). Zum anderen sollte das aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 28. Jänner 2015, Rs. C-417/13 (Starjakob), resultierende finanzielle Bedrohungspotential abgewehrt werden (vgl. AB 605 BIgNR 25. GP 1).

 

2.4.1. Ziel der Richtlinie 2000/78/EG ist die Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten (vgl. Art1 der Richtlinie 2000/78/EG ). Gemäß Art2 Abs1 der Richtlinie 2000/78/EG darf es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Art1 genannten Gründe geben; lediglich Ungleichbehandlungen wegen des Alters können gemäß Art6 der Richtlinie 2000/78/EG unter bestimmten Umständen gerechtfertigt sein. Um diese Ziele unionsweit zu verwirklichen verpflichtet Art16 der Richtlinie 2000/78/EG die Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen um sicherzustellen, dass Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die dem in der Richtlinie 2000/78/EG festgeschriebenen Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufen, aufgehoben werden.

 

Die für Bedienstete der ÖBB geltende Rechtslage erwies sich — wie bereits oben unter Punkt I. 9.2. ausführlich dargelegt wurde — im Hinblick auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 28. Jänner 2015, Rs. C-417/13 (Starjakob), in dem dieser festgestellt hatte, dass die betreffenden Regelungen nicht mit den Vorgaben der Art2 und 6 der Richtlinie 2000/78/EG übereinstimmen, als anpassungsbedürftig. Das Ziel der Neuregelung durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 64/2015 bestand vor diesem Hintergrund in erster Linie darin, das bisherige — nach Maßgabe der Bestimmungen der Richtlinie 2000/78/EG — als (alters‑)diskriminierend erkannte Entlohnungssystem durch ein (von Anfang an) in sich diskriminierungsfreies Entlohnungssystem zu ersetzen und damit den Vorgaben des Unionsrechts zu entsprechen (vgl. ErIRV 584 BlgNR 25. GP 2).

 

Die Änderung des §53a Bundesbahngesetz durch das Bundesgesetz BGBI. I Nr 64/2015 erfolgte daher in Entsprechung einer unionsrechtlichen Verpflichtung, die wiederum ihrerseits die Sicherstellung des unionsrechtlich festgeschrieben Ziels der Verwirklichung der Gleichbehandlung verfolgt.

 

Die Einführung eines in sich diskriminierungsfreien Entlohnungssystems und die damit verbundene gleichzeitige Erlassung einer den Vorgaben des Unionsrechts entsprechenden Rechtslage stellt ein legitimes, im öffentlichen Interesse liegendes Ziel dar (vgl. zur Ableitung eines öffentlichen Interesses aus dem Unionsrecht auch VfSlg 19.635/2012). Dies räumen auch die Antragsteller selbst ein (Anträge S. 16).

 

2.4.2. Aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 28. Jänner 2015, Rs. C‑417/13 (Starjakob), ergibt sich, dass bis zur Schaffung eines die Diskriminierung beseitigenden Systems den nach dem geltenden System benachteiligten Bediensteten dieselben Vorteile zu gewähren wären wie den begünstigten Bediensteten. Dem schloss sich der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 26. Februar 2015, 8 ObA 11/15y, an und erkannte zu Recht, dass ein Anspruch auf Zahlung der Differenzen zwischen dem tatsächlich bezogenen und dem nach dem günstigeren Bezugssystem zustehenden Gehalt besteht (vgl. dazu die Ausführungen oben unter Punkt I. 9.2.). Bei Beibehaltung der als diskriminierend erkannten Rechtslage hätte sich aus dieser Judikatur eine potentielle finanzielle Mehrbelastung für die ÖBB — genauer: das Unternehmen Österreichische Bundesbahnen, die ÖBB-Holding AG sowie weitere Nachfolge- und aus Umgründungen hervorgegangene Gesellschaften — von rund 220 Millionen Euro ergeben (vgl. AB 605 BIgNR 25. GP 1).

 

Diese finanzielle Mehrbelastung der ÖBB hätte sich in zweierlei Hinsicht auf den Bund ausgewirkt: Zum einen werden die ÖBB-Infrastruktur AG und ÖBB-Personenverkehr AG, die jeweils zu 100% im Eigentum der ÖBB-Holding AG stehen, deren Anteile ihrerseits zu 100% dem Bund vorbehalten sind, bei der Berechnung der Maastricht-Kriterien dem staatlichen Sektor zugerechnet, so dass die auf sie entfallenden Kosten insofern dem Bund zugeordnet worden wären. Zum anderen haftet der Bund gemäß §52 Abs1a Bundesbahngesetz jedem aktiven Bediensteten, der sich am 31. Dezember 1992 in einem Dienstverhältnis zu den damals noch als Wirtschaftskörper des Bundes eingerichteten ÖBB befunden hat, wie ein Ausfallsbürge für die Befriedigung seiner Forderungen aus einem aufrechten Dienstverhältnis zum Unternehmen Österreichische Bundesbahnen, zur ÖBB-Holding AG sowie zu bestimmten weiteren Nachfolge- und aus Umgründungen hervorgegangenen Gesellschaften (vgl. die Ausführungen oben unter Punkt I. 6.3.). Von den aktiven Bediensteten, die gemäß §56 Abs18 Bundesbahngesetz von der Neuregelung des §53a Bundesbahngesetz erfasst sind, befanden sich 86% bereits am 31. Dezember 1992 in einem Dienstverhältnis zum Bund/Wirtschaftskörper Österreichische Bundesbahnen. Im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens Österreichische Bundesbahnen, der ÖBB-Holding AG oder einer der weiteren Nachfolge- und aus einer Umgründung hervorgegangenen Gesellschaft würde es damit zu einer potentiellen finanziellen Mehrbelastung des Bundes von bis zu 86% der rund 220 Millionen Euro kommen.

 

Die Reduzierung finanzieller Belastungen des Bundes stellt nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel dar (vgl. VfSlg 17.071/2003). Gleiches dürfte nach der jüngsten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes für die Beschränkung des Haftungspotentials der öffentlichen Hand gelten (vgl. VfGH 3.7.2015, G239/2014 ua, V14/2015 ua, Rz. 294).

 

2.4.3. Zusammenfassend ergibt sich daher, dass, insoweit mit den angefochtenen Regelungen eine Eigentumsbeschränkung verbunden ist, diese im öffentlichen Interesse liegt. Sie war zur — raschestmöglichen — Beseitigung der als unionsrechtswidrig festgestellten Diskriminierung und zur Abfederung der mit dieser Feststellung potentiell verbundenen finanziellen Mehrbelastung auch geeignet.

 

2.5. Die Eigentumsbeschränkung steht nach Auffassung der Bundesregierung auch in einem angemessenen Verhältnis zu dem durch sie bewirkten Eingriff in das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums:

 

2.5.1. Nach Maßgabe der — eine altersunabhängige, diskriminierungsfreie Berücksichtigung branchenspezifischer Dienstzeiten gewährleistenden — angefochtenen Regelungen wird für die nach Angaben der ÖBB-Holding AG 24.276 betroffenen Bediensteten jeweils der Vorrückungsstichtag neu berechnet und auf Basis desselben die (Neu-)Einstufung in die Gehaltsstufen der Gehaltstabellen der AVB vorgenommen (vgl. dazu ausführlich oben unter Punkt I. 10.3.).

