VfGH G16/2015

VfGHG16/20152.7.2015

Unzulässigkeit eines Parteiantrags mangels Darlegung von Bedenken im Einzelnen

Normen

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
ABGB §142, §138a, §148 Abs2, §163, §276
VfGG §62a Abs3, §62 Abs1
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
ABGB §142, §138a, §148 Abs2, §163, §276
VfGG §62a Abs3, §62 Abs1

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Antrag

1. Mit Beschluss vom 5. Jänner 2015 stellte das Bezirksgericht Grieskirchen die Vaterschaft des verstorbenen J.P. fest und hob die bisher bestandene Vaterschaftsvermutung des ehelichen Vaters auf. Antragsgegner des Begehrens der beteiligten Partei, das bei Gericht am 10. September 2010 eingelangt ist und zu diesem Zeitpunkt auf §163b ABGB gestützt war, ist der Sohn des am 14. Juni 2009 verstorbenen J.P., dem die Verlassenschaft mit Beschluss des Bezirksgerichtes Wels vom 14. August 2009 zur Gänze eingeantwortet wurde.

2. Gegen die Feststellung der Abstammung erhob der Rechtsnachfolger des nunmehr – nicht rechtskräftig – festgestellten Vaters Rekurs an das Landesgericht Wels. Gleichzeitig stellte er beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG einen "Parteiantrag auf Normenkontrolle", in dem er beantragt, der Verfassungsgerichtshof möge "§142 ABGB als verfassungswidrig aufheben und feststellen, dass §138a ABGB aF (bis 31.01.2013) verfassungswidrig war und aus §148 (2) ABGB die Wortfolge 'nach Ablauf von zwei Jahren' als verfassungswidrig aufheben und feststellen, dass die Wortfolge 'nach Ablauf von zwei Jahren' in der Bestimmung des §163 aF (bis 31.01.2013) verfassungswidrig war." Unter Anführung der Bestimmung des §62a Abs3 Z1 und Z2 VfGG bezeichnet der Antragsteller die Entscheidung, gegen die er das Rechtsmittel erhoben hat sowie das ordentliche Gericht, das sie erlassen hat, und gibt an, wann ihm der Beschluss des Bezirksgerichtes Grieskirchen zugestellt und wann der Rekurs erhoben worden sei. In der Folge schildert er den zugrundeliegenden Sachverhalt.

3. Unter dem Punkt "Beseitigung der Verfassungswidrigkeit" führt der Antragsteller aus, dass seiner Auffassung nach zwei Wege zur Verfügung stünden, die Verfassungswidrigkeit zu beseitigen. Dies sei entweder durch verfassungskonforme Interpretation möglich, sodass "die Frist für den Vätertausch auch mit zwei Jahren zu befristen" sei, oder "durch Behebung der verfassungswidrigen Bestimmung". Im Folgenden versucht der Antrag darzulegen, durch welche Abgrenzung die "Verfassungswidrigkeit behoben" werden könnte.

4. Das Bezirksgericht Grieskirchen hat die Gerichtsakten vorgelegt. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Zurückweisung des Antrags mangels Darlegung der Bedenken im Einzelnen sowie mangels Präjudizialität des §148 Abs2 zweiter Satz ABGB beantragt und ausführt, dass der Sitz der behaupteten Verfassungswidrigkeit in einer anderen als den angefochtenen Bestimmungen, nämlich §150 ABGB, läge. Für den Fall der Zulässigkeit des Antrags tritt die Bundesregierung der behaupteten Verfassungswidrigkeit inhaltlich entgegen.

II. Zulässigkeit

1. Der Antrag ist unzulässig.

2. Dem mit BGBl I 114/2013 in das B‑VG eingefügten, mit 1. Jänner 2015 in Kraft getretenen Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG zufolge erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen "auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels".

3. Der Antragsteller hat den Antrag nach Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG aus Anlass eines Rekurses gegen eine erstinstanzliche Entscheidung des Bezirksgerichtes Grieskirchen erhoben. Der Antrag hat die Vorgaben der §§15, 62 und 62a Abs3 und Abs4 VfGG zu erfüllen. Diesen gesetzlichen Vorgaben kommt der Antrag nicht nach.

4. Gemäß §62 Abs1 VfGG muss der Antrag begehren, "dass entweder das Gesetz seinem ganzen Inhalt nach oder dass bestimmte Stellen des Gesetzes als verfassungswidrig aufgehoben werden. Der Antrag hat die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen." Eine solche Darlegung enthält der vorliegende Antrag jedoch nicht; insbesondere mangelt es an der Zuordnung von Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit in Bezug auf bestimmte gesetzliche Bestimmungen. Der Antragsteller äußert verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber der Auslegung des Bezirksgerichtes und fordert eine "verfassungskonforme Interpretation". Seine Ausführungen, die sich auf den Sachverhalt beziehen, legen jedoch nicht die behauptete Verfassungswidrigkeit des Gesetzes dar. Der Antrag führt auch nicht aus, aus welchen Gründen die angefochtenen Bestimmungen verfassungswidrig seien.

Das Fehlen einer geeigneten Darlegung iSd §62 Abs1 zweiter Satz VfGG ist kein behebbares Formgebrechen, sondern ein Prozesshindernis (vgl. VfSlg 15.342/1998 mwN). Der somit an einem inhaltlichen, keiner Verbesserung zugänglichen Mangel leidende Antrag war daher – schon aus diesem Grund – als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VfSlg 17.553/2005).

5. Der Antrag ist daher zurückzuweisen. Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob der Antrag auch aus anderen Gründen unzulässig ist.

6. Gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ist der Antrag ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.

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