OGH 6Ob195/16v

OGH6Ob195/16v29.11.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B* GmbH, *, vertreten durch Eckert Fries Prokopp Rechtsanwälte GmbH in Baden, gegen die beklagte Partei Dr. U* B*, vertreten durch Kerle Aigner Pichler Rechtsanwälte in Innsbruck, sowie der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei S* GmbH, *, vertreten durch Dr. Wilfried Plattner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 137.822,86 EUR sA und Feststellung (Streitwert 52.928,52 EUR; Gesamtstreitwert 190.751,38 EUR) über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 11. August 2016, GZ 4 R 93/16d‑80, womit das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 11. Dezember 2015, GZ 17 C 523/11i‑68, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 22. Februar 2016, GZ 17 C 523/11i‑71, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E117208

 

Spruch:

 

 

Der Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahingehend abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.611,33 EUR (darin 268,56 EUR an USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.

Die klagende Partei ist weiters schuldig, der Nebenintervenientin die mit 6.316,44 EUR (darin 1.052,74 EUR an USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrt nach mehrmaligen Klagsausdehnungen letztlich Zahlung von 137.822,86 EUR sA an rückständigen Mieten für den Zeitraum Juli 2011 bis September 2015. Der Beklagte sei Mieter des Geschäftslokals im Haus * gewesen und habe den Mietzins nicht ordnungsgemäß bezahlt.

Der Beklagte bestritt und beantragte die kostenpflichtige Klagsabweisung. Außerdem begehrte er, festzustellen, dass das zwischen den Streitteilen bestehende Bestandverhältnis beendet sei bzw dass zwischen den Streitteilen kein Bestandverhältnis bestehe. Er behauptete zahlreiche Mängel des Bestandobjekts. Per 30. 9. 2011 habe er das Bestandverhältnis gemäß § 1117 ABGB aufgelöst.

Das Erstgericht wies die Zwischenanträge auf Feststellung ab, sprach aus, dass die Klagsforderung mit 65.292,20 EUR zu Recht und die geltend gemachten Gegenforderungen nicht zu Recht bestünden. Davon ausgehend verpflichtete es den Beklagten zur Zahlung von 65.292,20 EUR samt gestaffelten Zinsen und wies das Mehrbegehren ab.

Zusammengefasst ging das Erstgericht davon aus, dass es durch Feuchtigkeitseintritte über die Außenhautkonstruktion, durch nicht funktionierende Jalousien und die damit verbundenen Beeinträchtigungen speziell im Sommer durch Überhitzung der Räumlichkeiten bzw durch Lärm zu Beeinträchtigungen des Ordinationsbetriebs des Beklagten kam, wobei etwa ein Drittel der Bestandräumlichkeiten hauptbetroffen waren. Davon ausgehend erscheine eine Mietzinsminderung von Juli 2011 bis September 2015 von monatlich durchschnittlich 30 % als angemessen. Die geltend gemachten Gegenforderungen seien nicht berechtigt. Bei den eingewendeten Kosten für ein außergerichtliches Sachverständigengutachten handle es sich um vorprozessuale Kosten. Insoweit liege Unzulässigkeit des Rechtswegs vor. Der Betrag von 6.000 EUR für eine mangelhaft funktionierende Klimaanlage sei deshalb nicht berechtigt, weil der Beklagte die Klimaanlage der Nebenintervenientin abgelöst habe, sodass diesbezügliche Mängel nur im Verhältnis zwischen dem Beklagten und der Nebenintervenientin relevant seien. Der Anspruch auf Rückvergütung bereits entrichteter Umsatzsteuer bestehe nicht zu Recht, weil derartige steuerrechtliche Fragen im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden seien (unter Berufung auf RIS‑Justiz RS0038172). Die weiters kompensando eingewendeten Investitionen seien nicht solchen Aufwänden zuzuordnen, die vertraglich von der klagenden Partei erbracht werden hätten müssen.

Das Berufungsgericht gab einer gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der beklagten Partei nicht Folge, änderte jedoch über Berufung der Klägerin das Urteil dahingehend ab, dass die Klagsforderung mit 83.785,40 EUR zu Recht bestehe und sprach diesen Betrag samt gestaffelten Zinsen zu.

