AlVG §38
AlVG §9
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:W260.2256672.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Vorsitzender und den fachkundige Laienrichter Ing. Hermann ESCHBACHER und den fachkundigen Laienrichter Alexander WIRTH als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch Dr. Karl-Heinz GÖTZ und Dr. Rudolf TOBLER jun., Rechtsanwälte in 7100 Neusiedl am See, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Neusiedl am See vom 02.03.2022, nach Beschwerdevorentscheidung 13.05.2022, Zl. 2022-0566-1-000882, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe gemäß §§ 38 iVm 10 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) für den Zeitraum vom 15.02.2022 bis 29.04.2022, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.06.2023, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX , (im Folgenden „Beschwerdeführer“) bezieht zuletzt seit 01.04.2021 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Seit 30.12.2021 bezieht er Notstandshilfe.
2. Am 31.01.2022 wurde dem Beschwerdeführer vom Arbeitsmarktservice Neusiedl am See (in der Folge kurz als „belangte Behörde“ oder „AMS“ bezeichnet) eine Beschäftigung als Angestellter im Bereich Verkauf und Disposition bei der Firma XXXX übermittelt. Angeboten wurde eine Vollzeitbeschäftigung mit dem Mindestentgelt in Höhe von € 1.700,- brutto und Bereitschaft zur Überbezahlung.
3. Aufgrund der Rückmeldung der zuständigen Stelle des AMS, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Gehaltsvorstellung von € 4.100,- brutto nicht zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen worden sei, wurde der Beschwerdeführer vom AMS am 23.02.2022 zum Nichtzustandekommen der Beschäftigung niederschriftlich befragt. Der Beschwerdeführer erklärte, sich rechtzeitig beworben und den Gehaltswunsch von € 4.100,- angegeben zu haben. Er erachte die Entlohnung aufgrund seiner beruflichen Erfahrung und seines letzten Gehalts für angemessen. Er habe keine Einwendungen gegen die zugewiesene Beschäftigung.
4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 02.03.2022 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer seinen Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 15.02.2022 bis 28.03.2022 gemäß §§ 10 iVm 38 AlVG verloren habe.
Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe das Zustandekommen einer Beschäftigung bei der Firma XXXX vereitelt. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen liegen nicht vor bzw. können nicht berücksichtigt werden.
5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, er habe der Firma einen Gehaltswunsch von € 4.180,- brutto in seiner Bewerbungsnachricht mitgeteilt. Im Stellenangebot sei ein Mindestentgelt mit € 1.700,- brutto pro Monat mit Bereitschaft zur Überzahlung genannt. Er habe über das AMS erfahren, dass der potentielle Dienstgeber nicht bereit sei das „geforderte“ Gehalt zu zahlen. Er habe in seinem Schreiben einen Gehaltswunsch geäußert. Die Bezeichnung als Wunsch impliziere, dass es sich um eine disponible Lohnvorstellung handele. Ein gesonderter Hinweis sei daher auch nicht erforderlich. Aufgrund seines letzten Gehaltsbezuges bei der XXXX und einer kollektivvertraglichen Gehaltserhöhung im Jahr 2022 sei der Gehaltswunsch auch weder unrealistisch noch unverhältnismäßig. Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb er aufgrund der Formulierung „Bereitschaft zur Überbezahlung“ nicht seinen Gehaltswunsch haben angeben sollen. Sein Verhalten sei daher nicht ursächlich für das Nichtzustandekommen der Beschäftigung. Zudem habe das AMS die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht nachvollziehbar dargelegt.
6. Im Verfahren über die Beschwerde erließ die belangte Behörde am 13.05.2022 gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 Abs. 2 AlVG die verfahrensgegenständliche Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde vom 11.03.2022 abgewiesen wurde. Da der Beschwerdeführer von 27.02.2022 bis 30.03.2022 Krankengeld bezog und der Notstandshilfebezug in diesem Zeitraum ruhte, wurde der sechswöchige Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe für den Zeitraum 15.02.2022 bis 29.04.2022 ausgesprochen.
7. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens am 05.07.2022 beim Bundesverwaltungsgericht einlangend vorgelegt.
8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 30.06.2023 eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner Rechtsvertreterin und einer Vertreterin der belangten Behörde durch.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer war zuletzt von 01.07.2010 bis 31.03.2021 als Sachbearbeiter bei der XXXX beschäftigt. Seit 01.04.2021 bezieht er Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und seit 30.12.2021 Notstandshilfe unterbrochen durch den Bezug von Krankengeld.
