European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0060OB00141.22M.0324.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Unternehmens-, Gesellschafts- und Wertpapierrecht
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Klägerin und die Beklagte arbeiteten ab 2018 im Rahmen eines Joint Venture zusammen. Ziel war die gemeinsame Entwicklung und wertbringende Veräußerung von Liegenschaftsobjekten in Wien. Zu den gemeinsamen Projektgesellschaften gehören (soweit für das vorliegende Verfahren relevant) eine Gesellschaft, an der die Klägerin zu 9,99 % und die Beklagte zu 90,01 % beteiligt sind (die B* GmbH) und eine weitere Gesellschaft, an der die Klägerin zu 50,01 % und die Beklagte zu 47,97 % beteiligt sind (die B* I* GmbH, nunmehr O* GmbH).
[2] Gegenstand des Verfahrens ist die Rückzahlung der aushaftenden Valuta samt Zinsen aus zwei Überbrückungsdarlehen („Bridge Loan Agreements“), die die Klägerin der Beklagten zum Zweck der Finanzierung dieser Projektgesellschaften gewährte.
[3] Die Vorinstanzen gaben der Klage mit Ausnahme einer in Rechtskraft erwachsenen Abweisung eines Zinsen-Teilbegehrens statt.
Rechtliche Beurteilung
[4] Die außerordentliche Revision der Beklagten ist nicht zulässig.
[5] 1.1. Die Beklagte macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, durch die vom Erstgericht abgelehnte Unterbrechung des Verfahrens bis zum Abschluss des von der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) gegen den Geschäftsführer der Beklagten und die Geschäftsführer der Projektgesellschaft B* GmbH geführten Ermittlungsverfahrens sei sie in ihrem Recht auf ein faires Verfahren beschnitten worden. Da das Ermittlungsverfahren erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz eingestellt worden sei, habe sie kein Vorbringen mehr erstatten können, wobei nicht konkretisiert wird, welchen Inhalts dieses Vorbringen gewesen wäre. Es verstoße gegen das Recht der Beklagten auf ein faires Verfahren, wenn sie kein Rechtsmittel gegen die Abweisung ihres Unterbrechungsantrags habe und ein Verfahrensmangel vom Berufungsgericht „nicht in Betracht gezogen“ werde.
[6] 1.2. Nach ständiger Rechtsprechung können vom Berufungsgericht verneinte Mängel des Verfahrens erster Instanz im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden (RS0042963; jüngst etwa 7 Ob 192/22v). Soweit das Revisionsvorbringen daher darauf abzielt, einen Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens aufzugreifen, wird damit kein tauglicher Revisionsgrund dargetan.
[7] 1.3. Soweit darin die Geltendmachung eines Mangels des Berufungsverfahrens gemäß § 503 Z 2 ZPO gesehen werden kann, ist die Rüge nicht gesetzmäßig ausgeführt:
[8] Ein dem Berufungsgericht unterlaufener Verfahrensverstoß bildet nur dann den Revisionsgrund des § 503 Z 2 ZPO, wenn er abstrakt geeignet war, eine unrichtige Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz herbeizuführen (RS0043027). Der Rechtsmittelwerber muss in seiner Verfahrensrüge daher nachvollziehbar ausführen, welche für ihn günstigen Verfahrensergebnisse zu erwarten gewesen wären, wenn der Verfahrensfehler nicht unterlaufen wäre. Andernfalls ist der Rechtsmittelgrund nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043039 [T4]). War er durch einen Verfahrensfehler an der Erstattung von Vorbringen gehindert, so hat er darzulegen, welche konkreten Behauptungen er aufgestellt hätte (vgl RS0037095 [T4, T5, T6]). Der außerordentlichen Revision lässt sich aber nicht entnehmen, welches Vorbringen die Beklagte erstattet hätte oder welche Verfahrensergebnisse erzielt worden wären, wenn das Berufungsgericht sich mit der Frage auseinander gesetzt hätte, ob ungeachtet des Anfechtungsausschlusses des § 192 Abs 2 ZPO im konkreten Fall der Beklagten die Möglichkeit einzuräumen war, nach Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens und daher ohne die Gefahr, ihren Geschäftsführer in strafrechtlicher Hinsicht zu belasten, weiteres Prozessvorbringen zu erstatten.