 

2.5.2. Hinsichtlich der mit den angefochtenen Regelungen verbundenen konkreten Auswirkungen auf die besoldungsrechtliche Position der betroffenen Bediensteten ist zum einen danach zu differenzieren, ob der Bedienstete zum Zeitpunkt der Neuberechnung bereits in der letzten Gehaltsstufe war; zum anderen ist innerhalb der Gruppe der Bediensteten, die noch nicht in der letzten Gehaltsstufe waren, zwischen Bediensteten zu unterscheiden, bei denen die Neuberechnung zur Einstufung in eine höhere oder eine niedrigere Gehaltsstufe führt.

 

2.5.2.1. Für Bedienstete, die bereits in der letzten Gehaltsstufe sind, hat die Neuberechnung des Vorrückungsstichtages keine Auswirkungen auf die aktuelle und zukünftige besoldungsrechtliche Position:

 

Führt die Neufestsetzung zu einer Verbesserung des Vorrückungsstichtages, verbleibt der betroffene Bedienstete in der zuletzt zugeordneten Gehaltsstufe, da eine Vorrückung in eine höhere Gehaltsstufe nach Erreichen der letzten Gehaltsstufe nicht möglich ist. Allenfalls hat der Bedienstete — unter Berücksichtigung der nationalen Verjährungsvorschriften — einen Anspruch auf Nachzahlung für die Vergangenheit.

 

Führt die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages zu einer Verschlechterung, bleibt dem Bediensteten auf Grund der Wahrungsbestimmung des §53a Abs6 Bundesbahngesetz das zuletzt bezogene Gehalt — diesfalls jenes der letzten Gehaltsstufe — gewahrt, eine Rückstufung bzw. Reduktion findet nicht statt.

 

Für diese Bediensteten kommt es durch die angefochtenen Regelungen also allenfalls zu einer Verbesserung für die Vergangenheit, sonst jedoch zu keiner Änderung ihrer besoldungsrechtlichen Position. Das betrifft nach Angaben der ÖBB-Holding AG 13.573 Bedienstete — das sind 55,9% der von der Neuregelung erfassten Bediensteten — in der letzten Gehaltsstufe; weitere 2339 Bedienstete — das sind weitere 9,6% aller von der Neuregelung erfassten Bediensteten —, die bereits in der letzten Gehaltsstufe sind, haben zusätzlich Anspruch auf eine Nachzahlung. Hinsichtlich dieser insgesamt 65,5% — also fast zwei Drittel — aller von der Neuregelung erfassten Bediensteten kommt es durch die angefochtenen Bestimmungen also zu keiner Verschlechterung, für einen Teil sogar zu einer besoldungsrechtlichen Verbesserung. Eine Verletzung ihres Rechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums liegt daher offenkundig nicht vor.

 

2.5.2.2. Führt die Neuberechnung des Vorrückungsstichtages von Bediensteten, die noch nicht in der letzten Gehaltsstufe sind zu einer Einstufung in eine höhere Gehaltsstufe, erhalten die betroffenen Bediensteten das ihnen zustehende höhere Gehalt und — unter Berücksichtigung der nationalen Verjährungsvorschriften — allenfalls eine entsprechende Nachzahlung für die Vergangenheit. Das betrifft nach Angaben der ÖBB-Holding AG 1384 Bedienstete — das sind 5,7% aller von der Neuregelung erfassten Bediensteten. Für diese kommt es durch die angefochtenen Regelungen also zu einer Verbesserung ihrer besoldungsrechtlichen Position sowohl für die Zukunft als auch die Vergangenheit. Eine Verletzung ihres Rechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums liegt daher offenkundig nicht vor.

 

2.5.2.3. Durch die Wiedereinführung der weiteren (vorletzten) Gehaltstufe kommt es nach Angaben der ÖBB-Holding AG für weitere 2267 Bedienstete — das sind 9,3% aller von der Neuregelung erfassten Bediensteten auf die restliche Lebensverdienstsumme gerechnet zu einer Verbesserung bzw. zumindest zu einem Ausgleich einer sonst eintretenden Verschlechterung für die Zukunft. Eine Verletzung ihres Rechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums liegt daher offenkundig nicht vor.

 

Zusammenfassend ist an dieser Stelle festzuhalten, dass die angefochtenen Bestimmungen für 80,5% aller von der Neuregelung erfassten Bediensteten keine Verschlechterung, sondern allenfalls eine Verbesserung ihrer restlichen Lebensverdienstsumme bewirken.

 

2.5.2.4. Erfolgt für Bedienstete, die noch nicht in der letzten Gehaltsstufe sind auf Grund der Neuberechnung eine Einstufung in eine niedrigere Gehaltsstufe, führt dies weder zu einer Rückzahlungsverpflichtung des — nach Maßgabe der auf den Tag der Einstellung rückwirkenden Neuberechnung des Vorrückungsstichtages und der entsprechenden Einstufung — zu viel bezogenen Gehalts, noch wird das bezogene Gehalt entsprechend der Neuberechnung reduziert. Den betroffenen Bediensteten wird gemäß §53a Abs6 Bundesbahngesetz vielmehr ihr Gehalt in der zuletzt tatsächlich bezogenen Höhe bis zu dem Zeitpunkt gewahrt, in dem sie nach Maßgabe des neuen Vorrückungsstichtages die für die Erreichung der nächsthöheren Gehaltsstufe erforderliche Dienstzeit zurückgelegt haben.

 

Dies betrifft nach Angaben der ÖBB-Holding AG 4713 Bedienstete — das sind lediglich 19,5% aller von der Neuregelung erfassten Bediensteten. Für diese kommt es durch die angefochtenen Regelungen zwar formal zu einer rückwirkenden Änderung ihrer Verträge. Dieser Eingriff führt allerdings auf Grund der Wahrungsbestimmung besoldungsrechtlich zu keiner in die Vergangenheit zurückwirkenden, sondern lediglich zu einer in der Zukunft wirkenden Vertragsänderung. Diese Änderung bewirkt allerdings gehaltsmäßig betrachtet keine realen Verluste, sondern lediglich eine Verkürzung bestimmter vertraglich festgelegter zukünftiger Entgeltansprüche.

 

Überdies wird die zukünftige Verkürzung vertraglich festgelegter Entgeltansprüche durch die flankierende (Wieder-)Einführung einer zusätzlichen vorletzten Gehaltsstufe abgefedert. Wie oben unter Punkt I. 10.3.6. ausführlich dargestellt, wird am Ende der Gehaltstabelle eine nächsthöhere Gehaltsstufe drei Jahre früher als bisher erreicht. Sofern die zukünftigen Verschlechterungen dadurch nicht zur Gänze ausgeglichen werden (vgl. zuvor Punkt 2.5.2.3.), werden diese Verschlechterungen dadurch zumindest abgemildert.

