B-VG Art.133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W220.2144966.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela UNTERER als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1) XXXX , geboren am XXXX , 2) XXXX , geboren am XXXX , 3) XXXX , geboren am XXXX , 4) XXXX , geboren am XXXX und 5) XXXX , geboren am XXXX , alle Staatsangehörigkeit Afghanistan, alle vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen jeweils Spruchpunkt I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 1) 19.11.2014, Zl. 830878304-1677173, 2) 10.11.2016, Zl. 1099377308-160569763, 3) 10.11.2016, Zl. 1099378000/160569780, 4) 10.11.2016, Zl. 1099378610-160569801, und 5) 10.11.2016, Zl. 1099380401-160569798, nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am XXXX und am XXXX zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide
werden als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
I.1. Verfahrensgang
1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und die Eltern der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer.
2. Der Erstbeschwerdeführer reiste infolge einer Dublin-Übernahme gemeinsam mit seinem Bruder, dessen Ehegattin und Tochter aus den Niederlanden am 24.06.2013 mit einem Laissez Passer nach Österreich ein und stellte am gleichen Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.
3. Am 25.06.2013 fand die Erstbefragung des Erstbeschwerdeführers vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Dabei gab er zusammengefasst an, er stamme aus der Stadt XXXX . Er gehöre der Volksgruppe der Paschtunen an und sei sunnitischen Bekenntnisses. Zum Fluchtweg gab er an, vor sechs Monaten von XXXX nach KABUL und von dort über Dubai und Istanbul nach Österreich gelangt zu sein, nach einer Übernachtung in Wien seien sie mit dem Zug nach Holland gefahren, wo sie an der Grenze aufgehalten und in weiterer Folge nach Österreich überstellt worden seien. Zum Fluchtgrund bezog sich der Erstbeschwerdeführer zusammengefasst auf eine Verfolgung seitens der Taliban aufgrund seiner und der Tätigkeit seines Bruders für eine Firma, die "für die Amerikaner" gearbeitet hätte. Als Angehörige in Afghanistan nannte er seine Eltern, seine Ehegattin und drei gemeinsame Kinder (zwei Söhne, eine Tochter), einen jüngeren Bruder und zwei Schwestern. Sein anderer Bruder sei mit ihm nach Österreich gekommen, eine Schwester lebe in Holland.
4. Der Erstbeschwerdeführer wurde am 05.08.2013 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Dabei legte er eine Tazkira, eine Arbeitsbestätigung der Firma " XXXX " und zwei als Drohbriefe der Taliban bezeichnete Schreiben vor. Der Erstbeschwerdeführer gab an, dass seine Ehegattin mit den gemeinsamen Kindern bei seinem Eltern und seinem jüngeren Bruder in XXXX in der Stadt XXXX wohnen würden. Er selbst habe sich vor der Ausreise in XXXX in der Stadt XXXX bei einem Freund versteckt gehalten, davor habe er in der Wohnhausanlage " XXXX " gelebt. Im weiteren wurde der Erstbeschwerdeführer umfassend zu seinen Fluchtgründen einvernommen, wobei er sich wiederum auf eine Verfolgung seitens der Taliban aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit bezog.
5. Mit Bescheid vom 19.11.2014, Zl. 830878304-1677173, wurde der Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs.1 AsylG wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.).
Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheids erhob der Erstbeschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.
6. Die Zweitbeschwerdeführerin reiste mit dem Drittbeschwerdeführer, der Viertbeschwerdeführerin und dem Fünftbeschwerdeführer legal und im Besitz eines österreichischen Visum nach Stattgabe eines Einreiseantrags gem. § 35 AsylG nach Österreich ein und stelle am 21.04.2016 für sich und als gesetzliche Vertreterin für die minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer Anträge auf internationalen Schutz.
7. Am 21.04.2016 fand die Erstbefragung der Zweitbeschwerdeführerin vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Dabei gab sie an, sie sei aus Afghanistan geflüchtet, weil ihr Ehemann in Österreich sei und der Cousin ihres Ehemannes, der 35 Jahre alt und bereits verheiratet sei, ihre Tochter (Anm.: die Viertbeschwerdeführerin) heiraten wolle.
8. Die Zweitbeschwerdeführerin wurde am 08.11.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Die Zweitbeschwerdeführerin gab zusammengefasst an, ihr Schwiegervater sei vor etwa einem Monat verstorben. Er sei von den Leuten attackiert worden, die ihre Tochter gewollt hätten. Ihre Schwiegermutter, ihr Schwager und dessen Frau würden ebenso wie ihre Eltern in der Stadt XXXX leben. Gefragt, wann sie Afghanistan verlassen habe, gab sie an, vor acht oder neun Monaten - seit fünf oder sechs Monaten seien sie hier; zwei, drei Monate seien sie in Pakistan gewesen. Sodann machte die Zweitbeschwerdeführerin Angaben zu ihrer Lebenssituation in Österreich. Zudem wurde sie umfassend zum Vorbringen einer beabsichtigten Verheiratung der Viertbeschwerdeführerin einvernommen.
9. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat mit den oben unter 2) bis 5) angeführten Bescheiden jeweils vom 10.11.2016 die gegenständlichen Anträge der Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer auf internationalen Schutz jeweils bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.) und den Zweit- bis Fünftbeschwerdeführern jeweils den Status der/des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkte II.) und ihnen jeweils eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkte III.).
10. Gegen die unter Punkt 9. genannten Bescheide wurde am 13.12.2016 jeweils fristgerecht eine gleichlautende Beschwerde erhoben. Dazu langte am 03.01.2018 eine "Beschwerdeberichtigung" ein.
11. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die eingebrachten Beschwerden am XXXX und am XXXX öffentliche, mündliche Verhandlungen durchgeführt. Im Zuge dieser Verhandlungen wurde Beweis erhoben durch Parteienvernehmung des Erstbeschwerdeführers, seines Bruders, der Zweitbeschwerdeführerin, der Schwägerin des Erstbeschwerdeführers und dem Drittbeschwerdeführer.
Hinsichtlich nachfolgender beigeschaffter Berichte zur Situation in Afghanistan
- Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 19.10.2016 und Lagebeurteilung für Afghanistan, Stand Juli 2017,
- Länderinformationsblatt Afghanistan der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.03.2017, aktualisiert am 21.12.2017
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Thema Afghanistan, Frauen in urbanen Zentren 18.09.2017
wurde eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt.
12. Am 25.01.2018 langten Stellungnahmen (datiert mit 24.01.2018) ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Afghanistan, gehören der Volksgruppe der Paschtunen an und sind sunnitischen Bekenntnisses.
Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und die Eltern der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer.
Die Beschwerdeführer stammen aus der Stadt XXXX in der Provinz
KANDAHAR.
Eine Verfolgung der Beschwerdeführer, insbesondere des Erstbeschwerdeführers durch Taliban oder andere Akteure aufgrund einer früheren Berufstätigkeit ist nicht glaubhaft. Der Erstbeschwerdeführer konnte eine Tätigkeit bei der XXXX nicht glaubhaft machen. Das in diesem Zusammenhang erstattete Vorbringen ist nicht glaubhaft.
Das Vorbringen zu einer drohenden Zwangsverheiratung der Viertbeschwerdeführerin und zu den Umständen des Todes des Vaters des Erstbeschwerdeführers sowie das Vorbringen zu einer damit in Zusammenhang stehenden (vorgreifenden) Blutrache und Verfolgung der Beschwerdeführer durch den Cousin des Erstbeschwerdeführers oder andere Akteure, ist nicht glaubhaft.
Die aktuelle Lebensweise der Zweitbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführerin verstößt nicht einer solchen Form gegen die sozialen Normen in urbanen Gebieten Afghanistans, dass sie als gegen die sozialen Sitten sowie gegen religiöse und politische Normen verstoßend und sie exponierend wahrgenommen werden. Eine derartige Lebensweise ist nicht Bestandteil der jeweiligen Identität der Beschwerdeführerinnen geworden.
Die Zweitbeschwerdeführerin hat in Afghanistan nicht die Schule besucht. Sie kann in ihrer Muttersprache lesen, aber nicht schreiben. Sie arbeitete in XXXX von zuhause aus als Schneiderin und hat Kleider für Familienangehörige genäht.
Die Zweitbeschwerdeführerin kümmert sich in ihrem Alltag in Österreich um den Haushalt. Zudem geht sie einkaufen, mit den Kindern in den Park und spazieren. Sie hat einen Deutsch-Sprachkurs auf dem Niveau A1 besucht. Die Zweitbeschwerdeführerin kann in deutscher Sprache auf einfachstem Niveau im Infinitiv kommunizieren. Sie kennt ihre Deutschlehrerin und hat Kontakt zu einer Österreicherin, mit der ihre Kinder spielen, wobei sie zu einer Kommunikation mit dieser nicht genug Deutschkenntnisse hat.
Die Viertbeschwerdeführerin und der Fünftbeschwerdeführer besuchen in Österreich die Schule. Der Drittbeschwerdeführer ist in XXXX nicht zur Schule gegangen, hat dort aber einen Englischkurs besucht. In Österreich arbeitet der Drittbeschwerdeführer zehn Stunden wöchentlich als Kochgehilfe.
Es wurden keine Faktoren glaubhaft gemacht und haben sich solche auch sonst nicht ergeben, die eine Gefahrenverdichtung in den Personen der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer aufgrund ihrer Minderjährigkeit darstellen. Es besteht für sie aufgrund ihrer Minderjährigkeit insbesondere keine erhöhte Gefahr, zivile Opfer von Angriffen Aufständischer oder sonstiger Auseinandersetzungen zu werden. Die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer laufen nicht Gefahr, Opfer von Gewalt, Missbrauch oder Kinderarbeit zu werden.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt sind.
Zur Lage im Herkunftsstaat:
Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 21.12.2017:
1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 21.12.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2017 (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)
Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil - der Konflikt zwischen regierungsfeindlichen Kräften und Regierungskräften hält landesweit an (UN GASC 20.12.2017). Zur Verschlechterung der Sicherheitslage haben die sich intensivierende Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften beigetragen (SIGAR 30.10.2017; vgl. SCR 30.11.2017).
Die afghanischen und internationalen Sicherheitskräfte verstärkten deutlich ihre Luftoperationen (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die in 22 Provinzen registriert wurden. So haben sich im Berichtszeitraum der Vereinten Nationen (UN) Luftangriffe um 73% gegenüber dem Vorjahreswert erhöht (UN GASC 20.12.2017). Der Großteil dieser Luftangriffe wurde in der südlichen Provinz Helmand und in der östlichen Provinz Nangarhar erfasst (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die als Hochburgen des IS und der Taliban gelten (SIGAR 30.10.2017). Verstärkte Luftangriffe hatten wesentliche Auswirkungen und führten zu hohen Opferzahlen bei Zivilist/innen und regierungsfeindlichen Elementen (UN GASC 20.12.2017). Zusätzlich ist die Gewalt in Ostafghanistan auf die zunehmende Anzahl von Operationen der ANDSF und der Koalitionskräfte zurück zu führen (SIGAR 30.10.2017).
Landesweit kam es immer wieder zu Sicherheitsoperationen, bei denen sowohl aufständische Gruppierungen als auch afghanische Sicherheitskräfte Opfer zu verzeichnen hatten (Pajhwok 1.12.2017; TP 20.12.2017; Xinhua 21.12.2017; Tolonews 5.12.2017; NYT 11.12.2017).
Den Vereinten Nationen zufolge hat sich der Konflikt seit Anfang des Jahres verändert, sich von einer asymmetrischen Kriegsführung entfernt und in einen traditionellen Konflikt verwandelt, der von bewaffneten Zusammenstößen zwischen regierungsfeindlichen Elementen und der Regierung gekennzeichnet ist. Häufigere bewaffnete Zusammenstöße werden auch als verstärkte Offensive der ANDSF-Operationen gesehen um die Initiative von den Taliban und dem ISKP zu nehmen - in diesem Quartal wurde im Vergleich zum Vorjahr eine höhere Anzahl an bewaffneten Zusammenstößen erfasst (SIGAR 30.10.2017).
Sicherheitsrelevante Vorfälle
Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.9. - 15.11.2017) 3.995 sicherheitsrelevante Vorfälle; ein Rückgang von 4% gegenüber dem Vorjahreswert. Insgesamt wurden von 1.1.-15.11.2017 mehr als 21.105 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, was eine Erhöhung von 1% gegenüber dem Vorjahreswert andeutet. Laut UN sind mit 62% bewaffnete Zusammenstöße die Hauptursache aller sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs [Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen], die in 17% der sicherheitsrelevanten Vorfälle Ursache waren. Die östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von den südlichen Regionen - zusammen wurde in diesen beiden Regionen 56% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Gezielte Tötungen und Entführungen haben sich im Vergleich zum Vorjahreswert um 16% erhöht (UN GASC 20.12.2017).
Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden vom 1.1.-30.11.2017 24.917 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan registriert (Stand: Dezember 2017) (INSO o.D.).
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(Grafik: Staatendokumentation gemäß Daten aus INSO o.D.)
Zivilist/innen
Im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des letzten Jahres registrierte die UNAMA zwischen 1.1. und 30.9.2017 8.019 zivile Opfer (2.640 Tote und 5.379 Verletzte). Dies deutet insgesamt einen Rückgang von fast 6% gegenüber dem Vorjahreswert an (UNAMA 10.2017); konkret hat sich die Anzahl getöteter Zivilist/innen um 1% erhöht, während sich die Zahl verletzter Zivilist/innen um 9% verringert hat (UN GASC 20.12.2017).Wenngleich Bodenoffensiven auch weiterhin Hauptursache für zivile Opfer waren - führte der Rückgang der Anzahl von Bodenoffensiven zu einer deutlichen Verringerung von 15% bei zivilen Opfern. Viele Zivilist/innen fielen Selbstmordattentaten, sowie komplexen Angriffen und IEDs zum Opfer - speziell in den Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Kandahar und Faryab (UNAMA 10.2017).
Zivile Opfer, die regierungsfreundlichen Kräften zugeschrieben wurden, sind um 37% zurückgegangen: Von insgesamt 849 waren 228 Tote und 621 Verletzte zu verzeichnen. Im Gegensatz dazu erhöhte sich die Anzahl ziviler Opfer, die regierungsfeindlichen Elementen zugeschrieben werden, um 7%: von den 1.150 zivilen Opfer starben 225, während 895 verletzt wurden. Die restlichen Opfer konnten keiner Tätergruppe zugeschrieben werden (UNAMA 10.2017).
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(UNAMA 10.2017)
High-profile Angriffe:
Am 31.10.2017 sprengte sich ein Selbstmordattentäter in der "Green Zone" der Hauptstadt Kabul in die Luft. Der angebliche Täter soll Quellen zufolge zwischen 12-13 Jahren alt gewesen sein. Mindestens vier Menschen starben bei dem Angriff und ein Dutzend weitere wurden verletzt. Dies war der erste Angriff in der "Green Zone" seit dem schweren Selbstmordattentat im Mai 2017 (BBC 31.10.2017; vgl. Telegraph 31.10.2017). der IS bekannte sich zu diesem Vorfall Ende Oktober 2017 (BBC 31.10.2017; vgl. Telegraph 31.10.2017; UN GASC 20.12.2017)
Am 20.10.2017 sprengte sich ein Angreifer in der Shia Imam Zamam Moschee in Kabul in die Luft; dabei wurden mindestens 30 Menschen getötet und 45 weitere verletzt. Der IS bekannt sich zu diesem Angriff (Independent 20.10.2017; vgl. BBC 21.10.2017; UN GASC 20.12.2017). In dem Distrikt Solaina, in der westlichen Provinz Ghor, wurde ebenso eine Moschee angegriffen - in diesem Fall handelt es sich um eine sunnitische Moschee. Die tatsächliche Opferzahl ist umstritten: je nach Quellen sind zwischen 9 und 39 Menschen bei dem Angriff gestorben (Independent 20.10.2017; vgl. NYT 20.10.2017; al Jazeera 20.10.2017).
Am 19.10.2017 wurde im Rahmen eines landesweit koordinierten Angriffes der Taliban 58 afghanische Sicherheitskräfte getötet: ein militärisches Gelände, eine Polizeistationen und ein militärischer Stützpunkt in Kandahar wären beinahe überrannt worden (Independent 20.10.2017; vgl. BBC 21.10.2017). Einige Tage vor diesem Angriff töteten ein Selbstmordattentäter und ein Schütze mindestens 41 Menschen, als sie ein Polizeiausbildungszentrum in der Provinzhauptstadt Gardez stürmten (Provinz Paktia) (BBC 21.10.2017). In der Woche davor wurden 14 Offiziere der Militärakademie auf dem Weg nach Hause getötet, als ein Selbstmordattentäter den Minibus in die Luft sprengte in dem sie unterwegs waren (NYT 20.10.2017). Die afghanische Armee und Polizei haben dieses Jahr schwere Verlusten aufgrund der Taliban erlitten (BBC 21.10.2017).
Am 7.11.2017 griffen als Polizisten verkleidete Personen/regierungsfeindliche Kräfte eine Fernsehstation "Shamshad TV" an; dabei wurde mindestens eine Person getötet und zwei Dutzend weitere verletzt. Die afghanischen Spezialkräfte konnten nach drei Stunden Kampf, die Angreifer überwältigen. Der IS bekannt sich zu diesem Angriff (Guardian 7.11.2017; vgl. NYT 7.11.2017; UN GASC 20.12.2017).
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(Guardian 7.11.2017)
Bei einem Selbstmordangriff im November 2017 wurden mindestens neun Menschen getötet und einige weitere verletzt; die Versammelten hatten einem Treffen beigewohnt, um den Gouverneur der Provinz Balkh - Atta Noor - zu unterstützen; auch hier bekannte sich der IS zu diesem Selbstmordattentat (Reuters 16.11.2017; vgl. UN GASC 20.12.2017)
Interreligiöse Angriffe
Serienartige gewalttätige Angriffe gegen religiöse Ziele, veranlassten die afghanische Regierung neue Maßnahmen zu ergreifen, um Anbetungsorte zu beschützen: landesweit wurden 2.500 Menschen rekrutiert und bewaffnet, um 600 Moscheen und Tempeln vor Angriffen zu schützen (UN GASC 20.12.2017).
Seit 1.1.2016 wurden im Rahmen von Angriffen gegen Moscheen, Tempel und andere Anbetungsorte 737 zivile Opfer verzeichnet (242 Tote und 495 Verletzte); der Großteil von ihnen waren schiitische Muslime, die im Rahmen von Selbstmordattentaten getötet oder verletzt wurden. Die Angriffe wurden von regierungsfeindlichen Elementen durchgeführt - hauptsächlich dem IS (UNAMA 7.11.2017).
Im Jahr 2016 und 2017 registrierte die UN Tötungen, Entführungen, Bedrohungen und Einschüchterungen von religiösen Personen - hauptsächlich durch regierungsfeindliche Elemente. Seit 1.1.2016 wurden 27 gezielte Tötungen religiöser Personen registriert, wodurch 51 zivile Opfer zu beklagen waren (28 Tote und 23 Verletzte); der Großteil dieser Vorfälle wurde im Jahr 2017 verzeichnet und konnten großteils den Taliban zugeschrieben werden. Religiösen Führern ist es möglich, öffentliche Standpunkte durch ihre Predigten zu verändern, wodurch sie zum Ziel von regierungsfeindlichen Elementen werden (UNAMA 7.11.2017).
ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte
Informationen zur Stärke der ANDSF und ihrer Opferzahlen werden von den US-amerikanischen Kräften in Afghanistan (USFOR-A) geheim gehalten; im Bericht des US-Sonderbeauftragten für den Aufbau in Afghanistan (SIGAR) werden Schätzungen angegeben:
Die Stärke der ANDSF ist in diesem Quartal zurückgegangen; laut USFOR-A Betrug die Stärke der ANDSF mit Stand August 2017 etwa 320.000 Mann - dies deutet einen Rückgang von 9.000 Mann gegenüber dem vorhergehenden Quartal an. Dennoch erhöhte sich der Wert um
3.500 Mann gegenüber dem Vorjahr (SIGAR 30.10.2017). Die Schwundquote der afghanischen Nationalpolizei war nach wie vor ein großes Anliegen; die Polizei litt unter hohen Opferzahlen (UN GASC 20.12.2017).
Im Rahmen eines Memorandum of Understanding (MoU) zwischen dem afghanischen Verteidigungs- und Innenministerium wurde die afghanische Grenzpolizei (Afghan Border Police) und die afghanische Polizei für zivile Ordnung (Afghan National Civil Order Police) dem Verteidigungsministerium übertragen (UN GASC 20.12.2017). Um sogenanntem "Geisterpersonal" vorzubeugen, werden seit 1.1.2017 Gehälter nur noch an jenes Personal im Innen- und Verteidigungsministerium ausbezahlt, welches ordnungsgemäß registriert wurde (SIGAR 30.10.2017).
Regierungsfeindliche Gruppierungen:
Taliban
Der UN zufolge versuchten die Taliban weiterhin von ihnen kontrolliertes Gebiet zu halten bzw. neue Gebiete unter ihre Kontrolle zu bringen - was zu einem massiven Ressourcenverbrauch der afghanischen Regierung führte, um den Status-Quo zu halten. Seit Beginn ihrer Frühjahrsoffensive unternahmen die Taliban keine größeren Versuche, um eine der Provinzhauptstädte einzunehmen. Dennoch war es ihnen möglich kurzzeitig mehrere Distriktzentren einzunehmen (SIGAR 30.10.2017):
Die Taliban haben mehrere groß angelegte Operationen durchgeführt, um administrative Zentren einzunehmen und konnten dabei kurzzeitig den Distrikt Maruf in der Provinz Kandahar, den Distrikt Andar in Ghazni, den Distrikt Shib Koh in der Farah und den Distrikt Shahid-i Hasas in der Provinz Uruzgan überrennen. In allen Fällen gelang es den afghanischen Sicherheitskräften die Taliban zurück zu drängen - in manchen Fällen mit Hilfe von internationalen Luftangriffen. Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es, das Distriktzentrum von Ghorak in Kandahar unter ihre Kontrolle zu bringen - dieses war seit November 2016 unter Talibankontrolle (UN GASC 20.12.2017).
Im Rahmen von Sicherheitsoperationen wurden rund 30 Aufständische getötet; unter diesen befand sich - laut afghanischen Beamten - ebenso ein hochrangiger Führer des Haqqani-Netzwerkes (Tribune 24.11.2017; vgl. BS 24.11.2017). Das Haqqani-Netzwerk zählt zu den Alliierten der Taliban (Reuters 1.12.2017).
Aufständische des IS und der Taliban bekämpften sich in den Provinzen Nangarhar und Jawzjan (UN GASC 20.12.2017). Die tatsächliche Beziehung zwischen den beiden Gruppierungen ist wenig nachvollziehbar - in Einzelfällen schien es, als ob die Kämpfer der beiden Seiten miteinander kooperieren würden (Reuters 23.11.2017).
IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh
Der IS war nach wie vor widerstandsfähig und bekannte sich zu mehreren Angriff auf die zivile Bevölkerung, aber auch auf militärische Ziele [Anm.: siehe High-Profile Angriffe] (UN GASC 20.12.2017). Unklar ist, ob jene Angriffe zu denen sich der IS bekannt hatte, auch tatsächlich von der Gruppierung ausgeführt wurden bzw. ob diese in Verbindung zur Führung in Mittleren Osten stehen. Der afghanische Geheimdienst geht davon aus, dass in Wahrheit manche der Angriffe tatsächlich von den Taliban oder dem Haqqani-Netzwerk ausgeführt wurden, und sich der IS opportunistischerweise dazu bekannt hatte. Wenngleich Luftangriffe die größten IS-Hochburgen in der östlichen Provinz Nangarhar zerstörten; hielt das die Gruppierungen nicht davon ab ihre Angriffe zu verstärken (Reuters 1.12.2017).
Sicherheitsbeamte gehen davon aus, dass der Islamische Staat in neun Provinzen in Afghanistan eine Präsenz besitzt: im Osten von Nangarhar und Kunar bis in den Norden nach Jawzjan, Faryab, Badakhshan und Ghor im zentralen Westen (Reuters 23.11.2017). In einem weiteren Artikel wird festgehalten, dass der IS in zwei Distrikten der Provinz Jawzjan Fuß gefasst hat (Reuters 1.12.2017).
Politische Entwicklungen
Der Präsidentenpalast in Kabul hat den Rücktritt des langjährigen Gouverneurs der Provinz Balkh, Atta Mohammad Noor, Anfang dieser Woche bekanntgegeben. Der Präsident habe den Rücktritt akzeptiert. Es wurde auch bereits ein Nachfolger benannt (NZZ 18.12.2017). In einer öffentlichen Stellungnahme wurde Mohammad Daud bereits als Nachfolger genannt (RFE/RL 18.12.2017). Noor meldete sich zunächst nicht zu Wort (NZZ 18.12.2017).
Wenngleich der Präsidentenpalast den Abgang Noors als "Rücktritt" verlautbarte, sprach dieser selbst von einer "Entlassung" - er werde diesen Schritt bekämpfen (RFE/RL 20.12.2017). Atta Noors Partei, die Jamiat-e Islami, protestierte und sprach von einer "unverantwortlichen, hastigen Entscheidung, die sich gegen die Sicherheit und Stabilität in Afghanistan sowie gegen die Prinzipien der Einheitsregierung" richte (NZZ 18.12.2017).
Die Ablösung des mächtigen Gouverneurs der nordafghanischen Provinz Balch droht Afghanistan in eine politische Krise zu stürzen (Handelsblatt 20.12.2017). Sogar der Außenminister Salahuddin Rabbani wollte nach Angaben eines Sprechers vorzeitig von einer Griechenlandreise zurückkehren (NZZ 18.12.2017).
Atta Noor ist seit dem Jahr 2004 Gouverneur der Provinz Balkh und gilt als Gegner des Präsidenten Ashraf Ghani, der mit dem Jamiat-Politiker Abdullah Abdullah die Einheitsregierung führt (NZZ 18.12.2017). Atta Noor ist außerdem ein enger Partner der deutschen Entwicklungshilfe und des deutschen Militärs im Norden von Afghanistan (Handelsblatt 20.12.2017).
In der Provinz Balkh ist ein militärischer Stützpunkt der Bundeswehr (Handelsblatt 20.12.2017).
