Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.822,22 (darin enthalten EUR 470,37 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 3. 6. 2001 brach auf dem Betriebsgelände der Klägerin ein Brand aus, der erhebliche Sachschäden verursachte. Die Beklagte ist im Rahmen einer sog “all-risk" Industrie-Individual-Versicherung, mit der Polizzennummer *****, Versicherer des Betriebes der Klägerin. Als solcher bezahlte die Beklagte im Zeitraum nach dem Brand bis zum 22. 1. 2002 insgesamt S 190,000.000 an die Klägerin, nämlich am
12. 7.2001 S100,000.000
(Zug-um-Zug gegen eine Bankgarantie
in gleicher Höhe);
13.11.2001 S 10,000.000
(gegen persönliche Ausfallsbürgschaft
des Geschäftsführers der Klägerin);
20.12.2001 S 60,000.000
22. 1. 2002 S 20,000.000
Am 20.12.2001 stellte die Beklagte diese, durch die Raiffeisen-Bezirksbank S***** reg GenmbH (im Folgenden: Raiffeisen-Bezirksbank) erstellte Bankgarantie an die Klägerin zurück. Mit gleichem Datum wurde auch auf die Ausfallsbürgschaft ihres Geschäftsführers verzichtet.
Am 23. und 24. 5. 2002 bezahlte die Beklagte weitere EUR 97.340 bzw EUR 1,226.538 (Differenz zwischen Zeitwert und Neuwert in der Sachversicherung) an die Klägerin. Hinsichtlich dieser beiden Beträge war eine Fälligkeit vor Zahlung [jedenfalls] nicht gegeben.
Dem Versicherungsvertrag zwischen den Streitteilen liegen ua die allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherung (ABS 1995) zugrunde, deren Art 12 und 13 wie folgt lauten:
Art 12
Schuldhafte Herbeiführung des Versicherungsfalles;
Obliegenheitsverletzung nach Eintritt des Versicherungsfalles
1. Wenn der Versicherungsnehmer oder eine der in leitender Stellung für die Betriebsführung verantwortlichen Personen den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführt, ist der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber von jeder Verpflichtung zur Leistung aus diesem Versicherungsfall frei.
Werden von den in Absatz1 genannten Personen nach Eintritt des Versicherungsfalles zu erfüllende Obliegenheiten grob fahrlässig oder vorsätzlich verletzt, tritt Leistungsfreiheit nach Maßgabe des § 6 Abs 3 VersVG ein.
2. Ist der Versicherungsnehmer oder eine der in leitender Stellung für die Betriebsführung verantwortlichen Personen wegen des herbeigeführten Schadens oder wegen eines bei der Feststellung der Leistungspflicht oder bei der Ermittlung der Entschädigung begangenen Betruges oder Betrugsversuches rechtskräftig zu einer Strafe verurteilt, so gilt die Leistungsfreiheit als festgestellt.
Art 13
Fälligkeit der Entschädigung
1. Die Entschädigung ist erst nach ihrer vollständigen Feststellung fällig. Die Fälligkeit tritt jedoch unabhängig davon ein, wenn der Versicherungsnehmer nach Ablauf zweier Monate seit dem Begehren nach einer Geldleistung schriftlich eine Erklärung des Versicherers verlangt, aus welchen Gründen die Erhebungen noch nicht beendet werden konnten, und der Versicherer diesem Verlangen nicht binnen eines Monates entspricht.
2. Einen Monat nach Anzeige des Versicherungsfalles kann der Versicherungsnehmer als Teilzahlung den Betrag verlangen, der nach Lage der Sache mindestens zu zahlen ist. Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange infolge Verschuldens des Versicherungsnehmers die Entschädigung nicht ermittelt oder nicht gezahlt werden kann.
3. Der Versicherer ist berechtigt, die Zahlung aufzuschieben,
a) wenn Zweifel über die Berechtigung des Versicherungsnehmers zum Zahlungsempfang bestehen, bis zur Beibringung des erforderlichen Nachweises;
b) wenn eine polizeiliche oder strafgerichtliche Untersuchung aus Anlass des Schadens gegen den Versicherungsnehmer eingeleitet wurde, bis zur Erledigung dieser Untersuchung.
4. Wenn der Entschädigungsanspruch nicht innerhalb einer Frist von einem Jahr gerichtlich geltend gemacht wird, nachdem der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber den erhobenen Anspruch zumindest mit der Anführung einer der Ablehnung derzeit zugrundegelegten Tatsache und der diesbezüglichen gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmung sowie unter Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolge schriftlich abgelehnt hat, ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei.
