European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0639:2025:0060RA00008.25F.0410.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
I. Die mit der Berufung vorgelegten Urkunden werden z u r ü c k g e w i e s e n.
II. Die Berufung wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, verworfen.
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof ist insoweit jedenfalls unzulässig.
III. Im Übrigen wird der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.433,82 (darin EUR 238,97 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Revision ist nicht nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Der Kläger war von 21.08.2017 bis 31.12.2022 bei der Beklagten als Angestellter, zuletzt als Senior Key Account Manager, beschäftigt. Das Dienstverhältnis, auf das der Kollektivvertrag für Handelsangestellte zur Anwendung kam, wurde mit dem Dienstvertrag vom 02.08.2017 (in der Folge: Dienstvertrag 2017) begründet, welcher mit dem Vertrag über die Änderung des Dienstvertrags vom 15.04.2022 (in der Folge: Dienstvertrag 2022) angepasst wurde. Er war für den Außendienst für Steiermark, Kärnten und Südburgenland zuständig, sein Dienstort war seine Wohnadresse. Die Normalarbeitszeit betrug 38,5 Stunden.
Nach Punkt 3.2 Dienstvertrag 2022 (Punkt 6.2 Dienstvertrag 2017) war der Kläger verpflichtet, nach Maßgabe der betrieblichen Erfordernisse über die Normalarbeitszeit hinaus zu arbeiten, insbesondere Mehrarbeit und Überstunden sowie Nacht-, Feiertags- und Wochenendarbeit zu leisten. Vereinbart war nach dem Dienstvertrag 2022 in Zusammenschau mit dem Dienstvertrag 2017 ein monatliches Fixgehalt in Höhe von EUR 4.151,17 brutto, darüber hinaus ein zur Arbeitszeit im Kalenderjahr aliquotes 13. und 14. Gehalt in der Höhe des Grundgehalts (Urlaubsgeld und Weihnachtsremuneration, zahlbar gemäß Kollektivvertrag), sowie ein leistungs- und kompetenzabhängiger Jahresbonus in Höhe von 42,86 %, sofern der Kläger seine Ziele zu 100 % erfüllte und abhängig vom internen Beurteilungssystem sowie den Geschäftsergebnissen der Gesellschaft.
Punkt 8. „Entgelt“ des Dienstvertrages 2017 lautet wie folgt:
8.1 Das Entgelt besteht aus einem monatlichen Grundlohn von EUR 2.725,- (für Normalarbeitszeit),- sowie einer Überstundenpauschale (mit welcher alle Überstunden vollständig abgegolten sind) in Höhe von EUR 740,-, somit insgesamt EUR 3.465,-. Darüber hinaus existiert ein leistungsabhängiger Jahresbonus zu den unten angegebenen Bedingungen.
8.2 Das monatliche Fixum beträgt brutto EUR 3.465,- (in Worten: [...]). Die monatlichen Gehaltszahlungen erfolgen im Nachhinein zum Letzten jedes Monats. Darüber hinaus erhält der Mitarbeiter jährlich ein zur Arbeitszeit im Kalenderjahr aliquotes 13. und 14, Gehalt in der Höhe des Grundgehaltes (Urlaubsgeld und Weihnachtsremuneration), zahlbar gemäß Kollektivvertrag. Alle Zahlungen erfolgen durch Überweisung auf ein der Gesellschaft bekanntzugebendes Gehaltskonto des Mitarbeiters.
8.3 Der Leistung und Kompetenz abhängige Jahresbonus beträgt 42.86% von EUR 3.465,-.- wenn der Mitarbeiter seine Ziele in diesem Jahr zu 100% erfüllt (abhängig vom internen Beurteilungssystem). Zusätzlich hängt der Jahresbonus von den Geschäftsergebnissen der Gesellschaft ab. Der Jahresbonus wird, je nach dem wie es die Gesellschaft für gut befindet, nach einem Kalenderjahr oder einem Geschäftsjahr bemessen. Die Gesellschaft bestimmt unter Anhörung des Mitarbeiters für jedes Jahr in einem Zusatzdokument die Ziele für den Jahresbonus, wenn möglich vor dem Beginn des Bemessungszeitraumes. Akontozahlungen auf den voraussichtlichen Jahresbonus können vereinbart werden. In jedem Fall sind durch die Endabrechnung nicht gedeckte Akontozahlungen nach Vorlage der Endabrechnung zurückzuzahlen.
8.4 Alle Vergütungen, die nicht als verpflichtende Leistungen der Gesellschaft in diesem Vertrag geregelt sind, sind freiwillige Leistungen, begründen keinen Rechtsanspruch für die Zukunft und sind jederzeit widerruflich.
8.5 Mit dem Entgelt sind alle Dienstleistungen, insbesondere Überstunden, vollständig abgegolten.
8.6 Eine Abtretung oder Verpfändung der Entgeltforderungen des Mitarbeiters ist nur mit Zustimmung der Gesellschaft wirksam und zulässig.
8.7 Der Mitarbeiter erhält eine Entgeltfortzahlung gemäß § 8 AngG.
Punkt 5. „Entgelt“ des Dienstvertrags 2022 lautet wie folgt:
5.1 Das Entgelt besteht aus einem monatlichen Grundlohn von EUR 3.089,- (für Normalarbeitszeit), sowie einer Überstundenpauschale (mit welcher alle Überstunden vollständig abgegolten sind) in Höhe von EUR 1.053,17 somit insgesamt EUR 4.151,17.
5.2 Das gesamte monatliche Fixum beträgt brutto EUR 4.151,17 (in Worten [...]). Die monatlichen Gehaltszahlungen erfolgen im Nachhinein zum Letzten jedes Monats. Darüber hinaus erhält der Mitarbeiter jährlich ein zur Arbeitszeit im Kalenderjahr aliquotes 13. und 14. Gehalt in der Höhe des Grundgehaltes (Urlaubsgeld und Weihnachtsremuneration), zahlbar gemäß Kollektivvertrag. Alle Zahlungen erfolgen durch Überweisung auf ein der Gesellschaft bekanntzugebendes Gehaltskonto des Mitarbeiters.
5.4 Alle Vergütungen, die nicht als verpflichtende Leistungen der Gesellschaft in diesem Vertrag geregelt sind, sind freiwillige Leistungen, begründen keinen Rechtsanspruch für die Zukunft und sind jederzeit widerruflich.
5.5 Mit dem Entgelt sind alle Dienstleistungen, insbesondere Überstunden, vollständig abgegolten.
Alle nicht angeführten Vertragspunkte werden unverändert aufrechterhalten.
Der Kläger erhielt zusätzlich einen Sachbezug (Nutzung eines PKW) im Wert von EUR 480,50, der Jahresbonus wurde ihm in Form von Quartalsprämien ausbezahlt. Gemeinsam mit der Auszahlung des Gehalts für Februar 2022 wurde ihm über Vorschlag seines Vorgesetzten Mag. C* eine Prämie in Höhe von EUR 1.000,00 ausbezahlt, die ihm als Dank und einmaliger „Bonus“ für seinen besonderen Einsatz und seine Überperformance im 4. Quartal (gemeint des Jahres 2021) gewährt wurde. Mit diesem Bonus sollten keine Mehr- und Überstunden abgegolten werden, die Abgeltung solcher war bis zum Herbst 2022 zwischen den Streitteilen kein Thema.
Im März 2022 wurde dem Kläger eine als Retention Allowance bezeichnete Treueprämie als mit der Weiterbeschäftigung bei der Beklagten verknüpfte Einmalzahlung in Höhe von EUR 2.640,00 ausbezahlt. Mit dieser Treueprämie sollte ein Anreiz geschaffen werden, die Mitarbeiter im Unternehmen zu halten, ein Zusammenhang mit der Abgeltung von Mehr- und/oder Überstunden bestand nicht.
Von Beginn des Dienstverhältnisses im August 2017 bis September 2021 führten weder der Kläger noch die Beklagte Aufzeichnungen über die Arbeitszeit des Klägers. Mit E-Mail der Leiterin der Personalabteilung der Beklagten vom 09.09.2021 wurde u.a. dem Kläger im Wesentlichen mitgeteilt, dass ab September 2021 alle Mitarbeiter ihre Zeitauswertungen zu Monatsbeginn jeweils für den Vormonat von ihrem direkten Vorgesetzten unterschreiben lassen müssten. Nach Prüfung und Unterzeichnung durch den Vorgesetzten würden die Zeitauswertungen dann an die Personalabteilung weitergeleitet. Die Zeiterfassung habe im elektronischen Zeitmanagementsystem der Beklagten zu erfolgen.
