BVwG W260 2167652-1

BVwGW260 2167652-16.6.2019

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs3 Z1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:W260.2167652.1.00

 

Spruch:

W260 2167652-1/17E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Markus BELFIN über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch MigrantInnenverein St.Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 28.07.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

 

A)

 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. XXXX (im Folgenden "Beschwerdeführer"), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 29.10.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Bei der Erstbefragung am 30.10.2015 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der zum damaligen Zeitpunkt als minderjährig geltende Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari zu seinen Fluchtgründen befragt zusammengefasst an, dass er seinen Herkunftsstaat Richtung Europa verlassen habe, da seine Eltern verstorben seien. Es herrsche Krieg und er wolle ein besseres Leben für sich und seinen Bruder, eine Ausbildung machen und einen Beruf erlernen. Dies seien seine Fluchtgründe.

 

2. Der Beschwerdeführer wurde zur sachverständigen Volljährigkeitsbeurteilung an der medizinischen Universität Wien, Zentrum für Anatomie und Zellbiologie, untersucht und wurde das bei der Erstbefragung festgestellte Geburtsdatum mit einer geringen Schwankungsbreite in dem medizinischen Gutachten bestätigt.

 

3. Am 20.07.2017 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge "belangte Behörde") im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari und einer Vertrauensperson.

 

Der Beschwerdeführer gab zu seinen Fluchtgründen befragt zusammengefasst an, dass sein Vater wegen Grundstückstreitigkeiten getötet worden sei. Er wäre in der Folge mit seiner Mutter und seinem Bruder aus ihrer Heimatprovinz Parwan nach Kabul gezogen. 13 Monate später sei seine Mutter von zwei Männern in Kabul aufgefordert worden ein "Besitzdokument" die Grundstücke betreffend herauszugeben, ansonsten werde sie und ihre Kinder getötet werden. Seine Mutter hätte daraufhin einen Schlaganfall erlitten und sei gestorben. In der Folge verbrachte der Beschwerdeführer mit seinem Bruder fünf Monate im Iran, wo er sich mit Spachtelarbeiten auf Baustellen verdingte. Aus Angst vor der iranischen Polizei seien beide Brüder in die Türkei aufgebrochen, wo er seinen Bruder verloren hätte. Der Bruder sei auch im Besitz des "Besitzdokumentes" gewesen.

 

4. Mit dem nunmehr angefochtenem Bescheid vom 28.07.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Gemäß § 57 AsylG 2005 erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Die belangte Behörde stellte gemäß weiters § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters sprach die belangte Behörde aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

 

Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates bzw. zu der Situation im Falle einer Rückkehr stellte die belangte Behörde insbesondere fest, der Beschwerdeführer habe seinen Fluchtgrund nicht glaubhaft machen können. Seine Herkunftsprovinz "Bamyan" könne er nicht sicher erreichen, als innerstaatliche Fluchtalternative stehe dem Beschwerdeführer die Stadt Kabul zur Verfügung.

 

5. Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht namens seiner bevollmächtigten Vertretung, dem Verein Menschenrechte Österreich, gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel der Beschwerde. Er habe Afghanistan aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen. Sein Vater sei wegen Grundstücksstreitigkeiten ermordet worden und dem Beschwerdeführer drohe dasselbe Schicksal. Es handle sich zwar um keine vom afghanischen Staat ausgehende Verfolgung. Der afghanische Staat sei aber nicht schutzfähig und schutzwillig. Der Beschwerdeführer machte weiters geltend, dass die Sicherheitslage in Afghanistan sehr angespannt sei. Eine Auswegmöglichkeit in einen anderen Landesteil, zum Beispiel Kabul, sei nicht möglich, da sich auch dort die Sicherheitslage verschlechtert habe.

 

6. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 16.08.2017 beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge "BVwG") ein.

 

7. Mit Schreiben vom 30.01.2018 wurde dem BVwG die Vollmachtsbekanntgabe des MigrantInnenverein St. Marx zur Kenntnis gebracht.

 

Mit Schreiben vom 30.01.2018 wurde dem BVwG die Niederlegung der Vollmacht des Verein Menschenrechte Österreich zur Kenntnis gebracht.

 

8. Aus dem vom Bundesverwaltungsgericht am 01.03.2018 eingeholten Auszug aus dem Strafregister ist ersichtlich, dass im Strafregister der Republik Österreich für den Beschwerdeführer keine Verurteilungen aufscheinen.

 

9. Das BVwG führte am 01.03.2018 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch. Der Beschwerdeführer wurde im Beisein seines Rechtsvertreters und eines Dolmetschers für die Sprache Dari eingehend zu seinen Fluchtgründen und zu seiner Situation in Österreich befragt.

 

Die belangte Behörde nahm entschuldigt an der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht teil.

 

Der Beschwerdeführer legte Integrationsunterlagen sowie eine schriftliche Stellungnahme vom 16.02.2018 vor, die als Beilagen ./I und ./III zum Akt genommen wurden.

 

Das BVwG legte im Rahmen der Verhandlung die aktuellen Länderinformationen zu Afghanistan, genauer das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 25.09.2017, welches dem Beschwerdeführer bereits übermittelt wurde, das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Aktualisierung Stand 30.01.2018, das Gutachten Mag. Karl Mahringer zu GZ: BVwG-160.000/0001-Kammer A/2017, das Gutachten Mag. Karl Mahringer, Aktualisierung des Gutachten vom 5.3.2017, ein Auszug aus UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, Interne Schutzalternative, ein Auszug aus UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, Schreiben vom 04.05.2016, die ACCORD Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Information zur Blutrache [a-8797-1] vom 25.08.2014, ein Auszug aus der gutachterlichen Stellungnahme des Ländersachverständigen Dr. RASULY vom 23.03.2017 im zur Zl. W177 2129278-1 protokollierten Verfahren zur aktuellen Stellung der Hazara in Afghanistan, vor und räumte dem anwesenden Rechtsvertreter die Möglichkeit ein, hierzu innerhalb einer Frist von drei Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

 

Die Niederschrift wurde der belangten Behörde übermittelt.

 

10. Der Beschwerdeführer führte hiezu namens seiner bevollmächtigen Vertretung in seiner Stellungnahme vom 21.03.2018 im Wesentlichen aus, dass die aktualisierten Berichte den Beschwerdeführer in seinen Befürchtungen bestätigen, da darin die katastrophale Sicherheits- und Wirtschaftslage ebenso aufgezeigt werde, wie die mangelnde Effizienz und Durchschlagkraft der Zentralbehörden, jemanden wie den Beschwerdeführer zu beschützen, geschweige denn ihm eine Reintegration zu ermöglichen. Die asylrelevante Verfolgung bestehe wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe bzw. aus politischen Gründen aufgrund der Verfolgung durch Taliban Terroristen, vor der ihn die afghanischen Behörden nicht beschützen können. Die Verfolgung bestehe aber auch in religiösen Gründen aufgrund der westlichen Lebensausrichtung des Beschwerdeführers, die sich in seiner tiefen Integration in Österreich zeige und die der konservativ-islamischen Gesellschaftsordnung in Afghanistan widerspreche. Der Beschwerdeführer legte der Stellungnahme eine Schulbesuchsbestätigung bei.

 

Die belangte Behörde gab keine Stellungnahme ab.

 

11. Mit Schreiben vom 19.09.2018 übermittelte der Beschwerdeführer durch seine bevollmächtigte Vertretung weitere Integrationsunterlagen.

 

12. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.04.2019 wurde den Verfahrensparteien im Rahmen des Parteiengehörs aktuelles Länderberichtsmaterial übermittelt: Länderinformationsblatt zu Afghanistan vom 29.06.2018 samt darin enthaltener letzter Kurzinformation vom 26.03.2019; UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfes Afghanischer Asylsuchender Stand August 2018; eine auszugsweise Übersetzung der EASO Country Guidance Afghanistan vom Juni 2018, Seiten 21-25 und 98-109. Weiters wurde der Beschwerdeführer in diesem Schreiben aufgefordert etwaige aktuelle Integrationsunterlagen, sowie etwaige Krankenunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht zu übermitteln.

 

13. Der Beschwerdeführer erstattete namens seiner bevollmächtigten Vertretung am 08.05.2019 eine Stellungnahme und führte aus, auch die aktualisierten Berichte bestätigten den Beschwerdeführer in seinen Befürchtungen, da darin die weiterhin katastrophale Sicherheits- und Wirtschaftslage ebenso aufgezeigt werde, wie die mangelnde Effizienz und Durchschlagkraft der Zentralbehörden, jemanden wie den Beschwerdeführer zu beschützen, geschweige denn ihm eine Reintegration zu ermöglichen. Jedenfalls die Gefahr, dass er im Falle einer Abschiebung in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde, sei daher akut. Insbesondere die UNHCR Richtlinien zeigen deutlich, dass eine innerstaatliche Fluchtalternative auch in Kabul generell nicht bestehe, insbesondere für Personen wie den Beschwerdeführer, die keinen Bezug zu Kabul haben. In Österreich habe der Beschwerdeführer bereits große Anstrengungen zu seiner Integration unternommen, die deutsche Sprache erlernt und soziale Kontakte entwickelt. Er sei arbeitsfähig und arbeitswillig und bereits jetzt selbsterhaltungsfähig.

 

Die belangte Behörde gab keine Stellungnahme ab.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX . Er ist am XXXX im Dorf XXXX , im Bezirk XXXX , in der Provinz Parwan, geboren und ist afghanischer Staatsangehöriger. Er gehört der Volksgruppe der Hazara an und ist schiitischer Moslem. Der Beschwerdeführer ist gesund und ledig; er hat keine Kinder. Seine Muttersprache ist Dari.

 

Der Beschwerdeführer besuchte fünf Jahre lange die Schule in seiner Herkunftsprovinz. Nach seinem Umzug nach Kabul im Jahr 2013 arbeitete er dort als Teppichknüpfer. Im Iran hat der Beschwerdeführer auf Baustellen gearbeitet.

 

Der Vater des Beschwerdeführers war Landwirt, die Mutter Hausfrau. Es kann nicht festgestellt werden, ob die Eltern des Beschwerdeführers bereits verstorben sind. Seinen Bruder, der gemeinsam mit ihm ausgereist ist, hat der Beschwerdeführer während der Reise nach Europa in der Türkei aus den Augen verloren und besteht seither kein Kontakt mehr zu diesem.

 

Die Familie des Beschwerdeführers ist Eigentümerin eines Hauses und von Grundstücken in der Ortschaft XXXX .

 

Der Beschwerdeführer ist Zivilist.

 

Der Beschwerdeführer reiste 2014 aus Afghanistan aus, lebte rund fünf Monate lang im Iran, gelangte in der Folge illegal ins Bundesgebiet und stellte am 29.10.2015 verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

 

1.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer stellte am 29.10.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

 

Das vom Beschwerdeführer dargelegte Fluchtvorbringen betreffend die Gefahr, aufgrund eines Grundstückstreites verfolgt und getötet zu werden, ist nicht glaubhaft.