Nach Verwerfung einer Beweis‑ und Mängelrüge ging es rechtlich davon aus, dass ab September 2014 kein Anspruch auf Zinsminderung bestehe, weil der Beklagte den zur Mängelbehebung auf Ende September 2014 vereinbarten Besichtigungstermin versäumt und sich danach explizit geweigert habe, sowohl einen neuen Besichtigungstermin zu vereinbaren als auch eine Mängelbehebung zuzulassen. Die 30%ige Mietzinsminderung sei daher nur bis einschließlich August 2014 berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig; sie ist auch berechtigt.

1.1. Nach ständiger Rechtsprechung hat ein Mieter, der – etwa durch dauernde Verweigerung des Zutritts für Handwerke – die Wiederherstellung des Bestandobjekts verhindert, keinen Anspruch auf Zinsminderung (RIS‑Justiz RS0024625).

1.2. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall jedoch nicht erfüllt. Der vorliegende Fall ist nicht mit dem den Entscheidungen 7 Ob 195/00b und 6 Ob 152/03a zugrundeliegenden Sachverhalten zu vergleichen. Im Fall 7 Ob 195/00b weigerte sich der Mieter wiederholt, mit den vom Vermieter bereits mit der Mängelbehebung beauftragten Professionisten Termine zu vereinbaren. In der Entscheidung 6 Ob 152/03a wurde eine Verletzung der Mitwirkungspflichten des Mieters verneint, zumal auch der Vermieter keine konkreten Termine für die Mängelbehebung vorgeschlagen hatte.

1.3. Auch im Werkvertragsrecht verliert der Besteller das Recht zur Zurückbehaltung des Werklohns (§ 1052 ABGB), wenn er unberechtigterweise die vom Unternehmer beabsichtigte Verbesserung des vorhandenen Mangels ablehnt (RIS‑Justiz RS0021814, RS0021684 [T1]). Dies wurde etwa angenommen, wenn der Besteller bereits selbst einen Dritten mit der Verbesserung beauftragt hatte (4 Ob 23/93) oder ungerechtfertigte Bedingungen gestellt werden (1 Ob 93/11z). Hingegen wurde in der Entscheidung 4 Ob 163/11s keine Verweigerung der Mängelbehebung angenommen, obwohl der Werkbesteller aufgrund terminlicher Schwierigkeiten mehrere vom Unternehmer konkret angebotene Termine ablehnte und sich allein die Terminkoordination über zwei Monate hinzog.

1.4. Mit dieser Judikatur steht die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht im Einklang. Das Erstgericht hat festgestellt, dass der Beklagte einen Mängelbesichtigungstermin am 26. 9. 2014 übersehen habe (S 50 der Urteilsausfertigung). Der Beklagte habe sich damals an einer Hilfsaktion für Flüchtlinge im Nordirak und Syrien beteiligt und aufgrund des damit verbundenen Stresses den Termin übersehen. Im Zuge der weiteren Korrespondenz habe der Beklagtenvertreter zwar eine weitere Besichtigung abgelehnt, jedoch darauf hingewiesen, dass jederzeit ein Termin zur Mängelbehebung vereinbart werden könne. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte „sich explizit geweigert habe, eine Mängelbehebung zuzulassen“.

1.5. Ergänzend ist darauf zu verweisen, dass im September 2014 bereits das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen ON 34 vorlag und mehrere Begehungen mit dem Sachverständigen – teilweise im Beisein der klagenden Partei bzw des Klagevertreters – stattgefunden hatten, sodass nicht ersichtlich ist, welche weiteren Besichtigungen die Klägerin noch vornehmen wollte. Zu einer Mängelbehebung war der Beklagte nach den Feststellungen des Erstgerichts aber ohnedies jederzeit bereit. Dass die Klägerin anschließend Termine für eine Mängelbehebung vorgeschlagen hätte, ist den Feststellungen des Erstgerichts nicht zu entnehmen. Zusammenfassend kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte eine Mängelbehebung ablehnte.