5. Im Übrigen gelten die §§ 11 und 12 VersVG.
Die Klägerin begehrte zuletzt (zweites Eventualbegehren [AS 267 f]), der Beklagten gegenüber festzustellen, dass sie der Klägerin für jeden zukünftigen Schaden hafte, der dieser aus der nicht fristgerechten Erbringung eines Betrages von S 144,166.580 für den Zeitraum vom 29. 10. 2001 bis 20. 12. 2001 als Versicherungsleistung durch die Beklagte aufgrund des oa (im Urteilsantrag näher bezeichneten) Brandgeschehens aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen “Feuer-, Sach- und Feuerbetriebsunterbrechungsversicherungsvertrag", Polizzen Nr *****, entstehen werde, und brachte dazu vor:
Spätestens mit der Ausstellung der Bestätigungen der Staatsanwaltschaft ***** vom 26. 9. bzw 29. 10. 2001 sei festgestanden, dass die Zahlungsverweigerung durch die Beklagte nicht gerechtfertigt sei, weil sie nicht mehr damit habe begründet werden können, dass weitere Vorerhebungen gegen unbekannte Täter als Ermittlungen iSd § 11 Abs 1 erster Satz VersVG zu qualifizieren seien, oder die Voraussetzungen eines Zahlungsaufschubes nach Art 13 Z 3 lit b ABS 1995 vorliegen würden. Damit habe die Staatsanwaltschaft ***** nämlich bestätigt, dass keine Vorerhebungen gegen den Geschäftsführer der Klägerin oder leitende Angestellte der Klägerin geführt würden. Die Beklagte sei regelmäßig über den Stand des Verfahrens sowie insbesondere darüber informiert gewesen, dass kein wie immer gearteter Tatverdacht gegen eine Person iSd Art 12 Z 1 ABS 1995 bestehe und auch nicht gegen solche Personen ermittelt werde. Selbst bei Ausklammerung der Betriebsunterbrechungsversicherung verbleibe ein rückständiger Betrag aus der Sachversicherung zumindest in Höhe des Zeitwertes der beschädigten Maschinen von S 144,166.580, der jedenfalls trotz Fälligkeit nicht zur Gänze bezahlt worden sei. Durch die von der Beklagten geforderten Sicherheitsleistungen (Bankgarantie von S 100,000.000 sowie persönliche Ausfallsbürgschaft ihres Geschäftsführers über S 10,000.000) trotz Fälligkeit des genannten Betrages würden der Klägerin neben bereits entstanden Schäden auch in Zukunft erhebliche Schäden entstehen, deren abschließende Präzisierung zur Zeit nicht möglich sei. Da die Beklagte aus der verspäteten Zahlung der geschuldeten Versicherungsleistung (auch) für diese Schäden hafte, bestehe ein ausreichendes Feststellungsinteresse. Die von der Beklagten geforderte Bankgarantie über S 100,000.000 habe eine entsprechende Sicherstellung zwischen der Klägerin und der Bank durch Zession der Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte erfordert. Im Innenverhältnis habe die Klägerin jedoch das Recht auf Disposition über diejenigen Teile der Versicherungsleistung, die nicht zur Abdeckung ihrer Verbindlichkeiten bei der Zessionarin erforderlich seien, zugestanden erhalten. Nach Zahlung durch die Beklagte und Rückstellung der Bankgarantie sei der Zessionsgrund weggefallen, sodass die Klägerin ab diesem Zeitpunkt über den ursprünglich zedierten und zwischenzeitlich teilweise - allerdings verspätet - akontierten Betrag wieder voll verfügungsberechtigt gewesen sei. Für dadurch entstandene Schäden hafte die Beklagte.
Die auf Seiten der Klägerin beigetretene Nebenintervenientin erstattete kein eigenes wesentliches Vorbringen, bestritt jedoch das Vorbringen der Beklagten.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Sie bestritt die aktive Klagslegitimation, weil die Klägerin sämtliche bereits entstandenen und künftig entstehenden Forderungen auf Versicherungsleistungen gegen die Beklagte aus dem gegenständlichen Brand an die Raiffeisen-Bezirksbank zediert habe. Dem Hauptbegehren der Klägerin fehle das Feststellungsinteresse, weil zur Berechnung eines Verzögerungsschadens die Zeiträume, für die ein Zahlungsverzug bestanden habe, feststehen müssten, widrigenfalls das Feststellungsurteil in einem Folgeprozess keinen konkreten Nutzen brächte. Außerdem habe die Klägerin ihren Sachschaden bereits beziffert und könne daher eine Leistungsklage einbringen. Die Beklagte sei nicht in Verzug geraten, weil sie berechtigt gewesen sei, das Ergebnis der eingeleiteten Ermittlungen abzuwarten und zu überprüfen; aufgrund konkret dargelegter Umstände habe nämlich der Verdacht bestanden, dass maßgebliche Leute der Klägerin an der als Ursache des Brandes festzustellenden Brandstiftung beteiligt gewesen seien. Vor "Einstellung" des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens am 17. 12. 2001 gemäß § 412 StPO sei die Versicherungsleistung nicht fällig gewesen. Die längere Dauer der Ermittlungen sei auch von der Klägerin zu vertreten. Die Beklagte habe die Einstellungsentscheidung innerhalb einer angemessenen Frist von einem Monat überprüfen müssen. Bei der Interessenabwägung sei nämlich zu berücksichtigen, dass aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Situation der Klägerin ein hohes Risiko der Realisierbarkeit eines allfälligen Rückforderungsanspruches bestanden habe. Außerdem sei zwischen den Parteien ein “Stillhalteabkommen" bis 20. 12. 2001 geschlossen worden, und die behaupteten künftigen Schäden würden nicht eintreten. Die Klägerin habe Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalles durch unvollständige und unrichtige Angaben verletzt.
Die Klägerin hielt dem entgegen, dass im vorliegenden Verfahren lediglich Obliegenheitsverletzungen vor dem 20. 12. 2001 relevant sein könnten, welche sie aber nicht zu vertreten habe.