 

Der Beschwerdeführer war in seinem Herkunftsstaat Afghanistan keiner psychischen oder physischen Gewalt aus Gründen seiner Volksgruppenzugehörigkeit, Religion, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe ausgesetzt, noch hat er eine solche, im Falle seiner Rückkehr, zu befürchten.

 

Der Beschwerdeführer wurde in Afghanistan nie persönlich bedroht oder angegriffen, es droht ihm auch künftig keine psychische und/oder physische Gewalt von staatlicher Seite, und/oder von Aufständischen, und/oder von sonstigen privaten Verfolgern in seinem Herkunftsstaat.

 

Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan auf Grund einer "Verwestlichung" in Afghanistan psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.

 

Dem Beschwerdeführer droht wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara, oder zur schiitischen Religion konkret und individuell keine physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan. Nicht jeder Angehörige der Volksgruppe der Hazara, oder der schiitischen Religion ist in Afghanistan physischer und/oder psychischer Gewalt ausgesetzt.

 

Auch sonst haben sich im gesamten Verfahren keine Hinweise für eine dem Beschwerdeführer in Afghanistan individuell drohende Verfolgung ergeben.

 

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

 

Es kann nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Überstellung in seine Herkunftsprovinz Parwan aufgrund der volatilen Sicherheitslage und der dort stattfinden willkürlichen Gewalt im Rahmen von internen bewaffneten Konflikten ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde.

 

Dem Beschwerdeführer steht als interstaatliche Flucht- und Schutzalternative eine Rückkehr in der Stadt Mazar-e Sharif zur Verfügung, wo es ihm möglich ist, ohne Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können bzw. in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten, zu leben.

 

Dem Beschwerdeführer droht bei seiner Rückkehr in diese Stadt mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit.

 

Der Beschwerdeführer ist jung und arbeitsfähig. Seine Existenz kann er in Mazar-e Sharif - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Er ist auch in der Lage, eine einfache Unterkunft zu finden.

 

Der Beschwerdeführer hat auch die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen, sodass er im Falle der Rückkehr - neben den eigenen Ressourcen - auf eine zusätzliche Unterstützung zur Existenzsicherung greifen kann. Diese Rückkehrhilfe umfasst jedenfalls auch die notwendigen Kosten der Rückreise. Er hat eine fünfjährige Schulausbildung, weiters hat er bereits Berufserfahrung als Teppichknüpfer in Kabul und auf Baustellen in Teheran gesammelt, die er auch in Mazar- e Sharif wird nutzen können.

 

Die Stadt Mazar-e Sharif ist von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug zu erreichen.

 

Der Beschwerdeführer ist gesund.

 

Der Beschwerdeführer läuft im Falle der Rückkehr in eine nach Mazar-e Sharif nicht Gefahr, aufgrund seines derzeitigen Gesundheitszustandes in einen unmittelbar lebensbedrohlichen Zustand zu geraten, oder dass sich eine Erkrankung in einem lebensbedrohlichen Ausmaß verschlechtern wird. Es sind auch sonst keine objektivierten Hinweise hervorgekommen, dass allenfalls andere schwerwiegende körperliche oder psychische Erkrankungen einer Rückführung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

 

1.4. Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

 

Der Beschwerdeführer befindet sich seit seiner Antragstellung am 29.10.2015 auf Grund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005 durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet.

 

Er bezieht seit seiner Einreise Leistungen aus der vorübergehenden Grundversorgung.

 

Der Beschwerdeführer ist nicht selbsterhaltungsfähig.

 

Der Beschwerdeführer besucht Deutschkurse, zuletzt auf Niveau B1 und verfügt über Kenntnisse der deutschen Sprache. Er besucht in Österreich ein Abendgymnasium. In seiner Freizeit besucht er ein Sprachkaffee und spielt Fußball.

 

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Familienangehörigen.

 

Neben losen Freundschaften konnten keine weiteren substantiellen Anknüpfungspunkte im Bereich des Privatlebens des Beschwerdeführers in Österreich festgestellt werden.

 

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

 

1.5. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

 

Zur Lage in Afghanistan werden die im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation in der Gesamtaktualisierung vom 29.06.2018 mit Stand vom 26.03.2019, in den UNHCR Richtlinien vom 30.08.2018 und den EASO Leitlinien zu Afghanistan vom Juni 2018 enthaltenen folgenden Informationen als entscheidungsrelevant festgestellt:

 

1.5.1. Sicherheitslage

 

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren. Ausländische Streitkräfte und Regierungsvertreter sowie die als ihre Verbündeten angesehenen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte und Vertreter der afghanischen Regierung sind prioritäre Ziele der Aufständischen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen auf staatliche Einrichtungen aus. In einigen Teilen des Landes ist fehlende Sicherheit die größte Bewegungseinschränkung. In bestimmten Gebieten machen Gewalt durch Aufständische, Landminen und improvisierte Sprengfallen (IEDs) das Reisen besonders gefährlich, speziell in der Nacht. Bewaffnete Aufständischengruppen betreiben illegale Checkpoints und erpressen Geld und Waren.

 

1.5.1.1. Herkunftsprovinz Parwan

 

Die strategisch bedeutsame Provinz Parwan liegt 64 km nördlich von Kabul. Die Provinz grenzt im Norden an Baghlan, im Osten an Panjshir und Kapisa, im Süden an Kabul und (Maidan) Wardak und im Westen an (Maidan) Wardak und Bamyan. Die Provinz besteht aus folgenden Distrikten: Bagram, Jabal Saraj/Jabalussaraj, Salang, Sayed Khel/Saydkhel, Shinwar/Shinwari, Shikh Ali/Shekhali, Shurk Parsha/Surkh-e-Parsa, Charikar, Koh-e-Safi und Syiah Gird/Seyagerd/Ghorband. Charikar ist die Provinzhauptstadt. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 687.243 geschätzt. In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Usbeken, Quizilbasch, Kuchi und Hazara.

 

Im Distrikt Bagram gibt es einen Militärflughafen. Das Bagram Airfield liegt in der Provinz Parwan; es ist der größte US-amerikanische militärische Stützpunkt der Provinz und ist manchmal von "high-profile"-Angriffen durch Aufständische betroffen.

 

Ein Abschnitt der Autobahn Kabul-Bamyan verbindet die Provinz mit Kabul und weiter mit anderen Provinzen. Die Provinzhauptstadt von Parwan, Charikar, ist durch die Kabul-Charikar Road, auch "A76" genannt, mit Kabul verbunden.

 

In der Provinz werden Programme des Afghan Rural Enterprise Development Program (AREDP) zur Förderung der ländlichen Bevölkerung implementiert; zahlreiche Frauen profitieren von diesen Maßnahmen.

 

Parwan gehört zu den Opium-freien Provinzen Afghanistans.

 

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage

 

Parwan gehört zu den volatilen Provinzen Afghanistans, in der Talibanaufständische in einigen abgelegenen Distrikten aktiv sind. Aus unruhigen Distrikten in der Provinz Parwan wird von Straßenbomben, Selbstmordangriffen, gezielten Tötungen und anderen terroristischen Angriffen berichtet. Deshalb werden Anti-Terrorismus Operationen durchgeführt, um die Aufständischen zu verdrängen. Talibanaufständische führen in einigen Teilen der Provinz Angriffe auf die Sicherheitskräfte aus.

 

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 63 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

 

Im gesamten Jahr 2017 wurden 77 zivile Opfer (20 getötete Zivilisten und 57 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Blindgänger/Landminen, gefolgt von gezielten Tötungen und Bodenoffensiven. Dies bedeutet einen Rückgang von 31% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016.

 

Militärische Operationen in Parwan

 

Militärische Operationen werden in der Provinz durchgeführt; dabei werden Talibankämpfer getötet und Waffen gefunden. Auch werden Luftangriffe durchgeführt. Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Taliban finden statt.

 

Regierungsfeindliche Gruppierungen

 

Talibanaufständische sind in abgelegenen Distrikten der Provinz Parwan aktiv. Die Distrikte Seyagerd/Ghorband und Shinwari zählten im November 2017 zu den umkämpften Distrikten der Provinz.

 

Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden in der Provinz Parwan IS-bezogene Vorfälle (Gefechte) an der Grenze zu Kabul registriert; zwischen 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden in der Provinz hingegen keine sicherheitsrelevanten Ereignisse bzgl. des IS gemeldet.

 

Die Provinz Parwan zählt laut EASO zu jenen Provinzen Afghanistans, wo willkürliche Gewalt stattfindet und allenfalls eine reelle Gefahr besteht, dass der Beschwerdeführer ernsthaften Schaden im Sinne von Art. 15(c) der Qualifizierungsrichtlinie nehmen könnte.

 

1.5.1.2. Provinz Balkh

 

Hingegen handelt es sich bei der Provinz Balkh, mit deren Hauptstadt Mazar- e Sharif, laut EASO um einen jener Landesteile, wo willkürliche Gewalt ein derart niedriges Ausmaß erreicht, dass für Zivilisten im Allgemeinen keine reelle Gefahr besteht, von willkürlicher Gewalt im Sinne von Art 15 (c) der Qualifizierungsrichtlinie persönlich betroffen zu sein.

 

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan. Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften, oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte. Im Zeitraum 01.01.2017 - 30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

 

Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt. Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben.

 

1.5.2. Sichere Einreise

 

Die Stadt Mazar- e Sharif ist über den internationalen Flughafen sicher erreichbar. Der Flughafen von Mazar-e Sharif (MRZ) liegt 9 km östlich der Stadt im Bezirk Marmul. Die Befahrung der Straßen von diesem Flughafen bis zur Stadt Mazar-e Sharif ist zur Tageszeit im Allgemeinen sicher.

 

1.5.3. Wirtschafts- und Versorgungslage

 

Zur Wirtschafts- und Versorgungslage ist festzuhalten, dass Afghanistan weiterhin ein Land mit hoher Armutsrate und Arbeitslosigkeit ist. Seit 2002 hat Afghanistan mit Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft wichtige Fortschritte beim Wiederaufbau seiner Wirtschaft erzielt. Nichtsdestotrotz bleiben bedeutende Herausforderungen bestehen, da das Land weiterhin von Konflikten betroffen, arm und von Hilfeleistungen abhängig ist. Während auf nationaler Ebene die Armutsrate in den letzten Jahren etwas gesunken ist, stieg sie in Nordostafghanistan in sehr hohem Maße. Im Norden und im Westen des Landes konnte sie hingegen reduziert werden. Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut auch im Jahr 2018 weiterhin zu.