Der Kläger übermittelte ab Oktober 2021 die von ihm erstellten Arbeitszeitaufzeichnungen an D*, eine Mitarbeiterin der Beklagten, die diese von allen Außendienstmitarbeitern der Beklagten sammelte und (an den bis Juni 2022 bei der Beklagten beschäftigten und dem Kläger direkt vorgesetzten) Vertriebsdirektor Mag. C* weiterleitete. Dieser unterzeichnete die vom Kläger übermittelten Arbeitszeitaufzeichnungen (ohne sie inhaltlich überprüfen zu können, weil der Kläger im Außendienst tätig war), leitete sie an die Personalabteilung weiter und retournierte sie unterschrieben an den Kläger. Wenn die angegebenen Zeiten des Arbeitsbeginns und des Arbeitsendes mehr als 10 Arbeitsstunden täglich ergaben, gab er die Stunden im elektronischen Zeitmanagementsystem frei. Mag. C* vertraute dem Kläger, dass dessen Angaben stimmten und wusste auch aus eigener Wahrnehmung, dass der Kläger außerordentlichen Einsatz zeigte. Dies schloss er aus dessen Erreichbarkeit und aus den Zeiten, zu welchen er E-Mails vom Kläger erhielt. Darüber hinaus war er auch mit ihm in dessen Gebiet bei Kunden unterwegs, kannte den Umsatz des Klägers und hatte im Zusammenhang damit bei seinen Vorgesetzten bereits deponiert, dass dieser für zwei Mitarbeiter ausreichte. Im Jahr 2022 wurden dem Kläger keine gegengezeichneten Arbeitsaufzeichnungen rückübermittelt, weshalb er mit E-Mail vom 04.04.2022 D* kontaktierte, die ihm antwortete, dass er ihr die Arbeitszeitaufzeichnungen nicht mehr zu schicken brauche, weil sie diese nur von jenen Mitarbeitern sammle, die ins Büro kommen würden. Auf die Rückfrage des Klägers, ebenfalls per E-Mail am 04.04.2022, an wen er seine Arbeitsaufzeichnungen nun schicken solle, antwortete sie, dass er diese scheinbar niemandem schicken müsse, zumal sie bei einem weiteren Mitarbeiter [F5] und Vorgesetzten des Klägers nachgefragt und dieser gemeint hätte, die Arbeitsaufzeichnungen des Klägers nicht zu brauchen. Mit E-Mail vom 07.08.2022 bat der Kläger einen seiner Vorgesetzten, E*, bei seiner Zeiterfassung im elektronischen Zeitmanagementsystem bei jenen Tagen, an denen er die tägliche maximale Arbeitszeit von 10 Stunden überschritten hatte, dies im System freizugeben. Von diesem erhielt er bei einem erneuten Ersuchen die Auskunft, dass er seine Zeitaufzeichnungen nicht mehr abgeben müsse.
Seine geleisteten Arbeitsstunden erfasste der Kläger vollständig und entsprechend den von ihm tatsächlich geleisteten Stunden richtig in seinen monatlichen Arbeitszeitaufzeichnungen im elektronischen Zeitmanagementsystem der Beklagten. Hierfür vermerkte er täglich den Arbeitsbeginn sowie das tägliche Arbeitsende. Die daraus folgenden Arbeitsstunden wurden vom elektronischen Zeitmanagementsystem automatisch berechnet. Die tatsächlich geleisteten und im Berufungsverfahren nicht weiter strittigen Arbeitszeiten stellte das Erstgericht detailliert fest (Urteil Seite 16,17), darauf kann verwiesen werden.
Die Beklagte und deren Betriebsrat hatten im Dezember 2013 eine Betriebsvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit (in der Folge: Gleitzeit-BV) abgeschlossen, die laut ihrem Punkt 1. mit Wirksamkeit vom 01.03.2014 „für alle Arbeitnehmer im Betrieb, welche durch den Betriebsrat vertreten werden“ gilt. Vom Geltungsbereich explizit ausgenommen sind Angestellte, die beim Empfang arbeiten und Angestellte, die sich in Eltern-Teilzeit befinden.
Die Gleitzeit-BV soll eine Gleitzeit im Sinne des § 4b AZG regeln (Punkt 2.) und sowohl die Erfordernisse der MitarbeiterInnen bezüglich freier Arbeitszeitgestaltung, als auch die Erfordernisse des Unternehmens abbilden. Nach Punkt 3. Gleitzeit-BV beträgt die Normalarbeitszeit 38,5 Stunden pro Woche, wobei als fiktive tägliche Normalarbeitszeit Montag bis Donnerstag von 08:00 Uhr bis 16:30 Uhr und Freitag von 08:00 Uhr bis 15:00 Uhr (inklusive 30 Minuten Mittagspause) gilt. Der Gleitzeitrahmen ist Montag bis Donnerstag 07:00 Uhr bis 09:00 Uhr und 16:00 Uhr bis 20:00 Uhr, sowie am Freitag 07:00 Uhr bis 09:00 Uhr und 13:30 Uhr bis 20.00 Uhr; die Kernzeit von Montag bis Donnerstag 09:00 Uhr bis 16:00 Uhr, und Freitag 09:00 Uhr bis 13:30 Uhr. Die Angestellten haben Arbeitsbeginn und Arbeitsende so zu wählen, dass die Grenze der gesetzlichen Normalarbeitszeit nicht überschritten wird (Punkt 4. und 5.). Überstunden bedürfen grundsätzlich der vorherigen schriftlichen Anordnung durch den CEO oder CFO. Unter diesen Voraussetzungen entstehen Überstunden, wenn die tägliche höchstzulässige Arbeitszeit von 10 Stunden überschritten wird, außerhalb des Gleitzeitrahmens gearbeitet wird und immer dann, wenn die Soll-Arbeitszeit erbracht wurde und Arbeitsstunden angeordnet werden. Die Zeiterfassung erfolgt elektronisch (Punkt 6., 8.). Der Abrechnungszeitraum beträgt sechs Kalendermonate, beginnend mit 01.03.2014. Die Angestellten haben die Möglichkeit, pro Abrechnungszeitraum ein Zeitguthaben aufzubauen oder eine Zeitschuld einzugehen, welches in den nächsten Abrechnungszeitraum übertragen werden kann. Für Angestellte mit All-In-Vertrag ist ein Übertrag in die nächste Gleitzeitperiode nicht möglich. Ab einem gesamten Gleitzeitguthaben von 90 Plusstunden können keine weiteren Zeitguthaben erworben werden, sodass in diesem Fall nicht mehr als 8 Stunden pro Tag gearbeitet werden darf. Bei dienstlicher Notwendigkeit kann der CEO oder CFO den Erwerb von weiteren Plusstunden ausdrücklich genehmigen (Punkt 9.,10.).
Die Gleitzeit-BV war während des gesamten Zeitraums, in dem der Kläger bei der Beklagten beschäftigt war, am betriebsinternen Laufwerk mit der Bezeichnung „F*“ abgespeichert. (Erst) Durch Einsicht in den Unterordner „_Betriebsvereinbarungen_company agreements“ war erkennbar, dass in diesem Ordner Betriebsvereinbarungen gespeichert sind. Dieser Ordner enthält alle Betriebsvereinbarungen der Beklagten. Die Gleitzeit-BV ist dort unter dem Namen „flexible working time signed_11_12_13“ abgespeichert, und zwar unverändert seit 11.12.2013. Ebenfalls auf dem Laufwerk „F*“ sind in anderen Ordnern unter anderem Formulare abgespeichert. So sind beispielsweise in einem Ordner mit der Bezeichnung „Expense Forms“ u.a. Formulare für Spesenabrechnungen sowie die betriebsinterne Telefonliste in einem Ordner mit der Bezeichnung „Internal Phone List“ abgespeichert.
[F1] Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger während der gesamten Dauer seines Dienstverhältnisses zur Beklagten Zugriff auf das Laufwerk „F* hatte. Der Kläger griff auf das gegenständliche Laufwerk im Rahmen seiner Tätigkeit nicht zu und benötigte dieses bei der Verrichtung seiner täglichen Arbeit nicht.
[F2] Es kann nicht festgestellt werden, dass die Betriebsvereinbarung über die Gleitzeit zu irgendeinem Zeitpunkt während des aufrechten Dienstverhältnisses des Klägers zur Beklagten in der Betriebsküche oder an anderen, für die Mitarbeiter allgemein zugänglichen Orten auflag.
[F4] Der Kläger wurde weder zu Beginn seines Dienstverhältnisses zur Beklagten im Zuge des Onboarding-Prozesses noch zu einem späteren Zeitpunkt, auch nicht von Mitgliedern des Betriebsrats, über die bestehende Betriebsvereinbarung zur Gleitzeit in Kenntnis gesetzt.
Weder im Dienstvertrag 2017 noch im Dienstvertrag 2022 ist die Gleitzeit-BV erwähnt. Im Laufe seines Dienstverhältnisses wurden dem Kläger vom Betriebsrat allerdings (andere als die hier relevante) Betriebsvereinbarungen (etwa jene zur Benützung von Firmenwägen aus dem Jahr 2020) zur Unterzeichnung vorgelegt, die er unterfertigte und die jeweils vom Betriebsrat gegengezeichnet wurden.
Der Kläger kündigte das Dienstverhältnis zur Beklagten per 31.12.2022.
