AsylG 2005 §55
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W222.1312240.2.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Obregon als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX auch XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, vertreten durch die Österreichische Flüchtlings- und MigrantInnenhilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für
Fremdenwesen und Asyl vom 29.08.2016, Zl. IFA-Zl.: XXXX ,
Verfahrenszahl: XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß §§ 10 Abs. 3, 55 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG iVm §§ 46, 52 Abs. 3 und Abs. 9, 55 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte erstmals am 23.04.2007 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.06.2007, XXXX , gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 abgewiesen wurde. Unter einem wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen.
Die Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde mit in Rechtskraft erwachsenem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 24.09.2010, Zl. C16 312.240-1/2008/10E, gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 sowie 10 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. Nr. 135/2009 abgewiesen. Begründend führte der Asylgerichtshof im Wesentlichen aus, es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland als führendes Mitglied der Kongress-Partei im Punjab von Anhängern der Akali Dal-Partei ohne Aussicht auf staatlichen Schutz bedroht oder verfolgt bzw. ihm eine solche Verfolgung angedroht worden sei. Zudem bestünde - selbst wenn eine Bedrohung der behaupteten Art vorliegen sollte - jedenfalls eine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 Abs. 1 AsylG. Auch wenn die Menschenrechtslage in Indien
- insbesondere was die Arbeitsweise der Sicherheitsbehörden betreffe
- weiterhin von Unregelmäßigkeiten gekennzeichnet sei, lasse sich daraus keine den Beschwerdeführer konkret betreffende Gefahr herleiten. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass er nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine derart ausweglose Lebenssituation geraten könnte, die einer unmenschlichen Behandlung gleichkäme, oder dass sein Leben aus irgendeinem sonstigen Grunde gefährdet wäre. Da die Kernfamilie des Beschwerdeführers (Frau und minderjähriges Kind) sowie seine Eltern und drei erwachsene Geschwister in seinem Heimatstaat Punjab in Indien leben würden, der gesunde und strafrechtlich unbescholtene Beschwerdeführer zwar als Zeitungszusteller arbeite, jedoch nicht Deutsch spreche, erst seit etwas mehr als zwei Jahren in Österreich lebe und keine sozialen Kontakte in Österreich habe, stelle die Ausweisung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers dar.
Am 16.02.2016 beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005. Dabei brachte er ein Konvolut an Unterlagen in Vorlage und gab im Wesentlichen an, seit April 2007 durchgängig in Österreich aufhältig zu sein, nicht strafrechtlich verurteilt worden zu sein, am 07.09.2013 eine Deutschprüfung über das Niveau A2 abgelegt zu haben und einen Kurs für das Niveau B1 zu besuchen, über Einstellungszusagen, Krankenversicherungsschutz, eine ortsübliche Unterkunft sowie einen Freundeskreis zu verfügen, am Wochenende ein paar Stunden freiwillig in einem Verein zu arbeiten und selbsterhaltungsfähig zu sein.
Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 22.06.2016 legte der Beschwerdeführer weitere Unterlagen vor und gab im Wesentlichen an, dass er bei der indischen Botschaft gewesen sei und man ihm den Reisepass verweigert habe. Abgesehen davon, dass er keinen Reisepass gehabt habe, habe er sonst alle Pflichten befolgt. Er sei verheiratet und habe Sorgepflichten für zwei Kinder. Seine Ehefrau, seine Kinder, seine Eltern und seine vier Geschwister würden in Indien leben, zu denen zurzeit kein Kontakt bestehe. Seinen Unterhalt bestreite er derzeit durch das Zustellen von Zeitungen, wodurch er circa 700 Euro verdiene; eine Beschäftigungserlaubnis dafür habe er nicht. Er wohne gemeinsam mit einem Spanier in einer Mietwohnung, der nur kurze Zeit hier sei und wieder nach Spanien zurückgehe.
Mit Verfahrensanordnung vom 20.07.2016 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag zurück- bzw. abzuweisen und eine Rückkehrentscheidung zu erlassen. Unter einem wurde er dazu aufgefordert, einen Reisepass im Original vorzulegen und Stellung zum Ergebnis der Beweisaufnahme samt aktuellen Länderinformationen zu Indien zu nehmen.
Daraufhin langte am 27.07.2016 eine Stellungnahme ein, worin im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass der unbescholtene Beschwerdeführer über neun Jahre in Österreich lebe. Er habe die indische Botschaft bereits im Jahr 2010 aufgesucht; die diesbezüglichen Mutmaßungen der Behörde, es hätte sich etwa um einen Besuch oder um Erkundigungen über eine andere Person gehandelt, würden angesichts der Bestätigung der Botschaft jeder Grundlage entbehren. Der Beschwerdeführer habe über die Jahre an den Bemühungen zur Erlangung von Identitätsdokumenten mitgewirkt und seine Identität stehe mittlerweile fest.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.08.2016 wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 16.02.2016 gemäß § 55 AsylG 2005 idgF abgewiesen. Unter einem wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG idgF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG idgF erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt II.) und ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt III.). Begründend wurde zu Spruchpunkt I. ausgeführt, dass die Familienangehörigen des Beschwerdeführers in Indien leben würden und daher kein schützenswertes Familienleben bestehe. Da das Asylverfahren am 29.09.2010 rechtskräftig negativ abgeschlossen worden sei, halte sich der Beschwerdeführer seitdem unrechtmäßig in Österreich auf. Er gehe keiner erlaubten Beschäftigung nach und sei nicht selbsterhaltungsfähig. Die positive Deutschprüfung stelle zwar ein Indiz für einen gewissen Grad an sozialer Integration dar, jedoch nicht zu einem solchen Grad, dass dies bei einer Abwägung nach Art. 8 EMRK besonders zu berücksichtigen wäre. Eine soziale, berufliche und private Integration sei selbst nach neun Jahren Aufenthalt im Bundesgebiet zu verneinen, weshalb die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG nicht in Betracht komme. Zu Spruchpunkt II. wurde festgehalten, dass sich weder aus den Feststellungen zur Lage im Zielstaat noch aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers eine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG ergebe.
Gegen diesen Bescheid richtete sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, worin im Wesentlichen moniert wurde, dass die Ausführungen der Behörde einer gesetzlichen und judikativen Grundlage entbehren würden. Die illegale Einreise vor fast zehn Jahren könne gegenwärtig nicht mehr relevant zuungunsten des Beschwerdeführers ausschlagen. Ein beharrliches illegales Verbleiben könne ihm nicht vorgeworfen werden, weil er den wiederholten Kontakt zur indischen Botschaft nachweisen könne und die behördliche Ladung zur Botschaft befolgt habe. Bei einem zehnjährigen Aufenthalt sei von einem Überwiegen der persönlichen Interessen des Fremden auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die Zeit überhaupt nicht zur Integration genützt hätte, könnte ausnahmsweise noch von einer Zulässigkeit einer Ausweisung ausgegangen werden, wie der VwGH klargestellt habe. Beim Beschwerdeführer bestehe eine sehr intensive Integration, die durch keine relevanten Faktoren gemindert werde.
Der Beschwerdeführer wurde am 23.11.2016 um 07.00 Uhr aufgrund eines Festnahmeauftrages des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom gleichen Tag gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG an seiner Wohnadresse festgenommen und stellte aus dem Stande der Anhaltung am 24.11.2016, einen zweiten Asylantrag, zu dem er am gleichen Tag vor der LPD Wien erstbefragt wurde. Dabei brachte er vor, dass im Jahr 2017 Wahlen im Punjab seien und die Lage dort sehr schlecht sowie angespannt sei. Das habe ihm ein Freund telefonisch mitgeteilt, weswegen er nicht zurück könne. Außerdem wolle er in Österreich bleiben, weil er sich hier integriert fühle, seit zehn Jahren hier lebe, krankenversichert sei, seine eigene Wohnung habe und unbescholten sei. Die Änderungen der Situation bzw. seiner Fluchtgründe seien ihm vor circa einer Woche bekannt geworden.
Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.11.2016, Zl. XXXX , wurde gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 idgF iVm § 57 Abs. 1 AVG idgF festgestellt, dass die Voraussetzung des § 12a Abs. 4 Z 2 AsylG nicht vorliege. Unter einem wurde der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 AsylG nicht zuerkannt.
Am 25.11.2016 wurde der Beschwerdeführer von Wien Schwechat auf dem Luftweg nach Indien abgeschoben und wurde am 26.11.2016 um 06:30 Uhr den zuständigen indischen Behörden ohne Vorfälle übergeben.