 

In den Jahren 2016-2017 wuchs die Arbeitslosenrate, die im Zeitraum 2013-2014 bei 22,6% gelegen hatte, um 1%. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet. Über 40% der erwerbstätigen Bevölkerung gelten im Jahr 2018 als arbeitslos oder unterbeschäftigt. Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können.

 

Die afghanische Regierung hat Bemühungen zur Armutsreduktion gesetzt und unterstützt den Privatsektor weiterhin dabei, nachhaltige Jobs zu schaffen und das Wirtschaftswachstum voranzutreiben. Die Ausstellung von Gewerbeberechtigungen soll gesteigert, steuerliche Sanktionen abgeschafft und öffentlich-private Partnerschaften entwickelt werden; weitere Initiativen sind geplant (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. TD 28.12.2017).

 

1.5.3.1. Wirtschaftslage der Stadt Mazar-e Sharif

 

Mazar- e Sharif ist ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. In Mazar- e Sharif besteht laut EASO grundsätzlich die Möglichkeit, sicheren Wohnraum zu mieten. Als Alternative dazu stehen ferner günstige Unterkünfte in "Teehäusern" zur Verfügung. Generell besteht in Mazar- e Sharif laut EASO, trotz der im Umland herrschenden Dürre, keinerlei Lebensmittelknappheit. In Mazar- e Sahrif haben die meisten Leute laut EASO Zugang zu erschlossenen Wasserquellen sowie auch zu besseren Sanitäreinrichtungen. Schulische Einrichtungen sind in Mazar-e Sharif vorhanden.

 

1.5.4. Medizinische Versorgung

 

Medizinische Versorgung ist in Afghanistan insbesondere in größeren Städten wie etwa auch in Mazar- e Sharif sowohl in staatlichen als auch privaten Krankenhäusern verfügbar. In Mazar- e Sharif zählt dazu das Alemi Krankenhaus. Psychische Krankheiten wie posttraumatische Belastungsstörung, Depression und Angstzustände - die oft durch den Krieg hervorgerufen wurden - sind in Afghanistan weit verbreitet, es gibt aber nur geringe Kapazitäten zur Behandlung dieser Erkrankungen. Spezifische Medikamente sind grundsätzlich verfügbar.

 

1.5.5. Ethnische Minderheiten

 

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2017 mehr als 34,1 Millionen Menschen. Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht.

Schätzungen zufolge, sind: 40% Paschtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri. Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen.

 

Die schiitische Minderheit der Hazara, zu welchen der Beschwerdeführer zählt, macht etwa 10% der Bevölkerung aus. Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt und unter der Bezeichnung Hazaradschat (azarajat) bekannt ist. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Es können auch einzelne Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul dazugerechnet werden. Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind einerseits ihr ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild, woraus gern Schlussfolgerungen über eine turko-mongolische Abstammung der Hazara gezogen werden. Eine Minderheit der Hazara, die vor allem im nordöstlichen Teil des Hazaradschat leben, sind Ismailiten.

 

Die Hazara-Gemeinschaft/Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Familie bzw. dem Klan. Die sozialen Strukturen der Hazara werden manchmal als Stammesstrukturen bezeichnet; dennoch bestehen in Wirklichkeit keine sozialen und politischen Stammesstrukturen. Das traditionelle soziale Netz der Hazara besteht größtenteils aus der Familie, obwohl gelegentlich auch politische Führer einbezogen werden können.

 

Nicht weniger wichtig als Religion und Abstammung ist für das ethnische Selbstverständnis der Hazara eine lange Geschichte von Unterdrückung, Vertreibung und Marginalisierung. Jahrzehntelange Kriege und schwere Lebensbedingungen haben viele Hazara aus ihrer Heimatregion in die afghanischen Städte, insbesondere nach Kabul, getrieben. Dennoch hat sich die Lage der Hazara, die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgt waren, grundsätzlich verbessert; vornehmlich aufgrund von Bildung und vor allem auf ökonomischem und politischem Gebiet. Hazara in Kabul gehören jetzt zu den am besten gebildeten Bevölkerungsgruppen und haben auch eine Reihe von Dichtern und Schriftstellern hervorgebracht. Auch wenn es nicht allen Hazara möglich war diese Möglichkeiten zu nutzen, so haben sie sich dennoch in den Bereichen Bildung, öffentliche Verwaltung und Wirtschaft etabliert.

 

So haben Hazara eine neue afghanische Mittelklasse gegründet. Im Allgemeinen haben sie, wie andere ethnische Gruppen auch, gleichwertigen Zugang zum Arbeitsmarkt. Nichtsdestotrotz, sind sie von einer allgemein wirtschaftlichen Verschlechterung mehr betroffen als andere, da für sie der Zugang zu Regierungsstellen schwieriger ist - außer ein/e Hazara ist selbst Abteilungsleiter/in. Einer Quelle zufolge existiert in der afghanischen Gesellschaft die Auffassung, dass andere ethnische Gruppierungen schlecht bezahlte Jobs Hazara geben. Einer weiteren Quelle zufolge, beschweren sich Mitglieder der Hazara-Ethnie über Diskriminierung während des Bewerbungsprozesses, da sie anhand ihrer Namen leicht erkennbar sind. Die Ausnahme begründen Positionen bei NGOs und internationalen Organisationen, wo das Anwerben von neuen Mitarbeitern leistungsabhängig ist. Arbeit für NGOs war eine Einnahmequelle für Hazara - nachdem nun weniger Hilfsgelder ausbezahlt werden, schrauben auch NGOs Jobs und Bezahlung zurück, was unverhältnismäßig die Hazara trifft. So berichtet eine weitere Quelle, dass Arbeitsplatzanwerbung hauptsächlich über persönliche Netzwerke erfolgt. Hazara haben aber aufgrund vergangener und anhaltender Diskriminierung eingeschränkte persönliche Netzwerke.

 

Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf; soziale Diskriminierung gegen schiitische Hazara basierend auf Klasse, Ethnie oder religiösen Ansichten finden ihre Fortsetzung in Erpressungen (illegale Steuern), Zwangsrekrutierung, Zwangsarbeit, physischer Misshandlung und Festnahmen.

 

Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10% in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert.

 

1.5.6. Religion

 

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 10-15 % Schiiten, wie es auch der Beschwerdeführer ist.

 

Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung der schiitischen Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch existieren Berichte zu lokalen Diskriminierungsfällen. Afghanischen Schiiten ist es möglich, ihre Feste öffentlich zu feiern; einige Paschtunen sind jedoch wegen der Feierlichkeiten missgestimmt, was gelegentlich in Auseinandersetzungen mündet. In den Jahren 2016 und 2017 wurden schiitische Muslime, hauptsächlich ethnische Hazara, oftmals Opfer von terroristischen Angriffen u.a. der Taliban und des IS.

 

1.5.7. Rückkehrer

 

In der Zeit von 2012 bis 2017 sind 1.821.011 Personen nach Afghanistan zurückgekehrt, wobei der Großteil der Rückkehrer aus Pakistan und dem Iran kommen. Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück. In der Provinz Balkh ließen sich von den insgesamt ca. 1,8 Millionen Rückkehrer/innen in der Zeit von 2012 bis 2017 109.845 Personen nieder.

 

Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen besteht auch für zurückkehrende Flüchtlinge das Risiko, in die Armut abzurutschen. Sowohl das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme) als auch andere UN-Organisationen arbeiten mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen und Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen.

 

Die afghanische Regierung kooperierte mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Die Fähigkeit der afghanischen Regierung vulnerable Personen zu unterstützen, einschließlich Rückkehrer/innen aus Pakistan und dem Iran, bleibt begrenzt und ist weiterhin auf die Hilfe der internationalen Gemeinschaft angewiesen. Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig (BFA Staatendokumentation 4.2018). Außerdem erhalten Rückkehrer/innen Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer/innen zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer/innen daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung. Neue politische Rahmenbedingungen für Rückkehrer/innen und IDPs wurden von unterschiedlichen afghanischen Behörden, dem Ministerium für Flüchtlinge und Repatriierung (MoRR) und internationalen Organisationen geschaffen und sind im Dezember 2016 in Kraft getreten. Diese Rahmenbedingungen gelten sowohl für Rückkehrer/innen aus der Region (Iran und Pakistan), als auch für jene, die aus Europa zurückkommen oder IDPs sind. Soweit dies möglich ist, sieht dieser mehrdimensionale Ansatz der Integration unter anderem auch die individuelle finanzielle Unterstützung als einen Ansatz der "whole of community" vor. Demnach sollen Unterstützungen nicht nur Einzelnen zugutekommen, sondern auch den Gemeinschaften, in denen sie sich niederlassen. Die Rahmenbedingungen sehen die Grundstücksvergabe als entscheidend für den Erfolg anhaltender Lösungen. Hinsichtlich der Grundstücksvergabe wird es als besonders wichtig erachtet, das derzeitige Gesetz zu ändern, da es als anfällig für Korruption und Missmanagement gilt. Auch wenn nicht bekannt ist, wie viele Rückkehrer/innen aus Europa Grundstücke von der afghanischen Regierung erhalten haben - und zu welchen Bedingungen - sehen Experten dies als möglichen Anreiz für jene Menschen, die Afghanistan schon vor langer Zeit verlassen haben und deren Zukunftsplanung von der Entscheidung europäischer Staaten über ihre Abschiebungen abhängig ist.

 

Die Großfamilie ist für Zuürckkehrende die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Quellen zufolge verlieren nur sehr wenige Afghanen in Europa den Kontakt zu ihrer Familie. Die Qualität des Kontakts mit der Familie hängt möglicherweise auch davon ab, wie lange die betreffende Person im Ausland war bzw. wie lange sie tatsächlich in Afghanistan lebte, bevor sie nach Europa migrierte. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile "universell" geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migrant/innen in Afghanistan dar. Quellen zufolge haben aber alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen. Quellen zufolge halten Familien in Afghanistan in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren.

 

Neben der Familie als zentrale Stütze der afghanischen Gesellschaft, kommen noch weitere, wichtige Netzwerke zum Tragen, wie z. B. der Stamm, der Clan und die lokale Gemeinschaft. Diese basieren auf Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Religion oder anderen "professionellen" Netzwerken (Kolleg/innen, Kommilitonen etc.) sowie politische Netzwerke usw. Die unterschiedlichen Netzwerke haben verschiedene Aufgaben und unterschiedliche Einflüsse - auch unterscheidet sich die Rolle der Netzwerke zwischen den ländlichen und städtischen Gebieten. Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer/innen auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Ein Mangel an Netzwerken stellt eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer/innen dar, was möglicherweise zu einem neuerlichen Verlassen des Landes führen könnte. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer/innen besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden.

