OGH 7Ob283/03y

OGH7Ob283/03y3.12.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** Versicherungs-AG, *****, vertreten durch Dr. Johannes Kirschner, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Saxinger, Baumann & Partner, Rechtsanwälte in Linz und die Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei G***** Versicherung AG,***** vertreten durch Dr. Ludwig Pramer ua, Rechtsanwälte in Linz wegen EUR 102.382,72 sA und Feststellung (Streitwert: EUR 7.267,28), über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 1. Oktober 2003, GZ 2 R 131/01z-44, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Ohne auch nur eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu zitieren, macht die Zulassungsbeschwerde der Klägerin geltend, das Berufungsgericht sei von der "stehenden" höchstgerichtlichen Rsp abgewichen, indem es das gegenständliche Vertragsverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer der Klägerin und dem beklagten Bauunternehmen nicht als Werkvertrag, sondern als Dienstverschaffungsvertrag mit Gerätemiete qualifiziert habe, wo es auf die Zurverfügungstellung eines Arbeitsgerätes samt Fahrer, der an die Weisungen des auf der Baustelle Verantwortlichen gebunden sei, ankomme. Hier habe die Beklagte jedoch bei der Auswahl des Baggers "mitbestimmt" und den Baggerfahrer, der ein "Mitspracherecht" bei den Arbeiten gehabt habe, ausgewählt; auch die Abrechnung nach Stunden sei bei Werkverträgen durchaus zulässig. Außerdem sei das Berufungsgericht insbes auf Seite 18/19 der Berufungsentscheidung aktenwidrig von Umständen ausgegangen, die in Widerspruch zu den Feststellungen und Ergebnissen des erstgerichtlichen Verfahrens stünden.

In der gerügten Aktenwidrigkeit kann jedoch keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO erblickt werden. Eine Aktenwidrigkeit ist nämlich nur dann gegeben, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden (RIS-Justiz RS0043347; zuletzt: 9 Ob 12/03k). Die Übernahme von Feststellungen des Erstgerichts durch das Berufungsgericht (Seite 15 der Berufungsentscheidung) kann hingegen schon begrifflich nicht aktenwidrig sein (Kodek in Rechberger² Rz 4 Abs 3 zu § 503 ZPO).

Gleiches gilt aber auch für die von den Vorinstanzen unterschiedlich beantwortete Frage, ob zwischen den Vertragsparteien ein Werkvertrag oder ein Dienstverschaffungsvertrag mit Gerätemiete zustande kam; handelt es sich dabei doch um eine Frage der Auslegung und damit der rechtlichen Beurteilung, die - selbst wenn sie vom Berufungsgericht abweichend beantwortet wurde - ebenfalls nicht geeignet ist, eine Aktenwidrigkeit zu begründen (vgl 7 Ob 16/03h mwN; RIS-Justiz RS0043203 [T5]).

Außerdem wird übersehen, dass die angesprochene Frage der Vertretbarkeit einer anderen Vertragsauslegung grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO hat (RIS-Justiz RS0042776 [T2, T23]; RS0042936 [T3, T17]). Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nämlich nach stRsp nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (6 Ob 169/02z; RIS-Justiz RS0042776 [T1, T4, T6, T8, T10, T11, T16, T22]; RS0042936; RS0112106 [T1 bis T3] zuletzt: 5 Ob 46/03f; 7 Ob 191/03v; 10 Ob 24/03g). Davon kann jedoch keine Rede sein:

An der angeführten Stelle der Berufungsentscheidung hat das Gericht zweiter Instanz vielmehr erstgerichtliche Feststellungen zusammengefasst (wonach die Beklagte vom Versicherungsnehmer der Klägerin mit "Baggerarbeiten" im Zusammenhang mit der Herstellung der Gräben für die Installation der Absorberleitung einer Heizungsanlage beauftragt wurde, die der Versicherungsnehmer der Klägerin zu errichten hatte; wobei dieser Mitbestimmungmöglichkeiten hinsichtlich des einzusetzenden Gerätes hatte, der Verlauf der Gräben schon vor der Ankunft des Baggers an der Baustelle vom Versicherungsnehmer [oder seinem Mitarbeiter] ausgesteckt worden war, und zwischen dem Versicherungsnehmer der Klägerin und dem Beklagten die Abrechnung nach Stunden erfolgte [vgl Seite 12 und 16 des Ersturteils]) und im Übrigen - was die vorbestimmte Breite und Tiefe der Gräben betrifft - das eigene Vorbringen der Klägerin (das auf Seite 15/16 der Berufungsentscheidung im Einzelnen zitiert wird und [auch] den gegenteiligen Ausführungen der Revisionswerberin die Grundlage entzieht) zugrundegelegt. Daraus hat das Berufungsgericht - in Anwendung der in der Entscheidung 8 ObA 203/02i (ARD 5408/8/2003 = RIS-Justiz RS0020656 [T3]) dargestellten Grundsätze, die in der Berufungsentscheidung zutreffend wiedergegebenen werden - abgeleitet, dass auch hier infolge Zurverfügungstellung eines Baggers mit Fahrer kein Werk- sondern ein mit Sachmiete verbundener Dienstnehmerüberlassungvertrag vorliegt.

Diese einzelfallbezogene Beurteilung rechtsgeschäftlicher Erklärungen könnte eine Anrufung des Obersten Gerichtshofs nur dann rechtfertigen, wenn aus Gründen der Rechtssicherheit die Korrektur einer unhaltbaren, durch die Missachtung fundamentaler Auslegungsregeln zustande gekommenen Entscheidung geboten ist (RIS-Justiz RS0042776 [T22]), weil von den anerkannten Interpretationsgrundsätzen in krasser, aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigierender Weise abgewichen wurde (RIS-Justiz RS0042776; RS0042742 [T5]; zuletzt: 7 Ob 191/03v mwN; 10 Ob 24/03g). Ein derartiges, vom Obersten Gerichtshof zu korrigierendes Abweichen des Berufungsgerichtes von den dargestellten Grundsätzen (8 ObA 203/02i = RIS-Justiz RS0020656 [T3]) wird in der eingangs wiedergegebenen Zulassungsbeschwerde jedoch - zu Recht - gar nicht behauptet.

Da der Frage, ob auch eine andere Auslegung vertretbar wäre, - wie bereits erwähnt - keine erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zukommt, ist die außerordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.

Stichworte