European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0070OB00153.14X.1210.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichts wird mit der Maßgabe bestätigt, dass es einschließlich der in Rechtskraft erwachsenen Klagsstattgebung von 71.000,01 EUR sA insgesamt lautet:
„1. Die eingeklagte Forderung besteht mit 71.000,01 EUR zu Recht.
2. Die Gegenforderung besteht nicht zu Recht.
3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 71.000,01 EUR samt 4 % Zinsen per anno seit 1. 1. 2008 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 113.839,03 EUR samt 4 % Zinsen per anno seit 1. 1. 2008 zu bezahlen, wird abgewiesen.“
Über die Kosten des gesamten Verfahrens hat das Erstgericht zu entscheiden.
Entscheidungsgründe:
G***** R***** (in der Folge: Käuferin) kaufte von der Beklagten am 4. 7. 2007 und 7. 8. 2007 die mit Wohnungseigentum an den Objekten Top 32 und 32A verbundenen insgesamt 116/1875‑Anteile einer näher bezeichneten Liegenschaft. Die Kaufpreise von 145.000 EUR und 155.000 EUR wurden kreditfinanziert, wobei letzterer Betrag von der Klägerin kreditiert wurde. Die Beträge wurden (von der Käuferin) bei dem als Treuhänder tätigen Nebenintervenienten auf dessen Treuhandkonten Nr 52092045669 und 52092045671 erlegt. Die Beklagte verpflichtete sich in den Kaufverträgen, die beiden Wohnungseigentumsobjekte auf näher definierte Weise auszubauen. Als Übergabetermine wurden der 31. 10. 2007 (Top 32) und der 31. 12. 2007 (Top 32A) vereinbart. Nachdem das Eigentumsrecht der Käuferin verbüchert worden war, wurden beide Liegenschaftsanteile in einem Exekutionsverfahren versteigert und am 26. 11. 2009 einem Ersteher zugeschlagen.
Der Ausbau der Wohnungen durch die Beklagte erreichte lediglich eine „erste Ausbaustufe“. Einen weiteren Baufortschritt gab es nicht. Der Treuhänder zahlte einen (nicht festgestellten) Teilbetrag von den Treuhandkonten für die „erste Ausbaustufe“ an die Beklagte aus. Ende 2007 betrug der Verkehrswert der beiden Wohnungseigentumsobjekte zusammen 41.000 EUR. Die Bauleistungen der Beklagten bis zur „ersten Ausbaustufe“ haben wertmäßig keinen Einfluss. Bei vertragsgemäßem Ausbau hätte der Verkehrswert beider Wohnungen insgesamt 280.000 EUR betragen. Seit Ende 2008 steht fest, dass die Beklagte aus nicht näher feststellbaren Gründen, die in ihrem Bereich liegen, die in den beiden Kaufverträgen festgelegten Ausbauleistungen für die beiden Wohnungseigentumsobjekte endgültig nicht mehr erbringen wird. Sie stellte Ende 2008 ihre Geschäftstätigkeit ein.
Die V***** AG erwirkte gegen die Käuferin (und Kreditschuldnerin) am 17. 12. 2008 ein ‑ in Rechtskraft erwachsenes - Versäumungsurteil über 145.000 EUR sA. Mit Beschluss vom 5. 6. 2009 bewilligte das Bezirksgericht Favoriten dieser Bank gegenüber der Käuferin auf Grund dieses Exekutionstitels zur Hereinbringung von 145.000 EUR sA gemäß §§ 294, 308 EO die Exekution durch Pfändung und Überweisung zur Einziehung von Forderungen, die der Käuferin gegen den Drittschuldner (Nebenintervenienten) aus dem Rechtsgrund „sämtliche bestehenden und künftigen Ansprüche aus dem Kaufvertrag zwischen [der Käuferin] und [der Beklagten] vom 4. 7. 2007, insbesondere sämtliche Ansprüche aus der Rückabwicklung oder prozessualen Durchsetzung dieses Vertrags“ zustehen. Dieser Beschluss wurde dem Nebenintervenienten am 29. 6. 2009 zugestellt. Auf Grund dieser Exekutionsführung zahlte er den auf dem Treuhandkonto Nr 52092045669 (betrifft Wohnung Top 32) erliegenden restlichen Erlag von 80.105,64 EUR an die Bank aus.