 

Afghanische Flüchtlinge im Iran

 

Die letzten zwei bis drei Jahre zeigen doch auf eine progressivere Entwicklung für Afghanen im Iran, wo sich die Maßnahmen der iranischen Behörden auf einen höheren Integrationsgrad der Afghanen zubewegen. Die freiwillige Rückkehr der afghanischen Flüchtlinge ist immer noch das Hauptziel der iranischen Flüchtlingspolitik, aber man hat eingesehen, dass dies im Moment nicht in größerem Maße geschehen kann. Deshalb versucht man Maßnahmen zu ergreifen, die die Situation für die Afghanen verbessern, während man darauf wartet, dass eine Rückkehr stattfinden kann. Es gibt heute einen politischen Willen, die Fähigkeit der Afghanen, sich besser selbst zu versorgen und selbstständiger zu werden, zu unterstützen, aber gleichzeitig sind die Ressourcen des Iran begrenzt und dies bedeutet eine große Herausforderung für die iranischen Behörden. Es gibt auch von den iranischen Behörden nicht zuletzt aus sicherheitsmäßigen Aspekten Interesse daran, mehr Kenntnisse über die Anzahl der sich illegal im Land aufhaltenden Staatsbürger zu erhalten. Dieses hatte zur Folge, dass die iranischen Behörden im Jahr 2017 mit einer Zählung (headcount) und der Registrierung der Afghanen, die sich illegal im Land aufhalten, begonnen haben. In dieser ersten Runde hat man einige ausgewählte Kategorien priorisiert, beispielsweise nicht-registrierte Afghanen, die mit iranischen Staatsbürgern verheiratet sind und Kinder in der Schule haben.

 

Im Gegensatz zu Pakistan leben nur 3% der afghanischen Flüchtlinge in Iran in Camps. Auch wenn die Flüchtlingslager für Amayesh-registrierte ("Amayesh" ist die Bezeichnung für das iranische Flüchtlingsregistrierungssystem, Anm.) Personen vorgesehen sind, leben dort in der Praxis auch nicht-registrierte Afghanen.

 

Die Mehrheit der Afghanen, die sich sowohl legal als auch illegal im Land aufhalten, wohnen in von Afghanen dominierten urbanen und halb-urbanen Gebieten. Schätzungen zufolge leben circa 57% der Afghanen im Iran in der Provinz Teheran, Isfahan sowie Razavi-Chorsan (mit Maschhad als Hauptort). Um die 22% leben in den Provinzen Kerman, Fars und Ghom, während die Übrigen in den anderen Provinzen verteilt sind. Die afghanische Flüchtlingspopulation im Iran besteht aus einer Anzahl unterschiedlicher ethnischer Gruppen. Schätzungen über die registrierten Afghanen zufolge gehört die Mehrheit von ihnen der Ethnie der Hazara an, gefolgt von Tadschiken, Paschtunen, Belutschen und Usbeken. Es fehlen Zahlen zur nicht-registrierten Gemeinschaft, dennoch stellen auch hier die Hazara und die Tadschiken eine Mehrheit dar.

 

1.5.8. Terroristische und aufständische Gruppierungen

 

Terroristische und aufständische Gruppierungen stellen Afghanistan und die Koalitionskräfte grundsätzlich vor erhebliche Herausforderungen. Derzeit sind rund 20 terroristische Organisationen in Afghanistan zu finden: das von außen unterstützte Haqqani-Netzwerk stellt nach wie vor die größte Gefährdung für afghanische und internationale Kräfte dar. Die Verflechtung von Taliban und Haqqani-Netzwerk ist so intensiv, dass diese beiden Gruppierungen als Fraktionen ein und derselben Gruppe angesehen werden. Wenn auch die Taliban öffentlich verkündet haben, sie würden zivile Opfer einschränken, so führt das Haqqani-Netzwerk auch weiterhin Angriffe in bevölkerungsreichen Gegenden aus. Die Taliban haben hauptsächlich in Faryab und Sar-i-Pul, wo die Mehrheit der Bevölkerung usbekischer Abstammung ist, ihre Reihen für nicht-paschtunische Kämpfer geöffnet. Schätzungen von SIGAR zufolge kontrollierten im Oktober 2017 und im Jänner 2018 die Taliban 14% der Distrikte Afghanistans. Die Taliban selbst verlautbarten im März 2017, dass sie beinahe 10% der afghanischen Distrikte kontrollierten.

 

Die Taliban haben eine Vielzahl von Personen ins Visier genommen, die sich ihrer Meinung nach "fehlverhalten", unter anderem Kollaborateure der afghanischen Regierung - praktisch jeder, der der Regierung in irgendeiner Weise hilft. Die Taliban bieten diesen Personen grundsätzlich die Möglichkeit an, Reue und den Willen zur Wiedergutmachung zu zeigen. Im Grunde steht jeder auf der schwarzen Liste, der (aus Sicht der Taliban) ein "Übeltäter" ist, und dessen Identität und Anschrift die Taliban ausfindig machen können.

 

Die Taliban haben ein Netzwerk an Spitzeln in Afghanistan, allein in der Stadt Kabul sind drei verschiedene Taliban Nachrichtendienste nebeneinander aktiv. Es heißt, dass die verschiedenen Nachrichtendienste der Taliban in Kabul über 1.500 Spione in allen 17 Stadtteilen haben. Selbst die, die umsiedeln, laufen Gefahr, auf dem Weg an den Straßensperren der Taliban festgehalten zu werden. Die Taliban behaupten, dass sie, dank ihrer Spione bei der Grenzpolizei am Flughafen Kabul und auch an vielen anderen Stellen, überwachen können, wer in das Land einreist. Sie geben an, regelmäßig Berichte darüber zu erhalten, wer neu ins Land einreist.

 

Die Taliban beobachten alle Fremden, die in den Dörfern und Kleinstädten unter ihrer Kontrolle ankommen genau, genauso wie die Dorfbewohner, die in Gebiete unter Regierungskontrolle reisen. Sie fürchten offensichtlich, ausspioniert zu werden und versuchen, die Rekrutierung von Informanten durch die Regierung zu beschränken. Wer in die Taliban-Gebiete ein- oder ausreist sollte die Reise überzeugend begründen können, möglichst belegt mit Nachweisen über Geschäftsabschlüsse, medizinische Behandlung etc. Wenn die Taliban einen Schuldigen suchen, der für die Regierung spioniert haben soll, ist jeder, der verdächtigt wird, sich an die Behörden gewandt zu haben, in großer Gefahr.

 

Es ist davon auszugehen, dass Sippenhaftung in Afghanistan ein weit verbreitetes Phänomen ist, und die Taliban neben Regierungsmitarbeitern, Sicherheitskräften und anderen, der Kollaboration oder "Spionage" bezichtigten Personen auch deren Angehörige gezielt verfolgen und bedrohen.

 

2. Beweiswürdigung:

 

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers

 

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Namen, Herkunft, ethnischen und religiösen Zugehörigkeit sowie zu den Aufenthaltsorten, Familienangehörigen, Sprachkenntnissen, der Schulbildung und Berufserfahrung des Beschwerdeführers beruhen auf dessen plausiblen, im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben im Laufe des Asylverfahrens.

 

Die Identität des Beschwerdeführers konnte mangels Vorlage geeigneter Dokumente nicht festgestellt werden. Die Angaben dienen zur Identifizierung im Asylverfahren.

 

2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers

 

2.2.1. Bereits die belangte Behörde wertete das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend eine asylrelevante Verfolgungsgefahr aufgrund vager, widersprüchlicher und nicht schlüssiger Angaben als unglaubwürdig.

 

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens verstärkte sich dieser Eindruck noch, da sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung weitere Ungereimtheiten im Vorbringen ergaben, welche der Beschwerdeführer nicht schlüssig zu erklären vermochte.

 

2.2.2. Zunächst ist zu erwähnen, dass die Aussagen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen in der Erstbefragung wesentliche Unterschiede zu den Aussagen in der Einvernahme bei der belangten Behörde aufweisen.

 

So gab der Beschwerdeführer in der Erstbefragung an, dass er in Afghanistan niemanden mehr habe. Seine Eltern seien verstorben. Es herrsche Krieg. Der Beschwerdeführer habe ein besseres Leben für sich und seinen Bruder haben wollen, eine Ausbildung machen und einen Beruf erlernen wollen. Bei einer Rückkehr fürchte er um sein Leben, da in Afghanistan Krieg herrsche (vgl. AS 19).

 

In der Einvernahme bei der belangten Behörde schilderte er seine Fluchtgründe aber dahingehend, dass sein Vater wegen Grundstückstreitigkeiten getötet worden sei. Er selbst sei in der Folge mit seiner Mutter und seinem Bruder aus ihrer Heimatprovinz Parwan nach Kabul gezogen. 13 Monate später sei seine Mutter von zwei Männern in Kabul aufgefordert worden ein "Besitzdokument" die Grundstücke betreffend herauszugeben, ansonsten werde sie und ihre Kinder getötet. Seine Mutter habe daraufhin einen Schlaganfall erlitten und sei gestorben. In der Folge habe der Beschwerdeführer mit seinem Bruder fünf Monate im Iran verbracht und seien dann beide Brüder in die Türkei aufgebrochen, wo der Beschwerdeführer seinen Bruder verloren habe. Der Bruder sei auch im Besitz des "Besitzdokumentes" gewesen (vgl. AS 103ff).

 

Gemäß § 19 Abs. 1 AsylG 2005 dient die Einvernahme durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach Antragstellung "insbesondere

der Ermittlung der Identität und der Reiseroute des Fremden ... und

hat sich nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen" (vgl. hierzu auch VfGH 27.06.2012, U 98/12). Diese Regelung bezweckt den Schutz der Asylwerber davor, sich im direkten Anschluss an die Flucht aus ihrem Herkunftsstaat vor uniformierten Staatsorganen über traumatische Ereignisse verbreitern zu müssen, weil sie unter Umständen erst vor kurzem vor solchen geflohen sind, weshalb an die dennoch bei der Erstbefragung erstatteten, in der Regel kurzen Angaben zu den Fluchtgründen im Rahmen der Beweiswürdigung keine hohen Ansprüche in Bezug auf Stringenz und Vollständigkeit zu stellen sind (vgl. auch VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0189 mwN). Ein Beweisverwertungsverbot ist damit jedoch nicht normiert; die Verwaltungsbehörde bzw. das Bundesverwaltungsgericht können in ihrer Beweiswürdigung also durchaus die Ergebnisse der Erstbefragung in ihre Beurteilung miteinbeziehen.

 

Es wird daher im vorliegenden Fall zwar nicht verkannt, dass sich die Erstbefragung des Beschwerdeführers nicht in erster Linie auf seine Fluchtgründe bezog und diese daher nur in aller Kürze angegeben und protokolliert wurden. Es ist dem Beschwerdeführer aber sehr wohl vorzuwerfen, dass die Angaben in der Erstbefragung gravierend von den Angaben in der Einvernahme bei der belangten Behörde abweichen. In der Erstbefragung erwähnte er nämlich den Fluchtgrund rund um die Besitzstreitigkeiten mit keinem Wort und bezog seinen Ausreisegrund lediglich auf die allgemein schlechte Lage bzw. Kriegssituation in Afghanistan und stellt dies daher einen gänzlich anderen Sachverhalt dar.