Mit E-Mail vom 10.11.2022 ersuchte er die HR-Managerin der Beklagten, G*, von der er mit E-Mail vom 31.10.2022 erstmals auf die Betriebsvereinbarung über die Gleitzeit hingewiesen worden war, um Übermittlung der ihn betreffenden Deckungsprüfungen der vergangenen Jahre und der dazugehörigen Stundenaufzeichnungen und teilte u.a. mit, dass die Überstundenpauschale seine tatsächlichen Überstunden nicht abdecke. Dabei ersuchte er um Übermittlung der Inkenntnissetzung seiner Person von dieser Betriebsvereinbarung vor dem 31.10.2022.
Mit Schreiben des Beklagtenvertreters vom 16.02.2023 übermittelte die Beklagte dem Kläger eine (auf Grundlage der vom Kläger geführten Stundenaufzeichnungen ermittelte) Deckungsprüfung und bot eine Pauschalabfindung von EUR 3.000,00 an. Der Kläger nahm das Angebot nicht an und ersuchte um Ergänzung der Deckungsprüfung zum Zeitraum Dezember 2022. Diese erhielt er mit Schreiben des Beklagtenvertreters vom 13.03.2023. Mit Schreiben der Kammer für Arbeiter und Angestellte für H* vom 27.03.2023 forderte der Kläger die Zahlung von EUR 12.575,46 brutto bis längstens 14.04.2023.
Der Kläger begehrte von der Beklagten die Zahlung von (aufgrund eines Berechnungsfehlers mit Schriftsatz vom 26.10.2023, ON 9 eingeschränkt) EUR 10.395,97 brutto für im Kalenderjahr 2022 insgesamt geleistete 244,05 Überstunden mit einem Zuschlag von 50 % (EUR 7.361,77 brutto) und 75,44 Überstunden mit einem Zuschlag von 100 % (EUR 3.034,20 brutto). Stark zusammengefasst stützte er sich darauf, dass die von ihm regelmäßig geleisteten Überstunden nur teilweise durch die Überstundenpauschale abgegolten worden seien, weshalb zwingend eine Deckungsprüfung vorzunehmen sei. Als Durchrechnungszeitraum gelte das Kalenderjahr. Die Fälligkeit der Ansprüche für das Kalenderjahr 2022 sei mangels anderslautender Vereinbarungen erst mit 31.12.2022 eingetreten, sodass ein Verfall nicht vorliege. Die Gleitzeit-BV, die einen anderen Durchrechnungszeitraum ergebe, sei auf den Kläger nicht anzuwenden. Diese gelte für „Arbeitnehmer im Betrieb“ also am Firmensitz, umfasse Außendienstmitarbeiter nicht und nehme auf ein Gleitzeitkonto des Dienstnehmers Bezug, welches für den Kläger nicht existiere. Ihm sei nie kommuniziert worden, dass diese Betriebsvereinbarung existiere. Es sei ihm absolut unmöglich gewesen, diese zu finden. Auf sein Dienstverhältnis zur Anwendung gelangende Betriebsvereinbarungen seien ihm im Übrigen zur Unterfertigung vorgelegt worden. Hätte tatsächlich eine Gleitzeitvereinbarung für den Kläger bestanden, hätte er wohl (auch bis zum E-Mail vom 09.09.2021) Zeitaufzeichnungen führen müssen. Die Beklagte habe ihm seine Stundenaufzeichnungen übermittelt und damit deren Richtigkeit und auch die geleisteten Überstunden jedenfalls anerkannt. Im Rahmen der Deckungsprüfung sei nur die Überstundenpauschale bzw. Überzahlung zur Abgeltung von Überstunden heranzuziehen, weitere Entgeltansprüche seien nicht zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragte die Klagsabweisung und wandte im Wesentlichen ein, das Entgelt des Klägers setze sich aus einem monatlichen Grundlohn, einer All-In-Pauschale (gemeinsam als Fixum bezeichnet) und einem leistungsabhängigen Bonus zusammen. Lt. Dienstvertrag (2017 und 2022) seien mit dem Entgelt alle Dienstleistungen, insbesondere Überstunden, vollständig abgegolten. Gemeint sei also, dass das Entgelt – als Sammelbegriff für die einzelnen Entgeltbestandteile – zur Überstundenabgeltung herangezogen werden solle. Deshalb seien im Zuge der Deckungsprüfung sowohl der leistungsabhängige Bonus als auch die Überzahlung im Rahmen des Fixgehalts zu berücksichtigen. Maßgeblich für die Wirksamkeit von All-In-Vereinbarungen sei neben der deutlichen Umschreibung der erfassten Entgeltarten nämlich nur die ausreichende Höhe der Vereinbarung. Die seit 2013 für alle Dienstnehmer der Beklagten geltende Gleitzeit-BV sehe maximal 90 Stunden Zeitguthaben vor („Kappungsklausel“). Zudem bedürften sämtliche Überstunden einer Anordnung durch den CEO oder CFO, wobei auch die nachträgliche Erwirkung einer Genehmigung möglich gewesen sei. Einen dafür notwendigen formlosen Antrag habe der Kläger nie gestellt, der bloße Eintrag von Zeiten in das elektronische Zeiterfassungssystem sei einem solchen nicht gleichzuhalten. Als Kundenbetreuer sei der Kläger keiner strengen Arbeitseinteilung durch die Beklagte unterlegen. Da die Beklagte keine Kontrollmöglichkeit gehabt habe, sei für sie die Notwendigkeit einer Anordnung bzw. Genehmigung von Überstunden wesentlich gewesen. Erst bei Eintragung der Arbeitsstunden ins Zeiterfassungssystem habe sie Kenntnis von den behaupteten Arbeitsstunden erlangt, wobei die Eintragungen nicht tagesaktuell erfolgt seien. Voraussetzung einer (allenfalls konkludenten) Überstundengenehmigung sei, dass die Beklagte die Überstunden gekannt und geduldet habe oder hätte kennen müssen. Hätte die Beklagte rechtzeitig von den behaupteten Überstunden erfahren, hätte sie deren Anlass und Zweck hinterfragt. Jene Überstunden, zu denen in der von der Beklagten durchgeführten Deckungsprüfung keine Genehmigung erfasst worden sei, seien weder angeordnet noch genehmigt worden und würden daher keinen Entgeltanspruch des Klägers begründen. Selbst bei Außerachtlassung der Kappungsklausel (lt. Gleitzeit-BV) bestünden aber keine weiteren Entgeltansprüche. Solche habe der Kläger zudem nicht innerhalb der kollektivvertraglich normierten Frist von sechs Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht. Die Fälligkeit von Ansprüchen aus Gleitzeit-Plusstunden im Zeitraum vom 01.09.2021 bis 28.02.2022 sei nach der einen Übertrag von Zeitguthaben in die nächste Gleitzeitperiode für Angestellte mit einer All-in-Vereinbarung nicht vorsehenden Gleitzeit-BV bereits am 01.03.2022 eingetreten. Solche Ansprüche wären aufgrund der kollektivvertraglichen Verfallsfrist bis spätestens 01.09.2022 schriftlich geltend zu machen gewesen. Dasselbe gelte für Stundenguthaben aus der Gleitzeitperiode vom 01.03.2022 bis 31.08.2022. Zu den zur Abgeltung von Überstunden heranzuziehenden Entgeltzahlungen gehörten auch die ausbezahlte Retention Allowance (März 2022), die Einmalprämie (Februar 2022) und der quartalsweise ausbezahlte Jahresbonus.
