OGH 3Ob203/14w

OGH3Ob203/14w21.4.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. A. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G ***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Martin Leitner, Dr. Ralph Trischler, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, sowie die Nebenintervenientin B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Josef Olischar, Dr. Johannes Olischar, MBA, Rechtsanwälte in Wien, wegen 89.592,14 EUR sA über die Revisionsrekurse der beklagten Partei und der Nebenintervenientin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 22. September 2014, GZ 11 R 50/14z-27, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 12. Februar 2014, GZ 5 Cg 32/13g‑19, in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 14. Februar 2014, GZ 5 Cg 32/13g-20, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Den Revisionsrekursen wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse des Erstgerichts (einschließlich des Ergänzungsbeschlusses) und des Rekursgerichts werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird aufgetragen, nach Verfahrensergänzung neuerlich zu entscheiden.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Der Verlauf des Vergabeverfahrens 2010 ist unstrittig, sodass dazu auf die Darstellung des Berufungsgerichts verwiesen wird.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten den Ersatz des Vertrauensschadens in Gestalt der Kosten ihrer rechtsfreundlichen Vertretung zur Aufdeckung vergaberechtswidriger Bestimmungen in einer von der Beklagten (ursprünglich nur) im Jahr 2010 durchgeführten Ausschreibung (im Weiteren: Vergabeverfahren 2010) und zur Führung von Nachprüfungs- als auch Feststellungsverfahren mit dem Zweck, die Teilnahme der Klägerin an einem ordnungsgemäßen und rechtskonformen Ausschreibungsverfahren zu ermöglichen. Die Ausschreibung sei vorsätzlich vergaberechtswidrig auf Produkte des europäischen Marktführers zugeschnitten gewesen.Während sie ursprünglich Kosten für näher aufgeschlüsselte anwaltliche Leistungen im Gesamtausmaß von 89.592,14 EUR sA begehrte (ON 1 und 8), nahm sie mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2013, ON 12, eine Ausdehnung des Klagebegehrens auf 134.581,46 EUR sA vor; dies wegen weiterer Kosten im Vergabeverfahren 2010 von 12.103,32 EUR (während die Summe der Honorarnote ./X 12.210,32 EUR brutto ausmacht) und wegen gleichartiger Kosten im Zusammenhang mit einer im April 2013 eingeleiteten weiteren Ausschreibung (in Hinkunft: Vergabeverfahren 2013) von 32.886 EUR.

Die Beklagte und die auf ihrer Seite beigetretene Nebenintervenientin bestritten die Berechtigung des ursprünglichen Klagebegehrens und wendeten Unzulässigkeit des Rechtswegs ein. Sie sprachen sich auch rechtzeitig gegen die Zulassung der Klageausdehnung aus.

In der Streitverhandlung vom 25. Oktober 2013 trug das Erstgericht der Klägerin die Schlüssigstellung der Klage mittels Schriftsatz auf, und zwar durch Aufschlüsselung der in der Klage genannten Beträge und deren Zuordnung zu den im Schriftsatz ON 8 angeführten Leistungen sowie deren Konkretisierung (ON 14 S 13).

Die Klägerin nahm dazu im Schriftsatz vom 20. November 2013 (ON 15) folgende Aufgliederung der Honorarforderungen vor: 1.) 27.956,65 EUR für keinem Verwaltungsverfahren allein zuordenbare „Allgemeine Vorbereitungstätigkeiten“ (davon 9.944,30 EUR für die Vorbereitung der Verfassungsgerichtshof-Beschwerde und 11.152,35 EUR für die Vorbereitung der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde), 2.) 45.500 EUR für Arbeiten im Zusammenhang mit dem Nachprüfungsantrag, 3.) 25.560 EUR für das Feststellungsverfahren (davon 17.300 EUR für das „ursprüngliche“ Feststellungsverfahren, 3.080 EUR für Leistungen nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 6. März 2013 und 5.180 EUR für die Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde gegen den Bescheid vom 12. Juni 2013), 4.) 7.630 EUR für die zwecks Beseitigung der ursprünglichen Ausschreibung erhobene Kommissions-Beschwerde und 5.) 28.111,10 EUR betreffend das Vergabeverfahren 2013. Gleichzeitig legte sie eine Aufstellung (Beilage ./Z) über alle anwaltlichen Leistungen, die dem Kostenersatzbegehren zugrunde liegen, vor, in der diese Leistungen sowohl nach ihrem Zeitpunkt als auch ihrem Gegenstand beschrieben sind, die darauf entfallende Honorarforderung genannt ist und eine Zuordnung entsprechend der aktuellen Aufgliederung vorgenommen wird.

Die Beklagte und die Nebenintervenientin bestritten auch das modifizierte Vorbringen der Klägerin. Sie hielten den Widerspruch gegen die Klageausdehnung und die Einwände der Unzulässigkeit des Rechtswegs sowie der Unschlüssigkeit der Klage aufrecht (ON 17 und 18).

