Normen
ABGB §1273
ABGB §1274
BAO §201 Abs1
BAO §213
BAO §214
BAO §215
BAO §239
BAO §4 Abs1
GebG 1957 §33 TP17 Abs1 Z7
GSpG 1989 §4 Abs1
GSpG 1989 §40
GSpG 1989 §58 Abs1
GSpG 1989 §59 Abs1 Z1
GSpG 1989 §59 Abs1 Z2
GSpG 1989 §59 Abs3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019170109.L00
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 12. Juni 2017 erteilte der Bundesminister für Finanzen der revisionswerbenden Partei, einer gemeinnützigen Organisation, und ihren Mitveranstaltern die Bewilligung zur Abhaltung einer Lotterie (mit Waren‑ und Geldtreffern und einer Auflage von 7,5 Millionen Losen à 1,80 Euro) unter Einhaltung näher genannter Bedingungen. Die Lose durften im gesamten Bundesgebiet in der Zeit vom 22. August 2017 bis 21. Dezember 2017 vertrieben werden.
2 Die revisionswerbende Partei führte am 28. August 2017 die Selbstberechnung der Glücksspielabgabe unter Heranziehung aller aufgelegten Lose (7,5 Millionen Stück à Lospreis 1,80 Euro) als Bemessungsgrundlage (Spielkapital 13,5 Millionen Euro) durch und führte am 6. September 2017 die derart berechnete Glücksspielabgabe in der Höhe von 5 % des Spielkapitals, somit 675.000 Euro, an die belangte Behörde ab.
3 Die Ziehung erfolgte am 22. Dezember 2017.
4 Mit Schreiben vom 31. Juli 2018 stellte die revisionswerbende Partei einen „Antrag gemäß § 201 BAO“ auf bescheidmäßige Festsetzung der von ihr erklärten Glücksspielabgabe sowie auf Rückzahlung des daraus entstehenden Guthabens. Sie habe der Selbstberechnung und Entrichtung der Glücksspielabgabe sämtliche gedruckten Lose zugrundegelegt. Richtigerweise wäre aber die Glücksspielabgabe auf Grund der tatsächlich erzielten Umsätze aus den Losverkäufen (rund 27 % der aufgelegten Lose) zu berechnen gewesen. Sie beantrage daher auch die Rückzahlung von 495.272,40 Euro.
5 Mit Bescheid vom 3. September 2018 wies die belangte Behörde die Anträge im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass sich die Selbstberechnung unter Zugrundelegung aller aufgelegten Lose als „erzielbare Einsätze“ im Sinne des § 58 Abs. 1 Glücksspielgesetz ‑ GSpG als richtig erweise.
6 Dagegen erhob die revisionswerbende Partei Beschwerde, in der sie (u.a.) ihr Vorbringen zu den Anträgen wiederholte und darüber hinaus unter Berücksichtigung bestimmter Rabattgewährungen den zurückzuzahlenden Betrag mit nunmehr 511.181,22 Euro bezifferte.
7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht (BFG) die Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichthof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
8 Begründend führte das BFG im Wesentlichen aus, dass sich die Selbstbemessung durch die revisionswerbende Partei als richtig erweise. Bemessungsgrundlage für die ermäßigte Glücksspielabgabe seien nach dem Wortlaut des § 58 Abs. 1 GSpG alle erzielbaren Einsätze im Sinne der Summe der aufgelegten Lose und nicht die tatsächlich erzielten Einsätze im Sinne der Summe der tatsächlich verkauften Lose. Durch die „Transformation“ der Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 Gebührengesetz (GebG) in die nunmehrige ermäßigte Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 1 GSpG sei die bisher im GebG normierte Rechtslage inhaltlich im Wesentlichen fortgeführt worden. Die Steuerschuld entstehe für den Veranstalter durch Verkauf des ersten Loses, auf weitere Losverkäufe komme es nicht mehr an, weil die Steuerschuld für die gesamte Lotterie als ein einzelnes Spiel nur einmal ausgelöst werden könne.
9 Die revisionswerbende Partei erhob zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 11. Juni 2019, E 1231/2019‑5, deren Behandlung ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
10 Begründend führte der Verfassungsgerichtshof in dem genannten Beschluss u.a. aus:
„Der Begriff der ‚erzielbaren Einsätze‘ in § 58 GSpG begegnet im Hinblick auf seine Bestimmtheit keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Es handelt sich dabei um einen unbestimmten Gesetzesbegriff, dessen Verwendung verfassungsrechtlich unbedenklich ist, weil ein ausreichend bestimmbarer Inhalt gegeben ist (...). Bei Ermittlung des Inhalts des Gesetzes sind alle zur Verfügung stehenden Auslegungsmethoden auszuschöpfen: Nur wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden immer noch nicht beurteilen lässt, was im konkreten Fall rechtens ist, verletzt die Bestimmung die in Art. 18 B‑VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse (...).
Es bestehen ‑ schon vor dem Hintergrund des höheren Steuersatzes im Hinblick auf vom Konzessionär angebotene Lotterien gemäß § 57 GSpG und der vom Konzessionär zu leistenden Konzessionsabgabe gemäß § 17 GSpG ‑ keine gleichheitsrechtlichen Bedenken ob der in § 58 GSpG vorgesehenen Bemessungsgrundlage zur Berechnung der ermäßigten Glücksspielabgabe (...). Im Übrigen liegt es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Abgabenrecht (...), wenn er für die Berechnung der ermäßigten Glücksspielabgabe alle ‚erzielbaren Einsätze‘ heranzieht.“
11 In der Folge erhob die revisionswerbende Partei die vorliegende außerordentliche Revision.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
12 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Auslegung der Wortfolge „alle erzielbaren Einsätze“ als Bemessungsgrundlage für die ermäßigte Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 1 GSpG. Die in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses geäußerte Auffassung des BFG, wonach alle aufgelegten Lose als Bemessungsgrundlage heranzuziehen seien, sei nicht zutreffend.
Mit diesem Vorbringen erweist sich die Revision als zulässig. Sie ist aber nicht begründet:
13 Die Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961 (§ 4 idF BGBl. I Nr. 14/2013, § 201 idF BGBl. I Nr. 70/2013, § 239 idF BGBl. I Nr. 151/1980) lautet auszugsweise:
„A. Entstehung des Abgabenanspruches.
§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
...
(3) In Abgabenvorschriften enthaltene Bestimmungen über den Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches (der Steuerschuld) bleiben unberührt.
(4) Der Zeitpunkt der Festsetzung und der Fälligkeit einer Abgabe ist ohne Einfluß auf die Entstehung des Abgabenanspruches.
...
§ 201. (1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
(2) Die Festsetzung kann erfolgen,
1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,
2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,
3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden,
...
§ 239. (1) Die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4) kann auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen. Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so können Rückzahlungen mit Wirkung für ihn unbeschadet der Vorschrift des § 80 Abs. 2 nur an diejenigen erfolgen, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.
...“
14 Das Glücksspielgesetz ‑ GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 (§ 1 idF BGBl. I Nr. 13/2014, § 2 idF BGBl. I Nr. 73/2010, §§ 32, 36 idF BGBl. I Nr. 54/2010, §§ 38, 44 idF BGBl. Nr. 334/1991, § 40 idF BGBl. I Nr. 112/2012, § 41 idF BGBl. Nr. 532/1993, §§ 42, 46, 57 idF BGBl. I Nr. 118/2016, § 48 idF BGBl. I Nr. 111/2010, §§ 58 und 59 idF BGBl. I Nr. 76/2011), lautet auszugsweise:
„Allgemeiner Teil
Glücksspiele
§ 1. (1) Ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.