In der zuletzt vom AMS mit dem Beschwerdeführer abgeschlossenen Betreuungsvereinbarung vom 10.01.2022 wurde festgehalten, dass das AMS ihn bei der Suche nach einer Stelle als Versicherungsangestellter oder Auftragssachbearbeiter bzw. nach allen den Zumutbarkeitsbestimmungen im Notstandshilfebezug entsprechenden Tätigkeiten im Voll- und Teilzeitausmaß unterstützt.
Am 31.01.2022 wurde dem Beschwerdeführer vom AMS eine Beschäftigung als Angestellter im Bereich Verkauf und Disposition bei der Firma XXXX übermittelt. Das Mindestentgelt für die Stelle beträgt € 1.700,- brutto auf Basis Vollzeitbeschäftigung. Es besteht Bereitschaft zur Überbezahlung.
Die vermittelte Beschäftigung entspricht den Kenntnissen und Fähigkeiten des Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer schickte dem potentiellen Dienstgeber am 06.02.2022 ein Schreiben mit seinem Lebenslauf und dem Vermittlungsvorschlag mit folgendem Inhalt:
„[…] ich bewerbe mich hiermit für die ausgeschriebene Position. Im Anhang finden Sie meine Bewerbungsunterlagen. Sollten Sie noch weitere Dokumente benötigen, geben Sie mir bitte Bescheid.
Ich freue mich Sie bei einem persönlichen Gespräch kennenzulernen.
Mein Gehaltswunsch: 4.180,- EUR brutto im Monat
Freundliche Grüße […]“
Eine ausdrückliche Klarstellung zur Bereitschaft des Beschwerdeführers das Dienstverhältnis zu den angebotenen Konditionen einzugehen, ist nicht erfolgt.
Eine Beschäftigung des Beschwerdeführers kam in der Folge nicht zustande und hat dies der Beschwerdeführer billigend in Kauf genommen.
Der potentielle Dienstgeber hat den Beschwerdeführer aufgrund seiner Gehaltsvorstellung für die Stelle nicht in Betracht gezogen.
Der Beschwerdeführer nahm weder während der Ausschlussfrist noch in unmittelbarer zeitlicher Nähe dazu ein vollversichertes Dienstverhältnis auf.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich schlüssig aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten der belangten Behörde.
Die Feststellungen zum Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ergeben sich aus dem im Verwaltungsakt erliegenden Versicherungsdatenauszug.
Die Feststellungen zur Berufserfahrung des Beschwerdeführers sind unstrittig.
Die Feststellungen zur Betreuungsvereinbarung ergeben sich aus dem Verwaltungsakt.
Der Inhalt des zugewiesenen Stellenangebotes ist zusammengefasst Bestandteil des an das Bundesverwaltungsgericht übermittelten Verwaltungsaktes und wurde der Inhalt im Verfahren nicht bestritten.
Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer den Vermittlungsvorschlag erhalten hat.
Das Schreiben des Beschwerdeführers vom 06.02.2022 liegt im Akt ein.
Zu der vom Beschwerdeführer in seiner Bewerbung geäußerten Gehaltsvorstellung ist beweiswürdigend auszuführen, dass ein monatliches Bruttogehalt von € 4.180,- bei einer kollektivvertraglichen Entlohnung von zumindest € 1.700,- brutto monatlich für 40 Wochenstunden schlicht unrealistisch ist und insofern keinesfalls auf eine Arbeitswilligkeit in Bezug auf die angebotene Stelle geschlossen werden kann.
Daran ändert der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer von seinem Gehalt der letzten vollversicherten Beschäftigung ausging und die kollektivvertragliche Gehaltserhöhung bei Vollzeitbeschäftigung miteinbezog, zumal der Beschwerdeführer auch in seiner Beschwerde bestätigte, bei seiner letzten Beschäftigung vor zwei Jahren nur bei Auszahlung anteiliger Sonderzahlungen über € 4.000,- verdient zu haben wie er es auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem erkennenden Senat erläuterte.
Bei einer derart augenscheinlichen Diskrepanz – mehr als das doppelte der im Inserat angeführten kollektivvertraglichen Entlohnung – musste es dem Beschwerdeführer klar sein, dass der Gehaltswunsch, trotz ausdrücklicher Bereitschaft zur Überbezahlung, den Vorstellungen des potentiellen Dienstgebers auf keinen Fall entsprechen kann und er durch seine hohe Lohnforderung zumindest seine Chancen auf eine Anstellung beim potentiellen Dienstgeber verringert hat.