Mit dem angefochtenen Urteil gibt das Erstgericht dem eingeschränkten Klagebegehren ausgehend vom eingangs zusammengefassten, soweit kursiv wiedergegeben strittigen Sachverhalt statt. Rechtlich meint es, aufgrund der vereinbarten pauschalen Abrechnung der vom Kläger geleisteten Überstunden seien Nachzahlungsansprüche des Klägers durch eine Deckungsprüfung zu eruieren. Die Gleitzeit-BV sei auf das Dienstverhältnis des Klägers nicht anwendbar. Betriebsvereinbarungen seien gemäß § 30 ArbVG im Betrieb aufzulegen oder an sichtbarer, für alle Arbeitnehmer gut zugänglicher Stelle anzuschlagen; die ordnungsgemäße Kundmachung der Betriebsvereinbarung sei Voraussetzung für deren normative Wirkung. Das bloße Auflegen im Personalbüro ohne sonstige Hinweise auf die Einsichtsmöglichkeit stelle keine gehörige Kundmachung dar, jedenfalls sei es zusätzlich notwendig, die Arbeitnehmer darauf hinzuweisen. Werde die Betriebsvereinbarung, wie hier, (von der Beklagten als dislozierte Feststellung [F3] bekämpft) ohne Hinweis auf beinhaltete Betriebsvereinbarungen auf einem betriebsinternen Laufwerk, welches erst bei weiterem Anklicken ersichtlich mache, dass sich hier Betriebsvereinbarungen befänden, abgespeichert, sei ebenfalls nicht von einer ordnungsgemäßen Kundmachung gemäß § 30 Abs 1 ArbVG gegenüber dem Kläger auszugehen. Die Beklagte habe die Leistung der Mehr- und Überstunden durch den Kläger geduldet, indem sie die Arbeitszeitserfassung regelmäßig widerspruchslos entgegen genommen habe, wobei bei Überschreiten der täglichen maximalen Arbeitszeit von 10 Stunden eine Freigabe im Zeiterfassungssystem durch Vorgesetzte des Klägers erfolgt sei. Die unwidersprochen richtigen Zeitaufzeichnungen des Klägers seien bis in das Jahr 2022 auch von den Vorgesetzten gegengezeichnet worden. Der Kläger sei laut Arbeitsvertrag verpflichtet gewesen, nach den betrieblichen Erfordernissen Überstunden zu leisten, die die Beklagte jedenfalls geduldet habe. Es sei daher von einer rechtmäßigen Erbringung der Überstunden auszugehen. Als Durchrechnungszeitraum gelte das Kalenderjahr, zumal weder im anzuwendenden Kollektivvertrag, noch in den Dienstverträgen 2017 und 2022 gegenteilige Vereinbarungen getroffen worden seien. Damit seien die sich aus der Deckungsprüfung für das Kalenderjahr 2022 ergebenden Entgeltansprüche des Klägers mit 01.01.2023 fällig und aufgrund der Geltendmachung mit Schreiben vom 27.03.2023 nicht verfallen. Nach Punkt 5.1. Dienstvertrag 2022 (Punkt 8.1 Dienstvertrags 2017) bestehe das dem Kläger gebührende Entgelt aus einem „Grundlohn“ für Normalarbeitszeit, sowie einer Überstundenpauschale, mit welcher laut Klammerausdruck alle Überstunden vollständig abgegolten seien, wobei jeweils ein fixer Betrag für den Grundlohn und für die Überstundenpauschale, sowie der Gesamtbetrag angeführt sei. Es sei daher nach dem klaren Wortlaut der Vereinbarung von einer unechten Überstundenpauschale auszugehen. Nach Punkt 5.5. Dienstvertrag 2022 (Punkt 8.5. Dienstvertrag 2017) seien mit dem Entgelt alle Dienstleistungen, insbesondere Überstunden, vollständig abgegolten. Damit werde klargestellt bzw. wiederholt, dass das in Punkt 5.1. aufgeschlüsselte Entgelt (Grundlohn plus Überstundenpauschale) sämtliche Arbeitsstunden einschließlich Überstunden abgelten solle. Die Auslegung der Beklagten, alle in Punkt 5. Dienstvertrag 2022 (Punkt 8. Dienstvertrag 2017) geregelten Ansprüche (somit u.a. auch der über das monatliche Fixum hinaus gebührende leistungs- und kompetenzabhängige Jahresbonus sowie Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration) sollten zur Abgeltung von (weiteren) Überstunden herangezogen werden und es liege eine All-In-Vereinbarung vor, widerspreche dem klaren Wortlaut des Punkt 5.1. (Punkt 8.1.). Die Bestimmung des Punkt 5.1. sei zudem jedenfalls die speziellere. Selbst dann, wenn man von einer All-In-Vereinbarung ausginge, müsste durch Vertragsauslegung geprüft werden, welche konkreten Entgeltbestandteile nach der Vereinbarung der Parteien tatsächlich zur Abgeltung von Mehr- und Überstunden herangezogen werden sollten. Es sei nach der Rechtsprechung grundsätzlich zulässig, im Rahmen von All-In-Vereinbarungen auch variable Entgeltbestandteile wie etwa Provisionen, Gewinnbeteiligungen oder die Privatnutzung eines Firmenwagens zur Abgeltung von Überstunden heranzuziehen, dies müsse sich für den Arbeitnehmer jedoch aus dem Arbeitsvertrag klar ergeben bzw für diesen klar erkennbar sein. Die hier vorliegende Regelung sei für einen verständigen Arbeitnehmer wohl jedenfalls so zu verstehen, dass mit dem angeführten, den Grundlohn übersteigenden Betrag, sämtliche Überstunden abgegolten werden sollten. Somit sollten nach dem Wortlaut der Bestimmung der variable leistungs- und kompetenzabhängige Jahresbonus sowie die kollektivvertraglich vorgesehenen 13. und 14. Gehaltszahlungen (Urlaubsgeld und Weihnachtsremuneration) aus Sicht eines verständigen Arbeitnehmers jeweils darüber hinaus gezahlt werden. Letztlich sei die Entgeltbestimmung auch unter Berücksichtigung der §§ 914, 915 ABGB im Zweifel zu Lasten der Beklagten auszulegen. Im Ergebnis sei die Überzahlung im Rahmen des monatlichen Fixgehalts des Klägers in Höhe von EUR 4.151,17 im Vergleich zum kollektivvertraglichen Mindestlohn zur Abgeltung sämtlicher Mehr- und Überstunden heranzuziehen, jedoch weder der variable leistungs- und kompetenzabhängige Jahresbonus, die kollektivvertraglich vorgesehenen Sonderzahlungen in Form von Urlaubsgeld und Weihnachtsremuneration, die im Februar 2022 an den Kläger ausbezahlte Einmalprämie in Höhe von EUR 1.000,00 oder der im März 2022 ausbezahlte, als Retention Allowance bezeichnete Treuebonus in Höhe von EUR 2.640,00. Davon ausgehend errechne sich im Rahmen der Deckungsprüfung bei der gegebenen Überzahlung im Rahmen des monatlichen Fixgehalts (Überstundenpauschale) gegenüber dem Grundgehalt für Normalarbeitszeit von EUR 974,17 brutto ein Entgeltanspruch des Klägers iHv EUR 10.395,97 brutto für im Kalenderjahr 2022 insgesamt geleistete 244,05 50%-zuschlagspflichtige Überstunden und 75,44 100%-zuschlagspflichtige Überstunden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten aus den Berufungsgründen der Nichtigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in eine Klagsstattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt in seiner Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Ad I.:
Die von der Beklagten mit ihrer Berufung vorgelegten Urkunden („Arbeitszeitmanagement“ der „I*“, nicht an den Kläger gerichtete Mails der Beklagten zu Gleitzeitperiode und Zeitaufzeichnungen) waren zurückzuweisen, weil neue Beweismittel im Rechtsmittelverfahren nur zur Dartuung oder Widerlegung der Berufungsgründe der Nichtigkeit und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens zulässig sind (vgl Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO5 § 482 Rz 5; RS0041812 [T2] und RS0105484). Eine solche Dartuung oder auch einen darauf bezogenen Zusammenhang stellt die Berufung nicht dar. Die Urkundenvorlage erfolgte vielmehr offenbar mit dem Zweck, die Glaubwürdigkeit der Aussage des Zeugen Mag. C* zu erschüttern.
Ad II.:
Mit ihrer auf § 477 Abs 1 Z 9 ZPO gestützten Nichtigkeitsberufung rügt die Beklagte die Nichtigkeit des Urteils, das es aufgrund in sich widersprüchlicher Feststellungen für nicht überprüfbar hält. Sie verweist auf die Feststellungen des Erstgerichts, der Kläger sei erstmals mit Mail vom 31.10.2022 auf die Gleitzeit-BV hingewiesen worden, wohingegen es an anderer Stelle feststelle, der Kläger sei weder zu Beginn des Dienstverhältnisses im Zuge des Onboarding-Prozesses noch zu einem späteren Zeitpunkt, auch nicht von Mitgliedern des Betriebsrats über die bestehende Betriebsvereinbarung zur Gleitzeit in Kenntnis gesetzt worden. Zudem stelle das Erstgericht disloziert im Rahmen der rechtlichen Beurteilung fest, dass der Kläger als Arbeitnehmer zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen worden sei, dass - neben ihm explizit zur Unterschrift vorgelegten Betriebsvereinbarungen - (weitere) Betriebsvereinbarungen existierten.
Ein Nichtigkeitsgrund iSd § 477 Abs 1 Z 9 ZPO ist nur dann gegeben, wenn die Fassung des Urteils so mangelhaft ist, dass dessen Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden kann, das Urteil mit sich selbst in Widerspruch steht oder die Entscheidung gar nicht oder so unzureichend begründet ist, dass sie sich nicht überprüfen lässt (RS0007484). Maßgebend ist dafür das Urteil als logische Gesamtheit. Der erste Nichtigkeitsgrund liegt vor allem dann vor, wenn die logischen Grundelemente des Urteils, nämlich die Annahme eines Tatbestands oder seine Mindestmerkmale fehlen und kein gedanklicher Konnex zwischen vorhandenen Urteilsgründen und dem Urteilsspruch hergestellt werden kann. Ein Widerspruch im Sinne des zweiten Nichtigkeitsgrunds besteht dann, wenn einzelne Aussprüche innerhalb des Spruchs der Entscheidung einander logisch ausschließen. Der dritte Nichtigkeitsgrund wird nur durch den völligen Mangel der Gründe, nicht jedoch durch eine mangelhafte Begründung des Urteils bewirkt (Pimmer in Fasching/Konecny3 IV/1 § 477 ZPO Rz 79 ff). Das Fehlen einer rechtlichen Begründung zu einzelnen Fragen begründet keine Nichtigkeit (RS0042203).
