vorheriges Dokument
nächstes Dokument

Coronavirus-Krise – Quarantäne, Verkehrsbeschränkungen und Verdienstentgang

Coronavirus ÜbersichtCoronavirus - ArbeitsrechtSabaraJänner 2023

Mit 1. 8. 2022 trat die COVID-19-Verkehrsbeschränkungsverordnung in Kraft, mit der die verpflichtende Corona-Quarantäne aufgehoben und durch sogenannte „Verkehrsbeschränkungen“ ersetzt worden ist. Arbeitnehmer müssen nun behördlich nicht mehr in Quarantäne verbleiben, sondern müssen sich krankschreiben lassen. Unter welchen Voraussetzungen der Dienstgeber noch Anspruch auf Vedienstentgang nach dem Epidemiegesetz hat, erklärt das folgende Briefing.

Stand: 3. 1. 2023

Quarantäne, Verkehrsbeschränkungen, Verdienstentgang gemäß Epidemiegesetz

Die Infektion mit dem „SARS-CoV-2“ ist eine anzeigepflichtige Krankheit im Sinne des Epidemiegesetzes. Bis 31. 7. 2022 war für positiv auf SARS-CoV-2 getestete Personen eine Quarantäne („Absonderung“) verpflichtend vorgesehen. Da sich die epidemiologischen Rahmenbedingungen durch die Eigenschaften der Omikron-Variante erheblich geändert haben, wurde mit BGBl I 2022/89 die Möglichkeit zur Festlegung von Verkehrsbeschränkungen statt einer Quarantänepflicht nach einem positiven Testergebnis auf SARS-CoV-2 durch Verordnung geschaffen.11Zu BGBl I 2022/89 siehe im Detail ARD 6805/13/2022: Mit dieser Gesetzesnovelle wurde außerdem ua geregelt, dass der Entschädigungsanspruch nach dem EpiG bereits dann entsteht, wenn der Nachweis einer befugten Stelle über ein positives (PCR-)Testergebnis auf SARS-CoV-2 vorliegt, dies unabhängig von einer gemäß § 7 EpiG erfolgten Absonderung.

Mit 1. 8. 2022 trat dann die COVID-19-Verkehrsbeschränkungsverordnung (COVID-19-VbV, BGBl II 2022/295) in Kraft, mit der die verpflichtende Corona-Quarantäne aufgehoben und durch sogenannte „Verkehrsbeschränkungen“ (§ 7b EpiG) ersetzt worden ist.

Wegfall der Absonderung, stattdessen Verkehrsbeschränkung

Die COVID-19-Verkehrsbeschränkungsverordnung gilt für Personen, für die ein positives Testergebnis auf SARS-CoV-2 vorliegt. Als Verkehrsbeschränkung gilt das dauerhafte Tragen einer FFP-2-Maske bei Kontakt mit anderen Personen. Die Verkehrsbeschränkung ersetzt die Quarantänepflicht.

Die Beschränkungen enden mit sofortiger Wirkung, wenn das positive Testergebnis eines Antigentests durch einen binnen 48 Stunden ab Probenentnahme durchgeführten PCR-Test nicht bestätigt wird. Ansonsten dauern Verkehrsbeschränkungen 10 Tage, mit der Möglichkeit der „Freitestung“ frühestens ab dem 5. Tag seit Probenahme. Für die „Freitestung“ bedarf es jedoch eines PCR-Tests bzw eines Laborbefunds, der einen CT-Wert ≥30 ausweist. Der Anwendungsbereich dieser Verkehrsbeschränkungen gilt unabhängig davon, ob die positiv getestete Person Symptome aufweist oder nicht. Ob eine positiv getestete Person arbeitsunfähig ist oder nicht, entscheidet eine befugter Mediziner mittels Krankschreibung.

Es besteht eine Verpflichtung zum durchgehenden Tragen einer FFP2-Maske ua außerhalb des privaten Wohnbereichs in geschlossenen Räumen, wenn ein physischer Kontakt zu anderen Personen nicht ausgeschlossen ist (§ 3 Abs 1 Z 1 lit a COVID-19-VbV), und im Freien, sofern ein Mindestabstand von zwei Metern zu anderen Personen nicht eingehalten werden kann (§ 3 Abs 1 Z 1 lit b COVID-19-VbV).