Das Erstgericht wies „die Klage“ wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück. Für die Vertretungskosten im Feststellungsverfahren nach der Zuschlagserteilung stehe der ordentliche Rechtsweg nicht offen, weil es sich dabei um Kosten der Prozessvorbereitung handle, die den zivilprozessualen Kostenersatzregeln unterworfen seien. Das Nachprüfungsverfahren sei nicht erfolgreich gewesen, weil es ‑ mangels Antrags der Klägerin, es als Feststellungsverfahren weiterzuführen ‑ formlos eingestellt worden sei. Ein Feststellungsbescheid wäre Prozessvoraussetzung für die Verfolgung des Ersatzanspruchs gewesen. Da ein solcher nicht vorliege, sei der ordentliche Rechtsweg nicht zulässig. Eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Klagsänderung erübrige sich.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, dass es die Einreden der Unzulässigkeit des Rechtswegs abwies. Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte es für zulässig.

Das Erstgericht habe weder über die Zulassung der Klageausdehnung entscheiden wollen noch über die Zulässigkeit des Rechtswegs für das noch nicht zugelassene Begehren. Die Kosten des Nachprüfungsverfahrens könnten als vergaberechtlicher Schadenersatz eingeklagt werden. Die Feststellung eines vergaberechtlichen Verstoßes durch die zuständige Vergabekontrollbehörde (§ 341 Abs 2 BVergG 2006) sei dafür nicht Prozessvoraussetzung, weil die Klägerin nicht Kosten der Beteiligung am Vergabeverfahren im Sinn des § 338 Abs 1 BVergG 2006 geltend mache, sondern Kosten eines behördlichen Vergabekontrollverfahrens aus Anlass eines Vergabeverfahrens sowie Kosten eines behördlichen Feststellungsverfahrens nach Abschluss des Vergabeverfahrens (durch Abschluss der Rahmenvereinbarung), die begrifflich keine Kosten der Teilnahme am Vergabeverfahren seien. Da gemäß § 338 Abs 2 BVergG ein Schadenersatzanspruch nach Abs 1 dann nicht bestehe, wenn der Geschädigte den Schaden durch Beantragung einer einstweiligen Verfügung sowie durch Stellen eines Nachprüfungsantrags abwenden hätte können, könne es sich bei den Kosten für diese Maßnahmen nicht um einen Schaden im Sinn des ersten Absatzes leg cit handeln. Bei den geltend gemachten Kosten handle es sich wegen des Vorwurfs, die Beklagte habe die Ausschreibung vorsätzlich vergaberechtswidrig gestaltet, um einen allgemeinen Schadenersatzanspruch nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo oder wegen Verletzung des Schädigungsverbots, dessen Geltendmachung keines Feststellungsbescheids bedürfe. Ein solcher Bescheid gemäß § 341 Abs 2 Z 1 BVerwG liege allerdings ohnehin in Gestalt des Bescheids vom 24. April 2013 vor. Die Kosten eines nach der Zuschlagserteilung eingeleiteten Feststellungsverfahrens sehe der Oberste Gerichtshof zwar regelmäßig als vorprozessuale Kosten an, für die der Rechtsweg nicht offen stehe. Das könne aber nur gelten, wenn diese Kosten neben einem Hauptanspruch geltend gemacht wurden, dessen Verfolgung jenes Feststellungsverfahren gedient habe. Eine Kostenforderung verliere ihren akzessorischen Charakter, wenn kein Hauptanspruch behauptet werde. Die Kosten des Nachprüfungsverfahrens seien kein Hauptanspruch zu den Kosten des Feststellungsverfahrens, weil ihre Geltendmachung keinen Feststellungsbescheid voraussetze. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Rechtswegzulässigkeit in vergaberechtlichen Schadenersatzfällen nicht in allen Punkten gefolgt worden sei.

Dagegen richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Beklagten und der Nebenintervenientin mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Bestätigung des erstgerichtlichen Beschlusses, in eventu im Sinn der Abweisung der Klage wegen Unschlüssigkeit; die Beklagte begehrt hilfsweise auch die Aufhebung und Zurückverweisung an die zweite Instanz.

Dem tritt die Klägerin in ihrer Revisionsrekursbeantwortung entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse sind aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig und im Sinn einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen berechtigt .

1. Das Rekursgericht verneinte die von der Klägerin im Zusammenhang mit den Ausführungen des Erstgerichts zur Klageänderung geltende gemachte Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO/Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Beschlusses mit der ‑ unbeanstandet gebliebenen ‑ Rechtsansicht, das Erstgericht habe „unzweifelhaft“ über die Zulassung der Klageausdehnung ebenso wenig entscheiden wollen wie über die Zulässigkeit des Rechtswegs für das noch nicht zugelassene Begehren; es könne eine schlüssige Zulassung der Klageänderung durch das Erstgericht nicht mit der erforderlichen Gewissheit angenommen werden, da eine Zurückweisung die Wirksamkeit der Klagsänderung voraussetzen würde.