[9] 1.4. Die in der außerordentlichen Revision in diesem Zusammenhang relevierte Frage, ob der Rechtsmittelausschluss des § 192 Abs 2 ZPO mit Art 47, 48 GRC und Art 6 MRK in Einklang steht, erweist sich daher schon wegen der nicht gesetzmäßigen Ausführung des Revisionsgrundes des § 503 Z 2 ZPO als nicht entscheidungserheblich. Daher wird auch mit der dazu beantragten Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Vorabentscheidung gemäß Art 267 AEUV keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dargetan. Denn die Vorlage zur Lösung einer gemeinschaftsrechtlichen Frage hat nach der Rechtsprechung des EuGH unter anderem dann zu unterbleiben, wenn die aufgeworfene Frage nicht entscheidungswesentlich ist (EuGH 6. 10. 1982, Rs 283/81 , CILFIT; 15. 9. 2005, C‑495/03 , Intermodal Transport [Frage 1]; vgl RS0082949 [T4, T7]).
[10] 2.1. Bei der Auslegung von nicht in die Kompetenz der ordentlichen Gerichte fallenden Rechtsmaterien kommt dem Obersten Gerichtshof keine Leitfunktion zu (RS0116438). Er ist daher zur Fällung grundlegender Entscheidungen auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts nicht berufen, sodass die Auslegung verwaltungsrechtlicher Normen auch keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründen kann, solange den Vorinstanzen dabei keine krasse Fehlentscheidung unterlaufen ist (RS0113455 [T3]; 4 Ob 183/20w). Eine solche aufzugreifende Fehlbeurteilung liegt allerdings dann vor, wenn das Berufungsgericht die Auslegungsfrage im Widerspruch zur Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts löste (1 Ob 86/10v).
[11] 2.2. Nach § 4 Abs 1 BWG bedarf der Betrieb der in § 1 Abs 1 BWG angeführten Geschäfte einer Konzession der Finanzmarktaufsichtsbehörde. § 1 Abs 1 Z 3 BWG erfasst den Abschluss von Geldkreditverträgen und die Gewährung von Gelddarlehen (Kreditgeschäft). Eine Konzession ist erforderlich, wenn derartige Geschäfte im Inland gewerblich betrieben werden (6 Ob 110/06d).
[12] Nach § 100 BWG hat derjenige, der Bankgeschäfte ohne die hiefür erforderliche Genehmigung betreibt, keinen Anspruch auf alle mit diesem Geschäft verbundenen Vergütungen, wie insbesondere Zinsen und Provisionen.
[13] 2.3. Die Vorinstanzen lehnten die Anwendung des § 100 BWG auf den vorliegenden Fall wegen fehlender Gewerblichkeit der Kreditgewährung durch die Klägerin ab.
[14] Ausweislich der Materialien grenzt das Erfordernis der gewerblichen Tätigkeit, das allen Bankgeschäften gemeinsam ist, den Inhalt der in § 1 Abs 1 Z 1 bis 18 BWG angeführten Tätigkeiten von gleichen Tätigkeiten des privaten oder geschäftlichen Verkehrs ab. Das Wort gewerblich schließt demnach aus, dass beispielsweise schon eine gelegentliche Kredit- oder Darlehensgewährung, wie sie im privaten oder geschäftlichen Verkehr vorkommt, als ein Bankgeschäft angesehen werden kann (ErläutRV 1130 BlgNR 18. GP 113). Der Verwaltungsgerichtshof verneinte die Gewerblichkeit einer Kreditgewährung in einem Fall, in dem eine Verbindung zwischen den beteiligten Unternehmen bestand, die sich als zu einer Unternehmensgruppe gehörend verstanden. Als maßgeblich erachtete er die Frage, ob das den Kredit einräumende Unternehmen auch in anderen Fällen (mit Dritten) derartige Geschäfte tätigte oder besondere Umstände das Vorliegen der Ausnahme von der Qualifikation als Bankgeschäft gemäß § 1 Abs 1 BWG ausschließen (VwGH 2008/17/0226). Auch in der Entscheidung 2013/17/0242 betont der Verwaltungsgerichtshof den Aspekt der Vertragsbeziehung zu „Dritten“ im Gegensatz zu gesellschaftsrechtlich verbundenen Rechtssubjekten.