Quellen:
- al Jazeera (20.10.2017): Deadly attacks hit mosques in Kabul and Ghor,
http://www.aljazeera.com/news/2017/10/dozens-feared-dead-attacks-afghanistan-171020142936566.html , Zugriff 20.12.2017
- BBC (31.10.2017): Kabul Green Zone attacked by suicide bomber, http://www.bbc.com/news/world-asia-41819850 , Zugriff 20.12.2017
- BBC (21.10.2017): Afghan suicide mosque attacks kill scores of worshippers, http://www.bbc.com/news/world-asia-41699320 , Zugriff 20.12.2017
- BS - Business Standard (24.11.2017): Key Haqqani network leader among dozens killed in Afghanistan, http://www.business-standard.com/article/news-ani/key-haqqani-network-leader-among-dozens-killed-in-afghanistan-117112400292_1.html , Zugriff 21.12.2017
- Guardian (7.11.2017): Kabul TV station defiantly resumes broadcasting moments after Isis attack ends, https://www.theguardian.com/world/2017/nov/07/gunmen-attack-kabul-tv-station-after-explosion , Zugriff 20.12.2017
- Handelsblatt (20.12.2017): Afghanistan stürzt in politische Krise, http://www.handelsblatt.com/politik/international/gouverneurs-abloesung-afghanistan-stuerzt-in-politische-krise/20759742.html , Zugriff 21.12.2017
- KUNA - Kuwait News Agency (15.12.2017): Security operations kill 12 rebels in Afghanistan,
http://www.kuna.net.kw/ArticleDetails.aspx?id=2669249&language=en , Zugriff 21.12.2017
- Independent (20.10.2017): Kabul attack: Isis claims responsibility for Shia mosque suicide bombing killing at least 30 in Afghan capital,
http://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/kabul-attack-latest-update-shia-mosque-suicide-bomb-kills-death-afghanistan-capital-prayers-a8011466.html , Zugriff 20.12.2017
- INSO - International NGO Safety Organisation (o.D.): Afghanistan - Total incidents per month for the current year to date, http://www.ngosafety.org/country/afghanistan , Zugriff 19.9.2017
- INSO - The International NGO Safety Organisation (2017):
Afghanistan - Gross Incident Rate, http://www.ngosafety.org/country/afghanistan , Zugriff 19.9.2017
- NYT - The New York Times (11.12.2017): Hunting Taliban and Islamic State Fighters, From 20,000 Feet, https://www.nytimes.com/2017/12/11/world/asia/taliban-isis-afghanistan-drugs-b52s.html , Zugriff 21.12.2017
- NYT - The New York Times (7.11.2017): A Leading Afghan TV Station Is Attacked in Kabul,
https://www.nytimes.com/2017/11/07/world/asia/kabul-shamshad-tv-attack.html , Zugriff 20.12.2017
- NYT - The New York Times (20.10.2017): Twin Mosque Attacks Kill Scores in One of Afghanistan's Deadliest Weeks, https://www.nytimes.com/2017/10/20/world/asia/afghanistan-kabul-attack-mosque.html , Zugriff 20.12.2017
- NZZ - Neue Züricher Zeitung (18.12.2017): Palastintrige in Kabul, https://www.nzz.ch/international/palastintrige-in-kabul-ld.1340788 , Zugriff 21.12.2017
- Pajhwok (1.12.2017): 31 militants eliminated in security operations, says MoD,
https://www.pajhwok.com/en/2017/12/01/31-militants-eliminated-security-operations-says-mod , Zugriff 21.12.2017
- Reuters (1.12.2017): Islamic State seizes new Afghan foothold after luring Taliban defectors, https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-islamic-state/islamic-state-seizes-new-afghan-foothold-after-luring-taliban-defectors-idUSKBN1DV3G5 , Zugriff 21.12.2017
- Reuters (23.11.2017): Islamic State beheads 15 of its own fighters: Afghan official,
https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-islamic-state/islamic-state-beheads-15-of-its-own-fighters-afghan-official-idUSKBN1DN12I , Zugrif 21.12.2017
- Reuters (16.11.2017): Kabul 'Green Zone' tightened after attacks in Afghan capital, Suicide bomber kills nine near Afghan political meeting,
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- RFE/RL - Radio Free Europe Radio Free Liberty (19.12.2017):
Powerful Afghan Governor Vows To Fight His Disputed Ouster, https://www.rferl.org/a/afghan-kabul-ghani-government-ousts-powerful-governor-noor-vows-fight-jamiat-e-islami/28926040.html , Zugriff 21.12.2017
- RFE/RL - Radio Free Europe Radio Free Liberty (18.12.2017): Afghan Party Cries Foul After Ghani Says Powerful Governor Has Resigned, https://www.rferl.org/a/afghanistan-noor-balkh-governor-resigns-fired-disputed/28924925.html , Zugriff 21.12.2017
- SCR - Security Council Report (30.11.2017): December 2017 Monthly Forecast,
http://www.securitycouncilreport.org/monthly-forecast/2017-12/afghanistan_23.php , Zugriff 18.12.2017
- SIGAR - Special Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.10.2017): QUARTERLY REPORT TO THE UNITED STATES
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https://www.sigar.mil/pdf/quarterlyreports/2017-10-30qr.pdf , Zugriff 18.12.2017
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- TP - The Peninsula (20.12.2017): At least 5 killed, 7 injured in security forces operations in Eastern Afghanistan, https://www.thepeninsulaqatar.com/article/20/12/2017/At-least-5-killed ,-7-injured-in-security-forces-operations-in-Eastern-Afghanistan, Zugriff21.12.2017
- Tribune (24.11.2017): Afghan forces claim killing top Haqqani commander,
https://tribune.com.pk/story/1567289/3-afghan-forces-claim-killing-top-haqqani-commander/ , Zugriff 21.12.2017
- UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan: Afghanistan (7.11.2017): protection of civilians in armed conflict: attacks against places of worship, religious leaders and worshippers, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_report_on_attacks_against_places_of_worship_7nov2017_0.pdf , Zugriff 20.12.2017
- UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan: Afghanistan (10.2017): Protection of Civilians in Armed Conflict; Midyear Report 2017,
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- UN GASC - General Assembly Security Council (20.12.2017): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, as of December 15th 2017, http://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/1056 , Zugriff 20.12.2017
- UN GASC - General Assembly Security Council (21.9.2017): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, as of September 15th 2017, https://unama.unmissions.org/report-secretary-general-situation-afghanistan-and-its-implications-international-peace-and-7 , Zugriff 21.9.2017
- Xinhua (21.12.2017): 19 insurgents arrested in N. Afghanistan, http://www.xinhuanet.com/english/2017-12/21/c_136842566.htm , Zugriff 21.12.2017
KI vom 25.9.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2017 (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)
Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil; die Regierung und die Taliban wechselten sich während des Berichtszeitraumes bei Kontrolle mehrerer Distriktzentren ab - auf beiden Seiten waren Opfer zu beklagen (UN GASC 21.9.2017). Der Konflikt in Afghanistan ist gekennzeichnet von zermürbenden Guerilla-Angriffen, sporadischen bewaffneten Zusammenstößen und gelegentlichen Versuchen Ballungszentren zu überrennen. Mehrere Provinzhauptstädte sind nach wie vor in der Hand der Regierung; dies aber auch nur aufgrund der Unterstützung durch US-amerikanische Luftangriffe. Dennoch gelingt es den Regierungskräften kleine Erfolge zu verbuchen, indem sie mit unkonventionellen Methoden zurückschlagen (The Guardian 3.8.2017).
Der afghanische Präsident Ghani hat mehrere Schritte unternommen, um die herausfordernde Sicherheitssituation in den Griff zu bekommen. So hielt er sein Versprechen den Sicherheitssektor zu reformieren, indem er korrupte oder inkompetente Minister im Innen- und Verteidigungsministerium feuerte, bzw. diese selbst zurücktraten; die afghanische Regierung begann den strategischen 4-Jahres Sicherheitsplan für die ANDSF umzusetzen (dabei sollen die Fähigkeiten der ANDSF gesteigert werden, größere Bevölkerungszentren zu halten); im Rahmen des Sicherheitsplanes sollen Anreize geschaffen werden, um die Taliban mit der afghanischen Regierung zu versöhnen; Präsident Ghani bewilligte die Erweiterung bilateraler Beziehungen zu Pakistan, so werden unter anderen gemeinsamen Anti-Terror Operationen durchgeführt werden (SIGAR 31.7.2017).
Zwar endete die Kampfmission der US-Amerikaner gegen die Taliban bereits im Jahr 2014, dennoch werden, laut US-amerikanischem Verteidigungsminister, aufgrund der sich verschlechternden Sicherheitslage 3.000 weitere Soldaten nach Afghanistan geschickt. Nach wie vor sind über 8.000 US-amerikanische Spezialkräfte in Afghanistan, um die afghanischen Truppen zu unterstützen (BBC 18.9.2017).
Sicherheitsrelevante Vorfälle
In den ersten acht Monaten wurden insgesamt 16.290 sicherheitsrelevante Vorfälle von den Vereinten Nationen (UN) registriert; in ihrem Berichtszeitraum (15.6. bis 31.8.2017) für das dritte Quartal, wurden 5.532 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert - eine Erhöhung von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. Laut UN haben sich bewaffnete Zusammenstöße um 5% erhöht und machen nach wie vor 64% aller registrierten Vorfälle aus. 2017 gab es wieder mehr lange bewaffnete Zusammenstöße zwischen Regierung und regierungsfeindlichen Gruppierungen. Im Gegensatz zum Vergleichszeitraums des Jahres 2016, verzeichnen die UN einen Rückgang von 3% bei Anschlägen mit Sprengfallen [IEDs - improvised explosive device], Selbstmordangriffen, Ermordungen und Entführungen - nichtsdestotrotz waren sie Hauptursache für zivile Opfer. Die östliche Region verzeichnete die höchste Anzahl von Vorfällen, gefolgt von der südlichen Region (UN GASC 21.9.2017).
[...]
Zivilist/innen
Landesweit war der bewaffnete Konflikt weiterhin Ursache für Verluste in der afghanischen Zivilbevölkerung. Zwischen dem 1.1. und 30.6.2017 registrierte die UNAMA 5.243 zivile Opfer (1.662 Tote und 3.581 Verletzte). Dies bedeutet insgesamt einen Rückgang bei zivilen Opfern von fast einem 1% gegenüber dem Vorjahreswert. Dem bewaffneten Konflikt in Afghanistan fielen zwischen 1.1.2009 und 30.6.2017 insgesamt 26.512 Zivilist/innen zum Opfer, während in diesem Zeitraum 48.931 verletzt wurden (UNAMA 7.2017).
Im ersten Halbjahr 2017 war ein Rückgang ziviler Opfer bei Bodenoffensiven zu verzeichnen, während sich die Zahl ziviler Opfer aufgrund von IEDs erhöht hat (UNAMA 7.2017).
Die Provinz Kabul verzeichnete die höchste Zahl ziviler Opfer - speziell in der Hauptstadt Kabul: von den 1.048 registrierten zivilen Opfer (219 Tote und 829 Verletzte), resultierten 94% aus Selbstmordattentaten und Angriffen durch regierungsfeindliche Elemente. Nach der Hauptstadt Kabul verzeichneten die folgenden Provinzen die höchste Zahl ziviler Opfer: Helmand, Kandahar, Nangarhar, Uruzgan, Faryab, Herat, Laghman, Kunduz und Farah. Im ersten Halbjahr 2017 erhöhte sich die Anzahl ziviler Opfer in 15 von Afghanistans 34 Provinzen (UNAMA 7.2017)
[...]
High-profile Angriffe:
Der US-Sonderbeauftragten für den Aufbau in Afghanistan (SIGAR), verzeichnete in seinem Bericht für das zweite Quartal des Jahres 2017 mehrere high-profil Angriffe; der Großteil dieser fiel in den Zeitraum des Ramadan (Ende Mai bis Ende Juni). Einige extremistische Organisationen, inklusive dem Islamischen Staat, behaupten dass Kämpfer, die während des Ramadan den Feind töten, bessere Muslime wären (SIGAR 31.7.2017).
Im Berichtszeitraum (15.6. bis 31.8.2017) wurden von den Vereinten Nationen folgende High-profile Angriffe verzeichnet:
Ein Angriff auf die schiitische Moschee in der Stadt Herat, bei dem mehr als 90 Personen getötet wurden (UN GASC 21.9.2017; vgl.: BBC 2.8.2017). Zu diesem Attentat bekannte sich der ISIL-KP (BBC 2.8.2017). Taliban und selbsternannte ISIL-KP Anhänger verübten einen Angriff auf die Mirza Olang Region im Distrikt Sayyad in der Provinz Sar-e Pul; dabei kam es zu Zusammenstößen mit regierungsfreundlichen Milizen. Im Zuge dieser Kämpfe, die von 3.-5.August anhielten, wurden mindestens 36 Menschen getötet (UN GASC 21.9.2017). In Kabul wurde Ende August eine weitere schiitische Moschee angegriffen, dabei wurden mindestens 28 Zivilist/innen getötet; auch hierzu bekannte sich der ISIL-KP (UN GASC 21.9.2017; vgl.: NYT 25.8.2017).
Manche high-profile Angriffe waren gezielt gegen Mitarbeiter/innen der ANDSF und afghanischen Regierungsbeamte gerichtet; Zivilist/innen in stark bevölkerten Gebieten waren am stärksten von Angriffen dieser Art betroffen (SIGAR 31.7.2017).
"Green Zone" in Kabul
Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017).
Eine Erweiterung der sogenannten Green Zone ist geplant; damit wird Verbündeten der NATO und der US-Amerikaner ermöglicht, auch weiterhin in der Hauptstadt Kabul zu bleiben ohne dabei Risiken ausgesetzt zu sein. Kabul City Compound - auch bekannt als das ehemalige Hauptquartier der amerikanischen Spezialkräfte, wird sich ebenso innerhalb der Green Zone befinden. Die Zone soll hinkünftig vom Rest der Stadt getrennt sein, indem ein Netzwerk an Kontrollpunkten durch Polizei, Militär und privaten Sicherheitsfirmen geschaffen wird. Die Erweiterung ist ein großes öffentliches Projekt, das in den nächsten zwei Jahren das Zentrum der Stadt umgestalten soll; auch sollen fast alle westlichen Botschaften, wichtige Ministerien, sowie das Hauptquartier der NATO und des US-amerikanischen Militärs in dieser geschützten Zone sein. Derzeit pendeln tagtäglich tausende Afghaninnen und Afghanen durch diese Zone zu Schulen und Arbeitsplätzen (NYT 16.9.2017).
Nach einer Reihe von Selbstmordattentaten, die hunderte Opfer gefordert haben, erhöhte die afghanische Regierung die Sicherheit in der zentralen Region der Hauptstadt Kabul - dieser Bereich ist Sitz ausländischer Botschaften und Regierungsgebäude. Die Sicherheit in diesem diplomatischen Bereich ist höchste Priorität, da, laut amtierenden Polizeichef von Kabul, das größte Bedrohungsniveau in dieser Gegend verortet ist und eine bessere Sicherheit benötigt wird. Die neuen Maßnahmen sehen 27 neue Kontrollpunkte vor, die an 42 Straßen errichtet werden. Eingesetzt werden mobile Röntgengeräte, Spürhunde und Sicherheitskameras. Außerdem werden 9 weitere Straßen teilweise gesperrt, während die restlichen sechs Straßen für Autos ganz gesperrt werden. 1.200 Polizist/innen werden in diesem Bereich den Dienst verrichten, inklusive spezieller Patrouillen auf Motorrädern. Diese Maßnahmen sollen in den nächsten sechs Monaten schrittweise umgesetzt werden (Reuters 6.8.2017).
Eine erweiterter Bereich, die sogenannte "Blue Zone" soll ebenso errichtet werden, die den Großteil des Stadtzentrums beinhalten soll - in diesem Bereich werden strenge Bewegungseinschränkungen, speziell für Lastwagen, gelten. Lastwagen werden an einem speziellen externen Kontrollpunkt untersucht. Um in die Zone zu gelangen, müssen sie über die Hauptstraße (die auch zum Flughafen führt) zufahren (BBC 6.8.2017; vgl. Reuters 6.8.2017).
ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte
Die Stärkung der ANDSF ist ein Hauptziel der Wiederaufbaubemühungen der USA in Afghanistan, damit diese selbst für Sicherheit sorgen können (SIGAR 20.6.2017). Die Stärke der afghanischen Nationalarmee (Afghan National Army - ANA) und der afghanischen Nationalpolizei (Afghan National Police - ANP), sowie die Leistungsbereitschaft der Einheiten, ist leicht gestiegen (SIGAR 31.7.2017).
Die ANDSF wehrten Angriffe der Taliban auf Schlüsseldistrikte und große Bevölkerungszentren ab. Luftangriffe der Koalitionskräfte trugen wesentlich zum Erfolg der ANDSF bei. Im Berichtszeitraum von SIGAR verdoppelte sich die Zahl der Luftangriffe gegenüber dem Vergleichswert für 2016 (SIGAR 31.7.2017).
Die Polizei wird oftmals von abgelegen Kontrollpunkten abgezogen und in andere Einsatzgebiete entsendet, wodurch die afghanische Polizei militarisiert wird und seltener für tatsächliche Polizeiarbeit eingesetzt wird. Dies erschwert es, die Loyalität der Bevölkerung zu gewinnen. Die internationalen Truppen sind stark auf die Hilfe der einheimischen Polizei und Truppen angewiesen (The Guardian 3.8.2017).
Regierungsfeindliche Gruppierungen:
Taliban
Die Taliban waren landesweit handlungsfähig und zwangen damit die Regierung erhebliche Ressourcen einzusetzen, um den Status Quo zu erhalten. Seit Beginn ihrer Frühjahrsoffensive im April, haben die Taliban - im Gegensatz zum Jahr 2016 - keine größeren Versuche unternommen Provinzhauptstädte einzunehmen. Nichtsdestotrotz, gelang es den Taliban zumindest temporär einige Distriktzentren zu überrennen und zu halten; dazu zählen der Distrikt Taywara in der westlichen Provinz Ghor, die Distrikte Kohistan und Ghormach in der nördlichen Provinz Faryab und der Distrikt Jani Khel in der östlichen Provinz Paktia. Im Nordosten übten die Taliban intensiven Druck auf mehrere Distrikte entlang des Autobahnabschnittes Maimana-Andkhoy in der Provinz Faryab aus; die betroffenen Distrikte waren: Qaramol, Dawlat Abad, Shirin Tagab und Khwajah Sabz Posh. Im Süden verstärkten die Taliban ihre Angriffe auf Distrikte, die an die Provinzhauptstädte von Kandahar und Helmand angrenzten (UN GASC 21.9.2017).
IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh
Die Operationen des ISIL-KP in Afghanistan sind weiterhin auf die östliche Region Afghanistans beschränkt - nichtsdestotrotz bekannte sich die Gruppierung landesweit zu acht nennenswerten Vorfällen, die im Berichtszeitraum von den UN registriert wurden. ISIL-KP verdichtete ihre Präsenz in der Provinz Kunar und setze ihre Operationen in Gegenden der Provinz Nangarhar fort, die von den ANDSF bereits geräumt worden waren. Angeblich wurden Aktivitäten des ISIL-KP in den nördlichen Provinzen Jawzjan und Sar-e Pul, und den westlichen Provinzen Herat und Ghor berichtet (UN GASC 21.9.2017).
Im sich zuspitzenden Kampf gegen den ISIL-KP können sowohl die ANDSF, als auch die Koalitionskräfte auf mehrere wichtige Erfolge im zweiten Quartal verweisen (SIGAR 31.7.2017): Im Juli wurde im Rahmen eines Luftangriffes in der Provinz Kunar der ISIL-KP-Emir, Abu Sayed, getötet. Im August wurden ein weiterer Emir des ISIL-KP, und drei hochrangige ISIL-KP-Führer durch einen Luftangriff getötet. Seit Juli 2016 wurden bereits drei Emire des ISIL-KP getötet (Reuters 13.8.2017); im April wurde Sheikh Abdul Hasib, gemeinsam mit 35 weiteren Kämpfern und anderen hochrangigen Führern in einer militärischen Operation in der Provinz Nangarhar getötet (WT 8.5.2017; vgl. SIGAR 31.7.2017). Ebenso in Nangarhar, wurde im Juni der ISIL-KP-Verantwortliche für mediale Produktionen, Jawad Khan, durch einen Luftangriff getötet (SIGAR 31.7.2017; vgl.: Tolonews 17.6.2017).
Politische Entwicklungen
Die Vereinten Nationen registrierten eine Stärkung der Nationalen Einheitsregierung. Präsident Ghani und CEO Abdullah einigten sich auf die Ernennung hochrangiger Posten - dies war in der Vergangenheit Grund für Streitigkeiten zwischen den beiden Führern gewesen (UN GASC 21.9.2017).
Die parlamentarische Bestätigung einiger war nach wie vor ausständig; derzeit üben daher einige Minister ihr Amt kommissarisch aus. Die unabhängige afghanische Wahlkommission (IEC) verlautbarte, dass die Parlaments- und Distriktratswahlen am 7. Juli 2018 abgehalten werden (UN GASC 21.9.2017).
Quellen:
- BBC (18.9.2017): US sends 3,000 more troops to Afghanistan, http://www.bbc.com/news/world-us-canada-41314428 , Zugriff 20.9.2017
- BBC (2.8.2017): Herat mosque blast: IS says it was behind Afghanistan attack, http://www.bbc.com/news/world-asia-40802572 , Zugriff 21.9.2017
- INSO - International NGO Safety Organisation (o.D.): Afghanistan - Total incidents per month for the current year to date, http://www.ngosafety.org/country/afghanistan , Zugriff 19.9.2017
- INSO - The International NGO Safety Organisation (2017):
Afghanistan - Gross Incident Rate, http://www.ngosafety.org/country/afghanistan , Zugriff 19.9.2017
- NYT - The New York Times (16.9.2017): U.S. Expands Kabul Security Zone, Digging In for Next Decade, https://www.nytimes.com/2017/09/16/world/asia/kabul-green-zone-afghanistan.html?mcubz=3 , Zugriff 20.9.2017
- NYT - The New York Times (25.8.2017): ISIS Claims Deadly Attack on Shiite Mosque in Afghanistan,
https://www.nytimes.com/2017/08/25/world/asia/mosque-kabul-attack.html?mcubz=3 , Zugriff 21.9.2017
- Reuters (13.8.2017): Senior Islamic State commanders killed in Afghanistan air strike: U.S. military, https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-airstrike/senior-islamic-state-commanders-killed-in-afghanistan-air-strike-u-s-military-idUSKCN1AT06J , Zugriff 19.9.2017
- Reuters (6.8.2017): Kabul 'Green Zone' tightened after attacks in Afghan capital,
https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-security/kabul-green-zone-tightened-after-attacks-in-afghan-capital-idUSKBN1AM0K7 , Zugriff 20.9.2017
- SIGAR - Special Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.7.2017): QUARTERLY REPORT TO THE UNITED STATES
CONGRESS,
https://www.sigar.mil/pdf/quarterlyreports/2017-07-30qr.pdf , Zugriff 19.9.2017
- SIGAR - Special Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (20.6.2017): Afghan national army: dod may have spent up to $28 million more than needed to procure camouflage uniforms that may be inappropriate for the Afghan environment, https://www.sigar.mil/pdf/special projects/SIGAR-17-48-SP.pdf, Zugriff 20.9.2017
- The Guardian (3.8.2017): The war America can't win: how the Taliban are regaining control in Afghanistan, https://www.theguardian.com/world/2017/aug/03/afghanistan-war-helmand-taliban-us-womens-rights-peace , Zugriff 19.9.2017
- Tolonews (17.6.2017): Daesh Media Leader Killed In Nangarhar Air Strike,
http://www.tolonews.com/afghanistan/daesh-media-leader-killed-nangarhar-air-strike , Zugriff 19.9.2017
- UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan: Afghanistan (7.2017): Protection of Civilians in Armed Conflict; Midyear Report 2017,
https://unama.unmissions.org/sites/default/files/protection_of_civilians_in_armed_conflict_midyear_report_2017_july_2017.pdf , Zugriff 20.9.2017
- UN GASC - General Assembly Security Council (21.9.2017): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, as of September 15th 2017, https://unama.unmissions.org/report-secretary-general-situation-afghanistan-and-its-implications-international-peace-and-7 , Zugriff 21.9.2017
- WT - The Washington Times (8.5.2017): Pentagon confirms Abdul Hasib, head of ISIS in Afghanistan, killed by U.S., Afghan special forces,
http://www.washingtontimes.com/news/2017/may/8/abdul-hasib-head-isis-afghanistan-killed-us-afghan/ , Zugriff 19.9.2017
[...]
KI vom 22.6.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q2.2017 (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)
Den Vereinten Nationen zufolge war die Sicherheitslage in Afghanistan im Berichtszeitraum weiterhin volatil: zwischen 1.3. und 31.5.2017 wurden von den Vereinten Nationen 6.252 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert - eine Erhöhung von 2% gegenüber dem Vorjahreswert. Bewaffnete Zusammenstöße machten mit 64% den Großteil registrierter Vorfälle aus, während IEDs [Anm.:
improvised explosive device] 16% der Vorfälle ausmachten - gezielte Tötungen sind hingegen um 4% zurückgegangen. Die östlichen und südöstlichen Regionen zählten auch weiterhin zu den volatilsten; sicherheitsrelevante Vorfälle haben insbesondere in der östlichen Region um 22% gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Die Taliban haben hauptsächlich folgende Provinzen angegriffen: Badakhshan, Baghlan, Farah, Faryab, Helmand, Kunar, Kunduz, Laghman, Sar-e Pul, Zabul und Uruzgan. Talibanangriffe auf afghanische Sicherheitskräfte konnten durch internationale Unterstützung aus der Luft abgewiesen werden. Die Anzahl dieser Luftangriffe ist mit einem Plus von 112% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Jahres 2016 deutlich gestiegen (UN GASC 20.6.2017).
Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden in Afghanistan 11.647 sicherheitsrelevante Vorfälle von 1.1.-31.5.2017 registriert (Stand: 31.5.2017) (INSO o.D.).
[...]
ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte
Laut einem Bericht des amerikanischen Verteidigungsministeriums behielten die ANDSF, im Berichtszeitraum 1.12.2016-31.5.2017 trotz aufständischer Gruppierungen, auch weiterhin Kontrolle über große Bevölkerungszentren: Die ANDSF waren im Allgemeinen fähig große Bevölkerungszentren zu schützen, die Taliban davon abzuhalten gewisse Gebiete für einen längeren Zeitraum zu halten und auf Talibanangriffe zu reagieren. Die ANDSF konnten in städtischen Gebieten Siege für sich verbuchen, während die Taliban in gewissen ländlichen Gebieten Erfolge erzielen konnten, in denen die ANDSF keine dauernde Präsenz hatten. Spezialeinheiten der afghanischen Sicherheitskräfte (ASSF - Afghan Special Security Forces) leiteten effektiv offensive Befreiungsoperationen (US DOD 6.2017).
Bis Ende April 2017 lag die Truppenstärke der afghanischen Armee [ANA - Afghan National Army] bei 90,4% und die der afghanischen Nationalpolizei [ANP - Afghan National Police] bei 95,1% ihrer Sollstärke (UN GASC 20.6.2017).
High-profile Angriffe:
Als sichere Gebiete werden in der Regel die Hauptstadt Kabul und die regionalen Zentren Herat und Mazar-e Sharif genannt. Die Wahrscheinlichkeit, hier Opfer von Kampfhandlungen zu werden, ist relativ geringer als zum Beispiel in den stark umkämpften Provinzen Helmand, Nangarhar und Kunduz (DW 31.5.2017).
Hauptstadt Kabul
Kabul wird immer wieder von Attentaten erschüttert (DW 31.5.2017):
Am 31.5.2017 kamen bei einem Selbstmordattentat im hochgesicherten Diplomatenviertel Kabuls mehr als 150 Menschen ums Leben und mindestens 300 weitere wurden schwer verletzt als ein Selbstmordattentäter einen Sprengstoff beladenen Tanklaster mitten im Diplomatenviertel in die Luft sprengte (FAZ 6.6.2017; vgl. auch:
al-Jazeera 31.5.2017; The Guardian 31.5.2017; BBC 31.5.2017; UN News Centre 31.5.2017). Bedeutend ist der Angriffsort auch deswegen, da dieser als der sicherste und belebteste Teil der afghanischen Hauptstadt gilt. Kabul war in den Wochen vor diesem Anschlag relativ ruhig (al-Jazeera 31.5.2017).
Bild kann nicht dargestellt werden
(The Guardian 31.5.2017) [Anm.: man beachte, dass die Opferzahlen in dieser Grafik, publiziert am Tag des Anschlags, noch überhöht angegeben wurden]
Zunächst übernahm keine Gruppe Verantwortung für diesen Angriff; ein Talibansprecher verlautbarte nicht für diesen Vorfall verantwortlich zu sein (al-Jazeera 31.5.2017). Der afghanische Geheimdienst (NDS) macht das Haqqani-Netzwerk für diesen Vorfall verantwortlich (The Guardian 2.6.2017; vgl. auch: Fars News 7.6.2017); schlussendlich bekannte sich der Islamische Staat dazu (Fars News 7.6.2017).
Nach dem Anschlag im Diplomatenviertel in Kabul haben rund 1.000 Menschen, für mehr Sicherheit im Land und eine Verbesserung der Sicherheit in Kabul demonstriert (FAZ 2.6.2017). Bei dieser Demonstration kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften (The Guardian 2.6.2017); dabei wurden mindestens sieben Menschen getötet und zahlreiche verletzt (FAZ 2.6.2017).
Auf der Trauerfeier für einen getöteten Demonstranten- den Sohn des stellvertretenden Senatspräsidenten - kam es am 3.6.2017 erneut zu einem Angriff, bei dem mindestens 20 Menschen getötet und 119 weitere verletzt worden waren. Polizeiberichten zufolge, waren während des Begräbnisses drei Bomben in schneller Folge explodiert (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017); die Selbstmordattentäter waren als Trauergäste verkleidet (The Guardian 3.6.2017). Hochrangige Regierungsvertreter, unter anderem auch Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, hatten an der Trauerfeier teilgenommen (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017).
Herat
Anfang Juni 2017 explodierte eine Bombe beim Haupteingang der historischen Moschee Jama Masjid; bei diesem Vorfall wurden mindestens 7 Menschen getötet und 15 weitere verletzt (Reuters 6.6.2017; vgl. auch: TMN 7.6.2017). Zu diesem Vorfall hat sich keine Terrrorgruppe bekannt (TMN 7.6.2017; vgl. auch: US News 12.6.2017). Sirajuddin Haqqani - stellvertretender Leiter der Taliban und Führer des Haqqani Netzwerkes - verlautbarte, die Taliban wären für diese Angriffe in Kabul und Herat nicht verantwortlich (WP 12.6.2017).
Mazar-e Sharif
Auf der Militärbase Camp Shaheen in der nördlichen Stadt Mazar-e Sharif eröffnete Mitte Juni 2017 ein afghanischer Soldat das Feuer auf seine Kameraden und verletzte mindestens acht Soldaten (sieben US-amerikanische und einen afghanischen) (RFE/RL 17.6.2017).
Die Anzahl solcher "Insider-Angriffe" [Anm.: auch green-on-blue attack genannt] hat sich in den letzten Monaten erhöht. Unklar ist, ob die Angreifer abtrünnige Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte sind oder ob sie Eindringlinge sind, die Uniformen der afghanischen Armee tragen (RFE/RL 17.6.2017). Vor dem Vorfall im Camp Shaheen kam es dieses Jahr zu zwei weiteren registrierten Insider-Angriffen: der erste Vorfall dieses Jahres fand Mitte März auf einem Militärstützpunkt in Helmand statt: ein Offizier des afghanischen Militärs eröffnete das Feuer und verletzte drei US-amerikanische Soldaten (LWJ 11.6.2017; vgl. auch: al-Jazeera 11.6.2017).
Der zweite Vorfall fand am 10.6.2017 im Zuge einer militärischen Operation im Distrikt Achin in der Provinz Nangarhar statt, wo ein afghanischer Soldat drei US-amerikanische Soldaten tötete und einen weiteren verwundete; der Angreifer wurde bei diesem Vorfall ebenso getötet (BBC 10.6.21017; vgl. auch: LWJ 11.6.2017; DZ 11.6.2017).
Regierungsfeindliche Gruppierungen:
Afghanistan ist mit einer anhaltenden Bedrohung durch mehr als 20 aufständische Gruppen bzw. terroristische Netzwerke, die in der AfPak-Region operieren, konfrontiert; zu diesen Gruppierungen zählen unter anderem die Taliban, das Haqqani Netzwerk, der Islamische Staat und al-Qaida (US DOD 6.2017).
Taliban
Die Fähigkeiten der Taliban und ihrer Operationen variieren regional signifikant; sie verwerten aber weiterhin ihre begrenzten Erfolge, indem sie diese auf sozialen Medien und durch Propagandakampagnen als strategische Siege bewerben (US DOD 6.2017).
