OGH 1Ob20/94

OGH1Ob20/9417.10.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ä*****, vertreten durch Dr.Heinz Wille, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen 5,167.025,52 S sA, infolge Rekurse beider Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgerichts vom 25.Februar 1994, GZ 14 R 40/93-143, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 3.November 1992, GZ 52a Cg 1021/87-138, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Keinem der Rekurse wird Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Das BMF untersagte der *****Bank für Teilzahlungskredite Gesellschaft mbH (vormals Bank für Teilzahlungskredite „A*****“ GmbH, im folgenden nur Bank) - als deren Staatskommissär nach § 103 GmbHG zufolge Bescheids des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) vom 11.Dezember 1962 Dr.Nikolaus H***** fungierte - am 9.Februar 1976 den Abschluß neuer Geschäfte, die geeignet wären, den Geschäftsbetrieb über den bestehenden Umfang hinaus auszuweiten. Das Landesgericht für ZRS Graz ordnete am 19.Februar 1976 die Geschäftsaufsicht für die Bank an und eröffnete über deren Vermögen am 16.Mai 1977 den Konkurs. Die klagende Anlegerin und Nichtbankkundin hatte ab 8.Oktober 1973 unter der Vereinbarung einer Verzinsung von 8 % bzw 10 % auf mehreren Konten verschiedene Einlagen bei der zufolge der Genehmigung des BMF zum Einlagengeschäft mit Nichtbankkunden nicht berechtigten Bank getätigt und im Konkurs nur einen Teil davon zurückerhalten.

Die klagende Partei begehrte mit ihrer im August 1980 eingebrachten Klage von der beklagten Republik Österreich aus dem Titel der Amtshaftung zuletzt 5,167.025,52 S sA und brachte hiezu vor, wegen einer Verletzung der dem BMF durch das KWG 1939 auferlegten gesetzlichen Aufsichtspflicht und der daraus resultierenden verspäteten Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Bank, deren Zusammenbruch Folge eines langjährigen wirtschaftlichen Niedergangs gewesen wäre, habe sie einen Vermögensschaden in der Höhe des Klagsbetrags erlitten, weil sie ihre Gelder zwischenzeitig hätte woanders anlegen können.

Die beklagte Partei wendete im wesentlichen ein, das BMF sei seiner gesetzlichen Aufsichtspflicht nachgekommen. Ohne die Gefahr eines Ermessensmißbrauchs hätte es nicht früher, als tatsächlich geschehen, die Untersagung des Betriebs aussprechen dürfen. Die klagende Partei habe die Kapitalbeträge zurückerhalten, Gegenstand der Klagsforderung seien ausschließlich Zinsen, für die unzulässigerweise Zinseszinsen begehrt würden.

Der Oberste Gerichtshof war in dieser Rechtssache bereits zu AZ 1 Ob 42/81 (ON 15; veröffentlicht in SZ 54/143) und AZ 1 Ob 47/86 (ON 73, veröffentlicht in SZ 60/33 = JBl 1987, 386 = ÖBA 1987, 403 = RdW 1987, 196) befaßt. Auf den dort wiedergegebenen wesentlichen Sachverhalt, der auch jetzt von den Tatsacheninstanzen vollständig übernommen wurde, wird verwiesen, im besonderen auf die Beschwerde des Hauptverbands der österr. Sparkassen im Brief vom 10.September 1973, daß die Bank ihre Befugnisse überschreite und die einschlägigen Bestimmungen des Habenzinsabkommens verletze, und die daraus resultierende amtliche Tätigkeit von Organen des BMF bzw deren Nichttätigkeit bis zur Konkurseröffnung über das Vermögen der ATS-Bank (Seiten 5 bis 15 der Vorentscheidung 1 Ob 47/86).

Das Erstgericht gab im zweiten Rechtsgang dem Klagebegehren mit einem Teilbetrag von 4,637.724,73 S samt 4 % (gestaffelter) Zinsen statt und wies das Mehrbegehren von 529.300,79 S sA ab. Dazu stellte es neben einer eingehenden Schadensberechnung ergänzend fest:

Mit Notariatsakt vom 15.Jänner 1971 erwarb Horst M***** (im folgenden nur Gesellschafter) 49 % der Geschäftsanteile der Bank um 4,9 Mio S sowie am 16.Juli 1971 die restlichen 51 % um 5,1 Mio S vom früheren Gesellschafter und Geschäftsführer Josef G*****. Den Abtretungspreis von 4,9 Mio S brachte der Gesellschafter durch „Übergabe von Schecks“ über 3 Mio S sowie einen ihm von der Bank eingeräumten Kredit über 1,9 Mio S auf, für den der frühere Gesellschafter gegen Verpfändung dieser 49 % Geschäftsanteile bürgte. Der frühere Gesellschafter erhielt in bar 1,9 Mio S und am 20.Juli 1971 4,515 Mio S; die Differenz zum Abtretungspreis von 5,1 Mio S setzte sich aus nicht ausbezahlten Finanzverlusten und Abzügen zusammen. Der Gesellschafter wurde mit Generalversammlungsbeschluß vom 19.Juli 1971 zum Geschäftsführer der Bank bestellt und seine Bestellung am 29.Juli 1971 im (szt.) Handelsregister eingetragen. Eine Anzeige gemäß § 5 KWG 1939 an das BMF erfolgte vorerst nicht.

Bei der anläßlich des Ausscheidens des Gesellschafters als deren Leiter am 28.Juli 1971 abgehaltenen Vorstands- und Aufsichtsratssitzung der Raiffeisenkasse L***** ergab sich ein Kreditstand von 36 Mio S (Privatkredit des Gesellschafters 4,05 Mio S, Kredit *****technik L***** 6,3 Mio S, Verbindlichkeiten der Bank 2 Mio S, notleidende Refinanzierungskredite 13,9 Mio S, Wechseleskompt-Rahmen: *****technik ***** 3,8 Mio S, *****technik ***** 1,5 Mio S). Der Vorstand der Raiffeisenkasse hatte dem Gesellschafter neben seiner Tätigkeit als deren Leiter die Weiterführung seiner Unternehmen *****technik ***** und *****technik ***** zusammen mit N. K***** genehmigt und auch für diese Unternehmen verschiedene Kredite gewährt, mit Sicherheit auch einen Kredit über 1 Mio S zum Ankauf von Geschäftsanteilen der Bank. Bei dieser Vorstands- und Aufsichtsratssitzung traf der Gesellschafter mit dem Vorstand der Raiffeisenkasse folgende Rückzahlungsvereinbarung: Verbindlichkeit des Gesellschafters von 4,05 Mio S in monatlichen Rückzahlungsraten von 135.000 S ab Jänner 1972, Verbindlichkeiten der *****technik ***** von 4,5 Mio S in 30 Monatsraten von 150.000 S ab Jänner 1972, Verbindlichkeiten der *****technik ***** von 6,3 Mio S in 30 Monatsraten von 210.000 S. In Ansehung der übrigen Verbindlichkeiten, von welchen die notleidenden Refinanzierungskredite die größten Probleme bereiteten, einigten sich der Vorstand der Raiffeissenkasse und der Gesellschafter nach langen Verhandlungen gegen Ende 1971 dahin, daß die Raiffeisenkasse der Bank „eine Art Festgeld“ von 7 Mio S, rückzahlbar am 1.Jänner 1976 in Monatsraten von etwa 310.000 S, und ein Darlehen von 6,9 Mio S, rückzahlbar am 1.Jänner 1974 in 24 Monatsraten, gewährt.