 

Die Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers wird daher bereits durch diesen Umstand massiv geschmälert.

 

In der Einvernahme bei der belangten Behörde blieb der Beschwerdeführer eine Aufklärung der Widersprüche schuldig. Er sagte nur - auf Vorhalt seiner Angaben in der Erstbefragung -, dass sie Feinde gehabt haben und bedroht worden seien. Natürlich könne er nicht mehr dort leben. Er habe Afghanistan verlassen, um ein besseres Leben zu haben (vgl. AS 105). In der Beschwerdeverhandlung sprach der erkennende Richter die unterschiedlichen Angaben in der Erstbefragung und Einvernahme bei der belangten Behörde ebenfalls an. Der Beschwerdeführer führte dazu aus, dass es ihm, als er nach Österreich gekommen sei, psychisch nicht gut gegangen sei. Natürlich möchte aus seiner Sicht jeder in einem ruhigen Land leben und einen Beruf erlernen, aber es sei ihm psychisch nicht gut gegangen. Bei der Einvernahme sei er "nicht in der Lage gewesen zu reden". Auf Nachfrage, ob dem Beschwerdeführer die Wichtigkeit der Frage nicht bewusst gewesen sei, oder er nicht in der Lage gewesen sei, die Wichtigkeit dieser Frage zu erkennen, sagte der Beschwerdeführer, es sei ihm sehr schlecht gegangen. Er habe die Frage nicht wahrgenommen. Derzeit sei er aber gesund (vgl. S 17 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 01.03.2018).

 

Dazu gilt es auszuführen, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung ausdrücklich angegeben hat, keine Beschwerden oder Krankheiten zu haben, die ihn an der Einvernahme hindern oder das Asylverfahren beeinträchtigen und er der Einvernahme ohne Probleme folgen könne (vgl. AS 13). Auch im weiteren Verfahren gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer an einer physischen oder psychischen Erkrankung leidet. Es ist natürlich verständlich, dass der Beschwerdeführer nach seiner Flucht und Asylantragstellung in einer für ihn angespannten Situation war und - wie bereits erwähnt - die Erstbefragung nicht der Schilderung der genauen Fluchtgründe dienen soll. Allerdings wäre vom Beschwerdeführer sehr wohl zu erwarten gewesen, dass er seinen angeblichen Fluchtgrund, nämlich die Besitzstreitigkeiten, zumindest ansatzweise erwähnt.

 

2.2.3. In der Beschwerdeverhandlung haben sich zu den Ausführungen des Beschwerdeführers weitere Ungereimtheiten und Widersprüche ergeben:

 

So schilderte der Beschwerdeführer beispielsweise die Bedrohung seiner Familie "durch zwei Männer" in Kabul unterschiedlich.

 

In der Einvernahme bei der belangten Behörde gab er an, dass er, seine Mutter und sein Bruder nach dem Tod des Vaters nach Kabul gezogen seien. Nach ungefähr 13 Monaten seien zwei Personen zu seiner Mutter gekommen, haben sie bedroht und die Herausgabe des amtlichen Besitzdokumentes bezüglich der Grundstücke gefordert. Die Mutter sei in schlechter gesundheitlicher Verfassung gewesen und habe nach dem Vorfall einen Schlaganfall erlitten und sei verstorben (vgl. AS 103). Folgt man diesem Vorbringen, so hat es sich um lediglich einen Vorfall in Kabul gehandelt.

 

In der Beschwerdeverhandlung gab der Beschwerdeführer dann aber an, dass diese zwei Männer innerhalb eines Zeitraumes von zwei Monaten drei bis vier Mal zur Familie des Beschwerdeführers gekommen seien und sie bedroht haben (vgl. S 15 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 01.03.2018). Auf Nachfrage, warum er erst heute erzählt habe, dass diese beiden Männer drei bis vier Mal während des Aufenthaltes in Kabul zu ihnen gekommen seien, sagte der Beschwerdeführer lediglich, er habe damals auch drei bis vier Mal gesagt (vgl. S 18 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 01.03.2018). Dies ist der Niederschrift der Einvernahme vom 20.07.2017, deren Richtigkeit und Vollständigkeit der Beschwerdeführer mit seiner Unterschrift bestätigt hat, allerdings eben nicht zu entnehmen.

 

In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass es auch nicht nachvollziehbar und im Ergebnis unglaubwürdig ist, weshalb die angeblich zwei Männer mehrmals zum Beschwerdeführer und seiner Familie in Kabul gekommen sein und sie bedroht haben sollten, allerdings jedes Mal ohne die geforderte Besitzurkunde und ohne ihren Drohungen Taten folgen zu lassen wieder gegangen sind. Wären diese Männer tatsächlich an der Urkunde interessiert gewesen und hätten die Familie des Beschwerdeführers deshalb sogar bis nach Kabul verfolgt, dann wäre es naheliegender gewesen, dass sie sich sicherlich bereits beim ersten "Besuch" bei der Familie - gewaltsam - die Urkunde angeeignet und wären nicht mehrmals gekommen um "nur" zu drohen. Somit sind aus beweiswürdigender Sicht diese Angaben nicht glaubhaft und lediglich als Steigerung seines Vorbringens zu werten.

 

Dem Beschwerdeführer ist weiters vorzuhalten, dass er hinsichtlich der Personen, welche die Grundstücke seiner Familie enteignen haben wollten, unklare und unrealistische Angaben getätigt hat.

 

In der Einvernahme bei der belangten Behörde sagte er, dass diese Leute im Bezirk Sheikh Ali gewohnt haben und sehr mächtig gewesen seien. Er habe sie nur unter dem Namen "die Kinder von Malik RAFUR" gekannt. Als solche hätten sie sich auch vorgestellt, als sie die Familie in Kabul bedroht hätten (vgl. AS 104f).

 

Auch in der Beschwerdeverhandlung spricht der Beschwerdeführer von Leuten von "Malik RAFOL" und gibt an, dass dieser "Malik RAFOL" bei der Regierung und mit den Taliban gemeinsam arbeite. Dies habe er von den Dorfbewohnern und seinem Vater gehört. Darauf angesprochen, dass es unrealistisch sei, dass jemand für die Regierung und gleichzeitig für die Taliban arbeite, sagte der Beschwerdeführer, er könne das nicht erklären (vgl. S 18 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 01.03.2018). Diese Angaben machen deutlich, ,dass er wenig über die angeblichen "Bedroher" weiß und sein Wissen nur vom Hörensagen stammt ("RI: Wissen Sie, dass "Malik Rafol" ein Taliban ist oder haben Sie das nur gehört? BF: Ich habe es von den Bewohnern und von meinem Vater gehört. Der "Malik Rafol" arbeitet bei der Regierung und mit den Taliban gemeinsam." Vgl. wiederum S 18 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 01.03.2018).

 

Dass diese "Familie von Malik RAFOL" - wie von der Beschwerdevertretung in der Beschwerdeverhandlung behauptet - in Afghanistan sehr mächtig sei und sich daraus eine begründete Furcht des Beschwerdeführers ergebe (vgl. S 18 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 01.03.2018), konnte der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen nicht glaubhaft machen.

 

Nicht glaubhaft auch, dass sich der Beschwerdeführer und seine Familie wegen den vorgebrachten privaten Grundstücksstreitigkeiten und Bedrohungen, so sie denn stattgefunden haben, nicht an die afghanische Polizei oder sonstige staatliche Stellen gewandt und Anzeige erstattet haben. Ein derartiges Vorgehen hat der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung verneint (vgl. S 20 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 01.03.2018). Es ergeben sich - auch aus den Länderberichten - keine Hinweise darauf, dass der afghanische Staat - wie in der Beschwerde behauptet - nicht schutzfähig und schutzwillig ist und wäre es dem Beschwerdeführer daher zumutbar gewesen, etwaige Übergriffe gegen seine Familie oder seine Personen bei den afghanischen Behörden anzuzeigen.

 

Weiters ist zu erwähnen, dass der Beschwerdeführer das einzige Beweismittel, nämlich die Besitzurkunde, die Streitgegenstand in Afghanistan gewesen sein soll, nicht vorlegen konnte, da sich das Dokument im Rucksack seines Bruders befunden habe, den der Beschwerdeführer auf der Flucht verloren habe (vgl. AS 105).

 

In der Beschwerdeverhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass sein Bruder zum Zeitpunkt der gemeinsamen Flucht aus Afghanistan 12 Jahre alt gewesen sei. Er selbst sei 17 Jahre alt gewesen. Auf Nachfrage des erkennenden Richters, weshalb sich ein so wichtiges Dokument wie die Besitzurkunde nicht in seinem, sondern im Rucksack des jüngeren Bruders befunden habe, schilderte der Beschwerdeführer, dass er seinem Bruder, der im Schlauchboot gesessen sei, die Rucksäcke gegeben habe. In diesem Augenblick sei die Polizei an der türkisch-griechischen Seegrenze gekommen. Die Leute, die im Schlauchboot gesessen seien, seien gelieben. Die draußen gestanden seien, seien geflüchtet. Er sei auch geflüchtet. Die Polizei habe ihn nicht erwischt. Die Polizei sei von beiden Seiten gekommen. Auf Vorhalt, dass er ja ganz nah beim Schlauchboot gewesen sein müsste, wenn sein Bruder schon im Schlauchboot gesessen sei, erwiderte der Beschwerdeführer, dass die Polizisten, die vom Land gekommen seien, nur von einer Seite gekommen seien. So habe er entkommen können. Befragt, warum er dies nicht bereits bei der belangten Behörde erzählt habe, antwortete der Beschwerdeführer, er habe alles gesagt. Auf weiteren Vorhalt, dass er dies nicht erzählt habe, behauptete der Beschwerdeführer, er habe es erwähnt (vgl. S 18f der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 01.03.2018).

 

Abgesehen davon, dass die Geschichte rund um das Schlauchboot erst in der Beschwerdeverhandlung geschildert wurde und zudem unrealistisch anmutet, ist es nur schwer nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer seinen kleinen Bruder, den einzigen noch lebenden Familienangehörigen, einfach seinem Schicksal überlässt und selbst flüchtet.

 

In einer Gesamtschau betrachtet ist daher nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan einer Bedrohung ausgesetzt ist, jedenfalls nicht aufgrund der nicht glaubhaft gemachten Fluchtgründe rund um die angeblichen Grundstücksstreitigkeiten. Der Beschwerdeführer war im Verfahren nicht glaubhaft.