1.1. Damit wird ein Vorgehen toleriert, das § 235 Abs 3 ZPO widerspricht. Daraus ergibt sich die Pflicht des Erstgerichts, über die Zulässigkeit der Klageänderung trotz Widerspruchs zu entscheiden (RIS-Justiz RS0039438; Klicka in Fasching/Konecny ² § 235 ZPO Rz 9 und 38); ein Vorbehalten der Entscheidung über die Zulassung der Klageänderung bis nach der Entscheidung über die ursprüngliche Klage, die hier in deren Zurückweisung wegen Verneinung der Zulässigkeit des Rechtswegs lag, ist in der Bestimmung des § 235 Abs 3 ZPO nicht vorgesehen.

1.2. Außerdem wird verkannt, dass im Fall einer Klageänderung auch für das neue Begehren alle Prozessvoraussetzungen gegeben sein müssen (10 ObS 184/01h = RIS‑Justiz RS0039352 [T4]); ist für das geänderte Begehren der Rechtsweg unzulässig, hat dies zum Ausspruch zu führen, dass die Klageänderung nicht zugelassen wird (10 ObS 208/97d = RIS-Justiz RS0039509 [T1] = RS0039352 [T3]).

2. Die Vorinstanzen haben überdies eine weitere, von der Klägerin im aufgetragenen Schriftsatz vom 22. November 2013, ON 15, vorgenommene Modifikation der Klage unbeachtet gelassen.

2.1. Diese besteht nicht nur darin, dass gegenüber dem ausgedehnten Gesamtklagebetrag von 134.581,46 EUR nunmehr Gesamtkosten von 134.757,75 EUR (das ist die Gesamtsumme der in ON 15 aufgeschlüsselten 5 Teilbeträge) behauptet wurden.

Die Klägerin machte auch die auf das Vergabeverfahren 2010 entfallenden Kosten (von [ursprünglichen 89.592,14 EUR + mit ON 12 ausgedehnter 12.103,32 EUR, zusammen] 101.695,46 EUR) nunmehr mit 106.646,65 EUR (das ist die Summe der Punkte 1. bis 4. der Aufschlüsselung) geltend. In der zur (rechnerisch richtigen) Aufschlüsselung des Klagebegehrens mit ON 15 vorgelegten Aufstellung Beilage ./Z finden zwar weder der noch in der Klage vorgenommene Abzug für in einem Vorverfahren verglichene Kosten von insgesamt 14.364 EUR Erwähnung noch die in der Klage begehrten Gebühren (?) von 2.490 EUR, 1.660 EUR und 610,60 EUR; das kann aber die Differenz (= Erhöhung der Kostenforderung für das Vergabeverfahren 2010) von 4.951,19 EUR nicht erklären.

2.2. Wenn auch eine (neuerliche) Ausdehnung des Klagebegehrens unterblieb, stellt doch die Änderung des anspruchsbegründenden Sachverhalts, die hier in der nicht unbeträchtlichen Änderung der Zusammensetzung des Kostenaufwands für das Vergabeverfahren 2010 besteht, eine Klageänderung nach Eintritt der Streitanhängigkeit dar, die über eine bloße Berichtigung im Sinn des § 235 Abs 4 ZPO hinausgeht.

2.3. Wegen des Auftrags an die Klägerin zur Erstattung des Schriftsatzes ON 15 kann dieser nicht als im Sinn des § 257 Abs 3 ZPO unzulässig angesehen werden. Sein Inhalt stellt nicht nur aus diesem Grund keine unbeachtliche Neuerung dar, sondern auch weil das Erstgericht einen Schluss der Verhandlung nach § 193 Abs 1 oder Abs 3 ZPO weder ausdrücklich noch schlüssig (allenfalls durch Abverlangen der Kostennoten) verkündete.

In Schriftsätzen enthaltenes Vorbringen ist im Hinblick auf den Mündlichkeitsgrundsatz zwar nur dann zu berücksichtigen, wenn es in der Verhandlung mündlich vorgetragen wurde (RIS-Justiz RS0036700, RS0034965). Die Streitanhängigkeit über das geänderte Begehren tritt allerdings schon vor dem Vortrag der schriftlich angezeigten Klageänderung mit der Zustellung des Schriftsatzes an den Beklagten ein (RIS-Justiz RS0105304 [T1]), die hier gemäß § 112 ZPO sowohl an die Beklagte als auch an die Nebenintervenientin erfolgte, wie sich aus deren Repliken ON 17 und 18 ergibt.