...
Ausspielungen
§ 2. (1) Ausspielungen sind Glücksspiele,
1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und
2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und
3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).
...
Glücksspielmonopol
§ 3. Das Recht zur Durchführung von Glücksspielen ist, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt wird, dem Bund vorbehalten (Glücksspielmonopol).
...
Nummernlotterien
§ 12. Nummernlotterien sind Ausspielungen, bei denen die Spielanteile durch fortlaufende Nummern gekennzeichnet sind. Die Treffer werden in einer öffentlichen Ziehung ermittelt.
Mehrstufige Ausspielungen
§ 13. (1) Mehrstufige Ausspielungen sind Glücksspiele, bei denen die Spielteilnehmer neben einem allfälligen Gewinn eine weitere Gewinnchance erlangen können.
(2) Die Ausspielungen nach den §§ 6 bis 12 können ein- oder mehrstufig durchgeführt werden.
...
Lotterien ohne Erwerbszweck
Sonstige Nummernlotterien
§ 32. (1) Sonstige Nummernlotterien sind Ausspielungen, bei denen die Spielanteile (Lose) durch fortlaufende Nummern gekennzeichnet sind und bei denen die Treffer mit jenen Spielanteilen erzielt werden, die in einer öffentlichen Ziehung ermittelt werden.
(2) Die sonstigen Nummernlotterien gliedern sich nach Art der Treffer in:
1. Wertlotterien, bei denen die Treffer nur in Waren oder geldwerten Leistungen bestehen;
2. Geldlotterien, bei denen die Treffer nur in Geld bestehen;
3. gemischte Lotterien, bei denen die Treffer in Geld und Waren oder geldwerten Leistungen bestehen.
...
Übertragung des Rechts zur Durchführung von Lotterien ohne Erwerbszweck
§ 36. (1) Der Bund kann die Ausübung des ihm zustehenden Rechtes zur Durchführung von sonstigen Nummernlotterien (§ 32), Tombolaspielen (§ 33), Glückshäfen (§ 34) und Juxausspielungen (§ 35) durch Bewilligung an andere Personen übertragen.
(2) Eine Bewilligung nach Abs. 1 ist nur zulässig:
1. ...
2. zur Durchführung von ... sonstigen Nummernlotterien nur an juristische Personen, die ausschließlich Zwecken nach Maßgabe der §§ 34 ff der BAO im Inland dienen und auf Grund ihrer im Interesse des allgemeinen Wohls gelegenen Tätigkeit eine Förderung verdienen, wenn durch die Veranstaltung die Erreichung bestimmter Einzelzwecke mildtätiger, kirchlicher oder gemeinnütziger Art im Inland angestrebt wird.
(3) Der Bundesminister für Finanzen kann im Interesse der Sicherstellung einer gemeinnützigen Mittelverwendung die näheren inhaltlichen Bedingungen für die Übertragung des Rechts zur Durchführung von Lotterien ohne Erwerbszweck regeln und Höchstgrenzen für die Verwaltungskosten festsetzen.
§ 37. Zur Erteilung der Bewilligung gemäß § 36 ist zuständig:
1. für sonstige Nummernlotterien der Bundesminister für Finanzen;
...
§ 38. Die Bewilligung gemäß § 36 ist zu erteilen, wenn
1. eine ordnungsgemäße Durchführung der Ausspielung im vorgesehenen Umfang zu erwarten ist,
2. keine Umstände vorliegen, die gegen die Vertrauenswürdigkeit der bei einer Ausspielung mitwirkenden oder für die Veranstaltung verantwortlichen Personen sprechen,
3. der Antragsteller die Richtigkeit der Abrechnung über die Einnahmen und Ausgaben der letzten dem Antragsteller bewilligten Ausspielung und die widmungsgemäße Verwendung ihres Reinertrages von einem öffentlichen Notar überprüfen ließ und hiefür einen Kontrollvermerk erhalten hat,
4. die Sicherheitsleistung gemäß § 42 Abs. 3 nachgewiesen wurde und
5. seit dem Ziehungstermin der letzten vom Antragsteller durchgeführten gleichartigen Veranstaltung bis zum neuen Ziehungstermin bei Lotterien neun Monate und bei Tombolaspielen, Glückshäfen und Juxausspielungen sechs Monate verflossen sind.
§ 39. Eine Ausspielung darf erst nach Erteilung der Bewilligung (§ 36) öffentlich angekündigt werden.
Durchführungs- und Überwachungsbestimmungen
§ 40. (1) Das Spielkapital ist das Produkt aus der Anzahl und dem Stückpreis der aufgelegten Spielanteile einer Ausspielung. Anzahl und Stückpreis der Spielanteile sind den Absatzmöglichkeiten anzupassen. Auf den Spielanteilen von sonstigen Nummernlotterien und Tombolaspielen ist der Preis ersichtlich zu machen.
(2) Das für die Erhebung der Glücksspielabgaben zuständige Finanzamt hat zu prüfen, ob die Spielanteile von sonstigen Nummernlotterien, Tombolaspiele, Glückshäfen und Juxausspielungen den Bestimmungen des Bewilligungsbescheides sowie den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Trifft dies zu, so sind die Spielanteile von sonstigen Nummernlotterien mit einem Kontrollvermerk zu versehen.
§ 41. (1) Für Spielanteile von sonstigen Nummernlotterien ist der Bereich und die Dauer des Vertriebes im Bewilligungsbescheid festzulegen. Tombolakarten dürfen nur im Wirkungsbereich der Bewilligungsbehörde und nur innerhalb eines Monats vor der Ziehung verkauft werden. Bei Glückshäfen und Juxausspielungen ist der Verkauf von Loszetteln nur während der Dauer der Veranstaltung zulässig, zu der die Ausspielung gehört, insgesamt jedoch höchstens für die Dauer eines Monats.
(2) Zum Vertrieb der Spielanteile von sonstigen Nummernlotterien und Tombolaspielen sind der Konzessionär nach § 14 und dessen Vertragspartner, Tabaktrafiken und Kreditinstitute berechtigt. Auf Antrag des Veranstalters kann ein zusätzlicher anderweitiger Vertrieb der Spielanteile im Bewilligungsbescheid unter Berücksichtigung des Umfanges und Zweckes der Veranstaltung festgelegt werden.
§ 42. (1) Bei sonstigen Nummernlotterien .... hat die Anzahl der Treffer mindestens 1 vH der aufgelegten Spielanteile zu betragen. Der Gesamtwert der Treffer hat bei Lotterien ohne Erwerbszweck mindestens 25 vH des Spielkapitals zu betragen.
(2) Als Treffer dürfen Wertpapiere und unverarbeitetes Edelmetall nicht ausgespielt werden. Die Ablösbarkeit von Warenhaupttreffern in Geld kann bei Nummernlotterien auf Antrag des Veranstalters bewilligt werden.
(3) Bei sonstigen Nummernlotterien und Tombolaspielen ist für den Gesamttrefferwert, bei Glückshäfen und Juxausspielungen für den Wert der nicht gespendeten Treffer Sicherheit zu leisten. Die Sicherheitsleistung hat der Veranstalter der Bewilligungsbehörde bereits vor Erteilung der Bewilligung (§ 36) nachzuweisen. Sie kann insbesondere durch Hinterlegung nicht gesperrter Spareinlagebücher oder durch Haftungserklärung als Bürge und Zahler oder Garantieerklärung eines Kreditinstitutes oder eines Unternehmens der Vertragsversicherung mit dem Sitz im EU-/EWR-Raum oder der Schweiz erfolgen.
