Normen
ABGB §149
AußStrG §19
KWG §39
KWG §47 Abs1 litb
Nationalbankgesetz §74
Postsparkassengesetz §32
ABGB §149
AußStrG §19
KWG §39
KWG §47 Abs1 litb
Nationalbankgesetz §74
Postsparkassengesetz §32
Spruch:
Der Vater kann das minderjährige Kind zu Auskünften über das vom Vater zu verwaltende Vermögen zwingen
Das Kreditinstitut kann dem Gericht gegenüber Auskünfte über ein nicht gleichzeitig vorgelegtes Sparbuch selbst dann ablehnen, wenn dieses Sparbuch auf den Namen eines Pflegebefohlenen lautet
OGH 7. April 1970, 8 Ob 71/70 (LGZ Wien 44 R 542/69; BG Innere Stadt-Wien 6 P 130/68)
Text
Mit der Behauptung, seinem minderjährigen Sohn habe dessen Großtante Edith M bei der Sparkasse ein Sparbuchkonto mit einem Stand von etwa 7000 S eingerichtet, über das der Minderjährige uneingeschränkt verfügen könne, was dieser dazu ausnütze, um jeweils größere Beträge von vermutlich 500 S zu beheben und nachts in Wirtshäusern zu vertrinken und zu verspielen, die Sparkasse J habe ihm aber jede Auskunft über Kontostand und Behebungen verweigert, stellte der eheliche Vater Dipl Ing Franz L beim Pflegschaftsgericht den Antrag, dieses wolle die Sparkasse J verhalten, Behebungen vom Sparbuch durch den Minderjährigen nur im Einverständnis mit dessen gesetzlichem Vertreter durchführen zu lassen oder dem gesetzlichen Vertreter auf dessen Verlangen jederzeit Auskunft über Kontostand und Behebungen durch den Minderjährigen zu erteilen.
Das Erstgericht forderte die Sparkasse J auf, dem Gericht bekanntzugeben, ob zugunsten des Minderjährigen ein Sparkonto bestehe, wie hoch dessen Stand sei und welche Abhebungen seit Errichtung dieses Sparkontos getätigt wurden.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Sparkasse J Folge und hob den angefochtenen Beschluß ersatzlos auf. Die Verweigerung der Auskunftserteilung im Sinne der Wahrung des Sparkassen- bzw Bankgeheimnisses sei begrundet. Das Erstgericht werde entweder vom Minderjährigen, allenfalls durch Anwendung von Zwangsmitteln, die Kontonummer des Sparbuches zu erfahren oder Edith M entsprechend zu befragen und dann allenfalls die Sperre des Sparbuches zu verfügen haben.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des ehelichen Vaters nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Unter dem sogenannten Bankgeheimnis, das nur für die Postsparkasse im § 22 Abs 3 Postsparkassengesetz 1969, BGBl Nr 458, geregelt ist und bis 31. Dezember 1969 im § 32 des Postsparkassengesetzes, BGBl Nr 9/27, in der Fassung der ersten Novelle zum Postsparkassengesetz, BGBl Nr 104/31, geregelt war, aber laut Regierungsvorlage des bisher nicht Gesetz gewordenen Kreditwesengesetzes 1969, 1277 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XI. GP, im § 29 Abs 1 allgemein geregelt werden soll, versteht man, daß die Kreditinstitute Auskünfte über geschäftliche Angelegenheiten ihrer Kunden, von denen sie während des Bestandes der Geschäftsverbindung Kenntnis erlangt haben, außer dem Kunden selbst nur dessen Stellvertreter oder einem ausdrücklich dazu berechtigten Dritten erteilen (Schinnerer Bankverträge[2] I 83 f). Dieses Bankgeheimnis wird unter anderem damit gerechtfertigt, daß die Kreditinstitute Auskünfte verweigern können, zu denen sie das Gesetz nicht verpflichtet (Schinnerer Bankverträge[2] I 87). Im Rahmen des Außerstreitverfahrens ist eine besondere Regelung der Auskunftspflicht nicht erfolgt. Für das Verlassenschaftsverfahren wurde sie durch die Rechtsprechung zum Teil bejaht (Bankarchiv 1967, 215, 218 u a). In Pflegschaftssachen besteht jedenfalls eine Auskunftspflicht an diejenige Person, die gesetzlicher Vertreter des Pflegebefohlenen ist (Schinnerer I 109). Grundsätzlich kann daher ein Kreditinstitut eine Auskunft an den Vater und gesetzlichen Vertreter des Kunden, der gemäß § 149 ABGB auch das Vermögen des Minderjährigen verwaltet, aber auch an das Gericht, das die Pflegschaft führt und den gesetzlichen Vertreter zu überwachen hat, nicht verweigern. Diese Auffassung entspricht auch dem vorgesehenen Wortlaut des § 29 Abs 1 Kreditwesengesetz 1969, wonach das Bankgeheimnis überhaupt nur dann zu wahren ist, wenn die Geheimhaltung im berechtigten Interesse des Kunden geboten ist. Eine Geheimhaltung dem Pflegschaftsgericht gegenüber kann aber niemals im berechtigten Interesse des Pflegebefohlenen, über dessen Schutz das Gericht zu wachen hat, liegen. Grundsätzlich ist auch ein Vorgehen nach § 19 AußStrG bei ungerechtfertigter Verweigerung der Auskunft nicht ausgeschlossen (Bankarchiv 1967, 215 und die dort erwähnte weitere Rechtsprechung).