Auf welchen der drei Tatbestände der von ihr angezogenen Bestimmung sich die Beklagte stützen möchte, konkretisiert sie nicht. Der vom Erstgericht der rechtlichen Prüfung unterzogene Sachverhalt stellt sich aus dem Gesamtzusammenhang der von der Beklagten auszugsweise dargestellten Feststellungen und Ausführungen des Erstgerichts zwanglos und überprüfbar dar. Das Erstgericht ging, wenn auch mit unterschiedlichen Formulierungen, davon aus, dass der Kläger über die gegenständliche Gleitzeit-BV - im Gegensatz zu anderen Betriebsvereinbarungen, die ihm zur Kenntnisnahme und Unterfertigung übermittelt wurden - nicht informiert und mit E-Mail der G* vom 31.10.2022 erstmals auf die Betriebsvereinbarung über die Gleitzeit hingewiesen wurde. Nicht ein Widerspruch in den Gründen, sondern nur ein Widerspruch im Spruch des Urteils vermag zudem einen Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO zu verwirklichen. Soweit die Beklagte Begründungsmängel aufzeigen möchte, ist sie auf ihre Mängelrüge zu verweisen.
Der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO soll die objektive Überprüfbarkeit des Urteils schützen; dies aber nur so weit, als durch das Urteil die Grunderfordernisse einer zivilprozessualen Entscheidung verletzt wurden (Kodek in Kodek/Oberhammer, ZPO-ON § 477 ZPO Rz 77 [Stand 9.10.2023, rdb.at]). Eine Nichtigkeit im dargestellten Sinn haftet dem angefochtenen Urteil nicht an.
Ad III.:
1. Zur Mängelrüge:
1.1. „Aus anwaltlicher Vorsicht“ macht die Beklagte den zu II. behaupteten Widerspruch zwischen „jenen Feststellungen, die eindeutig als solche bezeichnet werden und jenen, die disloziert im Rahmen der rechtlichen Beurteilung verschriftlicht sind“ als Begründungsmangel geltend. Sie argumentiert, die Beweiswürdigung des Erstgerichts enthalte insgesamt bloß formelhafte Floskeln, es fehle trotz Klammerzitaten an einer nachvollziehbaren Auseinandersetzung mit den jeweils entgegenstehenden Beweisergebnissen.
1.2. Die (kurze) Zusammenfassung prägnanter Sachverhaltselemente als Grundlage der rechtlichen Beurteilung steht nicht im Widerspruch mit den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen und bedurfte keiner gesonderten Begründung. Ein Widerspruch in dem von der Beklagten angenommenen Umfang liegt nicht vor (vgl II.).
Eine unzureichende Beweiswürdigung begründet dann einen Mangel des Urteils im Sinn des § 496 Abs 1 Z 2 ZPO, wenn Tatumstände, die nach den Denkgesetzen auf die Bildung der richterlichen Überzeugung von Einfluss sein müssten, vollständig übergangen werden (RL0000220, Obermaier in Höllwerth/Ziehensack, ZPO-TaKom § 496 ZPO Rz 18, vgl dazu auch Pochmarski/Tanczos/Kober, Berufung in der ZPO4, 119f, RS0102004 – Fehlen einer Beweiswürdigung). Es bedeutet aber keine Mangelhaftigkeit bei der Entscheidung von Beweiswürdigungsfragen, wenn in der Begründung des Urteils ein Umstand nicht erwähnt wurde, der hätte erwähnt werden können oder eine Erwägung nicht angestellt wurde, die hätte angestellt werden hätte können (RS0040165). Nach diesen Grundsätzen zeigt die Berufung keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens bewirkende Begründungsdefizite auf. Keineswegs ist die überlegte und nachvollziehbare Beweiswürdigung des Erstgerichts nur floskelhaft formuliert.
1.3. Ein Verfahrensmangel haftet der angefochtenen Entscheidung damit nicht an.
2. Zur Tatsachen- und Beweisrüge:
Vorweg ist festzuhalten, dass das Berufungsgericht die Beweiswürdigung darauf hin zu untersuchen hat, ob die Grenzen der freien Beweiswürdigung eingehalten und die Beweisergebnisse schlüssig gewürdigt wurden (Kodek in Rechberger/Klicka ZPO5 § 272 ZPO Rz 3). Die Beweisrüge kann daher nur dann erfolgreich sein, wenn sie gegen die Richtigkeit der vom Erstgericht vorgenommenen Beweiswürdigung stichhaltige Bedenken ins Treffen führen kann, die erhebliche Zweifel an dieser Beweiswürdigung rechtfertigen. Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Tatsachenfeststellungen möglich gewesen wären, oder dass es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für den Tatsachenstandpunkt des Berufungswerbers sprechen, reicht aber noch nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung aufzuzeigen. Maßgeblich ist vielmehr, ob für die richterliche Einschätzung im Rahmen der freien Beweiswürdigung, wie hier, ausreichende Gründe vorhanden sind (Klauser/Kodek, JN ZPO 17.Auflage § 467 ZPO E 39a).
2.1. Anstelle der eingangs als [F1] bezeichneten Feststellung begehrt die Beklagte wörtlich folgende Ersatzfeststellung:
„Der Kläger hatte und seit dem Beginn seines Dienstverhältnisses immer dann Zugriff auf den F*, wenn er mit seinem Firmenlaptop an Besprechungen im Betrieb der Beklagten teilnahm und ab dem Jahr 2020 ortsunabhängig Zugriff auf das Laufwerk „F*.“
Um die Beweisrüge gesetzmäßig auszuführen, muss die angestrebte Ersatzfeststellung im Widerspruch zur bekämpften Feststellung stehen (RS0043150 [T9]). Die bekämpfte Negativfeststellung zum Thema, ob der Kläger „während der gesamten Dauer seines Dienstverhältnisses zur Beklagten Zugriff auf das Laufwerk“ hatte steht nun aber nicht in Widerspruch zur diesbezüglich begehrten Ersatzfeststellung, er habe (bis zum Jahr 2020 offenbar auch aus Sicht der Beklagten nicht durchgehend, sondern nur) dann einen solchen Zugriff gehabt, wenn er mit seinem Firmenlaptop an Besprechungen im Betrieb der Beklagten teilgenommen habe. Erachtet das Erstgericht unter diesen Umständen die Angaben des Klägers, nicht zu wissen, ob er überhaupt Zugriff auf dieses Laufwerk gehabt habe, für glaubwürdig und verblieben ihm unter Bedachtnahme auf die Aussage der Zeugin J*, die sich (erst) auf die Zeit nach der Umstellung auf eine cloud bezog, Zweifel, die es diesbezüglich zu einer Negativfeststellung veranlassten, so ist dies durchaus plausibel.
Im Übrigen stellt die Beklagte der bekämpften Feststellung, der Kläger habe das Laufwerk X: bei der Verrichtung seiner täglichen Arbeit nicht benötigt und darauf nicht zugegriffen, keine korrespondierende Ersatzfeststellung gegenüber. Ungeachtet dessen, dass es der Beweisrüge in diesem Punkt damit an einer gesetzmäßigen Ausführung fehlt, überzeugt ihre darauf bezogene Argumentation nicht. Der lapidare Verweis darauf, dass sich auf dem Laufwerk X: auch das firmeninterne Telefonbuch sowie Formulare für (im Rahmen des Onboarding erklärte) Spesenabrechnungen befinden, überzeugt nicht, setzt sich dieser doch mit der konkreten Situation des Klägers nicht auseinander. Warum dessen Aussage, die für ihn notwendigen Sales-Daten seien im Laufwerk Z: und das Zeiterfassungssystem sei ein online-Link gewesen, über den er gearbeitet habe, nicht glaubwürdig sein sollte und der angefochtenen Feststellung nicht hätte zugrundegelegt werden dürfen, stellt die Berufung nicht dar.
Die Beweisrüge geht in diesem Punkt ins Leere.
2.2. Den Negativfeststellungen des Erstgerichts zur Auflage der Gleitzeit-BV [F2] stellt die Beklagte folgende begehrte Ersatzfeststellung gegenüber:
„Die Betriebsvereinbarung lag in der Personalabteilung auf und hätte jederzeit durch den Kläger oder andere Mitarbeiter problemlos dort eingesehen werden können. Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt während des Dienstverhältnisses des Klägers wurde die Betriebsvereinbarung zusätzlich in der Teeküche ausgehängt.“
Dazu verweist sie einerseits auf die Aussage des Zeugen K*, der nach Auskunft der Personalchefin, die Betriebsvereinbarung sei auch in der Teeküche ausgehängt, dort Nachschau gehalten, diese aber zunächst nicht gesehen hätte, er glaube aber, dass sie dann später doch aufgehängt gewesen sei. Andererseits zitiert sie die Zeugin J*, die angab, jemand, der die Betriebsvereinbarungen „sozusagen in echt hätte sehen wollen“, hätte das bei ihr im Büro tun können, wo sie den Ordner mit den Betriebsvereinbarungen gehabt habe. Diese Aussagen stützen die begehrte Ersatzfeststellung jedoch nicht. Dass die Klägerin „in ihrem Büro einen Ordner mit Betriebsvereinbarungen“ gehabt habe bedeutet nicht, dass die Gleitzeit-BV in der Personalabteilung aufgelegen sei und jederzeit durch den Kläger oder andere Mitarbeiter dort problemlos hätte eingesehen werden können. Die Vermutung des Zeugen K*, die sich offenbar auf keine eigene Wahrnehmung stützt, konnte das Erstgericht der begehrten positiven Feststellung zum Aushang in der Teeküche nachvollziehbar ebenso wenig zugrundelegen. Dass die Mitarbeiter auf einen solchen Aushang oder die Möglichkeit zur Einsichtnahme hingewiesen worden wären, ergibt sich im Übrigen weder aus den Aussagen der beiden Zeugen, noch aus dem Vorbringen der Beklagten. Warum es darauf aber entscheidend ankommt, wird bei Behandlung der Rechtsrüge darzustellen sein.