Ist ein Dienstnehmer positiv getestet (und nicht krankgeschrieben), kann er daher zur Arbeit gehen, muss aber am Arbeitsplatz durchgehend eine Maske tragen. Dies gilt in geschlossenen Räumen, wenn ein physischer Kontakt zu anderen Personen nicht ausgeschlossen ist, und im Freien, sofern ein Abstand von 2 Metern zu anderen Personen nicht eingehalten werden kann. Muss die FFP2-Maske nicht durchgehend getragen werden, weil ein physischer Kontakt zu anderen Personen ausgeschlossen ist (zB Einzelzimmer), ist ein allfälliges Infektionsrisiko für andere Personen durch sonstige geeignete Schutzmaßnahmen wie insbesondere das regelmäßige Durchlüften von Räumen zu minimieren.

Will der Arbeitgeber nicht, dass ein positiv getesteter Dienstnehmer zur Arbeit erscheint, kann er diesen freistellen. Dem arbeitsbereiten Dienstnehmer gebührt jedoch nach § 1155 ABGB sein volles Entgelt, ohne dass der Arbeitgeber Anspruch auf Entschädigung gemäß § 32 EpiG hat.

Arbeitsorte dürfen auch nicht betreten werden, wenn

  • die Verpflichtung zum durchgehenden Tragen einer Maske am Arbeitsort und am Weg zum Arbeitsort aus medizinischen Gründen, insbesondere bei Schwangerschaft, nicht möglich ist oder die Erbringung der Arbeitsleistung durch das durchgehende Tragen einer Maske verunmöglicht wird (zB Sänger, Musiker)
  • und keine sonstigen geeigneten organisatorischen oder räumlichen Schutzmaßnahmen getroffen werden können (zB Alleinarbeitsplatz/Einzelbüro, Vereinbarung von Homeoffice etc).

Hinweis

In diesen Fällen ist ein Entschädigungsanspruch des Arbeitgebers nach § 32 Abs 1a EpiG vorgesehen.

Der Paradigmenwechsel von staatlichen Zwangsvorgaben (Absonderung) zur Eigenverantwortlichkeit (Verkehrsbeschränkung) wirft in der Praxis für Betriebe zahlreiche Fragen auf, siehe dazu im Detail Kraft, Quarantäne-Aus bringt viele arbeitsrechtliche Fragezeichen, ARD 6810/5/2022.

Zusammenfassend ist jedenfalls zu sagen, dass der Arbeitnehmer aufgrund der arbeitsrechtlichen Treuepflicht dazu verpflichtet ist, den Arbeitgeber über die Corona-Infektion zu informieren. Durch diese Mitteilung wird der Arbeitgeber für den Fall, dass der infizierte Arbeitnehmer im Betrieb weiterarbeitet, in die Lage versetzt, geeignete Schutzmaßnahmen für andere Arbeitnehmer und sonstige Personen zu setzen. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer ergibt sich aus der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht. Wenn ein im Betrieb tätiger Arbeitnehmer es unterlässt, den Arbeitgeber über die Corona-Infektion zu informieren, drohen ihm arbeitsrechtliche Konsequenzen. Diese können von einer Verwarnung bis hin zur Beendigung des Dienstverhältnisses reichen.

Wer Symptome aufweist und somit als krank bzw arbeitsunfähig gilt, darf und muss zu Hause bleiben. In diesem Fall liegt ein Krankenstand nach den allgemeinen Krankenstandregelungen (siehe insb § 8 Abs 1 und 2 AngG bzw § 2 EFZG) vor. Im Falle der Symptomlosigkeit ist es möglich, dass der Arbeitnehmer im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber Arbeitsleistungen im Homeoffice erbringt. Alternativ besteht die Möglichkeit, dass der symptomfreie Arbeitnehmer im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber im Betrieb mit FFP2-Maske arbeitet.

Ob ein symptomloser Arbeitnehmer aber zum Erscheinen im Betrieb verpflichtet werden kann, ist – soweit ersichtlich – nicht geklärt. Diese Frage kann in der Praxis vor allem dann große Bedeutung erlangen, wenn im Betrieb gerade ein personeller Engpass besteht und die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers dringend benötigt wird. Letztlich wird es hier wohl darauf ankommen, ob im Einzelfall eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegt.22S dazu im Detail Kraft, Quarantäne-Aus bringt viele arbeitsrechtliche Fragezeichen, ARD 6810/5/2022.