2.4. Somit durften die Vorinstanzen die neuerliche Klageänderung nicht unbeachtet lassen. Obwohl von der Gegenseite kein Widerspruch in diesen beiden Schriftsätzen erhoben wurde, durften sie auch nicht von einer schlüssigen Zustimmung durch die Gegenseite im Sinn des § 235 Abs 2 letzter Satz ZPO ausgehen, weil dies vorausgesetzt hätte, dass ohne gegen die Änderung Einwendungen zu erheben, über die geänderte Klage „verhandelt“ worden wäre (vgl Klicka in Fasching/Konecny ² § 235 ZPO Rz 35). Das war aber mangels Anberaumung einer weiteren Tagsatzung durch das Erstgericht nicht der Fall.

2.5. Daraus folgt, dass schon das Erstgericht eine weitere Tagsatzung ausschreiben hätte müssen, in der die neuerliche Klageänderung nach deren Vortrag zu erörtern und zu klären gewesen wäre, ob von der Beklagtenseite auch dagegen Widerspruch erhoben wird oder nicht. Da dies unterblieb, ist derzeit unklar, welche konkreten Kostenforderungen den Gegenstand des Prozesses bilden, die zunächst auf die Zulässigkeit des Rechtswegs hin zu prüfen sind.

Diese Unklarheit wäre auch vom Rekursgericht wahrzunehmen gewesen und muss zur Aufhebung beider Entscheidungen der Vorinstanzen führen, damit die dargestellten Versäumnisse vom Erstgericht nachgeholt werden.

3. Für das fortgesetzte Verfahren über den Einwand der Unzulässigkeit des Rechtswegs erscheinen noch folgende Klarstellungen für das Vergabeverfahren 2010 angebracht:

3.1. Für das im Juli 2010 bekannt gemachte Vergabeverfahren 2010 kommt nach § 345 Abs 14 Z 1, Abs 15 Z 3 und Abs 17 Z 2 BVergG 2006 das BVergG 2006 idF BGBl I 15/2010 (Kundmachung am 4. März 2010) zur Anwendung.

§ 338 Abs 1 leg cit sah ua vor, dass ein übergangener Bewerber, Bieter oder Bestbieter einen Schadenersatzanspruch für die Kosten der Anbotsstellung und der Kosten der Teilnahme am Vergabeverfahren hat; weiter gehende, jedoch nur alternativ zustehende Schadenersatzansprüche des übergangenen Bestbieters nach anderen Rechtsvorschriften werden davon nicht berührt. Auf die anspruchsvernichtenden ( Aicher in Schramm/Aicher/Fruhmann BVergG 2006 2 § 338 Rz 22) Kriterien der „Chancenlosigkeit“ (§ 338 Abs 2 1. Alternative BVergG 2006) und die Verletzung der Obliegenheit zur Schadensabwehr (§ 338 Abs 2 2. Alternative BVergG 2006) kommt es im vorliegenden Verfahrensstadium der Prüfung der Zulässigkeit des Rechtswegs nicht an.

Nach § 340 BVergG 2006 bleiben im Übrigen die nach anderen Rechtsvorschriften bestehenden Ersatzansprüche, Unterlassungsansprüche, Solidarhaftungen sowie Rücktritts- und andere Gestaltungsrechte unberührt. Dadurch wird klargestellt, dass die Sanktionsvorschriften des BVergG 2006 als leges speciales den anderen Rechtsvorschriften (die nur „im Übrigen“ unberührt bleiben) vorgehen, diese also nicht als Anspruchsgrundlage herangezogen werden dürfen, soweit das Sonderzivilrecht des BVergG 2006 zusätzliche materielle und formelle Anspruchsvoraussetzungen normiert, insbesondere das Erfordernis des vorgängigen Feststellungsbescheids nach § 341 Abs 2 BVergG 2006 ( Aicher aaO § 340 BVergG Rz 2). Der Anspruch auf Ersatz der Teilnahmekosten ist im BVergG 2006 somit abschließend geregelt; es besteht dafür keine Anspruchskonkurrenz mit dem allgemeinen Schadenersatzrecht des ABGB (7 Ob 101/12x = RIS-Justiz RS0128318; Aicher aaO § 338 BVergG Rz 20).

3.2. Die Klägerin begehrt ausdrücklich als Schadenersatz (unter Ausschluss der Amtshaftung [ON 8 S 4; ON 14 S 11]) die Kosten ihrer zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen und nützlichen rechtsfreundlichen Vertretung (bezeichnet als Vertrauensschaden); ihre diesbezüglichen Maßnahmen seien mit dem wesentlichen Zweck gesetzt worden, die mit dem Vergaberecht vorsätzlich nicht im Einklang stehende Ausschreibung (deren behauptete Fehler näher dargestellt wurden [ON 8 S 2 ff]) zu beseitigen, um die Teilnahme der Klägerin an einem ordnungsgemäßen und rechtskonformen Ausschreibungsverfahren zu ermöglichen (Klage S 2; ON 8 S 7). Das sei auch im Feststellungsverfahren das einzige Anliegen der Klägerin gewesen (ON 8 S 5); auch die Kommissionsbeschwerde habe der Beseitigung der ursprünglichen Ausschreibung gedient (ON 15 S 3).