 

2.2.4. Hinsichtlich der vorgebrachten Verfolgung aufgrund der Religions- und Volkgruppenzugehörigkeit gilt es folgendes auszuführen:

 

In der Beschwerdeverhandlung gab der Beschwerdeführer zunächst an, dass er in seinem Dorf aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara nicht bedroht worden sei. Nochmals befragt, ob er in der Zeit, als er in seinem Heimatdorf gelebt habe, jemals von irgendjemanden aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit der Hazara bedroht worden sei, sagte er, nicht nur er, sondern alle Hazara in Afghanistan und Schiiten werden bedroht. Nach Wiederholung der Frage sagte der Beschwerdeführer, er sei nicht bedroht worden. In seinem Dorf hätten nur Hazara gelebt. In dieser Zeit sei er nicht bedroht worden. Die weitere Frage, ob er, als er in Kabul lebte, persönlich von jemanden aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit der Hazara bedroht worden sei, verneinte der Beschwerdeführer (vgl. S 11 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 01.03.2018).

 

Im Laufe der weiteren Beschwerdeverhandlung wurde der Beschwerdeführer gefragt, ob er von sich aus zu seinen Fluchtgründen noch etwas sagen möchte.

 

Der Beschwerdeführer gab an, dass in Afghanistan Hazara und die Schiiten unterdrückt und gefoltert werden. Er sei Hazara und Schiite (vgl. S 21 der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 01.03.2018). Der Beschwerdeführer konkretisierte diese Behauptung aber nicht. Diese Aussage macht daher deutlich, dass sein Vorbringen hinsichtlich einer Verfolgung aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder Religionszugehörigkeit lediglich allgemein gehalten ist und er nicht in der Lage ist, eine konkret gegen ihn gerichtete, asylrelevante Verfolgung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara oder zur Religionsgemeinschaft der schiitischen Moslems glaubhaft zu machen.

 

2.2.5. In der Stellungnahme vom 21.03.2018 machte der Beschwerdeführer geltend, dass er bei einer Rückkehr nach Afghanistan als "verwestlicht" angesehen werden würde und deshalb Probleme bekommen würde. Dazu ist auszuführen, dass sich aus der Berichtslage aber für Afghanen im Hinblick auf einen langjährigen Aufenthalt im Iran (und in Europa) und einer damit zusammenhängenden "Verwestlichung" allgemein keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretende Verfolgungsgefahr bzw. Diskriminierungsgefahr von asylrelevanter Intensität ableiten lässt noch wurden solche vom Beschwerdeführer selbst glaubhaft ausgeführt.

 

2.2.6. Aus einer Gesamtschau der oben angeführten Angaben des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren ergibt sich, dass eine Verfolgung des Beschwerdeführers aus asylrelevanten Gründen in seinem Herkunftsstaat nicht glaubhaft gemacht werden konnte und nicht maßgeblich wahrscheinlich ist.

 

Es konnte weder eine konkret gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete asylrelevante Verfolgung festgestellt werden, noch sind im Verfahren sonst Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine mögliche Verfolgung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat aus asylrelevanten Gründen bei einer Rückkehr für wahrscheinlich erscheinen lassen.

 

2.3. Zu den Feststellungen zu einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat:

 

Die Feststellungen zur Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Afghanistan ergeben sich aus den o.a. Länderfeststellungen unter Berücksichtigung des vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde, in seinen Stellungnahmen zur Gefährdungslage in Afghanistan diesbezüglich angeführten Länderberichtsmaterials in Zusammenschau mit den vom Beschwerdeführer glaubhaft dargelegten persönlichen Umständen.

 

Im Einklang mit seinen Stellungnahmen kommt der erkennende Richter unter Berücksichtigung der aktuellen Länderinformationen, wonach die Provinz Parwan zu den volatilen Provinzen zählt, zum Ergebnis, dass ihm eine Rückkehr in diese Provinz allein schon aufgrund der Sicherheitslage nicht möglich ist.

 

Es ist dem Beschwerdeführer hingegen möglich, in die Stadt Mazar-e Sharif als innerstaatliche Flucht- und Schutzalternative zurückzukehren. Mazar- e Sharif ist, wie aus den zitierten Länderfeststellungen zu entnehmen ist, für Zivilisten, wie es der Beschwerdeführer ist, weitgehend sicher, sodass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in diese Stadt mit keinen Eingriffen in seine körperliche Unversehrtheit zu rechnen hat. Sein Fluchtvorbringen wird, wie schon oben ausgeführt, als nicht glaubhaft erachtet, woraus sich ergibt, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nicht Gefahr laufen wird, aus einer individuellen Bedrohung ernsthaft Schaden zu nehmen. Eine Reise nach Mazar-e Sharif ist über den internationalen Flughafen sicher und legal möglich, die Kosten für die Anreise werden ihm im Rahmen der Rückkehrhilfe grundsätzlich ersetzt.

 

Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer in der Lage sein wird, in Mazar- e Sharif für seine grundlegendsten Bedürfnisse selbst aufzukommen, obwohl er keine familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte in dieser Stadt hat, ergeben sich aus seinen eigenen Angaben im gegenständlichen Asylverfahren unter Berücksichtigung der dieser Entscheidung zugrundeliegenden Länderinformationen. Laut den zitierten EASO Leitlinien vom Juni 2018 ist in der Stadt Mazar- e Sharif die Lebensmittelsicherheit gewährleistet und die darin unter Punkt 1.5.3.1. genannte Basisinfrastruktur steht dem Beschwerdeführer zur Verfügung. Dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Mazar-e Sharif nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde, ergibt sich insbesondere auch aus den dieser Entscheidung zugrunde liegenden Länderfeststellungen, wonach jedenfalls zweifelsfrei feststeht, dass derzeit, trotz der Dürre im Umland, keine exzeptionellen Umstände in dieser Stadt gegeben sind, die annehmen lassen würden, dass der Beschwerdeführer dort keine Lebensgrundlage vorfindet, und von ihm die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können.

 

Aufgrund seiner schulischen und beruflichen Kenntnisse sind die Lebensgrundlage und die Existenz des Beschwerdeführers im Falle seiner Rückkehr bei Inanspruchnahme der angebotenen Rückkehrhilfe auch ohne soziales Netz und finanzielle Unterstützung durch seine Familie mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausreichend gesichert.

 

Die diesbezüglichen Feststellungen decken sich auch mit den diesem Verfahren zugrundliegenden UNHCR Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018, wonach UNHCR der Auffassung ist, dass eine vorgeschlagene interne Schutzalternative nur dann zumutbar ist, wenn die Person Zugang zu (i) Unterkunft, (ii) grundlegender Versorgung wie sanitäre Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und Bildung und (iii) Lebensgrundlagen hat oder über erwiesene und nachhaltige Unterstützung verfügt, die einen angemessenen Lebensstandard ermöglicht. UNHCR ist zwar der Auffassung, dass eine interne Schutzalternative nur dann als zumutbar angesehen werden kann, wenn die Person im voraussichtlichen Neuansiedlungsgebiet Zugang zu einem Unterstützungsnetzwerk durch Mitglieder ihrer (erweiterten) Familie oder durch Mitglieder ihrer größeren ethnischen Gemeinschaft hat und man sich vergewissert hat, dass diese willens und in der Lage sind, den Antragsteller tatsächlich zu unterstützen. Die einzige Ausnahme von diesem Erfordernis der externen Unterstützung stellen nach Auffassung von UNHCR alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im erwerbsfähigen Alter ohne besonderen Gefährdungsfaktoren, wie es der Beschwerdeführer ist, dar. Diese Personen können unter bestimmten Umständen ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in städtischen und halbstädtischen Gebieten leben, die die notwendige Infrastruktur sowie Lebensgrundlagen zur Sicherung der Grundversorgung bieten und die unter der tatsächlichen Kontrolle des Staates stehen (vgl. S 134f der UNHCR Richtlinie vom 30.08.2019 in der deutschen Übersetzung).

 

Im gegenständlichen Verfahren nahm das Bundesverwaltungsgericht eine individuelle Einzelfallprüfung vor, wie sie sowohl von EASO als auch von UNHCR für die Annahme einer innerstaatlichen Flucht- und Schutzalternative gefordert wird. Das erkennende Gericht kommt zu dem Schluss, dass entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers, in seinem Fall eine Rückkehr nach Afghanistan möglich und zumutbar ist.

 

Der Beschwerdeführer ist nach seinen eigenen glaubhaften Angaben in der Beschwerdeverhandlung gesund. Ausgehend von diesen Ermittlungsergebnissen wird keine Feststellung getroffen, dass der Beschwerdeführer auch im Falle seiner Rückkehr aufgrund seines Gesundheitszustandes in einen unmittelbaren lebensbedrohlichen Zustand geraten wird bzw. dass keine Gründe gesundheitlicher Natur einer Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Heimatstaat entgegenstehen.

 

2.4. Zu den Feststellungen zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

 

Betreffend das Privatleben und insbesondere die Integration des Beschwerdeführers in Österreich wurden dessen Angaben in der mündlichen Beschwerdeverhandlung (vgl. S 11ff der Niederschrift der Beschwerdeverhandlung vom 01.03.2018) sowie die vom Beschwerdeführer im Laufe des Verfahrens vorgelegten Unterlagen den Feststellungen zugrunde gelegt.

 

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem eingeholten Strafregisterauszug.

 

2.5. Zu den Länderfeststellungen zur allgemeinen Lage in Afghanistan:

 

Die Feststellungen zur im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das BVwG kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln.

 

Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem BVwG von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

 

Die Parteien des Verfahrens haben alle genannten Länderinformationen mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme vom erkennenden Gericht übermittelt bekommen und haben von diesem Recht auch teilweise Gebrauch gemacht.

 

Die vom Beschwerdeführer in seinen Stellungnahmen zitierten Länderinformationen finden Großteils Deckung in dem von der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erstellten Länderinformationen zu Afghanistan. Insoweit es hier Abweichungen zu den dieser Entscheidung zugrunde gelegten Länderinformationen gibt, wird dem entgegengehalten, dass diese Länderinformationen der Staatendokumentation auf dem aktuellen Stand sind, und alle, für das gegenständliche Verfahren wesentlichen Aspekte berücksichtigen.

 

Insoweit in der Beschwerde sowie in der Stellungnahme vom 08.05.2019 auf die schlechte Sicherheitslage in Kabul Bezug genommen wird, ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer, folgend der Empfehlung der UNHCR Richtlinie vom 30.08.2018, auf eine innerstaatliche Fluchtalternative nach Mazar-e Sharif, nicht jedoch nach Kabul verwiesen wird.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A)

 

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

 

3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Artikel 9 der Statusrichtlinie verweist).

 

Flüchtling im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet.

 

Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 24.02.2015, Ra 2014/18/0063); auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/18/0112 mwN). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

 

Die Voraussetzung der "wohlbegründeten Furcht" vor Verfolgung wird in der Regel aber nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. VwGH 17.03.2009, 2007/19/0459). Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. u.a. VwGH 20.06.2007, 2006/19/0265 mwN).