Nachdem per Fax vom 27.11.2016 Vorstellung gegen den Mandatsbescheid erhoben wurde, wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.11.2017, Zl. XXXX , gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 idgF iVm § 57 Abs. 1 AVG idgF festgestellt, dass die Voraussetzung des § 12a Abs. 4 Z 2 AsylG nicht vorliege. Unter einem wurde der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 AsylG nicht zuerkannt.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.03.2018, W222 1312240-3/3E, gemäß § 12a Abs. 4 iVm Abs. 3 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien, gehört der Religionsgemeinschaft der Sikhs und der Volksgruppe der Punjabi an. Er ist in Österreich strafrechtlich unbescholten. Am 30.11.2011 und am 27.09.2012 wurde gegen den Beschwerdeführer Anzeige wegen rechtswidrigen Aufenthaltes gemäß § 120 Abs. 1a FPG erstattet.
Nachdem er am 23.04.2007 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte und über diesen rechtskräftig negativ im September 2010 entschieden worden war, beantragte er am 16.02.2016 die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005. Aus dem Stande der Anhaltung stellte er am 24.11.2016 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, wobei der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 AsylG nicht zuerkannt wurde. Am 25.11.2016 wurde der Beschwerdeführer nach Indien abgeschoben.
Der Beschwerdeführer hielt sich seit seiner illegalen Einreise im April 2007 bis zu seiner Abschiebung am 25.11.2016 im österreichischen Bundesgebiet auf. Er kam seiner Ausreiseverpflichtung seit der rechtskräftig negativen Entscheidung des Asylgerichtshofes vom September 2010 nicht freiwillig nach. Am 07.12.2010 sprach er bei der indischen Botschaft in Wien vor. Nicht festgestellt werden kann, dass er von sich aus einen Reisepass beantragte und dass ihm die Ausstellung eines Reisepasses von der indischen Botschaft verweigert wurde. Zu keinem Zeitpunkt seines Aufenthalts in Österreich kam ihm ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zu.
In Österreich verfügte er weder über verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte, noch lebte er in einer Lebensgemeinschaft. Er eignete sich während seines Aufenthalts Grundkenntnisse der deutschen Sprache an, absolvierte eine Deutschprüfung für das Niveau A2 am 07.09.2013 und äußerte die Absicht, einen Deutschkurs für das Niveau B1 zu besuchen. Seit dem 25.01.2011 war er bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft kranken- und unfallversichert. Er arbeitete als Zeitungszusteller, wofür er keine Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz hatte. Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer selbsterhaltungsfähig war. Während seines Aufenthalts in Österreich bezog er abgesehen vom Zeitraum April bis Juni 2007 keine Leistungen im Rahmen der Grundversorgung. Er lebte in einer Mietwohnung mit einer Nutzfläche von 35m², die zeitweise gemeinsam mit einer zweiten Person bewohnt wurde. Er verfügte über einen Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich. Dem Beschwerdeführer wurde angeboten, im Falle der Erteilung eines Aufenthaltstitels für ein Kleintransportunternehmen und für ein Restaurant arbeiten zu können. Darüber hinaus konnten weitere maßgebliche Anhaltspunkte, die für die Annahme einer besonderen Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sprechen würden, nicht festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer stammt aus dem Distrikt XXXX im Bundesstaat Punjab. In Indien besuchte er die Grundschule für zwölf Jahre und danach verdiente er seinen Lebensunterhalt als Landwirt in der familieneigenen Landwirtschaft. Seine Ehefrau, seine zwei minderjährigen Kinder, seine Eltern und seine Geschwister leben in Indien.
Zur Lage im Herkunftsstaat:
Politische Lage
Indien ist mit über 1,2 Milliarden Menschen der bevölkerungsreichste demokratische Staat der Welt (CIA Factbook 28.10.2015; vgl. AA 24.4.2015). Mit seinen vielen Sprachen ist Indien besonders vielfältig, was sich auch in seinem föderalen politischen System reflektiert, in welchem die Macht von der Zentralregierung und den Bundesstaaten geteilt wird (BBC 28.10.2015). Indien hat seit dem 2.6.2014 29 Bundesstaaten und sieben Unionsstaaten (CIA Factbook 28.10.2015; vgl. AA 10 .2015a). Es ist laut Verfassung eine säkulare, demokratische und föderale Republik. Die Hauptstadt New Delhi hat einen besonderen Rechtsstatus. Die Zentralregierung hat deutlich größere Kompetenzen als die Regierungen der Bundesstaaten und kann im Fall interner Probleme einen Bundesstaat für einen begrenzten Zeitraum unter direkte zentralstaatliche Verwaltung stellen (AA 10 .2015a).
Indien hat nach der Unabhängigkeit von Großbritannien (1947) den Grundsatz der Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative durchgesetzt. Die Entscheidungen der staatlichen Verwaltung (Bürokratie, Militär, Polizei) unterliegen überdies der Kontrolle durch die freie Presse des Landes, die nicht nur in den landesweiten Amtssprachen Hindi und Englisch, sondern auch in vielen der Regionalsprachen publiziert wird. Indien hat zudem eine lebendige Zivilgesellschaft, die mit vielfältigen Initiativen an der Gestaltung der Politik mitwirkt (AA 10 .2015a). Seit Juli 2012 ist Präsident Pranab Kumar Mukherjee indisches Staatsoberhaupt (AA 10 .2015a). Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von einem Wahlausschuss gewählt, während der Premierminister Leiter der Regierung ist (USDOS 25.6.2015). Das Amt bringt vor allem repräsentative Aufgaben mit sich, im Krisenfall verfügt der Präsident aber über weitreichende Befugnisse (AA 10 .2015a). Das wichtigste Amt innerhalb der Exekutive bekleidet aber der Premierminister, der seit 26.5.2014 Narendra Modi heißt (GIZ 11.2015).
Im Einklang mit der Verfassung haben die Bundesstaaten und Unionsterritorien ein hohes Maß an Autonomie und tragen die Hauptverantwortung für Recht und Ordnung (USDOS 25.6.2015). Die Legislative besteht aus einer Volkskammer (Lok Sabha) und einer Staatenkammer (Rajya Sabha). Darüber hinaus gibt es Parlamente auf Bundesstaatsebene. Das oberste Gericht in New Delhi steht an der Spitze der Judikative (GIZ 11.2015; vgl. AA 24.4.2015).
Die Gewaltenteilung zwischen Parlament und Regierung entspricht britischem Muster. In Indien gibt es eine verfassungsmäßig garantierte, unabhängige Gerichtsbarkeit mit dreistufigem Instanzenzug (AA 24.4.2015).
In den letzten Jahrzehnten erlebte Indien einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung, der zur Bildung einer neuen Mittelschicht führte. Doch das uralte Kastensystem Indiens, eine marode Infrastruktur auf dem Land, die starke Umweltverschmutzung und religiöse Konflikte zwischen Hindus und Muslimen stellen das Land weiterhin vor große Probleme (FAZ 16.5.2014). Die seit 2014 im Amt befindliche neue Regierung will nicht nur den marktwirtschaftlichen Kurs fortsetzen, sondern ihn noch intensivieren, indem bürokratische Hemmnisse beseitigt und der Protektionismus verringert werden soll. Ausländische Investoren sollen verstärkt aktiv werden (GIZ 8.2015).
Wahlen 2014:
Die letzten landesweiten Wahlen fanden im April/Mai 2014 statt (AA 24.4.2015). Am 7.4.2014 begann die Wahl zur 16. Lok Sabha, dem indischen Unterhaus (GIZ 11.2015). 814 Millionen Wählerinnen und Wähler waren aufgerufen, an mehr als 930.000 Wahlurnen und 1,5 Millionen elektronischen Wahlmaschinen ihre Stimmen abzugeben (Eurasisches Magazin 24.5.2014), darunter etwa 120 Millionen Erstwähler (GIZ 11.2015).
Bei der Wahl standen sich drei große Parteienbündnisse gegenüber:
Die United Progressive Alliance (UPA) unter Führung der Kongresspartei, die National Democratic Alliance (NDA) unter Führung der BJP und die so genannte Dritte Front, die aus elf Regional- und Linksparteien besteht. Mit besonderem Interesse wurde das Abschneiden der aus einem Teil der India-Against-Corruption-Bewegung hervorgegangenen Aam Aadmi Party (AAP) begleitet. Der AAP gelang es 2013 bei der Wahl in Delhi 28 von 70 Sitzen zu erringen. Das Ergebnis 2014: Landesweit errang die AAP nur vier Sitze (GIZ 11.2015; vgl. FAZ 16.5.2014).
