European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:009OBA00008.15I.0225.000
Spruch:
1. Der Rekurs der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
2. Den Revisionen und den Rekursen der beklagten Partei und der Nebenintervenientin wird jeweils keine Folge gegeben.
3. Die Kostenentscheidung ist der Endentscheidung vorbehalten.
Entscheidungsgründe:
Die Republik Österreich wurde im Amtshaftungsverfahren ***** des Landesgerichts Salzburg mit Urteil vom 1. Mai 2012 nach erfolgloser Berufung und erfolgloser Revision (1 Ob 250/12i) verurteilt, an den Ersatzwerber H***** H***** einen Betrag von 225.303,40 EUR samt Stufenzinsen und Prozesskosten von 112.723,31 EUR zu bezahlen. Grundlage für den Amtshaftungsanspruch war eine unrichtige Rechtsauskunft des Gerichtskommissärs Notar Dr. ***** V***** im Verlassenschaftsverfahren nach der am ***** 1998 verstorbenen B***** H*****, der geschiedenen Ehefrau des Ersatzwerbers und Mutter der zwei gemeinsamen minderjährigen Töchter (geboren 1983 und 1984). Im Vertrauen auf die Auskunft des Gerichtskommissärs verkaufte der Ersatzwerber, dem nach dem Tod der Mutter die Obsorge über die Töchter erteilt worden war, im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens die erbliche Wohnung der Töchter und tätigte mit dem Erlös Investitionen in den Bau eines neuen Hauses. Mangels pflegschaftsgerichtlicher Genehmigung mussten die Investitionen rückabgewickelt werden, wodurch dem Ersatzwerber der im Amtshaftungsverfahren zugesprochene Schaden entstand. Der dem Amtshaftungsverfahren als Nebenintervenient beigetretene Gerichtskommissär verstarb am 22. Oktober 2009. Sein Nachlass wurde mit Einantwortungsbeschluss vom 8. Mai 2012 zur Gänze der nunmehrigen Beklagten als erblicher Witwe mit der Rechtswohltat des Inventars eingeantwortet. Die Republik zahlte nach Abschluss des Amtshaftungsverfahrens am 29. März 2013 an den Ersatzwerber einen Betrag von 446.350,14 EUR.
Das vorliegende Verfahren betrifft die Regressforderung der Republik Österreich als Klägerin gegen die Witwe als Beklagte.
Auf der Grundlage der im Amtshaftungsverfahren ergangenen Urteile sowie nach Verlesung des Verlassenschafts‑ und des Pflegschaftsaktes stellte das Erstgericht im Wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Mit Beschluss vom 10. März 1999 wurden die je zur Hälfte des Nachlasses abgegebenen bedingten Erbserklärungen der beiden minderjährigen erblasserischen Töchter angenommen und dem Ersatzwerber als gesetzlichen Vertreter die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses über den PKW und zwei Girokonten erteilt.
Mit Kaufvertrag vom 6. Juli 1999 erwarb eine Käuferin von der Verlassenschaft die Eigentumswohnung der Verstorbenen um 2,3 Mio ATS. Im Kaufvertrag ist angeführt, dass die Verlassenschaft durch den mit der Verwaltung des Nachlasses betrauten Ersatzwerber vertreten wird. Weiter ist festgehalten, dass der Kaufpreis bis spätestens 27. August 1999 auf dem Treuhandkonto des Vertragserrichters gutgebucht sein müsse und er den Kaufpreis (unter näher genannten Voraussetzungen zur Wahrung der Rangordnung) an die verkaufende Partei weiter zu überweisen hat.
Mit Schriftsatz vom 6. Juli 1999 beantragte der Vertragserrichter die pflegschaftsbehördliche Genehmigung des Kaufvertrages und der Ranganmerkung der Veräußerung. Der Kaufvertrag wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 29. Juli 1999 abhandlungsgerichtlich genehmigt. Mit Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 20. Jänner 2000 wurde den erblasserischen Töchtern je zur Hälfte der Nachlass ihrer Mutter aufgrund ihrer bedingten Erbserklärung eingeantwortet.
Infolge des Einschreitens der Großmutter der beiden Töchter, die gerichtlich zu Protokoll gab, dass der Vater nach dem Tod ihrer Tochter die Eigentumswohnung verkauft und danach ein Haus gekauft habe, wurde mit Beschluss vom 28. März 2001 Rechtsanwalt Dr. ***** K***** zum besonderen Sachwalter zur Geltendmachung und Hereinbringung der Ansprüche der beiden minderjährigen Töchter gegen ihren Vater infolge Verwendung der ihnen gehörigen Barmittel bestellt.
In einem am 1. August 2001 abgeschlossenen prätorischen Vergleich verpflichtete sich der Vater, an seine Töchter zuhanden des Rechtsanwalts Dr. K***** bis 31. Juli 2002 einen Betrag von je 1.150.000 ATS samt 4 % Zinsen seit Oktober 1999 zu bezahlen. Für den Fall eines Verkaufes (eines Teils) der Liegenschaft innerhalb der Jahresfrist verpflichtete er sich zur Bezahlung binnen vier Wochen ab Erhalt des Verkaufserlöses. Weiter verpflichtete er sich, dem Rechtsanwalt zur Abgeltung seiner Mühewaltung binnen sechs Wochen 48.000 ATS zu bezahlen und die Gerichtsgebühren zu tragen. Der Vergleich wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 2. August 2011 pflegschaftsbehördlich genehmigt.
Mit beim Landesgericht Salzburg eingebrachter Amtshaftungsklage vom 6. Februar 2002 begehrte der Vater als Ersatzwerber von der Republik Österreich zuletzt 240.081,62 EUR als Schadenersatz sowie die Feststellung, dass die Republik Österreich ihm für sämtliche zukünftige Schäden aus dem rechtswidrigen und schuldhaften Verhalten der in den Verfahren ***** A ***** und ***** P ***** je Bezirksgericht Salzburg, beteiligten Organe des Bundes, Richter des Bezirksgerichts Salzburg Dr. ***** P***** sowie öffentlicher Notar Dr. ***** V***** in seiner Funktion als Gerichtskommissär hafte.
Als anspruchsbegründenden Sachverhalt stellte das Landesgericht Salzburg in jenem Verfahren fest, dass anlässlich der Tagsatzung zur Abgabe der Erbserklärungen am 17. Februar 1999 der Vater dem Gerichtskommissär erzählt hatte, die Wohnung der Verstorbenen verkaufen und den Erlös für den Hausbau auf seinem Grund verwenden zu wollen. Er wolle wissen, ob er dies dürfe. Er hatte die Austauschpläne für das neue Haus und die Pläne der alten Wohnung dabei. Er gab an, dass im neuen Haus fünf Wohnungen entstehen sollten, und er erklärte über Befragen des Gerichtskommissärs, dass nicht jede Tochter eine eigene Wohnung erhalten solle, sondern nur eine Wohnung für beide Töchter vorgesehen sei. Erst nach Ablauf der Kreditlaufzeit sollte auch die zweite Tochter eine Wohnung erhalten. Die Wohnung im Obergeschoss sollte von ihm und den beiden Töchtern bewohnt werden. Hinsichtlich der übrigen Wohnungen sei eine Vermietung geplant. Der Gerichtskommissär erwiderte, er müsse erst den Gerichtsusus abklären. Drei Wochen später ging der Vater erneut zum Gerichtskommissär, um die dort zurückgelassenen Pläne abzuholen. Der Gerichtskommissär erklärte ihm, das mit dem Hausbau gehe in Ordnung, er habe dies mit dem Gericht abgeklärt. Er forderte den Vater zur Beibringung eines Schätz- und Parifizierungsgutachtens auf, sagte ihm aber nicht, dass er vor Verwendung des Verkaufserlöses für den Hausbau eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung einzuholen habe.
