AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:W233.2152174.3.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Andreas FELLNER über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Georgien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.12.2020, Zl. 1134236403 - 201171531, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 22.11.2020 seinen zweiten Antrag (Folgeantrag) auf internationalen Schutz. Zu diesem wurde er am 23.11.2020 unter Angabe seiner Personendaten und seinen wesentlichen Verfolgungsgründen polizeilich erstbefragt.
Am 10.12.2020 fand eine Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) statt, in welcher der Beschwerdeführer zu den Gründen für seine erneute Antragstellung näher befragt wurde.
Mit Bescheid vom 10.12.2020 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück.
Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid vollinhaltlich über seinen zur Vertretung im Beschwerdeverfahren bevollmächtigten Rechtsberater Beschwerde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte diese samt Verfahrensakt dem Bundesverwaltungsgericht am 29.12.2020 vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Georgien und Angehörige der Ethnie der Armenier. Der Beschwerdeführer verfügt über einen nationalen polnischen Aufenthaltstitel zum Zwecke der Beschäftigung gültig bis zum 14.10.2022.
1.2. Der Beschwerdeführer nimmt das Medikament „Subutex“ ein. Darüber hinaus sind keine Hinweise auf eine schwerwiegende oder lebensbedrohliche Erkrankung im Verfahren hervorgekommen.
1.3. Der Beschwerdeführer ist im Bundesgebiet nicht gemeldet. Zuletzt war der Beschwerdeführer bis 22.08.2018 an der Adresse XXXX bzw. in der Folge vom 30.04.2019 bis 23.05.2019, vom 21.09.2020 bis 27.09.2020 und vom 21.11.2020 bis 11.12.2020 jeweils im Polizeianhaltezentrum in XXXX Wien, XXXX gemeldet.
1.4. Der Beschwerdeführer reiste erstmals im Jahr 2016 in das Bundesgebiet ein. Er stellte am 05.11.2016 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz und begründet diesen im Wesentlichen damit, dass er aufgrund seiner politischen Tätigkeit in Georgien bzw. seitdem XXXX nicht mehr an der Macht sei, Probleme habe. Näher dazu befragt gab er damals an, dass er einen Monat vor den Wahlen in Georgien grundlos eingesperrt worden wäre. Konkret würde er von XXXX , dem neuen ersten Mann der Regierungspartei und von den Polizeichefs verfolgt, weil er von der anderen Partei wäre (vgl. Niederschrift vom 03.03.2017, S. 7 ff). Über diesen Antrag hat das Bundesamt mit Bescheid vom 09.03.2017 negativ entschieden. In einem wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen, sowie festgestellt, dass die Abschiebung nach Georgien zulässig sei. Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt und es wurde keine Frist zur freiwilligen Ausreise festgesetzt. Die gegen den Bescheid vom 09.03.2017 erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.05.2017, L515 2152174-1/6E, als unbegründet abgewiesen.
1.5. Mit Urteil vom 13.04.2017 verurteilte das Landesgericht für Strafsachen XXXX den Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon sechs Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren wegen gewerbsmäßigen Diebstahls.
1.6. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 03.05.2019 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gegen ihn gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III). Gegen den Beschwerdeführer wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 1 FPG ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV). Gegen den genannten Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde an das BVwG erhoben. Mit Erkenntnis des BVwG vom 27.08.2019, L529 2152174-2/12E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die gegen dieses Erkenntnis des BVwG erhobene ao. Revision wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.03.2020, Ra 2019/21/0307-7, zurückgewiesen.
1.7. Am 22.11.2020 stellte der Beschwerdeführer im Stande der Schubhaft den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Diesen Antrag begründet er im Zuge seiner Befragung am 10.12.2020 vor dem Bundesamt im Wesentlichen damit, dass seine bereits in seinem ersten Asylverfahren vorgebrachten Fluchtgründe aufrecht seien bzw. sich vertieft hätten. Als er nach Georgien abgeschoben worden sei, hätten dies die Leute mitbekommen. XXXX und seine Bande würden dort auf ihn warten. Sein Problem wäre, dass er XXXX 5.000 US$ schulde, dieser aber seine Schulden auf US$ 50.000 erhöht hätte (vgl. Niederschrift vom 10.12.2020, S 4f).
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10.12.2020, Zl. 1009184007 – 190498442 hat das Bundesamt diesen gegenständlichen Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Zusammengefasst stellte das Bundesamt im Wesentlichen fest, dass der Beschwerdeführer keinen neuen Sachverhalt vorgebracht habe und sein Vorbringen keinen glaubhaften Kern aufweise.
1.8. Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Dezember 2020 lag folgende Situation in Georgien vor:
(Auszug aus dem vom Bundesamt ins Verfahren eingebrachten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Georgien, mit Stand vom 13.07.2020):
Politische Lage:
In Georgien finden regelmäßig kompetitive Wahlen statt. Nachdem der Demokratisierungsprozess in den Jahren 2012-13 an Dynamik gewonnen hatte, kam es in den letzten Jahren zu einer Stagnation der Fortschritte. Oligarchen haben übergroßen Einfluss auf Politik und politische Entscheidungen und die Rechtsstaatlichkeit wird nach wie vor durch politische Interessen behindert. Neue politische Parteien können in der Regel ohne Behinderungen gegründet werden und zu den Wahlen antreten. Allerdings war die politische Landschaft von der Dominanz abwechselnd einer Partei geprägt, was die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt hat (FH 10.3.2020).
Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wurde bis 2018 durch Direktwahl für maximal zwei Amtszeiten von je fünf Jahren gewählt. Aufgrund einer Verfassungsänderung wird der Präsident in Zukunft indirekt für sechs Jahre von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt werden. Der Präsident ernennt formal den Premierminister, der vom Parlament nominiert wird (FH 10.3.2020).
Die ehemalige Außenministerin Salome Zurabishvili wurde am 28.11.2018 zur Präsidentin des Landes gewählt. Offiziell als unabhängige Kandidatin, jedoch unterstützt von der Regierungspartei „Georgischer Traum“, setzte sie sich in der Stichwahl mit fast 60% gegen ihren Konkurrenten Grigol Vashadze durch, welcher insbesondere von der oppositionellen Vereinigten Nationalen Bewegung von Ex-Präsident Saakashvili unterstützt wurde (FAZ 29.11.2018; vgl. CW 29.11.2018). Die OSZE beurteilte den Wahlgang als kompetitiv und gut administriert. Hauptkritikpunkte waren allerdings die einseitige Verwendung staatlicher Verwaltungsressourcen sowie die Berichterstattung des öffentlichen Rundfunks zugunsten von Zurabishvili (OSCE/ODIHR 29.11.2018).
Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei „Georgischer Traum“ sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die „Vereinigte Nationale Bewegung“ (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die „Allianz der Patrioten Georgiens“ (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der „Georgische Traum“ 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016).
Die Änderungen zu einem reinen Verhältniswahlrecht wurden vom Parlament für die übernächsten, 2024 stattfindenden Wahlen beschlossen (KP 23.11.2019a; vgl. RFE/RL 28.11.2019). Demonstrationen im Juni 2019 führten unter anderem dazu, dass bereits bei der für Oktober 2020 angesetzten Wahl die Parlamentssitze nach dem Verhältniswahlrecht vergeben werden sollten (DW 24.6.2019; vgl. RFE/RL 5.8.2019). Die notwendige Drei-Viertel-Mehrheit zur Abänderung des Wahlgesetzes für die Wahl 2020 kam infolge des parlamentarischen Abstimmungsverhaltens der Regierungspartei „Georgischer Traum“ nicht zustande (KP 23.11.2019a; vgl. NZZ 20.11.2019).
Zu Beginn des Jahres 2020 kam es zu Verhandlungen zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien, wobei im März 2020 ein Kompromiss erzielt werden konnte. Bei den kommenden Wahlen im Oktober 2020 werden 120 Abgeordnete über proportionale Parteilisten und 30 Abgeordnete über das Mehrheitswahlsystem (Wahlkreise mit einem einzigen Mandat) gewählt werden. Die Wahlhürde für die Verhältniswahl wird auf 1% der Stimmen festgelegt. Es wird ein Begrenzungsmechanismus eingeführt, der vorsieht, dass keine einzelne Partei, die weniger als 40 % der abgegebenen Stimmen erhält, die Mehrheit der Sitze im Parlament erhalten darf (civil 8.3.2020; vgl. KP 11.4.2020).
Sicherheitslage:
Die Lage kann in den meisten Landesteilen als stabil bezeichnet werden. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen (EDA 23.3.2020; vgl. BMEIA 13.5.2020). Die Kriminalität ist gering (MSZ 25.5.2020; vgl. EDA 23.3.2020).
Die EU unterstützt durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die EU-Beobachtermission (EUMM) aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung. 2009 wurde der Incident Prevention and Response Mechanism (IPRM) geschaffen, der Risiko- und Sicherheitsfragen der Gemeinden in den abtrünnigen Regionen Abchasiens und Südossetiens erörtern soll (EC 30.1.2019).
Rechtsschutz/Justizwesen:
Georgien hat bei der Reform des Justizsektors bescheidene Fortschritte erzielt. Es gibt noch immer wichtige Herausforderungen, um die erzielten Fortschritte zu konsolidieren und die Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten. Die Zivilgesellschaft hat Bedenken hinsichtlich einer möglichen politischen Einmischung in die Justiz und den Medienpluralismus. Die wirksame Umsetzung der Rechtsvorschriften zu Menschenrechten und Antidiskriminierung stellt nach wie vor eine Herausforderung dar. Am 23.3.2018 schloss das georgische Parlament den Prozess der Verfassungsreform ab. Die überarbeitete Verfassung enthält neue Bestimmungen über die Gleichstellung der Geschlechter, Antidiskriminierung und Kinderrechte (EC 30.1.2019).
Die Stärkung eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der Regierung und wird fortgesetzt. NGOs begleiten den Reformprozess sehr aktiv und sehr kritisch mit. Ungeachtet der institutionellen Unabhängigkeit der Justiz ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz wenig ausgeprägt. Politisch motivierte Strafverfolgung war bis [zum Regierungswechsel] 2012 erkennbar und erfolgte in der Regel durch fingierte Vorwürfe von Korruption, Amtsmissbrauch oder Steuervergehen. Seit 2012 laufende Ermittlungen oder mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden von georgischen und ausländischen NGOs nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern beruhen auf rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen durch Amtsträger oder Parteifunktionäre der Vorgängerregierung. Die Tatsache, dass Gerichte hierbei nicht immer den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, zeigt eine wachsende Unabhängigkeit der Justiz und Grenzen für eine etwaige politische Zielsetzung der Verfahren. Nach dem Regierungswechsel 2012/13 erfolgte eine kontinuierliche Liberalisierung des Strafrechts. Eine feststellbare niedrigere Verurteilungsrate ist auf eine stärkere Emanzipierung der Richterschaft von den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, aber auch auf eine Stärkung der Rechte der Verteidigung im Strafprozess (AA 19.10.2019).
Trotz der laufenden Justizreformen bleiben die Einmischung der Exekutive und der Legislative in die Gerichte ein erhebliches Problem, ebenso wie die Korruption und der Mangel an Transparenz und Professionalität bei Gerichtsverfahren. Nach einem neuen verfassungsrechtlichen Rahmen, der nach den Präsidentschaftswahlen 2018 in Kraft trat, werden die Richter des Obersten Gerichtshofs nicht mehr vom Präsidenten, sondern vom Hohen Justizrat ernannt und vom Parlament gebilligt. Ein gerichtliches Selbstverwaltungsorgan wählt die Mehrheit der Mitglieder des Rates (FH 10.3.2020).
Sicherheitsbehörden:
Das Innenministerium und der Staatssicherheitsdienst (SSSG) tragen die Hauptverantwortung für die Durchsetzung der Gesetze und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Das Ministerium ist die primäre Organisation der Strafverfolgung und umfasst die nationale Polizei, die Grenzsicherheitsdienste und die georgische Küstenwache. Der SSSG ist der Inlandsnachrichtendienst, der für Spionageabwehr, Terrorismusbekämpfung und Korruptionsbekämpfung zuständig ist. Es gibt Anzeichen dafür, dass die zivilen Behörden zeitweise keine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte ausüben (USDOS 11.3.2020).