Vergütung des Verdienstentgangs gemäß Epidemiegesetz

Bis Ende Juli 2022 war der Arbeitgeber bei Arbeitnehmern, die behördlich in Quarantäne (Absonderung) geschickt wurden, laut Epidemiegesetz zur Weiterzahlung des Entgelts verpflichtet, konnte aber im Gegenzug die Rückerstattung des Entgelts bei der Bezirksverwaltungsbehörde beantragen (§ 32 Abs 3 EpiG). Diese Bestimmung hat durch die Verkehrsbeschränkungen ihren Kernanwendungsbereich verloren, wenn Arbeitnehmer nun behördlich nicht mehr in Quarantäne verbleiben müssen, sondern sich krankschreiben lassen. Der Arbeitgeber ist diesfalls zur Entgeltfortzahlung nach den allgemeinen Krankenstandregelungen verpflichtet, ohne einen Kostenrückersatz nach § 32 Abs 3 EpiG zu erhalten.

Aus § 32 Abs 1a EpiG iVm § 8 COVID-19-VbV ergibt sich, dass Vergütungen für den Verdienstentgang gemäß § 32 EpiG bei corona-infizierten symptomfreien Arbeitnehmern dann weiterhin anwendbar bleiben, wenn

  • das Arbeiten mit durchgehend getragener FFP2-Maske aus medizinischen Gründen (zB Schwangere) oder aufgrund der Art der Arbeitsleistung (zB Sänger, Musiker, Logopäde oÄ) nicht möglich ist und
  • keine sonstigen geeigneten organisatorischen oder räumlichen Schutzmaßnahmen Vergütung (etwa Homeoffice oder Einzelbüros) getroffen werden können.

In allen Fällen, in denen Arbeitgeber (noch) Anspruch auf Vergütung für den Verdienstentgang haben, gelten zusammengefasst die folgenden Grundsätze:

Nach dem Epidemiegesetz haben Arbeitnehmer, die wegen der angeordneten Quarantäne oder Betriebsschließung (durch die Gesundheitsbehörde) an der Erbringung der Arbeitsleistung verhindert sind, oder denen, falls symptomfrei corona-infiziert, das Tragen einer FFP2-Maske nach § 8 COVID-19-VbV nicht möglich ist, für die Dauer der Maßnahme Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen den Arbeitgeber nach Maßgabe des EFZG. Dieser Vergütungsanspruch geht mit der Zahlung auf den Arbeitgeber über und kann vom Arbeitgeber gegen den Bund geltend gemacht werden. Ein Anspruch auf die Leistung des § 53b ASVG (Zuschuss der AUVA nach Entgeltfortzahlung) besteht in diesem Fall nicht. Die Leistung nach dem Epidemiegesetz ist gegenüber der Leistung „Zuschuss nach Entgeltfortzahlung“ nach dem ASVG weiter, sie ist nicht auf Klein- und Mittelbetriebe beschränkt und enthält auch keine Beschränkung hinsichtlich der Dauer der Arbeitsverhinderung.

Die Vergütung nach dem EpiG ist zunächst durch den Dienstgeber an den Dienstnehmer auszuzahlen. Die Auszahlung erfolgt an den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen. Die ausbezahlte Vergütung sowie der dafür zu entrichtende Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung und der Zuschlag gemäß § 21 BUAG ist vom Bund zu ersetzen. Unter dem vom Arbeitgeber zu entrichtenden Dienstgeberanteil sind lediglich die in § 51 ASVG genannten Beiträge zur Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung zu verstehen.

Die Höhe der Vergütung ist für Dienstnehmer nach dem regelmäßigen Entgelt iSd EFZG zu bemessen. Das BMSGPK hat in einem ergänzenden Erlass33Erlass vom 20. 7. 2020, 2020-0.406.069, ARD 6711/14/2020. nähere Vorgaben zur Berechnung der Höhe der Vergütung des Verdienstentgangs für selbstständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen sowie auch Hinweise zur Vergütung des Verdienstentgangs für Unselbstständige zusammengefasst. Im Rahmen der Berechnung hat eine taggenaue Abgrenzung zu erfolgen. Im Zusammenhang mit der Erbringung von Arbeitsleistungen von zu Hause (Homeoffice) während der Dauer der behördlichen Absonderung ist keine Vergütung zuzusprechen, da hier nicht von einem Vermögensnachteil des Arbeitgebers auszugehen ist. Der Erlass enthält weiters auch Ausführungen zu den Themen Krankengeld und Pflichtversicherung.