[15] 2.4. Die außerordentlicheRevision hält der Beurteilung des Berufungsgerichts entgegen, die zweimalige Kreditvergabe der Klägerin an die Beklagte sei in Gewinnerzielungsabsicht erfolgt. Damit wird ein Widerspruch der Beurteilung des Berufungsgerichts zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht aufgezeigt, weil nach dessen Rechtsprechung die Verrechnung eines Entgelts für die Kreditgewährung für die Qualifikation als Bankgeschäft nicht ausschlaggebend ist (VwGH 2008/17/0226 [ErwGr 2.4.]). Inwiefern eine – in der außerordentlichen Revision monierte – nicht an der Verkehrsauffassung orientierte Auslegung des § 1 Abs 1 Z 3 BWG (vgl Laurer/Kammel in Laurer/M. Schütz/Kammel/ Ratka, BWG4 [2017] § 1 Rz 2; Diwok/Göth, Bankwesengesetz [2005] § 1 Rz 5) zu einer vom Berufungsurteil abweichenden Auslegung des Tatbestandselements der „Gewerblichkeit“ führen würde, wird in der außerordentlichen Revision nicht aufgezeigt.
[16] 2.5. Dass die gesellschaftsrechtlichen Verbindungen zwischen Kreditgeberin und Kreditnehmerin in dem vom Verwaltungsgerichtshof zu 2008/17/0226 beurteilten Fall nicht deckungsgleich mit jenen sind, die die Prozessparteien in ihren „Shareholder‑Agreements“ im vorliegenden Fall vereinbarten, begründet noch keinen Widerspruch der Entscheidung des Berufungsgerichts zur genannten Entscheidung 2008/17/0226, weil auch im vorliegenden Fall eine Verbindung zwischen den Prozessparteien als Mitgesellschafterinnen in den Projektgesellschaften bestand. Da die wesentliche Wertung der Entscheidung 2008/17/0226 des Verwaltungsgerichtshofs auch in der Ent-scheidung 2013/17/0242 aufrecht erhalten wurde, sind die im Rechtsmittel herausgearbeiteten Unterschiede nicht geeignet, eine unvertretbare Auslegung des Verwaltungsrechts durch das Berufungsgericht darzutun.
[17] 3.1. Die Änderung der rechtlichen Argumentation einer Partei im Rechtsmittelverfahren stellt keine gemäß § 482 ZPO unzulässige Neuerung dar, wenn die hiezu erforderlichen Tatsachen bereits im Verfahren erster Instanz behauptet oder festgestellt wurden (RS0016473 [T9, T12]). Ob dies nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zutrifft, wirft grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO auf (RS0016473 [T14]).
[18] 3.2. Die Revision wendet sich gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, das Berufungsvorbringen der Beklagten, die Klägerin betreibe das Kapitalfinanzierungsgeschäft gemäß § 1 Abs 1 Z 15 BWG, verstoße gegen das Neuerungsverbot. Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, die Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 Abs 1 Z 15 BWG ergebe sich bereits aus dem festgestellten Sachverhalt, konkret dem Unternehmenszweck der Klägerin („Kumulierung von österreichischen Investitionen in das Eigenkapital von österreichischen Unternehmen, die Liegenschaften halten“), und den Feststellungen, dass die Beklagte als Vermögensverwalterin der von den Projektgesellschaften erworbenen Liegenschaften fungieren sollte und das Ziel des Joint Ventures zwischen der Klägerin und der Beklagten in der gemeinsamen Entwicklung und wertbringenden Veräußerung von Liegenschaftsobjekten gelegen sei:
[19] 3.3. Nach § 1 Abs 1 Z 15 BWG fällt unter die Bankgeschäfte, sofern die Tätigkeit gewerblich durchgeführt wird, das Finanzierungsgeschäft durch Erwerb von Anteilsrechten und deren Weiterveräußerung (Kapitalfinanzierungsgeschäft).