1.6. Nicht gefolgt werden kann der Revision hingegen, soweit sich der Beklagte auf § 8 MRG beruft. Das vorliegende Mietverhältnis fällt nur in den Teilanwendungsbereich des MRG, weil das Gebäude 1995 ohne Zuhilfenahme öffentlicher Fördermittel neu errichtet wurde. § 8 MRG ist jedoch nur im Vollanwendungsbereich des MRG anzuwenden (§ 1 Abs 4 Z 1 MRG).

2. Im Übrigen billigt der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht der Vorinstanzen (§ 510 Abs 3 ZPO).

3.1. Der Beklagte hat zwar die Auflösung des Bestandverhältnisses erklärt, gleichzeitig aber bekannt gegeben, er werde das Bestandobjekt weiterhin benützen und dafür ein angemessenes Benützungsentgelt bezahlen. Die Klägerin hat die Zahlungen des Beklagten auch entgegengenommen; der Beklagte hat die Räumlichkeiten danach noch über vier Jahre weiter benützt. Wenn die Vorinstanzen bei dieser Sachlage vom Bestehen eines Bestandverhältnisses ausgingen, ist dies nicht zu beanstanden. Durch die Titulierung der bezahlten Beträge als „Benützungsentschädigung“ bzw „Benützungsentgelt“ anstatt als „Mietzins“ wird das Zustandekommen eines Mietvertrags nicht ausgeschlossen (vgl RIS‑Justiz RS0014329).

3.2. Im Übrigen hat schon das Berufungsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass der Beklagte niemals die Rückstellung des Bestandobjekts konkret angeboten hat, sondern vielmehr darauf verwiesen hat, noch Zeit für die Suche nach Ersatzräumlichkeiten zu benötigen. Schon aus diesem Grund hat aber der Beklagte weiter ein Benützungsentgelt in Höhe des bisherigen Bestandzinses zu zahlen. Die Streitteile haben im Mietvertrag ausdrücklich vereinbart, dass der Beklagte im Fall einer verspäteten Rückstellung des Bestandobjekts seine Mietzinszahlungen in unveränderter Höhe als Benützungsentgelt zu entrichten hat.

3.3. Damit besteht aber für die Stattgebung des Zwischenfeststellungsantrags kein Raum. Zudem ist der Zwischenfeststellungsantrag im vorliegenden Fall nicht präjudiziell. Selbst wenn man nämlich davon ausginge, dass das Mietverhältnis bereits durch die Erklärung des Beklagten beendet worden wäre, hätte die Klägerin dann zwar keinen Anspruch auf Mietzinszahlung, wohl aber auf ein bereicherungsrechtliches Benützungsentgelt in derselben Höhe. Auf das Vorliegen bzw den Fortbestand des Bestandverhältnisses kommt es rechtlich daher insoweit nicht an.

4. Dass die Klägerin im Mai 2016 eine Bankgarantie gezogen habe, woraus sich ergeben soll, dass dem Beklagten die Fortsetzung des Bestandverhältnisses unzumutbar geworden sei, ist schon deshalb unerheblich, weil dies erst nach dem Schluss der Verhandlung erster Instanz am 30. 9. 2015 erfolgte. Im Übrigen ist eine Unzumutbarkeit für den Beklagten nicht zu erkennen, zumal dieser jederzeit die Möglichkeit gehabt hätte, das Bestandobjekt zurückzustellen. Er hätte dieses schlicht räumen müssen und – wenn die Klägerin die Annahme der Schlüssel verweigert hätte – die Schlüssel bei Gericht hinterlegen können (vgl RIS‑Justiz RS0020818 [T4]).