Somit machte die Klägerin in erster Instanz als übergangene Bewerberin (§ 2 Z 12 BVergG 2006) den in § 338 Abs 1 BVergG 2006 vorgesehenen, vergaberechtlichen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens wegen frustrierten Beiteilungsaufwands in Form der Kosten (für die Erreichung) der Teilnahme am Vergabeverfahren ausschließlich geltend. Nach § 340 BVergG 2006 beeinflusst der Vorwurf der Klägerin, es sei vorsätzlich eine vergaberechtswidrige Ausschreibung betrieben worden, daher die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtswegs für die begehrten frustrierten Beteiligungskosten nicht.

3.3. Der Oberste Gerichtshof hat (zu einem vergleichbarem Sachverhalt bei gleicher Rechtslage) klargestellt, dass die Kosten eines auf Nichtigerklärung einer vergaberechtswidrigen Ausschreibung gerichteten (Nachprüfungs-)Verfahrens typischerweise dazu dienen, die Ausschreibung zu beseitigen und die ausschreibende Stelle zu einer gesetzmäßigen (neuen) Ausschreibung zu verhalten. Ist evident, dass bestimmte kostenverursachende Maßnahmen in erster Linie einen anderen Zweck verfolgen als die Vorbereitung eines gerichtlichen Verfahrens, so steht deren Geltendmachung als materiell-rechtliche Schadenersatzforderung auch nicht entgegen, dass das Ergebnis einer Maßnahme gegebenenfalls auch eine spätere Prozessführung fördern kann (7 Ob 101/12x mwN; vgl auch RIS-Justiz RS0121198 und 1 Ob 85/05i).

Wegen der im § 341 Abs 2 BVergG 2006 normierten Prozessvoraussetzung für eine Schadenersatzklage gemäß den §§ 338 und 339 leg cit (bescheidmäßige Feststellung der Rechtswidrigkeit des Auftraggeberverhaltens durch die jeweils zuständige Vergabekontrollbehörde) entspricht es weiters der herrschenden Ansicht, dass es sich im Fall von Vertretungskosten im Feststellungsverfahren nach Zuschlagserteilung bei den dort aufgelaufenen Bearbeitungs-, Teilnahme- und Vertretungskosten um Kosten zur (zwingenden) Vorbereitung der nachfolgenden Prozessführung handelt, die den Kostenersatz regelnden §§ 40 ff ZPO unterworfen (und deshalb in der Kostennote zu verzeichnen) sind; für diese Kosten steht der ordentliche Rechtsweg daher nicht offen, weshalb eine Klageführung unzulässig ist (7 Ob 101/12x mwN; Aicher aaO § 338 BVergG Rz 37; Keschmann in Heid/Preslmayr Handbuch Vergaberecht 3 [2010] Rz 2188).

Davon abzugehen sieht der erkennende Senat auch im vorliegenden Fall keinen Anlass.

3.4. Wesentlich sind deshalb der Zeitpunkt der Zuschlagserteilung (hier unstrittig durch Abschluss der Rahmenvereinbarung mit der ausgewählten Bieterin am 1. Februar 2011) und die Zuordnung der geltend gemachten Kosten entweder zur Kategorie Teilnahme am (noch nicht beendeten) Vergabeverfahren oder zur Kategorie Vorbereitung der Einklagung dieses frustrierten Beteiligungsaufwands; wofür der Gegenstand und der rechtlich gedeckte Zweck der getroffenen Maßnahmen entscheidend ist, nicht jedoch die ‑ ohnehin nur eine das Gericht nicht bindende rechtliche Beurteilung darstellende ‑ subjektive Einschätzung des Klägers.

3.4.1. Die davor entstandenen Kosten, soweit sie für Aktivitäten angefallen sind, die die Teilnahme am noch nicht beendeten Vergabeverfahren (also an der Ausschreibung) zum Gegenstand haben, können als vergaberechtlicher Schadenersatz eingeklagt werden. Dazu zählen auch jene Maßnahmen, die die Teilnahme am Vergabeverfahren erst ermöglichen sollen, wie zB ein Nachprüfungsantrag eines übergangenen Bewerbers und dessen Vorbereitung.