Das Erstgericht gab dem oben wiedergegebenen Feststellungsbegehren (= zweites Eventualbegehren) betreffend die “Feuer-Sachversicherung" statt und wies das Hauptbegehren und das erste Eventualbegehren - unangefochten und daher rechtskräftig - ab. Über den eingangs dargestellten unstrittigen Sachverhalt hinaus traf das Erstgericht weitere Feststellungen zu dem zwischen den Streitteilen bestehenden Versicherungsvertrag, früheren Brandschäden, sowie zum “Hergang der Ermittlungen" betreffend den verfahrensgegenständlichen Brand, zu den darüber zwischen den Streitteilen geführten Verhandlungen, den Abtretungsverträgen der Klägerin, den “möglichen Folgen der Bezahlung der Versicherungsleistung am 20. 12. 2001", zur Ermittlung des Betriebsunterbrechungs- bzw Vorräteschadens und schließlich zur wirtschaftlichen Situation der Klägerin vor dem gegenständlichen Brand, Seite 28 bis 59 des Ersturteils, aus dessen Punkt D. 3. (Feststellungen unter dem Titel: “Hergang der Ermittlungen zum Brand am 3. 6. 2001" [Seite 35 bis 45]) Folgendes hervorzuheben ist:
Aus Sicht der Staatsanwaltschaft ***** richtete sich der Verdacht im Strafverfahren nicht konkret gegen Mag. G***** oder eine in leitender Stellung für die Betriebsführung der Klägerin verantwortliche Person. Die Erhebungen richteten sich (vielmehr) nach den Alibiüberprüfungen ausschließlich gegen unbekannte Täter. Dies wurde auf Anfrage der Parteienvertreter auch ausdrücklich bestätigt; nämlich mit Schreiben des leitenden Staatsanwaltes Dr. C***** an den Klagevertreter vom 26. 9. 2001:
“Zu GZ 8 UT 244/02 z der Staatsanwaltschaft ***** bzw. korrespondierend 38 Ur ***** des Landesgerichtes ***** behängt ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Täter wegen des Verdachtes des Verbrechens nach § 169 StGB. Gegenstand des Verfahrens ist die Ermittlung der Ursache des oben bezeichneten Großbrandes unter Einbeziehung der Möglichkeit einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Brandstiftung. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen und dauern an. Gegen die Herren Mag. Andreas G***** und Hansjörg A***** der Fa. T***** GmbH ist in diesem Zusammenhang derzeit kein Strafverfahren anhängig";
und vom 29. 10. 2001:
“Zu Ihrer Anfrage vom heutigen Tage teile ich in Anknüpfung an mein Schreiben vom 26. 9. 2001 mit, dass wegen des Brandereignisses vom 3. 6. 2001 am Betriebsgelände der T***** GmbH Vorerhebungen gegen unbekannte Täter geführt werden.
Weiters bestätige ich, dass keine Vorerhebungen gegen den Geschäftsführer der T***** GmbH Mag. Andreas G***** oder Leitende Angestellte dieser Gesellschaft geführt werden, weil keine Verdachtsgründe für eine Täterschaft dieser Personen bestehen";
während die (zuständige) Staatsanwältin Dr. K***** bereits in der Zeit bis September 2001 auf mehrfache telefonische Anfrage des Beklagtenvertreters geantwortet hatte, dass die Ermittlungen gegen unbekannte Täter liefen und die Staatsanwaltschaft ***** keinen konkreten Tatverdacht gegen Mag. G***** oder einen Leitenden Angestellten der Klägerin habe.
Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht rechtlich dahin, dass der von der Beklagten zu zahlende Betrag von S 144,165.580 nach Übermittlung des letztgenannten Schreibens der Staatsanwaltschaft ***** am 29. 10. 2001 fällig geworden sei. Die Erhebung eines Begehrens auf Feststellung der Haftung für künftige Schäden, die aus der verspäteten Zahlung einer Versicherungsleistung resultieren würden, sei zulässig. Die Klägerin habe ein entsprechendes Feststellungsinteresse ausreichend dargelegt. Eine Obliegenheitsverletzung [nach Eintritt des Versicherungsfalls] sei von ihr nicht zu vertreten.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Die Beweisrügen der Streitteile seien nicht berechtigt; der Verfahrensmangel liege nicht vor (S 22 ff der Berufungsentscheidung). In rechtlicher Hinsicht führte es zur bestrittenen Aktivlegitimation aus, dass die hier geltend gemachten Schadenersatzansprüche von der Abtretung nicht erfasst gewesen seien. Eine aus einer Vertragsverletzung resultierende Schadenersatzverpflichtung sei einer gerichtlichen Feststellung nach § 228 ZPO zugänglich, wobei eine erfolgreiche Feststellungsklage nach leg cit nicht voraussetze, dass bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung bereits ein Schaden entstanden sei. Im Feststellungsbegehren sei nur von einer objektiv nicht fristgerechten Zahlung die Rede. Es werde daher nicht die Feststellung begehrt, die Beklagte habe trotz Fälligkeit schuldhaft keine Zahlungen geleistet. Die Klägerin habe die konkrete Möglichkeit des Eintritts bestimmter Schäden behauptet, und - wie sich aus den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen ergebe (Seite 52 f des Ersturteils) - auch unter Beweis gestellt. Der Vorteil eines stattgebenden Urteils liege für die Klägerin darin, dass zwar in künftigen Verfahren jeweils der Eintritt eines Schadens sowie der Kausalzusammenhang zwischen diesem und dem schädigenden Ereignis zu behaupten und zu prüfen sein werde, aber für diese Prozesse bindend geklärt sei, ob und in welchem Umfang es von der Beklagten zu vertreten sei, dass sie die Zahlungen verspätet geleistet habe. Dass Gegenstand dieses Verfahrens auch Ansprüche seien, die bereits mit Leistungsklage geltend gemacht werden könnten, werde von der Beklagten nicht dargelegt.