Seit dem 16.5.2014 steht der Wahlsieger offiziell fest: Narendra Modi von der Oppositionspartei Bharatiya Janata Party (BJP), die sich mit 282 von 543 Mandaten eine absolute Mehrheit sichern konnte. Hohe Verluste hingegen für die seit 2004 regierende Kongress-geführte Koalition unter Manmohan Singh. Sonia Gandhi und Sohn Rahul rücken nun auf die Oppositionsbank (Eurasisches Magazin 24.5.2014; vgl. FAZ 16.5.2014, GIZ 11.2015). Neuer Regierungschef ist der bisherige Chief Minister des Bundesstaates Gujarat, Narendra Modi. Damit erhält auch die Angst vor einem Aufflammen des Kommunalismus neue Nahrung (GIZ 11.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (24.4.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien
- AA - Auswärtiges Amt (10.2015a): Indien, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_AC539C62A8F3AE6159C84F7909652AC5/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 9.11.2015
- BBC - British Broadcasting Corporation (28.10.2015): India country profile - Overview,
http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384 , Zugriff 9.11.2015
- CIA - Central Intelligence Agency(28.10.2015): The World Factbook
- India,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/in.html , Zugriff 9.11.2015
- Eurasisches Magazin (24.5.2014): Wohin geht die größte Demokratie der Erde?,
http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/Indien-nach-den-Wahlen-eine-Analyse/14017 , Zugriff 9.11.2015
- FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (16.5.2014): Modi ist Mann der Stunde,
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/fruehaufsteher/wahlentscheid-in-indien-modi-ist-der-mann-der-stunde-12941572.html , Zugriff 9.11.2015
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (11.2015): Indien,
http://liportal.giz.de/indien/geschichte-staat.html , Zugriff 9.11.2015
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmBH (8.2015): Indien, Wirtschaftssystem und Wirtschaftspolitik, http://liportal.giz.de/indien/wirtschaft-entwicklung/ , Zugriff 9.11.2015
- USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - India, http://www.ecoi.net/local_link/306292/443589_de.html , Zugriff 9.11.2015
Sicherheitslage
Indien ist reich an Spannungen entlang von Ethnien, Religionen, Kasten und auch Lebensperspektiven. Widersprüche, Gegensätze oder Konflikte entladen sich in den gesellschaftlichen Arenen und werden von der Politik aufgegriffen, verarbeitet und teilweise instrumentalisiert (GIZ 11.2015). Blutige Terroranschläge haben in den vergangenen Jahren in Indiens Millionen-Metropolen wiederholt Todesopfer gefordert (Eurasisches Magazin 24.5.2014). Die Spannungen im Nordosten des Landes gehen genauso weiter wie die Auseinandersetzung mit den Naxaliten (GIZ 11.2015). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt (AA 24.4.2015).
Indien ist mit einer Reihe von Sicherheitsproblemen konfrontiert. Es gibt landesweit mehrere linksorientierte bewaffnete Gruppen (Maoisten). Nach einem Anstieg der Aktivitäten von aufständischen Gruppen in den Jahren 2003 bis 2010 nahmen diese Aktivitäten aufgrund von internen Machtkämpfen, einer eingeschränkten Unterstützung in den Stammesgemeinden und von effektiven Operationen gegen deren Führerschaft durch die Sicherheitskräfte ab. Im Jahr 2013 haben etwa 76 der mehr als 600 Bezirke Indiens irgendeine Art maoistischer Gewalt erfahren. Aufständische Gruppen aus Pakistan haben ihre Fähigkeit gezeigt, Angriffe (über das von Indien administrierte Kaschmir,) im Zentrum von Indien, durchzuführen. Erwähnenswert sind die Angriffe im Dezember 2001 auf das indische Parlament und die Angriffe in Mumbai im Juli 2006 und November 2008. Pakistanische Gruppen dürften bei den Angriffen im Jahr 2006 indischen Terrorzellen Unterstützung geboten haben. Die Angriffe im Jahr 2008 waren aus Pakistan geplant, unterstützt und geführt. Einheimische Rebellengruppen - sowohl hinduistische als auch islamistische - waren in eine Serie terroristischer Angriffe auf indische Schlüsselstädte verwickelt. Die Sicherheitslage in den Gegenden Kaschmir, Nordosten und speziell in Assam ist labil und es kommt immer wieder zu Aufständen. Ein weiteres Sicherheitsproblem ist die kommunale Gewalt zwischen der hinduistischen Mehrheit und der muslimischen Minderheit. Darüber hinaus ist das organisierte Verbrechen in den Hauptstädten ein Problem, allerdings nicht für ausländische Firmen. Es gibt Entführungen mit Lösegeldforderungen, aber diese sind auf die lokale Bevölkerung begrenzt. Die schlechte Straßensicherheit im Land ist ein signifikantes Problem. Die größte unmittelbare externe Sicherheitsbedrohung ist Pakistan, speziell in Bezug auf den langjährigen Kaschmirdisput (IHS- Jane's Sentinel Security 1.7.2014).
Gegen militante Gruppierungen, die meist für die Unabhängigkeit bestimmter Regionen eintreten und/oder radikalen Auffassungen anhängen, geht die Regierung mit großer Härte und Konsequenz vor, insbesondere sobald die innere Sicherheit als gefährdet angesehen wird. Sofern solche Gruppen der Gewalt abschwören, ist die Regierung in der Regel zu Verhandlungen über ihre Forderungen bereit. Gewaltlose Unabhängigkeitsgruppen können sich politisch frei betätigen (AA 24.4.2015). Trotz zahlreicher und zum Teil dramatischer Erfolge durch Indiens Sicherheits- und Geheimdienstbehörden, die immer wieder unter starken Ressourcenproblem zu leiden haben, ist es in der Realität so, dass der Sicherheitsapparat weiterhin leicht angreifbar ist (South Asia Terrorism Portal 30.10.2015).
Grundversorgung/Wirtschaft
Indien gehört trotz Abschwächung des Wirtschaftswachstums auf 5 Prozent (2012/13; 2011/12 dagegen noch 6,2 Prozent, 2013/14 - geschätzt - : 4,9Prozent) nach wie vor zu den am stärksten expandierenden Volkswirtschaften der Welt (weltweit an 10. Stelle). Bei derzeit 1,2 Mrd. Einwohnern wird es bis zur Mitte des Jahrhunderts voraussichtlich nicht nur das bevölkerungsreichste Land der Erde sein, sondern auch mit seinem Bruttoinlandsprodukt nach China und USA an dritter Stelle liegen (AA 3 .2013).
Indien ist die drittgrößte Wirtschaft in Asien und ist durch eine hohe Inflation, einer schwachen Währung und einem Rückgang an ausländischen Investitionen belastet. Eine Flaute im Bergbau und Manufaktur, haben ihr restliches dazu beigetragen (BBC 31.1.2014).
Laut Zahlen der Weltbank betrug im Jahre 2012 das Pro-Kopf-Einkommen in Indien US Dollar 1.489. Das jährliche Wirtschaftswachstum in Indien sei zwar von 7,5 auf 5 Prozent gefallen, das aber sei immer noch ein sehr ansehnlicher Wert. Dies umso mehr, als der Internationale Währungsfonds für das laufende und das kommende Jahr eine Belebung des Wachstums erwarte. Das Land hat die im Jahre 2008 in den Vereinigten Staaten ausgebrochene Krise schlechter weggesteckt als China. Während China Leistungsbilanzüberschüsse und damit Devisenreserven ansammelt, ist die indische Leistungsbilanz negativ geworden. Während Peking seine Währung künstlich vor zu einer starken Aufwertung schützt, hat die indische Rupie erheblich an Wert verloren (FAZ 23.1.2014).
Das hohe Wachstum der letzten Jahre hat die regionalen Entwicklungsunterschiede auf dem Subkontinent und das zunehmende Einkommensgefälle zwischen der expandierenden städtischen Mittelschicht und der überwiegend armen Bevölkerung auf dem Lande, wo noch knapp 70 Prozent aller Inder leben, schärfer hervortreten lassen. Die erhofften massiven Beschäftigungseffekte des Wachstums sind bislang ausgeblieben (AA 3 .2014).