§ 43. Enthalten die Spielbedingungen keine näheren Bestimmungen über die Frist zur Einlösung der Treffer, so ist der Anspruch auf die Treffer bei Lotterien innerhalb eines Zeitraumes von zwei Monaten nach der Ziehung, bei Tombolaspielen, Glückshäfen und Juxausspielungen vor Ablauf des auf die Veranstaltung folgenden Werktages beim Veranstalter geltend zu machen. Wird der Anspruch nicht fristgerecht geltend gemacht, so verfällt der Treffer zugunsten des Ausspielungszweckes.
§ 44. (1) Das Spielergebnis ist durch öffentliche Ziehung zu ermitteln. Durch ein unabwendbares Ereignis verhinderte oder unterbrochene Ziehungen sind ehestmöglich durch- oder zu Ende zu führen.
(2) Bei sonstigen Nummernlotterien ist die Nummernziehung auf Kosten des Veranstalters unter Kontrolle eines öffentlichen Notars entsprechend dem Ziehungsplan durchzuführen. Das Ergebnis der Ziehung ist in Ziehungsprotokollen festzuhalten und im Amtsblatt zur Wiener Zeitung zu verlautbaren.
...
§ 46. (1) Zum Zweck der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und des Bewilligungsbescheides durch den Veranstalter kann die Bewilligungsbehörde für Lotterien ohne Erwerbszweck eine Aufsicht im Bewilligungsbescheid bestellen. Das Aufsichtsorgan hat über das Ergebnis der Überwachung der Bewilligungsbehörde innerhalb eines Monats nach Durchführung der Lotterie zu berichten.
(2) Die Überwachungskosten trägt der Veranstalter. Der Personal- und Sachaufwand der Überwachung ist gemäß der WFA-FinAV, https://www.ris.bka.gv.at/eli/bgbl/II/2012/490 , in der Fassung der Kundmachung https://www.ris.bka.gv.at/eli/bgbl/II/2016/81 , zu bemessen und dem Veranstalter innerhalb von drei Monaten nach Durchführung der Lotterie zur Zahlung innerhalb von 14 Tagen mit Bescheid vorzuschreiben.
§ 47. (1) Entsprechen die Treffer, der Preis oder der Vertrieb der Spielanteile nicht den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder des Bewilligungsbescheides oder lassen die vom Veranstalter getroffenen sonstigen Vorkehrungen eine ordnungsgemäße Abwicklung der Ausspielung nicht erwarten, so ist das Aufsichtsorgan (§ 46) berechtigt, dem Veranstalter die Behebung der Mängel innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen und erforderlichenfalls die Fortsetzung der Ausspielung zu untersagen.
(2) Die Bewilligungsbehörde hat die Bewilligung (§ 36) aus den im Abs. 1 angeführten Gründen zurückzunehmen, wenn die bei der Durchführung der Ausspielung festgestellten Mängel nicht mehr behoben werden können oder nicht innerhalb der festgesetzten Frist (Abs. 1) behoben wurden.
(3) Falls die Fortsetzung einer Ausspielung durch das Aufsichtsorgan untersagt (Abs. 1) oder die Bewilligung durch die Bewilligungsbehörde zurückgenommen (Abs. 2) wird, bleibt die Haftung des Veranstalters für alle ihm aus der Veranstaltung erwachsenen privatrechtlichen Verpflichtungen unberührt.
§ 48. (1) Der Veranstalter hat über die Einnahmen und Ausgaben sowie über die widmungsgemäße Verwendung des Reinertrages einer Lotterie ohne Erwerbszweck binnen dreier Monate nach der Ziehung eine Abrechnung zu erstellen. Die Gebarung der Lotterie ohne Erwerbszweck ist von einem vom Veranstalter bestellten öffentlichen Notar auf die sachliche und rechnerische Richtigkeit zu prüfen. Die Prüfung hat auch die Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes und des Bewilligungsbescheides zu umfassen.
(2) Die gemäß Abs. 1 bestellten öffentlichen Notare haben der Bewilligungsbehörde bei sonstigen Nummernlotterien innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der Frist zur Treffereinlösung, bei Glückshäfen, Juxausspielungen und Tombolaspielen innerhalb von vier Monaten nach der Ziehung über das Ergebnis der Überprüfung nach Abs. 1 schriftlich zu berichten. Im Fall von Beanstandungen ist innerhalb der vorgenannten Fristen auch dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu berichten.
...
GLÜCKSSPIELABGABEN
Glücksspielabgaben
§ 57. (1) Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, unterliegen ‑ vorbehaltlich der folgenden Absätze ‑ einer Glücksspielabgabe von 16 vH vom Einsatz. Bei turnierförmiger Ausspielung treten außerhalb des Anwendungsbereiches von § 17 Abs. 2 an Stelle der Einsätze die in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne in Geld, Waren oder geldwerten Leistungen) des Turniers.
...
Ermäßigte Glücksspielabgabe
§ 58. (1) Verlosungen von Vermögensgegenständen gegen Entgelt, die keine Ausspielungen sind und sich an die Öffentlichkeit wenden, und Lotterien ohne Erwerbszweck nach §§ 32 bis 35 unterliegen einer Glücksspielabgabe von 12 vH aller erzielbaren Einsätze.
(2) Die Glücksspielabgabe nach Abs. 1 ermäßigt sich für Lotterien ohne Erwerbszweck nach §§ 32 bis 35 auf 5 vH, wenn das gesamte Reinerträgnis der Veranstaltung ausschließlich für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verwendet wird. Die widmungsgemäße Verwendung des Reinerträgnisses ist dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel über dessen Aufforderung nachzuweisen.
...
Entstehung und Entrichtung der Abgabenschuld
§ 59. (1) Die Abgabenschuld entsteht in den Fällen der §§ 57 und 58:
1. in Fällen des § 58 im Zeitpunkt des Zustandekommens des Spielvertrages; ...
...
(2) Schuldner der Abgaben nach §§ 57 und 58 sind
...
2. bei einer Abgabenpflicht gemäß § 58 der Vertragspartner des Spielteilnehmers sowie die Veranstalter, die die in § 58 genannten Ausspielungen anbieten oder organisieren.
(3) Die Schuldner der Abgaben nach §§ 57 und 58 haben diese jeweils für ein Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats (Fälligkeitstag) an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Die Schuldner der Abgaben nach § 58 Abs. 3 haben diese jeweils für ein Kalenderjahr selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats (Fälligkeitstag) an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Bis zu diesem Zeitpunkt haben sie eine Abrechnung über die abzuführenden Beträge in elektronischem Weg vorzulegen. Der Bundesminister für Finanzen kann dabei im Verordnungsweg nähere Details der elektronischen Übermittlung regeln. Dieser Abrechnung sind Unterlagen anzuschließen, die eine Überprüfung der Einsätze und Gewinne der Glücksspiele während des Abrechnungszeitraumes gewährleisten. Die Abrechnung gilt als Anzeige. § 29 Abs. 3 über die Überwachung der Abgaben gilt sinngemäß. Trifft die Verpflichtung zur Entrichtung zwei oder mehr Personen, so sind sie zur ungeteilten Hand verpflichtet.
...“
15 § 33 Gebührengesetz 1957 (GebG), BGBl. Nr. 267/1957 idF vor der GSpG‑Novelle 2008, https://www.ris.bka.gv.at/eli/bgbl/I/2010/54 , lautet auszugsweise:
„§ 33. Tarif der Gebühren für Rechtsgeschäfte.
Tarifpost
...
17 Glücksverträge
(1) Glücksverträge, wodurch die Hoffnung eines noch ungewissen Vorteiles versprochen und angenommen wird:
...