 

Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Flüchtlingskonvention. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. hiezu VwGH 21.01.1999, 98/18/0394; 19.10.2000, 98/20/0233 mwH). Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation kann nach ständiger Judikatur nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden (vgl. VwGH 17.06.1993, 92/01/1081; 14.03.1995, 94/20/0798).

 

3.1.2. Wie oben ausgeführt ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, eine begründete Furcht vor Verfolgung darzutun.

 

Da sich weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch aus internationalen Länderberichten hinreichende Anhaltspunkte für eine Verfolgung des Beschwerdeführers ergeben haben, ist kein unter

Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention zu subsumierender Sachverhalt ableitbar.

 

Darüber hinaus ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 AsylG 2005 auch dann abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offensteht (vgl. die untenstehenden Ausführungen zu § 8 Abs. 3 AsylG 2005).

 

3.1.3. Auch eine konkrete individuelle Verfolgung des Beschwerdeführers in Afghanistan aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Schiiten oder zur Volksgruppe der Hazara konnte nicht festgestellt werden.

 

In Ermangelung von dem Beschwerdeführer individuell drohenden Verfolgungshandlungen bleibt im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und vor dem Hintergrund der in der Beschwerde getroffenen Ausführungen zu prüfen, ob der Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Afghanistan auf Grund generalisierender Merkmale - konkret wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara oder als Angehöriger der Religionsgemeinschaft der Schiiten - unabhängig von individuellen Aspekten einer über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehenden "Gruppenverfolgung" ausgesetzt wäre.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist für das Vorliegen einer Gruppenverfolgung zwar nicht entscheidend, dass sich die Verfolgung gezielt gegen Angehörige nur einer bestimmten Gruppe und nicht auch gezielt gegen andere Gruppen richtet (VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048), jedoch ist für das Bundesverwaltungsgericht aus folgenden Gründen nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer als Angehöriger der Volksgruppe der Hazara im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, alleine wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe einer Verfolgung iSd GFK ausgesetzt zu sein:

 

Den oben zitierten Länderberichten ist u.a. zwar zu entnehmen, dass Schiiten - speziell jene, die der Volksgruppe der Hazara angehören - Diskriminierungen durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt sind. In einer Gesamtschau der vorliegenden Länderberichte erreicht diese Gefährdung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedoch nicht jenes Ausmaß, welches notwendig wäre, um eine spezifische Gruppenverfolgung der Volksgruppe der Hazara oder von Angehörigen der Religionsgemeinschaft der Schiiten in Afghanistan für gegeben zu erachten.

 

Auch der Verwaltungsgerichtshof nahm in den letzten Jahren keine Gruppenverfolgung für Angehörige der Volksgruppe der Hazara irgendwo in Afghanistan an, zum Unterschied zur Region Quetta Pakistan (VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048).

 

Aus diesen Gründen ist das Vorliegen einer Gruppenverfolgung im Hinblick auf die Volksgruppe der Hazara oder von Angehörigen der Religionsgemeinschaft der Schiiten in Afghanistan im Ergebnis zu verneinen.

 

3.1.4. Ebenso konnte keine Verfolgungsgefahr auf Grund der Lebenseinstellung oder eines Aufenthaltes in einem europäischen Land beim Beschwerdeführer festgestellt werden.

 

3.1.5. Auch wenn der Beschwerdeführer ein oder mehrere Risikoprofile der UNHCR-Richtlinien erfüllen würde, führt dies nicht per se zu einer asylrelevanten Verfolgung oder Bedrohung. Vielmehr erfordern die gegenständlichen UNHCR-Richtlinien eine sorgfältige Prüfung im Einzelfall. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass zu keinem Zeitpunkt eine konkrete auf Beschwerdeführer bezogene Verfolgung in Afghanistan festgestellt werden konnte.

 

Der Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wurde daher zu Recht abgewiesen.

 

3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

 

3.2.1. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Ausgehend von der ständigen Rechtsprechung des EuGH sind nach der Statusrichtlinie vom subsidiären Schutz nur Fälle realer Gefahr, einen auf ein Verhalten eines Akteurs iSd Art. 6 Statusrichtlinie zurückzuführenden ernsthaften Schaden iSd Art. 15 Statusrichtlinie zu erleiden (Art. 15 lit. a und b), sowie Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt (lit. c) umfasst. Nicht umfasst ist dagegen die reale Gefahr jeglicher etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführender Verletzung von Art. 3 EMRK. (vgl. VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/01606-12)

 

Unter Gefahr in diesem Sinne ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. VwGH 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre, und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Diese Gefährdung bzw. Bedrohung muss, wie schon ausgeführt, von einem Akteur im Sinne des Art. 6 der Statusrichtlinie ausgehen (vgl. VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/01606-12). Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Artikels 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH 31.03.2005, 2002/20/0582; 31.05.2005, 2005/20/0095).

 

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (vgl. VwGH 30.06.2005, 2002/20/0205, mwN). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Artikel 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (vgl. VwGH 17.09.2008, 2008/23/0588).

 

Die bloße Möglichkeit einer dem Artikel 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 18.10.2005, 2005/01/0461).

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 AsylG 2005 zu verbinden.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offensteht.

 

3.2.2. Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist gemäß § 11 Abs. 1 AsylG 2005 der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

 

Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (§ 11 Abs. 2 AsylG 2005).

 

§ 11 AsylG 2005 unterscheidet dabei nach seinem klaren Wortlaut zwei getrennte und selbständig zu prüfende Voraussetzungen der innerstaatlichen Fluchtalternative.

 

Zum einen ist zu klären, ob in dem als innerstaatliche Fluchtalternative ins Auge gefassten Gebiet Schutz vor asylrechtlich relevanter Verfolgung und vor Bedingungen, die nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Gewährung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würden, gegeben ist. Demgemäß verbietet sich die Annahme, der Schutz eines Asylwerbers sei innerstaatlich zumindest in einem Teilgebiet gewährleistet, jedenfalls dann, wenn in dieser Region Verhältnisse herrschen, die Art. 3 MRK widersprechen. Zum anderen setzt die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative voraus, dass dem Asylwerber der Aufenthalt in diesem Gebiet zugemutet werden kann.

 

Für den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, Afghanistan, gilt es an dieser Stelle auszuführen, dass nach Ansicht des EGMR die allgemeine Situation in Afghanistan nicht dergestalt ist, dass schon alleine die Rückkehr eines Antragstellers eine ernsthafte Bedrohung für die durch Artikel 3 EMRK geschützten Rechte bedeuten würde (vgl. EGMR Urteil Husseini v. Sweden vom 13.10.2011, Beschwerdenummer 10611/09, Ziffer 84 sowie das Erkenntnis des EGMR, wonach die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert ist, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Artikel 3 EMRK verstoße würde:

EGMR AGR/Niederlande, 12.01.2016, 13.442/08; VwGH 23.02.2016, 2015/01/0134). Trotz der weiterhin als instabil zu bezeichnenden allgemeinen Sicherheitslage ist damit eine Rückkehr nach Afghanistan nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

 

3.2.3. Die Zumutbarkeit des Aufenthaltes ist daher von der Frage der Schutzgewährung in diesem Gebiet zu trennen. Selbst wenn in dem betreffenden Gebiet also keine Verhältnisse herrschen, die Art. 3 MRK widersprechen (oder auf Grund derer andere Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz erfüllt wären), wäre eine innerstaatliche Fluchtalternative bei Unzumutbarkeit des Aufenthaltes in diesem Gebiet zu verneinen. (vgl. VwGH 23.1.2018, Ra 2018/18/001)

 

Im Sinne einer unionsrechtskonformen Auslegung ist das Kriterium der "Zumutbarkeit" nach § 11 Abs. 1 AsylG 2005 gleichbedeutend mit dem Erfordernis nach Art. 8 Abs. 1 Statusrichtlinie, dass vom Asylwerber vernünftigerweise erwartet werden kann, sich im betreffenden Gebiet seines Herkunftslandes niederzulassen.

 

Dabei ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände des Asylwerbers zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (§ 11 Abs. 2 AsylG 2005; vgl. auch die im Wesentlichen gleichlautenden Vorgaben des Art. 8 Abs. 2 Statusrichtlinie).

 

Der Verwaltungsgerichtshof führt in seiner jüngsten Rechtsprechung hierzu aus, dass im Einzelfall mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden muss, dass der Asylwerber in diesem Gebiet Schutz vor asylrechtlich relevanter Verfolgung und vor Bedingungen, die nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Gewährung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würden, findet. Sind diese Voraussetzungen zu bejahen, so wird dem Asylwerber unter dem Aspekt der Sicherheit regelmäßig auch die Inanspruchnahme der innerstaatlichen Fluchtalternative zuzumuten sein (vgl. VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).

 

Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung ausgeführt, dass eine schwierige Lebenssituation (bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht), die ein Asylwerber bei Rückführung in das als innerstaatliche Fluchtalternative geprüfte Gebiet vorfinden würde, für sich betrachtet nicht ausreicht, um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen (vgl. VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001).

 

Mit Bezug auf die Verhältnisse in Afghanistan führte der VwGH aus, dass es zutreffen könne, dass ein alleinstehender Rückkehrer ohne familiären Rückhalt und ohne finanzielle Unterstützung in der afghanischen Hauptstadt Kabul (anfangs) mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert sei. Soweit es sich aber um einen jungen und gesunden Mann, der über Schulbildung und Berufserfahrung verfüge, handle, sei - auf der Grundlage der allgemeinen Länderfeststellungen zur Lage im Herkunftsstaat - nicht zu erkennen, dass eine Neuansiedlung in Kabul nicht zugemutet werden könne. Dies stehe auch im Einklang mit der Einschätzung der UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016 (in diesem Punkt gleichlautend auch die aktuellen UNCHR Richtlinien vom 30.08.2018), denen zufolge es alleinstehenden, leistungsfähigen Männern im berufsfähigen Alter ohne spezifische Vulnerabilität möglich sei, auch ohne Unterstützung durch die Familie in urbaner Umgebung zu leben (vgl. VwGH 08.08.2017, Ra 2017/19/0118).

 

Im Ergebnis bestätigte auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12.12.2017, Zl. E 2068/2017, mit dem die Beschwerde eines afghanischen Staatsangehörigen abgewiesen wurde, der nicht in Afghanistan geboren wurde, nie dort gelebt hat und auch über keine Angehörigen in Afghanistan verfügt, die jüngere Rechtsprechung des VwGH (vgl. etwa VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095), wonach mit dem alleinigen Hinweis auf die schwierige Lebenssituation bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht keine reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und damit keine Verletzung von Artikel 3 EMRK dargetan wird.