Seit dem Regierungswechsel im Oktober 2012 ist von Machtmissbrauch von Amtsträgern nicht mehr die Rede. Bis 2012 waren Exekutivorgane, z.B. Staatsanwaltschaft, Polizei oder Finanzbehörden, als Machtinstrument oder als Mittel zur rechtswidrigen Erlangung wirtschaftlicher Vorteile von Regierungsangehörigen oder ihnen nahestehenden Personen missbraucht worden. Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Polizisten sind allgemein nicht mehr zu verzeichnen. In ihrer Rolle als Hüter des Gesetzes werden sie öffentlich als zurückhaltend, aber auch als untätig wahrgenommen. Die Geheim- und Nachrichtendienste treten nicht als Repressionsinstrumente auf. NGOs fordern jedoch eine organisatorische Trennung der Sicherheitsdienste vom Innenministerium (AA 19.10.2019).
Die Wirksamkeit der staatlichen Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch durch Strafverfolgungsbehörden und Sicherheitskräfte ist begrenzt (USDOS 11.3.2020) und Straffreiheit bei Misshandlungsfällen bleibt ein anhaltendes Problem (HRW 14.1.2020; vgl. USDOS 11.3.2020).
Das 2018 geschaffene Büro der staatlichen Inspektoren (State Inspector‘s Office) nahm seine Arbeit am 1.11.2019 auf (HRW 14.1.2020). Neben der Beobachtung etwa der gesetzeskonformen Verarbeitung von personenbezogenen Daten ist eine weitere Hauptaufgabe des State Inspector‘s Service die unparteiische und wirksame Untersuchung schwerer Verbrechen (inklusive Folter), die von Vertretern der Strafverfolgungsbehörden gegen die Menschenrechte und Freiheiten verübt werden, sowie Untersuchung von Straftaten, die unter Anwendung von Gewalt oder unter Verletzung der persönlichen Würde eines Opfers begangen wurden (SIS 22.8.2019; vgl. HRW 14.1.2020).
Folter und unmenschliche Behandlung:
Während die Verfassung und das Gesetz Folter verbietet, gibt es Berichte, dass sie von Regierungsbeamten angewandt wird (USDOS 11.3.2020). Umfangreicher Personalaustausch, insbesondere in den Behördenleitungen, die juristische Aufarbeitung (Strafverfahren gegen Verantwortliche) sowie durchgreifende Reformen bei Polizei und im Strafvollzug haben Vorfälle von Gewaltanwendung auf Einzelfälle reduziert, ein systemischer Charakter ist nicht mehr feststellbar. Ombudsperson und zivilgesellschaftliche Organisationen sprechen bekannt werdende Vorfälle von Gewaltanwendung und gegebenenfalls unzureichend betriebene Ermittlungen öffentlich an (AA 19.10.2019).
Beim Besuch des Europäischen Anti-Folterkomitees des Europaratals (CPT) im September 2018 wurden seitens Personen, die sich in Polizeigewahrsam befanden oder zuvor befunden hatten kaum Anschuldigungen wegen Misshandlung durch Polizeibeamte erhoben. Keinerlei diesbezügliche Anschuldigungen gab es gegenüber dem Personal in temporären Haftinstitutionen (CoE-CPT 10.5.2019). Das Büro der Ombudsperson erhielt im Zeitraum Jänner bis September 2019 54 Beschwerden über Misshandlungen durch Gefängnispersonal oder die Polizei und ersuchte hierbei die Staatsanwaltschaft, in 52 Fällen Untersuchungen einzuleiten. Keine der Untersuchungen führte zu einer Strafverfolgung (HRW 14.1.2020).
Was Misshandlung betrifft, gab es den Aktionsplan zur Bekämpfung von Folter, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe für den Zeitraum 2017-2018. Fälle von Misshandlungen im Strafvollzug haben sich im Gegensatz zu Fällen von Misshandlungen durch Polizeibeamte verringert (EC 30.1.2019).
In ihrem Jahresbericht 2019 an das Parlament berichtet die Ombudsfrau von Fällen von Misshandlungen auf Polizeistationen und in Haftanstalten. Verbesserungen zum Schutz der Häftlinge vor Misshandlung blieben eine wichtige Aufgabe der georgischen Regierung. Die öffentlich erhobenen Forderungen nach unabhängiger Untersuchung mündeten in der Einrichtung einer unabhängigen Stelle (Service of State Inspector; vgl. Abschnitt 4. Sicherheitsbehörden), die auch die Aufgaben des bestehenden Datenschutzbeauftragten umfasst. Es stößt jedoch auf deutliche Kritik, dass dieses Amt nicht mit einem eigenen Budget und staatsanwaltlichen Befugnissen ausgestattet ist (AA 19.10.2020).
Korruption:
In Bezug auf die Prävention und Bekämpfung von Korruption hat Georgien seine Antikorruptionsstrategie und den mit den Verpflichtungen der EU-Assoziationsagenda im Einklang stehenden Aktionsplan weiter umgesetzt. Allerdings bestehen nach wie vor einige Bedenken hinsichtlich Korruption auf hoher Ebene (EC 30.1.2019; vgl. SWP 5.2020).
Während das Land bei der Bekämpfung der kleinen Korruption erhebliche Fortschritte gemacht hat, bleibt die Korruption innerhalb der Regierung ein Problem (FH 10.3.2020; vgl. USDOS 11.3.2020, SWP 5.2020). In einigen Fällen hat sie bei der staatlichen Postenbesetzung angeblich die Form von Vettern- und Günstlingswirtschaft angenommen. Die wirksame Anwendung von Antikorruptionsgesetzen und -vorschriften wird durch die mangelnde Unabhängigkeit sowohl der Strafverfolgungsbehörden als auch der Justiz beeinträchtigt (FH 10.3.2020; vgl. SWP 5.2020). Erfolgreiche Klagen gegen hochrangige Beamte, die mit der Führung der Regierungspartei „Georgischer Traum“ in gutem Einvernehmen stehen, sind selten (FH 10.3.2020).
Im „Corruption Perceptions Index 2019“ von Transparency International erreichte Georgien 56 von 100 [bester Wert] Punkten und lag damit auf Rang 44 von 180 Ländern (TI 31.1.2020). (2018: 58 Punkte und Rang 41 von 180 Ländern) (TI 29.1.2019). Das Land steht vor einem Rückfall in der Demokratieentwicklung, was es anfällig für Korruption auf hoher Ebene macht. Dieser Rückwärtstrend ist unter anderem auf die mangelnde Rechenschaftspflicht bei der Strafverfolgung, Korruption und politische Einmischung in die Justiz und von der Regierung unterstützte Angriffe auf die unabhängige Zivilgesellschaft zurückzuführen. Trotz der dringenden Notwendigkeit, Fälle von Korruption und Fehlverhalten in der Regierung zu untersuchen, hat Georgien es versäumt, unabhängige Stellen einzurichten, die dieses Mandat übernehmen. Straflosigkeit trägt zum öffentlichen Misstrauen bei. Laut einer 2018 von Transparency International Georgia durchgeführten Umfrage glauben 36% der Bürger, dass Beamte ihre Macht zum persönlichen Vorteil missbrauchen. Das ist ein Anstieg des Wertes verglichen mit nur 12% im Jahr 2013 (TI 5.2019).