Was die Fälligkeit der Leistung betreffe, stelle sich vor allem die Frage, inwiefern der Versicherer seine Zahlung zurückhalten könne, wenn Ermittlungen gegen unbekannte Täter geführt werden. Der Oberste Gerichtshof habe dazu (in Rspr 1933/116, 90) ausgesprochen, dass der Versicherer seine Erhebungen bis zur Beendigung eines Strafverfahrens mit vollem Recht unterbrechen könne, wenn in diesem nach der Verantwortung des Beschuldigten die Frage des Verschuldens oder eines Mitverschuldens des Versicherungsnehmers geklärt werden müsse. In 7 Ob 24/94 (VR 1995/358 = VersR1995, 607) habe der Oberste Gerichtshof Feststellungen über den Ausgang eines gegen den Versicherungsnehmer eingeleiteten Strafverfahrens für entbehrlich gehalten, solange der Versicherer nicht behauptete und beweise, dass er aufgrund des Ausganges des Strafverfahrens die Rechtsverbindlichkeit eines Anerkenntnis beseitigen könne und dann leistungsfrei wäre; und ausgesprochen, dass der Auffassung von Prölss/Martin (VVG25, 157), wonach der Versicherer unter allen Umständen ein Strafverfahren abwarten dürfe, nur in diesem Sinne zugestimmt werde. Der Bundesgerichtshof habe in VersR 1991, 331 (332) darauf abgestellt, dass es sich um ein Verfahren handeln müsse, dessen Ergebnis in irgendeiner Weise Einfluss auf die Zahlungspflicht des Versicherers haben könnte, und nur insoweit von Bedeutung sein würde, als sich in diesem ergeben könnte, dass der Brand vom Versicherungsnehmer selbst, auf seine Veranlassung, mit seinem Einverständnis oder mit seinem Wissen gelegt worden sei. Außerdem sei ausdrücklich ausgesprochen worden, dass § 17 Abs 2b AFB die Anhängigkeit irgendeines Ermittlungsverfahrens nicht genüge, um einen Zahlungsaufschub zu rechtfertigen. Es sei vielmehr darauf abgestellt worden, ab wann bei den Ermittlungsbehörden zum ersten Mal ein Verdacht gegen den Versicherungsnehmer aufkam und wegen dieses Verdachtes ermittelt worden sei. Kollhosser in Prölss/Martin VVG26, Rn 17 zu § 17 AFB 30, führe unter Bezugnahme auf diese Entscheidung aus, dass ersichtlich nur solche Ermittlungsverfahren gemeint seien, deren Ergebnisse für den Entschädigungsanspruch rechtserheblich sein könnten, die also Einfluss auf die Leistungspflicht des Versicherers haben könnten. Darüber hinaus werde dort die Ansicht vertreten, dass ein Verfahren “gegen Unbekannt" dann ausreiche, wenn es sich der Sache nach auch gegen den Versicherungsnehmer oder eine Person richte, deren Verhalten diesem zuzurechnen sei.
Von diesen Grundsätzen und vom Wortlaut des § 11 Abs 1 VersVG (sowie des Art 13 Z 1 und Z 3 lit b der ABS1995, die nach herrschender Rechtsprechung grundsätzlich wie Verträge und damit nach §§ 914 f ABGB auszulegen seien) ausgehend, vertrat das Berufungsgericht den Standpunkt, dass Erhebungen in diesem Sinn wohl nur dann als “nötig" erachtet werden könnten, wenn sie nach ihrer Art und Weise konkret und nicht bloß abstrakt geeignet seien, zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfanges der Leistung des Versicherers beizutragen. Im Zusammenhang mit § 61 VersVG werde dies dann der Fall sein, wenn die formal gegen unbekannte Täter geführten Erhebungen dennoch konkret der Abklärung der Frage dienen könnten, ob der Versicherungsnehmer oder ihm gleichzustellende Personen den Versicherungsfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hätten. Würde man hingegen die bloße Tatsache, dass Ermittlungen explizit und inhaltlich gegen unbekannte Täter geführt werden, immer als ausreichenden Grund für das Hinausschieben der Fälligkeit der Versicherungsleistung sehen, wäre der Versicherungsnehmer in einer häufig von ihm nicht wesentlich zu beeinflussenden (und damit in nicht vertretbarer) Weise gehindert, seinen vertraglichen Anspruch aus dem Versicherungsverhältnis erfolgreich geltend zu machen. Dass derartige Unwägbarkeiten einseitig zu Lasten des Versicherungsnehmers gehen sollten, sei weder dem Gesetz noch den Versicherungsbedingungen zu entnehmen. Vielmehr spreche gerade Art 13 Punkt 3 lit b ABS 1995 dafür, dass polizeiliche oder strafgerichtliche Untersuchungen nur dann für den Versicherungsnehmer “relevant von Nachteil" sein könnten, wenn sie gegen ihn (oder eine ihm gleichzuhaltende Person) gerichtet seien. Da eine möglicherweise angespannte wirtschaftliche Situation der Klägerin nicht nur ein Interesse der Beklagten an der Vermeidung einer rechtsgrundlosen Zahlung, sondern auch ein erhebliches wirtschaftliches Interesse des Versicherungsnehmers begründen könne, die Versicherungsleistung zu erhalten, sei daraus für die von der Beklagten in diesem Zusammenhang angestellte Interessenabwägung nichts zu gewinnen.
Die Ermittlungstätigkeit sei aber in erster Linie auf die Abklärung der Frage gerichtet gewesen, ob überhaupt Brandstiftung vorliege. Es sei auch nichts hervorgekommen, dass die Mitarbeiter der Beklagten begründet der Annahme hätten sein können, die Erhebungstätigkeit könnte ungeachtet ihres bisherigen Wissensstandes wieder speziell gegen die verantwortlichen Personen der Klägerin gerichtet sein. An diesem Wissensstand habe sich in der Zeit zwischen September2001 und dem 20. 12. 2001 selbst nach dem Prozessstandpunkt der Beklagten nichts Wesentliches geändert. Da aber nicht die Tatsache einer möglichen Brandstiftung Leistungsfreiheit der Beklagten bewirkt hätte, sondern nur eine der Klägerin zuzurechnende vorsätzliche Täterschaft (§ 61 VersVG), könne entgegen dem Standpunkt der Beklagten nicht gesagt werden, dass aus dem weiteren Verfahren bis zum 20. 12. 2001 (Anerkennung der Leistungspflicht durch die Beklagte) zusätzliche Informationen hinsichtlich der Leistungsfreiheit der Beklagten zu erwarten gewesen wären. Es sei daher nicht maßgeblich, wann das Strafverfahren gemäß § 412 StPO abgebrochen wurde. Entscheidend sei vielmehr, dass die Beklagte entsprechende Kenntnisse bereits im September 2001 gehabt habe. Ob und inwiefern sich an der Leistungspflicht der Klägerin etwas geändert hätte, wenn derartige Verdachtsmomente gegen die maßgeblichen Leute der Klägerin zu einem späteren Zeitpunkt hervorgekommen wären, brauche nicht geprüft zu werden. Es sei nicht erkennbar, warum die Beklagte für sich einen relevanten Zeitaufwand in Anspruch nehmen hätte können, weitere Erhebungen zur Frage der Täterschaft durch maßgebliche Leute der Klägerin (nicht der Brandursache selbst) durchzuführen. Die Beklagte habe auch gar nicht behauptet, dass sie aufgrund neu hervorgekommener Erkenntnisse veranlasst gesehen hätte, eigene Ermittlungen fortzusetzen oder sich auch nur zu überlegen.