Die Taliban haben ihre diesjährige Frühjahrsoffensive "Operation Mansouri" am 28. April 2017 eröffnet (UN GASC 20.6.2017; vgl. auch:
BBC 7.5.2017). In einer Stellungnahme verlautbarten sie folgende Ziele: um die Anzahl ziviler Opfer zu minimieren, wollen sie sich auf militärische und politische Ziele konzentrieren, indem ausländische Kräfte in Afghanistan, sowie ihre afghanischen Partner angegriffen werden sollen. Nichtdestotrotz gab es bezüglich der Zahl ziviler Opfer keine signifikante Verbesserung (UN GASC 20.6.2017).
Während des Berichtszeitraumes der Vereinten Nationen gelang es den Taliban den strategischen Distrikt Zaybak/Zebak in der Provinz Badakhshan zu erobern (UN GASC 20.6.2017; vgl. auch: Pajhwok 11.5.2017); die afghanischen Sicherheitskräfte konnten den Distrikt einige Wochen später zurückerobern (Pajhwok 11.5.2017). Kurzfristig wurden auch der Distrikt Sangin in Helmand, der Distrikt Qal'ah-e Zal in Kunduz und der Distrikt Baha' al-Din in Takhar von den Taliban eingenommen (UN GASC 20.6.2017).
Bei einer Friedens- und Sicherheitskonferenz in Kabul wurde unter anderem überlegt, wie die radikal-islamischen Taliban an den Verhandlungstisch geholt werden könnten (Tagesschau 6.6.2017).
Präsident Ghani verlautbarte mit den Taliban reden zu wollen:
sollten die Taliban dem Friedensprozess beiwohnen, so werde die afghanische Regierung ihnen erlauben ein Büro zu eröffnen; dies sei ihre letzte Chance (WP 6.6.2017).
IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh
Der IS-Zweig in Afghanistan - teilweise bekannt als IS Khorasan - ist seit dem Jahr 2015 aktiv; er kämpft gegen die Taliban, sowie gegen die afghanischen und US-amerikanischen Kräfte (Dawn 7.5.2017; vgl. auch: DZ 14.6.2017). Der IS hat trotz verstärkter Militäroperationen, eine Präsenz in der Provinz Nangarhar (UN GASC 20.6.2017; vgl. auch: DZ 14.6.2017).
Mehreren Quellen zufolge, eroberte der IS Mitte Juni 2017 die strategisch wichtige Festung der Taliban Tora Bora; bekannt als Zufluchtsort bin-Ladens. Die Taliban negieren den Sieg des IS und verlautbarten die Kämpfe würden anhalten (DZ 14.6.2017; vgl. auch:
NYT 14.6.2017; IBT 14.6.2017). Lokale Stammesälteste bestätigten hingen den Rückzug der Taliban aus großen Teilen Tora Boras (Dawn 16.6.2017).
Quellen:
- al-Jazeera (11.6.2017): US troops killed in 'insider attack' in Nangarhar,
http://www.aljazeera.com/news/2017/06/troops-killed-insider-attack-nangarhar-170610143131831.html , Zugriff 21.6.2017
- al-Jazeera (31.5.2017): Kabul bombing: Huge explosion rocks diplomatic district,
http://www.aljazeera.com/news/2017/05/huge-blast-rocks-kabul-diplomatic-area-170531040318591.html , Zugriff 20.6.2017
- BBC (10.6.2017): Afghanistan: US soldiers 'killed by commando' in Achin district, http://www.bbc.com/news/world-asia-40232491 , Zugriff 21.6.2017
- BBC (31.5.2017): Kabul bomb: Diplomatic zone attack kills dozens, http://www.bbc.com/news/world-asia-40102903 , Zugriff 20.6.2017
- Dawn (16.7.2017): IS captures Tora Bora, Bin Laden's former hideout, https://www.dawn.com/news/1339807 , Zugriff 21.6.2017
- Dawn (7.5.2017): IS chief in Afghanistan killed, claims President Ashraf Ghani, https://www.dawn.com/news/1331700 , Zugriff 8.5.2017
- DW - Deutsche Welle (31.5.2017): Afghanistan: "Sicherheitslage hat sich verschlechtert",
http://www.dw.com/de/afghanistan-sicherheitslage-hat-sich-verschlechtert/a-39058179 , Zugriff 20.6.2017
- DZ - Die Zeit (14.6.2017): IS erobert strategisch wichtige Stellung von Taliban,
http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-06/afghanistan-islamischer-staat-kaempfe-taliban , Zugriff 21.6.2017
- DZ - Die Zeit (11.6.2017): Taliban-Kämpfer infiltriert Armee und tötet US-Soldaten,
http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-06/afghanistan-taliban-insider-attacke-soldaten-usa-tote , Zugriff 21.6.2017
- Fars News (7.6.2017): Kabul Blast Death Toll Rises to 150 as Deadly Attacks Continue,
http://en.farsnews.com/newstext.aspx?nn=13960317001159 , Zugriff 21.6.2017
- FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (6.6.2017): Zahl der Todesopfer steigt auf über 150, http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afghanistan-zahl-der-opfer-in-kabul-steigt-auf-ueber-150-15048658.html , Zugriff 20.6.2017
- FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (3.6.2017): Viele Tote bei Explosion auf Trauerfeier,
http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/neuer-anschlag-in-kabul-viele-tote-bei-explosion-auf-trauerfeier-15045768.html , Zugriff 21.6.2017
- IBT - International Business Times (14.6.2017): Isis captures Osama Bin Laden's Tora Bora fortress in Afghanistan, http://www.ibtimes.co.uk/isis-captures-osama-bin-ladens-tora-bora-fortress-afghanistan-1626265 , Zugriff 21.6.2017
- INSO - International NGO Safety Organisation (o.D.): Afghanistan - Total incidents per month for the current year to date, http://www.ngosafety.org/country/afghanistan , Zugriff 20.6.2017
- INSO - The International NGO Safety Organisation (2017):
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- LWJ - The Long War Journal (11.6.2017): Taliban 'infiltrator' kills 3 US soldiers in Nangarhar, http://www.longwarjournal.org/archives/2017/06/taliban-infiltrator-kills-3-us-soldiers-in-nangarhar.php , Zugriff 21.6.2017
- NYT - The New York Times (14.6.2017): ISIS Captures Tora Bora, Once Bin Laden's Afghan Fortress, https://www.nytimes.com/2017/06/14/world/asia/isis-captures-tora-bora-afghanistan.html?hp=action=clickpgtype=HomepageclickSource=story-headingmodule=first-column-regionregion=top-newsWT.nav=top-news_r=0 , Zugriff 21.6.2017
- Pajhwok (11.5.2017): Afghan forces wrest back Badakhshan's Zebak district,
http://www.pajhwok.com/en/2017/05/11/afghan-forces-wrest-back-badakhshan ’s-zebak-district, Zugriff 20.6.2017
- Reuters (6.6.2017): Suspected bomb kills seven outside historic mosque in Afghanistan's Herat,
http://www.reuters.com/article/us-afghanistan-attack-idUSKBN18X1E0 , Zugriff 21.6.2017
- RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (17.6.2017): Afghan Commando Reportedly Wounds Seven U.S. Troops In Mazar-e Sharif, https://www.rferl.org/a/afghanistan-soldier-killed-possible-insider-attack/28560504.html , Zugriff 21.6.2017
- Tagesschau (6.6.2017): Friedenskonferenz nach Terrorangriff, https://www.tagesschau.de/ausland/afghanistan-konferenz-105.html , Zugriff 21.6.2017
- The Guardian (3.6.2017): At least seven killed in suicide bombing at high-profile funeral in Kabul, https://www.theguardian.com/world/2017/jun/03/kabul-explosions-afghanistan-people-killed-funeral-salim-ezadyar , Zugriff 20.6.2017
- The Guardian (2.6.2017): Afghans killed in anti-government protest after Kabul bombing,
https://www.theguardian.com/world/2017/jun/02/afghanistan-protesters-killed-kabul-bombing , Zugriff 20.6.2017
- The Guardian (31.5.2017): Kabul: at least 90 killed by massive car bomb in diplomatic quarter,
https://www.theguardian.com/world/2017/may/31/huge-explosion-kabul-presidential-palace-afghanistan , Zugriff 20.6.2017
- TMN - The Muslim News (7.6.2017): Afghanistan: Bomb attack near mosque kills 8 in Herat province, https://muslimnews.co.uk/news/middle-east/afghanistan-bomb-attack-near-mosque-kills-8-herat-province/ , Zugriff 21.6.2017
- UN GASC - General Assembly Security Council (20.6.2017): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, as of June 15th 2017, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/sg_report_on_afghanistan_-_15_june_2017.pdf , Zugriff 20.6.2017
- UN GASC - General Assembly Security Council (3.3.2017): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security,
http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/n1705111.pdf , Zugriff 8.5.2017
- UN GASC - United Nation General Assembly Security Council (7.3.2016): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, http://www.un.org/en/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2016/218 , Zugriff 4.4.2016
- UN News Centre (31.5.2017): UN condemns terrorist attack in Kabul, underscores need to protect civilians, http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=56871#.WUk5x8vwCUk , Zugriff 20.6.2017
- US DOD - United States Department of Defense (6.2017): Enhancing Security and Stability in Afghanistan, https://www.defense.gov/Portals/1/Documents/Enhancing-Security-and-Stability-in-Afghanistan-June-2017.pdf , Zugriff 20.6.2017
- US News (12.6.2017): Taliban's No. 2 Denies Role in Kabul Bombing, https://www.usnews.com/news/world/articles/2017-06-12/talibans-no-2-denies-role-in-kabul-bombing , Zugriff 22.6.2017
- WP - Washington Post (12.6.2017): The Latest: 2 top Afghan security officials suspended,
- WP - Washington Post (6.6.2017): Afghan peace conference opens in Kabul, days after city's deadliest attack in years, https://www.washingtonpost.com/world/afghan-peace-conference-opens-in-kabul-under-rocket-fire/2017/06/06/40d1cd32-2ae8-42a6-8d68-6ea04bb3cfc9_story.html?utm_term=.abe31cb01667 , Zugriff 21.6.2017
KI vom 11.5.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q1.2017 (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)
Den Vereinten Nationen zufolge hat sich im Jahr 2016 die Sicherheitslage in Afghanistan verschlechtert; dieser Trend zieht sich bis ins Jahr 2017. Gefechte fanden vorwiegend in den folgenden fünf Provinzen im Süden und Osten statt: Helmand, Nangarhar, Kandahar, Kunar und Ghazni; 50% aller Vorfälle wurden in diesen Regionen verzeichnet (für das Jahr 2016 wurden 23.712 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert). Doch der Konflikt hat sich geographisch ausgeweitet, da die Taliban ihre Aktivitäten in Nord- und Nordostafghanistan, sowie in der westlichen Provinz Farah, verstärkt haben. In den Provinzhauptstädten von Farah, Kunduz, Helmand und Uruzgan übten die Taliban Druck auf die Regierung aus. Wesentlich für die Machterhaltung der Regierung in diesen Provinzhauptstädten war die Entsendung afghanischer Spezialeinheiten und die Luftunterstützung durch internationale und afghanische Kräfte (UN GASC 3.3.2017).
[...]
INSO berichtet für den Zeitraum Jänner - März 2017 von insgesamt
6.799 sicherheitsrelevanten Vorfällen in ganz Afghanistan (INSO o. D.):
[...]
Im Jahr 2016 hat sich die Zahl der Gefechte zwischen Taliban und Regierungskräften (meist Angriffe der Taliban) um 22% erhöht und machen damit 63% der sicherheitsrelevanten Vorfälle aus. Die Anzahl der IED-Vorfälle war 2016 um 25% niedriger als im Jahr davor und ist damit weiterhin rückläufig (UN GASC 3.3.2017).
ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte
Die afghanischen Sicherheitskräfte sind auch weiterhin signifikanten Herausforderungen ausgesetzt - speziell was ihre operative Leistungsfähigkeit betrifft: Schwächen in den Bereichen Führung und Kontrolle, Leitung und Logistik, sowie hohe Ausfallsraten, haben maßgebliche Auswirkungen auf Moral, Rekrutierung und Leistungsfähigkeit (UN GASC 3.3.2017). Dennoch haben die afghanischen Sicherheitskräfte hart gegen den Talibanaufstand und terroristische Gruppierungen gekämpft und mussten dabei hohe Verluste hinnehmen. Gleichzeitig wurden qualitativ hochwertige Spezialeinheiten entwickelt und Aufständische davon abgehalten Bevölkerungszentren einzunehmen oder zu halten (SIGAR 30.4.2017).
Der sich intensivierende Konflikt hat zunehmend Opfer bei Sicherheitskräften und Taliban gefordert. Die Rate der Neu- bzw. Weiterverpflichtungen ist zu niedrig, um die zunehmenden Desertionen und Ausfälle zu kompensieren. Bis Februar 2016 war die Truppenstärke des afghanischen Heeres bei 86% und die der afghanischen Nationalpolizei auf 94% ihres geplanten Mannschaftsstandes (UN GASC 3.3.2017).
Berichtszeitraum 18.11.2016 bis 14.2.2017
Im Berichtszeitraum wurden von den Vereinten Nationen 5.160 sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert; dies bedeutet eine Erhöhung von 10% zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 (UN GASC 3.3.2017).
Im Jänner 2017 wurden 1.877 bewaffnete Zusammenstöße registriert; die Anzahl hatte sich gegenüber dem vorigen Vergleichszeitraum um 30 erhöht. Im Berichtszeitraum haben sich IED-Angriffe im Vergleich zum Vorjahr um 11% verstärkt (UN GASC 3.3.2017).
High-profile Angriffe:
Nahe der Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif in der afghanischen Nordprovinz Balkh, sind bei einem Angriff der Taliban auf eine Militärbasis mindestens 140 Soldaten getötet und mehr als 160 verwundet worden (FAZ 21.4.2017; vgl. auch: al-Jazeera 29.4.2017, Reuters 23.4.2017). Balkh gehört zu den eher sicheren Provinzen Afghanistans; dort ist die Kommandozentrale für den gesamten Norden des Landes (FAZ 21.4.2017). Dies war afghanischen Regierungskreisen zufolge, der bislang folgenschwerste Angriff auf einen Militärstützpunkt. Laut dem Sprecher der Taliban war der Angriff die Vergeltung für die Tötung mehrerer ranghoher Rebellenführer. Vier der Angreifer seien in die Armee eingeschleust worden. Sie hätten dort einige Zeit ihren Dienst verrichtet. Das wurde aber von der afghanischen Armee nicht bestätigt (Reuters 23.4.2017).
Dies ist der zweite Angriff auf eine Militäreinrichtung innerhalb weniger Monate, nach dem Angriff auf ein Militärkrankenhaus in Kabul Anfang März, zu dem sich die Terrormiliz Islamischer Staat bekannt hatte. Damals kamen mindestens 49 Menschen ums Leben und 76 weitere wurden verletzt (FAZ 21.4.2017; vgl. auch: BBC 8.5.2017, NYT 7.5.2017, Dawn 7.5.2017, SIGAR 30.4.2017, FAZ 8.3.2017).
Regierungsfeindliche Gruppierungen:
Angaben, welche Gebiete von den Aufständischen in Afghanistan kontrolliert werden, sind unterschiedlich: Schätzungen der BBC zufolge, wird bis zu ein Drittel des Landes von den Taliban kontrolliert (BBC 9.5.2017). Einer US-amerikanischen Quelle zufolge stehen 59,7% der Distrikte unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Sicherkräfte (Stand: 20.2.2017); was eine Steigerung von 2,5% gegenüber dem letzten Quartal wäre; jedoch einen Rückgang von 11% gegenüber dem Vergleichswert des Jahres 2016. Die Anzahl der Distrikte, die unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen sind, hat sich in diesem Quartal um 4 Distrikte vermehrt: es sind dies 45 Distrikte in 15 Provinzen (SIGAR 30.4.2017). Die ANDSF konnten die Taliban davon abhalten Provinzhauptstädte einzunehmen oder zu halten; die Aufständischen haben die Kontrolle über gewisse ländliche Gebiete behalten. (SIGAR 30.4.2017).
Bild kann nicht dargestellt werden
(SIGAR 30.4.2017).
Taliban
Die Taliban haben ihre diesjährige Frühjahrsoffensive Ende April 2017 eröffnet; seitdem kommt es zu verstärkten Gefechtshandlungen in Nordafghanistan (BBC 7.5.2017). Bisher haben die Taliban ihre alljährliche Kampfsaison durch die Frühjahrsoffensive eingeläutet; allerdings haben dieses Jahr die Taliban-Aufständischen auch in den Wintermonaten weitergekämpft (BBC 28.4.2017).
Helmand
Die Taliban haben den Druck auf die Provinz Helmand erhöht; heftige Gefechte fanden Ende Jänner und Anfang Februar im Distrikt Sangin statt (UN GASC 3.3.2017): 10 der 14 Distrikte in Helmand werden entweder von den Taliban kontrolliert oder sind umstritten. In die Provinz Helmand wurde bereits eine Anzahl US-amerikanischer Soldaten entsendet (al-Jazeera 29.4.2017; vgl. auch: Khaama Press 11.4.2017). Auch das afghanische Verteidigungsministerium hat Befreiungsoperationen gestartet, die sogenannten Khalid-Operationen in Helmand aus den beiden Distrikten, Garamser und Nad-e Ali heraus (Khaama Press 11.4.2017). Militärischen Quellen zufolge, wurde im Mai eine riesige Kommandozentrale der Taliban im Distrikt Nad-e Ali zerstört (Sputnik News 10.5.2017).
Kunduz
Seit zwei Jahren ist Kunduz Zentrum intensiver Gefechte zwischen Taliban und Sicherheitskräften (LWJ 9.5.2017); die Stadt Kunduz fiel zweimal bevor die ANDSF und die Koalitionskräfte sie wieder unter ihre Kontrolle bringen konnten (SIGAR 30.4.2017; vgl. auch: LWJ 9.5.2017).
IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh
Der IS-Zweig in Afghanistan - teilweise bekannt als IS Khorasan - ist seit dem Jahr 2015 aktiv; er kämpft gegen die Taliban, sowie auch gegen die afghanischen und US-amerikanischen Kräfte (Dawn 7.5.2017). Der IS verliert weiterhin Gebiete, die zuvor von ihm kontrolliert wurden; Verantwortlich dafür sind hauptsächlich die Aktivitäten der afghanischen Luftstreitkräfte mit Unterstützung der Luftangriffe der NATO (SCR 28.2.2017).
Abdul Hasib, der IS-Anführer in Afghanistan, wurde im Rahmen einer militärischen Operation in Nangarhar getötet (BBC 8.5.2017; vgl. auch: NYT 7.5.2017); von Hasib wird angenommen für viele high-profile Angriffe verantwortlich zu sein - so auch für den Angriff gegen das Militärkrankenhaus in Kabul (Dawn 7.5.2017; vgl. auch: BBC 8.5.2017).
In diesem Jahr wurden hunderte IS-Aufständische entweder getötet oder gefangen genommen (BBC 8.5.2017). Im April 2017 wurde die größte nicht-nukleare Bombe, in einer Region in Ostafghanistan eingesetzt, die dafür bekannt ist von IS-Aufständischen bewohnt zu sein (Independent 13.4.2017). Netzwerke bestehend aus Höhlen und Tunnels wurden zerstört und 94 IS-Kämpfer, sowie vier Kommandanten, getötet (Dawn 7.5.2017). Quellen zufolge waren keine Zivilisten von dieser Explosion betroffen (BBC 14.4.2017; vgl. auch: The Guardian 13.4.2017, al-Jazeera 14.4.2017).
Quellen:
- al-Jazeera (29.4.2017): US marines return to Taliban stronghold of Helmand,
http://www.aljazeera.com/news/2017/04/marines-return-taliban-stronghold-helmand-170429090406248.html , Zugriff 9.5.2017
- al-Jazeera (14.4.2017): Mixed reaction in Afghanistan over Nangarhar bombing,
http://www.aljazeera.com/video/news/2017/04/mixed-reaction-afghanistan-nangarhar-bombing-170414143849115.html , Zugriff 8.5.2017
- BBC (8.5.2017): Afghanistan IS head killed in raid - US and Afghan officials, http://www.bbc.com/news/world-asia-39839339 , Zugriff 8.5.2017
- BBC (7.5.2017): Afghan conflict: Families flee Taliban Kunduz assault, http://www.bbc.com/news/world-asia-39836225 , Zugriff 8.5.2017
- BBC (28.4.2017): Afghan Taliban announce spring offensive, http://www.bbc.com/news/world-asia-39742802 , Zugriff 9.5.2017
- BBC (14.4.2017): MOAB strike: US bombing of IS in Afghanistan 'killed dozens', http://www.bbc.com/news/world-asia-39598046 , Zugriff 8.5.2017
- Dawn (7.5.2017): IS chief in Afghanistan killed, claims President Ashraf Ghani, https://www.dawn.com/news/1331700 , Zugriff 8.5.2017
- FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (21.4.2017): Taliban töten über hundert afghanische Soldaten, http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/angriff-auf-armeestuetzpunkt-taliban-toeten-ueber-hundert-afghanische-soldaten-14982261.html , Zugriff 9.5.2017
- FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (8.3.2017): Mehr als 30 Tote bei Angriff auf Krankenhaus in Kabul, http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/taliban-greifen-militaerkrankenhaus-in-kabul-an-14914667.html , Zugriff 9.5.2017
- Independent (13.4.2017): US drops 'largest non-nuclear bomb' in Afghanistan area populated by Isis members, http://www.independent.co.uk/news/world/americas/gbu-43b-mother-of-all-bombs-massive-ordnance-air-blast-afghanistan-isis-a7682996.html , Zugriff 8.5.2017
- INSO - International NGO Safety Organisation (o.D.): Afghanistan - Total incidents per month for the current year to date, http://www.ngosafety.org/country/afghanistan , Zugriff 8.5.2017
- INSO - The International NGO Safety Organisation (2017):
Afghanistan - Gross Incident Rate, http://www.ngosafety.org/country/afghanistan , Zugriff 23.2.2017
- Khaama Press (11.4.2017): 200 US troops deployed in Helmand province of Afghanistan,
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- LWJ - Long War Journal (9.5.2017): Taliban back on the offensive in Kunduz,
http://www.longwarjournal.org/archives/2017/05/taliban-back-on-the-offensive-in-kunduz.php , Zugriff 10.5.2017
- NYT - The New York Time (7.5.2017): Leader of ISIS Branch in Afghanistan Killed in Special Forces Raid, https://www.nytimes.com/2017/05/07/world/asia/abdul-hasib-isis-leader-killed.html?_r=0 , Zugriff 8.5.2017
- Reuters (23.4.2017): Deutschland sichert Afghanistan nach Anschlag Hilfe zu,
http://de.reuters.com/article/afghanistan-anschlag-idDEKBN17P0BX , Zugriff 9.5.2017
- Reuters (8.3.2017): Dutzende Tote bei IS-Anschlag auf Militärkrankenhaus in Kabul,
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- UN GASC - General Assembly Security Council (3.3.2017): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security,
http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/n1705111.pdf , Zugriff 8.5.2017
- UN GASC - United Nation General Assembly Security Council (7.3.2016): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, http://www.un.org/en/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2016/218 , Zugriff 4.4.2016
- SCR - Security Council Report (28.2.2017): March 2017 Monthly Forecast,
http://www.securitycouncilreport.org/monthly-forecast/2017-03/afghanistan_20.php , Zugriff 8.5.2017
- SIGAR - Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.4.2017): Quarterly Report to the United States Congress, https://www.sigar.mil/pdf/quarterlyreports/2017-04-30qr.pdf , Zugriff 8.5.2017
- Sputnik News (10.5.2017): Afghan Security Forces Destroy Huge Taliban Command Center in Country's South, https://sptnkne.ws/eu4g , Zugriff 10.5.2017
- The Guardian (13.4.2017): 36 Isis militants killed in US 'mother of all bombs' attack, Afghan ministry says, https://www.theguardian.com/world/2017/apr/13/us-military-drops-non-nuclear-bomb-afghanistan-islamic-state , Zugriff 8.5.2017
2. Politische Lage
Nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 wurde eine neue Verfassung erarbeitet (IDEA o.D.), und im Jahre 2004 angenommen (Staatendokumentation des BFA 7.2016; vgl. auch: IDEA o.D.). Sie basiert auf der Verfassung aus dem Jahre 1964. Bei Ratifizierung sah diese Verfassung vor, dass kein Gesetz gegen die Grundsätze und Bestimmungen des Islam verstoßen darf und alle Bürger Afghanistans, Mann und Frau, gleiche Rechte und Pflichten vor dem Gesetz haben (BFA Staatendokumentation des BFA 3.2014; vgl. Max Planck Institute 27.1.2004).
Die Innenpolitik ist seit der Einigung zwischen den Stichwahlkandidaten der Präsidentschaftswahl auf eine Regierung der Nationalen Einheit (RNE) von mühsamen Konsolidierungsbemühungen geprägt. Nach langwierigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Lagern der Regierung unter Führung von Präsident Ashraf Ghani und dem Regierungsvorsitzenden (Chief Executive Officer, CEO) Abdullah Abdullah sind kurz vor dem Warschauer NATO-Gipfel im Juli 2016 schließlich alle Ministerämter besetzt worden (AA 9 .2016). Das bestehende Parlament bleibt erhalten (CRS 12.1.2017) - nachdem die für Oktober 2016 angekündigten Parlamentswahlen wegen bisher ausstehender Wahlrechtsreformen nicht am geplanten Termin abgehalten werden konnten (AA 9 .2016; vgl. CRS 12.1.2017).
Parlament und Parlamentswahlen
Generell leidet die Legislative unter einem kaum entwickelten Parteiensystem und mangelnder Rechenschaft der Parlamentarier gegenüber ihren Wähler/innen. Seit Mitte 2015 ist die Legislaturperiode des Parlamentes abgelaufen. Seine fortgesetzte Arbeit unter Ausbleiben von Neuwahlen sorgt für stetig wachsende Kritik (AA 9 .2016). Im Jänner 2017 verlautbarte das Büro von CEO Abdullah Abdullah, dass Parlaments- und Bezirksratswahlen im nächsten Jahr abgehalten werden (Pajhwok 19.1.2017).
Die afghanische Nationalversammlung besteht aus dem Unterhaus, Wolesi Jirga, und dem Oberhaus, Meshrano Jirga, auch Ältestenrat oder Senat genannt. Das Unterhaus hat 249 Sitze, die sich proportional zur Bevölkerungszahl auf die 34 Provinzen verteilen. Verfassungsgemäß sind für Frauen 68 Sitze und für die Minderheit der Kutschi 10 Sitze im Unterhaus reserviert (USDOS 13.4.2016 vgl. auch: CRS 12.1.2017).
Das Oberhaus umfasst 102 Sitze. Zwei Drittel von diesen werden von den gewählten Provinzräten vergeben. Das verbleibende Drittel, wovon 50% mit Frauen besetzt werden müssen, vergibt der Präsident selbst. Zwei der vom Präsidenten zu vergebenden Sitze sind verfassungsgemäß für die Kutschi-Minderheit und zwei weitere für Behinderte bestimmt. Die verfassungsmäßigen Quoten gewährleisten einen Frauenanteil von 25% im Parlament und über 30% in den Provinzräten. Ein Sitz im Oberhaus ist für einen Sikh- oder Hindu-Repräsentanten reserviert (USDOS 13.4.2016).
Die Rolle des Zweikammern-Parlaments bleibt trotz mitunter erheblichem Selbstbewusstsein der Parlamentarier begrenzt. Zwar beweisen die Abgeordneten mit der kritischen Anhörung und auch Abänderung von Gesetzentwürfen in teils wichtigen Punkten, dass das Parlament grundsätzlich funktionsfähig ist. Zugleich nutzt das Parlament seine verfassungsmäßigen Rechte, um die Regierungsarbeit destruktiv zu behindern, deren Personalvorschläge z. T. über längere Zeiträume zu blockieren und sich Zugeständnisse teuer abkaufen zu lassen. Insbesondere das Unterhaus spielt hier eine unrühmliche Rolle und hat sich dadurch sowohl die RNE als auch die Zivilgesellschaft zum Gegner gemacht (AA 9 .2016).
Parteien
Der Terminus Partei umfasst gegenwärtig eine Reihe von Organisationen mit sehr unterschiedlichen organisatorischen und politischen Hintergründen. Trotzdem existieren Ähnlichkeiten in ihrer Arbeitsweise. Einer Anzahl von ihnen war es möglich die Exekutive und Legislative der Regierung zu beeinflussen (USIP 3.2015).
Die afghanische Parteienlandschaft ist mit über 50 registrierten Parteien stark zersplittert. Die meisten dieser Gruppierungen erscheinen jedoch mehr als Machtvehikel ihrer Führungsfiguren, denn als politisch-programmatisch gefestigte Parteien. Ethnischer Proporz, persönliche Beziehungen und ad hoc geformte Koalitionen genießen traditionell mehr Einfluss als politische Organisationen. Die Schwäche des sich noch entwickelnden Parteiensystems ist auf fehlende strukturelle Elemente (wie z.B. ein Parteienfinanzierungsgesetz) zurückzuführen, sowie auf eine allgemeine Skepsis der Bevölkerung und der Medien. Reformversuche sind im Gange - werden aber durch die unterschiedlichen Interessenlagen immer wieder gestört, etwa durch das Unterhaus selbst (AA 9 .2016).