Ohne die unrichtige Belehrung des Gerichtskommissärs wäre das Haus zunächst nicht gebaut und die abhandlungsunterworfene Wohnung nicht verkauft worden. Die ältere Tochter wäre als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen worden, zugunsten der anderen Tochter wäre ein Pfandrecht, ein dingliches Wohnungsgebrauchsrecht oder ein Belastungs‑ und Veräußerungsverbot eingetragen worden. Der Vater hätte ab März 2000 bis Ende 2003 die Instandhaltungs‑ und Betriebskosten dieser Wohnung bezahlt. Miete hätten die beiden minderjährigen Töchter nicht bezahlt. Nach Erreichung der Volljährigkeit der jüngeren Tochter im November 2002 wäre mit dem Hausbau begonnen worden, das Haus wäre dann nach einem Jahr fertiggestellt gewesen.
Dem Gerichtskommissär wurde sein Verhalten als Verschulden angelastet. Er hätte den Vater darauf hinzuweisen gehabt, dass er vor Verwendung des Erlöses aus dem Verkauf der Eigentumswohnung eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung einholen müsse. Keinesfalls hätte er beim Vater den Glauben erwecken dürfen, dass das Gericht dem Hausbau zugestimmt habe. Er habe sich nämlich im Klaren sein müssen, dass der rechtsunkundige Vater seiner Belehrung vertrauen und dementsprechend rechtsgeschäftliche Erklärungen abgeben würde. Ein Mitverschulden des Vaters sowie eine Verletzung der Schadensminderungspflicht wurden verneint. Im zweiten Rechtsgang wurde die Republik Österreich daher zur Zahlung von 225.303,40 EUR samt Stufenzinsen und Kosten verpflichtet, die Haftung der Republik Österreich für sämtliche zukünftigen Schäden aus dem rechtswidrigen und schuldhaften Verhalten des Gerichtskommissärs festgestellt und das Mehrbegehren von 14.778,22 EUR abgewiesen. Das Begehren auf Feststellung der Haftung der Republik Österreich für Schäden aus dem Verhalten des Verlassenschafts‑ und Pflegschaftsrichters war bereits im ersten Rechtsgang rechtskräftig abgewiesen worden. Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Republik Österreich und des Nebenintervenienten auf Seiten der Republik Österreich wurde nicht Folge gegeben. Die Revisionen der Republik Österreich und der Nebenintervenientin wurden mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 7. März 2013, 1 Ob 250/12i, zurückgewiesen.
Die Republik Österreich zahlte mit Buchungsdatum 26. März 2013 einen Betrag von 446.350,14 EUR an den Rechtsvertreter des Vaters.
Der Nachlass des am 22. Oktober 2009 verstorbenen Gerichtskommissärs wurde der Beklagten mit Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 8. Mai 2012 eingeantwortet. Sie hat eine bedingte Erbserklärung abgegeben. Die Aktiva betragen 178.439,13 EUR, die Passiva 99.983,47 EUR. Der reine Nachlass beträgt 78.455,66 EUR.
Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Regressklage (§ 3 AHG) von der Beklagten einen Betrag von 231.152 EUR sA, der sich aus einer Kapitalforderung von 225.303,40 EUR, Zinsen von 24.985,80 EUR und Kosten von 38.650,68 EUR, insgesamt 288.939,88 EUR, abzüglich einer vorweggenommenen richterlichen Mäßigung von 57.787,88 EUR zusammensetzt, sowie die Feststellung, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin für alle Aufwendungen hafte, die die Klägerin aus Anlass des rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens des Gerichtskommissärs im Verfahren ***** A ***** des Bezirksgerichts Salzburg nach den Bestimmungen des AHG erbringe oder zu erbringen habe. Er habe es im Verlassenschaftsverfahren unterlassen, den Vater darauf hinzuweisen, dass vor Verwendung des erblichen Vermögens eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung einzuholen sei. Stattdessen habe er ihn im Glauben gelassen, dass das Gericht der geplanten Vorgangsweise zustimmen würde. Das Verhalten des Gerichtskommissärs sei rechtswidrig und grob fahrlässig gewesen. Seine Berufshaftpflichtversicherung habe die geltend gemachte Forderung weder anerkannt noch beglichen. Der Klagsbetrag hafte seit 31. Juli 2013 unberichtigt aus. Gemäß § 49a ASGG stünden Zinsen in Höhe von 9,08 % zu. Aufgrund des rechtswidrigen und grob fahrlässigen Verhaltens des Gerichtskommissärs hätten die Töchter der Verstorbenen weitere Amtshaftungsansprüche geltend gemacht, die zu ***** beim Landesgericht Salzburg anhängig seien. Es müsse daher mit weiteren Regressansprüchen gerechnet werden. Darüber hinaus sei im Amtshaftungsverfahren festgestellt worden, dass die nunmehrige Klägerin gegenüber dem Vater für sämtliche zukünftigen Schäden aus dem rechtswidrigen und schuldhaften Verhalten des Notars im Verlassenschaftsverfahren in seiner Funktion als Gerichtskommissär hafte.