Das BMF forderte aufgrund einer Beschwerde des österr. Genossenschaftsverbands die Bank mit Schreiben vom 28.Juli 1971 auf, die aufgrund ihrer Werbung erkennbare Absicht, „Bank-Geldanlagebücher“ auszugeben und für täglich fällige Einlagen 5,5 % Zinsen (p.a.) zu bezahlen, im Hinblick auf die der Bank zustehende Bewilligung zu unterlassen, und ersuchte um Vorsprache eines informierten Vertreters. Am 3.August 1971 sprach der frühere Gesellschafter der Bank für diese in der Abteilung 17 des BMF vor und erklärte, der Gesellschafter habe vor längerer Zeit 49 % der Geschäftsanteile der Bank und im Juli 1971 die restlichen 51 % erworben, und deponierte die Absicht der Bank, ihren Sitz in ein Straßenlokal zu verlegen; ein entsprechender bezüglicher Antrag werde noch gestellt. Der Gesellschafter habe der Presse gegenüber eine attraktivere Führung der Teilzahlungsbank angekündigt, eine darauf abzielende Werbebroschüre sei noch nicht im Umlauf. Der zuständige Beamte des BMF hielt dem entgegen, daß diese Angaben mit einem Schreiben der Steiermärkischen Sparkasse vom 2.August 1971 in Widerspruch stünden, und verwies den abtretenden Gesellschafter der Bank auf den genehmigten Unternehmensgegenstand ebenso wie auf die Tatsache, daß die Bank - wie die anderen Teilzahlungskreditinstitute - nicht berechtigt sei, Einlagen entgegen zu nehmen. Sollten Gelder zur Verfügung von Versicherungsgesellschaften entgegengenommen werden, geschehe dies in Form von Darlehen, wofür eine Bankgarantie einer „Muttergesellschaft“ der Teilzahlungsbank erforderlich sei. Der frühere Gesellschafter wurde (im BMF) aufgefordert, die Ausgabe von Bank-Geldanlagebüchern einzustellen, schriftlich die Eigentumsverhältnisse an den Geschäftsanteilen darzulegen, bekanntzugeben, ob eine Änderung in der Geschäftsführung eingetreten sei, und insofern einen Handelsregisterauszug neuesten Datums vorzulegen; weiters wurde er darauf hingewiesen, daß eine Änderung des Gesellschaftsvertrags iS des GmbHG und des KWG der Zustimmung des BMF bedürfe. Das BMF richtete ein Schreiben gleichen Inhalts an die Bank und trug dieser wegen der Unzulässigkeit der Ausgabe von Bank-Geldanlagebüchern auf, die Rückzahlung der auf diesem Weg hereingenommenen Einlagen nachzuweisen. Die Bank gab darauf mit Schreiben vom 5.August 1971 dem BMF die nunmehrigen Gesellschafts- und Geschäftsführungsverhältnisse, die beabsichtigte Änderung des Gesellschaftsvertrags zur Anpassung an die nunmehr bestehende Situation sowie die beabsichtigte Erhöhung des Stammkapitals bekannt. Die Bank erklärte mit weiterem Schreiben vom 16.August 1971, die Ausgabe von Bank-Geldanlagebüchern sei mit sofortiger Wirkung eingestellt worden - ob diese Zusage der Bank durch den Staatskommissär überprüft wurde, ist nicht feststellbar - und ersuchte um Genehmigung der Verlegung des Firmensitzes. Am 26.August 1971 bestanden noch Bedenken, die beantragten Genehmigungen zu erteilen. im Akt Zl. 322.340-17/1971 des BMF findet sich folgender Vermerk des Leiters der Sektion III:

„Ich habe Bedenken, die Genehmigung jetzt schon zu erteilen. Wie sind die Vermögensverhältnisse des Herrn ... (Gesellschafter) ? Wer hat verkauft und zu welchem Preis ? Ist die Trennung von der Raiffeisenbank ... wirklich so unproblematisch gewesen ? Alles was Herr ... (Gesellschafter) uns gegenüber gezeigt hat, dient nicht zur Beruhigung. Er soll seine neuen Ideen konkretisieren. Ist der Verkauf ohne unsere Genehmigung überhaupt schon wirksam ?“

Am 1.September 1971 sprach der Gesellschafter mit seinem Rechtsvertreter über Aufforderung des Leiters der Sektions III des BMF dort vor. Bei diesem Gespräch erklärte der Rechtsvertreter, daß die Beiziehung des Staatskommisärs zur Generalversammlung im Juli 1971 aufgrund seiner Rechtsauffassung über die einschlägigen Bestimmungen des GmbHG unterblieben sei. Der Sektionsleiter wies darauf hin, jedenfalls müsse Klarheit darüber bestehen, mit welchen Mitteln und aufgrund welcher Vermögensverhältnisse der Gesellschafter imstande sei, das Unternehmen zu führen. Der Gesellschafter gab bekannt, daß er Miteigentümer eines großen Geschäftshauses (Verkehrswert 8 Mio S) sei, in Wien über ein wertvolles Mietrecht und auch in Linz über Vermögenswerte verfüge, und erklärte auch, daß Maximilian (Graf) S***** sich grundsätzlich bereit erklärt habe, sich am Unternehmen zu beteiligen und allenfalls Bürgschaften in Höhe von mehreren Mio S zu übernehmen. Das BMF nahm mit Schreiben vom 23.September 1971 die Bestellung des Gesellschafters zum Geschäftsführer gemäß § 8 KWG zur Kenntnis, genehmigte die Verlegung des Firmensitzes und wies darauf hin, daß im Gesellschaftsvertrag eine Bestimmung über den Staatskommisär aufzunehmen sein werde, das Gesellschaftskapital mit 1 Mio S für eine Kreditunternehmung unzureichend erscheine und die Eigenmittel in absehbarer Zeit aufzustocken seien. Dem BMF lagen zu diesem Zeitpunkt der Handelsregisterauszug, die Bestätigung der genannten Raiffeisenkasse über das Ausscheiden des Gesellschafters zum 10.August 1971, das Dienstzeugnis der genannten Raiffeisenkasse vom 30.Juni 1971, der Lebenslauf des Gesellschafters, der Grundbuchsauszug betreffend das Hälfteeigentum des Gesellschafters an einer Liegenschaft sowie das Schätzungsgutachten über den Wert dieser Liegenschaft vor. Am 11.November 1971 genehmigte das BMF die Begebung weiterer Stammanteile von 9 Mio S, von denen 4,5 Mio S bar eingezahlt waren.

Es kann nicht festgestellt werden, ob vom BMF bei der Raiffeisenkasse zur Klärung der am 26.August 1971 geäußerten Bedenken Nachfrage gehalten wurde und ob bei einer derartigen Nachfrage Auskunft über den Inhalt der Vorstandssitzung vom 28.Juli 1971 erteilt worden wäre.

Am 19.Jänner 1972 legte die Bank dem BMF den Notariatsakt über ihre ordentliche Generalversammlung vom 29.Oktober 1971 (anwesend war auch der Staatskommissär), den Notariatsakt über die Übernahme von weiteren 9 Mio S an Stammkapital, eine Kopie des Handelsregisterauszugs über diese Kapitalerhöhung sowie den zum Juli 1971 erstellten und samt dem Geschäftsbericht testierten Jahresabschluß 1970, der bei einem Stammkapital von 1 Mio S einen Jahresverlust von 430.073,20 S aufwies, vor. Das BMF hielt am 2.Februar 1972 in Bearbeitung dieser Vorlage fest, ein Eingehen auf den zum 31.Dezember 1970 erstellten Prüfungsbericht über den Jahresabschluß erscheine im Hinblick auf den Zeitablauf und die seitdem erfolgten gesellschaftsrechtlichen und kapitalmäßigen Veränderungen wohl kaum zweckmäßig. Ob das BMF Erhebungen darüber anstellte, wie der Gesellschafter die Geldmittel zur Erhöhung des Stammkapitals der Bank aufbrachte, ist nicht feststellbar. Der Gesellschafter hatte zum Erwerb der Geschäftsanteile der Bank und zur Erhöhung von deren Stammkapital Kredite aufgenommen: Auf den Gesamtabtretungspreis von 9,415 Mio S brachte der Gesellschafter nur den Barbetrag von 1,62 Mio S selbst auf, den Rest von 7,795 Mio S hingegen „durch Umbuchung auf diverse Kreditkonten“. Die Kapitalerhöhung um 9 Mio S war fremdfinanziert: 4 Mio S bei der Anglo Elementar Versicherung, 4,5 Mio S 1972 „durch Umbuchung vom Privatkonto ... (Gesellschafter) buchmäßig eingebracht“, das heißt dadurch, daß dieser Betrag einem Kreditkonto des Gesellschafters angelastet wurde, sodaß die Bank einen Teil der Kapitalerhöhung als Forderung gegenüber dem Gesellschafter ausweist; der Restbetrag wurde einem Anlagekonto, lautend auf K***** entnommen, welches bei Eröffnung einen Stand von 750.000 S aufwies.