Die Klägerin erwirkte gegen die Käuferin (und Kreditschuldnerin) am 21. 1. 2009 ein ‑ in Rechtskraft erwachsenes ‑ Versäumungsurteil über 184.839,54 EUR sA. Mit Beschluss vom 10. 7. 2009 bewilligte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien (als Rekursgericht) ‑ in Abänderung des den Exekutionsantrag abweisenden Beschlusses des Bezirksgerichts Favoriten ‑ der Klägerin gegen die Käuferin auf Grund dieses Exekutionstitels zur Hereinbringung von 184.839,04 EUR sA gemäß § 331 Abs 1 EO die Pfändung der „Ansprüche aus Gewährleistung, Schadenersatz, Rückzahlung und Bereicherung“, die der Käuferin gegen die Beklagte (dort Drittschuldnerin) aus den Liegenschaftskaufverträgen vom 4. 7. 2007 und 7. 8. 2007 zustehen. Einen dagegen erhobenen Revisionsrekurs der Beklagten wies der Oberste Gerichtshof zu 3 Ob 217/10y zurück. In diesem Exekutionsverfahren ermächtigte das Bezirksgericht Favoriten die Klägerin mit Beschluss vom 6. 7. 2011 gemäß § 333 Abs 1 EO, die gepfändeten Rechte im Namen der Käuferin gegen die Beklagte geltend zu machen. Dem dagegen erhobenen Rekurs der Beklagten gab das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien mit Beschluss vom 12. 3. 2012 nicht Folge.
Auf dem die Wohnung Top 32A betreffenden Treuhandkonto Nr 52092045671 des Nebenintervenienten erliegt zum Stichtag 1. 7. 2009 ein Betrag von 88.007,51 EUR.
Mit rechtskräftigem Zwischenurteil vom 21. 12. 2012 sprach das Berufungsgericht im ersten Rechtsgang aus, dass das Klagebegehren über 184.839,04 EUR sA dem Grunde nach zu Recht bestehe.
Die Klägerin begehrte als Überweisungsgläubigerin von der Beklagten die Zahlung von 184.839,04 EUR sA. Die Beklagte habe der Käuferin bloß das Eigentum an einem Rohdachboden verschafft, ohne ihre Ausbauverpflichtung zu erfüllen, und ihre Geschäftstätigkeit dauerhaft eingestellt. Bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung hätte die Käuferin einen Gegenwert in Höhe des Gesamtkaufpreises von 300.000 EUR erhalten. Abzüglich des Rohdachbodenwerts von 41.000 EUR verbleibe eine Differenz von 259.000 EUR, die der Käuferin gegenüber der Beklagten aus den Rechtsgründen der Preisminderung und des Schadenersatzes samt 4 % Zinsen ab 1. 1. 2008 zustünden. Im Exekutionsverfahren sei sie ermächtigt worden, diese Ansprüche der Käuferin gegenüber der Beklagten bis zur Höhe ihrer titulierten Forderung geltend zu machen.
Die Beklagte und der Nebenintervenient wendeten zuletzt im Wesentlichen ein, die Käuferin habe den Gesamtkaufpreis von 300.000 EUR beim Nebenintervenienten (Treuhänder) erlegt, wovon der Beklagten aber nur 150.000 EUR zugeflossen seien. Aus dem verbleibenden Treugut von 167.999,99 EUR seien der V***** AG als Gläubigerin der Käuferin im Zuge eines Exekutionsverfahrens 80.105,64 EUR überwiesen worden, während die restlichen 87.894,35 EUR noch auf dem Treuhandkonto vorhanden seien. Da nun feststehe, dass die Beklagte die Treuhandbedingungen nicht mehr vollständig erfüllen könne, habe die Käuferin Anspruch auf Rückzahlung von 167.999,99 EUR (gehabt). Ihr nun von der Klägerin verfolgter Schadenersatzanspruch reduziere sich deshalb um diesen Betrag. Weiters wendete die Beklagte (im zweiten Rechtsgang) ihre Kaufpreisrestforderung von 150.000 EUR aufrechnungsweise ein.