7. Glücksspiele (§ 1 Abs. 1 GSpG), die von einem Veranstalter angeboten oder organisiert werden, und sonstige Veranstaltungen, die sich an die Öffentlichkeit wenden und bei denen den Teilnehmern durch Verlosung Gewinste zukommen sollen,
a) wenn die Gewinste in Waren, in geldwerten Leistungen, in Waren und geldwerten Leistungen bestehen, vom Gesamtwert aller nach dem Spielplan bedungenen Einsätze....................................................12 vH,
b) wenn die Gewinste in Geld bestehen, vom Gewinst....................25 vH,
c) wenn die Gewinste in Geld und in Waren, in Geld und in geldwerten Leistungen, in Geld und in Waren und in geldwerten Leistungen bestehen, vom vierfachen Wert der als Gewinste bestimmten Waren und geldwerten Leistungen...........................................................12 vH, sowie von den in Geld bestehenden Gewinsten...........................25 vH.
Von der Gebührenpflicht nach Z 7 sind ausgenommen:
- Ausspielungen gemäß Z 8,
- Glücksspiele, für die Abgaben gemäß § 28 GSpG zu entrichten sind,
- Ausspielungen mittels Glücksspielautomaten,
- Ausspielungen, die gemäß § 4 Abs. 3 und Abs. 5 GSpG nicht dem Glücksspielmonopol des Bundes unterliegen.
...
(5) Die Gebühr nach Abs. 1 Z 7 lit. a und die Gebühr von 12 vH nach Abs. 1 Z 7 lit. c ermäßigen sich auf 5 vH, wenn das gesamte Reinerträgnis der Veranstaltung ausschließlich für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verwendet wird. Die widmungsgemäße Verwendung des Reinerträgnisses ist dem nach dem Veranstaltungsort für die Erhebung der Gebühren zuständigen Finanzamt über dessen Aufforderung nachzuweisen.
...“
16 Mit der GSpG‑Novelle 2008, https://www.ris.bka.gv.at/eli/bgbl/I/2010/54 , wurde der (die §§ 57 bis 59 umfassende) Abschnitt „GLÜCKSSPIELABGABEN“ mit Wirkung ab 1. Jänner 2011 eingefügt. Gleichzeitig wurden die Abgabentatbestände der „Glücksverträge“ der Tarifpost 17 des § 33 GebG auf Wetten im engeren Sinn, Hoffnungskäufe und Leibrentenverträge (diese im bisherigen Umfang) reduziert.
17 Die Materialien (ErläutRV 658 BlgNR 24. GP 9) führen zu § 58 GSpG aus:
„Die ermäßigte Glücksspielabgabe von 12 % samt Sondersätzen gemäß § 58 ist unverändert zur bestehenden Rechtslage (Sonstige Ausspielungen nach §§ 32ff). Abgelöste Waren‑/Dienstleistungstreffer unterlagen bisher einer Gebühr von 12% auch dann, wenn eine Ablöse in Bargeld vorgesehen und diese Ablösesumme mit 25% zu vergebühren war. Die bisherige ‚Doppelbesteuerung‘ solcher in Bargeld abgelöster Waren‑/Dienstleistungstreffer entfällt.“
18 Im Revisionsfall wurden ein auf § 201 BAO gestützter Antrag auf Festsetzung einer zuvor selbst berechneten ermäßigten Glücksspielabgabe sowie ein Antrag auf Rückzahlung der nach Auffassung der revisionswerbenden Partei zu viel entrichteten Abgabe nach § 239 BAO vom BFG mit der Begründung abgewiesen, dass sich die Selbstberechnung als richtig erwiesen habe.
19 Strittig ist, ob die Abweisung dieser Anträge zu Recht erfolgt ist.
1. Zum Antrag auf Festsetzung der Abgabe nach § 201 BAO
20 Die abgabenbehördliche Festsetzung einer Selbstbemessungsabgabe gemäß § 201 BAO setzt nach dessen Absatz 1 stets voraus, dass sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist oder der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, der Abgabenbehörde keinen selbst berechneten Betrag bekanntgibt. Die Selbstberechnung ist „nicht richtig“, wenn sie objektiv rechtswidrig ist. Eine solche objektive Rechtswidrigkeit kann etwa Folge einer unrichtigen Rechtsauffassung oder der (teilweisen) Nichtoffenlegung abgabenrechtlicher Umstände sein (vgl. Ritz, BAO6 [2017] § 201 Rz 7 f).
21 Wenn sich aber die bekanntgegebene Selbstberechnung als richtig erweist, darf keine Festsetzung der Abgabe erfolgen. Der Antrag auf Festsetzung ist in diesem Fall abzuweisen (vgl. etwa VwGH 18.6.2020, Ra 2019/15/0078, mwN).
22 Im Revisionsfall hat die revisionswerbende Partei eine Abgabenerklärung abgegeben, sodass bei der inhaltlichen Behandlung dieses Antrags zunächst zu prüfen war, ob die mit der Abgabenerklärung bekanntgegebene Selbstberechnung objektiv rechtswidrig gewesen ist. Im Revisionsfall hat sich die revisionswerbende Partei auf das Vorliegen einer unrichtigen Rechtsauffassung beim Erstellen ihrer Abgabenerklärung berufen, die zur Folge gehabt habe, dass sie der Abgabenberechnung die Anzahl der aufgelegten Lose zum darauf ersichtlichen Preis zugrunde gelegt habe. Sowohl das Finanzamt als auch das BFG vertreten die Auffassung, dass dieses Vorgehen nicht rechtswidrig gewesen sei.
23 Es ist daher in einem ersten Schritt zu prüfen, ob das Finanzamt und das BFG zu Recht von der Richtigkeit der von der revisionswerbenden Partei im August 2017 durchgeführten Selbstbemessung der Glücksspielabgabe auf der Grundlage aller zum Verkauf angebotenen Lose ausgegangen sind.
1.1. Emittlung der Bemessungsgrundlage für Lotterien ohne Erwerbszweck
1.1.1. Rechtliche Rahmenbedingungen für Lotterien ohne Erwerbszweck
24 Das Recht zur Durchführung von Glücksspielen, also auch von Lotterien, ist nach § 3 GSpG ‑ sieht man von in diesem Gesetz normierten Ausnahmen ab ‑ dem Bund vorbehalten. Der Bund darf die Ausübung dieses ihm zustehenden Rechtes nur unter eng gefassten Rahmenbedingungen an andere Personen übertragen. Diese Übertragung kann durch die Erteilung von Konzessionen (§ 14 GSpG) oder von Bewilligungen (§ 36 GSpG) erfolgen.
25 Eine Bewilligung iSd § 36 GSpG ist für sonstige Nummernlotterien ‑ wie die vorliegende ‑ nur zu erteilen, wenn der Bewilligungswerber (u.a.) die Gemeinnützigkeitserfordernisse der §§ 34 ff BAO erfüllt, also durch die Veranstaltung die Erreichung bestimmter Einzelzwecke mildtätiger, kirchlicher oder gemeinnütziger Art im Inland angestrebt wird (§ 36 Abs. 2 Z 2 GSpG).
26 Die Erteilung der Bewilligung ist überdies vom Vorliegen weiterer in § 38 GSpG genannter Voraussetzungen, die einen geregelten Ablauf der Ausspielung sowie die Einhaltung ordnungspolitischer Zielsetzungen gewährleisten sollen, abhängig. So darf die Bewilligung u.a. nur dann erteilt werden, wenn der Antragsteller die Richtigkeit der Abrechnung über die Einnahmen und Ausgaben der letzten dem Antragsteller bewilligten Ausspielung und die widmungsgemäße Verwendung ihres Reinertrages von einem öffentlichen Notar überprüfen ließ und dafür einen Kontrollvermerk erhalten hat (Z 3). Weiters müssen seit dem Ziehungstermin der letzten vom Antragsteller durchgeführten gleichartigen Veranstaltung bis zum neuen Ziehungstermin bei Lotterien mindestens neun Monate verflossen sein (Z 5).