Allgemeine Menschenrechtslage:
Artikel 7 der georgischen Verfassung verpflichtet den Staat zu Anerkennung und Schutz der universellen Menschenrechte; sie sind direkt anwendbares Recht für Staat und Bürger. Einzelne Menschenrechte sind explizit in eigenen Verfassungsartikeln aufgeführt. Mit dem Büro des Public Defenders (Ombudsperson), aber auch dem Menschenrechtsausschuss des Parlaments bestehen weithin Institutionen und Beschwerdeeinrichtungen. Auch Staatsanwaltschaft und Gerichte, die in Georgien an Unabhängigkeit und Vertrauen in der Bevölkerung gewonnen haben, werden zunehmend zur Wahrung individueller Rechte in Anspruch genommen. Darüber hinaus können lokale und internationale Menschenrechtsorganisationen ohne jede staatliche Behinderung ermitteln und öffentlichkeitswirksam Ergebnisse präsentieren und Kritik äußern. Menschenrechte und die Rechte von Minderheiten werden vom georgischen Staat weitgehend geachtet und gestärkt. Gesellschaftlich sind diese Rechte aber noch nicht weit genug akzeptiert, sodass Minderheiten und Andersdenkende in der Gesellschaft mit faktischer Benachteiligung rechnen müssen. Vereinzelt kommt es auch zu gewalttätigen Handlungen. Erhebliche Fortschritte gab es insbesondere im Justizwesen und im Strafvollzug, wo eine menschenrechtswidrige Behandlung in aller Regel nicht mehr festgestellt werden kann (AA 19.10.2019).
Im Jahr 2019 wurde das Anti-Diskriminierungsgesetz und der Arbeitnehmerschutz verbessert. Sexuelle Belästigung wurde als Vergehen in relevante Gesetze aufgenommen. Die Justiz erfüllt 2018 nicht die Anforderungen an Unabhängigkeit und Unparteilichkeit. Verfahrensrechte für Opfer haben sich nicht verbessert (HRC 2020). Die Straffreiheit bei Missbrauch durch Strafverfolgungsbehörden bleibt ein anhaltendes Problem (HRW 14.1.2020).
Minderheitengruppierungen haben Schwierigkeiten, die Grundrechte von Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit auszuüben. Es kommt dabei zur Anwendung übermäßiger Gewalt seitens der Strafverfolgungsbehörden (HRC 2020).
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition:
Es gibt weder formelle noch informelle Einschränkungen oder Eingriffe der Regierung in die Vereinigungs- oder Versammlungsfreiheit (BS 29.4.2020). Die politische Opposition kann ungehindert agieren und die bestehende Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit in Anspruch nehmen (AA 19.10.2019). Es gibt jedoch vereinzelt Berichte darüber, dass Regierungsvertreter und deren Unterstützer Angehörige der Opposition, Mitarbeiter der Zentral- und Kommunalverwaltung sowie Lehrer und Gewerkschaftsmitglieder durch Überwachungsmaßnahmen und angedrohte oder tatsächliche Entlassungen unter Druck gesetzt hätten (BAMF 11.2018).
Menschenrechtsorganisationen äußerten sich besorgt über die gesetzlichen Bestimmungen, darunter die Verpflichtung, dass politische Parteien und andere Organisationen den lokalen Behörden fünf Tage im Voraus mitteilen müssen, wenn sie sich in einem öffentlichen Bereich versammeln wollen, wodurch spontane Demonstrationen ausgeschlossen werden (USDOS 11.3.2020).
Bei Versammlungen wird versäumt, Maßnahmen zur Verhinderung von Konflikten zwischen Gruppen mit unterschiedlichen Ansichten zu ergreifen. Es gibt zahlreiche Fälle, in denen radikale Gruppen Mitglieder der LGBT+-Gemeinschaft und ihre Anhänger daran hinderten, ihre Versammlungs- und Meinungsfreiheit auszuüben. In diesen Fällen reagierte der Staat unterschiedlich auf die gewalttätigen Gruppen, die unter dem Deckmantel des Versammlungsrechts versuchten, die Rechte anderer grob und gewaltsam zu verletzen. Bei den Protesten im Juni 2019 wurde von der Polizei übermäßige Gewalt angewendet. Im Vorfeld hat die Polizei nicht in klarer und verständlicher Weise vor dem Einsatz von Spezialausrüstung gewarnt, und es wurde den Demonstranten keine angemessene Frist eingeräumt, um der Aufforderung zur Auflösung der Kundgebung nachzukommen (PD 2.4.2020).
Die Regierung hat die Gesetze, die die Vereinigungsfreiheit der Arbeitnehmer vorsehen und gewerkschaftsfeindliche Diskriminierung verbieten, nicht wirksam durchgesetzt. Die Verletzungen der Arbeitnehmerrechte bleiben bestehen. Es gibt keine wirksamen Strafen oder Rechtsbehelfe für willkürlich entlassene Mitarbeiter. Rechtsstreitigkeiten über Arbeitsrechte sind mit langen Verzögerungen verbunden (USDOS 11.3.2020).
Haftbedingungen:
In den Bereichen Strafvollzug und Bewährungssystem wurden wichtige Fortschritte erzielt, insbesondere in Bezug auf die Gesundheitsversorgung und die Menschenrechtssituation (EC 30.1.2019). Während die Bedingungen in den Gefängnissen und Haftanstalten insgesamt adäquat sind, sind in einigen alten Einrichtungen Belüftung, natürliches Licht, Platz und Gesundheitsversorgung nicht ausreichend (USDOS 11.3.2020).