Das Erstgericht gab mit Endurteil dem Klagebegehren ‑ ohne über die Gegenforderung abzusprechen ‑ statt. Der geltend gemachte Schadenersatzanspruch bestehe zu Recht, während das dagegen ins Treffen geführte Bestreitungsvorbringen nicht stichhaltig sei.
Das Berufungsgericht gab der im Umfang von 113.839,03 EUR sA erhobenen Berufung der Beklagten Folge. Es sprach aus, dass die Klagsforderung mit 184.839,04 EUR sA, die Gegenforderung mit 113.839,03 EUR zu Recht bestehe und die Beklagte schuldig sei, der Klägerin 71.000,01 EUR sA zu bezahlen. Das Mehrbegehren von 113.839,03 EUR sA wies es ab. Die Entscheidung über die Kosten des bisherigen Verfahrens behielt es gemäß § 52 Abs 1 und „3“ ZPO vor. Auf Grund des rechtskräftigen Zwischenurteils stehe fest, dass die Beklagte (als Verkäuferin von zwei Wohnungseigentumsobjekten und Drittschuldnerin) der Klägerin (als Überweisungsgläubigerin) jenen Schaden zu ersetzen habe, den G***** R***** (als Käuferin und zugleich Kreditschuldnerin der Klägerin) durch die schuldhafte teilweise Nichterfüllung des Kaufvertrags erlitten habe. Bei vollständiger Vertragserfüllung durch die Beklagte hätte die Käuferin zwei Wohnungseigentumsobjekte im Gesamtwert von 280.000 EUR erlangt. Stattdessen habe die Beklagte bloß einen Rohdachboden im Wert von 41.000 EUR geleistet. Der in § 920 erster Satz erster Fall ABGB verankerte Nichterfüllungsschaden der Käuferin belaufe sich auf 239.000 EUR, wovon die Klägerin (als Überweisungsgläubigerin der Käuferin) nur die ihrer Forderung entsprechenden 184.839,04 EUR sA fordere. Seit Ende 2008 stehe fest, dass die Beklagte die mit der Käuferin geschlossenen Verträge nicht mehr vollständig erfüllen könne. Die Käuferin habe deshalb gegenüber dem Nebenintervenienten (Treuhänder) Anspruch auf Rückerstattung des gesamten Treuguts, dessen Ausfolgung an die Beklagte nicht mehr in Betracht komme. Derartige der Käuferin zufließende Vermögensvorteile hätten aber nicht den Zweck, die beklagte Schädigerin zu entlasten und minderten deshalb nicht den geltend gemachten Schadenersatzanspruch.
Weder die Käuferin noch die Klägerin hätten gemäß § 920 erster Satz zweiter Fall ABGB den Vertragsrücktritt erklärt, der gemäß § 921 ABGB einen Differenzanspruch der Käuferin (bzw nun der Klägerin) begründe. Vielmehr seien die mit der Beklagten geschlossenen Kaufverträge nach wie vor aufrecht, weshalb die Beklagte, die gegenüber dem Nebenintervenienten (Treuhänder) keinen Ausfolgungsanspruch mehr habe, als Drittschuldnerin befugt sei, mit ihrer Kaufpreisrestforderung gegen den von der Klägerin verfolgten Anspruch auf Ersatz des Nichterfüllungsschadens aufzurechnen. Im Berufungsverfahren releviere die Beklagte nur mehr 113.839,03 EUR. Da Treuhandgelder in Gesamthöhe von 168.113,15 EUR nicht an die Beklagte weitergeleitet worden seien, sei auch unter Berücksichtigung der gutgebuchten Zinsen offensichtlich, dass der Beklagten eine Kaufpreisrestforderung zustehe, die zumindest 113.839,03 EUR betrage.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.