27 Bei sonstigen Nummernlotterien hat nach § 42 Abs. 1 GSpG die Anzahl der Treffer mindestens 1 % der aufgelegten Spielanteile zu betragen, wobei der Gesamtwert der Treffer bei Lotterien ohne Erwerbszweck mindestens 25 % des Spielkapitals zu betragen hat. Das Spielkapital ist nach § 40 Abs. 1 GSpG das Produkt aus der Anzahl und dem Stückpreis der aufgelegten Spielanteile einer Ausspielung. Anzahl und Stückpreis der Spielanteile sind den Absatzmöglichkeiten anzupassen. Auf den Spielanteilen ist der Preis ersichtlich zu machen.
28 Im Bewilligungsbescheid sind für Spielanteile von sonstigen Nummernlotterien auch der Bereich und die Dauer des Vertriebes festzulegen. Überdies kann der Kreis der Vertriebspartner auf Antrag erweitert werden (§ 41 GSpG). Eine Ausspielung darf erst nach Erteilung der Bewilligung (§ 36 GSpG) öffentlich angekündigt werden (§ 39 GSpG).
29 Das für die Erhebung der Glücksspielabgaben zuständige Finanzamt hat in der Folge zu prüfen, ob die Spielanteile den Bestimmungen des Bewilligungsbescheides sowie den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Trifft dies zu, so sind die Spielanteile von sonstigen Nummernlotterien mit einem Kontrollvermerk zu versehen (§ 40 Abs. 2 GSpG).
30 Zum Zweck der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und des Bewilligungsbescheides durch den Veranstalter kann die Bewilligungsbehörde im Bewilligungsbescheid auch eine Aufsicht bestellen. Das Aufsichtsorgan trifft nicht nur eine Berichtspflicht über das Ergebnis der Überwachung gegenüber der Bewilligungsbehörde, es darf auch Mängelbehebungsaufträge erteilen und erforderlichenfalls die Fortsetzung des Ausspielung untersagen (§§ 46, 47 GSpG).
31 Überdies ist gemäß § 44 Abs. 2 GSpG die Nummernziehung auf Kosten des Veranstalters unter Kontrolle eines öffentlichen Notars entsprechend dem Ziehungsplan durchzuführen. Das Ergebnis der Ziehung ist in Ziehungsprotokollen festzuhalten und im Amtsblatt zur Wiener Zeitung zu verlautbaren.
32 Der Veranstalter hat nach § 48 GSpG über die Einnahmen und Ausgaben sowie über die widmungsgemäße Verwendung des Reinertrages einer Lotterie ohne Erwerbszweck binnen dreier Monate nach der Ziehung eine Abrechnung zu erstellen. Die Gebarung der Lotterie ohne Erwerbszweck ist von einem vom Veranstalter bestellten öffentlichen Notar auf die sachliche und rechnerische Richtigkeit zu prüfen. Die Prüfung hat auch die Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes und des Bewilligungsbescheides zu umfassen.
33 Lotterien ohne Erwerbszweck nach §§ 32 bis 35 GSpG, somit auch sonstige Nummernlotterien iSd § 32 GSpG, unterliegen gemäß § 58 Abs. 1 GSpG der ermäßigten Glücksspielabgabe von 12 %. Der Steuersatz ermäßigt sich nach § 58 Abs. 2 GSpG weiter auf 5 %, sofern das gesamte Reinerträgnis der Veranstaltung ausschließlich für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verwendet wird, was über Aufforderung dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel nachzuweisen ist. Im Revisionsfall hat die revisionswerbende Partei als Abgabenschuldnerin (§ 59 Abs. 2 Z 2 GSpG) von diesem Steuersatz Gebrauch gemacht.
34 Die Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe in Bezug auf Lotterien ohne Erwerbszweck nach §§ 32 bis 35 bilden nach § 58 Abs. 1 GSpG alle erzielbaren Einsätze.
1.1.2. Deutung der Wortfolge „alle erzielbaren Einsätze“ nach dem Wortsinn
35 Die Revision wendet sich gegen die vom BFG seiner Entscheidung zugrunde gelegte Deutung des § 58 Abs. 1 GSpG mit dem Vorbringen, „erzielbare Einsätze“ könne vieles bedeuten und müsse sich nicht auf die „Summe des Angebots“ an Losen beziehen, sondern könne auch die „Summe der Nachfrage“ im Auge haben.
36 Zunächst ist der revisionswerbenden Partei darin beizupflichten, dass die Wendung „erzielbare Einsätze“ der Auslegung bedarf (so auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 11. Juni 2019, E 1231/2019‑5). Vorausgeschickt werden kann, dass die von der Revision angestrebte Gleichsetzung des Begriffs „erzielbar“ mit (tatsächlich) „erzielt“ im allgemeinen Sprachgebrauch keine Deckung findet.
37 Der Revision ist zuzugestehen, dass „erzielbar“ auch im Sinne einer Prognose der Nachfrage gedeutet werden kann. Tatsächlich sieht das GSpG eine solche Prognose vor, wenn § 40 GSpG bestimmt, dass die Anzahl der Lose und deren Stückpreis den Absatzmöglichkeiten anzupassen sind. Damit soll im Sinne des Spielerschutzes ein krasses Überangebot an Losen verhindert werden. Durch die Anzahl und dem Stückpreis der Lose wird aber auch das Ausmaß des dem Lotterieveranstalter zugestandenen Eingriffes in das Glücksspielmonopol des Bundes bestimmt, welcher Gegenstand des Bewilligungsverfahrens ist. Dies spricht für die vom BFG vertretene Ansicht, dass bei der Abgabenbemessung auf die Summe der beantragten bzw. bewilligten Lose und das damit verbundene Entgelt (das Spielkapital) und nicht ‑ wie von der Revision gewünscht ‑ auf die tatsächlich erzielten Einsätze abzustellen ist.
38 Dazu kommt, dass in § 58 Abs. 1 GSpG von „allen erzielbaren“ Einsätzen die Rede ist. Demnach soll die Bemessungsgrundlage aus den maximal möglichen Einsatzleistungen bestehen. Die maximal möglichen Einsatzleistungen sind aber durch die beantragten, bewilligten und in der Folge aufgelegten Lose begrenzt. Damit sind jedenfalls auch solche Lose in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, die zwar vom Veranstalter der Lotterie aufgelegt, aber tatsächlich nicht verkauft worden sind (in diesem Sinne auch Allram in Bergmann/Pinetz, GebG2 [2020] §§ 57‑59 GSpG Rz 392; Posch in Strejcek/Bresich, GSpG21989 [2011], Rz 1 zu § 58; Bavenek ‑ Weber in Bavenek ‑ Weber/Petritz/Petritz ‑ Klar, Gebührengesetz5 [2019] Rn 126 zu § 33 TP 17 GebG/GSpA).
1.1.3. Systematische Überlegungen
39 Die Revision führt die Bestimmung des § 59 Abs. 1 GSpG ins Treffen, wonach die Steuerschuld in den Fällen des § 58 GSpG im Zeitpunkt des Zustandekommens jedes einzelnen Spielvertrages entsteht. Im Revisionsfall sei aber in den Fällen der nicht verkauften Lose kein Spielvertrag zwischen der revisionswerbenden Partei „und dem jeweiligen Adressaten“ zustande gekommen. Ohne einen solchen Spielvertrag könne daher hinsichtlich dieser „fiktiven Beträge“ keine Abgabenpflicht entstehen, „weil der Tatbestand des § 58 Abs 1 2. Fall GSpG (Ausspielung) nicht erfüllt“ worden sei.