Obwohl sie sich seit 2012 mehr als halbiert hat, ist die Häftlingszahl nach wie vor sehr hoch (EC 30.1.2019). Mit Stand März 2020 betrug sie 260 Häftlinge auf 100.000 Einwohner im Vergleich zu 257 im Jahr 2018 [Österreich: 95] (ICPR 3.2020). Die Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten für Gefangene sind in fast allen Einrichtungen begrenzt. Herausforderungen bestehen bei der Umsetzung des im Jänner 2017 eingeführten Systems des Hausarrests (EC 30.1.2019). Nach der Einführung des Hausarrests als Alternative zur Inhaftierung erwachsener Straftäter im Jahr 2017, eröffnete die Regierung im Januar 2018 ein Zentrum für vorzeitige Haftentlassung, das Häftlingen, die noch weniger als ein Jahr ihrer Haftstrafe zu verbüßen haben, den Freigang anbietet (USDOS 13.3.2018). Die Fusion des Ministeriums für Strafvollzug mit dem Justizministerium im August 2018 brachte neue Reformvorhaben mit dem Schwerpunkt Resozialisierung mit sich (EC 30.1.2019).
Die Ausstattung der medizinischen Abteilungen in den Strafvollzugseinrichtungen hat sich in den jüngsten Jahren verbessert. Dennoch bestehen Probleme hinsichtlich Funktion und technischer Verfügbarkeit der Geräte. Positiv zu vermerken ist, dass die medizinische Behandlung nicht nur innerhalb der Gefängnisse durch das dortige medizinische Personal erfolgt, sondern bei Bedarf Spezialisten in die Haftanstalt kommen oder auch eine Behandlung außerhalb der Gefängnisse ermöglicht wird. Lobenswert ist auch die Verfügbarkeit von Medikamenten (PD 19.10.2018). Dennoch führt die Ombudsperson einige bestehende Probleme in den Haftanstalten auf: unzureichende Aktivitäten zur Rehabilitation und Resozialisierung von Gefangenen und mangelnden Kontakt zur Außenwelt sowie Mängel in der medizinischen Versorgung, der Gesundheitsvorsorge und der psychischen Gesundheitsfürsorge (PD 2.4.2020).
Gewalt unter den Häftlingen, kriminelle Subkulturen und informelle Strukturen stellen anhaltende systemische Probleme (USDOS 11.3.2020; vgl. HRC 2020, PD 2.4.2020) und eine ernsthafte Gefahr der Misshandlung von Gefangenen dar und wird oft zu einen Grund für Gewalt und Einschüchterung (HRC 2020).
Religionsfreiheit:
83% der Bevölkerung sind orthodox, 11% Muslime und rund 3% Anhänger der Armenisch- Apostolischen Kirche. Es gibt einen starken Zusammenhang zwischen Ethnie, Religion und Heimatregion. Die meisten Georgier gehören der Georgisch-Orthodoxen Kirche an, einige – hauptsächlich ethnische Russen – gehören zu anderen orthodoxen Gruppen. Ethnische Aseris – meist schiitische Muslime – bilden eine Bevölkerungsmehrheit in der südöstlichen Region Kvemo Kartli. Weitere Muslime sind die ethnisch georgischen Muslime in Adscharien und die tschetschenischen Kisten im Nordosten. Ethnische Armenier gehören meist zur armenisch-apostolischen Kirche und bilden eine Mehrheit in der südlichen Region Samtskhe-Javakheti. Katholiken, kurdische Jesiden, Griechisch-Orthodoxe, Juden sowie nicht-traditionelle religiöse Gruppen wie Baptisten, Zeugen Jehovahs, Pfingstbewegung, Hare Krishnas und Menschen ohne Bekenntnis machen 3% aus (USDOS 10.6.2020; vgl. CIA 10.6.2020). In den Hochlagen des Kaukasus haben sich heidnische und vorchristliche Rituale bis heute erhalten, wobei die Menschen Christentum und Heidentum parallel praktizieren (Independent 15.8.2015).
In Bezug auf die Religionsfreiheit sind die Wiederherstellung von historischem Eigentum, Verstöße im Bildungsbereich und ein ungleiches Umfeld seit Jahren ein Problem. Die Reaktion auf religiös motivierte Hassverbrechen hat sich seitens des Innenministeriums 2019 verbessert (PD 2.4.2020; vgl. HRC 2020).
Diskriminierung aufgrund des religiösen Bekenntnisses oder die Behinderung der Religionsausübung sind unter Strafe gestellt. Ein Religionsrat beim Büro der Ombudsperson mit Vertretern von 22 religiösen Organisationen fördert Austausch, Aktivitäten und Integration der verschiedenen Glaubensgemeinschaften. Die georgisch-orthodoxe Kirche besitzt eine privilegierte Stellung, aber auch andere religiöse Organisationen erhalten staatliche Förderung. Angehörige religiöser Minderheiten müssen jedoch mit Intoleranz und Nachteilen im gesellschaftlichen und beruflichen Leben rechnen, z.B. bei der Besetzung öffentlicher Ämter in verschieden Regionen (AA 19.10.2020).
Die Verfassung sieht völlige Religionsfreiheit, Trennung von Kirche und Staat und Gleichheit für alle ungeachtet der Religion vor. Sie verbietet Verfolgung aufgrund der Religion. Gesetze und Richtlinien gewähren der Georgisch-Orthodoxen Kirche (GOK) jedoch Privilegien, die keiner anderen religiösen Gruppe gewährt werden (USDOS 10.6.2020; vgl. FH 10.3.2020). Im Juli 2018 erklärte das Verfassungsgericht jedoch sowohl die Steuer- als auch die Vermögensvorteile der GOK für verfassungswidrig und verlangte eine Gesetzeskorrektur bis zum 31.12.2018 (USDOS 10.6.2020), ansonsten wären die betroffenen Gesetzesabschnitte als ungültig zu betrachten (civil.ge 4.7.2018). Das Parlament ergriff allerdings keine Maßnahmen, das Recht auf Gleichstellung religiöser Organisationen zu gewährleisten und ließ die Frist verstreichen. Die verfassungswidrigen Rechtsnormen wurden deshalb am 31.12.2018 für ungültig erklärt (TDI 19.5.2019; vgl. OC 22.5.2020).