Im AHG sei auch ein Regress gegenüber den Erben vorgesehen. Auch aus § 1337 ABGB ergebe sich, dass passive Schadenersatzansprüche vererblich seien. Der Gerichtskommissär sei dem Amtshaftungsverfahren als Nebenintervenient beigetreten und habe die Möglichkeit gehabt, sämtliche Einwendungen zu erheben und Vorbringen zu erstatten. Die Beklagte sei an den Spruch und die Feststellungen im Amtshaftungsverfahren gebunden. Eine Haftung der Klägerin für das Verhalten des Pflegschaftsrichters sei ausdrücklich verneint worden, das darauf gestützte Feststellungsbegehren sei abgewiesen worden. Auch eine Haftung des Vertragserrichters scheide aus, weil der Vertrag pflegschaftsgerichtlich genehmigt worden sei. Ohne die Auskunft des Gerichtskommissärs wäre es nicht zum Schaden gekommen. Für die Beurteilung der Haftung sei nicht das reine Nachlassvermögen heranzuziehen, sondern die Summe der Aktiva, die 178.439,13 EUR betragen hätten.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und wandte ein, dass der Rückersatzanspruch nach § 3 AHG erst nach Zahlung durch den Rechtsträger entstehe und höchstpersönlich nur gegen jene Personen gerichtet werden könne, die als Organe gehandelt hätten. Aufgrund des Ablebens des Gerichtskommissärs am 22. Oktober 2009, also lange vor der Zahlung durch die Klägerin, könne ein Rückersatzanspruch gegen die Erbin nicht geltend gemacht werden. Selbst wenn dies der Fall wäre, könne die Beklagte sämtliche Einwendungen erheben, die gegen den Amtshaftungsanspruch des Vaters im Vorprozess möglich gewesen und nicht vorgetragen worden seien, denn gemäß § 5 AHG seien im Regressprozess nur jene Einwendungen ausgeschlossen, die vom Rechtsträger im Vorprozess ausgeführt worden seien. Im Vorprozess seien keine Einwendungen zur Schadenshöhe, zur Begründung des Feststellungsanspruchs, zum Mitverschulden des dortigen Klägers, zum Vertrauen des Gerichtskommissärs auf die korrekte Abwicklung des Kaufvertrags über die erblasserische Eigentumswohnung und die Sicherung des Kaufpreises für die Erben sowie zum Verschulden anderer Organe, insbesondere betreffend die Genehmigung des Kaufvertrags, bei dem eine Sicherstellung des Kaufpreises zugunsten der Verlassenschaft unterblieben sei, erhoben worden. Der Kaufvertrag vom 6. Juli 1999 zwischen der Verlassenschaft nach B***** H***** und der Käuferin über die erbliche Eigentumswohnung sei vom Bezirksgericht Salzburg abhandlungsbehördlich genehmigt worden. Der Vertragserrichter hätte dafür sorgen müssen, dass der Kaufpreis an eine vom Verlassenschaftsgericht legitimierte Person ausbezahlt und mündelsicher angelegt werde. Selbst unter Zugrundelegung der Feststellungen im Vorprozess sei lediglich von einem minimalen Verschulden des Gerichtskommissärs auszugehen. Der Mäßigungspflicht des Gerichts nach § 3 Abs 2 AHG sei mit dem Mäßigungsansatz in der Klage keinesfalls Rechnung getragen worden. Auch die geltend gemachte Schadenshöhe und das Feststellungsbegehren im Vorprozess würden bestritten. Im Regressprozess sei es der Beklagten nicht verwehrt, das Allein-, in eventu Mitverschulden des Ersatzwerbers geltend zu machen, weil dies von der Klägerin als Beklagte im Amtshaftungsverfahren nicht ordnungsgemäß vorgebracht worden sei. Dem Vater sei im Verlassenschaftsverfahren lediglich die Besorgung und Verwaltung über den PKW und zwei Girokonten erteilt worden, nicht jedoch auch für die erblasserische Wohnung. Der Vertragserrichter hätte vorsehen müssen, dass der Kaufpreis nicht ohne Genehmigung des Pflegschaftsgerichts an den Vater gelange. Erst die mit den Grundsätzen des Pflegschaftsrechts unvereinbare Abwicklung habe den Schaden herbeigeführt, dafür sei der Gerichtskommissär nicht verantwortlich gewesen. Bei ordnungsgemäßer Abwicklung hätten der Beginn und die Umsetzung des Immobilienprojekts noch rechtzeitig gestoppt werden können. Die im Vorprozess getroffene (unzutreffende) Feststellung, wonach der Gerichtskommissär dem Vater erklärt habe, das mit dem Hausbau gehe in Ordnung, er habe dies mit dem Gericht abgeklärt, könne daher nur bis zu jenem Zeitpunkt rechtliche Relevanz entfalten, als sich der Vertragserrichter und das Pflegschaftsgericht pflichtwidrig mit einer Kaufpreisumsetzung einverstanden erklärt hätten, bei der die Sicherstellung des Kaufpreises zugunsten der Kinder nicht vorgesehen gewesen sei. Für den Zeitraum danach sei die Wirksamkeit, Kausalität und Relevanz dieser festgestellten Erklärung nicht mehr gegeben gewesen, weil sie vom späteren Fehlverhalten anderer Personen überholt worden sei. Überdies habe der Gerichtskommissär keine rechtsverbindliche Auskunft dahingehend erteilt, auf welche Weise der Vater den Hausbau finanziell umsetzen könne. Im Übrigen habe die Beklagte eine bedingte Erbserklärung abgegeben. Die Haftung sei daher mit dem Wert der Verlassenschaft beschränkt. Der reine Nachlass habe ca 78.000 EUR betragen.
Die auf Seiten der Beklagten als Nebenintervenientin dem Streit beigetretene Berufshaftpflichtversicherung des verstorbenen Gerichtskommissärs bestritt ebenso das Bestehen des Rückersatzanspruchs, weil die Zahlung der Republik Österreich erst nach dem Tod des Organs erfolgt sei. Eine Bindungswirkung des Amtshaftungsverfahrens gegenüber der Beklagten, die an keinem bisherigen Verfahren beteiligt gewesen sei, bestehe nicht. Selbst wenn sie die Bindungswirkung „geerbt hätte“, könne sie gemäß § 5 AHG dem Anspruch auf Rückersatz alle Einwendungen entgegensetzen, die der Rechtsträger nicht ausgeführt habe. Die Republik Österreich als Hauptpartei und das Organ als Nebenintervenient hätten im Amtshaftungsprozess durchaus gegenläufige Interessen gehabt, weil die Republik zwar zufrieden sei, dass die Gerichte nicht von einem Verschulden des Pflegschaftsrichters ausgegangen seien, der Notar aber nicht, denn eine Mithaftung hätte seine Haftung reduziert. Das gleiche gelte für die Mithaftung des Vertragserrichters. Eine Bindungswirkung trotz gegenläufiger Interessen vertrage sich nicht mit den Schutzpflichten der Republik gegenüber ihren Organen, die auch dem AHG innewohnten. Eine allfällige Bindungswirkung betreffe nicht die Schuldform, ein allfälliges Verschulden des Gerichtskommissärs sei im Regressprozess neu zu beurteilen. Er habe seine Aufgabe als Gerichtskommissär ordnungsgemäß erfüllt. Zu den unrichtigen ihn belastenden Urteilen und Feststellungen sei es nur gekommen, weil das Vorverfahren nicht zielführend geführt worden sei. Insbesondere sei es unterlassen worden, den Mitverschuldenseinwand und die Verletzung der Schadensminderungspflicht im ersten Rechtsgang des Amtshaftungsverfahrens ordnungsgemäß auszuführen, sodass deren Behandlung im zweiten Rechtsgang durch alle Instanzen abgelehnt worden sei. Soweit nicht ein Verschulden des Ersatzwerbers festgestellt werden sollte, treffe das Alleinverschulden ‑ jedenfalls das überwiegende Mitverschulden ‑ den Verfasser des Kaufvertrags über die erbliche Wohnung sowie den damaligen Richter des Bezirksgerichts Salzburg, der sowohl Pflegschafts‑ als auch Verlassenschaftsrichter in einer Person gewesen sei, und die zuständige Rechtspflegerin. Jeder von ihnen hätte dafür zu sorgen gehabt, dass der Kaufpreis vorerst gesperrt und erst dann freigegeben werde, wenn eine rechtskräftige pflegschaftsbehördliche Bewilligung für die vorgesehene Verwendung vorliege. Auch die Höhe des Schadens werde bestritten. Die in der Klage vorgenommene Mäßigung sei zu gering. Der Klägerin stünden mangels Anwendbarkeit des § 49a ASGG und wegen vertretbarer Rechtsansicht auch nicht Zinsen in Höhe von 9,08 % zu.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Unter Berufung auf Schragel , AHG 3 Rz 290, führte es aus, der Rückersatzanspruch nach § 3 AHG entstehe erst mit der Zahlung des Rechtsträgers an den Geschädigten. Da die Zahlung der Klägerin erst am 26. März 2013 erfolgt sei, der Notar jedoch schon am 22. Oktober 2009 verstorben sei, sei im Zeitpunkt seines Todes der Rückersatzanspruch gegen ihn noch nicht existent gewesen und daher auch nicht auf den Nachlass bzw die Erbin übergegangen.