Das Land hat eine aufstrebende urbane Mittelschicht. Es hat große Fortschritte wie zum Beispiel im IT-Bereich gemacht, dessen große Facharbeitskräfte es zu einem beliebten Ziel für internationale Firmen machen, die versuchen ihre Arbeit auszulagern. Der Großteil der ländlichen Bevölkerung ist weiterhin arm, da das Leben auch weiterhin durch das altertümliche Hindukastensystem beeinflusst wird, welches jeder Person einen Platz in der sozialen Hierarchie zuweist. Diskriminierungen auf Basis der Kaste ist gegenwärtig illegal und mehrere Maßnahmen wurden eingeführt um benachteiligte Gruppen zu stärken und ihnen Zugangsmöglichkeiten zu erleichtern - wie zum Beispiel Bildung und Arbeit. Armutsbekämpfung und Alphabetisierungskampagnen sind im Gange (BBC 16.5.2014 vgl. auch: BBC 11.12.2013).
Indien steht vor gewaltigen Herausforderungen bei der Armutsbekämpfung und in der Bildungs- und Infrastrukturentwicklung. Etwa 30 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze von 1 US-Dollar pro Kopf und Tag. Rund 70 Prozent haben weniger als 2 US-Dollar pro Tag zur Verfügung. Auf dem Human Development Index der UNDP (2013) steht Indien auf Platz 136 unter 186 erfassten Staaten. Während es weltweit die meisten Millionäre und Milliardäre beheimatet, liegt Indien bei vielen Sozialindikatoren deutlich unter den Durchschnittswerten von Subsahara-Afrika. Etwa ein Viertel der Bevölkerung lebt unter dem von den Vereinten Nationen veranschlagten Existenzminimum. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine für das Überleben ausreichende Nahrungsversorgung auch den schwächsten Teilen der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe oder ein anderes soziales Netz. Rückkehrer sind auf die Unterstützung der eigenen Familie oder Freunde angewiesen. Vorübergehende Notlagen können durch Armenspeisungen im Tempel, insbesondere der Sikh-Tempel, die auch gegen kleinere Dienstleistungen Unterkunft gewähren, problemlos ausgeglichen werden (AA 3.3.2014).
Voraussetzung für den wirtschaftlichen Aufstieg Indiens und die Überwindung des über Jahrzehnte schwachen Wachstums war die sukzessive Deregulierung und Öffnung der indischen Volkswirtschaft nach der Finanzkrise von 1991. Dieser Prozess ist allerdings noch nicht abgeschlossen. Das Wirtschaftswachstum wird ganz wesentlich von der Binnennachfrage getragen, für deren weiteren Anstieg schon die demographische Entwicklung spricht. Die industriepolitische Strategie strebt den weiteren Auf- und Ausbau einer eigenen industriellen Produktion an. Dabei erfolgt gelegentlich ein Rückgriff auf protektionistische Maßnahmen wie Importzölle, Exportquoten, Lokalisierungszwänge oder Buy Indian-Vorgaben in öffentlichen Ausschreibungen. Seit September 2012 hat die indische Regierung weitere Liberalisierungsschritte eingeleitet und damit einen längeren Stillstand der Reformpolitik überwunden. So wurde die hoch umstrittene Zulassung ausländischer Investitionen auch in Supermarktketten beschlossen, ferner u.a. die Zulassung ausländischer Beteiligung an Fluggesellschaften und Strombörsen. Auch in anderen Branchen wurden die Grenzen für ausländische Kapitalbeteiligungen heraufgesetzt. Weitere wichtige Reformvorhaben zur Öffnung des Finanzsektors wie z.B. die Anhebung der Schwelle für Auslandsinvestoren an Versicherungsunternehmen sind allerdings noch nicht beschlossen worden (AA 3 .2014).
Die globale Rezession, hat die indische Wirtschaft besonders stark getroffen - die Regierung sieht sich mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert, da sie kein integratives Wachstum zu garantieren konnte (AI 5.2013). Im April stiegen die Verbraucherpreise 8,6 Prozent im Jahresvergleich (FAZ 16.5.2014). Arme und marginalisierte Gemeinschaften, die geschätzt 30 - 50 Prozent der Bevölkerung ausmachen, waren besonders stark vom Preisanstieg betroffen (AI 5.2013).
Nur ca. 8 Prozent aller Beschäftigten stehen in einem vertraglich geregelten Arbeitsverhältnis. Die übrigen 92 Prozent werden dem sog. "informellen Sektor" zugerechnet - sie sind weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert, noch haben sie Anspruch auf soziale Leistungen oder Altersversorgung (AA 3 .2014).
Backsteinöfen sind ein wichtiger Bestandteil von Indiens wachsender Wirtschaft. Es gibt mehr als zwei Millionen ZiegelarbeiterInnen in Indien. Viele Ofenanlagen haben ArbeiterInnen, die unter fast sklavenähnlichen Bedingungen arbeiten und höchstens £1.50 für einen 12 Stunden Tag verdienen. Viele leiden unter Krankheiten aufgrund des beizenden Rauches der Öfen und den rauen Arbeitsbedingungen (BBC 4.1.2014). Das Ausmaß von Zwangs- und Kinderarbeit in den Backsteinöfen in Indien nimmt epidemische Ausmaße an. Schwangere Frauen, Kinder und junge Mädchen arbeiten 12 - 18 Stunden pro Tag. Sie sind schlecht ernährt, es gibt kein sauberes Wasser und sie leben wie Sklaven (BBC 2.1.2014).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (3.3.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien, Zugriff 5.3.2014
- AA - Auswärtiges Amt (3.2014): Indien, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_AC539C62A8F3AE6159C84F7909652AC5/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 6.8.2014
- AI - Amnesty International (5.2013): Amnesty International Report, State of the Human Rights 2013, http://files.amnesty.org/air13/AmnestyInternational_AnnualReport2013_complete_en.pdf , Zugriff 4.3.2013
- BBC (4.1.2014): India brick industry: Calls to improve working conditions, http://www.bbc.co.uk/news/world-asia-india-25595093 , Zugriff 6.8.2014
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- BBC (16.5.2014) India profile - Overview, http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384 , Zugriff 17.3.2014
- BBC (2.1.2014): Why India's brick kiln workers 'live like slaves', http://www.bbc.co.uk/news/world-asia-india-25556965 , Zugriff 14.8.2014
- BBC (31.1.2014): World Bank chief economist on future of India's economy, http://www.bbc.com/news/world-asia-india-25742983 , Zugriff 17.3.2014
- FAZ- Frankfurter Allgemeine Zeitung (23.1.2014): Ein Wirtschaftswunder und ein fragiler Subkontinent, http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/weltwirtschaftsforum/china-und-indien-ein-wirtschaftswunder-und-ein-fragiler-subkontinent-12766222-p2.html , Zugriff 6.8.2014
- FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (16.5.2014): Modi ist Mann der Stunde,
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/fruehaufsteher/wahlentscheid-in-indien-modi-ist-der-mann-der-stunde-12941572.html , Zugriff 7.8.2014
- USDOS - US Department of State (27.2.2014): India, Country Report on Human Rights Practices,
http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper , Zugriff 4.3.2014
Medizinische Versorgung
Die medizinische Versorgung ist in weiten Landesteilen unzureichend und entspricht medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch meist nicht europäischem Standard (AA 24.3.2014).
Die gesundheitliche Grundversorgung wird vom Staat im Prinzip kostenfrei gewährt. Sie ist aber durchweg unzureichend (AA 3.3.2014). Nur 10 Prozent der heutigen indischen Bevölkerung verfügen über einen Krankenversicherungsschutz. 75 Prozent der Ausgaben für medizinische Versorgung müssen noch immer von Konsumenten selbst finanziert werden. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass dieser Industriezweig infolge des Markteintritts zahlreicher Privatinvestoren, in den nächsten Jahren enorm wachsen wird. 17 Versicherungsgesellschaften und 3 Krankenversicherungsunternehmen bieten derzeit Krankenversicherungen an. In Anbetracht der wachsenden Arzneimittelanwendungen und Gesundheitskosten steigt die Versicherungssummengrenze von 500.000 Rs. stetig an, so dass viele Unternehmen Policen in Höhe von 100.000 Rs. ausstellen. Max, Apollo Munich und Fortis sind die drei größten Gesellschaften. Royal Sundaram, Bharati AXA, ICICI Lombard etc. bieten Krankenversicherungen in Indien an (BAMF 8.2013).