 

2.5.3. Die Bundesregierung verkennt zwar nicht, dass auch mit einer solchen, erst in der Zukunft wirkenden Verkürzung bestimmter vertraglich festgelegter Entgeltansprüche insofern ein Vermögensnachteil verbunden sein kann, als sie finanzielle Auswirkungen auf die restliche Lebensverdienstsumme haben kann. Ob eine solche Leistungsverkürzung in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit der Regelung verfolgten Ziel steht, kann nur anhand ihrer konkreten Auswirkungen beurteilt werden:

 

2.5.3.1. Die Bundesregierung weist dazu zunächst darauf hin, dass die Antragsteller selbst an keiner Stelle quantifizieren, in welcher Höhe ihnen durch die Neuberechnung und -einstufung jeweils Einbußen in der restlichen Lebensverdienstsumme entstehen.

 

[…]

 

Die angefochtenen Bestimmungen bewirken für 1405 Mitarbeiter eine Verschlechterung ihrer restlichen Lebensverdienstsumme von unter 0,5%, für 1854 Mitarbeiter von zwischen 0,5 und 1,49%, für 983 Mitarbeiter von zwischen 1,5 und 2,49%, für 225 Mitarbeiter von zwischen 2,5 und 3,49%, für 98 Mitarbeiter von zwischen 3,5 und 4,49%, für 52 Mitarbeiter von zwischen 4,5 und 5,49%, für 27 Mitarbeiter von zwischen 5,5 und 6,49%, für 16 Mitarbeiter von zwischen 6,5 und 7,49%, für 13 Mitarbeiter von zwischen 7,5 und 8,49%, für 5 Mitarbeiter von zwischen 8,5 und 9,49%, für 12 Mitarbeiter von zwischen 9,5 und 10,49%, für 9 Mitarbeiter von zwischen 11,5 und 12,49%, für 7 Mitarbeiter von zwischen 12,5 und 13,49%, für 4 Mitarbeiter von zwischen 14,5 und 15,49% und schließlich für jeweils einen Mitarbeiter zu Verschlechterungen von 15%, 16% bzw. 17%.

 

Zusammenfassend kommt es durch die angefochtenen Regelungen für die weit überwiegende Mehrzahl der überhaupt nachteilig betroffenen Bediensteten zu einer bloß geringfügigen Verschlechterung ihrer restlichen Lebensverdienstsumme. Fast drei Viertel der überhaupt von zukünftigen Verlusten betroffenen Bediensteten erleiden Einbußen von höchstens 1%. Eine über 8% der restlichen Lebensverdienstsumme ausmachende Verschlechterung erleiden lediglich 53 Bedienstete, das sind nur knapp über 1% der insgesamt von einer Verschlechterung betroffenen Bediensteten und nur knapp über 0,2% der von der Neuregelung insgesamt erfassten Bediensteten. Von einer 10% übersteigenden Verschlechterung sind lediglich 23 Bedienstete, also unter 0,5% der von der Verschlechterung und unter 0,1% der von der Neuregelung insgesamt erfassten Bediensteten.

 

Nach Auffassung der Bundesregierung ist schon angesichts dieser in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle zu lediglich geringfügige Verschlechterungen führenden Auswirkungen der Neuregelung auf die restliche Lebensverdienstsumme von der Verhältnismäßigkeit des durch sie bewirkten Eingriffs auszugehen. Bei der äußert geringen Zahl der von einer größeren Verschlechterung betroffenen Bediensteten handelt es sich um besondere Härtefälle, die bei einer generalisierenden Regelung vernachlässigt werden können.

 

2.5.3.2. Die durch die angefochtenen Bestimmungen bewirkten — bloß zukünftigen — Verschlechterungen erscheinen aber auch im Hinblick auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des Verfassungsgerichtshofes zu Pensionskürzungen als verhältnismäßig. So hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine zur Erreichung eines ausgeglichenen und nachhaltigen Sozialsystems verfügte Kürzung einer Pensionsleistung von rund 38% als gerechtfertigten Eingriff in das durch Art1 (1.) ZPEMRK garantierte Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums angesehen (vgl. EGMR, Maggio ua gegen Italien, Rz. 59 ff mwH). Der Verfassungsgerichtshof hat — wenngleich im Zusammenhang mit dem aus dem Gleichheitssatz abgeleiteten Vertrauensschutz — Pensionskürzungen von rund 10% (VfSlg 15.269/1998) bzw. 9% (VfSlg 18.010/2006) als zulässig erachtet.

 

Die Bundesregierung weist in diesem Zusammenhang besonders darauf hin, dass es sich bei einer Verkürzung bestimmter vertraglich festgelegter zukünftiger Leistungen und einer Kürzung von Pensionsleistungen um grundlegend verschiedene Maßnahmen handelt: Eine Pensionsleistung soll nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Erwerbsleben einen Ersatz für verlorengegangenes Erwerbseinkommen bieten. Dem Betroffenen steht daher bei einem derartigen Eingriff in seine berechtigten Erwartungen regelmäßig — außer der Rückkehr ins Erwerbsleben — keine Möglichkeit offen, die Verkürzung finanziell auszugleichen; er kann sich auf die geänderten Umstände daher regelmäßig nicht mehr einstellen (vgl. wenngleich zum Vertrauensschutz VfSlg 11.665/1988, 14.846/1997 jeweils mwH). Demgegenüber steht dem in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis beschäftigten Bediensteten im Falle der sich aus einer Verkürzung der zukünftigen Gehaltsentwicklung ergebenden finanziellen Nachteile grundsätzlich die Möglichkeit offen, das Dienstverhältnis zu beenden und eine andere Beschäftigung aufzunehmen.

 

Die Bundesregierung geht folglich davon aus, dass der Gesetzgebung bei einer lediglich in der Zukunft wirkenden Verkürzung bestimmter vertraglich festgelegter Leistungen ein größerer Gestaltungsspielraum als bei der Kürzung von Pensionsleistungen zukommt. Umso mehr sind die hier gegenständlichen zukünftigen Einbußen, die weit unter den vom Verfassungsgerichtshof für zulässig erachteten Pensionskürzungen liegen, verhältnismäßig.

 

2.5.3.3. Schließlich ist — worauf auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 17.071/2003 im Zusammenhang mit der gesetzlichen Kodifizierung des ÖBB-Pensionsrechts hingewiesen hat — zu berücksichtigen, dass auch die bis zum Inkrafttreten des §53a Bundesbahngesetz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr 64/2015 bestehende Rechtslage für den einzelnen Bediensteten keine Gewähr für die Unabänderbarkeit seiner dienstrechtlichen Position geboten hat: Wie oben unter Punkt I. 5. ausgeführt, wurden die Vertragsschablonen den einzelnen Dienstverträgen verbunden mit einer sogenannten 'Jeweils-Klausel' zu Grunde gelegt; dem Dienstgeber kam auf dieser Grundlage ein nach dem Grundsatz von Treu und Glauben und nach billigem Ermessen auszuübendes — einseitiges — Gestaltungsrecht zu, das ihm auch die Vornahme solcher Änderungen ermöglichte, die zu zumutbaren Verschlechterungen der Position des Dienstnehmers führten.