Im Jahr 2009 wurde ein neues Parteiengesetz eingeführt, welches von allen Parteien verlangte sich neu zu registrieren und zum Ziel hatte ihre Zahl zu reduzieren. Anstatt wie zuvor die Unterschrift von 700 Mitgliedern, müssen sie nun 10.000 Unterschriften aus allen Provinzen erbringen. Diese Bedingung reduzierte tatsächlich die Zahl der offiziell registrierten Parteien von mehr als 100 auf 63, trug aber scheinbar nur wenig zur Konsolidierung des Parteiensystems bei (USIP 3.2015).
Unter der neuen Verfassung haben sich seit 2001 zuvor islamistisch-militärische Fraktionen, kommunistische Organisationen, ethno-nationalistische Gruppen und zivilgesellschaftliche Gruppen zu politischen Parteien gewandelt. Sie repräsentieren einen vielgestaltigen Querschnitt der politischen Landschaft und haben sich in den letzten Jahren zu Institutionen entwickelt. Keine von ihnen ist eine weltanschauliche Organisation oder Mobilmacher von Wähler/innen, wie es Parteien in reiferen Demokratien sind (USIP 3.2015). Eine Diskriminierung oder Strafverfolgung aufgrund exilpolitischer Aktivitäten nach Rückkehr aus dem Ausland ist nicht anzunehmen. Auch einige Führungsfiguren der RNE sind aus dem Exil zurückgekehrt, um Ämter bis hin zum Ministerrang zu übernehmen. Präsident Ashraf Ghani verbrachte selbst die Zeit der Bürgerkriege und der Taliban-Herrschaft in den 1990er Jahren weitgehend im pakistanischen und US-amerikanischen Exil (AA 9 .2016).
Friedens- und Versöhnungsprozess:
Im afghanischen Friedens- und Versöhnungsprozess gibt es weiterhin keine greifbaren Fortschritte. Die von der RNE sofort nach Amtsantritt konsequent auf den Weg gebrachte Annäherung an Pakistan stagniert, seit die afghanische Regierung Pakistan der Mitwirkung an mehreren schweren Sicherheitsvorfällen in Afghanistan beschuldigte. Im Juli 2015 kam es erstmals zu direkten Vorgesprächen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban über einen Friedensprozess, die aber nach der Enthüllung des jahrelang verschleierten Todes des Taliban-Führers Mullah Omar bereits nach der ersten Runde wieder eingestellt wurden. Die Reintegration versöhnungswilliger Aufständischer bleibt weiter hinter den Erwartungen zurück, auch wenn bis heute angeblich ca. 10.000 ehemalige Taliban über das "Afghanistan Peace and Reintegration Program" in die Gesellschaft reintegriert wurden (AA 9 .2016).
Hezb-e Islami Gulbuddin (HIG)
Nach zweijährigen Verhandlungen (Die Zeit 22.9.2016), unterzeichneten im September 2016 Vertreter der afghanischen Regierung und der Hezb-e Islami ein Abkommen (CRS 12.1.2017), das der Hezb-e Islami Immunität für "vergangene politische und militärische" Taten zusichert. Dafür verpflichtet sich die Gruppe alle militärischen Aktivitäten einzustellen (DW 29.9.2016). Einen Tag nach Unterzeichnung des Friedensabkommen zwischen der Hezb-e Islami und der Regierung, erklärte erstere in einer Stellungnahme eine Waffenruhe (The Express Tribune 30.9.2016). Das Abkommen beinhaltet unter anderem die Möglichkeit eines Regierungspostens für Hekmatyar; auch soll sich die afghanische Regierung bemühen, int. Sanktionen gegen Hekmatyar aufheben zu lassen (CRS 12.1.2017). Sobald internationale Sanktionen aufgehoben sind, wird von Hekmatyar erwartet, nach 20 Jahren aus dem Exil nach Afghanistan zurückkehren. Im Jahr 2003 war Hekmatyar von den USA zum "internationalen Terroristen" erklärt worden (NYT 29.9.2016). Schlussendlich wurden im Februar 2017 die Sanktionen gegen Hekmatyar von den Vereinten Nationen aufgehoben (BBC News 4.2.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan
- BBC News (4.2.2017): Afghan warlord Hekmatyar sanctions dropped by UN, http://www.bbc.com/news/world-asia-38867280 , Zugriff 9.2.2017
- CRS - Congressional Research Service (12.1.2017): Afghanistan:
Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy, https://www.fas.org/sgp/crs/row/RL30588.pdf , Zugriff 24.1.2017
- CRS - U.S. Congressional Research Service (12.1.2015):
Afghanistan: Politics, Elections, and Government Performance, http://www.fas.org/sgp/crs/row/RS21922.pdf , Zugriff 20.10.2015
- Die Zeit (22.9.2016): Kabul schließt Friedensabkommen mit berüchtigtem Milizenführer Hekmatjar, http://www.zeit.de/news/2016-09/22/afghanistan-kabul-schliesst-friedensabkommen-mit-beruechtigtem-milizenfuehrer-hekmatjar-22113008 , Zugriff 5.10.2016
- DW - Deutsche Welle (29.9.2016): Friedensabkommen in Afghanistan unterzeichnet,
http://www.dw.com/de/friedensabkommen-in-afghanistan-unterzeichnet/a-35923949 , Zugriff 5.10.2016
- IDEA - The International Institute for Democracy and Electoral Assistance (o.D.): Afghanistan: An Electoral Management Body Evolves,
http://www.oldsite.idea.int/publications/emd/upload/EMD_CS_Afghanistan.pdf , Zugriff 13.2.2017
- Max Planck Institut (27.1.2004): Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan,
http://www.mpipriv.de/files/pdf4/verfassung_2004_deutsch_mpil_webseite.pdf , Zugriff 11.9.2014
- NZZ - Neue Zürcher Zeitung (8.7.2014): Afghanischer Wahlsieger Ashraf Ghani,
http://www.nzz.ch/international/asien-und-pazifik/technokrat-populist-choleriker-1.18339044 , Zugriff 31.10.2014
- NZZ - Neue Zürcher Zeitung (22.1.2015): Leerlauf in Kabul Afghanistans endlose Regierungsbildung, http://www.nzz.ch/international/asien-und-pazifik/afghanistans-endlose-regierungsbildung-1.18466841 , Zugriff 2.11.2015
- NYT - The New York Times (29.9.2016): Afghan President, Insurgent Warlord Sign Peace Agreement,
http://www.nytimes.com/aponline/2016/09/29/world/asia/ap-as-afghanistan-peace-agreement.html?_r=0 ; Zugriff 5.10.2016
- Pajhwok (19.1.2017): Wolesi Jirga, district council elections next year,
http://www.pajhwok.com/en/2017/01/19/wolesi-jirga-district-council-elections-next-year , Zugriff 24.1.2017
- Staatendokumentation des BFA (7.2016): Dossier der Staatendokumentation, AfPak - Grundlagen der Stammes- Clanstruktur,
http://www.bfa.gv.at/files/berichte/AFGH_Stammes_und Clanstruktur_Onlineversion_2016_07.pdf, Zugriff 23.1.2017
- Staatendokumentation des BFA (3.2014): Afghanistan; 2014 and beyond,
http://www.bfa.gv.at/files/broschueren/AFGH_Monographie_2014_03.pdf , Zugriff 24.1.2017
- The Express Tribune (30.9.2016): Afghanistan's Hizb-e-Islami declares ceasefire after peace deal, http://tribune.com.pk/story/1191258/afghanistans-hizb-e-islami-declares-ceasefire-peace-deal/ , Zugriff 5.10.2016
- Tolonews (19.1.2017): Hizb-e-Islami Slams Taliban As An Ignorant, Fanatic Group,
http://www.tolonews.com/afghanistan/hizb-e-islami-slams-taliban-ignorant-fanatic-group , Zugriff 31.1.2017
- USIP - United States Institute of Peace (3.2015): Political Parties in Afghanistan,
http://www.usip.org/sites/default/files/SR362-Political-Parties-in-Afghanistan.pdf , Zugriff 2.11.2015
3. Sicherheitslage
Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.1.2017).
In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.2.2017).
[...]
| 1.12.2015 - 15.2.2016 | 16.2.2016 - 19.5.2016 | 20.5.2016 - 15.8.2016 | 16.8.2016 - 17.11.2016 | 1.12.2015 - 17.11.2016 |
sicherheitsrelevante Vorfälle | 4.014 | 6.122 | 5.996 | 6.261 | 22.393 |
Bewaffnete Zusammenstöße | 2.248 | 3.918 | 3.753 | 4.069 | 13.988 |
Vorfälle mit IED¿s | 770 | 1.065 | 1.037 | 1.126 | 3.998 |
gezielte Tötungen | 154 | 163 | 268 | 183 | 768 |
Selbstmordattentate | 20 | 15 | 17 | 19 | 71 |
(UN GASC 13.12.2016; UN GASC
7.9.2016; UNGASC10.6.2016; UN GASC 7.3.2016; Darstellung durch die Staatendokumentation des BFA )
Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghaninischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.1.2017).
Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 5.1.2017).
Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. - 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).
Kontrolle von Distrikten und Regionen
Den Aufständischen misslangen acht Versuche, die Provinzhauptstadt einzunehmen; den Rebellen war es möglich, Territorium einzunehmen. High-profile Angriffe hielten an. Im vierten Quartal 2016 waren 2,5 Millionen Menschen unter direktem Einfluss der Taliban, während es im 3. Quartal noch 2,9 Millionen waren (SIGAR 30.1.2017).
Laut einem Sicherheitsbericht für das vierte Quartal, sind 57,2% der 407 Distrikte unter Regierungskontrolle bzw. -einfluss; dies deutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem dritten Quartal: zu jenem Zeitpunkt waren 233 Distrikte unter Regierungskontrolle, 51 Distrikte waren unter Kontrolle der Rebellen und 133 Distrikte waren umkämpft. Provinzen, mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Rebelleneinfluss oder -kontrolle waren: Uruzgan mit 5 von 6 Distrikten, und Helmand mit 8 von 14 Distrikten. Regionen, in denen Rebellen den größten Einfluss oder Kontrolle haben, konzentrieren sich auf den Nordosten in Helmand, Nordwesten von Kandahar und die Grenzregion der beiden Provinzen (Kandahar und Helmand), sowie Uruzgan und das nordwestliche Zabul (SIGAR 30.1.2017).
Rebellengruppen
Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015 (UN GASC 13.12.2016). Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium (USDOD 12.2016).
Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistischen Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk, und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen geführte und ausgehandelte Konfliktresolution in Afghanistan - gemeinsam mit internationalen Partnern sollen die Rahmenbedingungen für einen friedlichen politischen Vergleich zwischen afghanischer Regierung und Rebellengruppen geschaffen werden (USDOD 12.2016).
Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihren Familien kaum an die Öffentlichkeit (AA 9 .2016).
Taliban und ihre Offensive
Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016). Die Taliban erhöhten das Operationstempo im Herbst 2016, indem sie Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz ausübten, sowie die Regierungskontrolle in Schlüsseldistrikten beeinträchtigten und versuchten, Versorgungsrouten zu unterbrechen (UN GASC 13.12.2016). Die Taliban verweigern einen politischen Dialog mit der Regierung (SCR 12.2016).
Die Taliban haben die Ziele ihrer Offensive "Operation Omari" im Jahr 2016 verfehlt (USDOD 12.2016). Ihr Ziel waren großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte, unterstützt durch Selbstmordattentate und Angriffe von Aufständischen, um die vom Westen unterstütze Regierung zu vertreiben (Reuters 12.4.2016). Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten (USDOD12.2016). Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Khorasan) (UN GASC 13.12.2016).
Der derzeitig Talibanführer Mullah Haibatullah Akhundzada hat im Jänner 2017 16 Schattengouverneure in Afghanistan ersetzt, um seinen Einfluss über den Aufstand zu stärken. Aufgrund interner Unstimmigkeiten und Überläufern zu feindlichen Gruppierungen, wie dem Islamischen Staat, waren die afghanischen Taliban geschwächt. hochrangige Quellen der Taliban waren der Meinung, die neu ernannten Gouverneure würden den Talibanführer stärken, dennoch gab es keine Veränderung in Helmand. Die südliche Provinz - größtenteils unter Talibankontrolle - liefert der Gruppe den Großteil der finanziellen Unterstützung durch Opium. Behauptet wird, Akhundzada hätte nicht den gleichen Einfluss über Helmand, wie einst Mansour (Reuters 27.1.2017).
Im Mai 2016 wurde der Talibanführer Mullah Akhtar Mohammad Mansour durch eine US-Drohne in der Provinz Balochistan in Pakistan getötet (BBC News 22.5.2016; vgl. auch: The National 13.1.2017). Zum Nachfolger wurde Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt - ein ehemaliger islamischer Rechtsgelehrter - der bis zu diesem Zeitpunkt als einer der Stellvertreter diente (Reuters 25.5.2016; vgl. auch:
The National 13.1.2017). Dieser ernannte als Stellvertreter Sirajuddin Haqqani, den Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes (The National 13.1.2017) und Mullah Yaqoub, Sohn des Talibangründers Mullah Omar (DW 25.5.2016).
Haqqani-Netzwerk
Das Haqqani-Netzwerk ist eine sunnitische Rebellengruppe, die durch Jalaluddin Haqqani gegründet wurde. Sirajuddin Haqqani, Sohn des Jalaluddin, führt das Tagesgeschäft, gemeinsam mit seinen engsten Verwandten (NCTC o.D.). Sirajuddin Haqqani, wurde zum Stellvertreter des Talibanführers Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt (The National 13.1.2017).
Das Netzwerk ist ein Verbündeter der Taliban - dennoch ist es kein Teil der Kernbewegung (CRS 26.5.2016). Das Netzwerk ist mit anderen terroristischen Organisationen in der Region, inklusive al-Qaida und den Taliban, verbündet (Khaama Press 16.10.2014). Die Stärke des Haqqani-Netzwerks wird auf 3.000 Kämpfer geschätzt (CRS 12.1.2017). Das Netzwerk ist hauptsächlich in Nordwaziristan (Pakistan) zu verorten und führt grenzübergreifende Operationen nach Ostafghanistan und Kabul durch (NCTC o.D.).
Das Haqqani-Netzwerk ist fähig - speziell in der Stadt Kabul - Operationen durchzuführen; finanziert sich durch legale und illegale Geschäfte in den Gegenden Afghanistans, in denen es eine Präsenz hat, aber auch in Pakistan und im Persischen Golf. Das Netzwerk führt vermehrt Entführungen aus - wahrscheinlich um sich zu finanzieren und seine Wichtigkeit zu stärken (CRS 12.1.2017).
Kommandanten des Haqqani Netzwerk sagten zu Journalist/innen, das Netzwerk sei bereit eine politische Vereinbarung mit der afghanischen Regierung zu treffen, sofern sich die Taliban dazu entschließen würden, eine solche Vereinbarung einzugehen (CRS 12.1.2017).
Al-Qaida
Laut US-amerikanischen Beamten war die Präsenz von al-Qaida in den Jahren 2001 bis 2015 minimal (weniger als 100 Kämpfer); al-Qaida fungierte als Unterstützer für Rebellengruppen (CRS 12.1.2017). Im Jahr 2015 entdeckten und zerstörten die afghanischen Sicherheitskräfte gemeinsam mit US-Spezialkräften ein Kamp der al-Quaida in der Provinz Kandahar (CRS 12.1.2017; vgl. auch: FP 2.11.2015); dabei wurden 160 Kämpfer getötet (FP 2.11.2015). Diese Entdeckung deutet darauf hin, dass al-Qaida die Präsenz in Afghanistan vergrößert hat. US-amerikanische Kommandanten bezifferten die Zahl der Kämpfer in Afghanistan mit 100-300, während die afghanischen Behörden die Zahl der Kämpfer auf 300-500 schätzten (CRS 12.1.2017). Im Dezember 2015 wurde berichtet, dass al-Qaida sich primär auf den Osten und Nordosten konzertierte und nicht wie ursprünglich von US-amerikanischer Seite angenommen, nur auf Nordostafghanistan (LWJ 16.4.2016).
Hezb-e Islami Gulbuddin (HIG)
Siehe Kapitel 2 - Politische Lage - Friedens- und Versöhnungsprozesse
IS/ISIS/ISIL/ISKP/ISIL-K/Daesh - Islamischer Staat
Seit dem Jahr 2014 hat die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) eine kleine Präsenz in Afghanistan etabliert (RAND 28.11.2016). Die Führer des IS nennen diese Provinz Wilayat Khorasan - in Anlehnung an die historische Region, die Teile des Irans, Zentralasien, Afghanistan und Pakistan beinhaltete (RAND 28.11.2016; vgl. auch:
MEI 5.2016). Anfangs wuchs der IS schnell (MEI 5.2016). Der IS trat im Jahr 2014 in zwei getrennten Regionen in Afghanistan auf: in den östlichsten Regionen Nangarhars, an der AfPak-Grenze und im Distrikt Kajaki in der Provinz Helmand (USIP 3.11.2016).
Trotz Bemühungen, seine Macht und seinen Einfluss in der Region zu vergrößern, kontrolliert der IS nahezu kein Territorium außer kleineren Gegenden wie z.B. die Distrikte Deh Bala, Achin und Naziyan in der östlichen Provinz Nangarhar (RAND 28.11.2016; vgl. auch: USIP 3.11.2016). Zwar kämpfte der IS hart in Afghanistan, um Fuß zu fassen. Die Gruppe wird von den Ansässigen jedoch Großteils als fremde Kraft gesehen (MEI 5.2016). Nur eine Handvoll Angriffe führte der IS in der Region durch. Es gelang ihm nicht, sich die Unterstützung der Ansässigen zu sichern; auch hatte er mit schwacher Führung zu kämpfen (RAND 28.11.2016). Der IS hatte mit Verslusten zu kämpfen (MEI 5.2016). Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).
Auch wenn die Gruppierung weiterhin interne Streitigkeiten der Taliban ausnützt, um die Präsenz zu halten, ist sie mit einem harten Kampf konfrontiert, um permanenter Bestandteil komplexer afghanischer Stammes- und Militärstrukturen zu werden. Anhaltender Druck durch US-amerikanische Luftangriffe haben weiterhin die Möglichkeiten des IS in Afghanistan untergraben; auch wird der IS weiterhin davon abgehalten, seinen eigenen Bereich in Afghanistan einzunehmen (MEI 5.2016). Laut US-amerikanischem Außenministerium hat der IS keinen sicherheitsrelevanten Einfluss außerhalb von isolierten Provinzen in Ostafghanistan (SIGAR 30.1.2017).
Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).
Presseberichten zufolge betrachtet die afghanische Bevölkerung die Talibanpraktiken als moderat im Gegensatz zu den brutalen Praktiken des IS. Kämpfer der Taliban und des IS gerieten, aufgrund politischer oder anderer Differenzen, aber auch aufgrund der Kontrolle von Territorium, aneinander (CRS 12.1.2017).
[...]
Zivile Opfer
Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) dokumentiert weiterhin regierungsfeindliche Elemente, die illegale und willkürliche Angriffe gegen Zivilist/innen ausführen (UNAMA 10.2016). Zwischen 1.1. und 31.12.2016 registrierte UNAMA 11.418 zivile Opfer (3.498 Tote und 7.920 Verletzte) - dies deutet einen Rückgang von 2% bei Getöteten und eine Erhöhung um 6% bei Verletzten im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 an. Bodenkonfrontation waren weiterhin die Hauptursache für zivile Opfer, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attentaten, sowie unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtung (IED), und gezielter und willkürlicher Tötungen (UNAMA 6.2.2017).
UNAMA verzeichnete 3.512 minderjährige Opfer (923 Kinder starben und 2.589 wurden verletzt) - eine Erhöhung von 24% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres; die höchste Zahl an minderjährigen Opfern seit Aufzeichnungsbeginn. Hauptursache waren Munitionsrückstände, deren Opfer meist Kinder waren. Im Jahr 2016 wurden 1.218 weibliche Opfer registriert (341 Tote und 877 Verletzte), dies deutet einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vorjahr an (UNAMA 6.2.2017).
Hauptsächlich waren die südlichen Regionen von dem bewaffneten Konflikt betroffen: 2.989 zivilen Opfern (1.056 Tote und 1.933 Verletzte) - eine Erhöhung von 17% gegenüber dem Jahr 2015. In den zentralen Regionen wurde die zweithöchste Rate an zivilen Opfern registriert: 2.348 zivile Opfer (534 Tote und 1.814 Verletzte) - eine Erhöhung von 34% gegenüber dem Vorjahreswert, aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Angriffe auf die Stadt Kabul. Die östlichen und nordöstlichen Regionen verzeichneten einen Rückgang bei zivilen Opfern: 1.595 zivile Opfer (433 Tote und 1.162 Verletzte) im Osten und 1.270 zivile Opfer (382 Tote und 888 Verletzte) in den nordöstlichen Regionen. Im Norden des Landes wurden 1.362 zivile Opfer registriert (384 Tote und 978 Verletzte), sowie in den südöstlichen Regionen 903 zivile Opfer (340 Tote und 563 Verletzte). Im Westen wurden 836 zivile Opfer (344 Tote und 492 Verletzte) und 115 zivile Opfer (25 Tote und 90 Verletzte) im zentralen Hochgebirge registriert (UNAMA 6.2.2017).
Laut UNAMA waren 61% aller zivilen Opfer regierungsfeindlichen Elementen zuzuschreiben (hauptsächlich Taliban), 24% regierungsfreundlichen Kräften (20% den afghanischen Sicherheitskräften, 2% bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppen und 2% internationalen militärischen Kräften); Bodenkämpfen zwischen regierungsfreundlichen Kräften und regierungsfeindlichen Kräften waren Ursache für 10% ziviler Opfer, während 5% der zivilen Opfer vorwiegend durch Unfälle mit Munitionsrückständen bedingt waren (UNAMA 6.2.2017).
Quellen:
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3.1. Kabul
Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016)
Distrikt Kabul
Gewalt gegen Einzelpersonen | 21 |
Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe | 18 |
Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen | 50 |
Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften | 31 |
Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt | 28 |
Andere Vorfälle | 3 |
Insgesamt | 151 |
(EASO 11.2016)
Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
Provinz Kabul
Gewalt gegen Einzelpersonen | 5 |
Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe | 89 |
Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen | 30 |
Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften | 36 |
Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt | 1 |
Andere Vorfälle | 0 |
Insgesamt | 161 |
(EASO 11.2016)
Im Zeitraum 1.9.2015. - 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).
In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 8.2.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.1.2017a; Bakhtar News 29.6.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.7.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 4.1.2017a).
Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: UNAMA 6.2.2017).
Quellen:
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http://afghanspirit.com/45-taliban-commanders-killed-in-four-months-moi/ , Zugriff 9.2.2017
- Bakhtar News (29.6.2017): Clearing Operation Begins In Several Districts of Kabul,
http://www.bakhtarnews.com.af/eng/security/item/23489-clearing-operation-begins-in-several-districts-of-kabul.html , Zugriff 2.2.2017
- BBC News (10.1.2017): Afghanistan bombings: Dozens killed across the country, http://www.bbc.com/news/world-asia-38567241 , Zugriff 30.1.2017
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- DW - Deutsche Welle (10.1.2017): Multiple casualties reported after explosions in Afghanistan, http://www.dw.com/en/multiple-casualties-reported-after-explosions-in-afghanistan/a-37077325 , Zugriff 30.1.2017
- EASO - European Asylum Support Office (11.2016): EASO Country of Origin Information Report Afghanistan Security Situation, https://www.ecoi.net/file_upload/90_1479191564_2016-11-09-easo-afghanistan-security-situation.pdf , Zugriff 30.1.2017
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- Kabul Tribune (8.2.2017): Taliban leader killed with his fighters in Kabul operation,
http://www.kabultribune.com/index.php/2017/02/08/taliban-leader-killed-with-his-fighters-in-kabul-operation/ , Zugriff 8.2.2017
- Khaama Press (13.1.2017): Serious threats exist in Kabul, US Embassy warn
citizens,http://www.khaama.com/serious-threats-exist-in-kabul-us-embassy-warn-citizens-02664 , Zugriff 30.1.2017
- Khaama Press (10.1.2017): 43 militants killed in 17 provinces in past 24 hours, MoI claims,
http://www.khaama.com/43-militants-killed-in-17-provinces-in-past-24-hours-moi-claims-02645 , Zugriff 9.2.2017
- Khaama Press (2.1.2017): Explosion near a mosque in Herat city leaves 6 wounded,
http://www.khaama.com/explosion-near-a-mosque-in-herat-city-leaves-6-wounded-02601 , Zugriff 16.2.2017
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- UNAMA - United Nations Mission in Afghanistan (6.2.2017):
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- VOA - Voice of America (5.1.2017): Afghan Forces Vow No Break in Fighting During Winter,
http://www.voanews.com/a/afghanistan-winter-fighting-taliban-islamic-state-us-troops/3664876.html , Zugriff 30.1.207
3.2. Kandahar
Die südliche Provinz Kandahar ist bekannt als kommerzielles Zentrum des Landes. Im Norden grenzt Kandahar an die Provinz Uruzgan, im Süden an Beluchistan und die Durandlinie, im Osten an die Provinz Zabul und im Westen an die Provinz Helmand (Pajhwok o.D.u). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.252.786 geschätzt (CSO 2016). Die Hauptstadt Kandahar wird als eine der strategisch wichtigsten und vielschichtigen Städte Afghanistans erachtet (The National 22.1.2017).
Die Kabul-Kandahar Autobahn ist eine der wichtigsten Autobahnen Afghanistans: Tausende pendeln täglich privat oder beruflich in über zehn Provinzen (Tolonews 17.4.2015; vgl. auch: Khaama Press 17.2.2017).
Gewalt gegen Einzelpersonen | 82 |
Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe | 1.064 |
Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen | 163 |
Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften | 540 |
Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt | 25 |
Andere Vorfälle | 6 |
Insgesamt | 1.880 |
Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Kandahar 1.880 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
In der Provinz Kandahar liegt ein Luftstützpunkt der NATO-Koalitionskräfte (Reuters 22.2.2015; vgl. auch: Reuters 19.2.2017). Im Oktober 2016 kamen hochrangige Sicherheitsmitarbeiter aus dem In- und Ausland in Kandahar zusammen, um Konzepte zur Verbesserung der Sicherheitslage im Süden Afghanistans zu entwickeln. Die hochrangige internationale Delegation lieferte den nationalen Behörden Vorschläge zur Verbesserung der Sicherheitslage. Die Sicherheitslage in Kandahar ist besser als vergleichsweise in anderen Provinzen; Behörden zufolge liegt dies an der Kooperation der Bevölkerung und besseren Koordinierung der Sicherheitsorgane (Pajhwok 24.10.2016).
Kandahar - Ursprung des Talibanaufstandes - war in den letzten Monaten relativ stabil, wenngleich regierungsfeindliche Aufständische versuchen, die Provinz zu destabilisieren (Khaama Press 1.2.2017; vgl. auch: Khaama Press 22.1.2017). Beispielsweise wurde das Gästehaus des Gouverneurs angegriffen und mehrere hochrangige Beamte getötet, inklusive 5 Diplomanten aus den Vereinten Arabischen Emiraten (Khaama Press 22.1.2017; vgl. auch:
Xinhua 11.1.2017).
In der ganzen Provinz werden militärische Operationen durchgeführt (Bernama 2.2.2017; Khaama Press 1.2.2017; Tolonews 22.1.2017). Zusammenstößen zwischen regierungsfeindlichen Elementen und den afghanischen Sicherheitskräften fanden statt (Khaama Press 3.12.2016; Khaama Press 24.11.2016).
Quellen:
- Bernama (2.2.2017): Afghan Troops Kill 14 Militants During Special Operations,
http://www.bernama.com.my/bernama/v8/wn/newsworld.php?id=1325811 , Zugriff 20.2.2017
- CSO - Central Statistics Organization (CSO) Afghanistan (2016):
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- EASO - European Asylum Support Office (11.2016): EASO Country of Origin Information Report Afghanistan Security Situation, https://www.ecoi.net/file_upload/90_1479191564_2016-11-09-easo-afghanistan-security-situation.pdf , Zugriff 30.1.2017
- Khaama Press (17.2.2017): Over 20 killed, dozens wounded in Kabul-Kandahar highway accident, https://www.khaama.com/over-20-killed-dozens-wounded-in-kabul-kandahar-highway-accident-02909 , Zugriff 20.2.2017
- Khaama Press (1.2.2017): Deadly car bombing plot foiled in Kandahar city,
http://www.khaama.com/deadly-car-bombing-plot-foiled-in-kandahar-city-02785 , Zugriff 20.2.2017
- Khaama Press (22.1.2017): Taliban's 3 terror networks busted in Kandahar, 16 arrested: NDS,
http://www.khaama.com/talibans-3-terror-networks-busted-in-kandahar-16-arrested-nds-02722 , Zugriff 20.2.2017
- Khaama Press (3.12.2016): Civilians suffer heavy casualties in Afghan forces, Taliban clashes in Kandahar, http://www.khaama.com/civilians-suffer-heavy-casualties-in-afghan-forces-taliban-clashes-in-kandahar-02413 , Zugriff 20.2.2017
- Khaama Press (24.11.2016): Clash among police forces leaves at least 4 dead in Kandahar city,
http://www.khaama.com/clash-among-police-forces-leaves-at-least-4-dead-in-kandahar-city-02357 , Zugriff 20.2.2017
- Pajhwok (24.10.2016): Gen. Nicholson assesses security situation in south,
http://www.pajhwok.com/en/2016/10/24/gen-nicholson-assesses-security-situation-south , Zugriff 20.2.2017
- Pajhwok (o.D.u): Background Profile of Kandahar Province, http://www.elections.pajhwok.com/en/content/background-profile-kandahar-province-0 , Zugriff 20.10.2014
- Reuters (19.2.2017): Afghan training goes back to basics as Trump faces U.S. troop decision,
http://www.reuters.com/article/us-usa-trump-afghanistan-idUSKBN15Y0XI , Zugriff 20.2.2017
- Reuters (22.2.2015): Tough choice for U.S. in Afghanistan's Kandahar province,
http://www.reuters.com/article/2015/02/22/us-afghanistan-usa-idUSKBN0LQ0WS20150222#clDbQaBMjMPH3z4R.99 , Zugriff 20.2.2017
- The National (22.1.2017): Fear and anger rise in Kandahar after bombing that killed five Emiratis, http://www.thenational.ae/world/fear-and-anger-rise-in-kandahar-after-bombing-that-killed-five-emiratis , Zugriff 20.2.2017
- Tolonews (22.1.2017): Three Taliban 'Terrorist Groups' Dismantled
In Kandahar,
http://www.tolonews.com/afghanistan/three-taliban- ‘terrorist-groups’- dismantled-kandahar, Zugriff 20.2.2017
- Tolonews (17.4.2015): ANP Officers Kidnapped on Kabul-Kandahar Highway,
http://www.tolonews.com/en/afghanistan/14569-anp-officers-kidnapped-on-kabul-kandahar-highway , Zugriff 20.2.2017
- UN OCHA - United Nation Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (26.8.2015): Afghanistan: Population Estimate for 2015,
https://www.humanitarianresponse.info/en/system/files/documents/files/afg_mm_population_aug2015_a3.pdf , Zugriff 2.2.2017
- Xinhua (11.1.2017): UEA diplomats among injured in Afghan Kandahar blasts, Kabul toll rises to 28: officials, http://news.xinhuanet.com/english/2017-01/11/c_135971365.htm , Zugriff 20.2.2017
[...]