40 Damit setzt die revisionswerbende Partei die Erfüllung des Abgabentatbestandes mit dem Entstehen der Steuerschuld (Zustandekommen eines Spielvertrages) gleich, was aber in dem Wortlaut des § 59 Abs. 1 Z 1 GSpG keine Deckung findet (vgl. diesbezüglich § 59 Abs. 1 Z 2 GSpG).
41 Gegenstand der Glücksspielabgabe ist nach § 58 Abs. 1 zweiter Fall GSpG die einzelne Lotterie ohne Erwerbszweck und nicht der einzelne Spielvertrag. Insoweit unterscheidet sich die Glücksspielabgabe auch nicht von der Gebühr nach § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GSpG (vgl. Frotz/Hügel/Popp, Kommentar zum Gebührengesetz [5. Lieferung, 1985] B II 7 b zu § 33 TP 17, wonach nicht die einzelnen zwischen dem Veranstalter und den Spielteilnehmern zustande gekommenen Glücksverträge, sondern die Veranstaltung als solche besteuert werden soll). Im vorliegenden Fall ist die Lotterie ohne Erwerbszweck in der Form einer sonstigen Nummernlotterie im Sinne des § 32 GSpG angeboten und durchgeführt worden. Dabei wurden zahlreiche Spielanteile in Form von nummerierten und genehmigten Losen an die Spielteilnehmer veräußert.
42 Nach § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabenpflicht knüpft. Die in den Abgabenvorschriften enthaltenen Bestimmungen über den Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches (der Steuerschuld) bleiben gemäß § 4 Abs. 3 BAO davon unberührt.
43 Unter Zugrundelegung des § 4 Abs. 1 BAO könnte man zwar bei Lotterien ohne Erwerbszweck mehrere Zeitpunkte der Entstehung der Abgabenschuld in Betracht ziehen, nämlich den Zeitpunkt der Erteilung der Bewilligung zur Durchführung einer bestimmten Lotterie, der Losverkäufe, der Ziehung, der Treffereinlösung, des Berichts des Aufsichtsorgans (§ 46 Abs. 1 GSpG), der Abrechnung und deren Prüfung (§ 48 Abs. 1 GSpG) sowie des schriftlichen Berichts des Notars an die Bewilligungsbehörde (§ 48 Abs. 2 GSpG), wobei zwischen den genannten Zeitpunkten regelmäßig mehrere Monate liegen können.
44 § 59 Abs. 1 Z 1 GSpG ordnet jedoch an, dass (u.a.) bei Lotterien ohne Erwerbszweck die Abgabenschuld im Zeitpunkt des Zustandekommens „des Spielvertrages“ entsteht. Ob und wann der Spielvertrag zustande kommt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
45 Lotterien, für die eine Bewilligung erteilt wurde, unterliegen als Staatslotterien gemäß § 1274 ABGB nicht den Bestimmungen über Spiel und Wette, sondern den entsprechenden Spezialgesetzen und ‑verordnungen. Die Lotterie ist „nach den jedes Mahl darüber kundgemachten Plänen“ (Spielbedingungen) zu beurteilen, die von ihrer Rechtsnatur her gewöhnliche zivilrechtliche Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind (vgl. Stefula in Fenyves/Kerschner/Vonklich, Klang3 [2012] §§ 1273, 1274 ABGB Rz 16).
46 Es sind also die Spiel‑ oder Teilnahmebedingungen, die im Zweifel unter Heranziehung des Spielplanes zu interpretieren sind, zur Bestimmung des Zeitpunktes des Entstehens der Abgabenschuld heranzuziehen.
47 Aus § 59 Abs. 1 Z 1 GSpG ergibt sich, dass ohne das Zustandekommen wenigstens eines Spielvertrages keine Steuerschuld entsteht und damit auch keine Abfuhrverpflichtung für den Lotterieveranstalter, der etwa eine Lotterie vor dem ersten Verkauf von Losen abbricht.
48 Da die gesamte Lotterie Gegenstand der Glücksspielabgabe ist und als Bemessungsgrundlage das gesamte Spielkapital heranzuziehen ist, kann die Abgabenschuld auch nur einmal entstehen. Enthalten die Spiel‑ oder Teilnahmebedingungen der konkreten Lotterie etwa eine Bestimmung, wonach der einzelne Spielvertrag nur unter der aufschiebenden Bedingung, dass alle Lose verkauft werden, Wirksamkeit entfaltet, so wird erst der Eintritt dieser Bedingung auch das Entstehen der Gebührenschuld bewirken. Enthalten die Spiel- oder Teilnahmebedingungen keinen solchen Passus, entsteht bereits mit dem Zustandekommen des ersten Spielvertrages die Abgabenpflicht.
49 Für dieses Ergebnis spricht der Wortlaut des § 59 Abs. 1 Z 1 GSpG, welcher sich nicht auf den Plural „Spielverträge“, sondern auf „das Zustandekommen des Spielvertrages“ bezieht. Dazu kommt der vom BFG ins Treffen geführte Umstand, dass der Abschluss des ersten Spielvertrages für den Veranstalter in der Regel von besonderer zivilrechtlicher Bedeutung ist:
50 Sofern in den Spielbedingungen nichts anderes vorgesehen ist, erwirbt nämlich jeder Teilnehmer mit dem Kauf eines Loses einen Anspruch darauf, dass die Lotterie durchgeführt wird. Damit besteht aber in diesem Fall für den Lotterieveranstalter bereits mit dem Verkauf des ersten Loses, d.h. mit dem Zustandekommen des ersten Spielvertrages, die korrespondierende Verpflichtung, die Verlosung durchzuführen und die Treffer den Inhabern der Gewinnlose auszufolgen (vgl. Stefula in Fenyves/Kerschner/Vonklich, Klang3 [2012] §§ 1273, 1274 Rz 16).
51 Der Lotterieveranstalter hat in solchen Fällen nach dem Zustandekommen des ersten Spielvertrages die Abgabe auf Basis der gesamten Bemessungsgrundlage (Spielkapital) zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats abzuführen (§ 59 Abs. 3 erster Satz GSpG).
52 Dass im Revisionsfall kein einziger Spielvertrag zustandegekommen wäre oder die Spielverträge unter einer aufschiebenden Bedingung, die nicht eingetreten wäre, abgeschlossen worden wären, wird von der Revision nicht behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich. Im Revisionsfall ist somit davon auszugehen, dass für die gegenständliche Lotterie die Abgabenschuld auch in Bezug auf die nicht verkauften Lose entstanden ist.
1.1.4. Anmerkungen zur geschichtlichen Entwicklung
53 Die Revision wendet sich mit ihrem Vorbringen auch gegen die vom BFG geäußerte Auffassung, wonach mit § 58 Abs. 1 GSpG im Wesentlichen die Rechtslage, wie sie bereits vor der GSpG‑Novelle 2008 bestanden habe, fortgeführt worden sei.
54 Dem ist aber Folgendes entgegenzuhalten:
55 Zur Wahrung der öffentlichen Ordnung und seiner fiskalischen Interessen nimmt der Staat seit Langem das ausschließliche Recht in Anspruch, Lotterien durchzuführen. Anderen Personen wurde deren Durchführung stets nur im eng begrenzten Rahmen und unter staatlicher Aufsicht erlaubt. Im Gegenzug mussten diese Personen dafür einen Pachtzins, eine Lottotaxe oder ähnliche Zahlungen leisten, deren Höhe sich nach dem Ausmaß der beantragten bzw. bewilligten Ausspielung richtete (vgl. zur historischen Entwicklung VwGH 16.3.2016, Ro 2015/17/0022).