 

2.6. Soweit die Antragsteller schließlich einen Eingriff in das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums durch die Reduzierung der vormals zwei auf nur mehr einen Vorrückungstermin behaupten, hält dem die Bundesregierung Folgendes entgegen:

 

Ausgehend vom Vorrückungsstichtag bestimmt der Vorrückungstermin jenen Zeitpunkt, zu dem der Bedienstete jeweils in die nächsthöhere Gehaltsstufe rückt. Die Berechnung des Vorrückungsstichtages bildet somit die Voraussetzung für die Festsetzung des konkreten Vorrückungstermins. Es ist der Gesetzgebung nicht entgegenzutreten, wenn sie im Zuge der Neuregelung der Berechnung des Vorrückungsstichtages auch die Modalitäten des Vorrückungstermins anpasst. Es liegt dabei nach Auffassung der Bundesregierung im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung, ob sie zwei oder — auch im Sinne der Vereinfachung — nur einen Vorrückungstermin vorsieht.

 

2.7. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die angefochtenen Bestimmungen für jenen Teil der Bediensteten, deren Vorrückungsstichtag schon auf Grund der Novelle BGBI. I Nr 129/2011 neu festgesetzt wurde, mangels Vertragsänderung überhaupt keinen Eingriff in ihr Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums bewirken. Für jenen Teil der Bediensteten, bei denen es zu einer Vertragsänderung und daher zu einem Eigentumseingriff kommt, bewirken die angefochtenen Bestimmungen in ihrer Gesamtheit bei über 80% keine Verschlechterung, bei einem kleineren Teil von diesen sogar eine Verbesserung ihrer besoldungsrechtlichen Position. Bei jenem Teil der Bediensteten, bei denen durch die angefochtenen Bestimmungen ein ungünstigerer Vorrückungsstichtag neu errechnet wurde, kommt es weder zu keiner Kürzung des aktuell bezogenen Gehalts, noch zu einer Rückzahlungsverpflichtung für die Vergangenheit, sondern lediglich zu einer in der Zukunft wirkenden Verkürzung bestimmter vertraglich festgelegter Entgeltansprüche. Die dadurch bewirkten Einbußen in der restlichen Lebensverdienstsumme sind — auch auf Grund flankierender Regelungen (Wahrung des bisherigen Gehaltes, Wiedereinführung einer weiteren, vorletzten Gehaltsstufe) — in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle äußert gering; sie bleiben innerhalb der vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und dem Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit Pensionskürzungen als verhältnismäßig erachteten Prozentsätze, wobei die Gesetzgebung bei der Kürzung bloß zukünftiger vertraglicher Ansprüche einen weiteren Gestaltungsspielraum hat als bei der Kürzung von Pensionsleistungen. Schließlich konnten die Bediensteten auf Grund der ihren Dienstverträgen zu Grunde liegenden 'Jeweils-Klausel' zu keinem Zeitpunkt vom unveränderten Fortbestand ihrer besoldungsrechtlichen Position ausgehen.

 

2.8. Die Bundesregierung geht daher davon aus, dass eine Verletzung des Rechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums nicht vorliegt.

 

3. Zu den Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz:

 

3.1. Die Antragsteller behaupten auf das Wesentliche zusammengefasst, dass es sich bei den angefochtenen Regelungen um rückwirkend belastende Rechtsvorschriften handle, die dem aus dem Gleichheitssatz abgeleiteten Vertrauensschutz widersprechen würden: Der Eingriff in die Rechtsposition der Betroffenen sei erheblich und erfolge plötzlich, eine schrittweise Überleitung ins neue System sei nicht vorgesehen. Durch das Einfrieren des bezogenen Gehalts werde die bisherige Diskriminierung für die Vergangenheit versteinert und den vormals verkürzten Dienstnehmern für die gesamte Vergangenheit genommen, was ihnen nach 'aufgehobener' Rechtslage zugestanden wäre.

 

3.2. Die Bundesregierung weist zunächst darauf hin, dass es sich bei den angefochtenen Regelungen entgegen dem Vorbringen der Antragsteller nicht um rückwirkend belastende Rechtsvorschriften handelt. Wie oben unter Punkt 2.5.2. ausführlich dargelegt, bewirken die angefochtenen Regelungen für die Vergangenheit allenfalls eine Verbesserung der Rechtsposition der von §53a Bundesbahngesetz erfassten Bediensteten; im Übrigen führen sie allenfalls zu einer lediglich in der Zukunft wirkenden Verschlechterung vertraglicher Ansprüche.

 

3.3. Die Antragsteller berufen sich zwar ausschließlich auf den Schutz vor rückwirkend belastenden Rechtsvorschriften. Die Bundesregierung bezweifelt aber auch, dass einer der anderen nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes vom Vertrauensschutz erfassten Tatbestände vorliegt: Die vom Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit Pensionsansprüchen und -anwartschaften entwickelten Prämissen betreffend den Schutz wohlerworbener Rechte lassen sich schon deshalb nicht auf den vorliegenden Fall übertragen, da die Dienstnehmer auf Grund der so genannten 'Jeweils-Klausel' (vgl. oben Punkt I. 5.), die dem Dienstgeber ein einseitiges Gestaltungsrecht einräumt, jederzeit mit einer Änderung ihrer Rechtsposition rechnen mussten. Ein hinreichend geschütztes Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der in den Verträgen festgelegten zukünftigen Leistungen konnte daher von vornherein nicht entstehen. Die bloße Erwartungshaltung auf das unveränderte Bestehen der Dienstverträge ist aber, wie die Antragsteller selbst einräumen, nicht vom Vertrauensschutz erfasst.

 

3.4. Schließlich entsprechen die angefochtenen Regelungen auch dem aus dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz abgeleiteten Sachlichkeitsgebot:

 

3.4.1. Der Verfassungsgerichtshof hält in ständiger Rechtsprechung fest, dass die Gesetzgebung 'lediglich gehalten [ist], das Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrecht derart zu gestalten, dass es im Großen und Ganzen in einem angemessenen Verhältnis zu den dem Beamten obliegenden Dienstpflichten steht' (vgl. VfSlg 14.888/1997, 17.706/2005 jeweils mwN). Spätere einseitige Änderungen durch die Gesetzgebung sind daher durch den Gleichheitssatz insofern begrenzt, als die gewährte Besoldung 'im Großen und Ganzen' in einem angemessenen Verhältnis zu den geleisteten Diensten stehen muss (vgl. Pöschl, Gleichheit vor dem Gesetz [2007] 841 f). Geschützt wird nicht das Austauschverhältnis in der bestehenden Form, sondern lediglich das Austauschverhältnis 'im Großen und Ganzen', weshalb auch eine mit einem solchen Eingriff gewährte Verschiebung der Gewichte zwischen den Parteien zulässig ist (vgl. Stelzer, Der Schutz von auf privatrechtlicher Grundlage entstandenen 'Anwartschaften' vor gesetzlichen Eingriffen, in Holoubek/Lang [Hrsg.] Vertrauensschutz im Abgabenrecht [2004] 113 [124]).