Die Beweisrüge bleibt erfolglos.
2.3. Weiters bekämpft die Beklagte als (im Rahmen der rechtlichen Beurteilung getroffene) dislozierte Feststellung [F3]:
„Die Betriebsvereinbarung war im gegenständlichen Fall lediglich auf einem Laufwerk abgespeichert, welches erst bei weiterem Anklicken ersichtlich machte, dass sich darin Betriebsvereinbarungen befinden.“
Ersatzweise möchte sie festgestellt wissen:
„Die Betriebsvereinbarung war im gegenständlichen Fall auf dem Laufwerk F* gespeichert. Sofort nach Öffnen des Laufwerks erscheint ein Ordner mit dem Namen „Betriebsvereinbarungen_company agreements.“
Warum sie diese „Feststellung“ des Erstgerichts bekämpft, erschließt sich nicht, geht doch daraus, wie auch aus der diesbezüglich umkämpften Feststellung des Erstgerichts deutlich hervor, dass der Inhalt des Laufwerks X: erst nach „Anklicken“ desselben ersichtlich wird, zumal sich, worauf auch die Beklagte hinaus will, (erst) dann die auf dem Laufwerk befindliche Ordnerstruktur zeigt. Davon, dass ein Ordner (von mit Stand Anfang 2023 13) die Betriebsvereinbarungen enthält, gingen ohnehin unstrittig alle Beteiligten aus. Die begehrte Ersatzfeststellung ist auch hier nicht im Widerspruch zur bekämpften Feststellung.
Der Beweisrüge ist damit kein Erfolg beschieden, auch eine von der Beklagten angerissene Aktenwidrigkeit vermag das Berufungsgericht nicht zu erkennen. Aktenwidrigkeit als Rechtsmittelgrund liegt dann vor, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, das heißt, wenn der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstücks unrichtig wiedergegeben und infolge dessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde (RS0043347). Dies ist hier nicht der Fall, brachte das Erstgericht doch deutlich zum Ausdruck, dass nach Anklicken des Laufwerk X: die Ordnerstruktur sichtbar wird, aus der erkennbar ist, dass es einen Ordner für Betriebsvereinbarungen auf diesem Laufwerk gibt.
2.4. Im Weiteren versucht die Beklagte neuerlich widersprüchliche Feststellungen aufzuzeigen und bezieht sich dabei auf folgende Feststellungen des Erstgerichts [F4]:
„Der Kläger wurde weder zu Beginn seines Dienstverhältnisses zur Beklagten im Zuge des Onboarding- Prozesses noch zu einem späteren Zeitpunkt, auch nicht von Mitgliedern des Betriebsrats, über die bestehende Betriebsvereinbarung zur Gleitzeit in Kenntnis gesetzt.“
Diese bekämpft sie und möchte sie durch eine Ersatzfeststellung ersetzen, die lautet:
„Der Kläger wurde sowohl im Rahmen seines Onboarding Prozesses, als auch durch den Betriebsrat und am 31.10.2022 durch Frau G* auf das Bestehen einer Gleitzeit Betriebsvereinbarung hingewiesen.
Sie meint, die bekämpfte Feststellung stehe in einem eklatanten Widerspruch zu folgender Feststellung an anderer Stelle:
„Mit E-Mail vom 31.10.2022 wurde der Kläger von G* erstmalig auf die Betriebsvereinbarung über die Gleitzeit hingewiesen.“
Die Beklagte kritisiert dazu neuerlich eine aus ihrer Sicht unzureichende Auseinandersetzung des Erstgerichts mit einander widersprechenden Beweisergebnissen und betont die Aussage des Klägers im Rahmen seiner ersten Einvernahme nach Vorhalt der Beilage./12.
Tatsächlich gab der Kläger zunächst an, er habe (wie alle Außendienstmitarbeiter) vom Betriebsrat im Laufe seines Dienstverhältnisses per E-Mail mehrere Betriebsvereinbarungen übermittelt bekommen, diese habe er unterfertigt und seien vom Betriebsrat gegengezeichnet worden. Er sehe in der Beilage./12, dass „hier eine Betriebsvereinbarung Car Policy und flexible working time“ angegeben sei, und es sei so, dass er diese beiden Betriebsvereinbarungen per E-Mail übermittelt bekommen und auch gegengezeichnet habe. Die Übrigen kenne er nicht. Wenn er dies im Folgenden korrigierte und das Erstgericht dies den Feststellungen zugrunde legte, ist dies nur plausibel, behauptet doch nicht einmal die Beklagte selbst, der Kläger hätte die Gleitzeit-BV per E-Mail erhalten und unterfertigt retourniert. Dass die Zeugin J* beim Onboardingprozess anwesend gewesen wäre, konnte diese selbst nicht angeben, sodass sich ihre Vermutung, entweder sie oder eines der Mitglieder des Betriebsrats hätten gegenüber dem Kläger die Betriebsvereinbarung sicher erwähnt, relativiert. Die Schilderungen des Klägers zu seiner diesbezüglichen Information insbesondere im Rahmen des Onboardings zu Beginn des Dienstverhältnisses oder auch im Zuge der Besprechung zur Aufzeichnung der Arbeitszeit im Oktober 2021 wurden vom Erstgericht als äußerst glaubwürdig erachtet. Es gehört zum Wesen der freien Beweiswürdigung, dass sich die Tatsacheninstanz für eine von mehreren widersprechenden Darstellungen aufgrund ihrer Überzeugung entscheidet, dass diese mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann (RS0043175; Rechberger in Fasching/Konecny³ § 272 ZPO Rz 4 f, Rz 11; Rechberger in Rechberger/Klicka5, § 272 ZPO Rz 1). Dabei kommt dem persönlichen Eindruck anlässlich der Einvernahme vor Gericht besonderes Gewicht zu. Insgesamt konnte die Beklagte auch unter diesem Berufungsgrund keine Bedenken des Berufungsgerichts erwecken, das Erstgericht habe die Grenzen der freien Beweiswürdigung nicht eingehalten und die Beweisergebnisse nicht schlüssig gewürdigt (Kodek in Rechberger/Klicka ZPO5 § 272 ZPO Rz 3).
Widersprüchliche Feststellungen, die eine abschließende rechtliche Beurteilung nicht ermöglichen, sind im Übrigen sekundäre Feststellungsmängel (RS0042744). Solche liegen hier aber, wie bereits dargestellt, nicht vor.
2.5. Abschließend möchte die Beklagte anstelle der Feststellung [F5] folgende Ersatzfeststellung erreichen:
„Auf die Rückfrage des Klägers, ebenfalls per E-Mail am 04.04.2022, an wen er seine Arbeitsaufzeichnungen nun schicken solle, antwortete D*, dass der Kläger diese scheinbar niemandem schicken müsse, zumal sie bei einem weiteren Mitarbeiter nachgefragt und dieser gemeint hätte, die Arbeitsaufzeichnungen des Klägers nicht zu brauchen.“
Sie meint, die bekämpfte Feststellung, D* hätte bei einem weiteren Vorgesetzten des Klägers nachgefragt sei durch kein Beweisergebnis gedeckt, übersieht dabei jedoch, dass die Zeugin laut Beilage./H bei „L*“ nachfragte und es sich bei L* um den eingeteilten Human Resources Manager handelte (lt. Beilage ./ G stv. Geschäftsführer, ./E junior manager; vgl auch Kläger, ON 14.2.).
Diese Beweisrüge geht wiederum ins Leere.
2.6. Das Berufungsgericht übernimmt daher zusammenfassend die erstgerichtlichen Feststellungen gemäß § 498 Abs 1 ZPO (§ 2 Abs 1 ASGG) und legt sie seiner Entscheidung zugrunde.