Die Bank legte dem BMF am 10.April 1972 den berichtigten Gesellschaftsvertrag, am 12.Dezember 1972 den Jahresabschluß 1971 (Reingewinn 27.838,98 S) samt Geschäftsbericht und Protokoll über die Generalversammlung vom 1.Dezember 1972 sowie am 17.Juli 1973 den Jahresabschluß für das Geschäftsjahr 1972 (Reingewinn 61.812,78 S) vor. Die Jahresabschlüsse der Bank für 1971 bis 1975 waren vom Abschlußprüfer uneingeschränkt testiert worden, wogegen das Unternehmen tatsächlich 1971 mit 1,386 Mio S, 1972 mit 1,445 Mio S, 1973 mit 10,106 Mio S, 1974 mit 32,521 Mio S und 1975 mit 76,641 Mio S, jeweils bezogen auf den Jahresletzten, überschuldet war. Der Grund des wirtschaftlichen Niedergangs der Bank lag vor allem darin, daß bedeutende Forderungen der Bank uneinbringlich waren. Die Masse der von der Bank vergebenen Kredite war auf einige wenige Kreditnehmer konzentriert (28 Einzelkredite von je über 1 Mio S), sodaß bereits der Ausfall eines Schuldners zu größeren Einbußen führen mußte. Ende 1971 bzw 1972 war die Überschuldung so gering, daß sie nur bei einer eingehenden Analyse der gesamten Geschäftsgebarung feststellbar gewesen wäre. Die Überschuldung hätte in den ersten Monaten 1974 bei einem Studium der Kreditakten erkannt werden können; dabei hätte zwar nicht eine bloß stichprobenartige Überprüfung, wohl aber eine intensive Beschäftigung mit den bedeutendsten Krediten die Lage des Unternehmens zutage gefördert. Ab dem 19.Juli 1974, an dem die testierte Bilanz 1973 der Generalversammlung vorgelegt wurde, war die finanzielle Situation der Bank auch ohne Einsatz tiefgehender Untersuchungsmethoden erkennbar.

Das BMF nahm keine Auswertung der Jahresabschlüsse und Geschäftsberichte für 1971 und 1972 vor. Eine materielle Prüfung hätte ergeben, daß das Stammkapital von 10 Mio S zu 55 % bar eingezahlt und die Bilanzsumme gegenüber 1.Jänner 1971 enorm gestiegen war. Insbesondere wurde selbst im Geschäftsbericht hervorgehoben, daß die aufgenommenen Gelder seit 1.Jänner 1991 von 11,115 Mio S auf 55 Mio S um 495 % gestiegen seien, wobei jedoch in der Bilanz 1970 90 % der Gläubiger Kreditinstitute waren, während zum 31.Dezember 1971 die aufgenommenen Gelder nur noch zu 60 % von Kreditunternehmen stammten. Der Anteil Position Schuldner bei den Aktiven hatte sich im Berichtsjahr auf 66,66 % der Bilanzsumme erhöht, der Anteil der Position Gläubiger bei den Passiven betrug 81,63 %. In den Bilanzen 1971 bis 1973 fehlte jeweils die Position Einzelwertberichtigung. Eine Bankbilanz, die keine Einzelwertberichtigung enthält, muß falsch sein, sofern es sich nicht um eine Spezialbank handelt, die nur verbürgte Kredite ausfolgt. Die fehlende Einzelwertberichtigung in den Bilanzen hätte einem Fachmann auffallen können. Sammelwertberichtigungen in der Bilanz reichen nicht aus. Die eingehende Auswertung des Jahresabschlusses hätte die fehlenden Ausweisung einer Einzelwertberichtigung ergeben und zu einer zumindest stichprobenweisen Prüfung der einzelnen Schuldner und der von ihnen bereitgestellten Sicherheiten führen müssen. Bei diesen wäre vor allem auf die rechtlich einwandfreie Vereinbarung (Eigentumsvorbehalt) zu achten gewesen. Zu überprüfen wäre auch die für den Umfang des Geschäfts sehr wesentliche Zunahme der Betriebs- und Geschäftsausstattung gewesen. In der Bilanz 1972 tauchten erstmals Eventualverbindlichkeiten von 4,8 Mio S auf, die einer Aufgliederung bedurft hätten. Die Ertragslage der Bank war schon ab 1971 als angespannt anzusehen, insbesondere waren darin Reserven, die etwaige Forderungsverluste hätten bedecken können, nicht enthalten.

Für die Staatskommissäre erstellte der zuständige Sektionschef 1964 Richtlinien, die auch dem hier befaßten Staatskommissär bekanntgemacht wurden und ua wie folgt lauten:

„... 2.) Der Staatskommissär oder sein Stellvertreter haben über ihre Tätigkeit der Abteilung, durch die sie bestellt wurden, und der Aufsichtsbehörde periodische Berichte über ihre Tätigkeit zu erstatten, u.zw. mindestens einmal im Jahr. In diesen periodischen Berichten ist über die Tätigkeit des Staatskommissärs und die von ihm gemachten besonderen Wahrnehmungen bei dem Kreditinstitut kurz und zusammenfassend Mitteilung zu machen. Wenn möglich ist der jährliche Bericht an Hand der Bilanzergebnisse zu erstellen.

3.) Besondere Vorfälle, die nach Ansicht des Staatskommissärs für die Aufsichtsbehörde von Interesse sein könnten, sind unabhängig von der periodischen Berichterstattung aus Anlass der bei den Sitzungen gemachten Wahrnehmungen der Aufsichtsbehörde aktenmäßig zur Kenntnis zu bringen. Vor allem wird dies für Vorkommnisse in Betracht kommen, die die Bestellung und das Ausscheiden von Geschäftsleitern, Übernahme dauernder Beteiligungen an einem anderen Kreditinstitut, Kapitalveränderungen und die Errichtung und Schliessung von Zweigstellen betreffen. Auch Ereignisse, die zwar nicht protokolliert wurden, die aber nach Ansicht des Staatskommissärs vom Standpunkt der Aufsichtsbehörde von Bedeutung sind, unterliegen dieser Berichterstattungspflicht. Nach Erstellung und Beschlussfassung über die Bilanz hat der Staatskommissär einen Geschäftsbericht des Institutes von diesem anzufordern und dem Akt anzuschliessen. Ein solcher Geschäftsbericht kann zum Anlaß eines Kommentars des Staatskommissärs für die Aufsichtsbehörde genommen werden. Besondere Aufmerksamkeit hat der Staatskommissär der Liquiditäts- und Kreditpolitik des Unternehmens zu widmen, wobei er die Grundgedanken der §§ 11 bis 18 des Kreditwesengesetzes im Auge behalten soll. ...“

Der Staatskommissär nahm zwar an den Generalversammlungen der Bank teil, erstattete jedoch keine Berichte, wie in den Richtlinien vorgesehen, ja er wurde erst durch das BMF auf die im Jahr 1971 erhobenen Vorwürfe des verbotenen Einlagengeschäfts der Bank aufmerksam gemacht. Der Staatskommissär nahm weiters keine Bonitätsprüfung der Kreditnehmer der Bank durch Einsicht in die Kreditakten und erst 1975 über Antrag des zuständigen Sektionschefs des BMF eine Statusprüfung vor. Nur eine stärkere Einschaltung des Staatskommissärs in die Geschäftsabwicklung der Bank hätte schon vor Einsicht in den Geschäftsbericht 1973 mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Verfahren auf Untersagung der Fortführung der Geschäftsführung geführt.

Bei Zinssätzen für Termineinlagen gab es je nach der Liquiditätslage der Teilzahlungsbank Überschreitungen der Marktzinssätze der Terminaleinlagen in Höhe von durchschnittlich 1/4 % p.a. Die Zinssätze für Terminaleinlagen von sechs Monaten bis zu einem Jahr bewegten sich in der Nähe des Höchstzinssatzes bonifizierter Spareinlagen. Hätte die klagende Partei ihre Termineinlagen bei anderen Banken getätigt, wäre ihr dies zu folgenden Zinssätzen zuzüglich 1/4 % p.a. möglich gewesen:

VI/1974 7 %, IV/1975 7,5 %, I/1976 6,5 %, I/1977 7,75 %, VI/1978 7,25 %, 12.1.1979 7,75 %, 1.7.1980 9 %, 23.7.1980 9,5 %, 29.9.1981 11 %, 17.2.1982 10,5 %, 23.4.1982 9,5 %, 15.9.1982 8,75 %, 1.11.1982 8,5 %, 1.1.1983 7,75 %, 1.4.1983 7 %, 1.6.1983 6,5 %, 19.8.1985 6,25 %, 1.10.1985 6 %, 1.6.1986 5,75 %, 1.7.1986 5,5 %, 1.2.1987 5 %, 15.6.1987 4,5 %, 15.12.1987 4 %.