[20] Der Betrieb des Kapitalfinanzierungsgeschäfts gemäß § 1 Abs 1 Z 15 BWG, das oft als Kreditsurrogat beschrieben wird, besteht modellhaft darin, dass eine Kreditfinanzierung durch eine Equity‑Beteiligung ersetzt wird. Es handelt sich demnach um den Erwerb von Unternehmensanteilen, bei dem die Finanzierungsfunktion zentral ist (Oppitz in Oppitz/Chini, Bankwesengesetz2 [Stand 1. 7. 2021, rdb.at] § 1 BWG Rz 50).
[21] 3.4. Für den im vorliegenden Fall zu beurteilenden Anspruch ist die (behauptete) Qualifikation der Tätigkeit der Klägerin als Bankgeschäft im Hinblick auf das Bestreitungsvorbringen der Beklagten zum Zinsenbegehren der Klägerin relevant. Für dessen Berechtigung ist entscheidend, ob das zwischen den Parteien geschlossene Geschäft, in dem sich die Beklagte zur Zahlung von Zinsen verpflichtete, als ein von der Klägerin ohne die hiefür erforderlichen Berechtigungen betriebenes Bankgeschäft zu qualifizieren ist. Dies hätte gemäß § 100 BWG zur Folge, dass die Klägerin auf die damit verbundenen Vergütungen, also die vereinbarten Zinsen, keinen Anspruch hätte. Im vorliegenden Verfahren ist daher nicht zu prüfen, ob die Klägerin im Rahmen ihres Unternehmenszwecks überhaupt Bankgeschäfte betreibt, sondern nur, ob die zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossenen „Bridge Loan Agreements“, in denen sich die Beklagte zur Zahlung von Zinsen verpflichtete, als Bankgeschäfte zu qualifizieren sind.
[22] 3.5. Nach dem festgestellten Sachverhalt schlossen die Streitparteien Überbrückungsdarlehen, in denen als Gegenleistung Zinsen vereinbart wurden. Aus den in der außerordentlichen Revision hervorgehobenen Feststellungen ergibt sich hingegen noch kein gegen Zinsen vereinbarter „Erwerb von Anteilsrechten und deren Veräußerung“ im Verhältnis zwischen den Streitparteien. Da es für die Anwendung des § 1 Abs 1 Z 15 BWG – entgegen dem Revisionsvorbringen – an den dafür erforderlichen Tatsachenfeststellungen fehlt, begründet es keine vom Obersten Gerichtshof im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung, dass das Berufungsgericht die Inanspruchnahme dieses Tatbestands durch die Beklagte als unzulässige Neuerung beurteilte.
[23] 4. Beim sogenannten partiarischen Darlehen besteht die Gegenleistung des Darlehensnehmers nicht in der Zahlung von Zinsen, sondern in einer Beteiligung am Gewinn des mit dem Darlehen finanzierten Geschäfts des Darlehensnehmers (8 Ob 553/89; Kellner in Rummel/Lukas, ABGB4 [2022] §§ 983, 984 Rz 92; Artmann in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ [2016] § 1175 ABGB Rz 74; Warto in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 [Stand 15. 1. 2021, rdb.at] § 1175 Rz 51). Das Berufungsgericht erkannte keine Anhaltspunkte für die Auslegung der „Bridge Loan Agreements“ als partiarische Darlehen mit Gewinnbeteiligung. Mit dem Revisionsvorbringen, aus den hier gegenständlichen Immobilienprojekten seien noch keine Gewinne geflossen, wird nicht dargetan, dass dem Berufungsgericht bei der stets einzelfallabhängigen Vertragsauslegung (vgl RS0042936) eine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen wäre.
[24] 5.1. Die Beklagte macht als weitere Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung geltend, es fehle an nach Umsetzung der RL 2011/7/EU (Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. 6. 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr [2000/35/EG ], ABl L 200/35; Neufassung vom 16. Februar 2011 [2011/7/EU , ABl L 48/1]; künftig: Zahlungsverzug-RL) ergangener Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob der Kreditnehmer nach Fälligstellung der Kreditverträge durch die Kreditgeberin über die niedrigeren gesetzlichen Verzugszinsen hinaus die höheren vertraglichen Zinsen zu zahlen habe. Darüber hinaus sei die Rechtsprechung des (deutschen) Bundesgerichtshofs zu beachten, wonach die Verpflichtung zur Zahlung von höheren Vertragszinsen nach Fälligstellung ende, weil es dann keine legitime Erwartungshaltung der Kreditgeberin mehr gebe, diese zu erhalten.