56 So musste beispielsweise nach dem Lotto‑Patent vom 13. März 1813, PGS Nr. 27/1813, für die Durchführung von Warenausspielungen (bei denen die Treffer in Waren bestanden) gleich bei der Erteilung der Bewilligung eine Taxe von 10 % „von dem ganzen durch das Ausspielen einzubringenden Betrage“ bar erlegt werden (§ 27 leg. cit.).
57 Beginnend mit dem Gebührengesetz 1850 (RGBl. Nr. 50/1850) wurden Lotterien zusätzlich besteuert, und zwar wieder nach dem Wert der in den Losen oder im Spielplan angegebenen Spieleinlage (Postzahl 57 Anmerkung b leg. cit.). Die nachfolgenden Gebührengesetze führten diese Art der Abgabenbemessung „ohne Rücksicht auf den Absatz“ (TP 57 B Allgemeiner Gebührentarif 1925, BGBl. Nr. 208/1925) im Wesentlichen fort (vgl. auch § 33 TP 17 Gebührengesetz 1946 idF der Gebührennovelle 1952, BGBl. Nr. 107/1952).
58 Bereits 1853 wurden Vorschriften ausschließlich für Wohltätigkeitslotterien erlassen. Diese wurden ‑ trotz einer Vielzahl von Ansuchen durch Privatpersonen – ausschließlich durch die k.k. Lotto‑Gefällsdirection durchgeführt, „da sonst die Bevölkerung mit derlei Spielen und Losen und all ihrem Unfuge überflutet“ worden wäre (Sieghart, Die öffentlichen Glücksspiele [1899] 230).
59 Die auf Grundlage des Lotto‑Patents 1813 erlassene Verordnung über die Veranstaltung von Wertausspielungen (WertausspielungsVO), BGBl. Nr. 68/1928, sah bereits für wohltätige oder gemeinnützige „Körperschaften“ (bzw. in der Folge: „juristische Personen“) die Möglichkeit vor, eine Bewilligung für „Wertausspielungen“ (das sind Ausspielungen, bei denen die Treffer in Waren bestehen) zu erhalten, wofür eine Lottotaxe und eine Gebühr nach dem Gebührengesetz, jeweils bemessen nach dem bewilligten Spielkapital, zu entrichten waren. In besonderen Fällen waren eine Ermäßigung der Lottotaxe sowie eine Gebührenbefreiung vorgesehen (§ 4 leg. cit). Dabei war das Spielkapital sämtlicher Wertausspielungen eines Jahres „mit einem der Lage des Losmarktes entsprechenden Höchstbetrage kontingentiert“ (§ 5 Abs. 1 leg. cit.). De facto wurde damit der durch die Bewilligung eingeräumte potentielle Anteil am Spielmarkt besteuert. Ob der Bewilligungsinhaber dann tatsächlich alle bewilligten Lose verkaufen konnte, war für die Besteuerung unerheblich.
60 Neben diesen Lotterien gab es auch bereits Geld- und gemischte Lotterien, allerdings musste zur Durchführung jeder dieser Lotterien ein eigenes Bundesgesetz erlassen werden (vgl. ErläutRV 447 BlgNR 5. GP 2, zum Lotteriegesetz 1947), wie dies etwa mit dem Stephansdomlotterie‑Gesetz, BGBl. Nr. 118/1945, geschah. Dieser aufwendige Vorgang wurde durch das Lotteriegesetz 1947, BGBl. Nr. 27/1948, insofern vereinfacht, als es auf Basis der weiterhin anzuwendenden WertausspielungsVO (vgl. auch § 2 GSpG 1945, BGBl. Nr. 117/1945) auch den gemeinnützigen juristischen Personen die Durchführung von Geld‑ und gemischten Lotterien erlaubte. Bei deren Besteuerung wurde auf die Gewinne abgestellt. Der Verwaltungsgerichtshof stellte in diesem Zusammenhang mit Erkenntnis vom 4. Dezember 1956, 1559/56, klar, dass damit die im Spielplan vorgesehenen Gewinne gemeint waren.
61 Das Glücksspielgesetz (GSpG 1960), BGBl. Nr. 111/1960, sah für gemeinnützige juristische Personen weiterhin die Möglichkeit der Durchführung von Lotterien vor (§ 9 leg. cit.). Es beendete die Doppelbesteuerung, indem es die Lottotaxe beseitigte (§ 29 Z 3 leg.cit.) und im Gegenzug die Gebührensätze im Gebührengesetz 1957 erhöhte (§ 25 leg. cit.). Es sollte damit die „abgabenrechtliche Behandlung“ dieser Lotterien keine Änderung erfahren (vgl. ErläutRV 165 BlgNR 9. GP 9, zum GSpG 1960). Die mit einem Kontrollvermerk versehenen Lose waren dem Veranstalter im Übrigen erst bei Nachweis der Gebührenentrichtung oder einer diesbezüglichen Vorauszahlung auszufolgen (§ 13 Abs. 4 leg. cit., § 39 Abs. 4 GSpG 1962 und § 40 Abs. 4 GSpG 1989 in der Stammfassung).
62 Bis zur GSpG‑Novelle 2008 blieb es bei der Besteuerung der Lotterien ausschließlich nach dem GebG, wobei reine Warenlotterien weiterhin nach dem „Gesamtwert aller nach dem Spielplan bedungenen Einsätze“ (§ 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. a GebG 1957) besteuert wurden, während die Bemessungsgrundlage bei Geldlotterien und gemischten Lotterien anhand des Gewinns bestimmt wurde (lit. b und c leg. cit.).
63 Der Wortlaut des § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG hatte seit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Dezember 1956, 1559/56, in diesem Zusammenhang nur unwesentliche Änderungen erfahren. Es war daher bis zur GSpG‑Novelle 2008 davon auszugehen, dass die Besteuerung der Lotterien sich an den Einsätzen bzw. Gewinnen laut Spielplan und nicht nach den tatsächlich verkauften Losen orientierte (in diesem Sinne auch Arnold, Rechtsgebühren8 [2006] § 33 TP 17 Rz 18l).
64 Dasselbe gilt auch für die GSpG‑Novelle 2008, in der ‑ offensichtlich aus Gründen der Vereinfachung ‑ bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht mehr nach der Art der Treffer der jeweiligen Lotterie unterschieden wird. Nunmehr wird für sämtliche Arten von Lotterien ohne Erwerbszweck auf alle erzielbaren Einsätze abgestellt. Der Beurteilung, dass damit in Bezug auf den Umfang der Bemessungsgrundlage die seit langem bestehende Rechtslage fortgeführt wurde, steht auch nicht der Umstand entgegen, dass § 58 Abs. 1 GSpG (anders als § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF) keinen ausdrücklichen Bezug mehr zum Spielplan enthält, ist dieser Begriff doch seit dem Außerkrafttreten des Lotteriegesetzes 1947 in den glücksspielrechtlichen Bestimmungen nicht mehr enthalten. Auch aus dem Ersatz der Wendung „bedungenen Einsätze“ (§ 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG aF) durch „alle(r) erzielbaren Einsätze“ (§ 58 GSpG) lässt sich kein Systemwechsel in der Abgabenbemessung ableiten. Die revisionswerbende Partei führt auch ins Treffen, dass ein ausdrücklicher Bezug auf das Spielkapital iSd § 40 GSpG fehlt, und übersieht dabei, dass sich die Bestimmung des § 58 Abs. 1 GSpG nicht nur auf Lotterien ohne Erwerbszweck bezieht, sondern auch auf sogenannte Objektverlosungen, die nicht dem Glücksspielmonopol des Bundes unterliegen (§ 4 Abs. 1 GSpG). Bei diesen Verlosungen gelangt aber § 40 GSpG nicht zur Anwendung.