Da der Andrang auf Leistungen des staatlichen Sektors sehr stark ist, weichen viele für eine bessere oder schnellere Behandlung auf private Anbieter aus. Die privaten Gesundheitsträger genießen wegen der fortschrittlicheren Infrastruktur und des qualifizierteren Personals einen besseren Ruf. In allen größeren Städten gibt es medizinische Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Maßnahmen durchgeführt werden können. Dies gilt mit den genannten Einschränkungen auch für den öffentlichen Bereich. Einige wenige private Krankenhäuser in den größten Städten gewährleisten einen Standard, der dem westlicher Industriestaaten vergleichbar ist. Insbesondere im wirtschaftlich starken Punjab und in New Delhi ist die Gesundheitsversorgung im Verhältnis zu anderen Landesteilen gut (AA 3.3.2014).
In staatlichen Krankenhäusern, von denen einige zu den besten Krankenhäusern Indiens gehören, erfolgt die Behandlung zu Steuerzahlerkosten. Die privaten medizinischen Einrichtungen bieten hohe Qualitätsstandards zu hohen Kosten. Die Gesundheitskosten in Indien sind im Vergleich zu den entwickelten Teilen der Welt verhältnismäßig niedrig. Nachfolgend die Durchschnittskosten einiger Einrichtungen in US $:
Knochenmarkstransplantation - $70.000, Lebertransplantation - $70.000, kardiologischer Eingriff - $10.000, orthopädischer Eingriff - $8.000, Katarakt-OP $1.250, Zahnimplantation - $800 etc. Die Primären Gesundheitseinrichtungen ("PHC") sind die Eckpfeiler der ländlichen Gesundheitsversorgung. Die Primären Gesundheitszentren und ihre nachgeordneten Stellen sollen die medizinischen Versorgungsbedürfnisse der Landbevölkerung gerecht werden. Jedes primäre Gesundheitszentrum ist für 100.000 Menschen zuständig und auf etwa 100 Dörfer verteilt. Die notwendige Ausstattung zur Verrichtung kleinerer operativer Eingriffe ist vorhanden. Auf der Gebietsebene besteht die Gesundheitsverwaltung aus einer Vielzahl von Bediensteten und Ärzten, die durchschnittlich 10-15 Krankenhäuser, 30-60 Primäre Gesundheitszentren und 300-400 nachgeordnete Zentren betreuen. Jeder Bezirk hat zudem ein Zivilkrankenhaus, um den Bedürfnissen der dortigen Bevölkerung zu begegnen (BAMF 8.2013).
Es gibt regierungsgestützte Vorhaben und Programme für die Gesundheit und Wohlfahrt der Bürger, die von der Zentralregierung durchgeführt werden. Diese Programme streben einen verbesserten Gesundheitszustand der Bevölkerung sowie niedrigere Erkrankungszahlen und Todesfälle durch Krankheiten an. Die regierungsgestützten Programme umfassen Immunisierungsaktionen, besonderen Umgang mit Epidemien, Pläne zur Ausrottung gefährlicher Krankheiten und zahlreiche Bildungs- und Trainingsprogramme (BAMF 8.2013). Dank einer massiven Impfkampagne unter Beteiligung einer gewaltigen Armee von Helfern konnte die Kinderlähmung in Indien ausgerottet werden. Dennoch leben noch viele mit den Folgen der Erkrankung, gelähmten beziehungsweise deformierten Gliedmaßen und gesellschaftlicher Ächtung. Noch vor fünf Jahren entfiel die Hälfte aller neuen Polio-Erkrankungen auf Indien. Es ist ein großer Erfolg, dass es in den vergangenen drei Jahren keine neuen Fälle gab (DW 16.1.2014).
Die Nationale Ländliche Gesundheitsmission "NRHM" ist ein Regierungsvorhaben zur landesweiten Bereitstellung nützlicher medizinischer Dienstleistungen in den Haushalten ländlicher Regionen. Im Fokus stehen vor allem die 18 Staaten Arunachal Pradesh, Assam, Bihar, Chhattisgarh, Himachal Pradesh, Jharkhand, Jammu and Kashmir, Manipur, Mizoram, Meghalaya, Madhya Pradesh, Nagaland, Orissa, Rajasthan, Sikkim, Tripura, Uttarkhand und Uttar Pradesh (BAMF 8.2013).
Der Zugang zu öffentlichen oder privaten Gesundheitsvorsorgeeinrichtungen in den ländlichen Gebieten ist, im Gegensatz den Städten, weiterhin eine Herausforderung. Eine steigende Zahl der Bevölkerung verwendet private Gesundheitsvorsorgeeinrichtungen, sowohl für stationäre als auch ambulante Behandlungen. Lange Wartezeiten und das Fehlen von Diagnoseeinrichtungen sind mitunter die Hauptgründe warum private Gesundheitsvorsorgeeinrichtungen, statt den öffentlichen Zentren, für die stationäre Behandlung ausgewählt werden. Für die ambulante Behandlung werden die Verfügbarkeit oder der Arzt und die Behandlungsqualität als Grund für die Auswahl der privaten Gesundheitsvorsorgeeinrichtungen genannt. Jedoch wären die Patienten bereit zu einem öffentlichen Gesundheitsvorsorgeeinrichtungen zu wechseln, wenn die genannten Probleme thematisiert werden würden. Patienten sind oft gezwungen aufgrund von Entfernung der schlechten öffentlichen Gesundheitseinrichtungen sich an teurere Institute zu wenden., Wenngleich es Verbesserungen gab, gibt es auch weiterhin signifikante Herausforderungen im Bereich des Gesundheitsvorsorgezugangs für die indische Bevölkerung, speziell in ländlichen Gebieten (IMS-Institute 6.2013).
Fast alle gängigen Medikamente sind auf dem Markt erhältlich. Die Einfuhr von Medikamenten aus dem Ausland ist möglich. Indien selbst ist der weltweit größte Hersteller von Generika, Medikamente kosten einen Bruchteil der Preise in Europa (AA 3.3.2014). Die Durchimpfungsrate ist extrem gestiegen. Zum Beispiel ist die Diphtherie-Tetanus-Pertussis Impfung unter den 1-jährigen um 60 -70 Prozent gestiegen die von Hepatitis B hat sich von 68 Prozent im Jahr 2005 auf 91 Prozent im Jahr 2010 gesteigert. Nationale Programme haben erfolgreich die Erkennungs- und Heilraten für Tuberkulose und Leprose verbessert (IMS-Institute 6.2013). [Zur Müttersterblichkeitsrate siehe Kapitel 18]
Die Säuglingssterblichkeitsrate hat sich in einem Zeitraum von 2000 - 2009 um mehr als 25 Prozent gesenkt, 50 Totgeburten pro 1.000 Lebendgeburten. Auch die unter -5jährigen Kindersterblichkeitsrate ist gesunken, 64 Toten pro 1.000 Lebendgeburten. Der städtische Bereich konnte die anvisierte Zahl der MDGs von 42 Toten pro 1.000 Lebendgeburten erreichen, jedoch ist der ländliche Bereich hinter dem Ziel mit 71 Toten pro 1.000 Lebendgeburten (IMS-Institute 6.2013). Die indische Regierung förderte regionale Krebszentren (HRW 29.1.2013).