4. Sicherheitsbehörden
Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (ANDSF) bestehen aus folgenden Komponenten: der afghanischen Nationalarmee (ANA), welche auch die Luftwaffe (AAF) und das ANA-Kommando für Spezialoperationen (ANASOC) beinhaltet; der afghanischen Nationalpolizei (ANP), die ebenso die uniformierte afghanische Polizei beinhaltet (AUP), der afghanischen Nationalpolizei für zivile Ordnung (ANCOP), der afghanischen Grenzpolizei (ABP) und der afghanischen Polizei die Verbrechen bekämpft (AACP). Sie stehen unter der Kontrolle des Verteidigungsministeriums Die afghanische Lokalpolizei (ALP), sowie ihre Komponenten (etwa die afghanischen Kräfte zum Schutz der Öffentlichkeit (APPF) und die afghanische Polizei zur Drogenbekämpfung (CNPA) sind unter der Führung des Innenministeriums (USDOD 6. 2016).
Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (Afghan National Defense and Security Forces, ANDSF) haben - wenn auch unbeständig - Fortschritte gemacht. Sie führten ihre Frühjahrs- und Sommeroperationen erfolgreich durch. Ihnen gelang im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern. Schwierigkeiten in Schlüsselbereichen wie Spionage, Luftfahrt und Logistik, verbesserten sich, beeinträchtigten dennoch die Schlagkraft. Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016).
Die afghanischen Sicherheitskräfte haben zwar im Jahr 2015 die volle Verantwortung für die Sicherheit des Landes übernommen (AA 9 .2016; vgl. auch: USIP 5.2016); dennoch werden sie teilweise durch US-amerikanische bzw. Koalitionskräfte unterstützt (USDOD 6.2016).
Drei Ministerien verantworten die Sicherheit in Afghanistan: Das afghanische Innenministerium (Afghanistan's Ministry of Interior - MoI), das Verteidigungsministerium (Ministry of Defense - MoD) und der afghanische Geheimdienst (NDS). Das Innenministerium ist primär für die interne Ordnung zuständig, dazu zählt auch die Afghan Local Police (ALP). Die (Afghan National Police (ANP) untersteht dem Verteidigungsministerium und ist für die externe Sicherheit zuständig. Ihre primäre Aufgabe ist die Bekämpfung der Aufständischen. Das National Directorate of Security (NDS) fungiert als Geheimdienst und ist auch für die Untersuchung von Kriminalfällen zuständig, welche die nationale Sicherheit betreffen (USDOS 13.4.2016).
Die autorisierte Truppenstärke der ANDSF wird mit 352.000 beziffert (USDOD 6.2016), davon 4.228 Frauen (SIGAR 30.7.2016).
Die monatlichen Ausfälle (umfasst alle geplanten und ungeplanten Ausfälle von Pensionierungen über unerlaubte Abwesenheit bis hin zu Gefallenen) der ANDSF liegen bei 2.4% - eine leichte Erhöhung gegenüber dem Dreijahresmittel von 2.2% (USDOD 6.2016).
Afghan National Police (ANP) und Afghan Local Police (ALP)
Die ANP gewährleistet die zivile Ordnung und bekämpft Korruption und die Produktion und den Schmuggel von Drogen. Der Fokus der ANP liegt derzeit aber in der Bekämpfung von Aufständischen gemeinsam mit der ANA. Das Langzeitziel der ANP ist weiterhin, sich in einen traditionellen Polizeiapparat zu verwandeln. Mit Stand 31.5.2016 beträgt die Stärke der ANP etwa 148.000 Mann. Dies beinhaltet nicht die rund 6.500 Auszubildenden in Polizeiakademien und andere die Ausbildungszentren landesweit ausgebildet werden. Frauen machen sind mit etwa 1.8% in der ANP vertreten (USDOD 6.2016). 2.834 Polizistinnen sind derzeit bei der Polizei, dies beinhaltete auch jene die in Ausbildung sind (USDOS 13.4.2016; vgl. auch: Sputnik News 14.6.2016).
Die Personalstärke der ALP beträgt etwa 28.800 Mann; zusätzlich autorisiert sind weitere 30.000 Mann, welche nicht in der allgemeinen ANDSF-Struktur inkludiert sind (USDOD 6.2016). Aufgabe der ALP ist, Sicherheit innerhalb von Dörfern und ländlichen Gebieten zu gewährleisten - indem die Bevölkerung vor Angriffen durch Aufständische geschützt wird, Anlagen gesichert und lokale Aktionen gegen Rebellen durchgeführt werden (USDOD 6.2016).
Die monatlichen Ausfälle der ANP betragen über die letzten Jahre relativ stabil durchschnittlich 1.9% (USDOD 6.2016).
Afghanische Nationalarmee (ANA)
Die afghanische Nationalarmee (ANA) untersteht dem Verteidigungsministerium und ist für die externe Sicherheit verantwortlich, primär bekämpft sie den Aufstand im Inneren (USDOS 13.4.2016).
Mit Stand 31. Mai 2016 betrug der autorisierte Personalstand der ANA 171.000 Mann, inklusive 7.100 Mann in den Luftstreitkräften (Afghan Air Force - AAF); etwa 820 Frauen sind in der ANA, inklusive AAF. Die Ausfälle in der ANA sind je nach Einheit unterschiedlich. Die allgemeine Ausfallsquote lag unter 3%, gegenüber 2,5% in der letzten Berichtsperiode. Die Einheiten der Luftstreitkräfte und der afghanischen Spezialeinheiten (ASSF) hielten weiterhin die niedrigsten Ausfallsquoten und die höchsten Verbleibquoten aller ANDSF-Teile (USDOD 6.2016).
Die Vereinigten Staaten von Amerika errichteten fünf Militärbasen in: Herat, Gardez, Kandahar, Mazar-e Sharif und Kabul (CRS 8.11.2016).
Resolute Support Mission
Die "Resolute Support Mission" ist eine von der NATO-geführte Mission, die mit 1. Jänner 2015 ins Leben gerufen wurde. Hauptsächlich konzentriert sie sich auf Ausbildungs-, Beratungs- und Unterstützungsaktivitäten auf ministerieller und Behördenebene, sowie in höheren Ebenen der Armee und Polizei. Die personelle Stärke der Resolute Support Mission beträgt 13.000 (durch NATO und anderen Partnernationen). Das Hauptquartier ist in Kabul (Bagram), mit vier weiteren Niederlassungen in: Mazar-e-Sharif, Herat, Kandahar und Laghman (NATO 5.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan
- CRS - Congressional Research Service (8.11.2016): Afghanistan:
Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy, https://www.fas.org/sgp/crs/row/RL30588.pdf , Zugriff 6.12.2016
- CRS - Congressional Research Service (15.10.2015): Afghanistan:
Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy, https://www.fas.org/sgp/crs/row/RL30588.pdf , Zugriff 6.12.2016
- NATO - North Atlantic Treaty Organization (5.2016): A new chapter in NATO-Afghanistan relations,
http://www.nato.int/nato_static_fl2014/assets/pdf/pdf_2016_05/20160518_1605-backgrounder-afghanistan-en.pdf , Zugriff 7.12.2016
- SIGAR - Special Inspector General For Afghanistan Reconstruction (30.7.2016): Security Contents, https://www.sigar.mil/pdf/quarterlyreports/2016-07-30qr-section3-security.pdf , Zugriff 7.12.2016
- Sputnik News (14.6.2016): Mit Kopftuch und Kalaschnikow gegen Terror: Kabul will 10.000 Polizistinnen ausbilden, https://de.sputniknews.com/politik/20160614310595644-afghanistan-frauen-polizei/ , Zugriff 22.12.2016
- USDOD - Department of Defense (12.2016): Enhancing Security and Stability in Afghanistan,
https://www.defense.gov/Portals/1/Documents/pubs/Afghanistan-1225-Report-December-2016.pdf , Zugriff 13.2.2017
- USDOD - US Department of Defense (6.2016): Report on Enhancing Security and Stability in Afghanistan, http://www.defense.gov/Portals/1/Documents/Enhancing_Security_and_Stability_in_Afghanistan-June_2016.pdf , , Zugriff 6.12.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Afghanistan, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper , Zugriff 13.10.2016
- USIP - United States Institute of Peace (5.2016): Afghanistan national defense and security forces, http://www.usip.org/sites/default/files/PW115-Afghanistan-National-Defense-and-Security-Forces-Mission-Challenges-and-Sustainability.pdf , Zugriff 7.12.2016
[...]
5. Allgemeine Menschenrechtslage
Im Bereich der Menschenrechte hat Afghanistan unter schwierigen Umständen erhebliche Fortschritte gemacht. Inzwischen ist eine selbstbewusste neue Generation von Afghaninnen und Afghanen herangewachsen, die sich politisch, kulturell und sozial engagiert und der Zivilgesellschaft eine starke Stimme verleiht. Diese Fortschritte erreichen aber nach wie vor nicht alle Landesteile und sind außerhalb der Städte auch gegen willkürliche Entscheidungen von Amtsträgern und Richtern nur schwer durchzusetzen. Die Menschenrechte haben in Afghanistan eine klare gesetzliche Grundlage (AA 9 .2016). Die 2004 verabschiedete afghanische Verfassung enthält einen umfassenden Grundrechtekatalog (AA 9 .2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Afghanistan hat die meisten der einschlägigen völkerrechtlichen Verträge - zum Teil mit Vorbehalten - unterzeichnet und/oder ratifiziert (AA 9 .2016).
Im Februar 2016 hat Präsident Ghani, den ehemaligen Leiter der afghanischen Menschenrechtskommission, Mohammad Farid Hamidi, zum Generalstaatsanwalt ernannt (USDOD 6.2016; vgl. auch NYT 3.9.2016).
Drohungen, Einschüchterungen und Angriffe gegen Menschenrechtsverteidiger hielten in einem Klima der Straflosigkeit an, nachdem die Regierung es verabsäumt hatte, Fälle zu untersuchen und Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen.
Menschenrechtsverteidiger wurden sowohl durch staatliche, als auch nicht-staatliche Akteure angegriffen und getötet - (AI 24.2.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan
- AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Afghanistan,
https://www.amnesty.org/en/countries/asia-and-the-pacific/afghanistan/report-afghanistan/ , Zugriff 17.2.2017
- Max Planck Institut (27.1.2004): Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan,
http://www.mpipriv.de/files/pdf4/verfassung_2004_deutsch_mpil_webseite.pdf , Zugriff 22.12.2016
- NYT - The New York Times (3.9.2016): New Afghan Attorney General Seeks Justice in System Rife With Graft, https://www.nytimes.com/2016/09/04/world/asia/new-afghan-attorney-general-seeks-justice-in-system-rife-with-graft.html , Zugriff 17.1.2016
- USDOD - US Department of Defense (6.2015): Report on Enhancing Security and Stability in Afghanistan, https://www.defense.gov/Portals/1/Documents/Enhancing_Security_and_Stability_in_Afghanistan-June_2016.pdf , Zugriff 17.1.2016
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6. Religionsfreiheit
Etwa 99.7% der Bevölkerung sind Muslime, davon sind 84.7-89.7% Sunniten (CIA 21.11.2016; vgl. USCIRF 4.2016). Schätzungen zufolge, sind etwa 10-19% der Bevölkerung Schiiten (AA 9 .2016; vgl. auch: CIA 21.10.2016). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie z.B. Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen zusammen nicht mehr als 1% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (AA 9 .2016).
Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert, dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger/innen anderer Religionen als dem Islam. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Art. 3 der Verfassung) zu verstehen (AA 9 .2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Darüber hinaus ist die Abkehr vom Islam (Apostasie) nach Scharia-Recht auch strafbewehrt (AA 9.11.2016).
Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 verbessert, wird aber noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformierte Muslime behindert. Blasphemie und Abtrünnigkeit werden als Kapitalverbrechen angesehen. Nichtmuslimische Religionen sind erlaubt, doch wird stark versucht, deren Missionierungsbestrebungen zu behindern (FH 27.1.2016). Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (FH 27.1.2016; vgl. auch:
CSR 8.11.2016).
Im Strafgesetzbuch gibt es keine Definition für Apostasie. Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, für Frauen lebenslange Haft, sofern sie die Apostasie nicht bereuen. Ein Richter kann eine mindere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte - dennoch hatten Individuen, die vom Islam konvertierten, Angst vor Konsequenzen. Christen berichteten, dass sie aus Furcht vor Vergeltung, Situationen vermieden, in denen es gegenüber der Regierung so aussehe, als ob sie missionieren würden (USDOS 10.8.2016).
Nichtmuslimische Minderheiten, wie Sikh, Hindu und Christen, sind sozialer Diskriminierung und Belästigung ausgesetzt, und in manchen Fällen, sogar Gewalt. Dieses Vorgehen ist jedoch nicht systematisch (USDOS 10.8.2016). Dennoch bekleiden Mitglieder dieser Gemeinschaften vereinzelt Ämter auf höchster Ebene (CSR 8.11.2016). Im Mai 2014 bekleidete ein Hindu den Posten des afghanischen Botschafters in Kanada (RFERL 15.5.2014). Davor war Sham Lal Bathija als hochrangiger Wirtschaftsberater von Karzai tätig (The New Indian Express16.5.2012).
Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Bildungsplan einrichten und umsetzen, der auf den Bestimmungen des Islams basiert; auch sollen religiöse Kurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime ist es nicht erforderlich den Islam an öffentlichen Schulen zu lernen (USDOS 10.8.2016).
Nicht-muslimische religiöse Minderheiten werden durch das geltende Recht diskriminiert. So gilt die sunnitische-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von ihrer Religion (AA 9 .2016). Für die religiöse Minderheit der Schiiten gilt in Personenstandsfragen das schiitische Recht (USDOS 10.8.2016).
Militante Gruppen haben sich unter anderem als Teil eines größeren zivilen Konfliktes gegen Moschen und Gelehrte gerichtet. Konservative soziale Einstellungen, Intoleranz und das Unvermögen oder die Widerwilligkeit von Polizeibeamten individuelle Freiheiten zu verteidigen bedeuten, dass jene, die religiöse und soziale Normen brechen, anfällig für Misshandlung sind (FH 27.1.2016).
Blasphemie - welche anti-islamische Schriften oder Ansprachen beinhaltet, ist ein Kapitalverbrechen im Rahmen der gerichtlichen Interpretation des islamischen Rechtes. Ähnlich wie bei Apostasie, gibt das Gericht Blasphemisten drei Tage um ihr Vorhaben zu widerrufen oder sie sind dem Tod ausgesetzt (CRS 8.11.2016).
Ein Muslim darf eine nicht-muslimische Frau heiraten, aber die Frau muss konvertieren, sofern sie nicht Anhängerin der zwei anderen abrahamitischen Religionen, Christentum und Judentum, ist. Einer Muslima ist nicht erlaubt einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten. Ehen zwischen zwei Nicht-Muslimen sind legal, solange das Paar nicht öffentlich ihren nicht-muslimischen Glauben deklariert (USDOS 10.8.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan
- CIA - Central Intelligence Agency (21.11.2016): The World Factbook
- Afghanistan,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/af.html , Zugriff 29.11.2016
- CRS - Congressional Research Service (8.11.2016): Afghanistan:
Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy, https://www.fas.org/sgp/crs/row/RL30588.pdf , Zugriff 30.11.2016
- FH - Freedom House (28.4.2015): Freedom of the Press 2015 - Afghanistan, http://www.ecoi.net/local_link/311145/449187_de.html , Zugriff 21.10.2015
- Max Planck Institut (27.1.2004): Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan,
http://www.mpipriv.de/files/pdf4/verfassung_2004_deutsch_mpil_webseite.pdf , Zugriff 28.11.2016
- RFERL - Radio Free Europe/Radio Liberty (15.5.2014): First Afghan Hindu Envoy Takes Pride In Serving His Country, http://gandhara.rferl.org/content/article/25386024.html , Zugriff 29.11.2016
- The New Indian Express (16.5.2012): 'I greeted Manmohan, and he was delighted',
http://www.newindianexpress.com/thesundaystandard/article350359.ece?service=print , Zugriff 5.11.2015
- USCIRF - U.S. Commission on International Religious Freedom (4.2016): 2016 Country Reports: Tier 2; Afghanistan, http://www.uscirf.gov/sites/default/files/USCIRF_Tier2_Afghan.pdf , Zugriff 30.11.2016
- USDOS - US Department of State (10.8.2016): 2016 Report on International Religious Freedom - Afghanistan, http://www.ecoi.net/local_link/328423/469202_de.html , , Zugriff 29.11.2016
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Paschtunen:
Ethnische Pashtunen sind die größte Ethnie Afghanistans. Sie sprechen Paschtu/Pashto; die meisten ihrer Regierungsvertreter sprechen auch Dari (CSR 12.1.2015). Die Pashtunen haben viele Sitze in beiden Häusern des Parlaments - nicht mehr als 50% der Gesamtsitze (USDOS 13.4.2016). Die Pashtunen sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 44% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert (Brookings 31.10.2016).
Paschtunen siedeln sich in einem halbmondförmigen Gürtel an, der sich von Nordwestafghanistan über den gesamten Süden und die Gebiete östlich von Kabul bis in den Nordwesten Pakistans erstreckt. Kleinere Gruppen sind über das gesamte Land verstreut, auch im Norden des Landes, wo Paschtunen Ende des 19. Jahrhunderts speziell angesiedelt wurden, und sich seitdem auch selbst angesiedelt haben (Staatendokumentation des BFA 7.2016).
Grundlage des paschtunischen Selbstverständnisses sind ihre genealogischen Überlieferungen und die darauf beruhende Stammesstruktur. Eng mit der Stammesstruktur verbunden ist ein komplexes System von Wertvorstellungen und Verhaltensrichtlinien, die häufig unter dem Namen Pashtunwali zusammengefasst werden und die besagen, dass es für einen Paschtunen nicht ausreicht, Paschtu zu sprechen, sondern dass man auch die Regeln dieses Ehren- und Verhaltenskodex befolgen muss. Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stammlinienverband bedeutet viele Verpflichtungen, aber auch Rechte, weshalb sich solche Verbände als Solidaritätsgruppen verstehen lassen (Staatendokumentation des BFA 7.2016).
Ausführliche Informationen zu Paschtunen und dem Paschtunwali, können dem Dossier der Staatendokumentation (7.2016) entnommen werden.
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan
- Brookings - The Brookings Institution (31.10.2016): Afghanistan Index,
https://www.brookings.edu/wp-content/uploads/2016/07/21csi_20161031_afghanistan_index.pdf , Zugriff 23.1.2017
- CIA - Central Intelligence Agency (12.1.2017): The World Factbook Afghanistan,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/af.html Zugriff 23.1.9.2016
- CRS - US Congressional Research Service (12.1.2015): Afghanistan:
Politics, Elections, and Government Performance, http://www.fas.org/sgp/crs/row/RS21922.pdf , Zugriff 23.1.2016
- GIZ (1.2017): Afghanistan - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/afghanistan/gesellschaft/ , Zugriff 23.1.2017
- Max Planck Institut (27.1.2004): Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan,
http://www.mpipriv.de/files/pdf4/verfassung_2004_deutsch_mpil_webseite.pdf , Zugriff 27.10.2015
- Staatendokumentation des BFA (7.2016): Dossier der Staatendokumentation, AfPak - Grundlagen der Stammes- Clanstruktur,
http://www.bfa.gv.at/files/berichte/AFGH_Stammes_und Clanstruktur_Onlineversion_2016_07.pdf, Zugriff 23.1.2017
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Afghanistan, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper , Zugriff 17.1.2017
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7. Frauen
Jahrzehntelanger Kampf gegen patriarchale und frauenfeindliche Normen, führte zu einer Sensibilisierung in Bezug auf Frauen und ihrer Rechte. Allmählich entwickelt sich die Rolle von Frauen in politischen und wirtschaftlichen Bereichen (AF 7.12.2016). Die Situation der Frauen hat sich seit dem Ende der Taliban-Herrschaft erheblich verbessert; die vollumfängliche Realisierung ihrer Rechte innerhalb der konservativ-islamischen afghanischen Gesellschaft bleibt schwierig. Die konkrete Situation von Frauen kann sich allerdings je nach regionalem und sozialem Hintergrund stark unterscheiden (AA 9 .2016).
Artikel 22 der afghanischen Verfassung besagt, dass jegliche Form von Benachteiligung oder Bevorzugung unter den Bürgern Afghanistans verboten ist. Die Bürger Afghanistans, sowohl Frauen als auch Männer, haben vor dem Gesetz gleiche Rechte und Pflichten (Max Planck Institut 27.1.2004). Ein Meilenstein in dieser Hinsicht war die Errichtung des afghanischen Ministeriums für Frauenangelegenheiten (MoWA) im Jahr 2001 (BFA Staatendokumentation 3.2014).
Bildung
Afghanistan ist eine Erfolgsgeschichte in der Verbesserung des Zugangs zu Bildung - auch für Mädchen (Education for Development 7.7.2015). Das Recht auf Bildung wurde den Frauen nach dem Fall der Taliban im Jahr 2001 eingeräumt (BFA Staatendokumentation 3.2014).
Artikel 43 der afghanischen Verfassung besagt, dass alle afghanischen Staatsbürger das Recht auf Bildung haben. Laut Artikel 4 des afghanischen Bildungsgesetzes ist mittlere (elementare) Bildung in Afghanistan verpflichtend. Artikel 43 der afghanischen Verfassung besagt, dass alle afghanischen Staatsbürger das Recht auf Bildung haben (SIGAR 4.2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004).
Seit dem Jahr 2000 hat sich die durchschnittliche Zahl der Kinder, die eine Schule besuchen von 2,5 Jahren auf 9,3 Jahre erhöht (AF 2015). Das afghanische Bildungsministerium errichtete gemeinsam mit USAID und anderen Gebern, mehr als 16.000 Schulen; rekrutierte und bildete mehr als 154.000 Lehrerinnen und Lehrer aus, und erhöhte die Zahl der Schuleinschreibungen um mehr als 60%. Das Bildungsministerium gibt die Zahl der Schüler/innen mit ca. 9 Millionen an, davon sind etwa 40% Mädchen. Frauen und Mädchen gehen öfter zu Schule wenn sie keine langen Distanzen zurücklegen müssen. USAID hat 84.000 afghanische Mädchen dabei unterstützt Schulen innerhalb ihrer Gemeinden besuchen zu können, damit sich nicht durch teilweise gefährliche Gegenden pendeln müssen (USAID 19.12.2016).
Laut dem afghanischen Statistikbüro, gab es landesweit 15.645 Schulen, 9.184.494 Schüler/innen, davon waren 362.906 weiblich. Diese Zahlen beinhalten alle Schultypen, dazu zählen Volks- und Mittelschulen, Abendschulen, Berufsschulen, Lehrerausbildungszentren, etc. Die Zahl der Schülerinnen hat sich im Zeitraum 2015-2016 zum Vergleichszeitraum 2014 - 2015 um 2,2% erhöht. Die Gesamtzahl der Lehrer/innen betrug 199.509, davon waren
63.911 Frauen (CSO 2016).
Frauenuniversität in Kabul
Seit dem Jahr 2008 hat sich die Studierendenzahl in Afghanistan um 50% erhöht. Im Mai 2016 eröffnete in Kabul die erste Privatuniversität für Frauen im Moraa Educational Complex, mit dazugehörendem Kindergarten und Schule für Kinder der Studentinnen. Die Universität bietet unter anderem Lehrveranstaltungen für Medizin, Geburtshilfe etc. an. (The Economist 13.8.2016; vgl. auch:
MORAA 31.5.2016).
Im Herbst 2015 eröffnete an der Universität Kabul der Masterlehrgang für "Frauen- und Genderstudies" (Khaama Press 18.10.2015; vgl. auch:
University Herold 18.10.2015); im ersten Lehrgang waren 28 Student/innen eingeschrieben, wovon 10 Männer waren (University Herold 18.10.2015).
Berufstätigkeit
Für viele Frauen ist es noch immer sehr schwierig, außerhalb des Bildungs- und Gesundheitssektors Berufe zu ergreifen. Einflussreiche Positionen werden abhängig von Beziehungen und Vermögen vergeben (AA 9 .2016). Oft scheitern Frauen schon an den schwierigen Transportmöglichkeiten und eingeschränkter Bewegungsfreiheit ohne männliche Begleitung (AA 9 .2016; vgl. auch: USDOS 13.4.2016).
Bemerkenswert ist die Steigerung jener Afghan/innen, die der Meinung sind, Frauen sollen sich bilden und außerhalb des Heimes arbeiten dürfen. Bei einer Befragung gaben 81% der Befragten an, Männer und Frauen sollten gleiche Bildungschancen haben (The Diplomat 9.12.2016; vgl. auch: AF 7.12.2016).
Die Erwerbstätigkeit von Frauen hat sich seit dem Jahr 2001 stetig verbessert und betrug im Jahr 2016 19%. Rund 64% der Afghan/innen befürworteten Frauen außerhalb ihres Heimes arbeiten zu dürfen. Frauen sind dennoch einer Vielzahl von Hindernissen ausgesetzt; dazu zählen: Einschränkungen, Belästigung, Diskriminierung und Gewalt, aber auch praktische Hürden, wie z.B. fehlende Arbeitserfahrung, Fachkenntnisse und (Aus)Bildung (UN Women 2016). Die Alpahbetisierungsrate bei Frauen in Afghanistan liegt durchschnittlich bei 17%, in manchen Provinzen sogar unter 2% (UN Women 2016; vgl. auch: UNESCO Institute for statistics o.D.). In der Altersklasse der 15 - 24 jährigen betrug die Alphabetisierungsrate im Jahr 2015 bei Frauen 46,11%, bei den über 65-jährigen 4,33% (UNESCO Institute for statistics o.D.).
Viele Frauen haben sich in bedeutenden Positionen in den verschiedenen Bereichen von nationaler Wichtigkeit entwickelt, dazu zählen Politik, Wirtschaft und die Zivilgesellschaft. Der Raum für weibliche Führungskräfte bleibt eingeschränkt, von Gebern abhängig und ist hauptsächlich in den Städten vertreten. Frauen sind im Privatsektor unterrepräsentiert und haben keine aktive Rolle in der Wirtschaftsproduktion. Unsicherheit, Belästigung, Immobilität, religiöser Extremismus und Korruption sind verbreitet. Begriffe wie zum Beispiel Geschlechtergleichstellung werden weiterhin missverstanden. Frauen in Führungspositionen werden als symbolisch betrachtet, werden politisch mangelhaft unterstützt, haben schwach ausgebildete Entscheidungs- und Durchsetzungskompetenzen und mangelnden Zugang zu personellen und finanziellen Mitteln (USIP 9.2015). Frauen sind im Arbeitsleben mit gewissen Schwierigkeiten konfrontiert, etwa Verwandte, die verlangen sie sollen zu Hause bleiben; oder Einstellungsverfahren, die Männer bevorzugten. Jene die arbeiteten, berichteten von sexueller Belästigung, fehlenden Transport- und Kinderbetreuungsmöglichkeiten; Benachteiligungen bei Lohnauszahlungen existieren im Privatsektor. Journalistinnen, Sozialarbeiterinnen und Polizistinnen berichteten von, Drohungen und Misshandlungen (USDOS 13.4.2016).
Frauen machen 30% der Medienmitarbeiter/innen aus. Teilweise leiten Frauen landesweit Radiostationen - manche Radiostationen setzten sich ausschließlich mit Frauenangelegenheiten auseinander. Nichtsdestotrotz, finden Reporterinnen es schwierig ihren Job auszuüben. Unsicherheit, fehlende Ausbildung und unsichere Arbeitsbedingungen schränken die Teilhabe von Frauen in den Medien weiterhin ein (USDOS 13.4.2016).