Die Feststellung, dass diesbezüglich keine Klarstellung erfolgte ergibt sich auch aus der Aussage des Beschwerdeführers in der mündlichen Beschwerdeverhandlung, wo er angab, dass das Gespräch mit der potentiellen Dienstgeberin „ungut“ begonnen hätte, da er sie selbst angerufen hätte nachdem ihm die Leistung der belangten Behörde gestrichen worden sei (vgl. Niederschrift der mündlichen Verhandlung, Aussagen des Beschwerdeführers, Seiten 7 und 9).
Die Feststellung, dass die Beschäftigungsaufnahme bzw. die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund der Gehaltsvorstellung des Beschwerdeführers nicht zustande gekommen ist, ergibt sich aus der im Verwaltungsakt aufliegenden Rückmeldung des potentiellen Dienstgebers an das AMS.
Der Beschwerdeführer vermochte den erkennenden Senat nicht davon zu überzeugen, dass er mit der Formulierung seiner E-Mail an den potentiellen Dienstgeber seine grundsätzliche Bereitschaft zum Ausdruck gebracht hätte, die Stelle zu den angebotenen kollektivvertraglichen Konditionen anzunehmen und lediglich seine verhandelbaren Gehaltsvorstellungen bekannt gegeben zu haben und war die entsprechende Feststellung zu treffen.
Zudem ist anzumerken, dass, wie das AMS in seiner Beschwerdevorentscheidung hinwies, der E-Mail des Beschwerdeführers vom 06.02.2022 weder dessen Motivation zur Erlangung der Stelle noch Gründe für den geäußerten Gehaltswunsch zu entnehmen sind.
Auch wenn im übermittelten Stellenangebot nicht ausdrücklich von der Übermittlung aussagekräftiger Bewerbungsunterlagen oder einem Bewerbungs-/Motivationsschreiben die Rede ist, ist davon auszugehen, dass die arbeitslose Person in ihrer schriftlichen Bewerbung auf ihre Motivation zur Erlangung der Stelle bzw. auf Gründe für ihre Eignung eingeht. Der Beschwerdeführer hat in diesem Sinne keine vollständigen Bewerbungsunterlagen an den potentiellen Dienstgeber übermittelt, zumal er in seinem Schreiben weder Motivation noch andere Gründe, weshalb er für die Stelle in Betracht kommt, dargelegt hat.
Daran mag auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer bei Bedarf weitere Dokumente vorlegen würde, nichts zu ändern und hat es auch in der Beschwerdeverhandlung nicht getan.
Vor diesem Hintergrund erweckt der Umstand, dass der Beschwerdeführer zwar seinen Gehaltswunsch, jedoch weder Motivation noch Gründe, die ihn für die Stelle geeignet erscheinen lassen, noch eine nachvollziehbare Begründung für den Gehaltswunsch in seinem Schreiben dargelegt hat, den Anschein, dass er kein ernsthaftes Interesse an der Erlangung der Stelle hat.
Weiters gilt es an dieser Stelle beweiswürdigend hervorzuheben, dass sich der Beschwerdeführer nicht im Vorfeld über die zugewiesene Stelle im Vorfeld erkundigt hat und so eine Abwägung über seinen Gehaltswunsch vornehmen hätte können, wie er es selbst von Bewerbern erwarten würde. So gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Beschwerdeverhandlung an, dass er selbst in den Jahren 2014 bis 2018 eine Weinbar betrieben hat. Vom Vorsitzenden Richter dahingehend befragt, wenn sich ein Bewerber mit überhöhten Gehaltswunsch bei ihm beworben hätte, gab der Beschwerdeführer an, dass der Bewerber sich seinen Betrieb nicht angesehen hätte und „offensichtlich mit einem großen Unternehmen verwechselt hätte“ (vgl. Niederschrift der mündlichen Verhandlung am 30.06.2023, Ausssage des Beschwerdeführers Seite 6).
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer auch nach der Ausschlussfrist keine Beschäftigung aufgenommen hat, ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Versicherungsverlauf.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.
Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.2. Zur Zuweisungstauglichkeit der Beschäftigung:
3.2.1. Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG wird nur verwirklicht, wenn es sich bei der in Frage kommenden Beschäftigung um eine zumutbare und damit für die Zuweisung geeignete Beschäftigung handelt (dabei kann es sich auch um eine Beschäftigung in einem Sozialökonomischen Betrieb oder einem Gemeinnützigen Beschäftigungsprojekt handeln - vgl. dazu VwGH 22.02.2012, 2009/08/0077; 02.05.2012, 2010/08/0013, 2012/08/0077; 02.05.2012, 2010/08/0054; 15.05.2013, 2010/08/0257; 22.07.2013, 2012/08/0058).
Grundvoraussetzung für die Zuweisungstauglichkeit einer Beschäftigung an einen Arbeitslosen ist, dass dessen Kenntnisse und Fähigkeiten jenen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechen, die an der zugewiesenen Arbeitsstelle verlangt werden. Wenn die arbeitslose Person dem vom Dienstgeber bekannt gegebenen Anforderungsprofil nicht entspricht, ist daher eine Zuweisung unzulässig (vgl. VwGH 30.09.1997, 97/08/0414; 04.09.2013, 2012/08/0076; mHa Krapf/Keul, AlVG, Praxiskommentar, Rz 209 zu § 9 AlVG; VwGH 04.09.2013, 2011/08/0092).
3.2.2. Der Arbeitslose ist verpflichtet, allfällige Zweifel über seine Eignung abzuklären (vgl. VwGH 22.02.2012, 2009/08/0112; 04.09.2013, 2011/08/0092) bzw. im Zuge der Kontaktaufnahme mit einem potentiellen Arbeitgeber bzw. dessen Vertreter in einer geeigneten (d.h. nicht unqualifizierten und im Ergebnis als Vereitelungshandlung anzusehenden) Weise jene Informationen zu erfragen, die zur Beurteilung von persönlicher Eignung und Zumutbarkeit unerlässlich sind (vgl. VwGH 15.05.2013, 2010/08/0257; 24.07.2013, 2011/08/0209).
Wenn die Beschäftigung nicht evident unzumutbar ist und das Arbeitsmarktservice nicht von vornherein Kenntnis von einem die Unzumutbarkeit der Beschäftigung begründenden Umstand hat, kann es den Arbeitslosen zu dieser Tätigkeit zuweisen. So dem Arbeitslosen keine Anhaltspunkte für die Unzumutbarkeit der Tätigkeit bekannt sind, trifft ihn zunächst die Verpflichtung, sich beim potentiellen Dienstgeber vorzustellen. Es liegt an ihm, die näheren Bedingungen der bekannt gegebenen Beschäftigungsmöglichkeit bei einem Vorstellungsgespräch zu erörtern (vgl. zB VwGH 25.06.2013, 2011/08/0052).
Nur wenn ein Arbeitsloser die Zumutbarkeit einer zugewiesenen Arbeitsstelle gegenüber dem Arbeitsmarktservice ganz konkret bestreitet (oder die Zumutbarkeit aus anderen Gründen nicht ohne nähere Ermittlungen angenommen werden kann), hat sich das Arbeitsmarktservice mit dieser Frage in der Begründung seines Bescheides auseinanderzusetzen. Das Arbeitsmarktservice hat dann - erforderlichenfalls - darzutun, welche Anforderungen mit der zugewiesenen Beschäftigung verbunden sind und ob der Arbeitslose nach seinen geistigen und körperlichen Fähigkeiten diesen Anforderungen genügt (vgl. VwGH 04.07.2007, 2006/08/0097, 11.07.2012, 2012/08/0070; 15.05.2013, 2010/08/0257; 25.06.2013, 2012/07/0215).
Gemäß § 9 Abs. 2 AlVG ist eine Beschäftigung unter anderem dann zumutbar, wenn sie angemessen entlohnt ist. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung.
Im Fall des Notstandshilfebezuges kommt nur noch der sogenannte "generelle" Entgeltschutz zum Tragen, der sich aus dem allgemeinen Zumutbarkeitserfordernis der "angemessenen Entlohnung" nach § 9 Abs. 2 AlVG ergibt.
Nach der zitierten Bestimmung gilt als "angemessene Entlohnung" grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektivvertraglichen Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zugewiesene Beschäftigung entspricht festgestelltermaßen dem anwendbaren Mindestlohn für eine einschlägige Beschäftigung.