 

3.4.2. Dieser in der Rechtsprechung zu öffentlich‑rechtlichen Rechtsverhältnissen entwickelte Grundsatz ist auch für die von §53a Bundesbahngesetz erfassten privatrechtlichen Dienstverträge maßgeblich, da diese zum weit überwiegenden Teil noch mit dem Bund abgeschlossen wurden, der in diesen Fällen auch eine Ausfallshaftung trägt. Für eine Übertragbarkeit dieser Judikatur spricht auch der Umstand, dass die den Dienstverträgen der betroffenen Bediensteten zu Grunde liegenden Dienstordnungen inhaltlich dem öffentlichen Dienstrecht nachgebildet waren. Greift die Gesetzgebung in ein solches Vertragsverhältnis ein, ist sie daher nur verhalten, das Austauschverhältnis — so es nicht selbst grob einseitig war — im Prinzip zu wahren (Stelzer, aaO 125 f überträgt diese Judikatur generell auf gesetzliche Eingriffe in privatrechtliche Rechtsverhältnisse).

 

3.4.3. §53a Bundesbahngesetz entspricht diesen Vorgaben: Durch die altersunabhängige Anrechnung branchenspezifischer Vordienstzeiten wird entsprechende einschlägige Berufserfahrung, die den Dienstnehmer regelmäßig befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten, für die Berechnung des Vorrückungsstichtages und damit die Einstufung in die Gehaltstabellen und die Berechnung des ihm zustehenden Gehalts, berücksichtigt. Durch die rückwirkende Erlassung und die flankierenden Übergangsbestimmungen wird nun einerseits gewährleistet, dass diese Änderung des Entlohnungsschemas in bestimmten Fällen auch für die Vergangenheit wirksam wird, wenn sich nämlich im Vergleich zum bisherigen Entlohnungsschema Verbesserungen ergeben. Durch die Wahrungsbestimmung ist andererseits sichergestellt, dass eine im Vergleich zum bisherigen Entlohnungsschema nachteilige Veränderung zu keiner Verkürzung des bezogenen Gehalts führt. Insoweit es in Zukunft zu Kürzungen vertraglich festgelegter Entgeltansprüche kommt, sind diese Einbußen geringfügig und wahren insgesamt ein angemessenes Austauschverhältnis zwischen den geleisteten Diensten und dem dafür entrichteten Gehalt.

 

3.5. Die Bundesregierung geht daher davon aus, dass auch keine Verletzung des Gleichheitssatzes vorliegt.

 

4. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass §§53a und 56 Abs18 bis 24 Bundesbahngesetz, BGBl Nr 825/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 64/2015, nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind."

 

4. Da die Anträge zu G209-213/2016 den Anträgen zu G450/2015 ua. gleichen, hat der Verfassungsgerichtshof gemäß §19 Abs3 Z4 VfGG davon abgesehen, ein weiteres Verfahren in diesen Rechtssachen durchzuführen. Dies erfolgt im Hinblick darauf, dass die in den Verfahren über die Anträge zu G209-213/2016 aufgeworfenen Rechtsfragen durch die Entscheidung über die sonstigen Anträge bereits geklärt werden.

IV. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Anträge erwogen:

1. Zur Zulässigkeit der Anträge

1.1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels.

1.2. Mit den Berufungen, aus deren Anlass die Anträge nach Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG erhoben wurden, wenden sich die Antragsteller gegen Urteile des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht, mit denen Klagebegehren auf Auszahlung einer Entgeltdifferenz wegen Nichtanrechnung der von den Klägern vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Vordienstzeiten abgewiesen wurden.

Der Verfassungsgerichtshof geht auf Grund der Mitteilungen des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht davon aus, dass die Berufungen der Antragsteller rechtzeitig und zulässig sind.

1.3. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Aus dieser Grundposition folgt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011). Dagegen macht eine zu weite Fassung des Antrages diesen, soweit die Präjudizialität für den gesamten Antrag gegeben ist, nicht zur Gänze unzulässig, sondern führt, ist der Antrag in der Sache begründet, im Falle der Aufhebung nur eines Teiles der angefochtenen Bestimmungen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl. VfSlg 16.989/2003 mwN, 19.684/2012 und 19.746/2013).

1.4. In den Verfahren, die den Anträgen zugrunde liegen, wurden einerseits die Vorrückungsstichtage der Antragsteller auf Basis von §53a Bundesbahngesetz neu berechnet, andererseits Entgeltdifferenzen eingeklagt, die die Antragsteller für Vordienstzeiten, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres lagen, geltend gemacht haben. Bei Erlassung der Urteile hat das Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht die Bestimmung des §53a Bundesbahngesetz zur Gänze angewendet.

Hinsichtlich der ebenfalls angefochtenen Absätze 18 bis 24 der Inkrafttretensbestimmung des §56 Bundesbahngesetz ist festzuhalten, dass sämtliche Antragsteller frühestens mit 16. März 1981 (so der Antragsteller im zu G568/2015 protokollierten Verfahren) und spätestens mit 5. Oktober 1992 (wie der Antragsteller im zu G624/2015 protokollierten Verfahren) in das Dienstverhältnis zur mitbeteiligten ÖBB-Personenverkehr AG eingetreten sind. Die Bundesregierung führt in ihrer Äußerung aus, dass sämtliche nach der Besoldungsordnung 1963, der Bundesbahn- Dienst- und Lohnordnung 1954, der Gastarbeiterordnung 1966 und der Teilbeschäftigtenordnung 1977 oder in den Allgemeinen Vertragsbedingungen anrechenbare Zeiten bei der neuen Ermittlung der individuellen Vorrückungsstichtage zu berücksichtigen waren.

Da §53a Bundesbahngesetz insgesamt sowie §56 Abs18 bis 24 Bundesbahngesetz in einem ‑ wenn auch nicht in einem untrennbaren ‑ Zusammenhang (vgl. VfGH 22.2.2016, G531/2015 ua.) stehen und auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweisen sich die Anträge als zulässig.

2. In der Sache

Die Anträge sind indes nicht begründet.

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

Die Anträge machen Bedenken im Hinblick auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 1. ZPEMRK) sowie auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B‑VG, Art2 StGG) geltend.

2.2. Zu den Bedenken im Hinblick auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz:

2.3. Die Antragsteller behaupten die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen im Hinblick auf den Vertrauensschutz durch die rückwirkend belastenden Rechtsvorschriften.

2.4. Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (s. etwa VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl. zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s. etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002). Diese Schranken sind im vorliegenden Fall nicht überschritten. Insbesondere liegt die Gestaltung von Gehaltsschemen der Beamten in der rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, sofern er mit seiner Regelung nicht gegen das ‑ sich aus dem Gleichheitsgrundsatz ergebende – Sachlichkeitsgebot verstößt (VfSlg 9607/1983, 16.176/2001). Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (zB VfSlg 14.301/1995, 15.980/2000 und 16.814/2003).

Der Gesetzgeber kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wohl von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und auf den Regelfall abstellen (vgl. zB VfSlg 14.841/1997, 16.124/2001 und 16.771/2002); dass dabei Härtefälle entstehen, macht das Gesetz nicht gleichheitswidrig (zB VfSlg 11.615/1988, 14.841/1997); ebenso wenig können daher Einzelfälle einer Begünstigung die am Durchschnitt orientierte Regelung unsachlich machen (VfSlg 8871/1980).