Gegen den klagsabweisenden Teil des Berufungsurteils richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag, dem Klagebegehren zur Gänze stattzugeben. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Die Beklagte und der Nebenintervenient beantragen in ihren Revisionsbeantwortungen, das Rechtsmittel der Prozessgegnerin zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig. Sie ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.
1. Im dreigliedrigen Urteil erwächst die Entscheidung über das Zurechtbestehen der Klagsforderung (RIS‑Justiz RS0040742) und der Gegenforderung (RIS‑Justiz RS0041026) nicht in Teilrechtskraft. Der Rechtskraft fähig ist nur der Zuspruch der Differenz zwischen festgestellter Forderung und Gegenforderung (RIS‑Justiz RS0041026).
Die Befugnis zur Überprüfung der Klagsforderung ist insoweit unbeschränkt, als der Oberste Gerichtshof infolge (gesetzmäßiger) Rechtsrüge die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts allseitig zu prüfen hat. Er ist dabei aber an eine Beschränkung der Klagsgründe gebunden. Wenn sich die Rechtsrüge nur noch auf eine oder mehrere selbständige Forderungen oder Gegenforderungen bezieht oder wenn ein Anspruch aus mehreren selbständigen rechtserzeugenden Tatsachen abgeleitet wird und die Rechtsrüge sich nur auf eine dieser Tatsachen bezieht, sind die anderen Ansprüche außer Betracht zu lassen (vgl 4 Ob 7/01k mwN).
Im vorliegenden Fall hat nur die Klägerin Revision erhoben. Sie wendet sich gegen die von der Beklagten compensando eingewendete ‑ im Berufungs-verfahren noch strittige ‑ Gegenforderung von 113.839,03 EUR, die ihrer Meinung nach unzulässig sei und auch nicht zu Recht bestehe. Die Gegenforderung steht im untrennbaren Zusammenhang mit der Hauptforderung; beide Forderungen resultieren aus den aufrechten Kaufverträgen zwischen der Käuferin und der Beklagten, aus denen die Klägerin als Überweisungsgläubigerin ihren Anspruch ableitet. Da die Ausführungen der Klägerin zur vom Berufungsgericht zu Recht erkannten Gegenforderung zugleich die Hauptforderung betreffen, ist hier auch die Klagsforderung zu überprüfen (vgl 4 Ob 7/01k; in diesem Sinn auch Dullinger in JBl 1996, 254 [Anm zu 1 Ob 587/94]).
2. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft; sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO). Sekundäre Feststellungsmängel bestehen nicht.
3. § 393 Abs 1 ZPO erlaubt seit der WGN 1989 die Fällung eines Zwischenurteils, auch wenn noch strittig ist, ob der Anspruch überhaupt mit irgendeinem Betrag zu Recht besteht. Ein Zwischenurteil kann daher auch ergehen, wenn strittig ist, ob der Schaden durch Teilzahlung oder Aufrechnung mit einer Gegenforderung getilgt worden ist (RIS‑Justiz RS0102003 [T15]; Fasching, Lehrbuch² Rz 1430; Rechberger in Rechberger ZPO4 § 393 Rz 9; Deixler‑Hübner in Fasching/Konecny² § 393 ZPO Rz 10 f; vgl RIS‑Justiz RS0040935 [T5, T6, T11, T12]). Diese anspruchsvernichtenden Tatsachen können auch erst im Betragsverfahren erhoben werden und berühren somit die Fällung eines Grundurteils nicht. Dieses ergeht daher vorbehaltlich der Entscheidung über die Sacheinreden im Betragsverfahren (Deixler‑Hübner aaO § 393 Rz 10). Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin hat das Berufungsgericht im ersten Rechtsgang keinen Aufhebungsbeschluss gefasst und konnte dem Erstgericht diesbezüglich auch keine Rechtsansicht überbinden. Mit einem Zwischenurteil kann ein Aufhebungsbeschluss nicht verknüpft werden (RIS‑Justiz RS0118745; RS0119825). Die Beklagte konnte daher zulässigerweise nach vorangegangenem Zwischenurteil erstmals im fortgesetzten Verfahren sowohl Einwendungen gegen die Höhe der Klagsforderung als auch die Gegenforderung erheben.