- Frauen im öffentlichen Dienst
Die politische Partizipation von Frauen ist rechtlich verankert und hat sich deutlich verbessert. So sieht die afghanische Verfassung Frauenquoten für das Zweikammerparlament vor: Ein Drittel der 102 Sitze im Oberhaus (Meshrano Jirga) werden durch den Präsidenten vergeben; die Hälfte davon ist gemäß Verfassung für Frauen bestimmt (AA 9 .2016; vgl. auch: USDOS 13.4.2016). Zurzeit sind 18 Senatorinnen in der Meshrano Jirga vertreten. Im Unterhaus (Wolesi Jirga) sind 64 der 249 Sitze für Parlamentarierinnen reserviert; derzeit sind 67 Frauen Mitglied des Unterhauses. Die von Präsident Ghani bewirkten Wahlreformen sehen zudem Frauenquoten von 25% der Sitze für Provinz- und Distriktratswahlen vor; zudem sind mindestens zwei von sieben Sitzen in der einflussreichen Wahlkommission (Independent Election Commission) für Frauen vorgesehen. Die afghanische Regierung hat derzeit vier Ministerinnen (von insgesamt 25 Ministern) (AA 9 .2016). Drei Afghaninnen sind zu Botschafterinnen ernannt worden (UN Women 2016). Frauen in hochrangigen Regierungspositionen waren weiterhin Opfer von Drohungen und Gewalt (USDOS 13.4.2016).
Das Netzwerk von Frauenrechtsaktivistinnen "Afghan Women's Network" berichtet von Behinderungen der Arbeit seiner Mitglieder bis hin zu Bedrohungen und Übergriffen, teilweise von sehr konservativen und religiösen Kreisen (AA 9 .2016).
- Frauen in den afghanischen Sicherheitskräften
Polizei und Militär sind Bereiche, in denen die Arbeit von Frauen besonders die traditionellen Geschlechterrollen Afghanistans herausfordert. Der Fall des Taliban-Regimes brachte, wenn auch geringer als zu Beginn erwartet, wesentliche Änderungen für Frauen mit sich. So begannen Frauen etwa wieder zu arbeiten (BFA Staatendokumentation 26.3.2014). Im Jahr 2016 haben mehr Frauen denn je die Militärschule und die Polizeiakademie absolviert (AF 7.12.2016). Das Innenministerium bemüht sich um die Einstellung von mehr Polizistinnen, allerdings wird gerade im Sicherheitssektor immer wieder über Gewalt gegen Frauen berichtet. Die afghanische Regierung hat sich bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Frauen ehrgeizige Ziele gesetzt und plant u.a. in der ersten Jahreshälfte 2016 ein Anti-Diskriminierungspaket für Frauen im öffentlichen Sektor zu verabschieden. Dieses ist allerdings bisher noch nicht geschehen (AA 9 .2016). 2.834 Polizistinnen sind derzeit bei der Polizei, dies beinhaltete auch jene die in Ausbildung sind (USDOS 13.4.2016; vgl. auch: Sputnik News 14.6.2016). Laut Verteidigungsministerium werden derzeit 400 Frauen in unterschiedlichen Bereichen des Verteidigungsministeriums ausgebildet: 30 sind in der nationalen Militärakademie, 62 in der Offiziersakademie der ANA, 143 in der Malalai Militärschule und 109 Rekrutinnen absolvieren ein Training in der Türkei (Tolonews 28.1.2017).
Im Allgemeinen verbessert sich die Situation der Frauen innerhalb der Sicherheitskräfte, bleibt aber weiterhin fragil. Der Schutz von Frauenrechten hat in größeren städtischen Gegenden, wie Kabul, Mazar-e Sharif und in der Provinz Herat, moderate Fortschritte gemacht; viele ländliche Gegenden sind extrem konservativ und sind aktiv gegen Initiativen, die den Status der Frau innerhalb der Gesellschaft verändern könnte (USDOD 6.2016).
Auch wenn die Regierung Fortschritte machte, indem sie zusätzliche Polizistinnen rekrutierte, erschweren kulturelle Normen und Diskriminierung die Rekrutierung und den Verbleib in der Polizei (USDOS 13.4.2016).
Teilnahmeprogramme für Frauen in den Sicherheitskräften
Initiiert wurde ein umfassendes Programm zur Popularisierung des Polizeidienstes für Frauen (SIGAR 30.7.2016; vgl. auch: Sputnik News 5.12.2016). Dies Programm fördert in verschiedenster Weise Möglichkeiten zur Steigerung der Frauenrate innerhalb der ANDSF (SIGAR 30.7.2016). Das afghanische Innenministerium gewährte im Vorjahr 5.000 Stellen für Frauen bei der Polizei, diese Stellen sind fast alle noch immer vakant (Sputnik News 5.12.2016; vgl. auch:
SIGAR 30.7.2016). Eines der größten Probleme ist, dass sowohl junge Mädchen als auch Ehefrauen in ihren Familien nichts selbständig entscheiden dürften (Sputnik News 5.12.2016). Die afghanische Nationalpolizei schuf zusätzlich neue Posten für Frauen - womit sich deren Zahl auf 5.969 erhöhte; 5.024 dieser Posten sind innerhalb der afghanischen Nationalpolizei, 175 in Gefängnissen und Haftanstalten, sowie 770 zivile Positionen (SIGAR 30.7.2016). Im Juni 2016 verlautbarten die Behörden in Kabul, bis März 2017 die Polizei mit 10.000 neuen Stellen für weibliche Polizeikräfte aufzustocken. Die Behörden möchten der steigenden Gewalt gegen Frauen in Afghanistan entgegentreten und effektiver gegen die Terrorbedrohung und den Drogenhandel im Land vorgehen (Sputnik News 14.6.2016).
Seit fast einem Jahrzehnt schaffen afghanische Behörden massiv Arbeitsstellen für Frauen bei der Polizei und versuchen alljährlich den Frauenanteil zu erhöhen. Das dient vor allem dazu, den Afghaninnen Schutz zu gewähren. Wenn Verdächtigte und mutmaßliche Verbrecher Frauen seien, werden Polizistinnen bevorzugt. Allerdings haben Beamtinnen wegen ihres Polizeidienstes öfter Probleme mit ihren konservativen Verwandten (Sputnik News 14.6.2016). Im Arbeitskontext sind Frauen von sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen: so sind z. B. Polizistinnen massiven Belästigungen und auch Gewalttaten durch Arbeitskollegen oder im direkten Umfeld ausgesetzt (AA 9 .2016; vgl. auch: Sputnik News 14.6.2016).
- Strafverfolgung und Unterstützung
Afghanistan verpflichtet sich in seiner Verfassung durch die Ratifizierung internationaler Konventionen und durch nationale Gesetze, die Gleichberechtigung und Rechte der Frauen zu achten und zu stärken. In der Praxis mangelt es jedoch oftmals an der praktischen Umsetzung dieser Rechte (AA 9 .2016). Viele Frauen sind sich ihrer in der Verfassung garantierten, und auch gewisser vom Islam vorgegebener, Rechte nicht bewusst. Eine Verteidigung ihrer Rechte ist in einem Land, in dem die Justiz stark konservativ-traditionell geprägt und überwiegend von männlichen Richtern oder traditionellen Stammesstrukturen bestimmt wird, nur in eingeschränktem Maße möglich (AA 9 .2016; vgl. USDOS 13.4.2016). Staatliche Akteure aller drei Gewalten sind häufig nicht in der Lage oder auf Grund tradierter Wertevorstellungen und nicht gewillt, Frauenrechte zu schützen. Gesetze zum Schutz und zur Förderung der Rechte von Frauen werden nur langsam umgesetzt. Das Personenstandsgesetz enthält diskriminierende Vorschriften für Frauen, insbesondere in Bezug auf Heirat, Erbschaft und Beschränkung der Bewegungsfreiheit (AA 9 .2016)
Viele Gewaltfälle gelangen nicht vor Gericht, sondern werden durch Mediation oder Verweis auf traditionelle Streitbeilegungsformen (Schuren und Jirgas) verhandelt. Traditionelle Streitbeilegung führt oft dazu, dass Frauen ihre Rechte, sowohl im Strafrecht als auch im zivilrechtlichen Bereich wie z. B. im Erbrecht, nicht gesetzeskonform zugesprochen werden. Viele Frauen werden darauf verwiesen, den "Familienfrieden" durch Rückkehr zu ihrem Ehemann wiederherzustellen (AA 9 .2016). Gleichzeitig führt aber eine erhöhte Sensibilisierung auf Seiten der afghanischen Polizei und Justiz zu einer sich langsam, aber stetig verbessernden Lage der Frauen in Afghanistan. Insbesondere die Schaffung von auf Frauen spezialisierte Staatsanwaltschaften in einigen Provinzen, hatte positive Auswirkungen (AA 9 .2016; vgl. auch: USDOS 13.4.2016). In der patriarchalischen Gesellschaft Afghanistans trauen sich Frauen selbst oftmals nicht, an Polizisten zu wenden (Sputnik News 14.6.2016).
Anlässlich des dritten "Symposium on Afghan Women's Empowerment" im Mai 2016 in Kabul bekräftigte die afghanische Regierung auf höchster Ebene den Willen zur weiteren Umsetzung. Inwieweit sich dies in das System an sich und bis in die Provinzen fortsetzt, ist zumindest fraglich (AA 9 .2016).
Das EVAW-Gesetz wurde durch ein Präsidialdekret im Jahr 2009 eingeführt (USDOS 13.4.2016; vgl. auch: AA 9 .2016; UN Women 2016); und ist eine wichtige Grundlage für den Kampf gegen Gewalt gegen Frauen - inklusive der weit verbreiteten häuslichen Gewalt. Dennoch ist eine Verabschiedung des EVAW-Gesetzes durch beide Parlamentskammern noch ausständig und birgt die Gefahr, dass die Inhalte verwässert werden (AA 9 .2016). Das Gesetz kriminalisiert Gewalt gegen Frauen, inklusive Vergewaltigung, Körperverletzung, Zwangsverheiratung bzw. Kinderheirat, Erniedrigung, Einschüchterung und Entzug des Erbes, jedoch war die Umsetzung eingeschränkt. Im Falle von Vergewaltigung sieht das Gesetz eine Haftstrafe von 16-20 Jahren vor. Sollte die Vergewaltigung mit dem Tod eines Opfers enden, sieht das Gesetz die Todesstrafe für den Täter vor. Der Straftatbestand der Vergewaltigung beinhaltet nicht Vergewaltigung in der Ehe. Das Gesetz wurde nicht weitgehend verstanden und manche öffentliche und religiöse Gemeinschaften erachteten das Gesetz als unislamisch. Der politische Wille das Gesetz umzusetzen und seine tatsächliche Anwendung ist begrenzt (USDOS 13.4.2016). Außerhalb der Städte wird das EVAW-Gesetz weiterhin nur unzureichend umgesetzt (AA 9 .2016). Laut Angaben von Human Rights Watch, verabsäumte die Regierung Verbesserungen des EVAW-Gesetzes durchzusetzen. Die Regierung verabsäumt ebenso die Verurteilung sogenannter Moral-Verbrechen zu stoppen, bei denen Frauen, die häuslicher Gewalt und Zwangsehen entfliehen, zu Haftstrafen verurteilt werden (HRW 27.1.2016). Die Regierung registrierte 5.406 Fälle von Gewalt an Frauen, 3.715 davon wurden unter dem EVAW-Gesetz eingebracht (USDOS 13.4.2016). Einem UNAMA-Bericht zufolge, werden 65% der Fälle, die unter dem EVAW-Gesetz eingebracht werden (tätlicher Angriff und andere schwerwiegende Misshandlungen) durch Mediation gelöst, während 5% strafrechtlich verfolgt werden (HRW 27.1.2016).
Die erste EVAW-Einheit (Law on the Elimination of Violence Against Women) wurde im Jahre 2010 durch die afghanische Generalstaatsanwaltschaft initiiert und hat ihren Sitz in Kabul (USDOS 13.4.2016). Die Generalstaatsanwaltschaft erhöhte weiterhin die Anzahl der EVAW-Einheiten. Mit Stand September 2015 existieren sie mittlerweile in 20 Provinzen. In anderen Provinzen wurde Staatsanwälten durch die Generalstaatsanwaltschaft Fälle zur Behandlung zugeteilt. Im März hielt das Büro der Generalstaatsanwaltschaft das erste nationale Treffen von EVAW-Staatsanwälten ab, um die Kommunikation zwischen den unterschiedlichen EVAW-Einheiten in den Provinzen zu fördern und gemeinsame Probleme zu identifizieren (USDOS 13.4.2016). Ein im April veröffentlichter Bericht der UNAMA zu Erfahrungen von 110 rechtssuchenden Frauen im Justizsystem; zeigte, dass sich die Effektivität der Einheiten stark unterschied, diese aber dennoch Frauen, die Gewalt erlebt hatten, ermutigten ihre Fälle zu verfolgen (USDOS 13.4.2016; vgl. auch: UNAMA 4.2015).
Der UN-Sonderberichterstatter zu Gewalt an Frauen berichtet von Frauen in Afghanistan, die das formelle Justizsystem als unzugänglich und korrupt bezeichnen; speziell dann wenn es um Angelegenheiten geht, die die Rechte von Frauen betreffen - sie bevorzugen daher die Mediation (USDOS 13.4.2016).
Die unabhängige afghanische Menschenrechtskommission (Afghanistan Independent Human Rights Commission - AIHRC), veröffentlichte einen Bericht, der 92 Ehrenmorde auflistete (Berichtszeitraum: März 2014 - März 2015), was eine Reduzierung von 13% gegenüber dem Vorjahr andeutete. Diesem Bericht zufolge wurden auch 67% der Täterbei Vergewaltigung oder Ehrenmord verhaftet; 60% wurden verurteilt und bestraft (USDOS 13.4.2016).
Wenn Justizbehörden das EVAW-Gesetz beachten, war es Frauen in manchen Fällen möglich angemessene Hilfe zu erhalten. Staatsanwält/innen und Richter/innen in abgelegenen Provinzen ist das EVAW-Gesetz oft unbekannt, andere werden durch die Gemeinschaft unter Druck gesetzt um Täter freizulassen. Berichten zufolge, geben Männer, die der Vergewaltigung bezichtigt werden, oft an, das Opfer hätte dem Geschlechtsverkehr zugestimmt, was zu "Zina"-Anklagen gegen die Opfer führt (USDOS 13.4.2016).
Im Juni 2015 hat die afghanische Regierung den Nationalen Aktionsplan für die Umsetzung der VN-SR-Resolution 1325 auf den Weg gebracht (AA 9 .2016; vgl. auch: HRW 12.1.2017). Dennoch war bis November 2016 kein finales Budget für den Umsetzungsplan aufgestellt worden (HRW 12.1.2017).
- Gewalt an Frauen: Vergewaltigung, Ehrenverbrechen und Zwangsverheiratung
Sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt ist weit verbreitet. Gewalttaten gegen Frauen und Mädchen finden zu über 90% innerhalb der Familienstrukturen statt. Die Gewalttaten reichen von Körperverletzungen und Misshandlungen über Zwangsehen bis hin zu Vergewaltigungen und Mord (AA 9 .2016). In den ersten acht Monaten des Jahres 2016 dokumentierte die AIHRC 2.621 Fälle häuslicher Gewalt - in etwa dieselbe Zahl wie im Jahr 2015; obwohl angenommen wird, die eigentliche Zahl sei viel höher (HRW 12.1.2017). Die AIHRC berichtet von mehr als 4.250 Fällen von Gewalt an Frauen, die in den ersten neun Monaten des afghanischen Jahres (beginnend März 2015) gemeldet wurden (USDOS 13.4.2016). Diese Fälle beinhalten unterschiedliche Formen von Gewalt: physische, psychische, verbale, sexuelle und wirtschaftliche. In den ersten sechs Monaten des Berichtszeitraumes wurden 190 Frauen und Mädchen getötet; in 51 Fällen wurde der Täter verhaftet (Khaama Press 23.3.2016).
Viele Gewaltfälle gelangen nicht vor Gericht, sondern werden durch Mediation oder Verweis auf traditionelle Streitbeilegungsformen (Schuren und Jirgas) verhandelt. Traditionelle Streitbeilegung führt oft dazu, dass Frauen ihre Rechte sowohl im Strafrecht als auch im zivilrechtlichen Bereich wie z. B. im Erbrecht nicht gesetzeskonform zugesprochen werden. Viele Frauen werden darauf verwiesen, den "Familienfrieden" durch Rückkehr zu ihrem Ehemann wiederherzustellen. Darüber hinaus kommt immer wieder vor, dass Frauen inhaftiert werden, wenn sie z.B. eine Straftat zur Anzeige bringen, von der Familie aus Gründen der "Ehrenrettung" angezeigt werden, Vergewaltigung werden oder von zu Hause weglaufen (kein Straftatbestand, aber oft als Versuch der zina gewertet) (AA 9 .2016).
Ehrenmorde
Ehrenmorde an Frauen werden typischerweise von einem männlichen Familien- oder Stammesmitglied verübt (BFA Staatendokumentation 2.7.2014). Mädchen unter 18 Jahren sind auch weiterhin dem Risiko eines Ehrenmordes ausgesetzt, wenn eine außereheliche sexuelle Beziehung angenommen wird, wenn sie vor Zwangsverheiratung davonlaufen oder Opfer eines sexuellen Übergriffs werden. Die AIHRC gab bekannt, zwischen März 2014 und März 2015 92 Ehrenmorde registriert zu haben (USDOS 13.4.2016).
Afghanische Expert/innen sind der Meinung, dass die Zahl der Mordfälle an Frauen und Mädchen viel höher ist, da sie normalerweise nicht zur Anzeige gebracht werden. Der Grund dafür ist Misstrauen in das juristische System durch einen Großteil der afghanischen Bevölkerung (Khaama Press 23.3.2016).
Legales Heiratsalter:
Das Zivilgesetz Afghanistans definiert für Mädchen 16 Jahre und für Burschen 18 Jahre als das legale Mindestalter für Vermählungen (Girls not brides 2016). Ein Mädchen, welches jünger als 16 Jahre ist, kann mit der Zustimmung eines Vormunds oder eines zuständigen Gerichtes heiraten. Die Vermählung von Mädchen unter 15 Jahren ist auch weiterhin üblich (USDOS 13.4.2016). Die UN und HRW schätzen die Zahl der Zwangsehen auf 70% (USDOS 13.4.2016; vgl. auch: AA 9 .2016).
In Fällen von Gewalt oder unmenschlicher traditioneller Praktiken laufen Frauen oft von zu Hause weg, oder verbrennen sich sogar selbst (USDOS 13.4.2016). Darüber hinaus kommt immer wieder vor, dass Frauen inhaftiert werden, wenn sie z.B. eine Straftat zur Anzeige bringen, von der Familie aus Gründen der "Ehrenrettung" angezeigt werden, Vergewaltigung werden oder von zu Hause weglaufen (AA 9 .2016).
Frauenhäuser
USDOS zählt 28 formelle Frauenhäuser- um einige Frauen vor Gewalt durch die Familien zu schützen, nahmen die Behörden diese in Schutzhaft. Die Behörden wandten die Schutzhaft auch dann an, wenn es keinen Platz in Frauenhäusern gab (USDOS 13.4.2016).
Weibliche Opfer von häuslicher Gewalt, Vergewaltigung oder Zwangsehe sind meist auf Schutzmöglichkeiten außerhalb der Familie angewiesen, da die Familie oft (mit-)ursächlich für die Notlage ist. Landesweit gibt es in den großen Städten Frauenhäuser, deren Angebot sehr oft in Anspruch genommen wird. Manche Frauen finden vorübergehend Zuflucht, andere wiederum verbringen dort viele Jahre. Die Frauenhäuser sind in der afghanischen Gesellschaft höchst umstritten, da immer wieder Gerüchte gestreut werden, diese Häuser seien Orte für unmoralische Handlungen und die Frauen in Wahrheit Prostituierte. Sind Frauen erst einmal im Frauenhaus untergekommen, ist es für sie sehr schwer, danach wieder in ein Leben außerhalb zurückzufinden (AA 9 .2016).
Die Schwierigkeit für eine nachhaltige Lösung für Frauen, war der soziale Vorbehalt gegen Frauenhäuser, nämlich der Glaube, das "Weglaufen von zu Hause" sei eine ernsthafte Zuwiderhandlung gegen gesellschaftliche Sitten. Frauen, die vergewaltigt wurden, wurden von der Gesellschaft als Ehebrecherinnen angesehen (USDOS 13.4.2016).
Berichten zufolge, würde das MoWA, aber auch NGOs, versuchen Ehen für Frauen zu arrangieren, die nicht zu ihren Familien zurückkehren konnten (USDOS 13.4.2016).
Medizinische Versorgung - Gynäkologie
Das Recht auf Familienplanung wird von wenigen Frauen genutzt. Auch wenn der weit überwiegende Teil der afghanischen Frauen Kenntnisse über Verhütungsmethoden hat, nutzen nur etwa 22 % (überwiegend in den Städten und gebildetere Schichten) die entsprechenden Möglichkeiten. Viele Frauen gebären Kinder bereits in sehr jungem Alter (AA 9 .2016).
Weibliche Genitalverstümmelung ist in Afghanistan nicht üblich (AA 9 .2016)
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan
- AF - The Asia Foundation (7.12.2016): The Evolving Role of Women in a Politically Uncertain Afghanistan, http://asiafoundation.org/2016/12/07/evolving-role-women-politically-uncertain-afghanistan/ , Zugriff 21.12.2016
- CSO - (2016): Afghanistan Statistical Yearbook, http://www.cso.gov.af/Content/files/ ??? ???? ???????? ??? 1394/Education Part One.pdf, Zugriff 27.12.2016
- Girls not brides (2016): Child marriage around the world:
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- HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Afghanistan,
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- HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): Afghanistan, http://www.ecoi.net/local_link/318331/457332_de.html , Zugriff 29.12.2016
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7.1. Kinder
Die Situation der Kinder hat sich in den vergangenen Jahren verbessert. So werden mittlerweile rund zwei Drittel aller Kinder eingeschult. Mädchen waren unter der Taliban-Herrschaft fast vollständig vom Bildungssystem ausgeschlossen (AA 9 .2016). Das Bildungsministerium gibt die Zahl der Schüler/innen mit ca. 9 Millionen an, davon sind etwa 40% Mädchen (USAID 19.12.2016). Der Anteil der Mädchen nimmt jedoch mit fortschreitender Klassen- und Bildungsstufe ab. Aber auch geografisch gibt es Unterschiede. Den geringsten Mädchen-Anteil findet man im Süden und Südwesten des Landes (Helmand, Uruzgan, Zabul und Paktika) (AA 9 .2016).
Der gewaltfreie Umgang mit Kindern hat sich in Afghanistan noch nicht als Normalität durchsetzen können. Körperliche Züchtigung und Übergriffe im familiären Umfeld, in Schulen oder durch die afghanische Polizei sind verbreitet. Dauerhafte und durchsetzungsfähige Mechanismen seitens des Bildungsministeriums, das Gewaltpotenzial einzudämmen, gibt es nicht. Gerade in ländlichen Gebieten gehört die Ausübung von Gewalt zu den gebräuchlichen Erziehungsmethoden an Schulen. Das Curriculum für angehende Lehrer beinhaltet immerhin Handreichungen zur Vermeidung eines gewaltsamen Umgangs mit Schülern (AA 9 .2016).
Kinderarbeit
Das Arbeitsgesetz in Afghanistan setzt das Mindestalter für Arbeit mit 18 Jahren fest, erlaubt 14 -Jährigen als Lehrlinge zu arbeiten, sowie 15-Jährigen (und älter) "einfache Arbeit" zu verrichten. Ebenso dürfen 16- und 17-Jährige bis zu 35 Stunden pro Woche arbeiten. Unter 14-Jährigen ist es unter gar keinen Umständen erlaubt zu arbeiten. Das Arbeitsgesetz verbietet die Anstellung von Kindern in Bereichen, die ihre Gesundheit gefährden. In Afghanistan existiert eine Liste, die gefährliche Jobs definiert - dazu zählen:
Arbeit in Bergbau, Betteln, Abfallentsorgung und Müllverbrennung, arbeiten an Schmelzöfen, sowie großen Schlachthöfen, arbeiten mit Krankenhausabfall oder Drogen, arbeiten als Sicherheitspersonal und Arbeit im Kontext von Krieg (USDOS 13.4.2016).
Afghanistan hat die Konvention zum Schutze der Kinder ratifiziert. Kinderarbeit ist in Afghanistan somit offiziell verboten. Dennoch haben im Jahr 2014 laut AIHRC (Children's Situation Summary Report vom 14. Dezember 2014) 51,8% der Kinder auf die ein oder andere Weise gearbeitet. Viele Familien sind auf die Einkünfte, die ihre Kinder erwirtschaften, angewiesen. Daher ist die konsequente Umsetzung eines Kinderarbeitsverbots schwierig. Es gibt allerdings Programme, die es Kindern erlauben sollen, zumindest neben der Arbeit eine Schulausbildung zu absolvieren. Auch ein maximaler Stundensatz und Maßnahmen zum Arbeitsschutz (wie z. B. das Tragen einer Schutzmaske beim Teppichknüpfen) wurden gesetzlich geregelt. Der Regierung fehlt es allerdings an durchsetzungsfähigen Überprüfungsmechanismen dieser gesetzlichen Regelungen. 6,5 Millionen Kinder gelten als Gefahren ausgesetzt (AA 9 .2016). Allgemein kann gesagt werden, dass schwache staatliche Institutionen die effektive Durchsetzung des Arbeitsrechts hemmen und die Regierung zeigt nur geringe Bemühungen, Kinderarbeit zu verhindern oder Kinder aus ausbeuterischen Verhältnissen zu befreien (USDOS 13.4.2016).
Kinderarbeit bleibt ein tiefgreifendes Problem. Das Arbeitsministerium verweigerte Schätzungen zu den Zahlen der arbeitenden Kinder in Afghanistan und begründete dies mit fehlenden Daten und Mängeln bei der Geburtenregistrierung. Dies schränkte, die ohnehin schwachen Kapazitäten der Behörden bei der Durchsetzung des Mindestalters für Arbeit ein. Berichten zufolge, wurden weniger als 10% der Kinder bei Geburt registriert. In einem Bericht der AIHRC, gaben 22% der Befragten an, arbeitende Kinder zu haben. Kinder sind bei der Arbeit einer Anzahl von Gesundheits- und Sicherheitsrisiken ausgesetzt; Berichte existieren wonach Kinder sexuellem Missbrauch durch erwachsene Arbeiter ausgesetzt waren (USDOS 13.4.2016).
Das Gesetz besagt, dass die Verhaftung eines Kindes als letztes Mittel und nur für die kürzest mögliche Zeit vorgenommen werden soll. Berichten zufolge mangelt es Kinder in Jugendhaftanstalten landesweit an Zugang zu adäquatem Essen, Gesundheitsvorsorge und Bildung. Verhafteten Kindern wurden oftmals Basisrechte wie z.B. die Unschuldsvermutung, das Recht auf einen Anwalt, oder das Recht auf Information über die Haftgründe usw., sowie das Recht nicht zu einem Geständnis gezwungen zu werden, verwehrt. Das Gesetz sieht eine eigene Jugendgerichtsbarkeit vor, limitierte Ressourcen ermöglichten bisher aber nur Jugendgerichte in sechs Gebieten: Kabul, Herat, Balkh, Kandahar, Jalalabad und Kunduz. In anderen Provinzen, in denen keine speziellen Gerichte existieren, fallen Kinder unter die Zuständigkeit allgemeiner Gerichte. In manchen Fälle nahmen die Behörden die Opfer, als zu bestrafende wahr, da sie Schande über die Familie gebracht haben, indem sie Missbrauch anzeigten. In manchen Fällen wurden misshandelte Kinder von den Behörden verhaftet, wenn sie nicht zu ihren Familien zurückgebracht werden konnten und keine anderen Zufluchtsstätten existierten. Auch gab es Vorwürfe wonach die Behörden Kinder oft stellvertretend für verwandte Täter verhafteten (USDOS 13.4.2016).
Bildungssystem in Afghanistan
In Afghanistan gibt es zwei parallele Bildungssysteme. Religiöse Bildung liegt in der Verantwortung des Klerus in den Moscheen, während die Regierung kostenfreie Bildung an staatlichen Einrichtungen bietet. Im Alter von 7 bis 13 Jahren gehen die Schüler in die Primärschule. Darauf folgen 3 Jahre Mittelschule. Studieninteressenten müssen am Ende dieses Abschnitts ein Examen bestehen. In der Sekundarschule haben die Schüler/innen die Wahl entweder für 3 weitere Jahre den akademischen Weg einzuschlagen, welcher weiter zur Universität führen kann; oder Themen wie angewandte Landwirtschaft, Luftfahrt, Kunst, Handel etc. zu lernen. Beide Programme enden mit einem "Bacculuria"-Examen. Aus- und Weiterbildung: Bildungseinrichtungen umfassen auch Berufsschulen, technische Hochschulen und tertiäre Institute wie das Kabul Polytechnic Institute. Viele Einrichtungen, unter der Leitung des Ministeriums für Arbeit und Soziales, bieten Trainings an. Auch das Ministerium für Bildung betreibt eine Abteilung für Weiterbildung (41 Schulen), die Unterstützung bieten. Diese fokussieren sich hauptsächlich auf Mechanik, Tischlerei, Sanitär, Metallarbeiten, Friseur, Schneiderei und Bürotätigkeiten. Öffentliche Schulen und Kindergärten sind bis zum Universitätslevel kostenlos. Private Bildungseinrichtungen und Universitäten müssen bezahlt werden.
Kinderbetreuung: Es gibt einige staatlich finanzierte und verwaltete Kindergärten. Diese gewähren Kindern von Mitarbeiter/innen kostenfreien Zugang (IOM 2016).