Im Konkurs der Bank mußte die klagende Partei 53.506,37 S an Vertretungskosten aufwenden. Die Aufforderungsschreiben der klagenden Partei langten bei der beklagten Partei am 13.Mai 1980 bzw 19.August 1980 ein. Die beklagte Partei gestand die gesetzlichen Verzugszinsen ab Einlangen des Aufforderungsschreibens zu.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht im wesentlichen die Auffassung, daß der Staatskommissär seine Pflichten aufgrund der internen Richtlinien des BMF verletzt habe. Seine stärkere Einschaltung in die Geschäftsabwicklung hätte schon vor Einsicht in den Geschäftsbericht 1973 mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Verfahren auf Untersagung der Fortführung der Geschäftsführung gemäß § 6 KWG 1939 geführt. Weiters hätte die Bestellung des Alleingesellschafters zum Geschäftsführer zu einer Überprüfung seiner Eignung nach § 4 KWG 1939 führen müssen. Ebensowenig sei die Beschaffung der Mittel für die Erhöhung des Stammkapitals überprüft worden. Durch diese Versäumnisse des BMF sei die bereits vorhandene Überschuldung nicht erkannt worden. Die beklagte Partei habe den Beweis nicht erbracht, durch geeignete Maßnahmen vor dem 8.Oktober 1973 wären die später nicht zur Gänze zurückgezahlten Einlagen der klagenden Partei nicht verhindert worden. Vielmehr wäre schon vor dem 8.Oktober 1973 die Fortführung des Geschäftsbetriebs nach § 6 KWG 1939 angesichts der mangelnden Eignung des Geschäftsführers zu untersagen gewesen. Bis zum Aufforderungsschreiben seien die Zinsen jährlich in der banküblichen Höhe zu kapitalisieren gewesen. Darüberhinaus stünden nur gesetzliche Zinsen zu.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf, weil die erste Instanz bei ihrer Entscheidung das von der klagenden Partei modifizierte Urteilsbegehren ON 48 mit vier behaupteten, weiteren Teilzahlungen nicht berücksichtigt habe, worüber im fortgesetzten Verfahren entsprechende Feststellungen zu treffen sein würden. Auch werde die weitere Zinsenentwicklung bei der vom Berufungsgericht im einzelnen dargestellten Schadensberechnung zu berücksichtigen sein.

In rechtlicher Hinsicht ging die zweite Instanz im wesentlichen davon aus, der klagenden Partei sei der Beweis einer Verletzung der Aufsichtspflicht des BMF gelungen, weil es diese über weite Strecken überhaupt unterlassen habe. Hingegen sei der beklagten Partei der Beweis nicht gelungen, daß diese Unterlassungen für den Schadenseintritt nicht kausal gewesen seien. Bei geordneter Aufsicht über die Bank wären die Einzahlungen der klagenden Partei unterblieben, diese hätte ihre Gelder bei einer anderen Bank anlegen können. Der Staatskommissär sei nicht einmal seiner Pflicht zur periodischen Berichterstattung (mindestens einmal jährlich) nachgekommen. Diesem Umstand komme deshalb besondere Bedeutung zu, weil ab der Bestellung des Gesellschafters zum alleinigen Geschäftsführer der Bank deren innere Kontrollmechanismen weitgehend ausgeschaltet gewesen seien. Der Staatskommissär sei zur Generalversammlung, in der diese Geschäftsführerbestellung beschlossen worden sei, gesetzwidrig nicht geladen worden, die Bestellung sei auch entgegen den Bestimmungen des KWG 1939 dem BMF nicht bekanntgegeben worden. Zu diesem Zeitpunkt seien bereits Beschwerden über die konzessionswidrige Ausgabe von Bank-Geldanlagebüchern vorgelegen, die zur erstmaligen Untersagung solchen Vorgehens geführt habe. Über die gleichzeitig übermittelte Aufforderung zur Vorsprache eines informierten Vertreters der Bank habe der für diese auftretende frühere Gesellschafter das BMF über den Gesellschafterwechsel informiert. Zwar habe die Bank am 16.August 1971 die Einstellung der Ausgabe von Bank-Geldanlagebüchern mitgeteilt, jedoch fänden sich keine Hinweise auf eine Überprüfung dieser Behauptung durch den Staatskommissär. Der Geschäftsbericht für 1970 sei erst am 19.Jänner 1972 dem BMF vorgelegt worden. Gerade der Gesellschafterwechsel sowie die Vereinigung von Gesellschafter und Geschäftsführer in einer Person hätten bei der Überwachung durch den Staatskommissär und seiner periodischen Berichterstattung besonderen Augenmerks bedurft. Die Bedenken gegen, den Eigentümer-(Geschäftsführer-)wechsels seien aber auch anläßlich der Behandlung eines Antrags auf Verlegung des Geschäftslokals am 26.August 1971 festgehalten worden. Tatsächlich sei der Gesellschafter als Leiter einer Raiffeisenkasse mit rund 4 Mio S Privatschulden und rund 32 Mio S Haftungen für ihm nahestehende Schuldner ausgeschieden, mit deren Rückzahlung ab Ende 1971 letztlich die Bank belastet worden sei. Da der Gesellschafter für die Geschäftsanteile 10 Mio S habe bezahlen und die aufgetragene Erhöhung des Stammkapitals um 9 Mio S habe aufbringen müssen, wäre zur Überprüfung seiner Eignung iS der §§ 4 und 6 KWG 1939 eine genaue und umfassende Auflistung seiner Vermögensverhältnisse erforderlich gewesen. Diese Aufstellung hätte sodann stichprobenartig durch eine gezielte Anfrage über die Richtigkeit seiner Angaben über seine Verbindlichkeiten gegenüber der Raiffeisenkasse überprüft werden können. Hätte diese die Antwort verweigert, so wäre dies ein gewichtiges Indiz dafür gewesen, daß der Gesellschafter die vom KWG geforderten Eigenschaften als Geschäftsführer nicht besitze. Das BMF habe sich weder eine umfassende Aufstellung über die Vermögensverhältnisse des Gesellschafters geben lassen, noch seine Angaben stichprobenartig effizient überprüft. Dazu hätte jedenfalls eine gezielte Anfrage an die Raiffeisenkasse gehört. Bereits zu Beginn 1972 sei dem BMF bekannt gewesen, daß der Jahresabschluß bei einem Stammkapital von 1 Mio S einen Verlust von rund 430.000 S aufgewiesen habe. Neben der aufgetragenen Rückzahlung der konzessionswidrig aufgenommenen Einlagen hätte der Einfluß dieser Rückzahlung auf die Befriedigungsmöglichkeit anderer Bankgläubiger überwacht werden müssen. Denn spätestens mit der Vorlage des Jahresabschlusses 1970 müsse dem BMF klar gewesen sein, daß diese Rückzahlungen nicht ohne Gefährdung der übrigen Gläubiger hätten erfolgen können, wenn nicht kurzfristig andere Geldgeber (Banken oder Versicherungen) zur Verfügung gestanden wären. Habe doch die Bank kein Bankinstitut hinter sich gehabt und habe der Gesellschafter in kurzer Zeit sowohl den Abtretungspreis als auch die Erhöhung des Stammkapitals finanzieren müssen. Tatsächlich habe er die Erhöhung des Stammkapitals im Umfang von 4,5 Mio S nur durch Erweiterung seines Schuldenstandes gegenüber der Bank und rund 7,8 Mio S des Abtretungspreises durch Umbuchungen auf diverse Kreditkonten aufgebracht. Der Staatskommissär habe weder formell noch materiell die Jahresabschlüsse geprüft und keine periodischen Berichte erstattet. Die ins BMF gelangten Jahresabschlüsse bis 1973 seien überhaupt unbehandelt liegen geblieben. Daß die materielle Überprüfung der Bank die nur teilweise Bareinzahlung des Stammkapitals, die bedenkliche Entwicklung der Risikokonzentration auf wenige Schuldner und die fehlende Einzelwertberichtigung zutage gefördert hätte, stehe fest.

Der Staatskommissär sei entgegen der Auffassung der beklagten Partei mit einer zielführenden Überprüfung der Geschäftsunterlagen nicht überfordert gewesen. Er hätte bei seinen zumindest ab dem Geschäftsführerwechsel indizierten umfangreicheren Überprüfungen zum einen auf die Kenntnis der laufenden Geschäftsentwicklung aus früheren, wenn auch nicht so intensiven, Überprüfungen zurückgreifen können und zum anderen durch wiederholte Überprüfungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten die wesentlichen Veränderungen leichter verfolgen können. Es bleibe uneinsichtig, warum unter diesen Umständen der zuständige Sektionsleiter erst 1975 an eine Auswechslung des Staatskommissärs gegen einen solchen gedacht habe, „der sich aktiv mit den wirtschaftlichen Verhältnissen der Bank beschäftigt“. Jedenfalls sei dem BMF - wenn auch spät - jene „aktive Beschäftigung mit den wirtschaftlichen Verhältnissen der Bank“ bewußt gewesen, ohne die eine zweckorientierte und zielführende Aufsicht über eine Bank nicht zu führen sei. Gerade der Zweck der Aufsicht habe das BMF und seine Organe zur laufenden Aufsicht verpflichtet. Es müsse nicht untersucht werden, ob eine laufende und aktive Kontrolle der Bank allein schon durch ihre Effizienz signalisierende Wirkung den Gesellschafter von einer konzessionswidrigen Ausweitung der Geldgeschäfte und von der bei Teilzahlungsbanken unüblichen Risikokonzentration auf wenige „Großschuldner“ mit geringer Absicherung abgehalten hätte. Jedenfalls hätte eine solche Kontrolle auch bei unveränderter Geschäftsentwicklung schon vor dem 8.Oktober 1973 mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Verfahren auf Untersagung der Fortführung der Geschäftsführung gemäß § 6 KWG 1939 geführt.

