European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E131328
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO wird vom Widerruf der mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 29. Jänner 2018, AZ 6 Hv 120/17x, gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen und gemäß § 494a Abs 6 StPO die Probezeit auf fünf Jahre verlängert.
Mit seiner (impliziten) Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* mehrerer Vergehen der Datenfälschung nach § 225a StGB (I./), des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall und Abs 2, 148 zweiter Fall, § 15 StGB (II./), des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 und 4 erster Fall StGB (III./), der Vergehen der Bestechung von Bediensteten nach § 309 Abs 2 StGB (IV./), des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 erster Fall StGB (V./) sowie des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB (VI./) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er in G* und andernorts
I./ zwischen Anfang 2018 und 2. Oktober 2018 in 19 Fällen (A./ bis S./) dadurch, dass er zehn im Urteil näher bezeichneten Banken online Konteneröffnungsanträge unter Anschluss falscher Ausweise übermittelte, jeweils durch Eingabe falsche Daten mit dem Vorsatz hergestellt, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich, dass es sich bei den von ihm genannten Namen * W*, * H*, * L*, * K*, * C*, * Ko*, * M* und * Ho*, auf die die online zu eröffnenden, im Urteil durch Angabe des jeweiligen IBANs konkretisierten Konten eröffnet werden sollten, um seine tatsächliche Identität und nicht um Aliasidentitäten handelt, gebraucht werden;
II./ mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, Personen durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung falscher Daten zu Handlungen verleitet und zu verleiten versucht, die diese am Vermögen im Betrag von insgesamt 118.971,08 Euro schädigten und in einem weiteren Betrag von insgesamt 7.785,98 Euro schädigen sollten, wobei er in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, und er bereits zwei solche Taten begangen hat, und zwar
AA./ im Zeitraum von 1. Juni bis 22. Oktober 2018 durch Erstellung von Benutzerprofilen mit erfundenen Namen oder Verwendung von gehackten Profilen anderer Benutzer durch die wahrheitswidrige Vorgabe, die von ihm auf Internet‑Verkaufsplattformen (willhaben, ebay) angebotenen (und im Urteil konkretisierten) Waren tatsächlich zu liefern, die im Urteil namentlich genannten Personen zu Überweisungen von Geldbeträgen von insgesamt 126.144,77 Euro auf die ebendort konkretisierten 17 Konten verschiedener Bankinstitute lautend auf die zu I./ angeführten Namen, wobei es teilweise beim Versuch blieb, weil Überweisungen im Gesamtbetrag von 7.785,98 Euro infolge Sperre der jeweiligen Konten nicht mehr durchgeführt wurden;
BB./ am 28. Juni 2018 durch die Vorgabe, der zahlungsfähige und -willige Kunde mit dem Namen * Ho* zu sein, wobei er zur Bekräftigung von einem im Urteil genannten Konto bei der A* AG eine Anzahlung von 87,48 Euro zur sofortigen vorzeitigen Freischaltung überwies, Verantwortliche des Unternehmens I* OG zur Lieferung eines virtuellen Windows‑Servers sowie zur Erbringung virtueller Dienstleistungen verleitet, wobei in der Folge keine Nutzungs- und Vertragszahlungen mehr geleistet wurden und dem Unternehmen ein Schaden von 612,29 Euro entstand;
III./ Vermögensbestandteile in Bezug auf einen 50.000 Euro übersteigenden Gesamtwert, die aus einer mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall und Abs 2, 148 zweiter Fall und § 15 StGB herrühren, verborgen, indem er die zu II./ betrügerisch herausgelockten Gelder zum Ankauf vorwiegend von Bitcoins bei Kryptowährungshändlern unter Verwendung falscher Namen, solcherart ohne Offenlegung ihrer Herkunft, verwendete (vgl US 37);