Mit dem angefochtenen Teilurteil gab das Berufungsgericht der dagegen erhobenen Berufung der Klägerin teilweise Folge und verpflichtete die Beklagte, der Klägerin 78.455,66 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. August 2013 zu zahlen, bestätigte aber die Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens von 5,08 %. Im Übrigen hob es das Ersturteil zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Auch wenn der Rückersatzanspruch gegen den Organwalter erst mit der Zahlung an den Geschädigten entstehe, ändere dies nichts daran, dass der Rechtsgrund dafür in haftungsbegründenden Umständen vor dem Tod des Erblassers gelegen sei. Erblasserschulden seien solche, die zu Lebzeiten des Erblassers bestanden hätten oder wenigstens dem Rechtsgrund nach entstanden seien, auch wenn sie erst später fällig würden. Dazu gehörten auch Verbindlichkeiten, die nach dem Tod des Erblassers entstanden seien, wenn die für ihre Entstehung notwendigen Voraussetzungen seitens des Erblassers bereits vor dem Erbfall gegeben gewesen seien, soweit die die Haftung begründenden Umstände vor dem Tod des Erblasser vorgelegen und der Schaden erst nachher eingetreten sei. Die Beklagte hafte daher grundsätzlich für die Regressansprüche der Klägerin.
Der Organwalter bzw später die Verlassenschaft seien dem Rechtsstreit als Nebenintervenient beigetreten gewesen, die Wirkung der Nebenintervention erstrecke sich daher auch auf die Beklagte. Aus diesem Grund könne sie keine Einwendungen erheben, die mit den Feststellungen im Vorprozess in Widerspruch stünden. Die Beklagte könne daher keine auf das Mitverschulden des Geschädigten gegründeten Einwendungen erheben. Die Beklagte könne daher das Allein- bzw Mitverschulden anderer Personen, die nicht Organstellung gehabt hätten (Vater, Vertragserrichter, Kollisionskurator), nicht mehr einwenden und Einwendungen zur Schadenshöhe nicht mehr erheben, weil der Amtshaftungsschaden bei Erfolg derartiger Einwendungen abgewendet oder reduziert werden hätte können. Anders verhalte es sich bei Einwendungen, die „Mitorgane“ betreffen, weil die Klägerin im Vorprozess ein Interesse daran gehabt habe, dass allen Organwaltern kein schuldhaftes Verhalten nachgewiesen werde. Dazu hätte sich der als Nebenintervenient beigetretene Organwalter aber nicht in Widerspruch setzen können. Solches Vorbringen hätten aber weder die Beklagte noch die Nebenintervenientin erstattet.
Da die Beklagte die Erbschaft bedingt angetreten habe, hafte sie nur in der Höhe des reinen Nachlasses, diesbezüglich liege Entscheidungsreife vor. Darüber hinaus komme eine Klage auf Zahlung nur bei sonstiger Exekution in den Deckungsanspruch gegen die Nebenintervenientin in Frage. Dazu seien aber keine Feststellungen getroffen worden. Sie würden noch zu ergänzen sein.
Das Berufungsgericht ließ die Revision und den Rekurs zur Frage zu, ob der Regressanspruch in dem Fall, dass der Organwalter versterbe, bevor der Rechtsträger dem Geschädigten Ersatz geleistet habe, iSd § 3 AHG bereits „entstanden“ sei.
Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionen der Beklagten und der Nebenintervenientin sowie die Rekurse aller Parteien.
Die Beklagte und die Nebenintervenientin beantragen in ihren Revisionen und Rekursen jeweils die Abänderung der Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung; in eventu stellen sie jeweils einen Aufhebungsantrag.
Die Klägerin beantragt die Abänderung des Aufhebungsbeschlusses im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens um weitere 152.696,34 EUR.
In ihren Rechtsmittelbeantwortungen beantragen die Streitteile jeweils, den Rechtsmitteln der Gegenseite keine Folge zu geben.
Die Nebenintervenientin beantragt, den Rekurs der Klägerin zurück- oder abzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsmittel der Beklagten und der Nebenintervenientin sind jeweils zulässig, jedoch nicht berechtigt.Der Rekurs der Klägerin ist unzulässig.
I. Zu den Revisionen und Rekursen der Beklagten und der Nebenintervenientin
Aus Zweckmäßigkeitsgründen werden die von der Beklagten und der Nebenintervenientin aufgeworfenen Revisions‑ und Rekursgründe gemeinsam behandelt.
1. Rückersatzanspruch des Rechtsträgers gegen den Rechtsnachfolger eines vor Zahlung des Rechtsträgers verstorbenen Organs
Die Beklagte und die Nebeninterventin sind der Ansicht, dass der Rückersatzanspruch der Klägerin iSd § 3 AHG erst nach dem Tod des Gerichtskommissärs entstanden sei und damit nicht mehr zu seinem Nachlass gehört habe. Die Beklagte treffe daher keine Haftung.
1.1. Das Amtshaftungsrecht nimmt eine schadenersatzrechtliche Sonderstellung ein:
Art 23 Abs 1 B‑VG verpflichtet den Bund, die Länder, die Gemeinden und die sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts zur Haftung für den Schaden, den die als ihre Organe handelnden Personen in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten wem immer schuldhaft zugefügt haben.
Gemäß Art 23 Abs 2 B‑VG sind Personen, die als Organe eines im Abs 1 bezeichneten Rechtsträgers handeln, ihm, soweit ihnen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, für den Schaden haftbar, für den der Rechtsträger dem Geschädigten Ersatz geleistet hat.
Die Regelung ist in Zusammenhang mit dem rechtsstaatlichen Prinzip zu sehen (Mayer/Muzak, B-VG5 Vorb zu Art 23 mwN). Regelungsgegenstand dieser Verfassungsbestimmung ist die Haftung des Rechtsträgers für hoheitliches Handeln („in Vollziehung der Gesetze“). Die konkrete Ausgestaltung der Haftung im Amtshaftungsgesetz richtet sich jedoch nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts (s § 1 Abs 1 AHG; AB 515 BlgNR V. GP 1 f).
Gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 zweiter Halbsatz AHG besteht der Ersatzanspruch des Geschädigten ausschließlich gegenüber dem Rechtsträger, nicht aber gegenüber dem Organ selbst („dem Geschädigten haftet das Organ nicht.“). Zufolge der Erläuterungen (aaO S 3) wurde der Geschädigte mit dem Ersatzanspruch gegenüber dem Rechtsträger als ausreichend gesichert angesehen. Objektiv sichert die Beschränkung des Ersatzanspruchs auf den Rechtsträger aber auch die hoheitliche Tätigkeit als solche ab, weil ein Organ in Vollzug der Gesetze insofern frei von der Drohung einer Direktklage eines Rechtsunterworfenen agieren kann (vgl Eypeltauer/Strasser, Die Haftung der Organe und der Bediensteten der Gemeinden [1987] 96). Diese Immunisierung des handelnden Organs wird auch verfahrensrechtlich abgesichert: Eine gegen das Organ gerichtete Klage des Geschädigten ist mangels Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs zurückzuweisen (s § 9 Abs 5 AHG). Richtig weisen die Beklagte und die Nebenintervenientin daher darauf hin, dass das Organ selbst ‑ anders als etwa ein deliktisch schädigender Dienstnehmer oder einer von mehreren solidarisch haftenden Schädigern ‑ vom Geschädigten nicht in Anspruch genommen werden kann.
1.2. Für den Rückersatzanspruch des Rechtsträgers gegen das schädigende Organ sieht § 3 Abs 1 und 2 AHG Folgendes vor:
(1) Hat der Rechtsträger dem Geschädigten aufgrund dieses Bundesgesetzes den Schaden ersetzt, so kann er von den Personen, die als seine Organe gehandelt und die Rechtsverletzung vorsätzlich oder grobfahrlässig verübt oder verursacht haben, Rückersatz begehren.
(2) Hat das Organ die Rechtsverletzung grobfahrlässig verübt oder verursacht, so kann das Gericht aus Gründen der Billigkeit den Rückersatz mäßigen. Dabei hat das Gericht insbesondere auf die in § 2 Abs 2 des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes, BGBl Nr 80/1965, angeführten Umstände sinngemäß Bedacht zu nehmen.
Die Verbindlichkeit des schädigenden Organs zum Rückersatz ist keine höchstpersönliche Verbindlichkeit, sind doch gemäß § 14 AHG die Bestimmungen des verfahrensrechtlichen Abschnitts des AHG auch dann anzuwenden, „wenn der Rückersatzanspruch des Rechtsträgers gegen den Nachlass oder die Erben eines Organes geltend gemacht wird“.
1.3. Zur Frage, ob der Nachlass bzw die Erben bei einer nach dem Tod des Organs erfolgenden Zahlung des Amtshaftungsschadens durch den Rechtsträger ersatzpflichtig sind, führten Loebenstein/Kaniak noch in der ersten Auflage ihres AHG‑Kommentars (AHG [1951] 131) aus, die Rückersatzpflicht sei durch die schädigende Handlung des Erblassers, der als Organ gehandelt habe, entstanden, möge sie auch erst nach seinem Tode erhoben werden.
Demgegenüber vertritt Schragel (Kommentar zum Amtshaftungsgesetz3 [2003] § 14 Rz 290) unter Hinweis auf § 3 Abs 1 AHG, dass der Rückersatzanspruch erst mit der Zahlung des Rechtsträgers an den Geschädigten entstehe. Sei das Organ vorher verstorben, sei ein Rückersatzanspruch gegen dieses noch nicht entstanden und könne daher auch nicht mehr gegen den Nachlass bzw die Erben geltend gemacht werden, weil es sich bis zur Zahlung durch den Rechtsträger an den Geschädigten nicht um eine Verbindlichkeit des Erblassers handle. Erblasserschulden seien zwar auch Verbindlichkeiten, die zu Lebzeiten des Erblassers dem Grunde nach entstanden seien. Gerade dies treffe aber bei einem zu Lebzeiten des Organs noch nicht entstandenen Rückersatzanspruch nicht zu.
1.4. Der erkennende Senat vermag sich der Ansicht von Schragel nicht anzuschließen:
Ausweislich der Erläuterungen (515 BlgNR V. GP AB 3) soll sich nicht nur der Ersatzanspruch gegenüber dem Rechtsträger, sondern auch der Rückersatzanspruch des Rechtsträgers gegen das Organ nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts richten, soweit das AHG keine besonderen Vorschriften enthält. § 14 AHG stellt keine solche Sonderbestimmung dar, weil darin lediglich die Geltung der verfahrensrechtlichen Vorschriften des AHG für die Durchsetzung von Ersatz- und Regressansprüchen angeordnet ist.
1.5. Der Regressanspruch nach § 896 ABGB ist seinem Wesen nach umstritten, weil er zum Teil als eigenständige, materiell als Aufwandsersatzanspruch zu deutende Anspruchsgrundlage, zum Teil aber auch als Anwendungsfall der Legalzession iSd § 1358 ABGB gesehen wird (s zum Diskussionsstand Perner in Klang 3 ABGB § 896 Rz 3 ff; P. Bydlinski in KBB4 § 896 Rz 4 mwN). Die Rechtsprechung erachtet ihn als selbständigen Anspruch, dessen Art und Umfang sich nach dem zwischen den Streitteilen bestehenden „besonderen Verhältnis“ richtet (s RIS‑Justiz RS0122266; RS0017522). Dieses kann auf rechtsgeschäftlichen Beziehungen zwischen den Mitschuldnern beruhen, aber auch auf schadenersatzrechtlichen Verflechtungen und sonstigen Umständen, die im konkreten Fall ein Abweichen vom Rückgriff nach Kopfteilen rechtfertigen (RIS‑Justiz RS0017522 [T2]).
1.6. Auch nach den Regeln des bürgerlichen Rechts kommt ein Regressanspruch erst in Frage, wenn der Solidarschuldner „die ganze Schuld aus dem Seinigen abgetragen hat“ (§ 896 ABGB; vgl auch § 1358 ABGB). Dementsprechend geht die Rechtsprechung auch im Rahmen des § 896 ABGB davon aus, dass der Rückersatzanspruch noch nicht mit dem Schaden des Dritten selbst oder mit der Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs durch den geschädigten Dritten, sondern erst dann „entsteht“, wenn und soweit der in Anspruch genommene Teil dem Dritten tatsächlich Ersatz geleistet hat (RIS‑Justiz RS0028394; s auch RS0038121; RS0017519). Dies ist jedoch primär in einem verjährungsrechtlichen Kontext zu sehen (s RIS‑Justiz RS0017390; vgl auch RS0028389) und hat keinen erbrechtlichen Hintergrund. Aus dem „Entstehen“ der Regressschuld ist für die vorliegende Frage daher nichts zu gewinnen. Die Rechtsprechung zeigt vielmehr, dass der Regressanspruch auch schon vor der Zahlung des Regressberechtigten kein „rechtliches Nichts“ ist: Bei potentiellen Rückgriffsansprüchen sind sowohl der Rechtsgrund als auch der rechtserzeugende Tatbestand zum Teil gegeben. Folgerichtig werden sie nach ständiger Rechtsprechung als bedingte Forderungen behandelt (RIS‑Justiz RS0084550 [T1]; s auch RIS‑Justiz RS0017359: „durch die tatsächliche Leistung aufschiebend bedingt“) und sind auch pfändbar (RIS‑Justiz RS0004018; RS0084550).