3.4.2. Die nach dem Zuschlag aufgelaufenen Kosten, zu denen jene für die Teilnahme am Feststellungsverfahren (einschließlich der Anrufung eines Gerichtshofs des öffentlichen Rechts) und der dafür erforderlichen Bearbeitung (Vorbereitung) sowie der anwaltlichen Vertretung dabei zählen, sind hingegen als vorprozessuale Kosten anzusehen. Wenn die Klägerin diese Rechtslage damit zu umgehen versucht, dass sie behauptet, sie habe auch mit diesen Maßnahmen die (allerdings bereits durch Zuschlagserteilung beendete) Ausschreibung beseitigen wollen, verkennt sie, dass die Kompetenz des Bundesvergabeamts nach Zuschlagserteilung gemäß § 312 Abs 3 BVergG 2006 eine Nichtigerklärung des Zuschlags nicht umfasst.

3.4.3. Nach dem derzeitigen Vorbringen der Klägerin zur von ihr erhobenen Beschwerde an die Europäischen Kommission (ON 15 S 3, Beilage ./Z S 6) ist schon wegen des zeitlichen Zusammenhangs (Beginn mit der Ausarbeitung im Juni 2011 nach dem Ergehen der für die Klägerin negativen Feststellungsbescheide vom 11. April 2011 und 24. Mai 2011) eine Zuordnung zum Nachprüfungs-(Nichtigerklärungs-)Verfahren ausgeschlossen, weil die Klägerin auch nicht darlegen konnte, wie sie auf diesem Weg „die ursprüngliche Ausschreibung“ beseitigen könnte (gemeint: eine Nichtigerklärung des bereits erteilten Zuschlags erreichen könnte ?).

3.5. Gegen Bescheide des Bundesvergabeamts als letztinstanzliche Verwaltungsbehörde kamen Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 130 Abs 1 B-VG und an den Verfassungsgerichtshof nach Art 144 Abs 1 B-VG in Betracht (vgl Reisner in Heid/Preslmayr Handbuch Vergaberecht 3 [2010] Rz 2126 ff).

Wenn solche Beschwerden ‑ wie hier an den Verwaltungsgerichtshof ‑ nach dem Zuschlag (im Feststellungsverfahren) erhoben wurden, so folgt schon aus diesem Umstand, dass für die damit im Zusammenhang stehenden Kosten der Rechtsweg keinesfalls zulässig ist.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde der Klägerin vom 13. Jänner 2011 gegen den Bescheid des Bundesvergabeamts vom 3. Dezember 2010 gemäß § 144 Abs 2 B‑VG mit Beschluss vom 29. Juni 2011 ab. Sie wurde über nachträglichen Antrag der Klägerin dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten, der ihr insofern Folge gab, als er den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts mit Erkenntnis vom 6. März 2013 aufhob und den Bund gemäß §§ 47 ff VwGG zum Ersatz der Aufwendungen der Klägerin von 1.326,40 EUR verpflichtete (Beilage ./B). In diesem Umfang können diese Kosten der ursprünglich beim Verfassungsgerichtshof erhobenen, letztlich aber vom Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Beschwerde daher nicht im Zivilrechtsverfahren eingeklagt werden (vgl RIS‑Justiz RS0022786), was im Übrigen auch für die weiteren Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof gilt. § 57 VwGG sieht allerdings vor, dass der Entlohnungsanspruch der (ua) Rechtsanwälte gegenüber den von ihnen vertretenen Parteien durch die §§ 47 bis 56 VwGG nicht berührt wird. Der Klägerin könnten daher über den vom Verwaltungsgerichtshof zugesprochenen Betrag hinaus Vertretungskosten entstanden sein, die sie ‑ allerdings nur nach den zu Punkt 3.3. dargelegten Prämissen ‑ geltend machen kann.

3.6. Dem Einwand der Klägerin, ihre Kostenforderungen nach dem Zuschlag hätten ihren akzessorischen Charakter „mit Ende des alten Vergabeverfahrens“ (gemeint: 2010) verloren, weil „der Hauptanspruch sohin obsolet“ sei, ist nicht zu folgen.

Entsprechend der Regelung des § 341 Abs 2 BVergG 2006 sind die Kosten des Feststellungsverfahrens akzessorisch zum Schadenersatzanspruch wegen der Kosten der Teilnahme am Vergabeverfahren (hier des Nachprüfungsverfahrens zum Vergabeverfahren 2010), dessen Bestehen die Klägerin hier ja gerade behauptet und ersetzt verlangt.

3.7. Nach § 341 Abs 2 BVergG 2006 ist eine Schadenersatzklage ua gemäß § 338 leg cit nur zulässig, wenn zuvor eine Feststellung der jeweils zuständigen Vergabekontrollbehörde erfolgt ist, dass ‑ soweit hier relevant ‑ der Zuschlag wegen eines Vergaberechtsverstoßes nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde (Z 1), oder die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bzw ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb wegen eines Vergaberechtsverstoßes rechtswidrig war (Z 2). Für die Einklagung eines Schadenersatzanspruchs ist somit ‑ ausgenommen den im Vergabeverfahren 2010 nicht verwirklichten Fall des § 341 Abs 3 BVergG 2006 ‑ der die Rechtswidrigkeit feststellende Bescheid der jeweils zuständigen Vergabekontrollbehörde Prozessvoraussetzung (7 Ob 101/12x; RIS-Justiz RS0120993; Aicher aaO § 341 BVergG Rz 3; Keschmann in Heid/Preslmayr Handbuch Vergaberecht 3 [2010] Rz 2200).