Die "Accredited Socia lHealth Activist" (ASHA) ist eine Gesundheitsaktivisten-Initiative innerhalb der Gemeinden. Sie soll die Wahrnehmung für das Thema Gesundheit und die sozialen Begleiterscheinungen schärfen, sowie die Gemeinde zu örtlicher Gesundheitsplanung anleiten, ebenso wie zum vermehrten Gebrauch von und der Verantwortung für die existierenden medizinischen Dienste, die von der Regierung bereitgestellt werden. Die ASHA- Initiative bietet auch ein Mindestpaket an Heilpflege an, wie es auf dieser Ebene angemessen und realisierbar ist. Außerdem sorgt sie für termingerechte Überweisungen. Die kostenlose Notrufnummer in Indien ist die 1-0-8. Die Notrufe werden vom GVK EMRI (GVK Emergency Management and Research Institute) entgegengenommen, dem einzigen professionellen Notruf Service Provider in Indien, der medizinische Notrufe und Notrufe für Polizei und Feuerwehr entgegennimmt (BAMF 8.2013).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (3.3.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien, Zugriff 5.3.2014
- AA - Auswärtiges Amt (24.3.2014): Indien: Reise- und Sicherheitshinweise, unverändert gültig seit 18.2.2014, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_9FEE4C8FB03B6BE38D455A53869D3ADC/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/IndienSicherheit.html?nn=346896#doc346804bodyText7 , Zugriff 24.3.2014
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (8.2013):
Länderinformationsblatt Indien, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_indien-dl_de.pdf?__blob=publicationFile , Zugriff 7.8.2014
- DW - Deutsche Welle (16.1.2014): Neues Leben für Polio-Opfer in Indien,
http://www.dw.de/neues-leben-f ür-polio-opfer-in-indien/a-17366908, Zugriff 5.2.2014
- Human Rights Watch (29.1.2013): World Report 2013, India, http://www.hrw.org/world-report/2013/country-chapters/india?page=3 ; Zugriff 7.8.2014
- IMS-Institute (6.2013): Understanding Healthcare Access in India, http://www.imshealth.com/deployedfiles/imshealth/Global/Content/Corporate/IMS Institute/India/Understanding_Healthcare_Access_in_India.pdf, Zugriff 29.4.2014
- USDOS - US Department of State(27.2.2014): India, Country Report on Human Rights Practices,
http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper , Zugriff 4.3.2014
Behandlung nach Rückkehr
Allein die Tatsache, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, führt nicht zu nachteiligen Konsequenzen für abgeschobene indische Staatsangehörige. In den letzten Jahren hatten indische Asylbewerber, die in ihr Heimatland abgeschoben wurden, grundsätzlich - abgesehen von einer intensiven Prüfung der (Ersatz-) Reisedokumente und einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden - keine Probleme von Seiten des Staates zu befürchten. Polizeilich gesuchte Personen müssen allerdings bei Einreise mit Verhaftung und Übergabe an die Sicherheitsbehörden rechnen. Zu staatlichen oder sonstigen Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige liegen dem Auswärtigen Amt keine Erkenntnisse vor. Im Einzelfall wäre die Aufnahme in ein Waisenhaus oder bei Verwandten mit Hilfe der Botschaft sicherzustellen. Vor allem bei Jungen ist jedoch davon auszugehen, dass sich Verwandte finden werden (AA 3.3.2014).
Indien sieht sich als Teil des weltweiten Trends in Richtung einer zunehmenden Verstädterung. Das Land hat laut dem Zensus 2011 eine Gesamtbevölkerung von 1.210 Mio. Menschen, von denen 29% in städtischen Gebieten leben. Der Beitrag des städtischen Sektors zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird gegenwärtig auf 50-60% geschätzt. In diesem Zusammenhang ist es zu einem Hauptgegenstand politischer Ankündigungen des Ministeriums für Stadtentwicklung geworden, dass die Produktivität der städtischen Gebiete erhöht werden soll. Das Ministerium für Stadtentwicklung ist verantwortlich für die Ausgestaltung politischer Maßnahmen, Förderprogramme und Kontrollprogramme, sowie für die Koordinierung der Aktivitäten verschiedener Bundesministerien, Staatenregierungen und weiterer Schnittstellenbehörden, insofern als die städtische Entwicklung nahezu alle Belange des Landes betrifft. Nach 1950 entwarf die Indische Regierung einen Zehn-Jahres-Plan für Wohnungsbau und Stadtentwicklung, der in das Programm zur Verminderung städtischer Armut (Nehru Rojgar Yojana - NRY) mündete. Dieser Plan legte Wert auf die Schaffung von Institutionen und die Errichtung von Wohnungen für Staatsbedienstete und schwächere Gruppen. Das im Folgenden erweiterte Industrielle Wohungsbauprogramm bezog sich auf alle Arbeitergruppen. Als Nachfolger der Globalen Obdachstrategie (Global Shelter Strategy - GSS) wurde im Jahr 1988 die Nationale Wohnungspolitik (NHP) ausgerufen, deren langfristiges Ziel die Lösung des Wohnungsmangels, die Verbesserung der Wohnumstände der inadäquat lebenden Personen und die Bereitstellung eines Mindestlevels an Grundversorgung und Zusatzleistungen für jedermann war. Die Regierung trug dabei die Aufgabe, die ärmsten und gefährdetsten Gruppen zu versorgen und durch die Beseitigung von Hindernissen und Bereitstellung von Land und Dienstleistungen als Vermittler für andere Einkommensgruppen und den privaten Sektor aufzutreten. Das Hausbauprogramm für Bedienstete der Zentralregierung ist darauf ausgerichtet, Regierungsmitarbeitern Unterstützung beim eigenständigen Haus- bzw. Wohnungsbau zukommen zu lassen. Bei der Suche nach einer privaten Mietwohnung können die örtlichen Immobilienagenturen in der entsprechenden Stadt weiterhelfen (BAMF 8.2013).
Der Zugang zu gefälschten Dokumenten oder echten Dokumenten falschen Inhalts ist sehr leicht. Gegen entsprechende Zahlungen ist jedes Dokument zu erhalten und wird von den entsprechenden Behörden ohne Vorbehalte ausgestellt, da es sich nach dem dortigen Verständnis lediglich um "Embassy Requirements" zur Verwirklichung des allseits bestehenden Ausreisewunsches handelt. Erleichtert wird der Zugang überdies durch die Möglichkeit, Namen ohne größere Anstrengung zu ändern. Angesichts der hohen Zahl der Fälschungen wurde im Jahr 2000 das Legalisierungsverfahren für indische Urkunden eingestellt. Die Überprüfung der Echtheit von Haftbefehlen gestaltet sich schwierig. Z. B. besteht zwischen zahlreichen Personen aus dem Punjab, Delhi und Haryana eine Namensidentität, so dass die Zuordnung eines Haftbefehls häufig problematisch ist. Der Namenszusatz männlicher Sikhs ist "Singh" (Löwe), der aller weiblicher Sikhs "Kaur" (Löwin); Singh ist zudem ein verbreiteter Hindu-Nachname in Nordindien. Die Mitteilung sämtlicher Vornamen sowie des Geburtsdatums und des Namens der Eltern ist daher für die eindeutige Zuordnung unerlässlich. Hinzu kommt, dass die indischen Gerichte keine einheitlichen Formulare verwenden. Die vorgelegten Dokumente ("Warrant of Arrest", "First Investigation Report", Bestätigungsschreiben von Rechtsanwälten, "Affidavits" von Dorfvorstehern oder Angehörigen) stellen sich bei Überprüfung sehr häufig als gefälscht heraus. Zudem wird die Überprüfung dadurch erschwert, dass die Behörden sowie die anderen Beteiligten nur zögerlich oder überhaupt nicht kooperieren. Hinweise auf Fälschungen sind insbesondere unvollständige Siegelstempel, fehlende Unterschriften sowie bei Rechtsanwälten fehlende Adressangaben und Aktenzeichen, zudem sind Fotos äußerst hilfreich. Überprüfungen im Asylverfahren ergeben gewöhnlich, dass weder der Sachvortrag noch die Identität des Betreffenden bestätigt werden kann (AA 3.3.2014).
Die Identifizierungsbehörde Indiens wurde eingerichtet, um die rechtliche und technische Infrastruktur zu schaffen, die notwendig ist, um allen indischen Einwohnern Identitätsnummern (UID) auszustellen. Das neue System wird Aadhaar genannt. Damit sollen gefälschte und doppelte Identitäten ausgeschlossen werden. Das neue Identitätssystem wird mit Fotos, demographischen und biometrischen Details verbunden und ermöglicht dem Träger sich selbst auszuweisen und überall in Indien Zugang zu Dienstleistungen und Beihilfen zu erhalten. Der Erhalt einer UID geschieht auf freiwilliger Basis, es gibt keine rechtlichen Anforderungen zum Registrieren (UKBA 30.3.2012).
Die Regierung bereitet derzeit ein nationales Bevölkerungsregister vor (National Population Register - NPR) um nationale Personalausweise auszustellen (The Indian Tribune 8.7.2014).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (3.3.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien, Zugriff 5.3.2014
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (8.2013):
Länderinformationsblatt Indien, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_indien-dl_de.pdf?__blob=publicationFile , Zugriff 7.8.2014
- The Tribune India (8.7.2014): National ID cards soon, says Rajnath, http://www.tribuneindia.com/2014/20140709/main8.htm , Zugriff 7.8.2014
- Times of India (20.7.2014):
- 88% people in Punjab have Aadhar cards, http://timesofindia.indiatimes.com/city/chandigarh/88-people-in-Punjab-have-Aadhar-cards/articleshow/38746366.cms , Zugriff 13.8.2014
- UKBA - UK Border Agency - Home Office (30.3.2012): Country of Origin Information Report; India / Unique Identification Authority of India: Unique identification project - Background, http://uidai.gov.in/index.php?option=com_contentview=articleid=141Itemid=164 , Zugriff 7.8.2014
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang sowie die Feststellungen zum Verfahrensablauf ergeben sich aus dem Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und der vorliegenden Gerichtsakte.