Das Erstgericht habe der Beklagten im Ergebnis zu Recht über den 29. 10. 2001 (also über die tatsächlich bereits zur Verfügung gestandene Überlegungsfrist) hinaus keine weitere Frist mehr zur Klärung der Frage eingeräumt, ob sie ihre Leistung erbringen werde oder nicht. Die Beklagte sei daher objektiv in Zahlungsverzug geraten; sie wäre gemäß § 1298 ABGB verpflichtet gewesen, nachzuweisen, dass sie “ohne ihr Verschulden daran verhindert war". Hier sei aber davon auszugehen, dass die Beklagte ihre Leistung schuldhaft nicht fristgerecht erbracht habe, da ihr bereits vor und spätestens am 26. 9. 2001 erkennbar gewesen sei, dass gegen die maßgeblichen Personen der Klägerin mangels Tatverdachtes keine weiteren Ermittlungen mehr geführt wurden. Darauf, dass zur Frage, ob Brandstiftung als Brandursache in Frage komme, weiter ermittelt wurde, könne sich die Beklagte auch hier nicht erfolgreich berufen; habe sie doch nicht einmal behauptet, welche darüber hinausgehenden konkreten Ermittlungen die Behörden oder sie selbst durchführen hätten können, um Verantwortliche der Klägerin als (Mit-)Täter zu entlarven.
Die behauptete Obliegenheitsverletzung habe die Beklagte nach den Feststellungen jedenfalls hinsichtlich der subjektiven Tatseite nicht unter Beweis gestellt, während die Vereinbarung vom 9. 11. 2002 lediglich das Zuwarten mit der Klagsführung betroffen habe, und eine Stundung der Fälligkeit der Versicherungsleistung durch die Klägerin davon nicht umfasst gewesen sei. Diese Feststellung lasse eine Auslegung der Vereinbarung dahin, dass die Klägerin die Notwendigkeit weiterer Erhebungen anerkannt habe und damit vor dem maßgeblichen Zeitpunkt keine Fälligkeit eingetreten sei, nicht zu.
Sekundäre Verfahrensmängel hinsichtlich vermisster Feststellungen, die Verdachtsmomente aufgezeigt hätten, aus denen die Mitarbeiter der Beklagten auf eine den Bereich der Geschäftsleitung der Klägerin zurechenbare Brandstiftung hätten schließen können, lägen nicht vor. Entscheidend seien nämlich nicht derartige subjektive Zweifel, sondern der Umstand, ob die Behörde ausreichende Verdachtsmomente angenommen habe, ihre Ermittlung auch in diese Richtung zu steuern. Dies sei aber zu verneinen.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur hier entscheidungswesentlichen Frage, ob und unter welchen Umständen die Durchführung von behördlichen Ermittlungen der Fälligkeit der von der Beklagten zu erbringenden Versicherungsleistung entgegenstanden, keine ausreichende Judikatur des Obersten Gerichtshofes vorliege, und der Beantwortung dieser Frage über den Anlassfall hinaus Bedeutung zukomme.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Aktenwidrigkeit mit einem Abänderungsantrag im klagsabweisenden Sinn; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Nach Vorlage der Akten an das Revisionsgericht beantragte die Beklagte am 15. 12. 2003 nur für den Fall, dass der Oberste Gerichtshof der Revision nicht Folge geben sollte, das Verfahren solange zu unterbrechen, bis eine rechtskräftige Erledigung der hier relevanten Sachverhalte im Strafverfahren gegen den Geschäftsführer Mag. G***** oder andere leitende Mitarbeiter der Klägerin vorliege. Da die Beklagte leistungsfrei wäre, falls der Geschäftsführer der Klägerin in dem nunmehr gegen ihn zu 38 Vr ***** des Landesgerichtes ***** anhängigen Strafverfahren wegen des Verdachtes der Anstiftung zur Brandstiftung schuldig befunden werden sollte, sei (dieses Strafverfahren) für die Frage, ob ein Leistungsanspruch bestehe, “jedenfalls präjudiziell".
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben und den Unterbrechungsantrag abzuweisen.
Zu Punkt I.:
Es trifft zwar zu, dass eine Unterbrechung auch im Revisionsverfahren zulässig ist (9 ObA 157/90 mwN; Schragel in Fasching/Konecny² II/2 Rz 28 drittletzter Abs zu § 190 ZPO mwN; RIS-Justiz RS0036801; zuletzt; 8 Ob 268/99s); und dass - auch ohne die Bindungswirkung des aufgehobenen § 268 ZPO - ein allfälliges rechtskräftiges Strafurteil Rechtskraftwirkung entfaltet, weshalb sich niemand gegen eine andere Partei darauf berufen kann, dass er eine Tat, wegen der er strafgerichtlich rechtskräftig verurteilt wurde, nicht begangen habe (SZ 68/195), sodass die Unterbrechung eines Zivilprozesses durchaus zweckmäßig sein kann (RIS-Justiz RS0036911; zuletzt; 8 ObA 201/02w). Eine solche lag hinsichtlich des Geschäftsführers der Klägerin jedoch unstrittig bis zum maßgeblichen spätesten Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz (SZ 73/200) nicht vor. Aber auch aufgrund einer Strafanzeige wegen Verdachtes der falschen Beweisaussage oder der Verfälschung von Beweismitteln hat der Oberste Gerichtshof das Verfahren nicht zu unterbrechen, da mangels Überprüfbarkeit der Tatsachenfeststellungen durch das Revisionsgericht selbst im Falle einer Verurteilung von den Feststellungen der Unterinstanzen nicht abgegangen werden könnte (9 ObA 157/90 mwN; RIS-Justiz RS003681 [T1 und T3]).