3.8. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichts verfügte die Klägerin über den positiven Feststellungsbescheid des Bundesvergabeamts vom 24. April 2013 (Beilage ./C). Damit wurde antragsgemäß im Sinn des § 341 Abs 2 Z 1 zweiter Fall BVergG 2006 festgestellt, dass im Vergabeverfahren 2010 der Zuschlag wegen eines Vergaberechtsverstoßes nicht dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde. Begründet wurde dies ‑ entsprechend dem Erkenntnis des Verwaltungs-gerichtshofs vom 6. März 2013 ‑ zusammengefasst damit, dass durch die Streichung einzelner Spezifikationen in der Ausschreibung ein anderer Bieterkreis, nämlich zumindest die Klägerin angesprochen worden sei, sodass die gesamte Ausschreibung für nichtig zu erklären gewesen wäre; daher sei durch Abschluss der Rahmenvereinbarung der Zuschlag auf einer rechtswidrigen, für nichtig zu erklärenden Ausschreibung nicht dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt worden. Gemäß § 341 Abs 2 letzter Satz BVergG 2006 sind das Gericht und die Parteien des Verfahrens vor dem Bundesvergabeamt ‑ unbeschadet dessen hier nicht relevanten Abs 4 (Beschwerde des Gerichts an den Verwaltungsgerichtshof) ‑ an den Spruch einer solchen Feststellung gebunden.

3.9. Wenn die Klägerin von der ihr durch § 331 Abs 4 2. Fall BVergG 2006 eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht hätte, nach der Aufhebung des Bescheids des Bundesvergabeamts vom 3. Dezember 2010 durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 6. März 2013 wegen des zwischenzeitig erteilten Zuschlags die Fortführung des Nachprüfungsverfahrens als Feststellungsverfahren zu beantragen, hätte sie keine andere Feststellung als jene erreichen können, die sie bereits am 3. März 2011 begehrt hatte.

Das ursprüngliche Nachprüfungsverfahren wäre nämlich ‑ nur ‑ wegen des darin geltend gemachten Rechtsverstoßes des Auftraggebers als Feststellungsverfahren weiterzuführen; es könnten also nur jene Rechtsverstöße bekämpft und zum Gegenstand des Feststellungsantrags gemacht werden, die schon Gegenstand des ursprünglichen Nachprüfungsantrags waren; überdies könnten nur Feststellungen im Sinn des § 331 Abs 1 Z 1 bis 5 BVergG 2006 begehrt werden ( Aicher aaO § 331 BVergG Rz 25, 43 und 45).

Der im Nachprüfungsverfahren von der Klägerin erhobene, vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 6. März 2013 für zutreffend erachtete Vorwurf lautete, die Ausschreibungsunterlagen enthielten für sie diskriminierende Anforderungen, die die Nichtigerklärung der gesamten Ausschreibung erfordert hätten. Die dem entsprechende Feststellung eines Vergabeverstoßes aus dem Katalog des § 341 Abs 2 BVergG 2006 hätte daher nach der dennoch erfolgten Zuschlagserteilung jedenfalls im Sinn dessen Z 1 BVergG 2006 lauten müssen; denn ein Zuschlag trotz einer diskriminierenden und deshalb vergaberechtswidrigen, zur Gänze für nichtig zu erklärenden Ausschreibung bedeutet, dass der Zuschlag nicht dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde. Unter anderem diese Feststellung hatte die Klägerin aber bereits am 3. März 2011 beantragt und letztendlich mit dem Bescheid des Bundesvergabeamts vom 24. April 2013, Beilage ./C, exakt mit dieser Begründung zugesprochen erhalten.

Dieser für die Klägerin positive Feststellungsbescheid, der den ursprünglich im Nachprüfungsverfahren geltend gemachten Vergaberechtsverstoß der Auftraggeberin voll abdeckt und bestätigt, verwirklicht daher die von § 341 Abs 2 BVergG 2006 verlangte Prozessvoraussetzung. Es bedurfte somit weder des Abwartens des Ausgangs des Verfahrens über den ebenso am 3. März 2011 gestellten Feststellungsantrag nach § 341 Abs 2 Z 2 BVergG 2006 (das nunmehr ‑ wie die von der Klägerin während des Revisionsrekursverfahrens vorgelegten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Oktober 2014 und des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Dezember 2014 zeigen ‑ ohnehin zugunsten der Klägerin beendet scheint) noch einer Umwandlung des Nachprüfungs- in ein Feststellungsverfahren nach § 341 Abs 4 BVergG 2006, sodass dessen Einstellung der Klägerin nicht zum Nachteil gereicht; abgesehen davon erscheint es zweifelhaft, ob ein weiterer Feststellungsantrag identen Inhalts zulässig gewesen wäre.