Zur Ermittlung des Schadens im Wege der Differenzmethode sei die tatsächliche Entwicklung der bei der Bank eingelegten Geldbeträge jener Entwicklung gegenüberzustellen, die solche Einlagen bei einer anderen Bank üblicherweise erfahren hätten. Die Berechnung des Schadens ende nicht mit der Geltendmachung des Anspruchs (Aufforderungsschreiben), sondern erst dann, wenn der durch die beklagte Partei verschuldete Schaden bezahlt werde. Bis zur vollständigen Bezahlung würde nämlich der klagenden Partei der Geldbetrag fehlen, den sie bei einer anderen Bank hätte anlegen können, um dort die banküblichen Zinsen lukrieren zu können. Die vorzunehmende Zinsenberechnung diene lediglich der Berechnung der laufenden Vermögensverminderung durch das Verschulden der Organe der beklagten Partei. Dies sei im vorliegenden Fall nicht entgangener Gewinn, sondern positiver Schaden. Es brauche demnach nicht darauf eingegangen zu werden, ob die Organe des BMF den Schaden grob fahrlässig verschuldeten. Der von der beklagten Partei zu ersetzende Kapitalbetrag vergrößere sich jährlich um jenen Betrag, den die klagende Partei beim Anlegen bei anderen Banken zu den üblichen Zinssätzen am Ende des jeweiligen Jahres an kapitalisierten Zinsen zugeschlagen erhalten hätte, abzüglich der von der Bank erhaltenen Rückzahlungen. Die hier zu beurteilenden Zinsen seien keine aus dem Titel des Verzugs zustehenden Zinsen. Für die Zeit ab dem Schluß der mündlichen Verhandlung könne der Verschlechterung der Vermögensentwicklung durch einen entsprechenden Zinsenausspruch Rechnung getragen werden. Der Oberste Gerichtshof habe dies zwar bisher nicht ausdrücklich ausgesprochen, aber überall dort, wo die Kreditaufnahme zur Schadensbehebung erforderlich gewesen sei, die Kreditzinsen als Schadensbehebungskosten durch den Zinssatz des Kredites in der Höhe des vom Kredit betroffenen Klagsbetrags (auch für die Zukunft bis zur Schuldtilgung) zuerkannt. Für die durch das schuldhafte Verhalten der Organe verursachten Verfahrenskosten gebührten Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe ab dem Aufforderungsschreiben, weil diese Beträge erst mit der Einmahnung fällig geworden seien.

Da die beklagte Partei zwar im ersten Rechtsgang die Einrede der Verjährung erhoben habe, aber im folgenden Rechtsmittelverfahren sowohl vor dem Berufungsgericht als auch vor dem Obersten Gerichtshof von der Einrede der Verjährung Abstand genommen habe, sei diese im zweiten Rechtsgang nicht mehr zu prüfen.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse beider Parteien sind nicht berechtigt.

a) Der von der klagenden Partei behauptete Rekursgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Seit der ZVN 1983 hat das Berufungsgericht zufolge § 496 Abs 3 ZPO die Pflicht, grundsätzlich selbst das Verfahren zu ergänzen und durch Urteil in der Sache zu erkennen, im allgemeinen ist also die Verfahrensergänzung durch die zweite Instanz zwingend (SZ 58/59 ua; Kodek in Rechberger, § 496 ZPO Rz 6). Eine Ausnahme besteht jedoch dann, wenn mit einer Verhandlung vor dem Berufungsgericht voraussichtlich eine Verzögerung gegenüber der Verhandlung vor dem Erstgericht verbunden wäre oder ein einheblicher Mehraufwand an Kosten verursacht würde. Sind der Umfang der Prozeßstoffsammlung und die Weiterungen des Verfahrens gar nicht abzusehen, so kann nicht angenommen werden, daß mit der Ergänzung der Verhandlung durch das Berufungsgericht kein erheblicher Kostenmehraufwand verbunden wäre (RZ 1992/40; SZ 59/134 = JBl 1987, 189 = EvBl 1987/19; 7 Ob 511/95 ua). Da das Erstgericht die Höhe des Schadens der klagenden Partei aufgrund der „weiteren Zinsentwicklung“ kaum ohne Einholung eines neuerlichen Sachverständigengutachtens festzustellen in der Lage sein wird und damit der Umfang des Prozeßstoffes - nur zur Höhe des Klagebegehrens - und allfällige, daraus entstehende Weiterungen, vor allem eine Erörterung mit den Parteien, ungeachtet der langen Verfahrensdauer noch nicht abzusehen sind, war das Berufungsgericht nicht verpflichtet, selbst die notwendige Verfahrensergänzung vorzunehmen. Daß die Teilausschüttungen an die klagende Partei im Konkurs der Bank entgegen der Auffassung in deren Rechtsmittel nicht nur als Abzüge im Urteilsbegehren berücksichtigt werden können und es bei der Schadensberechnung nicht auf die mit der Bank vereinbarten, sondern die marktüblichen Zinsen ankommt, wird noch darzustellen sein.

b) Zweck des Rekurses nach § 519 ZPO ist nur die Überprüfung der Rechtsansicht der zweiten Instanz durch den Obersten Gerichtshof; ist die dem Aufhebungsbeschluß zugrunde liegende Rechtsansicht richtig, kann der Oberste Gerichtshof nicht überprüfen, ob die Verfahrensergänzung tatsächlich notwendig ist (JBl 1991, 580; SZ 43/67 uva; Kodek aaO § 519 ZPO Rz 5). Der erkennende Senat hat im ersten Rechtsgang in seiner Entscheidung 1 Ob 47/86 zum Umfang der Aufsichtspflicht des BMF gegenüber der Bank, zur Rechtswidrigkeit (Verstoß gegen §§ 30 ff iVm § 6 des inzwischen längst aufgehobenen KWG 1939, dRGBl I 1955, §§ 103 f GmbHG) und dem Rechtswidrigkeitszusammenhang (seither auch JBl 1993, 788 mwN) eingehend Stellung genommen. Danach hat die klagende Partei in genügender Weise dargetan, daß die beklagte Partei bereits wesentlich früher als im Jahre 1975, eventuell auch schon vor dem 8.Oktober 1973, Maßnahmen der Bankaufsicht hätte ergreifen müssen. Ihrer Beweispflicht sei sie demnach, was den Grund des Anspruchs betreffe, nachgekommen. Jedoch müsse der beklagten Partei noch Gelegenheit geboten werden, Beweisanträge in der Richtung zu stellen, daß weitergehende Maßnahmen als die von ihr getroffenen dennoch nicht erforderlich oder nach den Umständen unangebracht gewesen seien. Wie der Bundesgerichtshof der Bundesrepublik Deutschland bei zwar anderer, aber nicht wesentlich unterschiedlicher Rechtslage ausgesprochen habe, sei nach dem der Aufsicht vom Gesetz beigegebenen Zweck zu entscheiden, ob die Aufsichtsbehörde verpflichtet gewesen wäre, früher als geschehen und auch entschieden gegen das Unternehmen einzuschreiten. Der Zweck der Aufsicht bestehe zwar bei der von der Aufsichtsbehörde kontrollierten Zulassung von Kreditinstituten zum Geschäftsverkehr in erster Linie im Schutz potentieller Einleger gegenüber unerlaubter Bankentätigkeit, wie überhaupt das Gesetz das Grundanliegen verfolge, die Einleger vor gefährlichen Geldanlagen zu schützen; bei der Ausübung der Aufsicht müsse die Behörde aber auch die schutzwürdigen Belange des beaufsichtigten Kreditinstituts selbst beachten und in jedem Fall sorgfältig prüfen, ob nach dessen geschäftlicher Lage eine für die Einlagegläubiger bestehende Gefahr durch weniger einschneidende Maßnahmen abgewendet werden könne. Ein zu frühes oder zu scharfes Eingreifen gegen das Kreditinstitut könne zu seiner Schädigung oder gar zum geschäftlichen Niedergang führen und gerade dadurch zum Nachteil der zu schützenden Einlagegläubiger ausschlagen. Auch müßten die Interessen der Einlagegläubiger nicht immer gleichgerichtet sein. Gehe es etwa darum, das weitere Betreiben ungenehmigter Bankgeschäfte zu verhindern, müsse die Aufsichtsbehörde auch bedenken, daß der bei einer sofortigen Schließung des Kreditinstituts zu besorgende Zusammenbruch den Einlageverlust der bisherigen Gläubiger zur Folge haben könne, während etwa ein weniger drastisches Eingreifen die Chancen vergrößern möge, daß bereits geleistete Einlagen nicht gänzlich verloren gehen. Die Bankenaufsicht müsse jedoch zum Schutz gefährdeter Einleger zumindest durch Einblick in die Bücher und Geschäftsvorgänge der Bank eingreifen, wenn Anhaltspunkte dafür bestünden, daß den Gläubigern des Unternehmens nicht mehr bankübliche Sicherheiten angeboten werden; sie müsse dann jedenfalls dafür sorgen, daß die unternehmenseigenen Überwachungs- und Kontrollorgane zur vollen Wirksamkeit gebracht werden.