Wie die Antragstellerin selbst erkennt, müsste die Entscheidung des Strafgerichts aber, um eine Unterbrechung des Verfahrens zu rechtfertigen, für die des Zivilgerichtes "voraussichtlich von maßgebendem Einfluss" sein (§ 191 Abs 1 ZPO; Schragel aaO Rz 3 Abs 1 zu § 191 ZPO mwN; vgl auch RIS-Justiz RS0036921 und RS0036924). Schon aus diesem Grund ist der beim Revisionsgericht gestellte Antrag auf Unterbrechung des (Revisions-)Verfahrens (... bis eine rechtskräftige Erledigung der “hier relevanten Sachverhalte" [!] im Strafverfahren gegen ... vorliegt) abzuweisen. Die Geltendmachung neuer Tatsachen, die schon vor Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz entstanden waren (nova reperta) oder von auch erst später entstandenen Beweismitteln, die sich auf bereits früher entstandene Tatsachen beziehen, könnte lediglich den Tatbestand der Wiederaufnahmsklage nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO erfüllen (Kodek in Rechberger2 Rz 5 zu § 520 ZPO mwN).
Zu Punkt II.:
Die aus dem oa Grund zulässige Revision ist nicht berechtigt.
Dass die gerügte Aktenwidrigkeit (die darin erblickt wird, dass das Berufungsgericht ein Beweisanbot der Beklagten nicht berücksichtigte [Punkt 2. der Revision]) nicht vorliegt, bedarf grundsätzlich keiner Begründung (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO). Der Revision sei aber nur kurz erwidert, dass die Nichtbeachtung einer Parteibehauptung oder eines Beweismittels den genannten Revisionsgrund nicht verwirklicht (RIS-Justiz RS0043402). Selbst eine unrichtige Wiedergabe der Parteienbehauptungen kann nach stRsp niemals eine Aktenwidrigkeit bewirken (Kodek in Rechberger2, Rz 4 Abs 2 zu § 503 ZPO bzw Rz 4 zu § 496 ZPO; RIS-Justiz RS0041814; RS0043203 [T8 und T9]; zuletzt: 10 ObS 228/02f). Eine solche läge nämlich nur dann vor, wenn dem Urteil des Berufungsgerichtes in einem wesentlichen Punkt eine tatsächliche Voraussetzung zu Grunde gelegt wird, welche mit den Prozessakten erster oder zweiter Instanz in Widerspruch steht, wenn also wesentliche Tatsachenfeststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen wurden (Kodek aaO Rz 4 zu § 503 ZPO mwN; RIS-Justiz RS0043203, RS0043277 [T2 und T3]; RS0043347; zuletzt: 9 Ob 37/03m und 7 Ob 283/03y mwN). Dies ist hier nicht gegeben.
In der Rechtsrüge hält die Beklagte zunächst am Einwand der mangelnden Aktivlegitimation der Klägerin und daran fest, das dem Klagebegehren die Feststellungsfähigkeit bzw das Feststellungsinteresse fehle. Die Revisionswerberin beruft sich dazu weiterhin auf die Zession der Auszahlungsansprüche an die Raiffeisen-Bezirksbank sowie darauf, die Klägerin begehre lediglich die - nicht zulässige - Feststellung, dass die Beklagte trotz Fälligkeit schuldhaft keine Zahlung geleistet habe, während nach den Feststellungen lediglich “ein abstrakt hypothetischen Schadenseintritt" angenommen werden könne. Darauf ist jedoch nicht näher einzugehen, weil diese Ausführungen nicht von den - irrevisiblen - Feststellungen der Tatsacheninstanzen (zur erfolgten Rückzession und den drohenden Schäden) und auch nicht vom oa Feststellungsbegehren ausgehen. Die Revision ist daher auf die diesbezüglichen Ausführungen der Vorinstanzen zu verweisen, die wie folgt zu ergänzen sind:
Während die frühere Judikatur (vgl die ersten Entscheidungen in RIS-Justiz RS0040838; siehe jedoch zuletzt: 5 Ob 232/03h) das Interesse an der Feststellung für die Haftung künftiger Schäden nur dann zuerkannte, wenn bereits ein (Teil-)Schaden eingetreten war, wurde in SZ 56/38 darauf abgestellt, dass zwar der Eintritt eines Schadens nicht erforderlich sei, aber schon derart schadensträchtige Vorfälle vorgekommen sein müssten, dass der Schadenseintritt eher zufällig unterblieben sei und sich derartige Vorfälle mit möglichen Schäden jederzeit wiederholen könnten. In der Folge wurde ein Feststellungsinteresse auch ohne Vorliegen besonders schadensträchtiger Ereignisse - neben deliktischer Haftung nach § 1330 ABGB oder nach dem Urheberrechtsgesetz - auch bei Vertragspflichtverletzungen (etwa bei einem Beratungsfehler: 6 Ob 288/98s oder bei einem unberechtigten Vertragsrücktritt: 6 Ob 335/00h [jeweils RIS-Justiz RS0040838]) anerkannt. Insbesondere wurde zu 6 Ob 335/00h ausgeführt:
“Dass Klagen auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden selbst dann zugelassen werden, wenn noch kein feststellbarer Schade eingetreten ist und nur die Möglichkeit besteht, dass das schädigende Ereignis einen künftigen Schadenseintritt ermöglichen kann, entspricht ständiger Rechtsprechung [es folgen weitere Zitate]. In diesen Fällen bejaht die Rechtsprechung das Feststellungsinteresse aus prozessökonomischen Gründen, obwohl streng genommen ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis noch nicht vorliegt (Fasching Lehrbuch2 Rz 1093). Lehre und Rechtsprechung bejahen ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung dann, wenn ein aktueller Anlass zur präventiven Klärung des strittigen Rechtsverhältnisses besteht, was insbesondere dann der Fall ist, wenn das Rechtsverhältnis durch eine ernsthafte Unsicherheit gefährdet erscheint, etwa wenn der Beklagte ein Recht des Klägers hartnäckig bestreitet (Fasching aaO Rz 1096, 1098; Rechberger/Frauenberger in Rechberger ZPO2 Rz 7). Die Feststellungsklage dient nicht nur dem Ausschluss der Gefahr der Anspruchsverjährung, sondern auch der Vermeidung späterer Beweisschwierigkeiten und der Klarstellung der Haftungsfrage. Sie soll vorbeugenden Rechtsschutz gewähren und ist daher immer schon dann zulässig, wenn aufgrund des Verhaltens des Beklagten eine erhebliche objektive Ungewissheit über den Bestand des Rechts entstanden ist und diese Ungewissheit durch die Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils beseitigt werden kann (RdW 1986, 81; RdW 1990, 407; SZ 70/84)."