[25] 5.2. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gebühren bis zur Tilgung der Schuld Verzugszinsen nach dem höheren Zinsfuß der vertraglichen Zinsen, wenn die Vertragszinsen die gesetzlichen Zinsen übersteigen (1 Ob 20/94 ecolex 1996, 168 [Graf] = ÖBA 1996, 549 [Rebhahn]; zur älteren Rechtsprechung RS0003088; so auch Bollenberger in Apathy/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht IV² [2012] Rz 1/73).
[26] 5.3. Unabhängig von der Höhe der vertraglichen Kredit- bzw Darlehenszinsen steht es den Parteien darüber hinaus frei, die Höhe des Verzugszinssatzes zu vereinbaren, weil § 1333 Abs 1 ABGB dispositiv ist (vgl nur 10 Ob 14/18h [ErwGr 2.2.3] ecolex 2018/208, 511 [Kurz] = VbR 2018/79, 149 [Haghofer]; Danzl in KBB6 [2020] § 1333 Rz 6).
[27] Auf Vertrag beruhende Verzugszinsen unterliegen – nach allgemeinen Regeln – den Grenzen der Sittenwidrigkeit, weiters enthält § 1335 ABGB eine Art „Wuchergrenze“ (RS0119802). Bedenken gegen die Höhe des Zinssatzes oder im Hinblick auf § 1335 ABGB macht die Beklagte aber nicht geltend. Soweit in der außerordentlichen Revision pauschal auf die Zahlungsverzug-RL hingewiesen wird, wird nicht dargetan, welche Schlüsse die Beklagte daraus für den hier zu beurteilenden Fall ziehen will.
[28] 5.4. Aus dem Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Beklagte ebenfalls nichts zu gewinnen. Dieser judiziert zwar, dass der Darlehensgeber im Fall der Kündigung des Darlehens wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers für die Zeit nach der Kündigung keinen vertraglichen Zinsanspruch mehr hat (BGH XI ZR 445/17 vom 20. 2. 2018, Rz 19 [siehe dort auch zu den anstatt dessen in Betracht kommenden Ansprüchen]; XI ZR 313/98 vom 8. 2. 2000 WM 2000, 718 = NJW 2000, 1408). Diese Rechtsprechung enthält allerdings keine Aussage zu vertraglich vereinbarten Verzugszinsen (vgl dazu etwa Samhat in Ellenberger/Bunte, Bankrechts-Handbuch6 [2022] § 53 Rz 14, § 55 Rz 57 f).
[29] 5.5. Im vorliegenden Fall stellten die Vorinstanzen jene Vertragsbestimmungen fest, nach denen der vertraglich vereinbarte Zinssatz auf der Grundlage der tatsächlichen Anzahl der Tage zu zahlen ist, an denen die Valuta dem Kreditnehmer zur Verfügung gestellt wurde, und zwar bis zum Rückzahlungstermin oder bis zu dem früheren (oder späteren) Termin, an dem die Valuta einschließlich der aufgelaufenen Zinsen vollständig zurückgezahlt wird (Punkte 1.1. und 1.4. der „Bridge Loan Agreements“).
[30] Die außerordentliche Revision lässt diese Vereinbarung, die die Verzinsung in Höhe des Vertragszinssatzes auch für den Zeitraum nach Eintritt der Fälligkeit bis zur tatsächlichen Rückführung vorsieht, gänzlich außer Acht. Sie zeigt daher in diesem Zusammenhang keine Rechtsfrage der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf.
[31] 5.6. Die Anregung, einen Antrag auf Vorabentscheidung an den EuGH zu stellen, der darauf basiert, dass keine vertragliche Regelung der Verzugszinsen getroffen wurde, geht nicht vom hier zu beurteilenden Sachverhalt aus. Ihr ist daher mangels Präjudizialität der Fragestellung nicht nachzukommen.
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