1.7. Das kann für den Rückersatz eines Amtshaftungsschadens nicht anders gelten. Der Umstand, dass von vornherein kein unmittelbarer Anspruch des Geschädigten gegen den Schädiger besteht, vermag nämlich nicht darüber hinwegzutäuschen, dass der Regressanspruch seine Ursache in einem rechtswidrigen und schuldhaften schädigenden Verhalten eines Organs und in der Folge in der Ersatzpflicht des Rechtsträgers hat.
1.8. In den Nachlass des Erblassers fallen nicht nur solche Rechte und Rechtsverhältnisse, die beim Tode des Erblassers bereits voll ausgebildet vorhanden sind. Da die Erbfolge eine Gesamtrechtsnachfolge begründet, sind darunter auch alle rechtlichen Positionen zu verstehen, aus denen solche Rechte und Rechtsverhältnisse künftig entstehen, untergehen oder sich ändern können. Mit dem Nachlass gehen daher auch die „unfertigen“, noch werdenden oder schwebenden Rechtsbeziehungen, also auch bedingte und künftige Rechte, Bindungen und Lasten, auf den Erben über (Kralik,Erbrecht [1983] 10). Erblasserschulden sind daher solche, die zu Lebzeiten des Erblassers bestanden haben oder wenigstens dem Rechtsgrund nach entstanden sind, auch wenn sie später fällig werden. Dazu gehören auch Verbindlichkeiten, die nach dem Tod des Erblassers entstanden sind, wenn die für ihre Entstehung notwendigen Voraussetzungen seitens des Erblassers bereits vor dem Erbfall gegeben waren, soweit die die Haftung begründenden Umstände vor dem Tod des Erblassers vorlagen und der Schaden erst nachher eingetreten ist. Das Gleiche gilt für aufschiebend bedingte Verpflichtungen des Erblassers, wenn zum Todeszeitpunkt die Bedingung noch nicht eingetreten war (Ferrari in Ferrari/Likar‑Peer, Erbrecht [2007] 484 mwN; Spruzina in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.01 § 801 Rz 4).
1.9. Auch Verbindlichkeiten aus Schadenersatz-ansprüchen sind vererblich (§ 1337 ABGB), und zwar auch dann, wenn die schädigende Handlung vor dem Tod, der Erfolg aber erst nachher eingetreten ist (Reischauer in Rummel ABGB3 § 1337 Rz 1; Danzl in KBB4 § 1337 Rz 1 ua). Auch nach der Rechtsprechung sind vermögensrechtliche Rechte und Pflichten im Allgemeinen vererblich (RIS‑Justiz RS0012194), wobei unter Rechte und Verbindlichkeiten auch solche rechtlichen Positionen des Erblassers verstanden werden, aus denen Rechte und Rechtsverhältnisse künftig entstehen, untergehen oder sich ändern können (6 Ob 263/03z; s auch 2 Ob 281/00p für vor dem Tod des Erblassers von diesem gesetzte Störungshandlungen). Das trifft auch auf einen Regressanspruch nach dem AHG zu, weil auch hier der für den Anspruch rechtserzeugende Sachverhalt schon in der Schadenszufügung durch das Organ und der Inanspruchnahme des Rechtsträgers liegt, mag er sich auch erst durch die Leistung des Rechtsträgers als klagbarer Anspruch gegenüber dem Organ bzw seinen Rechtsnachfolgern manifestieren.
1.10. Die gegenteilige Lösung hätte auch zur Folge, dass die Zufälligkeit des Todeszeitpunkts den Regressanspruch bestimmt (Haftung des Nachlasses, wenn das Organ die Zahlung durch den Rechtsträger erlebt; keine Haftung, wenn es vor Zahlung stirbt). Es ist aber kein Grund dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber dieses Ergebnis in Kauf nehmen und die Erben eines schuldtragenden Organs abhängig vom Zeitpunkt des Todes des Organs begünstigen wollte. Für eine solche Differenzierung gibt es auch keine sachlichen Anhaltspunkte.
1.11. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die Rechtsposition eines rechtswidrig und schuldhaft (vorsätzlich oder grob fahrlässig) handelnden Organs auch dann als vererblich anzusehen ist, wenn es den Zeitpunkt der Leistung durch den zum Ersatz des Amtshaftungsschadens ersatzpflichtigen Rechtsträger nicht mehr erlebt.
2. Grobe Fahrlässigkeit
Die Beklagte und die Nebenintervenientin richten sich auch gegen die Annahme eines groben Verschuldens des Gerichtskommissärs. Diese Frage ist im Regressprozess eigenständig überprüfbar, weil der Ersatzanspruch im Amtshaftungsprozess keiner Differenzierung nach dem Grad des Verschuldens bedurfte.
2.1. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die Sorgfaltswidrigkeit so schwer wiegt, dass sie einem ordentlichen Menschen in dieser Situation nicht unterlaufen wäre, wobei insbesondere auch die Gefährlichkeit der Situation und der Wert der gefährdeten Interessen zu berücksichtigen sind (s nur Karner in KBB ABGB4 § 1294 Rz 11 mwN). Ähnlich nimmt die Rechtsprechung grobe Fahrlässigkeit an, wenn eine außergewöhnliche und auffallende Vernachlässigung einer Sorgfaltspflicht vorliegt und der Eintritt des Schadens als wahrscheinlich und nicht bloß als möglich voraussehbar ist (RIS‑Justiz RS0030644; s auch RS0030303 ua). Bei Sachverständigen findet der Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB Anwendung.
2.2. Nach dem im Amtshaftungsverfahren festgestellten Sachverhalt hat der Gerichtskommissär den rechtsunkundigen Vater der minderjährigen Erbinnen nicht darüber aufgeklärt, dass der Verkaufserlös der erblasserischen Wohnung, der dem Nachlass und in der Folge den Erbinnen zugute zu kommen hatte, nicht ohne Weiteres vom Vater für sein eigenes Bauvorhaben verwendet werden konnte, sondern dafür eine pflegschaftsbehördliche Genehmigung einzuholen gewesen wäre. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass sich bei einem derart weitreichenden Investitionsvorhaben des Vaters mit dem Mündelgeld seiner Töchter die Notwendigkeit einer pflegschaftsbehördlichen Genehmigung geradezu aufdrängen musste. Die uneingeschränkte Information, dass „das mit dem Hausbau in Ordnung“ ginge, stellte insofern eine ungewöhnliche Vernachlässigung der von einem Notar zu erwartenden Sorgfalt bei der Aufklärung des rechtsunkundigen Vaters dar.
2.3. In ihren Rechtsmittelschriften erachten es die Beklagten und die Nebenintervenientin als Verfahrensmangel, dass das Berufungsgericht diese Beurteilung vornahm, obwohl es aus dem Amtshaftungsverfahren lediglich das Urteil verlesen habe und dazu kein eigenes Beweisverfahren durchgeführt worden sei.
Das Berufungsgericht hatte aufgrund der Bindungswirkung des Amtshaftungsurteils (s dazu sogleich) jedoch davon auszugehen, dass der Gerichtskommissär dem Vater tatsächlich die haftungsbegründende Auskunft gegeben hatte. Diese Tatsache wird auch nicht mit dem Vorbringen der Beklagten und der Nebenintervenientin in Frage gestellt, dass den Vertragserrichter und die Gerichtsorgane das (Allein-)Verschulden an den Vermögensschäden des Vaters treffe. Die Frage der Schwere des der Auskunftserteilung anhaftenden Sorgfaltsverstoßes als leicht oder grob fahrlässig ist eine solche der rechtlichen Beurteilung.