Ein geändertes Sachverhaltsbild, das zu einer Änderung der damaligen rechtlichen Beurteilung zu den dort behandelten Fragen führen könnte, wurde vom insoweit beweispflichtigen beklagten Rechtsträger nicht dargetan. Damit besteht die Bindung des Obersten Gerichtshofs an seine Vorentscheidung 1 Ob 47/86. Die den Organen des beklagten Rechtsträgers in Vollziehung der Gesetze vorzuwerfenden Unterlassungen sind rechtswidrig. Die Vernachlässigung der Aufsichtspflicht sowohl nach der - mit der GmbHG-Novelle 1980, BGBl 1980/320, aufgehobenen - Bestimmung des § 103 GmbHG, wonach konzessionspflichtige Gesellschaften mbH der Staatsaufsicht unterstanden, die durch die Konzessionsbehörde von Amts wegen zur Wahrung der öffentlichen Interessen auszuüben war, als auch nach den §§ 30 ff KWG 1939 ist evident.

c) Die Frage, ob das Verschulden der beklagten Partei an den rechtswidrigen Unterlassungen als leicht oder grob fahrlässig zu beurteilen sei, wurde in der Vorentscheidung 1 Ob 47/86 offen gelassen, sodaß für den erkennenden Senat insoweit keine, auch den Obersten Gerichtshof bindende Rechtsansicht iS des § 511 Abs 1 ZPO vorliegt. Diese Frage kann daher eigenständig beurteilt werden. Nach Auffassung des erkennenden Senats müssen die festgestellten Unterlassungen der Organe des beklagten Rechtsträgers als grob fahrlässig, weil nach ihrem Erscheinungsbild objektiv auf besonders schwerwiegenden Sorgfaltsverstößen beruhend, beurteilt werden. Entscheidendes Kriterium für die Beurteilung des Fahrlässigkeitsgrads ist die Schwere des Sorgfaltsverstoßes und die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Insbesondere ist dabei zu prüfen, ob der zur Sorgfalt Verpflichtete ganz einfache und naheliegende Überlegungen nicht angestellt hat (SZ 56/166 uva). Zweck der hier nur äußerst mangelhaft geübten Aufsicht ist nicht nur eine rechtsformale, sondern eine inhaltliche, somit bankwirtschaftliche Prüfungstätigkeit, weil das auch darin liegende öffentliche Interesse, schon aus volkswirtschaftlichen Gründen überwiegend schutzwürdige Anleger, also Gläubiger von Banken (in der Rechtsform einer Gesellschaft mbH), vor Verlusten zu schützen und insbesondere einer Bankinsolvenz entgegenzuwirken, sonst nicht wahrgenommen werden könnte. Gerade das allgemeine Vertrauen in die Bonität und Zahlungsbereitschaft der Banken hängt viel stärker als bei anderen Branchen vom jeweils schwächsten Glied ab (vgl Koppensteiner, Bankenaufsicht und Unternehmensverbindung, 5 f). Schon in der Entscheidung im ersten Rechtsgang 1 Ob 47/86 (= SZ 60/33) vertrat der erkennende Senat unter Hinweis auf Neudörfer (FS Reimer, 155), Haushofer (Möglichkeiten und Grenzen der Bankaufsicht in Österreich, 16) und Werner A. Müller (Bankaufsicht und Gläubigerschutz, 183 f) die Auffassung, Zweck jeder amtlichen Aufsicht über die Kreditunternehmung könne neben der Einhaltung von Formvorschriften nur das rechtzeitige Erkennen und die Abstellung von Mißständen sowie die Abwendung drohender Gefahren sein. Als aufsichtsbehördliche Maßnahme sah § 6 KWG 1939 auch die Untersagung des Geschäftsbetriebs insbesondere dann vor, wenn Tatsachen vorlagen, aus denen sich ergab, daß Geschäftsleiter der Unternehmung nicht die für ihre Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit besaßen (lit b) oder wenn das Kreditinstitut keine Gewähr für die Sicherheit der ihm anvertrauten Gelder oder Wertpapiere bot oder wenn es wichtige allgemeine Interessen verletzte. Überdies ermächtigte, wie bereits in 1 Ob 47/86 (= SZ 60/33) dargestellt, § 104 GmbHG das BMF als Konzessionsbehörde zu einer Reihe von Maßnahmen. Die ungewöhnliche auffallende Sorgfaltsvernachlässigung trotz eines drohenden Schadens ergibt sich hier nicht nur daraus, daß das Organ des Rechtsträgers bei der Wahrnehmung der ihm auferlegten Pflichten nicht einmal die vom zuständigen Sektionsleiter aufgestellten Richtlinien beachtete, sondern auch aus der besonderen Bedeutung einer solchen Aufsicht gerade angesichts der bei der Aufsichtsbehörde (BMF) aktenkundigen Bedenken gegen die Bank und deren Geschäftspolitik (deren Hinwegsetzen über die durch die Bankenkonzession auferlegten Beschränkungen), gegen ihren Alleingesellschafter sowie die Tatsache, daß nur ein Gesellschafter-Geschäftsführer vorhanden war und daher die sonst wirksamen? gesellschaftsinternen? Kontrollmechanismen evidentermaßen fehlten. Es wurde weder die Zuverlässigkeit und Bonität des Geschäftsleiters und Alleingesellschafters noch die Beschaffung der Mittel für die vom BMF selbst verlangte Kapitalerhöhung überprüft. Bezeichnend ist, daß der Staatskommissär erst von seinem Vorgesetzten im BMF, dem er berichtspflichtig war, auf die Vorwürfe des verbotenen Einlagengeschäfts der Bank aufmerksam gemacht wurde. Gewiß sind bei Maßnahmen der Bankenaufsicht (vgl. dazu schon 1 Ob 47/86) deshalb, weil die Bank in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, stets die gegenläufigen Interessen verantwortungsbewußt gegeneinander abzuwägen, doch steht hier eben gerade nicht fest, daß dieses Abwägen Ursache für die schadenskausalen Unterlassungen waren. Mangels Kontrolle und Erstattung der vorgeschriebenen Berichte stand doch auch gar keine ausreichend verläßliche Tatsachengrundlage für solche Erwägungen zur Verfügung.