Viele Kinder sind unterernährt. Ca. 10% (laut offizieller Statistik 91 von 1.000, laut Weltbank 97 von 1.000) der Kinder sterben vor ihrem fünften Geburtstag. Straßenkinder gehören zu den am wenigsten geschützten Gruppen Afghanistans und sind jeglicher Form von Missbrauch und Zwang ausgesetzt (AA 9 .2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan,
- IOM - International Organization for Migration (2016):
Länderinformationsblatt Afghanistan 2016, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/698612/18363835/Afghanistan_-_Country_Fact_Sheet_2016,_deutsch.pdf?nodeid=18447087&vernum=-2 , Zugriff 25.1.2017
- SBS (21.12.2016): Hopeless Afghan struggle to save boy sex slaves, http://www.sbs.com.au/news/article/2016/12/20/hopeless-afghan-struggle-save-boy-sex-slaves?cid=inbody:bacha-bazi-afghan-subculture-of-child-sex-slaves , Zugriff 15.2.2017
- SBS (20.12.2016): Bacha bazi: Afghan subculture of child sex slaves,
http://www.sbs.com.au/news/article/2016/12/20/bacha-bazi-afghan-subculture-child-sex-slaves , Zugriff 15.2.2017
- UNAMA - United Nations Mission in Afghanistan (6.2.2017):
Afghanistan Annual Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2016,
https://unama.unmissions.org/sites/default/files/protection_of_civilians_in_armed_conflict_annual_report_2016_feb2017.pdf , Zugriff 7.7.2017
- USAID - United States International Agency (19.12.2016):
Afghanistan, https://www.usaid.gov/afghanistan/education , Zugriff 22.12.2016
- UN GASC - UN General Assembly Secretary-General (10.12.2015):
Afghanistan and its implications for international peace and security,
http://www.un.org/en/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2015/942 , Zugriff 14.2.2017
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Afghanistan, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper , Zugriff 17.1.2017
8. Bewegungsfreiheit
Das Gesetz garantiert interne Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr, die Regierung schränke die Bewegung der Bürger/innen gelegentlich aus Sicherheitsgründen ein [Anm.: siehe dazu auch Artikel 39 der afghanischen Verfassung] (USDOS 13.4.2016; vgl. Max Planck Institut 27.1.2004).
In manchen Teilen des Landes ist fehlende Sicherheit die größte Bewegungseinschränkung. In manchen Teilen machen Gewalt von Aufständischen, Landminen und Improvisierte Sprengfallen (IEDs) das Reisen besonders gefährlich, speziell in der Nacht. Bewaffnete Aufständischengruppen betreiben illegale Checkpoints und erpressen Geld und Waren. Die Taliban verhängen nächtliche Ausgangssperren in jenen Regionen, in denen sie die Kontrolle haben - Großteiles im Südosten (USDOS 13.4.2016).
Quellen:
- Max Planck Institut (27.1.2004): Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan,
http://www.mpipriv.de/files/pdf4/verfassung_2004_deutsch_mpil_webseite.pdf , Zugriff 29.12.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Afghanistan, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper , Zugriff 17.1.2017
8.1. Meldewesen
Es gibt keine Meldepflicht in Afghanistan (DIS 5.2012; vgl. auch: DW 9.10.2004).
Quellen:
- DIS - Danish Immigration Service (5.2012): Afghanistan Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, http://www.nyidanmark.dk/NR/rdonlyres/3FD55632-770B-48B6-935C-827E83C18AD8/0/FFMrapportenAFGHANISTAN2012Final.pdf , Zugriff 29.11.2016
- DW - Deutsche Welle (9.10.2004): Boykott-Aufruf überschattet Wahl in Afghanistan,
http://www.dw.com/de/boykott-aufruf- überschattet-wahl-in-afghanistan/a-1354509, Zugriff 29.11.2016
[...]
9. Grundversorgung und Wirtschaft
Im Jahr 2015 belegte Afghanistan im 'Human Development Index' (HDI) den 171. von 188 Plätzen (UNDP 2016; vgl. auch: AA 11 .2016). Afghanistan bleibt trotz eines gewaltigen Fortschritts innerhalb einer Dekade, eines der ärmsten Länder. Die Sicherheit und politische Ungewissheit, sowie die Reduzierung internationaler Truppen, gemeinsam mit einer schwachen Regierung und Institutionen, haben Wachstum und Beschäftigung gehemmt und seit kurzem zu einer erhöhten Migration geführt (IWF 13.4.2016).
Trotz eines guten Wirtschaftswachstums von 2007 bis 2011, stagnierte die Armutsrate bei 36%. Am häufigsten tritt Armut in ländlichen Gebieten auf, wo die Existenzgrundlage von der Landwirtschaft abhängig ist (WB 2.5.2016). Die Regierung hat die landwirtschaftliche Entwicklung zur Priorität erhoben. Dadurch sollen auch gering qualifizierte Afghaninnen und Afghanen bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz bekommen. Insbesondere sollen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Afghanistans wieder eine stärkere Rolle auf den Weltmärkten spielen. Gerade im ländlichen Raum bleiben die Herausforderungen für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung angesichts mangelnder Infrastruktur, fehlender Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft und geringem Ausbildungsstand der Bevölkerung (Analphabetenquote auf dem Land von rund 90%) aber groß. Sicher ist, dass die jährlich rund 400.000 neu auf den Arbeitsmarkt drängenden jungen Menschen nicht vollständig vom landwirtschaftlichen Sektor absorbiert werden können (AA 11 .2016).
Das BIP-Wachstum im Jahr 2015 wurde auf 1,5% geschätzt, als Faktoren zählten die sich verschlechternde Sicherheitslage, welche Privatinvestitionen schwächte; verspätete Vollstreckung des Haushaltsplanes und unvorteilhafte Wetterbedingungen, die zu einem niedrigeren landwirtschaftlichen Ertrag führten (IMF 13.4.2016). Die wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans wird trotz positiver Wachstumsraten in der letzten Dekade weiterhin nicht durch ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum, sondern durch die Zuschüsse der internationalen Gebergemeinschaft stimuliert. Den größten Anteil am BIP (2015: 19,2 Mrd. USD, lt. Weltbank) hat der Dienstleistungssektor mit 55%, gefolgt von der Landwirtschaft mit 22,6%. Industrieproduktion ist kaum vorhanden. Trotz einer großen Bedeutung des Außenhandels - Afghanistan ist in hohem Maße von Importen abhängig - sind afghanische Produkte bisher auf internationalen sowie regionalen Märkten kaum wettbewerbsfähig (AA 11 .2016). Das Wirtschaftswachstum ist in den Jahren 2014 und 2015 stark auf 1.5 - 2% gesunken; internationale Entwicklungshilfe führte zu Wachstum und Jobs in Konfliktregionen, dennoch steuerte es nicht zu einer gesteigerten Produktivität bei. Ungleichheit stieg parallel zur ungleichen Wachstumsverteilung - Regionen im Nordosten, Osten, sowie im Westen des Zentralgebietes scheinen aufgrund ihrer geografischen Abgelegenheit, starken Klimaveränderungen, niedriger Hilfe und Unsicherheit, nachzuhinken. Arbeitslosigkeit, Naturgefahren, fehlender Zugang zu Dienstleistungen, sowie Gewalt, sind Hauptfaktoren für die hohe Armutsrate in Afghanistan. Entwicklungsschwierigkeiten verstärkten die wachsende Unsicherheit, Verunsicherung und schrumpfende Hilfe (WB 2.5.2016).
Wichtige Erfolge wurden im Bereich des Ausbaus der Infrastruktur erzielt. Durch den Bau von Straßen und Flughäfen konnte die infrastrukturelle Anbindung des Landes verbessert werden. Große wirtschaftliche Erwartungen werden an die zunehmende Erschließung der afghanischen Rohstoffressourcen geknüpft. In Afghanistan lagern die weltweit größten Kupfervorkommen sowie Erdöl, Erdgas, Kohle, Lithium, Gold, Edelsteine und seltene Erden. Mit dem 2014 verabschiedeten Rohstoffgesetz wurden die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliche Investitionen in diesem Bereich verbessert. Entscheidend für Wachstum, Arbeitsplätze und Einnahmen aus dem Rohstoffabbau ist die Umsetzung des Gesetzes. Darüber hinaus müssen Mechanismen zum Einnahmenmanagement etabliert werden. Der Abbau der Rohstoffe erfordert große und langfristige Investitionen in die Exploration und Infrastruktur durch internationale Unternehmen. Bisher sind diese noch kaum im Abbau von Rohstoffen im Land aktiv. Derzeit niedrige Weltmarktpreise lassen die Investitionsbereitschaft zusätzlich sinken (AA 11 .2016).
Afghanistan bleibt weiterhin der weltweit größte Produzent für Opium, Heroin und Cannabis. Trotz einer breit angelegten Strategie verhindern die angespannte Sicherheitslage in den Hauptanbaugebieten im Süden des Landes sowie die weit verbreitete Korruption eine effiziente Bekämpfung des Drogenanbaus. Die hohen Gewinnmargen erschweren zudem die Einführung von alternativen landwirtschaftlichen Produkten (AA 11 .2016).
Projekte der afghanischen Regierung:
Im September 2016 fiel der Startschuss für das "Citizens' Charter National Priority Program"; dieses Projekt zielt darauf ab, die Armut zu reduzieren und den Lebensstandard zu erhöhen, indem die Kerninfrastruktur und soziale Dienstleistungen der betroffenen Gemeinschaften verbessert werden. Die erste Phase des Projektes hat ein Drittel der 34 Provinzen zum Ziel; die vier Städte Balkh, Herat, Kandahar und Nangarhar sind Schwerpunkt des städtischen Entwicklungsprogrammes, welche als erste behandelt werden sollen. In der ersten Phase sollen 8,5 Millionen Menschen erreicht werden, mit dem Ziel 3,4 Millionen Menschen sauberes Trinkwasser zur Verfügung zu stellen, die Gesundheitsdienstleistungen zu verbessern, Bildung, Landstraßen, Elektrizität, sowie Zufriedenheit zu steigern und Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu erhöhen. Des Weiteren zielt das Projekt darauf ab, Binnenvertriebene, Menschen mit Behinderung, arme Menschen und Frauen besser zu integrieren (WB 10.10.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (11.2016): Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Afghanistan/Wirtschaft_node.html , Zugriff 18.1.2016
- IWF - International Monetary Fund (9.6.2015): Afghanistan: Reforms to Build Self Reliance and Prosperity, https://www.imf.org/external/pubs/ft/scr/2015/cr15140.pdf , Zugriff 2.11.2015
- IWF - International Monetary Fund (13.4.2014): Islamic republic of Afghanistan,
https://www.imf.org/external/pubs/ft/scr/2016/cr16120.pdf , , Zugriff 18.1.2016
- UNDP - United Nations Development Programm (2016): Human Development Data, http://hdr.undp.org/en/data , Zugriff 17.1.2016
- UN GASC - United Nations General Assembly (1.9.2015): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security : report of the Secretary-General, http://unama.unmissions.org/Portals/UNAMA/SG Reports/SG_Report_September_2015.pdf, Zugriff 14.10.2015
- WB - The Worldbank (2.11.2016): Afghanistan Overview, http://www.worldbank.org/en/country/afghanistan/overview , Zugriff 18.11.2016
- WB - The Worldbank (10.10.2016):Afghanistan Government Inaugurates Citizens' Charter to Target Reform and Accountability, http://www.worldbank.org/en/news/feature/2016/10/10/government-inaugurates-citizens-charter-to-target-reform-and-accountability , Zugriff 19.1.2017
- WB - The World Bank (10.2016): Afghanistan Country Update - Issues 49,
http://documents.worldbank.org/curated/en/933571475754352955/pdf/108759-NEWS-CUOctWEB-PUBLIC-ABSTRACT-SENT.pdf , Zugriff 18.1.2016
- WB - The World Bank (2.5.2016): Afghanistan Systematic Country Diagnostic: An Analysis of a Country's Path toward Development, http://www.worldbank.org/en/news/feature/2016/05/10/afghanistan-systematic-country-diagnostic-an-analysis-of-the-countrys-path-toward-development , Zugriff 18.1.2017
10. Medizinische Versorgung
Die Datenlage zur medizinischen Versorgung in Afghanistan bleibt äußerst lückenhaft. In vielen Bereichen liegen Daten nur unzuverlässig oder nur ältere statistische Erhebungen der afghanischen Regierung oder der Weltgesundheitsorganisation vor. Besonders betroffen von unzureichender Datenlage sind hierbei die südlichen und südwestlichen Provinzen (AA 9 .2016).
Gemäß der afghanischen Verfassung ist die primäre Gesundheitsversorgung in öffentlichen Einrichtungen, inklusive Medikamente, kostenfrei [Anm.: siehe dazu afghanische Verfassung
Artikel 52, (Max Planck Institute 27.1.2004)].
Im regionalen Vergleich fällt die medizinische Versorgung weiterhin drastisch zurück (AA 9 .2016). Dennoch hat das afghanische Gesundheitssystem in der letzten Dekade ansehnliche Fortschritte gemacht (The World Bank Group 10.2016; vgl. auch: AA 9 .2016). Dies aufgrund einer soliden öffentlichen Gesundheitspolitik, innovativer Servicebereitstellung, sorgfältiger Überwachung und Evaluierung, sowie Entwicklungshilfe. Trotz signifikanter Verbesserungen im Bereich des Deckungsgrades und der Qualität der Gesundheitsservices, wie auch einer Reduzierung der Sterberate von Müttern, Säuglingen und unter 5-jährigen, sind die afghanischen Gesundheitsindikatoren weiterhin schlechter als die der Niedrigeinkommensländer. Des Weiteren hat Afghanistan eine der höchsten Unterernährungsraten der Welt. Etwa 41% der Kinder unter 5 Jahren leiden unter chronischer Unterernährung. Sowohl Frauen als auch Kinder leiden an Vitamin- und Mineralstoffmangel (The World Bank Group 10.2016).
Die medizinische Versorgung leidet trotz erkennbarer und erheblicher Verbesserungen landesweit weiterhin an unzureichender Verfügbarkeit von Medikamenten und Ausstattung der Kliniken, insbesondere aber an fehlenden Ärztinnen und Ärzten, sowie gut qualifiziertem Assistenzpersonal (v.a. Hebammen). Im Jahr 2013 stand 10.000 Einwohnern Afghanistans ca. eine medizinisch qualifiziert ausgebildete Person gegenüber. Auch hier gibt es bedeutende regionale Unterschiede innerhalb des Landes, wobei die Situation in den Nord- und Zentralprovinzen um ein Vielfaches besser ist als in den Süd- und Ostprovinzen (AA 9 .2016).
Erhebliche Fortschritte der letzten Dekade sind: Die Mütter- und Kindersterblichkeitsrate hat sich signifikant reduziert; die Sterberate von Kindern unter 5 Jahren ist von 257 auf 55 pro 1.000 Lebendgeburten gesunken, die Säuglingssterblichkeitsrate von 165 auf
45. Die Müttersterblichkeitsrate ist auf 327 bei 100.000 Lebendgeburten gesunken (WB 2.11.2016). Im Vergleich dazu betrug die Müttersterblichkeitsrate im Jahr 2002 noch 1.600. Die Zahl funktionierender Gesundheitsanstalten verbesserte sich von 496 im Jahr 2002 auf 2.000 im Jahr 2012. Proportional dazu erhöhte sich die Zahl der Anstalten mit weiblichem Personal (WB 2.11.2016). Bei 34% der Geburten war ausgebildetes Gesundheitspersonal anwesend. Schätzungen der UN Population Division zufolge, verwenden 23% der Frauen in gebärfähigem Alter moderne Methoden der Empfängnisverhütung (USDOS 13.4.2016).
Krankenkassen und Gesundheitsversicherung
Es gibt keine staatliche Krankenkasse und die privaten Anbieter sind überschaubar und teuer, somit für die einheimische Bevölkerung nicht erschwinglich. Die staatlich geförderten öffentlichen Krankenhäuser bieten ihre Dienste zwar umsonst an, jedoch sind Medikamente häufig nicht verfügbar und somit müssen bei privaten Apotheken von den Patient/innen selbst bezahlt werden. Untersuchungen, Labortests sowie Routine Check-Ups sind in den Krankenhäusern umsonst (IOM 21.9.2016). Da kein gesondertes Verfahren existiert, haben alle Staatsbürger Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten. Physisch und geistig Behinderte, sowie Opfer von Missbrauch müssen eine starke familiäre und gesellschaftliche Unterstützung sicherstellen. Für verschiedene Krankheiten und Infektionen ist medizinische Versorgung nicht verfügbar. Chirurgische Eingriffe können nur in ausgewählten Orten geboten werden, welche zudem meist einen Mangel an Ausstattung und Personal aufweisen. Diagnostische Ausstattungen wie Computer Tomographie ist in Kabul (1 in Kabul) verfügbar (IOM 2016).
Medikamente
Medikamente sind auf jedem Markt in Afghanistan erwerblich, Preise variieren je nach Marke und Qualität des Produktes (IOM 2016). Obwohl freie Gesundheitsdienstleistungen in öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, können sich viele Haushalte gewisse Kosten für Medikamente oder den Transport zu Gesundheitsvorsorgeeinrichtungen nicht leisten bzw. war vielen Frauen nicht erlaubt alleine zu einer Gesundheitseinrichtung zu fahren (USDOS 13.4.2016).
Beispiele für Behandlung psychischer Fälle in Afghanistan
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Krankenhäuser in Afghanistan
Eine begrenzte Zahl staatlicher Krankenhäuser in Afghanistan bietet kostenfreie medizinische Versorgung. Die Kosten für Medikamente in diesen Einrichtungen weichen vom lokalen Marktpreis ab. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e-Sharif, Herat und Kandahar. Die Behandlungskosten in diesen Einrichtungen variieren. Um Zugang zu erhalten, benötigt man die afghanische Nationalität (Ausweis/Tazkira). Man kann sich mit seinem Ausweis in jedem afghanischen Krankenhaus registrieren und je nach gesundheitlicher Beschwerde einem Arzt zugewiesen werden. Sollten Operation und Krankenhausaufenthalt nötig sein, wird dem Patienten in dem Krankenhaus ein Bett zur Verfügung gestellt (IOM 2016).
In Kandahar eröffnete eine pädiatrische Abteilung im Mirwais Krankenhaus, mit dem Ziel die extrem hohe Säuglingssterberate zu reduzieren: unter anderem verdoppelte sich die Zahl der Säuglingsschwestern; die neue Brutkasteneinheit unterstützt die Spezialist/innen der Neonatalogie (The Guardian 1.12.2016).
[...]
Beispiele für Nichtregierungsorganisationen vor Ort:
Ärzte ohne Grenzen (MSF)
In Helmand besteht das größte Krankenhaus im südlichen Afghanistan, welches von Ärzten ohne Grenzen (MSF) geführt wird. Als eines der wenigen Krankenhäuser in der Provinz, hat das Krankenhaus 300 Betten. Etwa 700 afghanische Mitarbeiter/innen und 25 Ausländer/innen arbeiten in den Abteilungen des Krankenhauses, zu diesen zählen unter anderem die Pädiatrie, die Intensivmedizin, die Orthopädie, erste Hilfe und Operationen. Die Behandlung in diesem Krankenhaus ist kostenfrei, sofern man es schafft einen Platz zu bekommen (Time 31.8.2016).
Das Komitee des internationalen Roten Kreuz (ICRC)
Zugang zu Gesundheitsbehandlung bleibt schwierig in jenen Gegenden, in denen die Sicherheitslage schwach ist.
Das ICRC:
- stellt medizinische Unterstützung dem staatlich geführten Sheberghan Krankenhaus im Norden und dem regionalen Mirwais Krankenhaus im Süden zur Verfügung
- stellt technische und finanzielle Unterstützung für 47 ARCS Kliniken (Afghan Red Crescent Society) und lokalen Freiwilligen, die Menschen in Konfliktgebieten medizinische Hilfe anbieten, zur Verfügung
- stellt auf Anfrage medizinische Arzneiwaren, jenen Krankenhäusern zur Verfügung, in denen Massenverletzte sind
- unterstützt im Süden das Betreiben eines Taxidienstes, der Verwundete in Krankenhäuser bringt
- sendet medizinische Ausrüstungen in jene Konfliktgegenden, um Notfälle zu behandeln
- betreibt sieben physikalische Rehabilitationszentren (diese werden oftmals als orthopädische Zentren in Afghanistan bezeichnet), in diesen werden Rehabilitation und soziale Integration für tausende Menschen mit Amputationen oder anderen Behinderungen angeboten
- bildet Physiotherapeut/innen aus, die Menschen mit Rückenmarkverletzungen zu Hause besuchen (ICRC 2.9.2016).
Telemedizinprojekt durch den Mobilfunkanbieter Roshan
Das Telemedizinprojekt, verbindet Ärzte in ländlichen Gegenden mit Spezialist/innen im französischen Kindermedizininstitut in Kabul und dem Aga Khan Universitätskrankenhaus in Pakistan. Durch eine Hochgeschwindigkeits-Videoverbindung werden arme Patient/innen auf dem Land von Expert/innen diagnostiziert. Die von Roshan zur Verfügung gestellte Technologie ermöglicht es afghanischen Ärzten im Institut zudem, durch komplizierte Behandlungen geleitet zu werden, für die sie sonst nicht die Expertise hätten (Good Impact 17.12.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan
- AA - Auswärtiges Amt: Afghanistan - Reise- und Sicherheitshinweise, Stand 28.11.2016, (Unverändert gültig seit: 11.11.2016)
http://www.auswaertiges-amt.de/sid_8845A1EEE2FAECF7D8808747FED28C35/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/AfghanistanSicherheit.html?nn=343328#doc343208bodyText5 , Zugriff 28.11.2016
- Good Impact (17.12.2016): Sozialunternehmen - Wie Afghanistans größtes Mobilfunkunternehmen das Land verändert, http://goodimpact.org/magazin/wie-afghanistans-gr ößtes-mobilfunkunternehmen-das-land-verändert, Zugriff 22.12.2016
- ICRC (2.9.2016): The ICRC in Afghanistan - Overview, https://www.icrc.org/en/document/icrc-afghanistan-overview , Zugriff 28.11.2016
- IOM - International Organization for Migration (11.10.2016):
INFORMATION - on the treatment opportunities for paranoid schizophrenia in Afghanistan. Zugriff 28.11.2016
- IOM - International Organization for Migration (21.9.2016):
ZC222/21.09.2016,
- Max Planck Institute (27.1.2004): Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan,
http://www.mpipriv.de/files/pdf4/verfassung_2004_deutsch_mpil_webseite.pdf , Zugriff 30.10.2015
- Time (31.8.2016): Inside One of Afghanistan's Largest Hospitals, http://time.com/4428860/inside-one-of-afghanistans-largest-hospitals/ , Zugriff 28.11.2016
- The Guardian (1.12.2016): Fresh hope for Kandahar newborns as Afghan healthcare gets a shot in the arm, https://www.theguardian.com/global-development/2016/dec/01/fresh-hope-kandahar-newborns-afghanistan-healthcare-mirwais-hospital?platform=hootsuite , Zugriff 22.12.2016
- The Guardian (7.1.2015): Killing, not curing: deadly boom in counterfeit medicine in Afghanistan, http://www.theguardian.com/world/2015/jan/07/counterfeit-medicine-afghanistan-corruption-border-controls-drugs-poor , Zugriff 19.1.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Afghanistan, http://www.state.gov/documents/organization/253169.pdf , Zugriff 28.11.2016
- WB - The World Bank (2.11.2016): Afghanistan Overview, http://www.worldbank.org/en/country/afghanistan/overview , Zugriff 22.11.2016
- The World Bank Group (10.2016): AFGHANISTAN Country Snapshot, http://documents.worldbank.org/curated/en/584381476781571691/pdf/109246-WP-AfghanistanCountrySnapshots-highres-PUBLIC.pdf , Zugriff 22.11.2016
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zur Volksgruppen- und zur Religionszugehörigkeit, zu Herkunft sowie zu dem familiären Verhältnis der Beschwerdeführer stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften und unstrittig gebliebenen Angaben im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und in den Beschwerdeverhandlungen.
Das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer bezieht sich zusammengefasst auf eine Verfolgung aufgrund einer ehemaligen Tätigkeit des Erstbeschwerdeführers und seines Bruders für eine Firma, eine Verfolgung aufgrund der Ablehnung einer Verheiratung der Viertbeschwerdeführerin mit einem Cousin sowie auf eine Feindschaft mit dem Cousin wegen des von ihm verursachten Todes des Vaters des Erstbeschwerdeführers und seines Bruders sowie auf eine Verfolgung der weiblichen Beschwerdeführerinnen aufgrund ihrer Lebensweise.
Das Vorbringen zu einer Verfolgung durch Taliban oder anderer Akteure aufgrund einer früheren Berufstätigkeit des Erstbeschwerdeführers und seines Bruders ist in Zusammenschau sowohl der Angaben des Erstbeschwerdeführers als auch seines Bruders (vgl. Verfahren zu W220 2016207-1) sowie der Ausführungen ihrer Ehegattinnen und des Drittbeschwerdeführers aus folgenden Erwägungen nicht glaubhaft:
Der Erstbeschwerdeführer gab an, bei der Firma XXXX als Fahrer gearbeitet zu haben, dies für einen Zeitraum von etwa 22 Monaten. Diese Anstellung bei der Firma konnte er jedoch, auch wenn er zur Tätigkeit an sich gleichbleibende Angaben machte und ein Anerkennungsschreiben (datiert mit 07.08.2012, vgl. AS 69) vorlegte, aufgrund der aufgetretenen Widersprüche und Ungereimtheiten in Zusammenschau seines Vorbringens und jenes seines Bruders nicht glaubhaft machen (siehe dazu sogleich). Aus dem gleichen Grund reichen die Angaben des Bruders des Erstbeschwerdeführers für die Glaubhaftmachung, ebenfalls bei dieser Firma gearbeitet zu haben, dies als (Beschaffungs‑)Manager (vgl. dazu das Anerkennungsschreiben, datiert mit 01.09.2012 AS 117 in dessen Verfahrensakt), nicht aus.
Hinsichtlich dieser beiden Anerkennungsschreiben ist festzuhalten, dass sie ihres Inhalts nach lediglich pauschal eine Tätigkeit bei der XXXX bestätigen und Dank für diese Arbeit ausdrücken. Darüber hinaus enthalten sie aber keinerlei Information, die das Fluchtvorbringen der Brüder unterstützen könnte. Insbesondere liegen die Ausstellungsdaten der beiden Schreiben Monate nach der von beiden behaupteten Beendigung der Tätigkeit (dies wäre im April 2012 gewesen), sodass auch zeitlich kein Zusammenhang mit dem Fluchtvorbringen hergestellt werden kann. Vielmehr erweckt die "späte" Verfassung dieser Anerkennungsschreiben Zweifel an einem kausalen Zusammenhang einer Tätigkeit für diese Firma und der Ausreise des Erstbeschwerdeführers und seines Bruders. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass die beiden Schreiben unterschiedlich datieren (07.08.2012 und 01.09.2012), wenn der Erstbeschwerdeführer und sein Bruder zeitgleich und spontan ihre Tätigkeit für diese Firma eingestellt hätten. In Hinblick darauf, dass die Brüder zur Zeit der Ausstellung dieser Schreiben ihren Vorbringen nach aufgrund einer unmittelbaren Bedrohung ihrer Personen aufgrund ihrer jeweiligen Tätigkeit für eben diese Firma versteckt leben hätten müssen (dies nach Angaben des Bruders von 05.06.2012 bis 29.12.2012, vgl. dessen Akt AS 79) erscheint es lebensfremd, dass sich diesbezüglich kein Hinweis seitens eben jener Firma darauf findet. Die Schreiben enthalten nicht einmal einen Hinweis auf die Dauer der Tätigkeit. Auf die Würdigung der vom Erstbeschwerdeführer und seinem Bruder sonst vorgelegten Urkunden, nämlich den "Drohbriefen" und der "Krankenhausbestätigung" vorgreifend sei bereits an dieser Stelle festgehalten, dass bei diesen Urkunden keinesfalls von deren Echtheit und/oder Richtigkeit ausgegangen werden kann, sodass auch deshalb mit Blick auf die beiden Anerkennungsschreiben einer Firma Zweifel an deren Herkunft bestehen. Angesichts des Umstandes, dass solche Schreiben (im Wesentlichen Computerausdruck mit Unterschrift und Stempeln) ohne besonderen Aufwand herzustellen sind, kann allein die Vorlage solcher Schreiben nicht ausreichen, um eine Tätigkeit für besagte Firma glaubhaft zu machen.