5.1. Nicht gefolgt werden kann der Revision, soweit sie ausführt, der Klägerin könne kein „Benützungsentgelt“ zugesprochen werden, weil sie nur „Mietzins“ begehrt hat. Abgesehen davon, dass die Vorinstanzen davon ausgingen, dass bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ein Bestandverhältnis bestanden hat und daher der Klägerin ohnedies genau die begehrten „Mietzinse“ zuerkannt wurden, hat die Klägerin in ihrer Klage sich ausdrücklich auf Fallcode 09 „Miete/Pacht/Benützungsentgelt“ gestützt. Im Übrigen würde es auch an der rechtlichen Beurteilung nichts ändern, wenn man davon ausginge, dass das Bestandverhältnis durch die Erklärung des Beklagten beendet worden wäre. Selbst bei ausdrücklicher Bezeichnung der eingeklagten Beträge bloß als „Miete“ würde es sich dabei nämlich bloß um eine rechtliche Qualifikation handeln, bei der ein Irrtum der Klägerin unbeachtlich wäre (RIS‑Justiz RS0058348 [T3]).

5.2. Eine Beschränkung der Beurteilung des vorgetragenen Sachverhalts und des erhobenen Anspruchs auf einen bestimmten Rechtsgrund hat die Klägerin damit nicht begehrt; dies würde eine entsprechende ausdrückliche Erklärung erfordern (vgl RIS‑Justiz RS0058348 [T1]).

6.1. Soweit sich der Beklagte auf eine Anfechtung des Bestandvertrags wegen Irrtums beruft, ist ihm entgegenzuhalten, dass im Vertrag auf die Irrtumsanfechtung verzichtet wurde. Ein Vorausverzicht auf die Irrtumsanfechtung ist außerhalb des KSchG möglich und zulässig (RIS‑Justiz RS0016245). Anderes würde nur dann gelten, wenn der andere Vertragspartner den Irrtum grob fahrlässig herbeigeführt hat (RIS‑Justiz RS0016245 [T7]). Ein veranlasster Irrtum im Sinne der ersten Alternative des § 871 ABGB wird von der beklagten Partei jedoch nicht geltend gemacht.

6.2. Das Argument, der Ausschluss der Irrtumsanfechtung sei schon im Hinblick auf die Höhe der vom Beklagten getätigten Investitionen sittenwidrig, ist schon deshalb nicht stichhaltig, weil die Sittenwidrigkeit stets bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu prüfen ist (RIS‑Justiz RS0045886 [T10]), der Beklagte die Investitionen aber erst nach Abschluss des Mietvertrags vorgenommen hat.

7.1. Der Oberste Gerichtshof billigt auch die von den Vorinstanzen angenommene Mietzinsminderung von 30 % (§ 510 Abs 3 ZPO). Diesbezüglich kann uneingeschränkt auf die Begründung des Erstgerichts verwiesen werden.

7.2. Soweit der Beklagte die Unterlassung der Einholung eines arbeitsmedizinischen Gutachtens rügt, handelt es sich um einen vom Berufungsgericht verneinten Verfahrensmangel erster Instanz, der in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden kann (RIS‑Justiz RS0042963). Dass das Bestandobjekt nicht ausreichend beheizbar ist und die Räume im Sommer oftmals überhitzt waren, hat das Erstgericht zudem ohnedies festgestellt.

7.3. Wenn der Beklagte eine Überraschungsentscheidung behauptet und meint, bei Erörterung hätte er „sein Vorbringen nötigenfalls entsprechend konkretisiert“, genügt dies den von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien nicht, weil der Rechtsmittelwerber das ergänzende Vorbringen konkret darzulegen hat (RIS‑Justiz RS0037300 [T48]).

8.1. Die vom Erstgericht vorgenommene Berichtigung des Protokolls war nicht abgesondert anfechtbar (RIS‑Justiz RS0037302; Iby in Fasching/Konecny 3 § 214 ZPO Rz 3). Der Beklagte konnte daher diese Entscheidung auch erst mit dem Rechtsmittel gegen die Endentscheidung anfechten (RIS‑Justiz RS0041614; Zechner in Fasching/Konecny 2 § 515 ZPO Rz 17). Der vorbehaltene Rekurs ist in diesem Fall nicht in‑, sondern in Verbindung mit dem Rechtsmittel gegen eine spätere abgesondert anfechtbare Entscheidung auszuführen (Zechner aaO Rz 9). Allerdings schadet es nicht, wenn der Rechtsmittelwerber den Beschwerdepunkt nicht gesondert als Rekurs, sondern im Rahmen der Berufung ausführt, weil es sich dann um eine bloß unrichtige Bezeichnung des Rechtsmittels handelt (7 Ob 303/00k).