2.5. Der Gerichtshof der Europäischen Union hatte in der Rechtssache Starjakob, C-417/13 , über ein Vorabentscheidungsersuchen des Obersten Gerichtshofes zu entscheiden, dem ein Rechtsstreit mit der ÖBB-Personenverkehr AG über die Zulässigkeit des vom Bundesgesetzgeber zur Beseitigung einer Altersdiskriminierung eingeführten Vergütungssystems zugrunde lag. Der Oberste Gerichtshof hatte mehrere Fragen, welche die Auslegung von Art21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Grundrechtecharta) sowie von Art7 Abs1, Art16 und Art17 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S 16) betrafen.

Der Gerichtshof der Europäischen Union führte in Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen in seiner Entscheidung vom 28. Jänner 2015 zur Rechtslage vor Erlassung der nunmehr angefochtenen Regelungen aus:

"1. Das Unionsrecht – insbesondere Art2 und Art6 Abs1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf – ist dahin auszulegen, dass es einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die zur Beseitigung einer Altersdiskriminierung die vor dem vollendeten 18. Lebensjahr zurückgelegten Vordienstzeiten berücksichtigt, aber zugleich eine tatsächlich nur für Bedienstete, die Opfer dieser Diskriminierung sind, geltende Bestimmung enthält, die den für die Vorrückung in den jeweils ersten drei Gehaltsstufen erforderlichen Zeitraum um jeweils ein Jahr verlängert und damit eine Ungleichbehandlung wegen des Alters endgültig festschreibt.

 

2. Das Unionsrecht – insbesondere Art16 der Richtlinie 2000/78 – ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung, mit der eine Altersdiskriminierung beseitigt werden soll, es einem Bediensteten, dessen vor der Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegte Vordienstzeiten bei der Berechnung seiner Vorrückung nicht berücksichtigt worden sind, nicht zwingend ermöglichen muss, einen finanziellen Ausgleich zu erhalten, der der Differenz zwischen dem Entgelt entspricht, das er ohne die Diskriminierung erhalten hätte, und dem Entgelt, das er tatsächlich erhalten hat. Gleichwohl bedeutet die Herstellung der Gleichbehandlung in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens, solange kein System zur Beseitigung der Diskriminierung wegen des Alters in einer mit der Richtlinie 2000/78 in Einklang stehenden Art und Weise eingeführt worden ist, dass den Bediensteten, die ihre Berufserfahrung, sei es auch nur teilweise, vor der Vollendung des 18. Lebensjahrs erworben haben, hinsichtlich der Berücksichtigung der vor der Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegten Vordienstzeiten, aber auch hinsichtlich der Vorrückung in der Gehaltstabelle dieselben Vorteile zu gewähren sind, wie sie den Bediensteten, die nach der Vollendung des 18. Lebensjahrs eine gleichartige Berufserfahrung in vergleichbarem zeitlichem Umfang erworben haben, zuteil geworden sind.

 

3. Das Unionsrecht – insbesondere Art16 der Richtlinie 2000/78 – ist dahin auszulegen, dass es den nationalen Gesetzgeber nicht daran hindert, für die Berücksichtigung der vor der Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegten Vordienstzeiten eine Mitwirkungsobliegenheit zu begründen, aufgrund deren der Bedienstete diese Zeiten gegenüber seinem Arbeitgeber nachzuweisen hat. Es stellt indessen keinen Rechtsmissbrauch dar, wenn ein Bediensteter die Mitwirkung bei der Anwendung einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden verweigert, die eine gegen die Richtlinie 2000/78 verstoßende Diskriminierung wegen des Alters beinhaltet, und wenn er auf Zahlung eines Geldbetrags zur Herstellung der Gleichbehandlung mit den Bediensteten klagt, die nach der Vollendung des 18. Lebensjahrs eine gleichartige Berufserfahrung in vergleichbarem zeitlichem Umfang erworben haben.

 

4. Der Grundsatz der Effektivität ist dahin auszulegen, dass er es in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens nicht verbietet, dass eine im nationalen Recht bestimmte Frist für die Verjährung von im Unionsrecht begründeten Ansprüchen vor dem Tag der Verkündung eines Urteils des Gerichtshofs, das die Rechtslage auf dem betreffenden Gebiet klärt, zu laufen beginnt."

 

Die beim Landesgericht Innsbruck zur Frage der Anrechnung von Vordienstzeiten anhängigen Gerichtsverfahren wurden bis zur Entscheidung des Landesgerichtes Innsbruck über das Ausgangsverfahren nach der Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union im Verfahren Starjakob unterbrochen.

Der Oberste Gerichtshof stellte mit Urteil vom 26. Februar 2015, 8 ObA 11/15y, fest, dass das für die vom früheren System begünstigten Bediensteten geltende System das einzig gültige Bezugssystem bleibe und auch für die benachteiligte Gruppe gelte, solange kein System zur Beseitigung der Diskriminierung wegen des Alters eingeführt werde. Der Oberste Gerichtshof erkannte, dass dem Kläger des Ausgangsverfahrens ein Anspruch auf Nachzahlung der geltend gemachten Differenzbeträge zwischen dem tatsächlich bezogenen und dem nach dem günstigeren Bezugssystem zustehenden Gehalt zukomme.

2.6. Durch die Novelle Bundesgesetz BGBl I 64/2015 wurde §53a Bundesbahngesetz im Hinblick auf diese Rechtsprechung geändert und mit der Übergangsbestimmung des §56 Abs18 bis 24 Bundesbahngesetz rückwirkend in Kraft gesetzt, um ein diskriminierungsfreies Entlohnungssystem zu schaffen. Durch die neue Rechtslage sollen nunmehr branchenspezifische Dienst- und Ausbildungszeiten unabhängig davon angerechnet werden, in welchem Alter sie zurückgelegt wurden. Die Neuberechnung erfolgt dabei automatisch durch den Arbeitgeber; den Arbeitnehmer trifft nur eine Mitwirkungsobliegenheit gemäß §53a Abs4 Bundesbahngesetz zur Mitteilung entsprechend anzurechnender Vordienstzeiten. Die rückwirkende Inkraftsetzung der Vorrückungsbestimmung des §53a Bundesbahngesetz mit BGBl I 64/2015 erfolgte im Hinblick auf die Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union in der Rechtssache C-417/13 (Starjakob), um ein diskriminierungsfreies System für alle Bediensteten von Beginn ihres Arbeitsverhältnisses an herzustellen und eine Diskriminierung unter den einzelnen Bediensteten auszuschließen.

Gleichzeitig wurde mit §53a Abs6 Bundesbahngesetz eine Bestimmung geschaffen, die sicherstellen soll, dass bei einer Einstufung in eine niedrigere Gehaltsstufe durch die Neuberechnung des Vorrückungsstichtages keine Rückstufung erfolgt und das zuletzt bezogene Gehalt gewahrt bleibt. Befindet sich ein Bediensteter noch nicht in der letzten Gehaltsstufe, so verbleibt er im Falle der Einstufung in eine niedrigere Gehaltsstufe auf Grund der Wahrungsbestimmung in der zuletzt zugeordneten Gehaltsstufe, bis das nach der Neuberechnung zustehende Gehalt und das zuletzt bezogene Gehalt wieder übereinstimmen; danach rückt er wieder regulär in die nächsten Gehaltsstufen vor.