Nur in diesem Fall wäre die Beschäftigung unter dem Aspekt der Entlohnung des Beschwerdeführers unzumutbar, weil er sich – wie dargelegt – nicht mehr auf einen besonderen Entgeltschutz berufen kann.
Der Vermittlungsvorschlag für die Tätigkeit als Angestellter im Verkauf und Disposition hat den Zumutbarkeitskriterien des § 9 Abs. 2 AlVG entsprochen.
3.3. Zum Vorliegen einer Vereitelungshandlung:
Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice oder einem vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden, Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden:
Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichtemacht (vgl. zB VwGH 22.07.2013, 2012/08/0058).
Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines vermittelten Arbeitslosen als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl. ständige Rechtsprechung, zB VwGH 19.10.2011, 2008/08/0251 mwH).
3.3.1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es zwar zulässig, anlässlich eines Bewerbungsgespräches bzw. in einem Bewerbungsschreiben bestimmte Vorstellungen oder Wünsche bezüglich der Entlohnung zu äußern. Es liegt aber am Arbeitslosen, eine Klarstellung in der Richtung vorzunehmen, dass es sich bei seinen Äußerungen lediglich um eine Wunschvorstellung (im Sinne einer Verhandlungsbasis), nicht jedoch um eine konkrete, unverhandelbare Lohnforderung handelt. Bei Unterlassung einer solchen Klarstellung nimmt der Arbeitslose das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses in Kauf (vgl. VwGH 11.09.2008, 2007/08/0187).
Als Vereitelung kann auch ein - bloßer - Gehaltswunsch zu werten sein, wenn er über ein bereits vorliegendes, objektiv zumutbares Gehaltsanbot allzu weit hinausgeht (vgl. VwGH 18.10.2000, Zl. 98/08/0392, mwN), sodass es auch als Verhandlungsbasis nicht akzeptabel ist.
3.3.2. Den Feststellungen zufolge wurde dem Beschwerdeführer eine Beschäftigung als Angestellter im Bereich Verkauf und Disposition mit einem Mindestentgelt von € 1.700,- brutto auf Basis Vollzeitbeschäftigung übermittelt. Der Beschwerdeführer äußerte in seiner Bewerbung einen Gehaltswunsch von € 4.180,- brutto, somit mehr als das Doppelte des kollektivvertraglichen Mindestentgelts. Das Schreiben des Beschwerdeführers ist derart formuliert, dass der potentielle Dienstgeber dazu verhalten war, von einer Einstellung Abstand zu nehmen. Schließlich signalisiert auch die unvollständige Bewerbung des Beschwerdeführers, kein ernsthaftes Interesse die Stelle zu den angebotenen Bedingungen aufzunehmen.
Insgesamt betrachtet stellen die Ausführungen des Beschwerdeführers zu seinem Gehaltswunsch ohne Klarstellung, auch zur angebotenen Entlohnung arbeiten zu wollen, eine Vereitelungshandlung dar. Im Lichte der oben angeführten Judikatur hat der Beschwerdeführer dadurch das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses in Kauf genommen.
3.3.3. Es ist für die Kausalität nicht Voraussetzung, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre. Vielmehr ist Kausalität dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden (vgl. VwGH 18.01.2012, 2008/08/0243; 25.06.2013, 2011/08/0052).
Dass der Beschwerdeführer durch die Formulierung seiner Bewerbung die Chance auf das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses zunichtegemacht hat, ist evident, zumal auch der potentielle Dienstgeber dem AMS meldete, wegen der Gehaltsvorstellung, die weit über dem kollektivvertraglichen Lohn liege, von einem Vorstellungsgespräch abgesehen zu haben.
Ob sich der Arbeitslose der möglichen Sanktion nach § 10 AlVG als Folge der Ablehnung des Dienstverhältnisses bewusst war, oder ob er vom potentiellen Dienstgeber oder der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice über diese Sanktionsfolgen unterrichtet worden war, ist für die Annahme der Verweigerung nicht relevant, da es allein auf den Vorsatz zur Ablehnung der zumutbaren Beschäftigung, nicht aber auf die dafür ausschlaggebenden Motive ankommt (vgl. VwGH 02.05.2012, 2010/08/0054).
Da – wie bereits dargelegt – auch keine Anhaltspunkte bestanden, dass die zugewiesene Beschäftigung unzumutbar gewesen wäre, ist im Ergebnis festzuhalten, dass das AMS gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG berechtigt war, die beschwerdegegenständliche Ausschlussfrist zu verhängen.