IV./ Bediensteten der Österreichischen Post AG im geschäftlichen Verkehr für die pflichtwidrige Vornahme einer Rechtshandlung einen Vorteil (zu A./) angeboten oder versprochen und (zu B./) gewährt, indem er diesen für die Ausfolgung von „Ident.Briefen“, die nicht an seinen tatsächlichen Namen adressiert waren, 200 Euro pro Brief (zu A./) in Aussicht stellte und (zu B./) übergab, und zwar:
A./ zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Dezember 2018 * A* bezüglich nicht näher bekannter „Ident.Briefe“;
B./ im Zeitraum von Anfang 2019 bis 7. März 2019 * Al* bezüglich mehrerer „Ident.Briefe“, lautend auf den Namen * Z*, wobei er am 7. März 2019 450 Euro für die Ausfolgung von fünf „Ident.Briefen“ überreichte;
V./ am 7. und 8. März 2019 * Al* dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass er ihn einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Vergehens der Bestimmung zur Urkundenunterdrückung nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 229 Abs 1 StGB „bzw. der Verletzung einer Amts- oder Standespflicht“, falsch verdächtigte, wobei er wusste, dass die Verdächtigung falsch ist, indem er vor erhebenden Beamten des SPK G* angab, * Al* sei an ihn herangetreten und habe ihm einen Job angeboten, bei dem er Briefe an einen gewissen * Z* weiterleiten hätte sollen, weshalb er von diesem 200 Euro pro Brief erhalten würde, wovon er 100 Euro für sich behalten hätte dürfen und 100 Euro an * Al* weiterleiten hätte sollen, weshalb ihm gleichzeitig zur Identifizierung des Adressaten von * Al* die Kopie eines österreichischen Personalausweises, lautend auf * Z*, übergeben worden sei, damit er wisse, wie der Empfänger aussehe;
VI./ zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt zwischen Juni und Juli 2018 eine falsche inländische öffentliche Urkunde, nämlich einen „nachgeahmten“ Personalausweis, lautend auf den Namen * B*, im Rechtsverkehr zum Beweis der sich daraus ergebenden Tatsache, nämlich, dass er die Person * B* sei, gebraucht, indem er diesen Ausweis zum Anlegen eines Spielerkontos bei A* vorwies.
Gemäß § 19a Abs 1 StGB wurden unter anderem ein Mobiltelefon i* silber, ein USB‑Stick S* sowie 450 Euro konfisziert.
Rechtliche Beurteilung
[3] Ausschließlich gegen den Schuldspruch zu II./ richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
[4] Die Subsumtionsrüge behauptet den substanzlosen Gebrauch der verba legalia bei den Feststellungen zur gewerbsmäßigen Begehung von schwerem Betrug (US 24). Sie legt aber nicht dar, weshalb bei gebotener Betrachtung der Gesamtheit der Konstatierungen (RIS‑Justiz RS0099810; vgl US 24 bis 37; insb US 24 [„...nachstehende Personen durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung falscher Daten,…“; „...wobei er in der Absicht handelte, sich durch wiederkehrende Begehung längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges, bei jährlicher Durchschnittsbetrachtung mehr als 400 Euro im Monat übersteigendes fortlaufendes Einkommen zu verschaffen und er – ab A./3./ – bereits zwei solche Taten begangen hat, und zwar …“]) ein Sachverhaltsbezug fehlen sollte (RIS‑Justiz RS0119090) und welche „entsprechenden Feststellungen“ zu treffen gewesen wären (RIS‑Justiz RS0116569).
[5] Warum die Annahme der Qualifikation nach § 148 zweiter Fall StGB „verfehlt“ sein soll, wird durch den bloßen Hinweis auf RIS‑Justiz RS0094351 (wonach die Absicht, sich Einkünfte bloß zur Überwindung einer momentanen Notlage zu verschaffen, Gewerbsmäßigkeit nicht begründet) unter Vernachlässigung der Feststellungen zum Tatzeitraum von 1. Juni bis 22. Oktober 2018 (US 24 bis 37) sowie zum Entschluss des Angeklagten, „wiederkehrend über eine längere Zeit von zumindest mehreren Monaten hindurch“ Betrug zu begehen (US 21), nicht erklärt (RIS‑Justiz RS0116565).
[6] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
[7] Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof davon, dass dem Schuldspruch zu IV./ und V./ nicht geltend gemachte, dem Angeklagten zum Nachteil gereichende Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO anhaftet (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):
Zu IV./:
[8] Strafbarkeit (hier:) nach § 309 Abs 2 StGB setzt voraus, dass das Anbieten, Versprechen oder Gewähren eines Vorteils (im geschäftlichen Verkehr) für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung einer Rechtshandlung (durch einen Bediensteten oder Beauftragten eines Unternehmens) erfolgt. Unter dieser ist (im Sinn des § 309 StGB) nur eine rechtsgeschäftliche oder prozessuale Handlung zu verstehen, die (unmittelbar) rechtliche Wirkungen für das Unternehmen (auf das sich die Bediensteten- oder Beauftragteneigenschaft bezieht) entfaltet. Rein faktische Tätigkeiten oder solche, die Rechtshandlungen für das Unternehmen bloß vorbereiten oder rechtsgeschäftlich übernommene Aufgaben bloß erfüllen, sind hingegen nicht erfasst (vgl zum Ganzen RIS‑Justiz RS0132760 = 14 Os 17/19k [14 Os 18/19g] mwN; Nordmeyer/Stricker in WK2 StGB § 309 Rz 26 ff; Thiele, SbgK § 309 Rz 48; Marek/Jerabek, Korruption und Amtsmissbrauch13 § 309 Rz 3 iVm § 302 Rz 68).
[9] Nach den Feststellungen (US 38 f) bot der Angeklagte zwei Zustellern der Österreichischen Post AG jeweils für die Ausfolgung von eigenhändig, nach Überprüfung der Legitimation des Zustellungsempfängers und unter Ausfüllung eines Rückscheins zuzustellenden Briefen (sog „Ident.Briefen“), die Kontoeröffnungsunterlagen enthielten, aber nicht an seinen tatsächlichen Namen adressiert waren (vgl US 17), „an ihn als nicht legitimierten Empfänger“ die Bezahlung von 200 Euro pro Brief an.
[10] Solcherart bezogen sich die Angebote aber nicht auf Handlungen, die unmittelbar Rechtswirkungen für das Zustellunternehmen entfalten hätten können, sondern auf bloße manipulative Tätigkeiten im Rahmen der Erfüllung zivilrechtlicher, zwischen der Österreichischen Post AG und den Absendern der gegenständlichen Briefe abgeschlossener Verträge.
Zu V./:
[11] Das Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass sich die (wissentlich falsche) Verdächtigung auf die Begehung einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung oder auf die Verletzung von Amts‑ oder Standespflichten bezieht, demnach ein Offizialdelikt oder ein Disziplinarvergehen zum Gegenstand hat (Pilnacek/Świderski in WK2 StGB § 297 Rz 17, 22; Tipold SbgK § 297 Rz 17, 23 f; vgl 12 Os 116/78).
Das ist nach den diesbezüglichen Feststellungen (US 39 f) gerade nicht der Fall. Danach gab der Angeklagte vor erhebenden Beamten des SPK G* an, * Al* sei an ihn herangetreten und habe ihm einen Job angeboten, „bei dem er Briefe an einen gewissen * Z* weiterleiten und von * Al* 200 Euro pro zugestelltem Brief erhalten hätte sollen, wovon er 100 Euro für sich behalten hätte dürfen und 100 Euro an * Al* weiterleiten hätte sollen, wobei ihm gleichzeitig zur Identifizierung des Adressaten von * Al* die Kopie eines österreichischen Personalausweises, lautend auf * Z*, übergeben worden sei, damit er wisse, wie der Empfänger aussehe“.
[12] Diese Konstatierungen tragen die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts, der Angeklagte habe vor der Polizei den Vorwurf der Begehung einer Urkundenunterdrückung nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 229 Abs 1 StGB erhoben, nicht, sollten die Briefe doch – der vom Angeklagten behaupteten Intention des Postbediensteten zufolge – den berechtigten Empfängern zukommen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch die Strafverfolgungsbehörden waren die Behauptungen des Beschwerdeführers auch nicht geeignet, den Verdacht einer anderen mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung (oder der Verletzung einer Amts‑ oder Standespflicht; vgl dazu gleich unten) zu indizieren.
[13] Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite, wonach der Angeklagte * Al* durch die wahrheitswidrigen polizeilichen Angaben vorsätzlich der Gefahr einer behördlichen Verfolgung aussetzte, indem er ihn einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 229 Abs 1 StGB, verdächtigte, obwohl er wusste, dass die Verdächtigung falsch ist (US 40), bleiben daher ohne Sachverhaltsbezug (RIS‑Justiz RS0119090).
[14] Die beiden aufgezeigten Rechtsfehler führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Schuldspruch zu IV./ und V./, demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie im Ausspruch der Konfiskation von 450 Euro.
In diesem Umfang war sogleich spruchgemäß in der Sache selbst zu erkennen (§ 288 Abs 2 Z 3 erster Satz StPO), weil nach der Aktenlage Feststellungen, die einen Schuldspruch in Ansehung dieser Sachverhalte tragen könnten, in einem weiteren Rechtsgang nicht zu erwarten sind (vgl dazu RIS‑Justiz RS0118545).
Zu V./ bleibt im Hinblick auf die – nicht durch Feststellungen gedeckte – Erwähnung im Urteil (US 17 und 50) einer allenfalls vorliegenden Verdächtigung der Verletzung einer Amts- „oder“ Standespflicht anzumerken, dass nur bei Beamten im dienstrechtlichen Sinn (vgl demgegenüber den funktionalen Beamtenbegriff des § 74 Abs 1 Z 4 StGB) die Gefahr behördlicher (disziplinärer) Verfolgung wegen Verletzung einer Amtspflicht besteht, während eine Verletzung von Dienstpflichten bei Vertragsbediensteten grundsätzlich bloß privat‑(arbeits‑)rechtliche Konsequenzen nach sich zieht und daher Verleumdung nach § 297 Abs 1 StPO nicht in Betracht kommt (RIS‑Justiz RS0130807; Pilnacek/Świderski in WK2 StGB § 297 Rz 24).
[15] Zwar werden bei der Österreichischen Post AG nach wie vor bestehende öffentlich‑rechtliche Dienstverhältnisse (vgl dazu § 17 f PTSG) von den im PTSG vorgesehenen Dienstbehörden nach dem Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 (DVG) behandelt (vgl dazu RIS‑Justiz RS0123083, RS0119869 [T1], RS0115630). Da Al* aber erst seit Juni 2018 bei der Österreichischen Post AG gearbeitet hat (ON 53 S 21), stünde in einem weiteren Rechtsgang die Gefahr der Einleitung dienstaufsichtsbehördlicher Maßnahmen gegenüber einem Beamten nicht in Rede.
[16] Von der Kassation des Schuldspruchs zu IV./ mitbetroffen ist der Ausspruch der Konfiskation von 450 Euro, die der Angeklagte nach den Feststellungen (US 39, 50) zur Begehung der vom Freispruch betroffenen Tat verwendet hat (§ 289 StPO). Der diesbezügliche Antrag der Staatsanwaltschaft war als Folge des Freispruchs abzuweisen.
[17] Darüber hinaus haftet dem Konfiskationserkenntnis dem Angeklagten zum Nachteil gereichende Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StGB) an. Denn Konfiskation setzt voraus, dass die in § 19a Abs 1 StGB genannten Gegenstände zur Zeit der Entscheidung erster Instanz im Eigentum des Täters stehen, wozu das Erstgericht, das die Konfiskation eines Mobiltelefons sowie des USB‑Sticks (US 19) lediglich darauf stützte, dass der Angeklagte diese „zur Begehung der gegenständlichen vorsätzlichen Straftaten“ verwendet hat (US 50), keine Feststellungen traf.
[18] Dieser Teil des Sanktionsausspruchs war daher ebenfalls aufzuheben und dem Landesgericht für Strafsachen Graz insofern eine neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufzutragen (§ 288 Abs 2 Z 3 zweiter Satz StPO). Da sich der zweite Rechtsgang auf eine Entscheidung über die Konfiskation der zuvor genannten Gegenstände beschränkt, dieser sogar ein rechtskräftiger Schuldspruch zugrunde liegt, ist hiefür in analoger Anwendung der Zuständigkeitsregelung des § 445 Abs 2a iVm Abs 2 StPO der Einzelrichter zuständig (vgl zum Verfall RIS‑Justiz RS0100271 [T13, T14], RS0117920 [T1]).
[19] Bleibt zu I./ – mit Blick auf die Überlegungen des Schöffengerichts zur stillschweigenden Subsidiarität (US 51) – anzumerken, dass die umschriebenen, den Vergehen der Datenfälschung nach § 225a StGB subsumierten Taten (vgl zur Durchführung von Online‑Vertragsabschlüssen jeweils unter falschen Namen Reindl‑Krauskopf in WK2 StGB § 225a Rz 5) nach den Feststellungen (US 21 f, 24, 37 f) nicht bloß den Zwecken des (zumindest versuchten und) nach § 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall StGB qualifizierten Betrugs dienten – der (bereits) durch die Erstellung von Benutzerprofilen mit erfundenen Namen und die Benützung gehackter Profile anderer Personen auf Online‑Verkaufsplattformen verwirklicht ist (US 24) –, sondern auch als Unterstützung zur Verbergung der betrügerisch erlangten Vermögenswerte ausgerichtet waren. Darüber hinaus erschöpfen sich die Taten nicht bloß in der Vorbereitung anderer Delikte, sondern haben mit Blick auf die bewirkte Täuschung der Bank auch einen eigenständigen Unrechtsgehalt (vgl Ratz in WK2 StGB Vor §§ 28-31 Rz 44; RIS‑Justiz RS0090566). Das Schöffengericht ist daher zutreffend von echter Konkurrenz ausgegangen (vgl zur materiellen Subsidiarität der Datenfälschung nach § 225a StGB im Übrigen Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 147 Rz 28/32; Kienapfel/Schmoller BT II2 § 147 Rz 69; Reindl‑Krauskopf in WK2 StGB § 225a Rz 28).
[20] Bei der infolge Aufhebung des Strafausspruchs vorzunehmenden Strafneubemessung – die nicht in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem Konfiskationsausspruch steht und daher losgelöst von einer solchen Entscheidung erfolgen kann (RIS‑Justiz RS0130618) – war unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB nach § 165 Abs 4 StGB von einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe auszugehen.
Erschwerend zu werten waren das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen sowie die Tatwiederholung im Rahmen der Gewerbsmäßigkeit (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB; RIS‑Justiz RS0091375 [T6]), eine auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Verurteilung (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB) sowie die Tatbegehung sowohl während des zu AZ 6 Hv 120/17x des Landesgerichts für Strafsachen Graz anhängigen Strafverfahrens, als auch während einer offenen Probezeit (vgl RIS‑Justiz RS0111324), mildernd hingegen das teilweise Geständnis des Angeklagten (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB) und der Umstand, dass die Taten teilweise beim Versuch geblieben sind (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB).
[21] Mit Blick auf das Berufungsvorbringen ist anzumerken, dass es für das Vorliegen einer drückenden Notlage (vgl dazu RIS‑Justiz RS0091171) keine Anhaltspunkte gibt, weshalb der Milderungsgrund nach § 34 Abs 1 Z 10 StGB nicht zu berücksichtigen war.
Der von der Berufung ins Treffen geführte Milderungsgrund des § 34 Abs 2 StGB (vgl dazu RIS‑Justiz RS0124901; Grabenwarter/Pabel EMRK7 § 24 Rz 81 ff) kommt nicht zum Tragen, weil mit Blick auf die Komplexität des gegenständlichen Strafverfahrens bei einer Zeitspanne von zwei Jahren (ab Kenntnis des Angeklagten von den gegen ihn wegen des Verdachts der Begehung strafbarer Handlungen geführten Ermittlungen bis zur rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens) von einer unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer nicht die Rede sein kann und auch längere Phasen behördlicher Inaktivität nicht vorlagen.
[22] Ausgehend von diesen Strafzumessungskriterien (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) ist auf Grundlage der Schuld des Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) und aus spezial- sowie generalpräventiven Überlegungen unter Berücksichtigung des Wegfalls zweier Vergehen eine Freiheitsstrafe von vier Jahren angemessen.
[23] Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Strafneubemessung zu verweisen.
[24] Die Anrechnung der Vorhaft beruht auf § 38 Abs 1 Z 1 StGB. Über die Anrechnung der nach Fällung des Urteils erster Instanz in Vorhaft zugebrachten Zeit hat gemäß § 400 Abs 1 StPO – auch im (hier vorliegenden) Fall der Strafneubemessung (RIS‑Justiz RS0091624; Lässig, WK‑StPO § 400 Rz 1) – der Vorsitzende des Gerichts, das in erster Instanz erkannt hat, mit Beschluss zu entscheiden.
[25] Die mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 29. Jänner 2018, AZ 6 Hv 120/17x, gewährte bedingte Strafnachsicht war zwar in Anbetracht der neuerlichen Verurteilung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe nicht zu widerrufen, jedoch war die Probezeit zur längeren Aufrechterhaltung einer verhaltenssteuernden Wirkung auf fünf Jahre zu verlängern. Der Angeklagte war mit seiner Beschwerde auf diese Entscheidung zu verweisen.
[26] Der Kostenausspruch, der die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (Lendl, WK‑StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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