Daran hat der Oberste Gerichtshof zuletzt (E vom 8. 10. 2003, 9 Ob 53/03i) ausdrücklich festgehalten und auch in einer weiteren Entscheidung (5 Ob 232/03h vom 7. 10. 2003) ausgesprochen, dass Klagen auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden nach jüngerer Rechtsprechung selbst dann zulässig sind, wenn noch kein feststellbarer Schaden eingetreten ist und nur die Möglichkeit besteht, dass das schädigende Ereignis einen künftigen Schadenseintritt ermöglichen kann (RIS-Justiz RS0040838 [T8]).
Die Vorinstanzen haben in Übereinstimmung mit der zitierten Rechtsprechung dargelegt, dass diese Voraussetzungen hier erfüllt sind: Hat die Klägerin doch - wie bereits das Berufungsgericht aufzeigt - die konkrete Möglichkeit des Eintritts bestimmter Schäden durch verspätete unternehmerische Disposition, den Verlust qualifizierter Arbeitskräfte, die Schwächung der Marktstellung infolge Verunsicherung von Kunden, den Verlust der b***** Tochterfirma oder die entgangene Möglichkeit eines vorteilhaften Erwerbes von Geschäftsanteilen nicht nur behauptet, sondern nach den auf Seite 52 bis 55 des Ersturteils getroffenen Feststellungen auch unter Beweis gestellt.
Demgemäß liegt das Schwergewicht der Revision auch gar nicht in der Aufrechterhaltung der dazu vertretenen - von der irrevisiblen Tatsachengrundlage abweichenden - Auffassung, sondern in der Bestreitung des Eintritts der Fälligkeit der gegenständlichen (Versicherungs-)Leistung am 29. 10. 2001 (Seite 5 - 31 der 33-seitigen Revision). Diesem Standpunkt der Revisionswerberin kann jedoch ebenfalls nicht beigetreten werden.
Vorweg ist klarzustellen, dass die Rechtzeitigkeit der - unstrittig - erst am 20. 12. 2001 erfolgten vollständigen Bezahlung des Betrages von S 144,166.580 nicht aus der angeblich am 9. 11. 2002 vereinbarten “Stundung" abgeleitet werden kann, weil eine solche - wie auch die behauptete Obliegenheitsverletzung - nicht erwiesen ist. Die Revisionsausführungen (Punkt 1.5 und 1.6 der Revision) entfernen sich hier ebenfalls von den Tatsachenfeststellungen, aus denen hervorgeht, dass diese Vereinbarung lediglich das Zuwarten mit der Klagsführung betraf (davon aber nicht die Stundung der Fälligkeit der Versicherungsleistung durch die Klägerin umfasst war), während Obliegenheitsverletzungen der Klägerin daraus nicht zu erkennen sind (Seite 49 bzw 71 des Ersturteils). Dass der beklagte Versicherer sowohl für die behauptete Stundung als auch für das Vorliegen des objektiven Tatbestandes einer Obliegenheitsverletzung beweispflichtig gewesen wäre, wird in der Revision gar nicht in Zweifel gezogen.
Was nun die Auslegung des § 11 VersVG und des Art 13 Punkt 3 lit b ABS 1995 betrifft, ist die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache zutreffend, weshalb gemäß § 510 Abs 3 Satz 2 ZPO auf die Richtigkeit dieser Ausführungen verwiesen werden kann, die lediglich wie folgt zu ergänzen sind:
§ 11 VersVG legt in seinem ersten Abs fest, dass Geldleistungen des Versicherten grundsätzlich mit der Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalles und Umfanges der Leistungen des Versicherers nötigen Erhebungen fällig sind. Diese einseitig zwingende (§ 15a VersVG)Fälligkeitsbestimmung wird im vorliegenden Fall durch den die “Fälligkeit der Entschädigung" regelnden Art 13 ABS 1995 konkretisiert, der in seiner Z 1 vorsieht, dass die Entschädigung “erst nach ihrer vollständigen Feststellung fällig wird", und in seiner Z 3 lit b eine “Aufschubklausel" (vgl dazu Gruber im Berliner Kommentar [zum dVVG und öVersVG] Rz 9 zu § 11 VVG) enthält, wonach der Versicherer ausdrücklich berechtigt ist, die Zahlung ua unter folgender Bedingung aufzuschieben:
“wenn eine polizeiliche oder strafgerichtliche Untersuchung aus Anlass des Schadens gegen den Versicherungsnehmer eingeleitet wurde, bis zur Erledigung dieser Untersuchung" (Art 13 Z 3 lit b ABS 1995).