3. Zur Rechtsrüge:
3.1. Die Beklagte argumentiert in ihrer Rechtsrüge, ob die Möglichkeit zur Einsichtnahme der Betriebsvereinbarung „in gesicherter Form“ elektronisch oder physisch sichergestellt sei, könne in Anbetracht des Zwecks der Bestimmung des § 30 ArbVG keinen Unterschied machen. Hier habe sogar noch die zusätzliche Erleichterung bestanden, dass die Möglichkeit zur problemlosen Kenntnisnahme vom Inhalt der Betriebsvereinbarung nicht erst eine Einsichtnahme beim Betriebsrat erfordere, sondern deutlich niederschwelliger durch Anklicken der seit dem 11.12.2013 unveränderten Datei mit dem Namen „flexible working time signed_11_12_13“ möglich gewesen sei. Die Veröffentlichung auf dem F*, auf dem sich auch Formulare für Spesenabrechnungen oder die Internet Telefonliste befunden hätten, falle sofort ins Auge und sei als ausreichende Kundmachung anzusehen. Die Funktionsweise eines Computers bringe mit sich, dass die gespeicherten Informationen in einer Ordnerstruktur sortiert seien. Da sofort nach Anklicken des F* ein Ordner mit dem Namen Betriebsvereinbarungen_company agreements erscheine, wo die Gleitzeit-BV „aufgelegt“ worden sei, sei von einer normativ wirksamen Betriebsvereinbarung auszugehen. Dies gelte, solange nicht behauptet und bewiesen worden sei, dass die Form der Kundmachung - etwa wegen mangelnder Hinweise im Betrieb - nicht ausreichend gewesen wäre. Die bekämpfte Negativfeststellung wirke daher zu Lasten des Klägers. Der Name des Ordners sei als Hinweis ausreichend. Aufgrund der digitalen Ausrichtung des Betriebs entspreche es den betrieblichen Erfordernissen, sowohl die Betriebsvereinbarung an sich als auch Hinweise auf die in Geltung stehenden Betriebsvereinbarungen elektronisch kundzumachen und zugänglich zu halten. Spätestens mit dem E-Mail vom 31.10.2022 seien die Publizitätserfordernisse gegenüber dem Kläger erfüllt worden und sei es mangels Widerspruchs zur konkludenten Änderung des Arbeitsvertrags des Klägers und Rückwirkung der Gleitzeit-BV gekommen. Der Verjährungseintritt sei daher nicht überraschend erfolgt, der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts liege ein vollkommen unbegründeter Fantasiesachverhalt zugrunde. Rechtmäßig angeordnete oder genehmigte Überstunden lägen nicht vor. Dem Kläger sei klar gewesen, dass D* nicht bevollmächtigt sei, Überstundengenehmigungen oder Weisungen an den Kläger zu erteilen. Es sei nicht festgestellt, dass die Beklagte Überstunden verlangt oder geduldet hätte. Es habe dem gemeinsamen Parteiwillen entsprochen, das gesamte Entgelt (und nicht nur den als Überstundenpauschale bezeichneten Entgeltteil) zur Abdeckung von Überstundenentgelten heranzuziehen, jedenfalls aber auch die im Zuge des 13. und 14. Gehalts im Jahr 2022 gewährte All-In-Pauschale.
Ihre Argumentation überzeugt nicht.
3.2. Vorweg ist festzuhalten, dass das Berufungsgericht die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, hingegen die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils für zutreffend erachtet, sodass unter Hinweis auf deren Richtigkeit den Argumenten der Beklagten kurz zu entgegnen ist (§ 500a ZPO).
3.3. Die All-In-Vereinbarung ist die radikale Form der pauschalen Abgeltung von Mehr- und Überstundenleistungen, bei der nur ein Gesamtentgelt vereinbart wird, mit dem auch sämtliche Mehr- und Überstunden abgegolten werden sollen. Der Oberste Gerichtshof (9 ObA 161/01v, ecolex 2002/21, 36 [Mazal] = ZAS 2003/12, 66 ua) hat eine derartige Vertragsgestaltung als zulässig qualifiziert, sofern dabei zwingende arbeitsrechtliche (Mindest-)Standards nicht verletzt werden (Reissner in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 2g AVRAG Rz 5 [Stand 1.1.2018, rdb.at]).
Die Abdeckung von Überstunden durch das vereinbarte Gesamtentgelt wird durch die Deckungsprüfung festgestellt. Dabei wird geprüft, ob das über-kollektivvertragliche Entgelt (= „Überzahlung“) die gesetzlich bzw kollektivvertraglich gebührende Überstundenvergütung abdeckt (Jöst in Reissner/Neumayr, ZellHB AV-Klauseln2 Besonderer Teil, ZellHB AV-Klauseln2 Besonderer Teil, Rz 26.20 [Stand 1.6.2019, rdb.at]). Zur Deckungsprüfung hat der Oberste Gerichtshof festgehalten, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, diese von sich aus am Ende des vereinbarten Durchrechnungszeitraums durchzuführen. Bei einer Pauschalvereinbarung kann für den Beginn der Verfallsfrist frühestens jener Zeitpunkt in Frage kommen, zu dem die Überstunden eines Beobachtungszeitraums abrechenbar sind (9 ObA 166/13x). In der Regel ist dieser Zeitpunkt mit dem Ende des Durchrechnungszeitraums anzusetzen. Dieser ist mangels anderer Vereinbarung - wie auch im vorliegenden Fall - das Kalenderjahr (9 ObA 28/17h; Hofbauer/Krammer/Seebacher, Lohnsteuer 2024 11.All-In-Vertrag Rz 119 (Stand 1.11.2023, rdb.at).
Die Beklagte möchte einen abweichenden Durchrechnungszeitraum für die vom Kläger geleisteten Überstunden (und im Ergebnis deren Verfall) aus der Gleitzeit-BV ableiten.
Gem § 30 Abs 1 ArbVG sind Betriebsvereinbarungen im Betrieb aufzulegen oder an sichtbarer, für alle Arbeitnehmer zugänglicher Stelle anzuschlagen, der Eintritt der normativen Wirkung hängt nämlich von der Kundmachung ab. Davon zu unterscheiden ist, dass die Betriebsvereinbarung – in Grenzen – ihr rückwirkendes Inkrafttreten vorsehen kann.
Nach dem Wortlaut des § 30 ArbVG stellt das "Auflegen" im Betrieb eine zulässige Kundmachungsform für Betriebsvereinbarungen dar. Die Arbeitnehmer müssen in diesem Fall aber durch Anschlag darauf hingewiesen werden, dass überhaupt eine solche Betriebsvereinbarung aufliegt. Dies entspricht den allgemeinen Publikationserfordernissen für generell wirkende Normen. Es wäre ein Wertungswiderspruch, wollte man eine hinweislose Hinterlegung einer Betriebsvereinbarung dem Anschlag an sichtbarer, für alle Arbeitnehmer zugänglicher Stelle ohne weiteres gleichsetzen. Um dieselbe Publizitätswirkung zu erlangen ist es daher erforderlich, in geeigneter Form sowohl vom Abschluss einer Betriebsvereinbarung als auch der örtlichen und zeitlichen Möglichkeit der Einsichtnahme informiert zu werden (9 Ob A 168/07g, DRdA 2010/47).
Der Oberste Gerichtshof lässt etwa die Veröffentlichung einer Änderung der Betriebsvereinbarung im Intranet des Betriebsinhabers genügen, wenn die Arbeitnehmer per E-Mail auf die Änderung hingewiesen werden und wissen, dass die Betriebsvereinbarung im Intranet abrufbar ist; dass die im Intranet veröffentlichte Textdatei keine Unterschriften aufweist, schadet nicht (9 ObA 153/12h; Geist, Wie fit ist das ArbVG für das digitale Zeitalter?, DRdA 2019, 313). Er sprach auch aus, dass die Veröffentlichung in einem internen Computernetz mit einem entsprechenden Link zum maßgebenden Text eine ausreichende Kundmachung darstellen kann und zwar jedenfalls für Fälle, in denen der Text der Betriebsvereinbarung auch in gesicherter Form beim Betriebsrat oder beim Betriebsinhaber eingesehen werden kann; auch für den von der Rechtsprechung geforderten Hinweis auf eine zur Einsicht aufliegende Betriebsvereinbarung ist die Veröffentlichung im internen Computernetz regelmäßig als ausreichend anzusehen (8 Ob A 3/12t).