4. Weder die Käuferin noch die klagende Überweisungsgläubigerin sind von den mit der Beklagten abgeschlossenen Kaufverträgen zurückgetreten. Die Klägerin macht als Überweisungsgläubigerin den der Käuferin durch die schuldhafte teilweise Nichterfüllung der Kaufverträge erlittenen Nichterfüllungsschaden gemäß § 920 erster Satz erster Fall ABGB geltend. Seit Ende 2008 steht fest, dass die Beklagte die mit der Käuferin geschlossenen Verträge nicht mehr vollständig erfüllen kann, wodurch der beklagten Schuldnerin die Bewirkung der versprochenen Leistung endgültig unmöglich geworden ist.
5. Begehrt der (Überweisungs‑)Gläubiger den Nichterfüllungsschaden im Sinn des § 920 erster Satz erster Fall ABGB, bleiben die beiden Verträge in modifizierter Form aufrecht. An die Stelle der untergegangenen, geschuldeten Leistung (Sache) tritt der Anspruch auf Ersatz des Schadens (Ch. Rabl, Schadenersatz wegen Nichterfüllung [1998], 48; Reidinger in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 920 Rz 12; Gruber in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.02 § 920 Rz 16). Im Rahmen des Nichterfüllungsschadens hat nach § 920 ABGB der Geschädigte seine Leistung zu erbringen und für die Gegenleistung das Erfüllungsinteresse zu bekommen (Austauschinteresse). Soll der Schuldner eine Erfüllungsersatzlage schaffen, so hat der geschädigte Käufer seinen Kaufpreis zu leisten (Reischauer in Rummel³ § 920 ABGB Rz 12; vgl Ch. Rabl aaO; Reidinger aaO; Gruber aaO). Bei teilweiser Unmöglichkeit kann der Gläubiger auf die Leistung des Möglichen bestehen und wegen des Unmöglichen den Nichterfüllungsschaden, insbesondere das Austauschinteresse, verlangen (Reischauer aaO). Bei zu vertretender Teilvereitelung gebührt der Austauschanspruch aliquot (Reischauer aaO § 920 ABGB Rz 15).
Hier ist eine von der Beklagten verschuldete endgültige Teilvereitelung der Erfüllung der beiden Verträge zu beurteilen, wobei die Beklagte tatsächlich bloß einen Rohdachboden im Wert von 41.000 EUR leistete. Bei vollständiger Vertragserfüllung hätte die Käuferin zwei Wohnungseigentumsobjekte im Gesamtwert von 280.000 EUR erhalten. Der Nichterfüllungsschaden (das Austauschinteresse) der Käuferin beläuft sich daher grundsätzlich auf 239.000 EUR. Davon fordert die Klägerin als Überweisungsgläubigerin der Käuferin die ihrer betriebenen Forderung entsprechenden 184.839,04 EUR sA von der Beklagten.
6.1. Der Treuhänder zahlte den von der Käuferin getätigten Treuhanderlag von 80.105,64 EUR an die V***** AG als Überweisungsgläubigerin zurück.