NGOs berichten, dass sich die Ermittlungen zu Verbrechen, die durch religiösen Hass motiviert waren, verbessert haben und die entsprechenden Gesetze korrekt angewandt würden. Laut dem Büro der Ombudsperson wurden 2019 19 Fälle von Gewalt aufgrund religiöser Intoleranz gemeldet, dieselbe Zahl wie 2018. Einige NGOs und religiöse Minderheitengruppen berichten weiterhin über Widerstand nationaler und lokaler Behörden gegen den Bau von Gebäuden für religiöse Zwecke durch religiöse Minderheitengruppen. Es gibt Berichte über Vandalismus gegen Einrichtungen religiöser Minderheiten. Vertreter von Minderheitengruppen berichten über die weit verbreitete gesellschaftliche Überzeugung, dass religiöse Minderheitengruppen eine Bedrohung für die GOK und die kulturellen Werte des Landes darstellen. Die NGO Media Development Foundation (MDF) dokumentierte 2019 55 Fälle von religiös intoleranten Äußerungen in nationalen Medien, gegenüber 148 im Jahr zuvor (USDOS 10.6.2020). Religiöse Minderheiten - darunter Zeugen Jehovas, Baptisten, Pfingstler und Muslime - haben von Diskriminierung und Feindseligkeit, auch seitens georgisch-orthodoxer Priester und Anhänger berichtet, und dass sie vom Staat unzureichend geschützt werden (FH 10.3.2020).
Im Zusammenhang mit der Eindämmung der COVID-19-Pandemie ab März 2020 erhielt die Georgisch-Orthodoxe Kirchengemeinschaft Privilegien, die anderen Kirchen und Religionsgemeinschaften versagt blieben (KP 11.5.2020). Trotz Versammlungsverboten, die auch religiöse Veranstaltungen umfasste, wurden in georgisch-orthodoxen Kirchen weiterhin Zeremonien in beengten und überfüllten Verhältnissen gefeiert. Andere georgische Religionsgemeinschaften haben hingegen den Zutritt der Gläubigen zu den Gebetsstätten eingeschränkt und Zeremonien ohne Publikum durchgeführt (GIP 2.4.2020; vgl. OC 9.4.2020). Nach einer Einigung zwischen der orthodoxen Kirche und dem Staat wurde das Osterfest in den Kirchen unter Einhaltung eines Mindestabstands zwischen den Gläubigen, unter polizeilicher Überwachung, durchgeführt. Um die nächtliche Ausgangssperre nicht zu verletzen, mussten Gläubige vor 21 Uhr in der Kirche erscheinen und bis 6 Uhr Früh bleiben (Agenda 19.4.2020; vgl. Reuters 19.4.2020). Nach Angaben des Patriarchats wurden während der Liturgie alle Anweisungen des Gesundheitsministeriums befolgt. Es gibt jedoch Berichte, dass Gläubige in einzelnen Kirchen die Maßnahmen zur sozialen Distanzierung nicht eingehalten haben und dass manche Geistliche keinen Nasen-Mundschutz trugen (Jam 20.4.2020).
Ethnische Minderheiten:
Gemäß Schätzungen aus dem Jahr 2014 sind 86,8% der Bevölkerung ethnische Georgier, 6,3% Aseri, 4,5% Armenier und 2,3% gehören anderen ethnischen Gruppen an. 87,6% der Bevölkerung sprechen offiziell Georgisch, 6,2% Aserisch, 3,9% Armenisch 1,2% Russisch, und 1% spricht eine andere Sprache (CIA 10.6.2020).
In Bezug auf die Minderheiten wurden 2018 die georgische Gleichstellungs- und Integrationsstrategie und die jährlichen Aktionspläne zur Integration ethnischer Minderheiten weiter umgesetzt. Was die Umsetzung des Gesetzes über die Staatssprache betrifft (die Verwendung nicht staatlicher Sprachen in Gemeinden, die von nationalen Minderheiten bevölkert sind), wurde eine eigene Abteilung im Büro des Premierministers errichtet. In zwei Fällen wurden öffentliche Beiräte auf Gemeindeebene eingerichtet, mit dem Ziel die Teilnahme nationaler Minderheiten auf lokaler Ebene zu stärken (EC 30.1.2019).
Die Rechte von Minderheiten werden vom georgischen Staat weitgehend geachtet und gestärkt. Eine gesellschaftliche Gleichstellung von Minderheiten kann auch vom Staat allein nicht hergestellt werden. Auch wenn es keine offene staatliche Diskriminierung von Minderheiten gibt, sind traditionelle Vorbehalte in der Bevölkerung weit verbreitet, die der Toleranz in der Gesellschaft in einigen Bereichen enge Grenzen setzen (AA 19.10.2019). Intoleranz aus ethnischen und rassischen Gründen ist nach wie vor ein ernsthaftes Problem (PD 2.4.2020). Es gibt Gruppen, die in den Regionen Kwemo Kartli und Kachetien versuchen, zwischen ethnischen Georgiern und Aseris ethnische Konflikte zu provozieren (SSS 30.5.2020).
Die gleichberechtigte Teilhabe an Bildung und damit ein sozioökonomischer Aufstieg bleiben vielen Angehörigen ethnischer Minderheiten aufgrund mangelnder Kenntnisse der georgischen Sprache verwehrt. Die aserische und armenische Bevölkerung ist in den staatlichen Einrichtungen, z.B. Exekutivorganen, unterrepräsentiert (AA 19.10.2019; vgl. USDOS 11.3.2020, PD 2.4.2020). Obwohl seit Jahren Sprachkurse angeboten werden, bleibt die Zahl von Angehörigen ethnischer Minderheiten, die die georgische Sprache beherrschen, niedrig (PD 2.4.2020).
1.9. Der Beschwerdeführer hat in seinem Folgeantrag keinen geänderten Sachverhalt im Vergleich zu jenem über den das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 12.05.2017 rechtskräftig entschieden hat, vorgetragen. Darüber hinaus fehlt es dem Folgevorbringen bereits an einem glaubwürdigen Kern, dem Asylrelevanz zukommt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und der Zugehörigkeit zur Ethnie der Armenier in Georgien des Beschwerdeführers stützten sich auf sein eigenes Vorbringen, die auch in den vorangegangenen Verfahren nicht angezweifelt wurden.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt über einen gültigen nationalen polnischen Aufenthaltstitel verfügt, kann aufgrund seiner eigenen Angaben im Zuge seiner Befragung am 10.12.2020 vor dem Bundesamt (vgl. AS 183) und der in seinem Akt einliegenden Information (AS 83) getroffen werden.
Dass der Beschwerdeführer das Medikament „Subutex“ einnimmt, jedoch an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten leidet kann aufgrund seiner eigenen Angaben im Zuge seiner Befragungen in seinem Folgeantrag sowie aufgrund der bereits in seinen vorangegangen Verfahren getroffenen Feststellungen festgestellt werden.
Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer im Entscheidungszeitpunkt nicht gemeldet ist bzw. über seine letzten aktuellen Meldungen, werden anhand einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister getroffen.
Die Feststellungen in Bezug auf sein Vorverfahren können aufgrund einer Einsichtnahme in das sein erstes Asylverfahren abschließendes Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.05.2017, GZ: L515 2152174-1/6E und das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.08.2019, GZ: L529 2152174-2/12E, mit welchem die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen seine ihm gegenüber erlassene Rückkehrentscheidung und Feststellung der Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Georgien und weiterer Absprüche als unbegründet abgewiesen wurde, getroffen werden.
Der Umstand, dass der Beschwerdeführer im Stande der Schubhaft am 22.11.2020 den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz gestellt hat, stützt sich auf das in seinem Akt dokumentierte Antragsdatum (vgl. AS 25).
Die Feststellungen zur allgemeinen Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, beruhen auf dem im angefochtenen Bescheid zitierten – dem Beschwerdeführer somit bekannten – und oben auszugsweise wiedergegebenen Länderinformationsblatt der BFA-Staatendokumentation zu Georgien vom 12.09.2019, aktualisiert am 13.07.2020. Dieses fußt auf aktuellen, themenspezifisch umfassenden und ausgewogenen Länderberichten zur Lage in Georgien. Der Beschwerdeführer ist diesen Länderinformationen nicht substantiell entgegengetreten. Auch die dem Bundesverwaltungsgericht zum Entscheidungszeitpunkt in der Fassung vom 02.12.2020 vorliegenden aktuellen Länderberichte zeigen kein anderes Bild der Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers auf.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur Abweisung der Beschwerde betreffend die Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status der Asylberechtigten wegen entschiedener Sache:
3.1.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).
„Entschiedene Sache“ iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber der Vorentscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides bzw. -erkenntnisses entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung – nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen – berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).
Infolge des in § 17 VwGVG normierten Ausschlusses der Anwendbarkeit des 4. Hauptstücks des AVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, welcher auch die in § 68 Abs. 1 AVG normierte Zurückweisung wegen entschiedener Sache umfasst, kommt eine unmittelbare Zurückweisung einer Angelegenheit aufgrund der genannten Bestimmung durch das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich nicht in Betracht. Davon unberührt bleibt, dass das Verwaltungsgericht im Verfahren über Bescheidbeschwerden zur Überprüfung der rechtmäßigen Anwendung von § 68 AVG in Bescheiden durch die Verwaltungsbehörde berufen ist (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K10; vgl. auch VfSlg. 19.882/2014). Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens im Sinne des § 28 Abs. 2 VwGVG ist somit die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat, die Behörde also auf Grundlage des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist.
Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage stützen dürfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhalts nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können im Rechtsmittelverfahren nicht neu geltend gemacht werden (s. zB VwSlg. 5642A; VwGH 23.05.1995, 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).
Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, 92/12/0127; 23.11.1993, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.01.1995, 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162; 10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, 1202/58; 03.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung – obgleich auch diese Möglichkeit besteht – nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH 21.03.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH 18.06.2014, Ra 2014/01/0029, mwN). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH vom 24.06.2014, Ra 2014/19/0018, mwN).
Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf mehrere Folgeanträge VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN). Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die – falls feststellbar – zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN). Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344).
Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein „Fortbestehen und Weiterwirken“ behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit einem solchen Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321).
3.1.2. Der Beschwerdeführer gab zur Begründung des gegenständlichen Folgeantrags auf internationalen Schutz an, dass seine Fluchtgründe aus dem ersten Asylverfahren noch aufrecht seien und sich diese vertieft hätten. Als er damals nach Georgien abgeschoben worden sei, hätten dies XXXX und seine Bande mitbekommen und würden nun auf ihn warten.
Der Beschwerdeführer macht damit vollinhaltlich dasselbe Verfolgungsvorbringen wie in dem vorangegangenen (inhaltlichen) Asylverfahren geltend, das mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.05.2017, GZ: L515 2152174-1/6E, rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde. Damit legt der Beschwerdeführer keine neue Sache im Sinne der angeführten Judikatur dar.
Dem in der Beschwerde gerügten Verfahrensmangel, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, sich mit den kriegerischen Auseinandersetzungen in Bergkarabach auseinanderzusetzen, da der Beschwerdeführer in Georgien der armenischen Minderheit angehöre und deshalb wegen seiner ethnischen Herkunft als Stellvertreter des armenischen Staates und seiner Handlungen gesehen werde, ist entgegenzuhalten, dass diesem pauschalen und nicht näher spezifiezierten Vorbringen, bereits ein glaubhafter Kern dieser Tatsachenbehauptung fehlt. Den oben wiedergegebenen Länderberichtigen ist in Bezug auf die Situation von ethnischen Minderheiten in Georgien zu entnehmen, dass der georgische Staat die Rechte von Minderheiten weitgehend achtet und stärkt. Trotzdem gebe es in der Bevölkerung traditionelle Vorbehalte und Intoleranz aus ethnischen und rassischen Gründen, wobei diese überwiegend zwischen ethnischen Georgiern und Aseris bestünden. Auch Diskriminierung aufgrund des religiösen Bekenntnisses oder die Behinderung der Religionsausübung sind in Georgien unter Strafe gestellt. Diesen Länderberichten vom 13.07.2020 ist nicht zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer als Angehörigen der ethnischen Minderheit der Armenier in Georgien asylrelevante Verfolgung droht. Auch ein Vergleich mit den nun aktuellen Länderinformationen vom 02.12.2020 zeigen keine Hinweise darauf, dass sich die Situation von Angehörigen der ethnischen Minderheit der Armenier in Georgien verschlechtert hätte.
3.1.3. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist somit spruchgemäß abzuweisen.
3.2. Zur Abweisung der Beschwerde betreffend die Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache:
3.2.1. Ein Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise – für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status – auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrags nach dem Asylgesetz 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U 1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).
3.2.2. Im vorangegangenen Asylverfahren wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.05.2017, GZ: L515 2152174-1/6E die letzte rechtskräftige inhaltliche Entscheidung zum subsidiären Schutz des Beschwerdeführers getroffen und stellt diese sohin die maßgebliche „Vergleichsentscheidung“ dar, in Bezug auf welche eine seither eingetretene Sachverhaltsänderung zu prüfen ist, die sich im Sinne der aufgezeigten Judikatur als relevant erweisen muss.