Daß dem BMF ungeachtet der gesetzlichen Verpflichtung die nötigen materiellen oder personellen Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Prüfungstätigkeit gefehlt hätte (vgl SZ 65/94), steht gleichfalls nicht fest. Zu einem allfälligen Mitverschulden der klagenden Anlegerin hat der erkennende Senat bereits im ersten Rechtsgang in seiner Entscheidung 1 Ob 47/86 abschließend Stellung genommen.

d) Der Schädiger hat den Geschädigten grundsätzlich so zu stellen, wie er ohne schuldhaftes Verhalten gestellt wäre. Der Schaden ist durch die Differenzrechnung Mommsens zu ermitteln; es ist zunächst der hypothetische heutige Vermögensstand ohne das schädigende Ereignis zu ermitteln und von diesem Betrag der heutige tatsächliche Vermögenswert abzuziehen (SZ 64/36 = JBl 1991, 796 = ÖBl 1991, 161; MietSlg 38/45 ua; Koziol-Welser, Grundriß10 I 460 mwN in FN 108). Ein Zinsenschaden liegt entweder in höheren Zinsenaufwendungen, wenn der Gläubiger oder ein sonstiger Geschädigter den ihm vorenthaltenen Kapitalsbetrag zur Tilgung laufender Kredite verwendet und sich dadurch Kreditzinsen erspart hätte oder im Verlust von Anlagezinsen infolge entgangener Anlagemöglichkeiten seines Kapitals (Reischauer in Rummel 2, § 1333 ABGB Rz 5 mwN; ausführlich Jud, Marginalien zum Ersatz aufgewendeter oder entgangener Zinsen in Festschrift Ostheim [1990], 113 ff, 125; Gitschthaler, Verzugsschaden und Verzugsbereicherung in ÖJZ 1984, 233 ff; zur vergleichbaren Bestimmung des § 288 BGB Thode in Münchener Kommentar zum BGB3, § 288 Rz 12; Löwisch in Staudinger BGB12 § 288 Rz 11; Dubischar in AK-BGB, § 288 Rz 4; Palandt/Heinrichs in BGB54 § 288 Rz 6 f). Auch im Amtshaftungsrecht richtet sich der Umfang des Schadenersatzes zufolge Verweisung auf die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts (§ 1 Abs 1 AHG) nach dem Grad des Organverschuldens (Vrba/Zechner, Kommentar zum Amtshaftungsrecht 25). Nach § 1324 ABGB ist der Beschädigte in dem Falle eines aus böser Absicht, oder aus einer auffallenden Sorglosigkeit verursachten Schadens volle Genugtuung; in den übrigen Fällen aber nur die eigentliche Schadloshaltung zu fordern berechtigt. Nach herrschender Auffassung wird bei leichter Fahrlässigkeit der Schaden objektiv-abstrakt berechnet, das heißt ohne Rücksichtnahme auf die subjektiven Verhältnisse des Geschädigten. Bei Berechnung des Zinsenschadens ist somit bei leichter Fahrlässigkeit nicht auf die konkreten Zinsen des Gläubigers abzustellen, sondern auf die allgemeinen Kreditkosten oder Kapitalanlagezinsen, während bei grobem Verschulden zu berücksichtigen ist, ob der Gläubiger etwa auf Grund seiner schlechten Bonität besonders hohe Kreditzinsen zahlen mußte oder besonders hohe Sparzinsen erhalten hätte (Gitschthaler aaO 238). Die für die klagende Partei zufolge grob fahrlässiger Herbeiführung des Schadensfalls grundsätzlich zulässige subjektiv-konkrete Schadensberechnung kommt hier indessen nicht in Betracht, weil die klagende Partei den Beweis für die mögliche Erzielung höherer als der marktüblichen Zinsen nicht angetreten hat, sondern selbst von einer objektiv-abstrakt Schadensberechnung ausgegangen ist.

Die Vernichtung oder Minderung einer objektiv gegebenen Erwerbschance - also einer solchen, die im Verkehr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen wird - ist positiver Schaden, wenn sie im Zeitpunkt ihrer Schädigung einen gegenwärtigen selbständigen Vermögenswert bildete. Das ist immer dann anzunehmen, wenn der Geschädigte eine rechtlich gesicherte Position hatte, den Gewinn zu erzielen (1 Ob 538/93 = ÖBA 1994, 236 = RdW 1994, 45 = ÖZW 1995, 55 mit Anm von Lukas in ÖZW 1995, 40; SZ 65/94 = JBl 1993, 399 = WBl 1993, 41; SZ 58/104 uva; Reischauer aaO § 1293 ABGB Rz 8). Eine solche Gewinnmöglichkeit wurde in der Rechtsprechung auch dann angenommen, wenn der Gläubiger mit dem ihm bei rechtzeitiger Erfüllung vertraglicher Pflichten zu Gebote gestandenen Geldbetrag die marktübliche Verzinsung von Bankkrediten erzielen kann (JBl 1995, 248; ÖBA 1994, 428; SZ 46/81 ua) und wenn mit dem sonst zur Verfügung gestandenen Geldbetrag die marktübliche Verzinsung fest verzinslicher Wertpapiere erreicht worden wäre (SZ 65/74; zustimmend Rebhahn, Entgangene Kapitalmarktzinsen und positiver Schaden in ecolex 1993, 10 ff; Koziol-Welser aaO 223 FN 59). Gemäß § 1333 ABGB wird der Schade, welchen der Schuldner seinem Gläubiger durch Verzögerung der bedungenen Zahlung des schuldigen Kapitals zugefügt hat, durch die vom Gesetz bestimmten Zinsen vergütet. Diese Vorschrift findet gemäß Hofdekret JGS 1842/592 auf alle Forderungen in Geld, sie mögen aus einem Darlehen oder aus einem anderen Rechtstitel herrühren, Anwendung (SZ 60/213 = JBl 1990, 377 = EvBl 1988/81 = WoBl 1989, 90). Die Höhe der gesetzlichen Zinsen beträgt gemäß § 2 des Gesetzes RGBl 1868/62 idF des Art 14 der 4.EVHGB 4 v.H. auf ein Jahr, wenn nicht für bestimmte Fälle besondere Zinssätze festgesetzt sind. Der Oberste Gerichtshof hat in seinem Gutachten vom 8.März 1923 (PBl SZ 5/53) die an ihn über den Verzögerungsschaden gerichteten Fragen wie folgt beantwortet: „I. Der Gläubiger einer fälligen nicht bezahlten Geldschuld hat nach Handelsrecht Anspruch auf den Ersatz jenes die gesetzlichen Verzugszinsen übersteigenden wirklichen Schadens und entgangenen Gewinnes, der aus dem Verschulden des säumigen Schuldners entstanden ist (Art 283 [A]HGB, § 1295 ABGB). Dem säumigen Schuldner, welcher vorgibt, an der Erfüllung einer vertragsmäßigen oder gesetzlichen Verbindlichkeit ohne Verschulden verhindert worden zu sein, obliegt der Beweis (§ 1298 ABGB). II. Nach bürgerlichem Recht hat der Gläubiger diesen Anspruch nur im Falle der von ihm zu beweisenden bösen Absicht oder auffallenden Sorglosigkeit des Schuldners (§ 1324 ABGB), insbesondere auch im Falle einer auf Verzögerungsabsicht zurückgehenden Prozeßführung (siehe auch § 408 ZPO). III. Bei Forderungen auf eine Summe von Währungsgeld steht dem Gläubiger aus der Minderung der wirtschaftlichen Kaufkraft dieser Summe ein Rechtsanspruch auf Ersatzleistung („abstrakter Schaden“) nicht zu; ein Schadenersatzanspruch kann nur aus dem besonderen Tatbestande des einzelnen Falles (konkret) abgeleitet werden.“ Seither judiziert der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung, daß ein über die gesetzlichen Verzugszinsen hinausgehender Schaden nach bürgerlichem Recht nur im Falle einer vom Kläger zu behauptenden und zu beweisenden bösen Absicht oder einer auffallenden Sorglosigkeit an der Nichtzahlung der Verbindlichkeit oder bei einer auf eine Verzögerungsabsicht zurückgehenden Prozeßführung geltend gemacht werden kann (8 Ob 14/94 = JBl 1995, 248 mit Anm von Apathy = RZ 1995/51 = ecolex 1995, 25; JBl 1990, 321; SZ 63/114 uva; Harrer in Schwimann, § 1333 ABGB Rz 3 mwN). Allerdings ist dieser Judikaturkette nicht zwingend zu entnehmen, daß der die gesetzlichen Zinsen übersteigende Nutzungsausfall nicht positiver Schaden wäre. Der Plenarbeschluß und die daran anknüpfende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes werden vielmehr dahin verstanden, daß der durch den Zahlungsverzug bewirkte Nutzungsentgang in Form aufgewendeter oder entgangener höherer Zinsen sich bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen als positiver Schade darstellt, dessen Zuspruch jedoch durch § 1333 ABGB für den Fall bloß leichter Fahrlässigkeit mit der Höhe der gesetzlichen Zinsen begrenzt wird. Nur bei böser Absicht oder auffallender Sorglosigkeit stehe der darüber hinaus entstandene positive Schaden und allenfalls entgangener Gewinn zu.

Die Richtigkeit dieser Rechtsprechung und der Kritik der Lehre daran (vgl dazu zuletzt Apathy in seiner Entscheidungskritik zu JBl 1995, 248 mwN) - weil § 1333 ABGB trotz seiner Einordnung im 30.Hauptstück über den Schadenersatz in Wahrheit auf bereicherungsrechtlichen Gedanken beruhe und nur Aussagen über den objektiven Verzug treffe, wogegen in Ansehung des subjektiven Verzugs die allgemeinen Vorschriften des Schadenersatzrechts zu gelten hätten, wonach positiver Schaden auch bei leichter Fahrlässigkeit zu ersetzen sei - muß hier ebensowenig geprüft werden wie die weitere Frage, ob die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB nur leichtes Verschulden umfasse, wovon die Rechtsprechung (zuletzt JBl 1995, 248) ausgeht, oder ob auch die Beweislast für das Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit nicht den geschädigten Kläger trifft (vgl dazu Apathy aaO mwN; Rebhahn aaO 12; Reischauer aaO § 1298 ABGB Rz 10 mwN). Denn hier liegt grob fahrlässiges Verhalten des Schädigers vor.