Der Treuhänder ist nach außen hin unbeschränkter Verfügungsberechtigter, jedoch im Innenverhältnis dem Treugeber obligatorisch verpflichtet, das ihm übertragene Recht im Interesse des Treugebers (oder eines dritten Begünstigten) auszuüben. Das zu treuen Handen übertragene Recht scheidet zwar rechtlich, nicht aber wirtschaftlich aus dem Vermögen des Treugebers aus (RIS‑Justiz RS0010482). Gläubiger des Treugebers können auf das Treugut nur im Wege der Exekution auf die Ansprüche des Treugebers gegen den Treuhänder greifen, weil dieses für die Dauer der Treuhand zwar wohl wirtschaftlich, nicht aber rechtlich dem Vermögen des Treugebers zuzurechnen ist (RIS‑Justiz RS0004144; Apathy in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1002 ABGB Rz 15). Bei der Wahl des Exekutionsmittels eines Gläubigers des Treugebers auf dessen Ansprüche gegen den Treuhänder ist auf das jeweilige Exekutionsobjekt laut dem Vorbringen im Exekutionsantrag abzustellen. Ist der Anspruch des Treugebers gegenüber dem Treuhänder ausschließlich eine Geldforderung (Kaufpreis auf dem Treuhandkonto), wird dieser in der zweitinstanzlichen Rechtsprechung (LG Feldkirch 2 R 70/08x = RIS‑Justiz RFE0000179) im Exekutionsverfahren gegen den Treugeber als Exekutionsobjekt im Sinn des § 294 EO eingestuft.
Die V***** AG erlangte im Exekutionsverfahren des Bezirksgerichts Favoriten die Pfändung und Überweisung zur Einziehung von Forderungen, die der Käuferin (Verpflichteter) gegen den Treuhänder (Drittschuldner) aus dem Rechtsgrund „sämtliche bestehenden und künftigen Ansprüche aus dem Kaufvertrag zwischen [der Käuferin] und [der Beklagten] vom 4. 7. 2007, insbesondere sämtliche Ansprüche aus der Rückabwicklung oder prozessualen Durchsetzung dieses Vertrags“ zustanden. Das Pfandrecht an diesen Forderungen wurde mit der Zustellung des Zahlungsverbots an den Drittschuldner am 29. 6. 2009 begründet (§ 294 Abs 3 EO). Die Überweisung einer gepfändeten Forderung zur Einziehung gemäß § 308 EO bewirkt, dass grundsätzlich nur noch der Überweisungsgläubiger berechtigt ist, die überwiesene Geldforderung gegen den Drittschuldner geltend zu machen (RIS‑Justiz RS0003874). Inhalt des (unstrittigen) Kaufvertrags betreffend das Wohnungseigentumsobjekt Top 32 ist die Beauftragung des Nebenintervenienten als beiderseitiger Treuhänder der Käuferin und der Beklagten. Der Treuhänder hat nach Baufortschritt gestaffelte Auszahlungen des Kaufpreises an die Beklagte vorzunehmen. Seit Ende 2008 steht fest, dass die Beklagte die Kaufverträge nicht mehr vollständig erfüllen wird. Die Erfüllung ist ihr (nachträglich) teilweise unmöglich. Die Käuferin (und in der Folge die Überweisungsgläubigerin) hatte seit diesem Zeitpunkt gegenüber dem Nebenintervenienten Anspruch auf Rückerstattung des Treuguts, dessen Ausfolgung an die Beklagte nicht mehr in Betracht kommt (vgl RIS‑Justiz RS0010421; Strasser in Rummel 3 § 1026 ABGB Rz 16, 19). Solange der Auftragsvertrag noch aufrecht ist, kann das dem Geschäftsbesorger zum Zweck der Geschäftsbesorgung Überlassene, also hier das Treugut, nicht zurückverlangt werden, wohl aber, wenn der Auftrag aus anderen Gründen, wie etwa durch Widerruf gemäß § 1120 ABGB, beendet ist (2 Ob 87/00h). Zu einem solchen Widerruf wurde die V***** AG als Überweisungsgläubigerin ermächtigt („Rückabwicklung … dieses Vertrags“), sodass die Rückzahlung des auf dem Treuhandkonto des Nebenintervenienten erliegenden Restbetrags von 80.105,64 EUR entgegen der (nicht näher ausgeführten) Rechtsansicht der Klägerin nicht rechtswidrig war.