Gemeint sind damit aber ersichtlich nur solche Ermittlungsverfahren, deren Ergebnis für den Entschädigungsanspruch rechtserheblich sein kann, die also Einfluss auf die Leistungspflicht des Versicherers haben können (VersR 1991, 331; Kollhosser in Prölss/Martin VVG26 Rz 17 zum wortgleichen § 17 Abs 2 lit b [der deutschen] AFB 30 mwN).
Dies ergibt sich zum einen daraus, dass auch dem Art 13 Z 3 lit b ABS 1995 erkennbar der Gedanke zugrunde liegt, dass ein derartiges Verfahrensergebnis dem Versicherer Anlass geben kann, die Leistung gemäß § 61 VersVG (iSd Art 12 Abs 2 ABS 1995 [Leistungsfreiheit infolge rechtskräftiger Verurteilung einer der in leitender Stellung für die Betriebsführung verantwortlichen Personen wegen des herbeigeführten Schadens oder wegen eines bei der Feststellung der Leistungspflicht oder bei der Ermittlung der Entschädigung begangenen Betruges oder Betrugsversuches]) zu verweigern (VersR 1991, 331 mwN); zum anderen daraus, dass jede Aufschubklausel potentiell eine Abweichung von der Fälligkeitsbestimmung des § 11 VersVG enthält, die nach § 15a VersVG unzulässig ist, wenn sie zum Nachteil des Versicherungsnehmers der Vorgabe der “nötigen Erhebungen" iSd § 11 Abs 1 VersVG nicht entspricht; und nicht zuletzt auch aus der Überlegung, dass die genannten Versicherungsbedingungen nach den maßgebenden Vertragsauslegungsregeln aus dem Blickwinkel eines durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers, gar nicht anders zu verstehen sind (RIS-Justiz RS0008901; RS0050063; zuletzt: 7 Ob 289/03f mwN).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stand spätestens mit der zweiten Bestätigung der Staatsanwaltschaft ***** (vom 29. 10. 2001) fest, dass die nach dem gegenständlichen Brandschaden durchgeführte strafgerichtliche Untersuchung die dargestellten Voraussetzungen für ein Hinausschieben der Fälligkeit der Versicherungsleistung nicht erfüllte: Darin wird nämlich ausdrücklich bestätigt, dass aufgrund dieses Brandereignisses Vorerhebungen gegen unbekannte Täter geführt werden, jedoch keine Vorerhebungen gegen den Geschäftsführer der Klägerin oder leitende Angestellte dieser Gesellschaft, “weil keine Verdachtsgründe für eine Täterschaft dieser Personen bestehen" (Seite 42 des Ersturteils).
Da ein “Strafverfahren gegen Unbekannt" (auf das sich die Beklagte hier allein beruft) schon grundsätzlich nicht immer und vor allem nicht auf unbestimmte Zeit als Hinderungsgrund für den Abschluss der “nötigen Erhebungen" ausreicht (Martin, Sachversicherungsrecht3 1716, Y I Rn 20 mwN), kam ein weiteres Zuwarten (bis zur Verfahrensabrechnung gemäß § 412 StPO) nach der zitierten Mitteilung jedenfalls nicht mehr in Betracht: Der Versicherer darf die (rechtskräftige) Erledigung nämlich insb dann nicht abwarten, wenn die Behörde erklärt, dass in der ihn interessierenden Richtung nicht mehr ermittelt werde, oder wenn nur noch er selbst das Verfahren betreibt ohne irgendwelche neuen Tatsachen oder Beweismittel zu haben (Martin aaO mwN). Dass im strittigen Zeitraum Verdachtsgründe bestanden bzw konkrete darüber hinausgehende Ermittlungen gegen den Geschäftsführer der Klägerin oder den genannten Personenkreis von den Strafverfolgungsbehörden oder der Beklagten selbst durchgeführt worden wären, wurde - wie bereits das Berufungsgericht aufzeigt - nicht einmal behauptet. Der Beklagten nach dem Kenntnisstand lt Schreiben vom 29. 10. 2001 ist daher auch keine (weitere) Überlegungsfrist zuzubilligen; sie musste in dieser Situation (angesichts der festgestellten Mitteilungen der Staatsanwaltschaft *****) entweder zahlen oder den Anspruch ablehnen und es auf einen Deckungsprozess ankommen lassen (Martin aaO).
In diesem Zusammenhang hält die Revision im Übrigen selbst fest, ein “Verfahren gegen Unbekannt" reiche dann aus, wenn es sich “der Sache nach auch gegen den Versicherungsnehmer oder eine der Personen richtet, deren Verhalten ihm zuzurechnen ist" (Seite 8 Abs 2 der Revision), was hier nach den zitierten Feststellungen [arg: “keine Verdachtsgründe für eine Täterschaft dieser Personen"] jedoch gerade nicht zutrifft (vgl dazu Kollhosser aaO Rz 17 zu § 17 AFB 30, aber auch Römer in Römer/Langheid VVG2 [2003] Rz 7 Abs 1 zu § 11 VVG, wo er den in der Vorauflage eingenommen - in der Revision zitierten - Standpunkt, ein Hinausschieben der Fälligkeit wäre auch bei nicht gegen den Versicherungsnehmer eingeleiteten Ermittlungs- und Strafverfahren möglich [Römer in Römer/Langheid VVG Rz 7 Abs 1 letzter Satz zu § 11 VVG], nicht mehr vertritt). Die Beklagte kann sich somit auch darauf, dass die Versicherungsleistung vor “Einstellung" des (richtig: Abbrechung) staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens gemäß § 412 StPO (17. 12. 2001) und Ablauf einer angemessenen Frist nicht fällig geworden sei, nicht berufen.
Die Revision muss daher erfolglos bleiben.
Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO.
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