3. Bindungswirkung des Rechtsnachfolgers im Regressprozess
Die Beklagte bekämpft die Ansicht des Berufungsgerichts, dass ihr jene Einwendungen, die das Allein- oder Mitverschulden anderer Personen, die nicht Organstellung haben, oder Einwendungen zur Schadenshöhe abgeschnitten seien. Auswirkungen der Nebenintervention würden sich nur auf jene Einwendungen des Rechtsträgers im Vorprozess beziehen, die dieser tatsächlich erhoben habe. Einwendungen, die das Organ als Nebenintervenient hätte erheben können, aber nicht erhoben habe, seien daher nicht ausgeschlossen. Diese Argumentation berücksichtigt die genannten Wirkungen der Nebenintervention nicht ausreichend:
3.1. Allgemein erstrecken sich die Wirkungen eines materiell-rechtskräftigen zivilgerichtlichen Urteils soweit auf den einfachen Nebenintervenienten und denjenigen, der sich am Verfahren trotz Streitverkündung nicht beteiligte, als diese Personen als Parteien eines als Regressprozess geführten Folgeprozesses keine rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Einreden erheben dürfen, die mit den notwendigen Elementen der Entscheidung des Vorprozesses im Widerspruch stehen. In diesem Rahmen sind sie daher an die ihre Rechtsposition belastenden Tatsachenfeststellungen im Urteil des Vorprozesses gebunden, sofern ihnen in jenem Verfahren unbeschränktes rechtliches Gehör zustand (RIS‑Justiz RS0107338).
3.2. Gemäß § 5 AHG kann das Organ dem Anspruch auf Rückersatz alle Einwendungen entgegensetzen, die der Rechtsträger nicht ausgeführt hat, und sich dadurch von dem Rückersatz in dem Maß befreien, als diese Einwendungen, wenn von ihnen gehörig Gebrauch gemacht worden wäre, eine andere Entscheidung über das Schadenersatzbegehren veranlasst haben würden. Schragel, AHG3 § 5 Rz 218, leitet daraus ab, dass eine Bindung des Organwalters an die Ergebnisse des Amtshaftungsprozesses nur insofern eintritt, als es um dort bereits erhobene Einwendungen geht. Die Bestimmung spricht nur von solchen Einwendungen, die der Rechtsträger nicht ausführte. Sie hat damit offensichtlich eine Konstellation vor Augen, in der keine Nebenintervention durch das Organ erfolgte, nicht aber jene einer Prozessbeteiligung des Organs als Nebenintervenient, als der es alle den Amtshaftungsanspruch betreffenden Einwendungen erheben kann. Für den Fall einer Nebenintervention ist aber kein Grund ersichtlich, warum dem Nebenintervenienten ‑ anders als nach allgemeinen Regeln ‑ die Möglichkeit eröffnet werden sollte, Einwendungen, die er im Amtshaftungsprozess erheben hätte können, aber nicht erhoben hat, im Regressprozess nachzuholen. Auch Mader in Schwimann 3, § 5 AHG Rz 2, vertritt, dass dem Organ ‑ nicht zuletzt aus prozessökonomischen Gründen ‑ Einwendungen im Regressprozess abgeschnitten sind, wenn es sich trotz Streitverkündung im Amtshaftungsverfahren nicht angeschlossen hat. Hat sich das Organ, wie hier, als Nebenintervenient angeschlossen, ist es im Regressprozess an die den Amtshaftungsanspruch betreffenden Einwendungen gebunden, die es entweder bereits erfolglos oder gar nicht erhoben hat. Diese Ansicht wird auch sonst in der Literatur geteilt (Vrba/Zechner, AHG [1983] 205).
3.3. Richtig hat das Berufungsgericht daher all jene Einwendungen als unbeachtlich angesehen, die der Gerichtskommissär bzw nun die Beklagte bereits im Amtshaftungsverfahren haftungsmindernd einwenden hätte können. Von der Unbeachtlichkeit des Einwands ist damit das Allein‑ bzw Mitverschulden jener Personen erfasst, die nicht Organstellung haben, wenn damit sonst die amtshaftungsrechtliche Ersatzpflicht abzuwenden oder zu reduzieren gewesen wäre. Das trifft jedenfalls auf den Einwand des Allein- oder Mitverschuldens des Vaters zu, nicht aber auf den Kollisionskurator, dem die Beklagte auch kein Fehlverhalten bei seiner Aufgabe, die Ansprüche der Töchter gegen ihren Vater geltend und einbringlich zu machen, vorwirft. Hinsichtlich des Fehlverhaltens des Vertragserrichters geht die Argumentation des Berufungsgerichts offenbar von einer möglichen Anteilshaftung aus (§ 1302 Satz 1 ABGB), die ‑ anders als eine Solidarhaftung wegen Unbestimmbarkeit der Anteile an der Schadensverursachung (§ 1302 Satz 2 ABGB) ‑ zu einer Minderung des Anspruchs des Vaters gegen die Klägerin führen hätte können. Für die Annahme einer (Solidar‑)Haftung der Klägerin mit dem Vertragserrichter ist aber schon das Vorbringen der Beklagten unzureichend, brachte sie doch selbst vor, dass der Kaufvertrag vom Vertragserrichter im Auftrag der Käuferseite verfasst wurde (ON 9 S 4 = AS 40) und der Vertragserrichter den Auftrag hatte, „den Kaufpreis an die verkaufende Partei weiterzuleiten, also offensichtlich an [den Vater] als Vertreter der Verlassenschaft“ (ON 4 S 4 = AS 16). Warum es zu seinen Aufgaben gehört hätte, die Vermögensinteressen der minderjährigen Erben zu schützen, geht weder aus dem Vorbringen der Beklagten noch aus jenem der Nebenintervenientin hervor.
3.4. Eine Haftung der Klägerin für Schäden aus dem Verhalten des Pflegschaftsrichters wurde im Amtshaftungsprozess bereits im ersten Rechtsgang rechtskräftig verneint. Soweit sich die Beklagte nun darauf stützt, dass er die Mündelgelder sicherzustellen gehabt hätte, übersieht sie den ‑ auch für einen Amtshaftungsanspruch maßgeblichen (RIS‑Justiz RS0050038) ‑ Schutzzweck der Überwachungsaufgaben durch das Pflegschaftsgericht. Schutzzweck der Bestimmungen über die Fürsorgepflicht des Pflegschaftsgerichts ist die Sicherung des Pflegebefohlenen vor Nachteilen für seine Person und sein Vermögen. Daher ist nur dieser ‑ und nicht auch ein Dritter ‑ geschützt (1 Ob 95/12w mwN der Rsp; s auch RIS‑Justiz RS0050064 [kein Amtshaftungsanspruch des Erben bei Schmälerung des Erbes infolge Verletzung der pflegschaftsbehördlichen Fürsorgepflicht]; RIS‑Justiz RS0123077 [kein Amtshaftungsanspruch eines Kreditinstituts für Schäden aus der Kreditauszahlung auf das Konto des Betroffenen zu Handen eines untreuen Sachwalters]). Da es auch nicht im Schutzzweck der pflegschaftsgerichtlichen Überwachungs-pflicht des ‑ hier noch maßgeblichen ‑ § 193 AußStrG aF (s nun § 133 AußStrG) lag, nicht nur das Vermögen der minderjährigen Töchter zu schützen, sondern auch eine Gefährdung der Vermögensinteressen des Vaters hintanzuhalten, geht der Einwand der Beklagten insofern ins Leere.