Deshalb steht den von der Klägerin begehrten Kosten der Teilnahme am Vergabeverfahren 2010 bis zur Zuschlagserteilung das Fehlen der im § 341 Abs 2 BVergG 2006 vorgesehenen Prozessvoraussetzung nicht entgegen.

4. Zum Vergabeverfahren 2013 ist für das fortgesetzte Verfahren zur Frage der Unzulässigkeit des Rechtswegs auf Folgendes hinzuweisen:

4.1. Nach den Behauptungen der Klägerin dazu war davon eine im April 2013 eingeleitete Ausschreibung betroffen, zu der die Klägerin wegen Rechtswidrigkeiten erneut Nachprüfungsanträge stellte, die zur Nichtigerklärung der Teilnahmeunterlagen durch das Bundesvergabeamt mit Bescheid vom 8. Juli 2013 und zum Widerruf der Ausschreibung durch die Nebenintervenientin geführt hätten. Sie begehrt auch in diesem Zusammenhang aus dem Titel des Schadenersatzes die (näher aufgeschlüsselten) Kosten für die rechtsfreundliche Vertretung in diesem Nachprüfungsverfahren, die für die Aufdeckung der rechtswidrigen Bestimmungen der Ausschreibungsunterlage entstanden und aufgewendet worden seien, um ihr die Teilnahme am Verfahren zu ermöglichen; das sei auch passiert (ON 12 S 3 ff).

4.2. Für das im April 2013 bekannt gemachte Vergabeverfahren 2013 kommt nach § 345 Abs 15 Z 1, Abs 17 Z 2 BVergG 2006 der § 341 Abs 3 BVergG 2006 idF BGBl I 10/2012 (Kundmachung am 16. Februar 2012, Inkrafttreten am 1. April 2012) zur Anwendung.

Diese Bestimmung sah vor, dass abweichend von Abs 2, der als Prozessvoraussetzung für eine Schadenersatzklage nach ua § 337 BVergG 2006 idF BGBl I Nr 10/2012 das Vorliegen eines Feststellungsbescheids der zuständigen Vergabekontrollbehörde normierte (vgl Punkt 3.7.), eine Schadenersatzklage zulässig ist, wenn die Erklärung des Widerrufs eines Vergabeverfahrens zulässig war, aber vom Auftraggeber durch einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen andere Bestimmungen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht verursacht wurde; eine derartige Schadenersatzklage ist unzulässig, sofern die behauptete Verursachung der Erklärung des Widerrufs in einem Verstoß besteht, der im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens gemäß den §§ 320 ff geltend gemacht hätte werden können (was vom Zivilgericht zu prüfen ist [ Aicher aaO § 341 BVergG Rz 6]).

Ausnahmsweise ist eine Schadenersatzklage demnach ohne Vorliegen eines Feststellungsbescheids zulässig, wenn die Erklärung des Widerrufs vergaberechtlich zulässig war, aber vom Auftraggeber durch einen hinreichend qualifizierten Vergaberechtsverstoß verursacht wurde ( Holoubek/Fuchs/Holzinger Vergaberecht 3 194; Werschitz/Ragoßnig Österreichisches Vergaberecht 3 214; vgl 10 Ob 76/06h; 7 Ob 56/08y; Aicher aaO § 341 BVergG Rz 6; R. Madl in Heid/Preslmayr Handbuch Vergaberecht 3 Rz 2202).

Erblickt man diese Konstellation in den Behauptungen der Klägerin, würde das Nichtvorliegen eines Feststellungsbescheids zum Vergabeverfahren 2013 den Einwand der Unzulässigkeit des Rechtswegs nicht rechtfertigen.

5. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass mit Rücksicht auf die von der Klägerin vorgenommene detaillierte Beschreibung der einzelnen anwaltlichen Leistungen weder von einer Unschlüssigkeit der Klage noch von unzureichender Substantiierung des Klagevorbringens die Rede sein kann. Erörterungsbedürftig ist aber der Umstand, dass die Summe der mit ON 15 aufgeschlüsselten einzelnen Honorarforderungen von 134.757,75 EUR die ausgedehnte Gesamtklageforderung von 134.581,46 EUR übersteigt und ein Abzug für die verglichenen Kosten nicht mehr vorgenommen wurde.

Das Erstgericht wird die dargestellte Rechtslage mit den Parteien zu erörtern und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben haben, um sodann eine Entscheidung über die Zulassung der Klageänderung(en) und über den Einwand der Unzulässigkeit des Rechtswegs zu treffen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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