2.7. Im Vorblatt zur Regierungsvorlage (584 BlgNR 25. GP ) wird zur Änderung der §§53a und 56 Bundesbahngesetz Folgendes ausgeführt:

"Problemanalyse

 

Der EuGH hat mit Urteil C-417/13 vom 28. Jänner 2015 in der Rechtssache Starjakob festgestellt, dass der §53a Bundesbahngesetz (BBG) unionsrechtswidrig ist. Der §53a BBG sieht neben der Anrechnung von Vordienstzeiten vor dem 18. Lebensjahr auch eine rückwirkende Verlängerung der ersten Vorrückungszeiträume vor. Der EuGH lehnte die aus Anlass der EuGH-Entscheidung Hütter erfolgte Gesetzesreparatur als altersdiskriminierend ab, da die Reparatur den Unterschied zwischen diskriminierten und nicht-diskriminierten ÖBB Bediensteten nicht beseitigt, sondern festschreibt.

 

Daraus resultiert ein finanzielles Bedrohungspotential für die ÖBB in Summe von rd. 220 Mio. €. Da ÖBB-Infrastruktur AG und ÖBB-Personenverkehr AG dem staatlichen Sektor zugerechnet werden, würden ohne der [richtig: die] gegenständliche[] Änderung rund dreiviertel der Gesamtkosten für den Bund Maastricht ‑ Defizit-wirksam werden.

 

Ziel(e)

 

Mit der gegenständlichen Novelle erfolgt eine Anpassung der Regelungen über die einstufungswirksame Anrechnung von (Vor-)Dienstzeiten an die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000, konkretisiert durch das Urteil C417/13 des Europäischen Gerichtshofs vom 28. Jänner 2015 in der Rechtssache Starjakob sowie in dem Urteil C‑501/12 vom 19. Juni 2014 in der Rechtssache Specht.

 

Gleichzeitig kann damit in finanzieller Hinsicht eine de facto ergebnisneutrale Lösung für die ÖBB und, da ÖBB Infrastruktur-AG und ÖBB-Personenverkehr AG dem staatlichen Sektor zugerechnet werden, auch für den Bund erreicht werden. Demzufolge ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen auf den Bundeshaushalt."

 

[…]

 

"Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

 

Art16 der Richtlinie 2000/78/EG verpflichtet Mitgliedstaaten zur Beseitigung diskriminierender Rechtsvorschriften. Diese Vorschrift schreibt den Mitgliedstaaten aber keine bestimmte Maßnahme im Fall einer Verletzung des Diskriminierungsverbots vor, sondern belässt ihnen nach Maßgabe der unterschiedlichen denkbaren Sachverhalte die Freiheit der Wahl unter den verschiedenen Lösungen, die zur Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels geeignet sind."

 

2.8. Die Gesetzesmaterialien verweisen ferner auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 19. Juni 2014 in der Rechtssache Specht (C-501/12 ua.), der ein Vorabentscheidungsersuchen betreffend die Modalitäten der Zuordnung von Beamten in der Bundesrepublik Deutschland zu einer Stufe oder einer Überleitungsstufe in der für sie geltenden Besoldungsordnung zugrunde liegt. Das vorlegende Verwaltungsgericht Berlin hatte darauf hingewiesen, dass es vorzuziehen gewesen wäre, das neue Einstufungssystem rückwirkend auf alle Bestandsbeamten anzuwenden oder eine Übergangsregelung anzuwenden, die dem bevorzugten Bestandsbeamten die Besoldung in der vorherigen Höhe so lange garantiert hätte, bis er die nach dem neuen Besoldungssystem für die Erreichung einer höheren Besoldungsstufe erforderliche Erfahrung erworben hätte. Der Gerichtshof der Europäischen Union führte in seinem Urteil u.a. aus, dass Rechtfertigungen, die sich aus der Erhöhung der finanziellen Lasten und eventuellen administrativen Schwierigkeiten herleiten, die Nichtbeachtung der Verpflichtungen, die sich aus dem Verbot der Altersdiskriminierung ergeben, grundsätzlich nicht rechtfertigen können. Allerdings könne nach dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union nicht verlangt werden, dass jeder Einzelfall individuell geprüft werde, um frühere Erfahrungszeiten im Nachhinein und individuell festzustellen, da die fragliche Regelung in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht handhabbar bleiben müsse. Der Gerichtshof der Europäischen Union gelangte zu dem Ergebnis, dass der nationale Gesetzgeber durch den Erlass abweichender Überleitungsmaßnahmen im Bundesbesoldungsgesetz für die Beamten des Landes Berlin nicht über das zur Erreichung des verfolgten Ziels Erforderliche hinausgegangen sei, zumal die Besoldungsdifferenz nahezu gleich geblieben sei (EuGH 19.6.2014, Rs. C-501/12 ua., Specht, Rz 78 ff.).

2.9. Die mitbeteiligte ÖBB-Personenverkehr AG führt in ihrer Äußerung aus, wie sich die neue Regelung auf die 24.276 betroffenen Mitarbeiter auswirke. Dabei käme es bei rund 56% zu keiner Änderung, da sich diese Mitarbeiter bereits in der letzten Gehaltsstufe befänden. Weitere 15% erhielten auf Grund von günstigeren neuen Vorrückungsstichtagen Gehaltsnachzahlungen. Für rund 29% der Mitarbeiter lasse sich keine eindeutige Aussage treffen, und nur 246 Mitarbeiter (rund 1%) würden mehr als 3,5% ihrer Restgesamtverdienstsumme verlieren.

Auch die Bundesregierung bringt in ihrer Äußerung vor, dass die Regelung für rund 80,5% der Bediensteten jedenfalls keine Verschlechterung, sondern allenfalls eine Verbesserung ihrer restlichen Lebensverdienstsumme bewirke. Es komme durch die angefochtenen Bestimmungen weder zu einer Kürzung des aktuell bezogenen Gehalts noch zu einer Rückzahlungsverpflichtung für die Vergangenheit, sondern lediglich zu einer in der Zukunft wirkenden Verkürzung bestimmter vertraglich festgelegter Entgeltansprüche. Die dadurch bewirkten Einbußen in der restlichen Lebensverdienstsumme seien auf Grund der flankierenden Regelungen (Wahrung des bisherigen Gehalts, Wiedereinführung einer weiteren, vorletzten Gehaltsstufe) in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle äußerst gering. Diese Änderung bewirkt allerdings gehaltsmäßig betrachtet keine realen Verluste, sondern lediglich eine Verkürzung bestimmter vertraglich festgelegter zukünftiger Entgeltansprüche.

2.10. Der Gesetzgeber hat die solcherart von der Bundesverfassung gezogenen Schranken nicht überschritten. Vor dem Hintergrund der europarechtlichen Vorgaben zur Beseitigung einer Altersdiskriminierung bei der Anrechnung von Vordienstzeiten und des Gestaltungsspielraumes, der dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Gehaltsschemas für die Bediensteten der ÖBB-Personenverkehr AG zukommt, ist es nicht unsachlich, wenn die notwendige Anpassung der Rechtslage, die wegen der Neuberechnung aller Vorrückungsstichtage und Nachzahlung von zustehenden Gehaltsdifferenzen mit einem sehr hohen verwaltungstechnischen Aufwand und hohen Kosten verbunden war, in einigen wenigen Fällen nicht zu Vorteilen, sondern zu Nachteilen für die Bediensteten führt.