3.2.3. Soweit der neuerliche Antrag des Beschwerdeführers unter dem Blickwinkel des subsidiären Schutzes (§ 8 AsylG 2005) zu betrachten ist, ist auf die unter Punkt II.3.1.1. getroffenen Aussagen zu verweisen, wonach eine neuerliche Sachentscheidung nur bei einer solchen Änderung des Sachverhaltes geboten ist, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann.
3.2.3.1. Es sind keine Anhaltspunkte erkennbar, wonach der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Georgien in eine Situation geraten würde, die eine Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 oder 3 EMRK mit sich brächte. So ergeben sich aus den Länderfeststellungen über Georgien keine Gründe für die Annahme, dass jeder zurückkehrende Staatsbürger der reellen Gefahr einer Gefährdung gemäß Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, sodass nicht von einem diesbezüglichen Rückführungshindernis auszugehen ist. Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist aufgrund der herangezogenen Länderberichte darin beizupflichten, dass sich die Lage im Herkunftsland seit der Entscheidung im vorangegangenen Asylverfahren nicht wesentlich geändert hat.
3.2.3.2. Auch in gesundheitlicher Hinsicht zeigte der Beschwerdeführer keine Änderungen seines Zustands auf, die eine andere Entscheidung in Hinblick auf die Frage des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht von vornherein als aussichtslos erscheinen ließen: So leidet er an keine schwerwiegenden oder in Georgien nicht behandelbaren Krankheiten.
3.2.3.3. Was die pandemiebedingte Situation betreffend das Virus Sars-CoV-2 bzw. die Krankheit COVID-19 in Georgien anbelangt, ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer als 41-jähriger Mann, der täglich Medikamente zur Behandlung einer Opioidabhängigkeit einnimmt, zwar einer Risikogruppe angehört, bei der im Falle einer Ansteckung ein schwererer Krankheitsverlauf als bei jüngeren, gesünderen Menschen folgen könnte; dies ist jedoch auch in Österreich der Fall. Dem aktuellen Länderinformationsblatt über Georgien vom 02.12.2020 ist allerdings zu entnehmen, dass Georgien die Verbreitung von COVID-19 im Frühling 2020 durch strenge Maßnahmen weitgehend eingedämmt hat. Nachdem im Sommer 2020 die strengen Regeln aufgehoben, die Einreisebestimmungen an den Grenzen gelockert und Inlandstourismus beworben wurde, kam es ab Ende August 2020 zu einem exponentiellen Anstieg der positiven Tests. Bis Mitte September 2020 stieg die Zahl der täglichen positiven Testergebnisse von niedrigen zweistelligen Zahlen auf etwa 150 (Eurasianet 18.9.2020) und um Mitte Oktober auf ungefähr 1000 (Jam 16.10.2020). Gegen Ende November 2020 lag die tägliche Zahl positiver Tests um die 4.000 und die der Verstorbenen an oder mit SARS-CoV-2 bei 35-50 Personen (Agenda 26.11.2020; vgl. WOM 30.11.2020). COVID-19-Infektionen kommen in allen Regionen des Landes vor; und es kommt landesweit zu unkontrollierter Übertragung von COVID-19 (USEMB 30.11.2020a).
Aufgrund der steigenden Zahlen wurden mit Wirkung vom 28.11.2020 unter anderem folgende Beschränkungen landesweit, vorerst bis 31.1.2021, in Kraft gesetzt: Während der nächtlichen Ausgangssperre zwischen 21 und 5 Uhr sind öffentliche und private Verkehrsbewegungen, einschließlich zu Fuß gehen, sowie der Aufenthalt im öffentlichen Raum nicht gestattet. Der öffentliche Überlandverkehr einschließlich Bahn, Bus und Kleinbus ist ganztägig eingestellt. Reisen in Kleinfahrzeugen (einschließlich Taxis) sind – außerhalb der nächtlichen Ausgangssperre - zulässig. Es herrscht eine Tragepflicht von Gesichtsmasken im Freien sowie in allen geschlossenen öffentlichen Räumen. Personen über 70 Jahren wird empfohlen, zu Hause zu bleiben (USEMB 30.11.2020b; vgl. Agenda 26.11.2020).
Für die Großstädte Tiflis, Batumi, Kutaissi, Rustawi, Poti, Sugdidi und Telawi sowie die Wintersportorte Bakuriani, Gudauri, Goderdzi und Mestia gelten zusätzlich u.A. folgende Einschränkungen:
Der innerstädtische öffentliche Verkehr ist vollständig eingestellt. Geschäfte sind geschlossen,
mit Ausnahme von Lebensmittelgeschäften, Apotheken, Hygieneprodukten und Kiosken für Printmedien. Agrarmärkte, Schönheitssalons, Friseurläden und Zentren für ästhetische Medizin sind weiterhin in Betrieb. Kindergärten sind geschlossen, Schulen und Universitäten bieten ausschließlich Fernlehre an (USEMB 30.11.2020b; vgl. Agenda 26.11.2020).
Diese Berichtslage ist noch weit davon entfernt, ein für eine Gewährung subsidiären Schutzes signifikantes Risiko des Beschwerdeführers aufzuzeigen, in Georgien an COVID-19 mit schweren Verlauf zu erkranken.
3.2.4. Da somit weder in der maßgeblichen Sachlage – und zwar im Hinblick sowohl auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, als auch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist – noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens in Hinblick auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch zu entscheiden ist.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids ist somit ebenso abzuweisen.
3.3. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Eine mündliche Verhandlung konnte im Fall des Beschwerdeführers deshalb unterbleiben, weil aus dem Inhalt des dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakts die Grundlage des bekämpften Bescheids unzweifelhaft nachvollziehbar ist. Die belangte Behörde kam ihrer Ermittlungspflicht durch die Befragung des Beschwerdeführers zu seinem neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz nach und setzte sich mit dem erstatteten Vorbringen auseinander. Es hat sich auch in der Beschwerde kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergeben, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu erörtern. Im Beschwerdeverfahren wurden zudem keine neuen Länderberichte, die inhaltlich über jene hinausgingen, die im angefochtenen Bescheid enthalten sind, eingeführt; eine mündliche Verhandlung war daher auch in dem Sinne nicht von Nöten, dass dem Beschwerdeführer in dieser der Inhalt der Länderfeststellungen vorzuhalten gewesen wäre.
Vor diesem Hintergrund konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
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