65 Im Übrigen ergibt sich auch aus den Materialien nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber die Abgabenbelastung erstmals nach den tatsächlichen Losverkäufen und nicht nach dem Umfang der Bewilligung hätte bemessen wollen (vgl. die in Rn 17 auszugsweise wiedergegebenen ErläutRV 658 BlgNR 24. GP 9, sowie neuerlich Posch in Strejcek/Bresich, GSpG2 § 58 Rz 1). Der von der Revision erhobene Einwand, das BFG sei zu Unrecht von einer Kontinuität der Rechtslage in Bezug auf den Umfang der Bemessungsgrundlage ausgegangen, geht somit ins Leere.
1.1.5. Zum Einwand der gebotenen verfassungskonformen Interpretation unter dem Blickwinkel des Sachlichkeitsgebots
66 Die revisionswerbende Partei bringt vor, es wäre unsachlich, würde bei der Abgabenbemessung auf die Anzahl der aufgelegten Lose abgestellt, weil dies bei bestimmten, näher ausgeführten Sachverhaltskonstellationen für Lotterien ohne Erwerbszweck zu einer höheren Abgabenbelastung als bei den Lotterien der Konzessionäre, die einen Erwerbszweck verfolgen, führen könnte. Um dieses gleichheitswidrige Ergebnis zu verhindern, wäre die Bestimmung des § 58 Abs. 1 GSpG dahingehend zu interpretieren, dass auch bei den Lotterien ohne Erwerbszweck auf die tatsächlich verkauften und nicht auf die aufgelegten Lose abzustellen sei.
67 Konzessionäre nach §§ 14 ff GSpG unterliegen mit ihren Nummernlotterien der Konzessionsabgabe (§ 17 Abs. 3 Z 5 GSpG) in der Höhe von 17,5 % und der Glücksspielabgabe (§ 57 Abs. 1 GSpG) in der Höhe von 16 % ‑ jeweils berechnet von der Summe der Einsätze. Das ergibt eine Abgabenbelastung in der Höhe von insgesamt 33,5 % der Einsätze. Dieser Prozentsatz ist zwar deutlich höher als der Abgabensatz für Lotterien ohne Erwerbszweck in der Höhe von 12 % bzw. 5 %. Er bezieht sich allerdings auf eine geringere Bemessungsgrundlage, nämlich auf die Summe der tatsächlich geleisteten Einsätze.
68 Es besteht daher die Möglichkeit, dass bei der gleichen Anzahl von aufgelegten Losen für Lotterien ohne Erwerbszweck im Ergebnis eine höhere Abgabenbelastung anfällt als für Lotterien, die im Rahmen einer Konzession veranstaltet werden. Dies ist dann der Fall, wenn im Verhältnis zu den bewilligten Losen nur wenige verkauft werden.
69 Selbst wenn man ‑ unbeschadet der wesentlich restriktiveren Rahmenbedingungen für den Konzessionär, der etwa auch dem Spielerschutz verpflichtet ist ‑ von einer Vergleichbarkeit der beiden Lotterien ausgehen wollte, so zeigt die Revision eine unsachliche Ungleichbehandlung nicht auf:
70 Zunächst ist zu bedenken, dass es unterschiedliche Möglichkeiten gibt, Lose zu vertreiben, und dass mit der Wahl des konkreten Vertriebsmodells unterschiedliche Absatzquoten verbunden sind. So dürfte in der Regel dem persönlichen Barverkauf von Losen eine höhere Absatzquote zukommen, als etwa einem unverlangten Zusenden von „Losen“ an „gemietete“ Adressen, verbunden mit dem Ersuchen an die Adressaten, den Lospreis im Wege einer Banküberweisung zu begleichen, wodurch dann der Spielvertrag entstehe. Mit der Wahl des Vertriebsmodells ist auch ein unterschiedlicher personeller und finanzieller Aufwand verbunden, bei dem die Abgabenbelastung nur einen von mehreren Kostenfaktoren darstellt.
71 Mit dem Erfordernis, Anzahl und Stückpreis der Spielanteile den (realistischerweise zu erwartenden) Absatzmöglichkeiten anzupassen, (§ 40 GSpG) wird nicht nur der Eingriff in das Monopol begrenzt, sondern auch dem Spielerschutz im Zusammenhang mit Lotterien ohne Erwerbszweck zumindest ansatzweise Rechnung getragen. Es liegt am Bewilligungswerber, eine Vertriebsart zu wählen, die nach seinen Erfahrungen eine hohe Absatzquote verspricht, und Menge sowie Preis der Lose entsprechend zu bemessen.
72 Im Regelfall ergibt sich für die Lotterien ohne Erwerbszweck eine wesentlich niedrigere Abgabenbelastung als für Lotterien, die im Rahmen einer Konzession durchgeführt wurden. Nur in Ausnahmefällen, in denen etwa die Zahl der aufgelegten Lose oder der dafür verlangte Preis nicht den realen Absatzmöglichkeiten entspricht, hat der Bewilligungsinhaber das sich allenfalls (auch) aus der hohen Abgabenbelastung ergebende Risiko der fehlenden Kostendeckung zu tragen.
73 Aus diesem Umstand ergeben sich aber noch keine gleichheitsrechtlichen Bedenken in Bezug auf die Bemessungsgrundlage für Lotterien ohne Erwerbszweck (vgl. auch den die Revisionssache betreffenden Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2019, E 1231/2019‑5).
1.2. Zwischenergebnis
74 Die Revision vermochte keine Zweifel an der Richtigkeit der von der revisionswerbenden Partei am 28. August 2017 vorgenommenen Abgabenbemessung zu wecken, sodass sich die Abweisung des Antrags auf Festsetzung der Glücksspielabgabe nicht als rechtswidrig erweist. Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf das weitere Revisionsvorbringen in Bezug auf § 201 BAO einzugehen.
2. Zum Antrag auf Rückzahlung
75 Nach § 239 Abs. 1 BAO setzt eine Rückzahlung von Beträgen, die auf dem Abgabenkonto des Abgabepflichtigen bestehen, das Bestehen eines Guthabens voraus.
76 „Guthaben“ ist ein Begriff der Abgabenverrechnung, der zum Ausdruck bringt, dass auf ein und demselben Abgabenkonto des Abgabepflichtigen per Saldo ein Überschuss zugunsten des Abgabepflichtigen besteht. Ein Guthaben entsteht, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften (Zahlungen, sonstige Gutschriften) die Summe der Lastschriften übersteigt (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 10.9.2020, Ro 2018/17/0004, mwN).
77 Dass ein solches Guthaben auf dem Abgabenkonto der revisionswerbenden Partei bestanden hätte und die Abgabenbehörde zu Unrecht die Rückzahlung verweigert hätte, wird von der Revision ebenfalls nicht aufgezeigt, sodass sich auch die Abweisung des Rückzahlungsantrages nicht als rechtswidrig erweist.
3. Ergebnis
78 Da somit bereits der Revisionsinhalt erkennen lässt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Revision gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
79 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden. Dem stehen auch Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. Art. 47 GRC nicht entgegen, weil bereits eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem BFG, einem Tribunal im Sinne der genannten Bestimmungen (vgl. VwGH 10.9.2020, Ro 2020/17/0011), stattgefunden hat.
Wien, am 9. Dezember 2020
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