Daran, dass eine Auflage von Betriebsvereinbarungen auch in einer entsprechenden Datenbank des unternehmensinternen Intranets möglich ist, besteht damit kein Zweifel (vgl auch Löschnigg, Arbeitsrecht, 10. Auflage, 104 f mwN, 9 Ob A 168/07g, 9 ObA 15312h mwN). Die Publikation des Hinweises auf die Auflage muss die Anforderungen an einen Anschlag erfüllen; auch der Hinweis kann unter bestimmten Voraussetzungen elektronisch erfolgen. Es muss auf die einzelne abgeschlossene Betriebsvereinbarung hingewiesen werden (vgl auch RS0114617). Eine pauschale Kundmachung am schwarzen Brett, wonach "alle Betriebsvereinbarungen im Personalbüro aufliegen", wird zu wenig sein (so auch Kietaibl in Tomandl, ArbVG § 30 Rz 5). Wird der Hinweis nicht oder nicht in ausreichender Art und Weise publiziert, so hindert dies wiederum die Normwirkung der Betriebsvereinbarungen (9 ObA 168/07g, DRdA 2010/47). Wenn das Erstgericht unter Beachtung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall zum Ergebnis kam, die Gleitzeit-BV sei gegenüber dem Kläger aufgrund der von der Beklagten gewählte Vorgangsweise nicht im Sinne des § 30 Abs 1 ArbVG ordnungsgemäß kundgemacht, ist dies aus Sicht des Berufungsgerichts damit nicht zu beanstanden. Die zusammengefasste Ablage („Auflage“ im Sinne einer Zurverfügungstellung der Texte) aller Betriebsvereinbarungen mit der Ordnerbezeichnung „Betriebsvereinbarungen“ ist einer pauschalen Kundmachung am schwarzen Brett, wonach "alle Betriebsvereinbarungen im Personalbüro aufliegen" gleichzusetzen. Ein zusätzlich durch Anschlag vorzunehmender, an sichtbarer, für alle Arbeitnehmer zugänglicher Stelle positionierter Hinweis auf den Ort der Auflegung der einzelnen abgeschlossenen Betriebsvereinbarung, erfolgte jedoch nicht. „Anschlag“ bedeutet wörtlich eine schriftliche Bekanntmachung durch Aushang (Plakatierung) eines Textes. Klassischerweise wird in diesem Zusammenhang der Aushang am „schwarzen Brett“ des Betriebs erwähnt (zB Pfeil, ArbVR II5 § 30 Rz 5; Reissner in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 30 ArbVG Rz 8). Dass die Publikation eines solchen Hinweises natürlich auch im Intranet mit entsprechendem Link zur tatsächlichen Ablage des Texts erfolgen kann, sofern die der Norm unterworfenen Arbeitnehmer leicht und sicher von dieser Kenntnis erlangen können, wurde bereits dargestellt. Die Ablage auf einem Laufwerk X: allein und ohne weiteren Hinweis, dass sich auf diesem Betriebsvereinbarungen wie die Gleitzeit-BV finden, reicht nicht aus. Benötigten Mitarbeiter - wie hier der Kläger - weder die ebenfalls auf diesem Laufwerk abgelegten Formulare noch das interne Telefonbuch, bestand ohne einen solchen Hinweis gar keine Veranlassung, auf dieses Laufwerk zuzugreifen (oder im übertragenen Sinne: die Tür zum Personalbüro zu öffnen, in dem ohne sonstige Hinweise auf die Einsichtsmöglichkeit eine Betriebsvereinbarung bloß aufgelegt ist). Die Bezeichnung eines (von mehreren) Ordners des Laufwerks X: als „Betriebsvereinbarungen company agreements“ allein ist unter den konkreten Umständen kein ausreichender Hinweis. Auf die von der Beklagten angesprochene Negativfeststellung zur Zugriffsmöglichkeit des Klägers auf das Laufwerk X: kommt es damit nicht entscheidend an. Zu erwähnen bleibt, dass der Kläger auch weder im Dienstvertrag (2017 oder 2022) noch (bis zum E-Mail vom 31.10.2022) auf andere Art und Weise auf die Gleitzeit-BV hingewiesen wurde, während ihm andere Betriebsvereinbarungen per Mail zur Unterfertigung übermittelt wurden. Davon, dass der Kläger nach dem E-Mail vom 31.10.2022 durch sein Verhalten eindeutig zu erkennen gegeben hätte, dass er sich an die Bestimmung der Gleitzeit-BV halten möchte und die Betriebsvereinbarung Grundlage für die Ergänzung seines Arbeitsvertrags wurde, ist unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhalts nicht auszugehen. Darauf und auf die Vereinbarung einer rückwirkenden Geltung berief sich die Beklagte im Verfahren erster Instanz aber ohnehin nicht. Damit ist auch auf die Ausführungen der Rechtsrüge zum Abrechnungszeitraum und zum Ablauf der kollektivvertraglichen Verfallsfrist nicht weiter einzugehen, liegen diesen doch die (nur) in der Betriebsvereinbarung geregelten zwei getrennten Deckungszeiträume zugrunde.
Das Erstgericht geht auch richtig davon aus, dass ein Anspruch auf Überstundenbezahlung gegeben ist, wenn diese ausdrücklich oder schlüssig angeordnet wurden, oder, wenn der Dienstgeber Arbeitsleistungen entgegennahm, die auch bei richtiger Einteilung der Arbeit nicht in der normalen Arbeitszeit erledigt werden konnten (RS0051431). Wenn die dem Dienstnehmer übertragenen Aufgaben die Leistung von Überstunden notwendig machen, muss der Dienstnehmer dies dem Dienstgeber anzeigen, um sich einen Anspruch auf Überstundenentlohnung zu sichern. Auf diese Anzeige kommt es aber dann nicht an, wenn der Dienstgeber die Arbeitsleistungen entgegennahm, obgleich er wusste oder wenigstens wissen musste, dass sie Überstunden erforderlich machen (RS0051447). Hier steht unbekämpft fest, dass der Kläger alle geltend gemachten Arbeitsstunden tatsächlich erbrachte. Sein unmittelbarer Vorgesetzter, Mag. C*, wusste über den „außerordentlichen Einsatz“ des Klägers Bescheid und hatte im Zusammenhang damit bei seinen Vorgesetzten bereits deponiert, dass der Umsatz des Klägers „für zwei Mitarbeiter ausreichte“. Nimmt die Beklagte (durchgehend über einen langen Zeitraum) dennoch Überstunden des Klägers entgegen, bedeutet dies bei objektiver Betrachtungsweise, dass sie diese duldet und der Kläger aus ihrem Verhalten auf ihr Einverständnis schließen darf. Solange der Arbeitgeber bei vernünftiger Einschätzung der Arbeitsleistung („reicht für 2 Mitarbeiter“) die Notwendigkeit der erbrachten Überstunden erkennen muss und den Arbeitsumfang nicht entsprechend anpasst oder unmissverständlich klarstellt, dass entgegen der bisherigen Übung ab sofort nur mehr ausdrücklich angeordnete Überstunden zu leisten sind, sind die erbrachten Überstunden abzugelten. Soweit sich die Rechtsrüge vom festgestellten Sachverhalt entfernt, ist sie nicht gesetzmäßig ausgeführt. Davon, dass D* dem Kläger Überstundengenehmigungen oder Weisungen hätte erteilen können, ging das Erstgericht nicht aus. Vielmehr stellte es fest, dass diese (nur) Informationen nach Rücksprache mit Vorgesetzten weitergab und dass der Kläger noch im August 2002 von einem Vorgesetzten (E*) über Urgenz die Auskunft erhalten habe, er müsse seine Zeitaufzeichnungen nicht mehr abgeben.
Zur Klärung der Frage, welche der vertraglich geregelten Ansprüche des Klägers zur Abgeltung von (weiteren) Überstunden heranzuziehen sind stützte sich das Erstgericht auf den Wortlaut der im Dienstvertrag 2017 (Punkt 8.1.) und Dienstvertrag 2022 (Punkt 5.1.) getroffenen Vereinbarungen. Es berücksichtigte dabei die jeweils im Klammerausdruck erfolgte eindeutige Klarstellung, dass mit der (betragsmäßig festgelegten) Überstundenpauschale alle Überstunden vollständig abgegolten sind und ging zutreffend vom Vorliegen einer unechten Überstundenpauschale aus. Jedenfalls aber war für den Kläger und jeden verständigen Arbeitnehmer - wie das Erstgericht ebenfalls zutreffend erkannte - nicht klar erkennbar, dass auch (ausdrücklich) darüber hinaus (also zusätzlich zu dem laut Dienstvertrag aus einem monatlichen Grundlohn für die Normalarbeitszeit und einer alle Überstunden vollständig abgeltenden Überstundenpauschale bestehenden Entgelt) gewährte Ansprüche wie das (bereits laut KV zustehehende) aliquote 13. und 14. Gehalt „in der Höhe des Grundgehalts“ oder als freiwillige Leistungen der Beklagten bezeichnete Vergütungen wie der leistungs- und kompetenzabhängige Jahresbonus, eine Einmalprämie oder ein Treuebonus zur Abgeltung von Überstunden herangezogen werden sollten (zu diesem Erfordernis s Pfeil in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 10 AZG Rz 19 mwN). Die Rechtsansicht des Erstgerichts, im Ergebnis sei die Überzahlung im Rahmen des monatlichen Fixgehalts (nämlich des laut Dienstvertrag aus einem Grundlohn für die Normalarbeitszeit und einer Überstundenpauschale, mit welcher alle Überstunden vollständig abgegolten sind, bestehenden Entgelts) des Klägers im Vergleich zum kollektivvertraglichen Mindestlohn, der den Mindest-Grundlohn darstelle, zur Abgeltung sämtlicher Mehr-und Überstunden heranzuziehen, aus Sicht des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden.
3.4.Somit erweist sich die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts im Ergebnis auf Basis der getroffenen Feststellungen als nicht korrekturbedürftig, sodass der Berufung kein Erfolg beschieden sein konnte.
4. Kosten, Zulassung:
4.1. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO in Verbindung mit § 2 Abs 1 ASGG.
4.2. Die ordentliche Revision ist nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen in der von § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität nicht zu lösen waren. Das Berufungsgericht konnte sich an der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs orientieren.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)