8.2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Protokollberichtigungsbeschluss sei bereits in Rechtskraft erwachsen, trifft daher nicht zu. Bei der Entscheidung des Berufungsgerichts handelt es sich allerdings um eine Entscheidung über einen Rekurs (vgl RIS‑Justiz RS0036324), sodass diese Entscheidung gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO nicht der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof unterliegt.

8.3. Zudem ist der Beklagte dadurch, dass das Erstgericht über das „angeblich“ gestellte Räumungsbegehren des Klägers nicht entschieden hat, nicht beschwert. Eine ausdrückliche Klagsabweisung in diesem Punkt hätte für den Beklagten lediglich allenfalls eine günstigere Kostenentscheidung zur Folge gehabt, was für die im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof erforderliche Beschwer jedoch nicht ausreicht (vgl RIS‑Justiz RS0002396 [insbesondere T24, T26, T27]). Ein Interesse an einer günstigeren Kostenentscheidung erster Instanz vermag die Anrufung des Obersten Gerichtshofs nicht zu rechtfertigen (RIS‑Justiz RS0002396 [T21, T22]).

9.1. Zutreffend haben die Vorinstanzen auch die Berechtigung der geltend gemachten Gegenforderungen verneint. Die Kosten eines Privatgutachtens stellen in der Regel Prozesskosten iSd § 41 ZPO dar, für die der Rechtsweg unzulässig ist (RIS‑Justiz RS0035770 [T2, T12]). Diese Kosten können aber mit gesonderter Klage verfolgt werden, wenn das Gutachten nicht in erster Linie einer (späteren) Prozessführung, sondern dazu dient, dem Auftraggeber eine Grundlage zur Ermittlung seiner Ansprüche bzw seiner Rechtsposition zu verschaffen, obwohl noch gar nicht feststeht, ob es zu einem Rechtsstreit überhaupt kommen werde (RIS‑Justiz RS0023583 [T2]). Voraussetzung ist, dass ein besonderes Interesse an der Sachverhaltsermittlung unabhängig von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in einem Prozess besteht (RIS‑Justiz RS0035826 [T1]).

9.2. Die Voraussetzungen für die selbständige Einklagbarkeit sind vom Kläger bzw im vorliegenden Fall, weil der Beklagte diese Kosten kompensando einwendet, vom Beklagten zu behaupten (RIS‑Justiz RS0035826 [T14]). Der Beklagte hat ein über den vorliegenden Rechtsstreit hinausreichendes Interesse an der Einholung eines Gutachtens über die Verglasung des Bestandobjekts nicht konkret behauptet (vgl RIS‑Justiz RS0035826 [T5]). Die Revision verweist lediglich darauf, dass sich die Klägerin am Thema Verglasung uninteressiert gezeigt habe. Damit erweist sich aber die Auffassung der Vorinstanzen, der Beklagte könne die Kosten für dieses Gutachten mangels Zulässigkeit des Rechtswegs nicht aufrechnungsweise einwenden, als nicht korrekturbedürftig.

9.3. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Vorinstanzen hinsichtlich des auf diese Gegenforderung entfallenden Betrags von 630 EUR nicht aussprechen hätten dürfen, dass die Forderung „nicht zu Recht besteht“, sondern diese Gegenforderung im Spruch zurückweisen müssen hätten (Deixler‑Hübner in Fasching/Konecny 2 § 391 ZPO Rz 48 mwN). Das Vergreifen in der Entscheidungsform hat allerdings keinen Einfluss auf die Anfechtungsmöglichkeiten der Entscheidung (RIS‑Justiz RS0036324). Da beide Vorinstanzen übereinstimmend zu der Auffassung gelangten, es liege hinsichtlich dieser Gegenforderung das Prozesshindernis der Unzulässigkeit des Rechtswegs vor, ist diese Entscheidung sowohl als Kostenentscheidung als auch als bestätigende Entscheidung nicht weiter anfechtbar (RIS‑Justiz RS0044212). Aus diesem Grund war dem Obersten Gerichtshof auch verwehrt, die unrichtige Formulierung im Spruch der Vorinstanzen im Wege einer Maßgabebestätigung zu korrigieren.