 

3.2.4. Es bedarf somit, wie zuvor ausgeführt, im Rahmen einer Einzelfallprüfung einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat.

 

Im Fall des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Feststellungen zu seiner persönlichen Situation vor dem Hintergrund der spezifischen Länderfeststellungen keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Hindernisses bei der Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat Afghanistan.

 

Nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist - wie oben bereits dargestellt - davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer weder aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Asylgründe sein Land verlassen hat, noch, dass er im Falle seiner Rückkehr einer realen Gefahr im Sinne von Artikel 2 oder Artikel 3 EMRK ausgesetzt wäre, die eine Zuerkennung subsidiären Schutzes notwendig machen würde. Denn auch unabhängig vom individuellen Vorbringen des Beschwerdeführers sind keine außergewöhnlichen, exzeptionellen Umstände hervorgekommen, die ihm im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan drohen könnten und die ein Abschiebungshindernis im Sinne von Artikel 3 EMRK iVm § 8 AsylG 2005 darstellen könnten, wie etwa eine dramatische Versorgungslage (z.B. Hungersnöte), eine massive Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar der Verlust des Lebens (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v. United Kingdom und Henao v. The Netherlands, Unzulässigkeitsentscheidung vom 24.06.2003, Beschwerde Nr. 133699/03).

 

Wie festgestellt kann nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Überstellung in seine Herkunftsprovinz Parwan aufgrund der volatilen Sicherheitslage in dieser Provinz ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde.

 

Der Beschwerdeführer kann aber aufgrund der allgemeinen Gegebenheiten und seiner persönlichen Umstände festgestellter Maßen auch auf eine andere Region des Landes - nämlich in die Stadt Mazare Sharif - verwiesen werden.

 

Mazar- e Sharif wird sowohl von UNHCR als auch von EASO als hinreichend sicher bezeichnet, sodass kein Zivilist, wie es der Beschwerdeführer ist, reelle Gefahr läuft, dort Opfer von Gewalthandlungen zu werden. Das heißt, dass Mazar- e Sharif für Normalbürger, die nicht mit Ausländern bzw. Sicherheitskräften zusammenarbeiten, ausreichend sicher und über den Flughafen gut erreichbar ist. Auch der Zugang zu Unterkunft und grundlegender Versorgung sowie zu Erwerbsmöglichkeiten ist jeweils in ausreichendem Umfang gewährleistet.

 

Der Beschwerdeführer ist im erwerbsfähigen Alter, ist gesund und hat fünf Jahre lang die Schule in Afghanistan besucht. Er verfügt über erste Berufserfahrung als Teppichknüpfer in Afghanistan und als Bauarbeiter im Iran. Er spricht Dari, ist mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut und hat die Möglichkeit, sich allenfalls durch Gelegenheitstätigkeiten eine Existenzgrundlage zu sichern. Er hat in Mazar- e Sharif zwar keine Familienangehörigen, gehört aber keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung. Der Beschwerdeführer kann zudem allenfalls Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen, wodurch er Unterstützung für die Existenzgründung bei einer Rückkehr erlangen kann. Dafür, dass der Beschwerdeführer in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (z.B. Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre, gibt es keine hinreichenden Hinweise auf Basis der offiziellen Länderinformationen. Insgesamt bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre.

 

Für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan reicht es auch nicht aus, sich bloß auf eine allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan zu berufen, sondern es müssen vom Betroffenen auch individuelle Umstände glaubhaft gemacht werden, die im Fall der Rückkehr nach Afghanistan eine reale Gefahr der Verletzung des Artikels 3 EMRK für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen. Solche Umstände konnte der Beschwerdeführer im Verfahren jedoch nicht glaubhaft machen.

 

3.2.5. Die Prüfung der maßgeblichen Kriterien führt daher im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass für den Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar- e Sharif besteht und ihm diese auch zumutbar ist, zumal sich aus den Länderfeststellungen ergibt, dass der Beschwerdeführer in einer dieser Städte nach eventuell anfänglichen Schwierigkeiten Fuß fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten führen kann, wie es auch andere Landsleute führen können (vgl. VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001, mwN).

 

Der Beschwerdeführer konnte auch, wie zuvor ausgeführt, im gesamten Verfahren keine individuellen Umstände glaubhaft machen, die im Fall der Rückkehr nach Afghanistan eine reale Gefahr der Verletzung des Artikels 3 EMRK für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen. Die Rückverbringung des Beschwerdeführers nach Afghanistan steht daher nicht im Widerspruch zu § 8 Abs. 1 AsylG 2005, weshalb dem Beschwerdeführer nach den genannten Bestimmungen der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zuzuerkennen ist.

 

3.3. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. und VI. des angefochtenen Bescheides:

 

3.3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

 

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird (§ 58 Abs. 2 AsylG 2005).

 

Gemäß § 46 Abs. 1 FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

 

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

 

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

 

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

 

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

 

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

 

Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

Gemäß § 55 Abs. 3 FPG kann die Frist bei Überwiegen besonderer Umstände für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben.

 

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

 

"Schutz des Privat- und Familienlebens

 

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

 

Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, welche insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitenden Prostitutionshandel zu erteilen ist, und der BF auch nicht Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 FPG wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 FPG substantiiert behauptet noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.

 

Gemäß Artikel 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Artikel 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne von Artikel 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

 

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

 

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

 

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

 

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner langjährigen Rechtsprechung zu Ausweisungen Fremder wiederholt ausgesprochen, dass die EMRK Fremden nicht das Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Land garantiert und die Konventionsstaaten im Allgemeinen nicht verpflichtet sind, die Wahl des Aufenthaltslandes durch Einwanderer zu respektieren und auf ihrem Territorium die Familienzusammenführung zu gestatten. Dennoch könne in einem Fall, der sowohl die Achtung des Familienlebens, als auch Fragen der Einwanderung betrifft, der Umfang der staatlichen Verpflichtung, Familienangehörigen von im Staat ansässigen Personen Aufenthalt zu gewähren, - je nach der Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse - variieren (vgl. z.B. EGMR 05.09.2000, 44328/98, Solomon v. Niederlande; 09.10.2003, 48321/99, Slivenko v. Lettland; 22.04.2004, 42703/98, Radovanovic v. Österreich;

31.01.2006, 50435/99, da Silva und Hoogkamer v. Niederlande;

31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie ua v. Norwegen).

 

Bei Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen ist auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal etwa das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist. Dem öffentlichen Interesse, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern, kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216; zum hohen Stellenwert der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften siehe etwa: VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; VwGH 16.01.2007, 2006/18/0453; vgl. auch EGMR 08.04.2008, Fall Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen).

 

3.3.2. Gegenständlich haben sich keine Anhaltspunkte für ein Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich ergeben und wurden auch nicht vorgebracht.

 

3.3.3. Auch betreffend das Privatleben in Österreich ist aufgrund der gemäß Artikel 8 Abs. 2 EMRK gebotenen Abwägung nicht zu erkennen, dass eine aufenthaltsbeendende Maßnahme einen unzulässigen Eingriff in die Rechte des Beschwerdeführers darstellen würde:

 

Der Beschwerdeführer gelangte unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet, stellte am 29.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz und verfügte nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens.

 

Er war sich von Anfang an seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst.

 

Auch übersteigt die Dauer dieses Asylverfahrens noch nicht das Maß dessen, was für ein rechtsstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtsschutzmöglichkeiten entsprechendes Asylverfahren angemessen ist.

 

Es liegt somit jedenfalls kein Fall vor, in dem die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der einreise- und fremdenrechtlichen Vorschriften sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angesichts der langen Verfahrensdauer oder der langjährigen Duldung des Aufenthaltes im Inland nicht mehr hinreichendes Gewicht haben, die Rückkehrentscheidung als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" erscheinen zu lassen (vgl. VfSlg 18.499/2008, 19.752/2013).

 

Der Beschwerdeführer hat während seines dreieinhalbjährigen Aufenthaltes in Österreich diverse Deutschkurse besucht, allerdings keine Prüfungen absolviert. Er weist aber gute Deutschkenntnisse auf. Der Beschwerdeführer besucht ein Abendgymnasium. In seiner Freizeit geht er wöchentlich in ein Sprachkaffee. Der Beschwerdeführer hat österreichische Freunde und Bekannte, die er bereits zu Hause besucht hat.

 

Es wird in diesem Zusammenhang nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Bemühungen erste Integrationsschritte gesetzt hat. Der von ihm erreichte Integrationsgrad ist aber keinesfalls in einem derartigen Umfang gegeben, um vorliegend von entscheidungserheblicher Relevanz zu sein und den Anforderungen an ein schützenswertes Privatleben zu genügen.

 

Entgegen seiner Behauptung in der Stellungnahme vom 08.05.2019 ist der Beschwerdeführer nicht selbsterhaltungsfähig. Er bezieht - wie sich aus dem aktuellen GVS-Auszug vom 29.05.2019 ergibt - nach wie vor Leistungen aus der Grundversorgung und ist nicht erwerbstätig.

 

Vor dem Hintergrund der Aufenthaltsdauer von dreieinhalb Jahren im Bundesgebiet kann auch unter Berücksichtigung des vom Beschwerdeführer vorgelegten Empfehlungs- und Unterstützungsschreiben von einer verfestigten und gelungenen Eingliederung des Beschwerdeführers in die österreichische Gesellschaft nicht ausgegangen werden.

 

Hingegen hat der Beschwerdeführer den Großteil seines bisherigen Lebens in Afghanistan verbracht, ist dort aufgewachsen und hat dort seine Sozialisation erfahren. Auch wenn der Beschwerdeführer keine Verwandten in Afghanistan hat, ist jedenfalls nicht erkennbar, dass sich der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr bei der Wiedereingliederung in die dortige Gesellschaft unüberwindbaren Hürden gegenübersehen würde. Daher ist im Vergleich von einer deutlich stärkeren Bindung des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat Afghanistan auszugehen.

 

Dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (z.B. VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 19.04.2012, 2011/18/0253).

 

3.3.4. Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

 

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Artikel 8 EMRK dar. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 kommt daher ebenfalls nicht in Betracht.

 

Aus den tragenden Gründen des vorliegenden Erkenntnisses betreffend die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberichtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten ergibt sich ferner, dass gegenständlich auch keine Gründe für eine Unzulässigkeit der Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 50 Abs. 1 und 2 FPG vorliegen. Einer Abschiebung nach Afghanistan steht auch keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegen (§ 50 Abs. 3 FPG).

 

Die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan ist daher zulässig.

 

3.3.5. Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

 

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

Da derartige besondere Umstände vom Beschwerdeführers nicht behauptet und auch im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen sind, ist die Frist zu Recht mit 2 Wochen festgelegt worden.

 

Die Beschwerde ist sohin auch hinsichtlich der Spruchpunkte III. und VI. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen und war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, aber auch des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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