Da ‑ wie dargelegt ‑ beim von der Klägerin geltend gemachten Austauschanspruch die Käuferin ihre eigene Leistung zu erbringen hat, vermindert sich in Höhe der Rückzahlung des Treuhanderlags der Nichterfüllungsschaden.
6.2. Nach den getroffenen Feststellungen erliegt zum 1. 7. 2009 auf dem die Wohnung Top 32A betreffenden Treuhandkonto des Nebenintervenienten ein Betrag von 88.007,51 EUR. Der Inhalt des Kaufvertrags über diese Wohnung wurde zwar nicht festgestellt, jedoch ist die von der Klägerin vorgelegte Urkunde Beilage ./D ihrem Inhalt nach unstrittig (Urkundenerklärungen der Beklagten und des Nebenintervenienten ON 34, S 4 f), sodass sie der Entscheidung des Revisionsgerichts ohne weiteres zugrunde zu legen ist (RIS‑Justiz RS0121557 [T3]). Danach wurde der Nebenintervenient als beiderseitiger Treuhänder der Käuferin und der Beklagten beauftragt, nach Baufortschritt gestaffelte Auszahlungen des Kaufpreises an die Beklagte vorzunehmen. Seit Ende 2008 kann die Beklagte auch diesen Kaufvertrag nicht mehr vollständig erfüllen, sodass die Ausfolgung des treuhändig erlegten Geldbetrags an sie nicht mehr in Betracht kommt. Nur die Käuferin, die gleichfalls Treugeberin ist, hat Anspruch auf Rücküberweisung des Treuguts. Diesen Anspruch kann sie nach Widerruf des dem Treuhänder erteilten Auftrags geltend machen (vgl RIS‑Justiz RS0010421 [T2, T3]). Dieser allein der Käuferin zufließende Vermögensvorteil mindert den Nichterfüllungsschaden im Sinn des § 920 erster Satz erster Fall ABGB, würde doch ansonsten eine Bereicherung eintreten, wenn der Anspruch sowohl gegenüber dem Treuhänder als auch aus dem Titel des Schadenersatzes gegenüber der Beklagten bestünde.
Zwar muss sich die Käuferin die auf dem Treuhanderlag gutgebuchten Zinsen nicht anrechnen lassen. Auf deren Höhe (vom Erlagszeitpunkt im Jahr 2007 bis zum 1. 7. 2009) muss aber nicht eingegangen werden, weil das Berufungsgericht bereits einen reduzierten restlichen Treuhanderlag betreffend die Wohnung Top 32A (87.894,35 EUR anstatt festgestellter 88.007,51 EUR) berücksichtigte und daraus resultierend der Klägerin 71.000,01 EUR sA zusprach. Weitere Zinsgutschriften auf dem Treuhandkonto behauptet die Klägerin nicht.
6.3. Ausgehend vom potentiellen Nichterfüllungsschaden von 239.000 EUR besteht unter Anrechnung des an die V***** AG zurückgezahlten Treuguts von 80.105,64 EUR und der vom Nebenintervenienten noch nicht ausgefolgten Treuhandvaluta von 87.894,35 EUR, auf deren Herausgabe allein die Käuferin Anspruch hat, eine berechtigte Forderung der klagenden Überweisungsgläubigerin von 71.000,01 EUR sA gegenüber der Beklagten.
7. Der Revision der Klägerin ist daher mit der im Spruch angeführten Maßgabe nicht Folge zu geben. Die Klagsforderung besteht in der Höhe von 71.000,01 EUR zu Recht, während eine Gegenforderung nicht zu Recht besteht, sodass die Entscheidung des Berufungsgerichts im Ergebnis zu bestätigen ist.
Das Berufungsgericht behielt die Kostenentscheidung erster und zweiter Instanz gemäß § 52 Abs 1 und (gemeint:) 2 ZPO vor, sodass das Erstgericht nach rechtskräftiger Erledigung der Streitsache über die Kostenersatzpflicht auch des Revisionsverfahrens zu entscheiden hat (§ 52 Abs 3 ZPO; 7 Ob 91/13b mwN).
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