Da die Vergütung nach dem regelmäßigen Entgelt iSd EFZG zu bemessen ist, umfasst sie auch anteilige Sonderzahlungen, unabhängig davon, wann die Sonderzahlungen nach dem Kollektivvertrag fällig sind und ausgezahlt werden. Von der Vergütung ausgeschlossen sind lediglich jene Sonderzahlungen, die der Arbeitnehmer – nach den kollektiv- oder einzelvertraglichen Bestimmungen – vom Arbeitgeber für die Zeit der Absonderung bzw des Entfalls der Pflicht zur Entgeltzahlung jedenfalls erhält und die daher bei ihm keinen Ausfall an Entgelt bewirken, der auf den Arbeitgeber übergehen könnte.44Ra 2021/09/0094 = ARD 6761/5/2021.

Mit dem Verweis auf das EFZG wird kein Entgeltanspruch im engeren Sinn geschaffen, sondern nur eine Regelung für die Bemessung der Höhe der Entschädigung für epidemiebedingte Absonderungszeiten und dergleichen getroffen. Davon werden auch Arbeitsverhältnisse zum Bund, zu einem Land, einem Gemeindeverband, einer Gemeinde ua erfasst, die sonst vom Geltungsbereich des EFZG ausgenommen sind.559 ObA 99/21f = ARD 6787/6/2022.

Kommt es zu einer Arbeitsunterbrechung aufgrund von Quarantänemaßnahmen nach dem Epidemiegesetz, ist die gebührende und vom Dienstgeber ausbezahlte Vergütung als Beitragsgrundlage heranzuziehen. Die Beitragsgrundlage ist davon abweichend jedoch mindestens so hoch wie die Beitragsgrundlage des letzten Beitragszeitraums vor der Arbeitsunterbrechung.

Der Anspruch auf Ersatz der vom Dienstgeber ausbezahlten Vergütung, der aufgrund einer wegen des Auftretens von SARS-CoV-2 ergangenen behördlichen Maßnahme besteht, ist binnen drei Monaten vom Tag der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen bei jener Bezirksverwaltungsbehörde zu beantragen, in deren Bereich diese Maßnahmen getroffen wurden (§ 49 Abs 1 EpiG). Der Anspruch auf Vergütung des Verdienstentganges gemäß § 32 Abs 1a EpiG, ist binnen drei Monaten vom Tag, an dem eine Maßnahme gemäß § 7 oder § 17 aufgehoben worden wäre oder eine Verkehrsbeschränkung gemäß § 7b geendet hat, bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Sprengel sich der Wohnsitz (Sitz) des Antragstellers befindet, geltend zu machen (§ 49 Abs 2 EpiG). Diese Frist ist zu beachten, das Versäumen dieser Frist führt zum Erlöschen des Anspruchs.

Hinweise

  • Zur Vergütung des durch Unterbleiben der Arbeitsleistung eingetretenen Verdienstausfalles siehe auch Gerhartl, Vergütung von Quarantänezeiten, ARD 6792/4/2022.
  • Zur Frage, ob die Vergütung gemäß § 32 EpiG auch für in Österreich abgesonderte Arbeitnehmer ausländischer Betriebe gilt, was vom LVwG bejaht wird (dh Anspruch auch für ausländische Sozialversicherungsbeiträge), siehe LVwG Niederösterreich 17. 3. 2022, LVwG-AV-71/001-2022, ARD 6797/6/2022 sowie eine Analyse dieser Entscheidung von Kraft in ARD 6797/5/2022. Laut Kraft ist zur Vermeidung unsachlicher Ungleichbehandlungen auch für „reine Inlandsfälle" zu schließen, dass – entgegen der bis dahin gültigen Vollzugspraxis der Bezirksverwaltungsbehörden und der Landesverwaltungsgerichte – Arbeitslosenversicherungsbeiträge gemäß § 32 Abs 3 EpiG rückersatzfähig sind.

 



Stichworte