9.4. Die aufrechnungsweise eingewendeten 6.000 EUR für eine Klimaanlage betreffen nach den Feststellungen der Vorinstanzen das Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und der Vormieterin (Nebenintervenientin), die die Klimaanlage installiert hat und vom Beklagten dafür eine Ablöse erhalten hat. Entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung hat das Erstgericht nicht festgestellt, dass die Klägerin verpflichtet gewesen wäre, eine Klimaanlage zur Verfügung zu stellen. Das Erstgericht hat vielmehr – durch das Wort „und/oder“ erkennbar – verschiedene Möglichkeiten angeführt, um eine übermäßige Aufheizung der Räume im Sommer zu verhindern. Eine Verpflichtung der Klägerin zum Ersatz der Investitionskosten für die übernommene Klimaanlage kann daraus nicht abgeleitet werden.

9.5. Der Beklagte hat im Mietvertrag ausdrücklich auf einen Investitionsersatz verzichtet. Zudem hat der Beklagte das Bestandobjekt zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung am 30. 9. 2015 noch genützt. Bei dieser Sachlage besteht aber für den vom Beklagten geltend gemachten Anspruch auf Investitionsersatz keine Grundlage.

9.6. Die Entscheidung 6 Ob 44/15m betrifft einen deutlich anders gelagerten Sachverhalt. Dort war ein „Wohnrecht“ auf Lebenszeit vereinbart und die getätigten Investitionen nach nur zwei Jahren frustriert. Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte die Räumlichkeiten demgegenüber knapp fünf Jahre gemietet (vgl RIS‑Justiz RS0033883; 3 Ob 148/15h).

10.1. Zusammenfassend erweist sich daher die Entscheidung des Erstgerichts als zutreffend, sodass diese spruchgemäß wiederherzustellen war.

10.2. Die vom Erstgericht mit Beschluss ON 71 vorgenommene Berichtigung der Feststellungen hinsichtlich der vom Beklagten geleisteten Zahlungen hat keinen Einfluss auf die Höhe der Klagsforderung. Das Erstgericht hat nämlich in der die Rückstände jeweils aufsummiert darstellenden, Grundlage des Zuspruchs bildenden rechten Spalte der Tabelle auf den Seiten 50 und 51 der Urteilsausfertigung die geleisteten Zahlungen ohnehin richtig berücksichtigt und diese lediglich in der linken Spalte teilweise unrichtig angeführt. Zutreffend beschränkte sich das Erstgericht daher auf die Berichtigung der linken Spalte der Tabelle, ließ den Spruch seiner Entscheidung jedoch unverändert.

11.1. Aufgrund der Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts war auch die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren neu zu fassen. Diese und die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 43, 50 ZPO.

11.2. Im Berufungsverfahren war die Berufung des Beklagten erfolglos; er hat daher der klagenden Partei die Kosten ihrer Berufungsbeantwortung – auf Basis des zugesprochenen Betrags und der Feststellungsanträge – zu ersetzen. Auch die Berufung der Klägerin blieb erfolglos, sodass diese dem Beklagten die Kosten der Berufungsbeantwortung und der Berufungsergänzungsbeantwortung – auf Basis des eingeschränkten Betrags – zu ersetzen hat. Im Revisionsverfahren hat der Beklagte mit 14 % obsiegt, sodass er Anspruch auf Ersatz von 14 % der Pauschalgebühr hat; aber 72 % der Kosten ersetzen muss. Die Differenz ergibt den zugesprochenen Betrag. Außerdem hat die Klägerin der Nebenintervenientin die Kosten ihrer Berufungsbeantwortung und Berufungsergänzungs-beantwortung zu ersetzen.

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