3.4. Zur Rechtsfolge der Vereitelung:
Die in § 10 Abs. 1 AlVG (iVm § 38 AlVG) vorgesehene Sanktion besteht in einem Verlust des Arbeitslosengeldes (bzw. der Notstandshilfe) für die Dauer von „mindestens der auf die Pflichtverletzung folgenden sechs Wochen“. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft.
Da es sich um die erste Verhängung der Ausschlussfrist gemäß § 10 AlVG handelt, wurde zu Recht eine sechswöchige Ausschlussfrist verhängt.
Nach § 10 Abs. 3 AlVG ist der Verlust des Anspruches in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.
Berücksichtigungswürdig im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Gründe, die dazu führen, dass der Ausschluss vom Bezug der Leistung den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter träfe, als dies sonst allgemein der Fall ist (vgl. VwGH 26.01.2010, 2008/08/0018; 15.05.2013, 2010/08/0257; 25.06.2013, 2012/08/0236).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 02.04.2008, 2007/08/0234, mwN) kann ein berücksichtigungswürdiger Fall im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG nur dann vorliegen, wenn der Arbeitslose in der Folge entweder selbst ein Verhalten gesetzt hat, welches den potenziellen Schaden ganz oder teilweise wieder beseitigt (also insbesondere durch alsbaldige tatsächliche Aufnahme einer anderen Beschäftigung), oder wenn ihm sein Verhalten ausnahmsweise aus besonderen (jedenfalls nicht auf Dauer vorliegenden und auch die Verfügbarkeit oder die Arbeitsfähigkeit nicht ausschließenden) Gründen im Einzelfall nicht vorgeworfen werden kann. Es kommt dabei aber nicht auf persönliche finanzielle Umstände an (wie etwa Sorgepflichten, vgl. VwGH 16.05.1995, 94/08/0150, 04.09.2013, 2011/08/0201; 20.10.2010, 2007/08/0231, 12.09.2012, 2009/08/0247).
Obwohl die amtswegige Prüfung des Sachverhalts zumindest eine Auseinandersetzung mit möglichen Nachsichtsgründen iSd. § 10 Abs. 3 AlVG gebietet, muss die Behörde nur solche Gründe prüfen, die der Arbeitslose vorbringt oder für die es sonstige Hinweise in den Akten gibt (vgl. VwGH 07.05.2008, 2007/07/0237; 19.01.2011, 2008/08/0020; 10.04.2013, 2012/08/0135; 25.06.2013, 2011/08/0082; 19.07.2013, 2012/08/0176; 04.09.2013, 2011/08/0201).
§ 10 Abs. 3 AlVG nennt die Aufnahme einer anderen Beschäftigung ausdrücklich als Beispiel für einen berücksichtigungswürdigen Grund für eine Nachsichtserteilung. Grundsätzlich kann jede Beschäftigung berücksichtigt werden, die vor der (endgültigen) Entscheidung über die Nachsicht angetreten worden ist und auf Grund einer gewissen zeitlichen Nähe zur Weigerung bzw. Vereitelung noch deren negative Konsequenzen für die Versichertengemeinschaft (teilweise) auszugleichen vermag (vgl. VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026).
Während im Fall der Aufnahme einer Beschäftigung vor Ablauf der Ausschlussfrist die (gänzliche oder teilweise) Nachsicht jedenfalls zu erteilen ist (vgl. das Erkenntnis vom 1. Juni 2001, Zl. 2000/19/0136, VwSlg 15621 A/2001), werden bei einer späteren Beschäftigungsaufnahme zumindest ernsthafte Bemühungen schon im Vorfeld zu verlangen sein, damit - allenfalls in Verbindung mit anderen zugunsten des Arbeitslosen sprechenden Umständen - noch von einem berücksichtigungswürdigen Fall im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG ausgegangen werden kann.
Der Beschwerdeführer hat kein vollversichertes, die Arbeitslosigkeit beendendes Dienstverhältnis aufgenommen und stand, neben seiner geringfügigen selbständigen Erwerbstätigkeit, nach wie vor im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.
Nachsichtgründe gemäß § 10 Abs. 3 AlVG liegen nicht vor.
3.5. Insgesamt vermochte der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen die Rechtswidrigkeit des Bescheides daher nicht darzutun, auch sonst ist im Verfahren nichts hervorgekommen.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen und die Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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