3.5. Sind aber der Beklagten diese Einwendungen im vorliegenden Regressprozess verwehrt, hat dies auch für die gleichen Einwendungen der Berufshaftpflichtversicherung zu gelten, weil ihr aufgrund ihrer Rolle als Nebenintervenientin im Regressprozess nur die Funktion eines „Streithelfers“ der Beklagten zukommt („Unterstützung“, s § 19 Abs 1 ZPO).
Auf die zitierte Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0107338) kann sich die Berufshaftpflichtversicherung als Nebenintervenientin im vorliegenden Prozess nicht berufen. Dass sie am Amtshaftungsverfahren nicht beteiligt war, ändert nichts daran, dass auch sie der Beklagten nicht mehr gestattete Einwendungen nicht erheben kann.
Damit geht auch der von ihr erhobene Vorwurf einer Aktenwidrigkeit des Berufungsgerichts ins Leere.
4. Mäßigung des Rückersatzes
Zur Frage der Mäßigung der Ersatzpflicht nach Billigkeit (§ 3 Abs 2 AHG iVm § 2 Abs 2 DNHG) wird auf die zutreffende Beurteilung des Berufungsgerichts verwiesen (§ 510 Abs 3 ZPO). Gründe, die eine weitere Reduktion der Haftung der Beklagten für geboten erscheinen ließen, liegen nicht vor.
II. Zum Rekurs der Klägerin
Die Klägerin richtet sich gegen die Höhe des Regressanspruchs und ist der Ansicht, dass die Beklagte aufgrund ihrer bedingten Erbantrittserklärung nicht mit dem Wert des Reinnachlasses, sondern der Höhe der Aktiva oder ‑ im Fall einer (fiktiven) Überschuldung des Nachlasses ‑ mit einer entsprechenden Quote hafte. Zudem sei die nachlasszugehörige Liegenschaft im Inventar nur mit dem dreifachen Einheitswert und nicht mit dem Verkehrswert berücksichtigt worden. Die Aktiva seien daher jedenfalls um einen Betrag von 157.750 EUR zu erhöhen. Damit zeigt die Klägerin jedoch keine Rechtsfrage von der Qualität des § 528 Abs 1 ZPO auf, weil die Grundsätze der Haftung des Vorbehaltserben bei einem Befreiungsanspruch des verstorbenen Versicherungsnehmers gegen die Haftpflichtversicherung schon zu 2 Ob 200/78 (SZ 52/32 = RIS‑Justiz RS0013033 und RS0013027) geklärt und vom Berufungsgericht zutreffend angewandt wurden.
1. In der Entscheidung 2 Ob 200/78 wurde dargelegt: „Bei der Haftpflichtversicherung ist der Versicherer gemäß § 149 VersVG verpflichtet, dem Versicherungsnehmer die Leistung zu ersetzen, die dieser auf Grund seiner Verantwortlichkeit für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache an einen Dritten zu bewirken hat. Der Versicherungsnehmer hat damit gegenüber der Versicherung ‑ im Rahmen des abgeschlossenen Vertrages ‑ einen Befreiungsanspruch, der ihn vor den Folgen der Inanspruchnahme durch den geschädigten Dritten schützen soll. Das Gesetz schützt aber im Bereich der gesamten Haftpflichtversicherung (§§ 149 ff VersVG) ‑ abgesehen vom weitergehenden Schutz im Bereich der Pflichthaft-pflichtversicherung (§§ 158b ff VersVG) und dem noch weitgehenden durch Gewährung von Direktansprüchen (§ 63 KFG) ‑ auch die Interessen des geschädigten Dritten: Er kann, wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers der Konkurs eröffnet ist, wegen des ihm gegen den Versicherungsnehmer zustehenden Anspruchs abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung des Versicherungsnehmers verlangen (§ 157 VersVG). … Die vergleichbare Interessenlage des geschädigten Dritten im Konkursfall des Schädigers und im Falle des mangelnden Zureichens seiner Verlassenschaft (bei beschränkter Erbenhaftung) rechtfertigt es, … den Anspruch des geschädigten Dritten auf abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung bei beschränkter Erbenhaftung anzuerkennen. Die Entschädigungsforderung des verstorbenen Versicherungsnehmers bildet damit ein zweckgebundenes Sondervermögen. Die (sonst geltenden) erbrechtlichen Haftungsbeschränkungen haben daher keinen Einfluß auf die im Versicherungsvertrag festgelegte Pflicht des Versicherers, den Versicherungsnehmer gegen Schadenersatzansprüche Dritter zu decken. Dies hat zur Folge, daß der geschädigte Dritte, der aus dem übrigen Verlassenschaftsvermögen überhaupt keine Deckung finden kann … , die Erben wegen seiner Entschädigungsforderung nur bei Exekution in den Deckungsanspruch erfolgreich belangen kann. Das Privilegium des Vorbehaltserben, das in einer Minderung seiner materiellrechtlichen Verpflichtung durch den rechtsgestaltenden Akt der bedingten Erbserklärung besteht, darf nämlich in Ansehung des übrigen Verlassenschaftsvermögens nicht verletzt werden. Der Vorbehaltserbe haftet daher dem Dritten einerseits mit dem Sondervermögen ('Entschädigungsforderung'), andererseits aber nur nach Maßgabe des Zureichens der Verlassenschaft gemäß § 802 ABGB (also pro viribus).“
Die Argumentation der Klägerin berücksichtigt nicht ausreichend, dass ihrer Forderung gegen die Verlassenschaft ein allfälliger Deckungsanspruch der Verlassenschaft gegen die Haftpflichtversicherung als Aktivum gegenüberstehen kann, wodurch sich aber (bei gleicher Forderungshöhe) der Reinnachlass nicht änderte.
2.2. Der Wert der Aktiva wurde im Verfahren außer Streit gestellt. Das Vorbringen der Klägerin zu einem höheren Wert der nachlasszugehörigen Liegenschaft verstößt auch gegen das Neuerungsverbot.
2.3. Ausgehend davon ist das Berufungsgericht zutreffend zum Ergebnis gekommen, dass die Beklagte mit dem verbliebenen Reinnachlass haftet, für eine darüber hinausgehende Haftung mit dem Sondervermögen des Deckungsanspruchs gegenüber der Nebenintervenientin aber erst dessen Bestehen und Umfang zu klären sind.
Eine Rechtsfrage von der Qualität des § 528 Abs 1 ZPO war insofern nicht zu klären.
III. Als Ergebnis ist daher der Rekurs der Klägerin zurückzuweisen. Den Rechtsmitteln der Beklagten sowie der Nebenintervenientin ist keine Folge zu geben.
Der Kostenvorbehalt folgt jenem des Berufungsgerichts (§ 52 ZPO).
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