Seine Staatsangehörigkeit, Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit sowie die Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand ergeben sich aus seinen Angaben. Die Feststellungen betreffend die Anzeigen wegen rechtswidrigen Aufenthaltes gemäß § 120 Abs. 1a FPG gründen auf den im Verwaltungsakt einliegenden Anzeigen der BPD und LPD Wien. Dass er strafrechtlich unbescholten ist, wurde einem aktuellen Strafregisterauszug entnommen.
Dass der Beschwerdeführer am 07.12.2010 bei der indischen Botschaft in Wien vorsprach, ergibt sich aus der in Vorlage gebrachten Bestätigung der Botschaft. Aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers bei der Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion Wien vom 21.03.2011 erschließt sich, dass er keinen Antrag auf Ausstellung eines Reisepasses gestellt hat, weshalb auch das erst spät im Verfahren bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 22.06.2016 gemachte Vorbringen, dass man ihm den Reisepass verweigert habe, nicht glaubhaft ist. Daher ging schon die belangte Behörde zu Recht davon aus, dass sich der Beschwerdeführer nicht von sich aus um die Ausstellung eines Reisepasses bemüht hat.
Die Feststellungen zum Familien- und Privatleben in Österreich und in Indien einschließlich allfälliger Aspekte einer Integration des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im rechtskräftig abgeschlossenen (ersten) Asylverfahren in Zusammenschau mit den ergänzenden Angaben, schriftlichen Eingaben und vorgelegten Bescheinigungsmitteln im gegenständlichen Verfahren. Die Negativfeststellung hinsichtlich der Selbsterhaltungsfähigkeit ergibt sich daraus, dass schon die belangte Behörde von dieser Beurteilung ausgegangen ist und der Beschwerdeführer bis dato weder einen Arbeitsvertrag noch Einkommensbelege in Vorlage brachte, aus denen die behauptete Selbsterhaltungsfähigkeit ableitbar gewesen wäre. Es wurde lediglich ein Schreiben von XXXX vom 29.01.2013 vorgelegt, aus dem sich jedoch nur ergibt, dass dem Beschwerdeführer eine Kopie der Aufforderung gemäß § 26 Abs. 6 AuslBG übermittelt und er zur Beachtung sonstiger Meldeverpflichtungen aufgefordert wurde. Basierend auf diesem Schreiben und den Angaben des Beschwerdeführers im rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren sowie im gegenständlichen Verfahren, als Zeitungszusteller in Österreich zu arbeiten, vermochte der Beschwerdeführer allerdings glaubhaft darzulegen, dass er als Zeitungszusteller tätig war. Dass er über keine Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz verfügte, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben und dem Umstand, dass schon das Bundesamt für Fremdenwesen davon ausging und dieser Feststellung in der Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten wurde. Hinsichtlich seiner Deutschkenntnisse brachte der Beschwerdeführer ein Prüfungszeugnis Deutsch-Test für Österreich für das Niveau A2 in Vorlage, demgegenüber wurden keine Unterlagen vorgelegt, welche die Teilnahme an einem Deutschkurs für das Niveau B2 bescheinigen könnten, weshalb die Absicht des Beschwerdeführers, einen solchen Kurs zu besuchen, festgestellt wurde.
Die Länderfeststellungen gründen auf den jeweils angeführten Länderberichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen. Sie wurden dem Beschwerdeführer mittels Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 20.07.2016 zur Kenntnis gebracht und der Beschwerdeführer trat den herangezogenen Länderinformationen nicht entgegen. Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte, wonach sich die allgemeine Lage zwischenzeitig in einer Weise verändert hätte, die von Amts wegen wahrzunehmen wäre. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Indien zugrunde gelegt werden konnten.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht unter anderem über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z 1).
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBL I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Seine Entscheidung hat es an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage auszurichten (vgl. VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076).
Zu A)
3.2. Abweisung des Antrags gemäß § 55 AsylG 2005
Der mit "Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK" betitelte § 55 AsylG lautet wie folgt: "(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."
Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I Nr. 70/2015 sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:
"1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."
Da sich der Beschwerdeführer aufgrund seiner Abschiebung am 25.11.2016 im Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichts nicht mehr im Bundesgebiet aufhält, ist eingangs festzuhalten, dass die Beendigung des inländischen Aufenthalts nach erfolgter Antragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht dazu führt, dass die Voraussetzung für die Erteilung dieses Aufenthaltstitels nicht mehr gegeben ist (vgl. das zur Rechtslage nach dem NAG ergangene und auf die nunmehrige Rechtslage insofern übertragbare Erkenntnis des VwGH vom 07.05.2014, 2013/22/0274).
Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen.
Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).
Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten oder sonstigen nahen Angehörigen in Österreich, weshalb kein unzulässiger Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Schutz des Familienlebens vorliegt.
Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Geht man im vorliegenden Fall von einem bestehenden Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich aus, fällt die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes in Übereinstimmung mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Lasten des Beschwerdeführers aus:
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann ein über zehnjähriger inländischer Aufenthalt den persönlichen Interessen eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet - unter Bedachtnahme auf die jeweils im Einzelfall zu beurteilenden Umstände - ein großes Gewicht verleihen (vgl. VwGH 10.05.2011, Zl. 2011/18/0100, mwN). Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, sind Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (vgl. zuletzt VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0325; auch VwGH 04.08.2016, Ra 2015/21/0249; 30.08.2011, 2008/21/0605; 14.04.2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032; 30.06.2016, Ra 2016/21/0165). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist aber auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte dann nicht zwingend von einem Überwiegen des persönlichen Interesses auszugehen, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren (vgl. VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005; 23.02.2017, Ra 2016/21/0340). Zu den Umständen, die ungeachtet eines mehr als zehnjährigen Aufenthaltes und des Vorhandenseins gewisser integrationsbegründender Merkmale auch gegen ein Überwiegen der persönlichen Interessen bzw. für ein größeres öffentliches Interesse an der Verweigerung eines Aufenthaltstitels (oder an der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) sprechen, zählen das Vorliegen einer strafgerichtlichen Verurteilung, Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften, eine zweifache Asylantragstellung, unrichtige Identitätsangaben, sofern diese für die lange Aufenthaltsdauer kausal waren, sowie die Missachtung melderechtlicher Vorschriften (vgl. VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005). "Im Ergebnis bedeutet das, dass auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte dann nicht zwingend von einem Überwiegen des persönlichen Interesses auszugehen ist, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren. Es ist daher auch in Fällen eines mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthaltes eine Gesamtabwägung unter Einbeziehung aller fallbezogen maßgeblichen Aspekte vorzunehmen, wenn auch unter besonderer Gewichtung der langen Aufenthaltsdauer." (VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005).
Im vorliegenden Fall hielt sich der Beschwerdeführer seit seiner illegalen Einreise im April 2007 bis zu seiner Abschiebung am 25.11.2016 im österreichischen Bundesgebiet auf. Die Dauer seines Aufenthaltes betrug sohin rund neun Jahre und sieben Monate. Dieser lange Zeitraum ist grundsätzlich als Verstärkung seines persönlichen Interesses an einem Verbleib in Österreich zu werten, jedoch wird die Dauer des Aufenthalts dadurch relativiert, dass sich der Beschwerdeführer ab Rechtskraft der negativen Entscheidung über seinen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz im September 2010 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt. Trotz des negativen Ausgangs des ersten Verfahrens auf internationalen Schutz verblieb er bis zu seiner Abschiebung im November 2016, sohin für rund sechs Jahre, unrechtmäßig in Österreich und missachtete die Ausreiseverpflichtung. Der Umstand, dass der weit überwiegende Teil des Inlandsaufenthalts des Beschwerdeführers unrechtmäßig war, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005; VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0165; VwGH 11.11.2013, 2013/22/0072) bei der Interessensabwägung zu berücksichtigen.
Gegen den Beschwerdeführer wurde auch zwei Mal wegen rechtswidrigen Aufenthalts in Österreich Anzeige erstattet. Dadurch wird deutlich, dass er bewusst und trotz rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidung jahrelang das österreichische Fremdenpolizei- und Einwanderungsrecht durch Nichtbefolgen der Ausreiseaufforderung missachtete, wodurch das öffentliche Interesse am Erlass und Vollzug einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verstärkt und die Dauer seines Aufenthalts in Österreich relativiert wird. Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).
Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216). In casu reiste der Beschwerdeführer illegal im Jahr 2007 nach Österreich ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, der sich als unberechtigt erwiesen hat. Sein rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet war ihm nur durch das mit diesem Antrag auf internationalen Schutz einhergehende vorübergehende Aufenthaltsrecht möglich. Das Gewicht eines zwischenzeitig entstandenen Privatlebens wird somit schon dadurch gemindert, dass sich der Beschwerdeführer nicht darauf verlassen konnte, sein Leben auch nach Beendigung des Asylverfahrens in Österreich fortzuführen, sich also zum Zeitpunkt, in dem das Privatleben entstanden ist, des unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein hätte müssen. Dabei verkennt das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass ein unsicherer Aufenthaltsstatus nicht zur Konsequenz hat, dass der während unsicheren Aufenthaltes erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen ist (vgl. VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005).
So ist zugunsten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen, dass er - abgesehen von einem kurzen Zeitraum - keine Leistungen aus der Grundversorgung bezog, seit Ende Jänner 2011 kranken- und unfallversichert war und sich während seines Aufenthalts in Österreich einen Freundes- und Bekanntenkreis aufgebaut hat, wie durch die vorgelegten Unterstützungsschreiben belegt wurde. Zudem eignete er sich Grundkenntnisse der deutschen Sprache an und absolvierte eine Deutschprüfung für das Niveau A2. Demgegenüber werden die Bemühungen des Beschwerdeführers hinsichtlich einer beruflichen Integration deutlich dadurch gemindert, dass er eine Tätigkeit als Zeitungszusteller ausgeübt hat, ohne über eine entsprechende Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zu verfügen, wie schon vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ausgeführt und in der Beschwerde nicht bestritten wurde. Indem sich der Beschwerdeführer sohin über die Regelungen des Ausländerbeschäftigungsgesetztes hinwegsetzte, wird der bereits durch die jahrelange Missachtung der bestehenden Ausreiseverpflichtung gewonnene Eindruck bestätigt, dass er nicht gewillt ist, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Dem Umstand, dass der Beschwerdeführer über zwei bedingte Einstellungszusagen verfügt, kann im Sinne einer Gesamtbetrachtung aktuell keine wesentliche Bedeutung zukommen, zumal der Beschwerdeführer mangels Aufenthaltsberechtigung und Arbeitserlaubnis keiner legalen Beschäftigung nachgehen könnte (vgl. VwGH 21.1.2010, 2009/18/0523; 29.6.2010, 2010/18/0195; 17.12.2010, 2010/18/0385; 22.02.2011, 2010/18/0323).
Diesen privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet steht das öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung gegenüber, dem nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ein hoher Stellenwert zukommt. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).
Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine Ausweisung unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert. In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon 10 Jahre im Aufnahmestaat lebte.
Hinzuweisen ist auch auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.11.2016, Ra 2016/21/0183-5, in welcher die Abwägung nach § 9 BFA-VG (indischer Staatsangehöriger; mehr als zehnjähriger Aufenthalt; sprachliche [ÖSD-Zertifikat B1] und berufliche [Tätigkeit als Zusteller auf Werkvertragsbasis] Integration; jedoch Verwendung einer missbräuchlichen Aliasidentität) im Ergebnis nicht als unvertretbar erachtet wurde.
Der Beschwerdeführer verfügt darüber hinaus über anhaltend starke Bindungen zum Herkunftsstaat, zumal dort seine Ehefrau, seine beiden Kinder, seine Eltern und seine Geschwister leben. Er verbrachte den überwiegenden und prägenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat, wurde dort sozialisiert, ging zur Schule und arbeitete als Landwirt in der familieneigenen Landwirtschaft, sodass nichts darauf hindeutet, dass sich der Beschwerdeführer nach jahrelanger Abwesenheit vom Herkunftsstaat in die dortige Gesellschaft nicht wieder integrieren könnte.
Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, Zl. 2002/18/0112).
Aufgrund dieser Erwägungen ist die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgenommene Beurteilung, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung in den Hintergrund treten, nicht zu beanstanden. Allein ein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt kann nämlich keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber sich rechtstreu Verhaltenden führen (VfGH 12.06. 2010, U 613/10-10, vgl. idS VwGH 11. 12. 2003, 2003/07/0007).
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist sohin zu Recht davon ausgegangen, dass die öffentlichen Interessen an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie an einem geordneten Zuwanderungswesen im vorliegenden Fall schwerer wiegen als die familiären und privaten Interessen des Beschwerdeführers. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK daher nicht geboten, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
3.3. Erlassung einer Rückkehrentscheidung
§ 10 Abs. 3 AsylG 2005 lautet: "Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt."
Gemäß § 52 Abs. 3 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
Da der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 55 AsylG 2005 zu Recht abgewiesen wurde, war entsprechend den zitierten Bestimmungen eine Rückkehrentscheidung gleichzeitig zu erlassen. Obigen Erwägungen zu Punkt 3.2. zufolge, ist die Erlassung der Rückkehrentscheidung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.
3.4. Zulässigkeit der Abschiebung
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Der Verwaltungsgerichtshof hielt in seinem Erkenntnis vom 16.12.2015, Ra 2015/21/0119, (in einer Verfahrenskonstellation nach § 75 Abs. 20 AsylG 2005) fest, dass eine Beurteilung der Zulässigkeit der Abschiebung im Rahmen des Rückkehrentscheidungsverfahrens inhaltlich nicht von einer bereits ausgesprochenen Entscheidung über die Gewährung subsidiären Schutzes abweichen könne, sondern lediglich die notwendige Folge eines negativen Abspruchs über einen Antrag auf internationalen Schutz darstelle. In seinem Erkenntnis vom 24.05.2016, Ra 2016/21/0101, konkretisierte der Verwaltungsgerichtshof diese Erwägungen, indem er ausführte, dass dies nur bei unveränderter Sachlage gelte. Stehe dagegen im Raum, dass sich die Verhältnisse im Herkunftsstaat maßgeblich verändert - aus der Sicht des Fremden: verschlechtert - hätten, so sei eine Überprüfung dahingehend vorzunehmen, ob eine Abschiebung in den Herkunftsstaat (noch) zulässig sei.
Entsprechend dieser Judikatur ergibt sich verfahrensgegenständlich die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat bereits aus dem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 24.09.2010, Zl. C16 312.240-1/2008/10E. Der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde sowohl in Bezug auf den Status des Asylberechtigten als auch in Bezug auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtskräftig abgewiesen, weshalb die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs grundsätzlich zu bejahen ist. Im Übrigen ist auch aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinem zweiten Antrag auf internationalen Schutz, dass im Jahr 2017 Wahlen im Punjab seien und die Lage dort sehr schlecht sowie angespannt sei, nichts für ihn zu gewinnen, zumal er entsprechend dem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 24.09.2010, auf eine innerstaatliche Fluchtalternative außerhalb seiner Heimatregion Punjab verwiesen wurde und demnach keine maßgebliche Verschlechterung der Lage für ihn erkennbar ist.
Da sohin keine Gründe für die Annahme bestehen, dass der Beschwerdeführer im Heimatland im Sinne des § 50 FPG bedroht wäre, ist der Ausspruch des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien nicht zu beanstanden.
3.5. Frist für die freiwillige Ausreise
Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, wurde die Frist von der belangten Behörde zu Recht mit 14 Tagen festgelegt.
3.6. Absehen von einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Der Beschwerdeführer beantragte in seinem Beschwerdeschriftsatz zwar die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, hierbei wurde aber nicht angeführt, was bei einer weiteren persönlichen Befragung konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, was eine ergänzende Einvernahme an vorliegenden Widersprüchen hätte ändern können bzw. welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären (z.B. VwGH 04.07.1994, 94/19/0337). Wird dies unterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme, da damit der Beweiswürdigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der sich das Bundesverwaltungsgericht anschließt, nicht substantiiert entgegengetreten wird.
Da sich in casu der Sachverhalt eindeutig aus der Aktenlage ergibt, konnte daher eine mündliche Verhandlung im konkreten Fall entfallen. Der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung reicht aber bei sonstigem Vorliegen der Voraussetzung des § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht aus, um eine Verhandlungspflicht zu begründen (vgl. VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017 und 0018; 22.11.2006, 2005/20/0406 u. v. a.).
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu A) wiedergegeben.
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