Die Verwaltung des Vermögens des Pflegebefohlenen umfaßt allerdings, wie sich ebenfalls aus § 149 ABGB ergibt, nur das Eigentum des Minderjährigen. Um eine Auskunft eines Kreditinstitutes zu erlangen, muß der gesetzliche Vertreter, aber auch das Gericht, daher das Eigentum des Pflegebefohlenen dartun. Das Sparbuch ist nun aber in unvollkommenes (hinkendes) Inhaberpapier; die Sparkasse ist, wenn nicht nach § 14 Sparkassenregulativ, JGS Nr 832/1844, der in das Sparbuch eingetragene Eigentümer unter Beifügung seiner Unterschrift den Vorbehalt ausgedrückt hat, daß die Einlage nur an ihn persönlich, seinen Zessionar oder seinen Bevollmächtigten geleistet werden soll, und dadurch das Sparbuch zum Rektalpapier gemacht hat, ermächtigt, an jeden Inhaber die Auszahlung zu leisten (Kastner, Zur Rechtsnatur des Einlagebuches (Sparbuches) nach österreichischem Recht JBl 1966, 57 f, 60). Seit der Aufhebung des § 163 Reichsabgabenordnung durch das Bundesgesetz vom 8. Juli 1948, BGBl Nr 151, kann auch ein falscher oder erdichteter Name zur Eröffnung eines Sparbuches angegeben werden (JBl 1968, 320, Kastner JBl 1966, 58 f, nicht genannter Autor in Bankarchiv 1967, 221). Der Name, auf den das Sparbuch lautet, vermittelt daher heute keinen Hinweis dafür, daß sich das Sparbuch im Eigentum oder Besitz dessen befindet, auf dessen Namen es lautet. Selbst durch die Vereinbarung eines Losungswortes wird das Sparbuch nicht zum Rektapapier (JBl 1968, 320). Einige Kreditinstitute erfassen daher auch die Sparbücher nicht nach dem rechtlich unerheblichen Namen, auf den sie über Wunsch des Kunden ausgestellt werden, sondern lediglich nach Nummern oder gegebenenfalls nach dem Losungswort, da letzterem eine zusätzliche Legitimationsbedeutung zukommt (Bankarchiv 1967 aaO).
Aus diesen rechtlichen Erwägungen ergibt sich, daß ein Kreditinstitut Auskünfte über ein nicht gleichzeitig vorgelegtes Sparbuch, das nicht zu einem Rektapapier gemacht worden ist, auch wenn dieses Sparbuch auf den Namen eines Pflegebefohlenen lautet, ablehnen kann, weil damit noch in keiner Weise dargetan ist, daß es sich auch im Eigentum und Besitz des Pflegebefohlenen befindet. Es ist daher richtig, wenn die Sparkasse J den Standpunkt vertritt, daß Sparbücher anonym geführt werden und Auskünfte nur gegen Vorlage des Sparbuches erteilt werden können. Die Anfrage an die Sparkasse J war daher, da keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, daß das Sparbuch entgegen der allgemeinen Übung zum Rektapapier gemacht worden wäre, zumindest in der vom Erstgericht gewählten Form nicht zulässig.
Als Verwalter des Vermögens des Minderjährigen hat der Rekurswerber, falls das Sparbuch im Eigentum des Minderjährigen steht oder er sonst darüber verfügen kann, Anspruch darauf, daß der Minderjährige das Sparbuch ihm über sein Verlangen ausfolgt oder ihm zumindest die Kontonummer bekanntgibt. Das Rekursgericht hat richtig darauf verwiesen, daß bei Weigerung gegebenenfalls Zwangsmittel nach § 19 AußStrG angewendet werden könnten. Die gesetzliche Sonderstellung der Sparbücher verbietet es hingegen, im vorliegenden Fall den vom Erstgericht eingeschlagenen Weg zu beschreiten. Das Rekursgericht hat den Beschluß des Erstgerichtes demnach mit Recht ersatzlos aufgehoben.
Dem Rekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.
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