Zur vergleichbaren deutschen Rechtslage (§ 288 BGB) vertritt der BGH die Auffassung, bei dem Schaden, der im Entgang von Nutzungen aus Kapital liege, sei eine typisierende Berechnung stets angebracht und sachgerecht, weil sich der Gläubiger auf die allgemeine Lebenserfahrung berufen könne, nach der ein größerer Geldbetrag nicht nutzlos verwahrt, sondern zumindest verzinslich angelegt werde. Dies gelte nicht nur für Gläubiger des Handelsverkehrs, sondern allgemein für Gläubiger größerer Geldbeträge (Löwisch aaO § 288 BGB Rz 12 mwN). Auch bei einem Anleger wie hier der klagenden Partei ist in Rechnung zu stellen, welche Art der Kapitalanlage angesichts seiner persönlichen Verhältnisse und des in Rede stehenden Betrags in Betracht gekommen wäre und welcher Ertrag zu der in Rede stehenden Zeit zu erwarten war (Löwisch aaO § 288 BGB Rz 13). Höhe und Fälligkeit der Zinsen und damit im Fall der Kapitalisierung auch der Zinseszinsen richtet sich nun nach der vom Geschädigten gewählten Anlageform, wobei für beides maßgeblich ist, welche Zinsen und Fälligkeit marktüblich (vgl ÖBA 1994, 428 ua) zu erzielen gewesen wären. Diese Auffassung, von der abzugehen kein Anlaß besteht, wurde bereits in der Vorentscheidung 1 Ob 47/86, die allerdings die Frage nach dem groben Verschulden offenließ, zum Ausdruck gebracht. Für den Zinsenschaden ist demnach bei der - wie schon weiter oben erörtert - hier anzuwendenden objektiv-abstrakten Berechnungsweise nicht der mit der Bank vereinbarte oder der höchstmögliche, sondern der marktübliche Zinssatz für die vorliegende Anlageform maßgeblich, den ein Anleger wie die klagende Partei erzielt hätte. Das Marktübliche ist auch für die übrigen Vereinbarungen, die im Zusammenhang mit der Geldanlage getroffen wurden, der relevante Maßstab, sodaß sich auch eine Kapitalisierung allenfalls abreifender Kapitalzinsen am Marktüblichen zu orientieren hat. Soweit die Zinsen damals marktüblicherweise etwa jährlich abreiften, dem angelegten Kapital hinzugeschlagen wurden und ihrerseits wieder Zinsen tragen konnten, handelt es sich im Rahmen dieser hypothetischen Berechnung keineswegs um - nicht ersatzfähige - Zinseszinsen. Diese Erwägungen rechtfertigen vorliegendenfalls somit eine Beschränkung des Schadens des Anlegers bloß auf das sonst jeweils Marktübliche.

Auch in zeitlicher Hinsicht sind der Schadensberechnung Grenzen gezogen: Abzustellen ist vorerst auf den Zeitpunkt, ab dem ein weiterer Geschäftsbetrieb bei ordnungsgemäßer Aufsichtstätigkeit durch die Organe des BMF infolge seiner Untersagung oder der Konkurseröffnung unmöglich und damit die Gefahr für die Anleger, weiterhin Geld bei der insolvent gewordenen Bank anzulegen ausgeschaltet gewesen wäre. Soweit der klagenden Partei zulässigerweise durch Zinsen gebildetes Kapital und weitere Zinsen für Gelder, die von ihr vor diesem - erst festzustellenden - Zeitpunkt angelegt wurden, ist der daraus erwachsene Vermögensnachteil kein ersatzfähiger Schaden. Nur für nach diesem Zeitpunkt bis zum 9.Februar 1976 (Untersagung des Abschlusses neuer Geschäfte, die geeignet wären, den Geschäftsbetrieb über den bestehenden Umfang auszuweiten) von der klagenden Partei angelegte Gelder kann der Zuspruch von Schadenersatzbeträgen einschließlich entgangener Anlagezinsen in Frage kommen. Soweit den Schaden der klagenden Partei deckende Ausschüttungen im Konkurs der Bank nicht erfolgten, ist der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts beizutreten, daß bei der Ermittlung des Schadens die Zinsenberechnung bis zur Tilgung durch den Rechtsträger fortzusetzen ist, weil erst damit die Vermögensminderung des geschädigten Anlegers endet und bis zur Tilgung der Schuld Verzugszinsen nach dem höheren Zinsfuß der vertraglichen Zinsen gebühren, wenn die Vertragszinsen die gesetzlichen Zinsen übersteigen (vgl JBl 1974, 426). Der Ansicht der beklagten Partei, daß die klagende Partei als Anleger ab Konkurseröffnung über das Vermögen der Bank nur mehr auf die Konkursquote und somit nicht mehr auf Zinsen aus angelegtem Kapital Anspruch habe, kann demnach nicht beigetreten werden. Die verspätete Konkurseröffnung war auch Folge von Unterlassungen der Organe des beklagten Rechtsträgers und damit für weitere Einlagen der klagenden Anlegerin (bis Februar 1976) und die daraus resultierenden Verluste an marktüblichen Zinsen kausal.

Für die Ermittlung des Zinsenschaden der klagenden Partei nach der maßgeblichen Differenzmethode ist demnach zuerst zu fragen, welche Einlagen mit welcher Fälligkeit und welchem Zinsfuß die klagende Partei tätigte. Für dieses tatsächlich angelegte Kapital ist dann hypothetisch zu untersuchen, wie es marktüblich bei einer anderen (seriösen) Bank hätte angelegt werden können. Der dabei zu erzielende marktübliche Zinsfuß ist der Schadensberechnung des Anlegers zugrundezulegen. Rückzahlungen von Einlagen und Teilausschüttungen im Konkurs sind jeweils vom im Zeitpunkt der jeweiligen Ausschüttung ermittelten Schaden sofort abzuziehen, weil insoweit einer anderweitigen Veranlagung durch die klagende Anlegerin ohne unnötigen Aufschub nichts im Wege stand.

e) Auf den Verjährungseinwand der beklagten Partei im ersten Rechtsgang ON 57 kann nicht mehr Bedacht genommen werden. Die Überprüfungsbefugnis des Berufungsgerichts wird durch den Berufungsantrag und die Berufungserklärung begrenzt und in dieser Beschränkung durch die Verpflichtung zur Wahrung der Teilrechtskraft garantiert. In Übereinstimmung mit der rechtlichen Beurteilung der zweiten Instanz und entgegen der Ansicht der beklagten Partei entspricht es ständiger Rechtsprechung, daß das Berufungsgericht auf eine in erster Instanz erhobene, in der Berufung aber nicht mehr aufrecht erhaltene Einwendung der Verjährung trotz des sonst geltenden Grundsatzes, daß bei gesetzmäßig erhobener Rechtsrüge die Gesetzmäßigkeit des Ersturteils nach allen rechtlichen Richtungen hin zu prüfen ist, auch unter dem Gesichtspunkt der rechtlichen Beurteilung nicht mehr Bedacht zu nehmen ist (WoBl 1989/17; SZ 53/11, SZ 52/133 uva; Schubert in Rummel 2, § 1501 ABGB Rz 1; Klang in Klang 2 VI 669; vgl auch Kodek aaO § 503 ZPO Rz 5). Dies gilt auch dann, wenn wie hier diese Einwendung im ersten Rechtsgang zwar zunächst wegen des klagsabweisenden Urteils bedeutungslos war, jedoch angesichts des Aufhebungsbeschlusses bei dessen zulässigen Bekämpfung in der dritten Instanz wieder volle Bedeutung erlangte, aber von der beklagten Partei nicht zum Gegenstand ihrer Rechtsmittelausführungen gemacht worden war.

Die übrigen Rechtsausführungen der zweiten Instanz werden nicht bekämpft; sie sind auch zutreffend. Gegenstand des weiteren Verfahrens ist nur mehr die Höhe des Klagsanspruchs.

Demgemäß kann beiden Rekursen kein Erfolg beschieden sein.

Der Kostenvorbehalt fußt auf dem § 52 ZPO.

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