2.11. In den Schlussanträgen des Generalanwaltes Bot in der Rechtssache Starjakob vom 3. Juli 2014, wird dargelegt, dass Art2 und Art6 Abs1 der Richtlinie 2000/78/EG einer nationalen Maßnahme entgegenstehen, wonach die Arbeitnehmer, die ihre Dienstzeiten vor Vollendung des 18. Lebensjahres erworben haben, diese Zeiten mit der Maßgabe geltend machen können, dass im Gegenzug der für die Vorrückung in den ersten drei Gehaltsstufen erforderliche Zeitraum um jeweils ein Jahr verlängert wird, während eine solche Verlängerung in der Praxis nicht auf die Arbeitnehmer angewandt wird, die die Gesamtheit ihrer für eine Anrechnung in Betracht kommenden Dienstzeiten nach der Vollendung des 18. Lebensjahres erworben haben (GA Bot, ÖBB Personenverkehr AG ‑ Starjakob, C-417/13 , Rz 91). Gleichzeitig wird auf eine Möglichkeit des Gesetzgebers hingewiesen, wie bei einer gleichzeitigen Rückstufung der Bediensteten in eine niedrigere Gehaltsstufe ein Rückgang ihres Entgelts vermieden werden könnte, indem eine Beibehaltung des zuvor von den Bediensteten erhaltenen Gehalts vorgesehen würde, bis diese die Einstufung erreichten, die sie vor der Reform innegehabt hätten (aaO Rz 59 ff.). Eine solche Übergangsregelung würde zwar das Gehalt der nicht diskriminierten Arbeitnehmer über einige Jahre hinweg einfrieren, allerdings sei der in Rede stehende Zeitraum von kurzer Dauer und schaffe einen zufriedenstellenden Kompromiss, um ein Gleichgewicht zwischen der Abschaffung der Ungleichbehandlung wegen des Alters einerseits und der Wahrung des von nicht diskriminierten Arbeitnehmern erlangten Besitzstands andererseits herzustellen (aaO Rz 59-62).

2.12. Eine Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union, die eine Gesetzesänderung auslöst, begründet kein vom Gleichheitssatz geschütztes Vertrauen. Der Verfassungsgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass eine Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union für sich allein genommen noch kein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen auf den künftig unveränderten Fortbestand der sich aus dieser Entscheidung ergebenden Rechtslage, wie der Verfassungsgerichtshof für Entscheidungen von Höchstgerichten ganz allgemein schon im Erkenntnis VfSlg 15.319/1998 ausgesprochen hat, begründet (vgl. auch VfSlg 16.764/2002). Das Bedenken, dass durch die angefochtenen Bestimmungen im Hinblick auf ihre behauptete Rückwirkung das schützenswerte Vertrauen verletzt wurde, trifft nicht zu.

2.13. Zu den Bedenken im Hinblick auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums:

2.13.1. Die Antragsteller bringen insbesondere vor, dass die rückwirkende Regelung der anrechenbaren Vordienstzeiten und die rückwirkende Festlegung der Vorrückungstermine einen Eingriff in das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums bewirke, und behaupten, dass kein öffentliches Interesse, sondern bloß ein unternehmensspezifisches Interesse vorliege, weiters keine Verhältnismäßigkeit des Eingriffs gegeben sei und nicht das gelindeste Mittel zur Zielerreichung gewählt worden sei.

Den Schutz des Art5 StGG genießt jedes vermögenswerte Privatrecht (vgl. zB VfSlg 8201/1977, 9887/1983, 10.322/1985 und 16.636/2002). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. dazu VfSlg 6780/1972 und die dort angeführte Vorjudikatur; VfSlg 12.227/1989, 15.367/1998, 15.771/2000) gilt der erste Satz des Art5 StGG auch für Eigentumsbeschränkungen. Der Gesetzgeber kann aber angesichts des in Art1 1. ZPEMRK enthaltenen Gesetzesvorbehalts Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes der Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt (vgl. VfSlg 9189/1981, 10.981/1986 und 15.577/1999), soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt (vgl. zB VfSlg 9911/1983, 14.535/1996, 15.577/1999 und 17.071/2003) und nicht unverhältnismäßig ist (vgl. etwa VfSlg 13.587/1993, 14.500/1996, 14.679/1996, 15.367/1998 und 15.753/2000).

2.13.2. Die Bundesregierung räumt in ihrer Stellungnahme ein, dass die angefochtenen Bestimmungen in die bisher vertraglich ausgestalteten Besoldungsregelungen zwischen den in §56 Abs18 Bundesbahngesetz genannten ÖBB Gesellschaften und ihren Bediensteten, auf die die in Abs19 bis 24 leg. cit. angeführten Vertragsschablonen anzuwenden sind, eingreift. Die Bundesregierung verweist auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 17.071/2003 und bringt vor, dass auch in den den Anträgen zugrunde liegenden Fällen durch die Gesetzesänderung eine Änderung der vertraglich begründeten privatrechtlichen Dienstverhältnisse vorliegt. Sie führt aus, dass – analog zum Sachverhalt, der dem Erkenntnis VfSlg 17.071/2003 zugrunde lag – bloß eine Eigentumsbeschränkung der Antragsteller vorliege, die jedoch im öffentlichen Interesse gelegen sei, und dass die angefochtenen Bestimmungen zur Erreichung des legitimen Zieles, nämlich einen unionrechtskonformen Zustand und ein altersdiskriminierungsfreies Besoldungssystem einzuführen, geeignet seien.

2.13.3. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes stellt die Notwendigkeit, die gesetzlichen Grundlagen an die durch die Entscheidungen des Gerichtshofes der Europäischen Union ausgelegten europäischen Rechtsgrundlagen anzupassen, ein legitimes Ziel des Gesetzgebers dar, das Besoldungssystem zu verändern. Im Gefolge dieser Rechtsprechung fand eine umfassende Neuberechnung aller Vorrückungsstichtage statt. Der Gesetzgeber hat sich auch daran orientiert, dass eine Änderung der Vorrückungsstichtage möglicherweise eine Schlechterstellung mancher Bediensteter herbeiführen könnte, weshalb die bisher bezogenen Gehälter auch gewahrt bleiben, um eine Verletzung des aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes zu vermeiden.

2.13.4. Die im Hinblick darauf gebotene Prüfung, ob die in Rede stehenden eigentumsbeschränkenden Regelungen im öffentlichen Interesse liegen (vgl. VfSlg 11.402/1987, 12.227/1989) und nicht unverhältnismäßig sind (VfSlg 13.587/1993, 13.659/1993, 13.964/1994), würde jedoch auf Grund der oben zum Gleichheitssatz dargelegten Erwägungen auch in dieser Hinsicht zur Schlussfolgerung der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen führen (vgl. Punkt 3. VfSlg 16.292/2001).

2.13.5. Die angefochtenen Bestimmungen verstoßen daher nicht gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums.

V. Ergebnis

1. Die Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §53a und §56 Abs18 bis 24 Bundesbahngesetz treffen nicht zu. Die Anträge sind daher abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte