OGH 13Os30/24x

OGH13Os30/24x26.6.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Juni 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Loibl LL.M., BSc in der Strafsache gegen * D* wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 26. September 2023, GZ 17 Hv 48/23v‑53, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0130OS00030.24X.0626.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * D* des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in K* mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz * F* durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorspiegelung, davon 25.000 Euro „als Spekulationsgeschäft“ in „KryptoCurrency“ und 324.287,05 Euro „anlagensicher“ in Anteilen bestimmter Fonds für ihn „gewinnbringend anzulegen“, zu Handlungen, nämlich zur Überweisung von (am 5. Dezember 2017 und am 22. März 2018) zusammen 349.287,05 Euro auf ein Konto des Angeklagten, verleitet, die den Genannten in diesem, somit 300.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) zu Recht abgewiesen (ON 52.1, 32) wurde der in der Hauptverhandlung gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf Vernehmung des * K* als Zeugen (ON 52.1, 30 f).

[5] Der Antrag zielte vor allem darauf, die Glaubhaftigkeit belastender Aussagen des Zeugen F* zu erschüttern und war solcherart grundsätzlich auf erhebliche Tatsachen gerichtet, weil die Beweisführung zur Beweiskraft von – wie hier – schulderheblichen Beweismitteln ihrerseits für die Schuldfrage von Bedeutung ist (RIS‑Justiz RS0028345 sowie Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 340 und 350).

[6] Berechtigt ist ein solcher Antrag aber nur dann, wenn sich aus dem Antragsvorbringen konkrete Anhaltspunkte für die Annahme ergeben, der betreffende Zeuge habe in Bezug auf eine entscheidende Tatsache die Unwahrheit gesagt (RIS‑Justiz RS0120109 [insbesondere T3]).

[7] Diesen Erfordernissen wird der gegenständliche Beweisantrag mit dem Vorbringen, K* könne den – vom Gericht (US 3 f) übrigens ohnehin als erwiesen angenommenen (vgl § 55 Abs 2 Z 3 StPO) – Umstand bestätigen, F* habe gemeinsam mit dem Sohn des Beschwerdeführers eine „Reitunternehmung“ betrieben, die (großteils vom Beschwerdeführer getragenen) „hohen finanziellen Input erforder[t]“ habe, nicht gerecht.

[8] Ebenso wenig ließ der Antrag erkennen, weshalb die begehrte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis – F* habe die Geldbeträge (entgegen seiner Aussage) „nicht zu einer Veranlagung“, sondern zwecks „finanzielle[r] Beteiligung“ an der erwähnten „Reitunternehmung“ überwiesen – hätte erwarten lassen (siehe aber RIS-Justiz RS0118444).

[9] Soweit damit der Nachweis erbracht werden sollte, dass der Beschwerdeführer gegenüber F* „keinerlei strafrechtlich relevantes Verhalten gesetzt hat“ und die „Rückzahlung des Geldbetrages“ eine „rein zivilrechtliche Streitfrage“ bildet, genügt der Hinweis, dass die Beantwortung von Rechtsfragen als Beweisthema von vornherein ausscheidet (RIS‑Justiz RS0099342).

[10] Im Rechtsmittel nachgetragenes, den Antrag ergänzendes Vorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen (RIS‑Justiz RS0099618).

[11] Nach den (insoweit unbekämpften) Urteilskonstatierungen verkaufte F* auf Anraten des Beschwerdeführers mehrere Liegenschaften und überwies den daraus erzielten Verkaufserlös von zusammen 349.287,05 Euro auf ein Privatkonto des Beschwerdeführers (US 3 f).

[12] Seine den Schuldspruch (mit-)tragenden Feststellungen zur vorangegangenen Zusicherung des Beschwerdeführers, dieses Geld wie eingangs referiert für F* „anzulegen“ (US 4), erschloss das Schöffengericht – ebenso wie jene zum Fehlen eines Aufrechnungswillens des Angeklagten (US 4 f) – aus vom Gericht als glaubhaft erachteten Zeugenaussagen des F* im Zusammenhalt mit der Tonaufzeichnung eines zwischen diesem und dem Angeklagten geführten Gesprächs, ferner in damit vernetzter Betrachtung einer Mehrzahl von weiteren Beweisergebnissen und daran geknüpften Plausibilitätserwägungen (US 5 bis 10).

[13] Entgegen dem Vorwurf der „Scheinbegründung“ (Z 5 vierter Fall) widerspricht diese Ableitung weder Gesetzen der Logik noch grundlegenden Erfahrungssätzen.

[14] Den Depositionen des genannten Zeugen entgegenstehende Angaben des Beschwerdeführers sowie dessen Verantwortung stützende Zeugenaussagen dessen Ehefrau und dessen Sohnes haben die Tatrichter ausdrücklich als unglaubhaft verworfen (US 8 f), somit gerade nicht übergangen (Z 5 zweiter Fall).

[15] Indem die Rüge aus den erwähnten Beweisergebnissen – teils unter Berufung auf den Zweifelsgrundsatz (siehe dazu RIS‑Justiz RS0102162 und RS0117561) – von jenen des Schöffengerichts abweichende Schlüsse gezogen wissen will, erschöpft sie sich in einem Angriff auf die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.

[16] Gleiches gilt für die Kritik der Tatsachenrüge (Z 5a), das Gericht hätte (zusammengefasst) den Angaben des Beschwerdeführers und dessen Angehörigen, nicht aber jenen des Zeugen F* Glauben schenken müssen (RIS‑Justiz RS0106588 [T4, T8 und T9]).

[17] Dem Urteilssachverhalt zufolge hat der Beschwerdeführer die betreffenden (zusammen 300.000 Euro übersteigenden) Geldbeträge nicht vereinbarungsgemäß veranlagt, sondern – wie er von Beginn an geplant hatte – ohne Einverständnis des F* „für nicht näher bekannte eigennützige Zwecke bzw. auch zur Finanzierung der Reitsportaktivitäten bzw. des Reitsportunternehmen[s]“ verwendet, welches F* und der Sohn des Beschwerdeführers damals gemeinsam betrieben (US 4).

[18] Die weitere Beschwerde (nominell teils Z 5 vierter Fall, teils Z 9 lit a) vermisst Feststellungen dazu, „in welchem Verhältnis der Angeklagte die Geldmittel eigennützig bzw. zur Finanzierung des Reitsportunternehmens verwendet hätte“.

[19] Weshalb es solcher Feststellungen bedurft haben sollte, um die rechtliche Annahme eines 300.000 Euro übersteigenden Schadens (§ 147 Abs 3 StGB) und einer „den gesamten Betrag“ umfassenden „Bereicherungsabsicht“ zu tragen, legt sie jedoch nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar. Damit verfehlt sie die prozessförmige Darstellung (der Sache nach allein behaupteter) materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0116565).

[20] Hinzugefügt sei, dass der Tatbestand des § 146 StGB keine auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtete „[A]bsicht“ (§ 5 Abs 2 StGB) verlangt. Vielmehr genügt insoweit bedingter Vorsatz (§ 5 Abs 1 StGB).

[21] § 147 Abs 3 StGB wiederum normiert eine sogenannte Deliktsqualifikation, womit der qualifikationsbegründende Umstand – also ein rechtlich als 300.000 Euro übersteigender Schaden zu beurteilendes Vermögensminus – vom (zumindest bedingten [§ 5 Abs 1 StGB]) Vorsatz umfasst sein muss. Bereicherungsvorsatz hingegen ist (nur) ein Element des Grundtatbestands (§ 146 StGB), sodass es für die Verwirklichung des Qualifikationstatbestands (§ 147 Abs 3 StGB) nicht darauf ankommt, ob die angestrebte Bereicherung (ebenfalls) diesen Betrag übersteigt (RIS-Justiz RS0094639 [T2 und T3]).

[22] Auf der Basis des Urteilssachverhalts (US 4 f) verleitete der Beschwerdeführer das Opfer – ohne Aufrechnungswillen (vgl Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 146 Rz 115 und 118 sowie RIS‑Justiz RS0094353 [insbesondere T10] und RS0094393 [insbesondere T7, T14 und T16]) – zu den in Rede stehenden Geldüberweisungen, denen auch sonst keine unmittelbare Gegenleistung des Beschwerdeführers gegenüberstand (vgl Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 146 Rz 78). Damit wurde das Gesamtvermögen des Opfers durch diese Vermögensverfügungen – vom Täterwillen umfasst (US 5) – effektiv um mehr als 300.000 Euro vermindert (zur Schadensberechnung siehe RIS‑Justiz RS0094376).

[23] Da der Betrugstatbestand keinen dauernden Schaden verlangt, sondern eine vorübergehende Vermögensminderung für einen wirtschaftlich nicht ganz unbedeutenden Zeitraum genügt (RIS‑Justiz RS0094383, RS0094261 und Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 146 Rz 74), wurde der tatbestandsrelevante Schaden nicht dadurch reduziert, dass der Beschwerdeführer einen Teil des überwiesenen Geldes nachfolgend (wenngleich in anderer als der vereinbarten Weise) für das Opfer verwendete (US 4). Vielmehr könnte dies nur als nachträgliche Gutmachung – jedenfalls nicht des gesamten (vgl § 167 StGB), sondern bloß – eines Teils des Schadens gewertet werden.

[24] Ausgehend von den zuvor referierten Urteilskonstatierungen wäre die darüber hinaus begehrte ziffernmäßige Feststellung jenes Anteils des überwiesenen Geldes, den der Beschwerdeführer später für das (auch von F* betriebene) „Reitsportunternehmen“ verwendete, somit weder für die Schuld- (Z 9 lit a) noch für die Subsumtionsfrage (Z 10) oder die Strafbefugnisgrenze (Z 11 erster Fall), sondern bloß für die Strafbemessung bedeutsam (§ 34 Abs 1 Z 14 StGB; vgl RIS‑Justiz RS0094376).

[25] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[26] Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[27] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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