Neben obenstehenden Ungereimtheiten bezüglich der Schreiben geht das erkennende Gericht auch aufgrund folgender - sowohl die behauptete Tätigkeit bei der Firma als auch das daraus resultierende Fluchtvorbringen betreffenden - Erwägungen davon aus, dass der Erstbeschwerdeführer und sein Bruder tatsächlich nicht bei dieser Firma arbeiteten:
Insgesamt fällt auf, dass der Erstbeschwerdeführer und sein Bruder die Struktur der Firma und die Positionen der beteiligten Personen bzw. deren Namen nicht übereinstimmend schilderten, sondern die diesbezüglichen Angaben teilweise divergieren. So benannte der Erstbeschwerdeführer den Chef als XXXX (Prot der mV S. 15; Anm.: das stimmt in etwa mit dem Firmennamen " XXXX " überein) und gab an, sein Bruder sei "Direktor" gewesen. Der Bruder des Erstbeschwerdeführers gab vor dem Bundesamt (AS 81) an, dass es eigentlich zwei Chefs gegeben habe: XXXX und XXXX . Der Erstbeschwerdeführer erklärt auf Vorhalt dieser Divergenz in der Beschwerdeverhandlung nur, dass die beiden Brüder gewesen wären (Protokoll der mV S. 16), klärte damit aber den Widerspruch nicht auf. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Brüder zur Führungsebene der Firma unterschiedliche Angaben machen. Besonders markant ist, dass der Erstbeschwerdeführer, nachdem er den Namen XXXX nannte, noch gefragt wurde, ob es sonst noch eine wichtige Person in der Firma gegeben habe. Darauf antwortete er: "Nein, sonst gab es nur die Chauffeurs." Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Erstbeschwerdeführer und sein Bruder diesbezüglich verschiedene Angaben gemacht hätten, wenn sie tatsächlich bei dieser Firma gearbeitet hätten - diesfalls müssten sie schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung imstande sein, dazu gleichbleibende und auch identische Angaben zu machen. Weder der Erstbeschwerdeführer noch sein Bruder nannten den Namen XXXX - was insofern auffällt, als beide vorgelegten Anerkennungsschreiben vom August bzw. September 2012 mit diesem Namen und dem Beisatz "DEPUTY DIRECTOR" (etwa: "Stellvertretender Direktor") gezeichnet sind. Der Bruder des Erstbeschwerdeführers gab schließlich in der Beschwerdeverhandlung an, dass es eine Familienfirma gewesen wäre, der Chef hätte XXXX geheißen und seine Brüder (später konkretisierte er auf "drei Brüder") hätten in der Firma gearbeitet (Protokoll der mV Seite 22), damit erweiterte er die Personenzahl noch einmal. Diese insgesamt recht verschwommene und divergierende Darstellung von in der Firma tätigen Personen und deren Positionen stellt einen zentralen Aspekt der mangelnden Glaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens dar, da es nicht nachvollziehbar ist, dass der Erstbeschwerdeführer und sein Bruder keine stringenten Angaben zu in der Firma tätigen Personen machen konnten. Dies steht auch der Glaubhaftmachung einer Tätigkeit für diese Firma entgegen.
Den Beschwerdeausführungen - die in diesem Punkt für den Erstbeschwerdeführer und seinen Bruder identisch sind - nach sei die Firma im Oktober 2014 aufgelöst worden (vgl. AS 171), der Direktor " XXXX " wäre dann nach Kanada geflohen. Der Bruder des Erstbeschwerdeführers nannte in der Beschwerdeverhandlung den "Oktober 2014" im Zusammenhang mit einer Bedrohung, die der Chef bekommen hätte - darin wäre gestanden, dass er von Taliban getötet würde, wenn er weiter mit den Kanadiern zusammenarbeiten würde (Protokoll der mV Seite 30). Auffällig ist hier, dass die Firma dem Beschwerdevorbringen nach noch etwa zweieinhalb Jahre nach behaupteter Beendigung der Tätigkeit des Erstbeschwerdeführers und seines Bruders (April 2012) bestanden hätte bzw. der Chef (erst) dann eine Drohung erhalten hätte. Dieser Zeitpunkt - Oktober 2014 - wirft Zweifel an der Darstellung auf, dass es zu einer Verfolgung von Mitarbeitern dieser Firma schon im Jahr 2012 gekommen wäre, da es nicht erklärlich ist, dass zwar der Erstbeschwerdeführer und sein Bruder aufgrund des Ausführens von Aufträgen der Firma bedroht und verfolgt worden wären, ihre Arbeitgeber hingegen (der/die Chef/s der Firma) eine solche nicht zu gewärtigen gehabt hätten. Dass aber bei einer Firma mit einer überschaubaren Anzahl von Mitarbeitern (den etwas divergierenden Angaben nach etwa: der "Chef" und dessen Brüder, Erstbeschwerdeführer und Bruder, ein weiterer Fahrer, vgl. Protokoll der mV S. 15, 16 und 20) gerade Mitarbeiter mit stark untergeordneter Funktion (Erstbeschwerdeführer als Fahrer) bzw. mit nicht leitender Funktion (Bruder des Erstbeschwerdeführers:
Anstellung für nur 20 Stunden wöchentlich als (Beschaffungs‑)Manager) konkret ins Visier der Taliban geraten wären, gleichzeitig jedoch deren Arbeitgeber nicht - insbesondere nicht zu diesem Zeitpunkt - einer solchen, vergleichbaren, Gefährdung ausgesetzt gewesen wären, ist nicht nachvollziehbar.
Hinsichtlich des Zeitraums, in der sie selbst wegen ihrer Tätigkeit bei der Firma von Taliban verfolgt worden wären, war dem Erstbeschwerdeführer und seinem Bruder aber nicht bekannt, dass auch ihre Chefs von Taliban aufgrund der Tätigkeiten der Firma bedroht oder verfolgt worden wären. Der Erstbeschwerdeführer antwortete auf entsprechende Frage in der Beschwerdeverhandlung ausweichend, indem er angab, er sei ein Mensch und könne auch einmal etwas vergessen (Protokoll der mV Seite 16). Auf nochmalige Nachfrage meinte er nur pauschal, dass diese "natürlich auch Probleme mit den Taliban gehabt" hätten. Auf weitere Befragung, dass er davon in Kenntnis sein müsste, wenn diese Probleme mit den Taliban gehabt hätten, weil diese wohl den Firmensitz aufgesucht hätten, meinte der Erstbeschwerdeführer unbestimmt, es könne sein, dass sie auch dorthin gekommen wären. Die Firma sei geschlossen worden und die Chefs wären dann auch geflüchtet. Aus dem ausweichenden Antwortverhalten und den pauschalen Antworten ergibt sich unter dem dabei vom Erstbeschwerdeführer gewonnenen persönlichen Eindruck in der Beschwerdeverhandlung, dass ihm offenbar keine die Chefs betreffende Gefährdungssituation bekannt ist, er das Bestehen einer Gefährdung dieser Personen also nicht erlebt hat. In Anbetracht dessen, dass die Chefs aber als für die Aktivitäten der Firma hauptverantwortlich gewesen wären, ist es nicht nachvollziehbar, dass sie nicht bedroht gewesen wären. Anders gewendet ist es nicht nachvollziehbar und lebensfremd, dass der Erstbeschwerdeführer von so einer Bedrohung keine Kenntnis erlangt hätte.
Ähnlich gestaltete sich das diesbezügliche Aussageverhalten des Bruders des Erstbeschwerdeführers. Seiner ersten Aussage in der Beschwerdeverhandlung nach gab er an, dass er glaube, die Chefs wären noch gefährdeter gewesen als er und der Erstbeschwerdeführer. Erst auf Vorhalt, dass er von einer Bedrohung der Chefs wissen müsste (bzw. nach der Rückübersetzung), gab er an, überzeugt zu sein, dass diese gefährdeter gewesen wären als sie (Anm.: der Erstbeschwerdeführer und Bruder). Damit gewichtete er seine ursprüngliche Aussage spontan erheblich stärker, ohne die Steigerung der Qualität seines Wissenstandes (glauben - überzeugt sein) erklären zu können. Eindrücklich ist, dass er dabei seine eigene Position in der Firma erheblich in den Vordergrund zu rücken versuchte, indem er etwa nach Rückübersetzung die Position des Chefs insofern relativierte, indem er - erstmals - angab, sein Chef wäre fast immer im Ausland gewesen, in Dubai (vgl. Protokoll der mV S. 29 und 30). Mit diesem Aussageverhalten entstand der Eindruck, dass er einerseits versuchte, die anfangs nur abgeschwächt ("glaube") dargestellte Gefährdung der Chefs verstärkt darzustellen, um die Ungereimtheiten in seiner Aussage nachträglich zu beseitigen und um gleichzeitig sich selbst diesbezüglich in den Mittelpunkt zu rücken und dem "Chef" eine - gefährdungsmäßig - aufgrund von Auslandsaufenthalten untergeordnete Rolle zuzuweisen.
Zum Zeitpunkt der Einvernahme vor der belangten Behörde (August 2013) war dem Bruder des Erstbeschwerdeführers jedenfalls nicht bekannt, ob eine andere Person in der Firma ein Drohschreiben erhalten hätte (AS 93 im Akt des Bruders). In der Beschwerdeverhandlung bezog er sich auf eine zeitlich erheblich später liegende schriftliche Drohung im Oktober 2014. Zusammenschauend zeigen die Aussagen des Bruders zum einen, dass auch ihm nichts Näheres über eine Bedrohung des/r Chef/s in dem Zeitraum, in der die behauptete Bedrohung von ihm und seinem Bruder stattgefunden hätte, bekannt war. Es ist jedoch nicht nachvollziehbar, dass in der damaligen Situation gerade der Bruder und der Erstbeschwerdeführer konkret und beharrlich verfolgt worden wären, der/die Chef/s seiner Firma aber nicht Derartigem ausgesetzt gewesen wären, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt das Vorbringen nicht glaubhaft ist. Zum anderen steigerte der Bruder insbesondere mit dem erstmaligen Vorbringen der "fast immer" währenden Abwesenheit seines Chefs seine Angaben zur ihn betreffenden Gefährdung, was sich unter dem dabei gewonnenen persönlichen Eindruck als nicht glaubhaft erwies.
Ein Kernpunkt für die mangelnde Glaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens liegt darin, dass dem Drittbeschwerdeführer ein zentraler Vorfall - nämlich die Durchsuchung des Hauses der Familie durch Taliban auf der Suche nach dem Erstbeschwerdeführer und seinem Bruder - nicht bekannt war. Auch unter Berücksichtigung des zum behaupteten Zeitpunkt im Jahr 2012 noch jungen Alters des Drittbeschwerdeführers (13. Lebensjahr) ist es nicht erklärlich, dass er ein so einschneidendes Erlebnis gar nicht kannte, wenn dieses tatsächlich stattgefunden hätte. Der Erstbeschwerdeführer und sein Bruder (vgl. etwa AS 87 in dessen Akt) schilderten im Wesentlichen, dass, als sie sich bereits eineinhalb Monate versteckt gehalten hätten, Taliban das Elternhaus aufgesucht und die Familie unter Druck gesetzt sowie den jüngeren Bruder geschlagen und nach ihnen gesucht hätten (vgl. etwa Protokoll der mV Seite 12). Zu diesem Zeitpunkt lebten ihren Angaben nach die Eltern des Erstbeschwerdeführers und seines Bruders u.a. mit den Familien des Erstbeschwerdeführers und seines Bruders zusammen (vgl. wieder Protokoll der mV S. 12; auch etwa AS 71 [Frau und Kinder wohnen beim Vater], 77 [Umzug nach XXXX ] und 81 [Ehegattin kam dazu, als Vater Bewusstsein verlor] - sowie AS 109 im Akt des Bruders - sie sagten zu seiner Gattin etwas Schlimmes), sodass sämtliche Familienmitglieder schon aufgrund des behaupteten Geschehens, dass Taliban eingedrungen wären, den Bruder bedroht hätten, der Vater das Bewusstsein verloren habe etc., also einer sehr prekären und einprägsamen Situation, von diesem Geschehen Kenntnis haben müssten. Der Drittbeschwerdeführer konnte aber in der Beschwerdeverhandlung zu einem derartigen Ereignis, das ihm trotz seines jungen Alters erinnerlich sein müsste und von dessen Existenz er auch, falls er die Situation nicht persönlich wahrgenommen hätte, wissen müsste, da er das Geschehen an sich mitbekommen haben müsste (etwa: Schreien der Mütter, Stimmen bei Bedrohung, Wegbringen des Großvaters ins Krankenhaus, vgl. nochmals Protokoll der mV S. 12), nichts berichten. Der Drittbeschwerdeführer gab aber in der Beschwerdeverhandlung auf die Frage, ob er jemals mitbekommen habe, dass es Probleme mit den Taliban gegeben habe, lediglich an, dass sein Vater und sein Onkel Probleme mit den Taliban gehabt hätten, er aber nichts Genaues darüber wisse (Protokoll der mV vom 22.01.2018 AS 24). Diese völlige Unkenntnis von einer letztlich die gesamte Familie betroffen habende Situation und konkrete Ereignisse, die er mitbekommen haben müsste, zeigt auf, dass das Vorbringen seines Vaters und Onkels, das von deren jeweiligen Ehegattinnen mitgetragen wird, nicht den Tatsachen entspricht.
Der Erstbeschwerdeführer konnte auch nicht plausibel erklären, weshalb und wie er trotz des Erhalts einer Unterlassungsaufforderung von Taliban seine Tätigkeit für die Firma weiter ausgeübt hätte. In der Beschwerdeverhandlung antwortete er dazu ausweichend (vgl. Protokoll der mV Seite 10). Auch seine Erklärung, er hätte nach Erhalt des ersten Drohbriefes "ein bisschen versteckt" seine Arbeit ausgeübt, etwa durch Wechsel des Autos/der Strecke oder dadurch, dass er sich nicht überall gezeigt hätte, ist vor dem Hintergrund, dass er selbst einräumte, dass Gefahr bestanden hätte, die Adresse der Firma bekannt gewesen wäre und auch der Erstbeschwerdeführer identifiziert gewesen wäre, nicht nachvollziehbar. Demgegenüber erscheint es lebensfremd, dass der Erstbeschwerdeführer in einer Situation, die er selbst als "Gefahr" einordnete, eine solche Tätigkeit fortgesetzt hätte. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Erstbeschwerdeführer (schon seit 2004) als Autohändler tätig war (vgl. dazu Protokoll der mV Seite 7) und damit eine Tätigkeit für die Firma nicht seine einzige Einkommensquelle dargestellt hätte, die wirtschaftliche Existenz also nicht allein von einer solchen Tätigkeit abhing, nicht erklärlich. Gleiches gilt für den Bruder des Erstbeschwerdeführers, der seinen Angaben nach halbtags als Englischlehrer arbeitete und daneben halbtags für diese Firma gearbeitet hätte (vgl. Protokoll der mV Seite 21).
Nicht nachvollziehbar ist auch, dass die Taliban den Erstbeschwerdeführer und seinen Bruder niemals persönlich an der Firmenadresse aufgesucht hätten, wenn sie ihrer habhaft werden hätten wollen. Die Darstellung des Erstbeschwerdeführers und seines Bruders, wonach sie dort selten/schwerlich anzutreffen gewesen wären, vermag dies nicht zu erklären, weil dennoch der Arbeitsplatz ein konkreter Bezugspunkt gewesen wäre. Auch vor dem Hintergrund ihres eigenen Vorbringens, dass sie die ersten Drohbriefe persönlich dort vorgefunden hätten und sich auch, als dem Vater der zweite Drohbrief übergeben worden wäre, beide im Büro befunden hätten, sind ihre Äußerungen, wonach sie dort kaum anzutreffen gewesen wären, nicht haltbar.
Weiters ist es auch nicht nachvollziehbar, dass die Gattin des Bruders des Erstbeschwerdeführers kaum Angaben zur Tätigkeit ihres Ehegatten machen konnte. In der Beschwerdeverhandlung nannte sie zwar den Firmennamen, darüber hinaus machte sie nur sehr oberflächliche Angaben. Besonders gravierend war dabei, dass sie nicht wusste, welche Tätigkeit ihr Ehegatte ausgeübt hätte (Protokoll der mV Seite 7). Dass sie als Ehegattin aber, insbesondere vor dem Hintergrund der behaupteten Gefährdungslage, keine Kenntnis von dessen Tätigkeit hatte, ist schon aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung nicht erklärlich und unterstreicht die Unglaubhaftigkeit des Vorbringens bezüglich einer Tätigkeit bei der Firma und umso mehr bezüglich einer daraus resultierenden Gefährdung.
Divergenzen entstanden auch zwischen den Angaben des Erstbeschwerdeführers und seines Bruders zu dem Aspekt, woher Taliban Informationen über sie, ihre Familien und die Aufenthaltsorte gehabt hätten.
Hier fällt auf, dass sich der Erstbeschwerdeführer darauf zurückzog, dass die Taliban die Adresse von jemandem finden könnten, wenn sie wollten (Protokoll der mV Seite 16), dafür aber keine konkrete Erklärung hatte. Der Bruder des Erstbeschwerdeführers meinte in der Einvernahme vor der belangten Behörde etwa zur Frage, woher die Taliban die Adresse seiner Eltern gekannt hätten (AS 101 in dessen Akt), das wisse er nicht, jedoch würden die Taliban von allen Dingen erfahren. In der Beschwerdeverhandlung stellte der Bruder des Erstbeschwerdeführers diese Situation - erstmals im Verfahren und anders als sein Bruder - völlig anders dar, indem er nunmehr vorbrachte, er wäre hundertprozentig sicher, dass XXXX (siehe zum späteren/weiteren Vorbringen in Zusammenhang mit dieser Person sogleich unten) für die Taliban gearbeitet hätte und wohl auch ihre Adressen verraten hätte (Protokoll der mV S. 30). Damit steigerte der Bruder des Erstbeschwerdeführers sein Vorbringen maßgeblich und beschuldigte bezüglich der behaupteten Vorkommnisse unvermittelt und erstmals XXXX , der dem späteren Vorbringen nach die Tochter des Erstbeschwerdeführers hätte heiraten wollen und für den Tod des Vaters verantwortlich wäre. Dieses gesteigerte Vorbringen ist nicht glaubhaft. Es steht zudem im Gegensatz zum Vorbringen des Erstbeschwerdeführers, der Derartiges nicht äußerte. Es steht außerdem auch im Gegensatz zu den Angaben seiner Ehegattin in der Beschwerdeverhandlung, die auf die Frage, woher die Taliban diese Adressen (Eltern, Schwestern) gekannt hätten, angab, das wisse sie nicht genau (Protokoll der mV vom 22.01.2018 Seite 9). Schließlich steht es auch im Gegensatz zu den Äußerungen der Zweitbeschwerdeführerin in der Beschwerdeverhandlung, wonach die Cousins am Anfang nicht Feinde gewesen wären, aber später (nämlich nach dem behaupteten Begehren einer Heirat mit der Viertbeschwerdeführerin, etwa November 2015) zu solchen geworden wären (vgl. Protokoll der mV vom 22.01.2018 Seite 16) - auch daraus ergibt sich keine Veranlassung für einen Verrat bereits im Jahr 2012. Die damit aufgetretenen Divergenzen sind ein weiterer Aspekt der mangenden Glaubhaftigkeit des Vorbringens.
In Zusatz zu den bisherigen Ausführungen, die bereits die mangelnde Glaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens aufzeigen, sind schließlich in Betrachtung der Angaben des Erstbeschwerdeführers in der sehr umfassenden Erstbefragung (AS 25) zu den Fluchtgründen in Vergleich zu seinen späteren Angaben folgende Ungereimtheiten aufgetreten: In der Erstbefragung gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er und sein Bruder sich nach Eingang des zweiten "Drohbriefes" bei Verwandten versteckt hätten. Das weicht insofern von seinen späteren und jenen Einlassungen seines Bruders ab, als ansonsten ein Aufenthalt bei einem Freund namens XXXX (vgl. etwa AS 77) behauptet wurde. Eine weitere Abweichung liegt darin, dass der Erstbeschwerdeführer in der Erstbefragung nur davon sprach, dass seine Schwester (Singular) von Taliban aufgesucht und dort nach ihnen gesucht worden wäre, er ansonsten aber vom Aufsuchen beider Schwestern sprach (AS 77). Auffällig ist auch, dass er in der Erstbefragung das letzte - und später als fluchtauslösend dargestellte - Ereignis, dass die Taliban auch bei dem Freund nach ihnen gesucht hätten, in der Erstbefragung gar nicht erwähnte. Dort gab er lediglich an, dass der Vater, nachdem er davon erfahren hätte, dass bei der Schwester nach ihnen gesucht worden wäre, die Flucht veranlasst hätte. Es ist nicht erklärlich, dass der Erstbeschwerdeführer das den späteren Angaben nach etwa eineinhalb Monate spätere Ereignis (Aufsuchen des Freundes durch Taliban) nicht bereits in der Erstbefragung erwähnt hätte, weil er gerade in diesem Zeitpunkt noch eine unmittelbare, frische Erinnerung daran haben hätte müssen. Der Erstbeschwerdeführer konnte diese Ungereimtheiten nach Vorhalt in der Beschwerdeverhandlung nicht nachvollziehbar aufklären (Protokoll der mV S. 14). Dabei steht der Umstand, dass dem Erstbeschwerdeführer die Erstbefragung rückübersetzt wurde und er das Protokollierte mit seiner Unterschrift bestätigte (AS 27) seiner Erklärung in der Beschwerdeverhandlung, er hätte damals alles so wie heute geschildert und wisse nicht, was protokolliert worden wäre, entgegen.
Zu den Schreiben, die der Erstbeschwerdeführer und sein Bruder jeweils vorlegten und als "Drohbriefe" bezeichneten, ist Folgendes zu bemerken: Es handelt sich um insgesamt vier Schreiben, jeweils zwei pro Bruder (vgl. im Akt des Erstbeschwerdeführers die Originale in der Hülle AS 99 und bei seinem Bruder die Originale in der Hülle AS 131). Die beiden ersten und die beiden zweiten Drohbriefe decken sich inhaltlich: Der jeweils "erste" (Datum jeweils: 15.04.2012) fordert zum Unterlassen der "Freundschaft und Unterstützung der Kräfte der Kreuzzüge" und zur Unterstützung der Taliban auf. Der jeweils zweite (Datum: 30.05.2012) enthält die Information, dass es sich um die zweite Mitteilung handle, jeweils ein Todesurteil gefällt worden sei und für den jeweils Angesprochenen, egal in welchem Teil Afghanistans er aufgegriffen würde, keine Hoffnung bestehe.
Augenfällig ist bei diesen vorgelegten Schreiben Folgendes: Bei allen Schreiben handelt es sich um Vordrucke, die teilweise handschriftlich ergänzt und mit jeweils drei Stempeln (jeweils gleich: links oben, links unten und rechts unten) versehen wurden.
Besonders fällt auf - und ist schon mit freiem Auge erkennbar -, dass bei den jeweils zweiten Schreiben selbst die Unterschriften der die "Drohbriefe" Unterzeichnenden vorgedruckt sind - diese Schreiben wurden also nicht tatsächlich unterschrieben, sondern wurde offenbar ein Text auf den ansonsten bereits gefertigten Vordruck samt bereits vorgedruckter Unterschrift eingefügt. Aufgrund dieser Machart geht das erkennende Gericht davon aus, dass es sich um ein gefälschtes Schreiben handelt, schließlich können diese Vordrucke samt Unterschrift ohne weiteres vervielfältigt werden, wobei jeweils in der Blattmitte ein beliebiger Text ergänzt werden kann. Daran können auch die an den Schreiben angebrachten Stempel nichts ändern. Gleichzeitig entsteht der Eindruck, dass mit derartigen aufgedruckten "Unterschriften" beim (flüchtigen) Betrachter der Effekt erzielt werden soll, dass die jeweiligen Urkunden "echt" wären, sodass hier eine Täuschungsabsicht anzunehmen ist. Diese Absicht spricht wiederum dafür, dass das "Beurkundete" nicht den Tatsachen entspricht, sondern ein rein gedanklich konstruiertes Fluchtvorbringen "unterstützen" sollte.
Beim jeweils ersten Schreiben fällt besonders auf, dass der Vordruck stark verpixelt ist, was den Anschein erweckt, dass die vorgedruckten Schriftblöcke vergrößert oder kopiert wurden. Nicht unmittelbar nachvollziehbar ist, weshalb das ansonsten in Paschto verfasste Schreiben eine "Überschrift" in arabischer Sprache aufweist (vgl. jeweils die entsprechende Anmerkung des Übersetzers AS 105 bzw. im Akt des Bruders AS 137).
Auch inhaltlich ergeben sich Ungereimtheiten: Das Vorbringen der Brüder bezieht sich in erster Linie auf die Stadt XXXX in der Provinz Kandahar, wo sich sämtliche behaupteten Vorfälle zugetragen hätten. Mit Blick auf die beiden Schreiben ergeben sich aber insofern Ungereimtheiten, als das erste Schreiben jeweils oben die Ortsangabe "Provinz Kandahar, Distrikt XXXX " trägt. Dies ist insofern nicht plausibel, als dieser Distrikt nicht einmal unmittelbar an den Distrikt XXXX angrenzt (Anm. dazwischen liegt der Distrikt XXXX bzw. XXXX ) und damit kein unmittelbares örtliches Naheverhältnis gegeben ist. Nicht nachvollziehbar ist auch, dass eben diese Ortsangabe "Provinz Kandahar, Distrikt XXXX " mit Stempeln versehen sind, die als Ortsangaben den Distrikt XXXX in der Provinz Helmand nennen - dieser Distrikt liegt in einiger Entfernung von der Stadt XXXX . Da die Informationen auf dem Schreiben bezüglich der Örtlichkeiten einerseits nicht zu dem Sachverhalt passen, der in XXXX seinen Mittelpunkt hätte, und andererseits auch miteinander (Überschrift vs. Stempel) nicht in Einklang zu bringen sind, erwecken die Schreiben auch deshalb den Eindruck von Fälschungen. Auch jenen örtlichen Hinweisen auf den jeweils zweiten Schreiben (Stempel jeweils: Provinz Helmand, Distrikt XXXX ) fehlt es an einem nachvollziehbaren örtlichen Bezug zu dem behaupteten Geschehen, weshalb auch diese inhaltlich anzuzweifeln sind.
Aufgrund der dargetanen Umstände gelangt das erkennende Gericht zum Schluss, dass es sich bei den vorgelegten "Drohbriefen" um Fälschungen handelt. Dies ist zum einen mit der notorischen Situation, dass derartige Schreiben in Afghanistan leicht erhältlich sind, vereinbar. Zum anderen ist beachtlich, dass solche Schreiben (im Wesentlichen handschriftlich ausgefüllte Vordrucke mit Stempeln) ohne besonderen Aufwand herzustellen sind. Durch die Vorlage dieser Urkunden ist die persönliche Glaubwürdigkeit des Erstbeschwerdeführers und seines Bruders stark geschmälert.
Die Stellungnahme vom 24.01.2018, offenbar von Echtheit und Richtigkeit der Schreiben (und des Vorbringens) ausgehend, vermeint unter Einführung eines Länderberichts der norwegischen Landinfo ins Verfahren (abrufbar etwa unter https://landinfo.no/asset/3590/1/3590_1.pdf ), dass der Erstbeschwerdeführer und sein Bruder im ersten Drohbrief gewarnt und zur Kollaboration aufgefordert worden wären und im zweiten Drohbrief wieder "gewarnt und mit dem Tod bedroht" worden wären "sollten sie der Drohung nicht nachkommen". Damit entfernt sich die Stellungnahme vom tatsächlichen Inhalt des vorgelegten zweiten Schreibens, das nicht eine Warnung ausspricht, sondern über das bereits gefällte Todesurteil informieren sollte - die Ausführungen der Stellungnahme gehen damit ins Leere. Nur hypothetisch sei hiezu festgehalten, dass diesem Bericht nach ein Verfahren für das Vorgehen gegen Kollaborateure, wie folgt, nachgezeichnet wird: "1. Person identifizieren; 2. Kontaktdaten herausfinden (Adresse oder Telefonnummer); 3. Person mindestens zweimal warnen; 4. verhören und vor Taliban-Gerichte stellen; 5. Person auf die schwarze Liste setzen, wenn sie sich weigert, den Anordnungen der Taliban Folge zu leisten; 6. Günstige Gelegenheit abwarten, um zuzuschlagen. Teil 4 wird ausgesetzt, wenn die Umstände Verhöre oder Inhaftierung nicht zulassen. So können die Taliban zum Beispiel in der Stadt Kabul normalerweise keine Verdächtigen oder Täter festnehmen, daher gibt es die beiden Alternativen, die Verdächtigen zu überwachen, bis sie Kabul verlassen und sie dann festzunehmen (die Taliban behaupten, 2015/16 350 solcher Festnahmen durchgeführt zu haben) oder die Mordkommandos zum Einsatz zu bringen, ohne den Umweg über ein Gerichtsverfahren." (vgl. dazu Punkt 5. - Regeln der Taliban S. 15). Vom Ablauf her würde die gegenständlich vom Erstbeschwerdeführer und seinem Bruder behauptete Vorgehensweise (konkret: nur eine Warnung und dann gleich Fällung eines Todesurteils in Abwesenheit) dem in diesen Bericht bezeichneten Verfahren nicht ohne weiteres entsprechen. Unbeschadet dessen erwiesen sich die vorgelegten Schreiben aber als Fälschungen (und ist das Fluchtvorbringen nicht glaubhaft), sodass daraus kein zusätzlicher Aspekt gewonnen werden kann.
Soweit der Bruder des Erstbeschwerdeführers auch eine Gefährdung aufgrund seiner Tätigkeit als Englisch- und Computerlehrer bzw. des Unterrichtens von Frauen in einem näher bezeichneten Institut ins Treffen führte (vgl. AS 85 in dessen Akt), waren seine diesbezüglichen Angaben mangels Substantiiertheit nicht geeignet, eine Verfolgungsgefährdung aus diesem Grund glaubhaft zu machen. Nur allgemein behauptete er in diesem Zusammenhang eine Gefährdung. Aus der diesbezüglichen Arbeitsbestätigung (AS 115 in dessen Akt) ergibt sich eine Tätigkeit des Bruders des Erstbeschwerdeführers von Juni 2006 bis Oktober 2012 bei einem Institut. Da der Bruder des Erstbeschwerdeführers in diesem Zeitraum aber keinerlei Bedrohung seitens Taliban oder anderer Akteure glaubhaft machte, ist seine Darstellung einer solchen Gefährdungssituation nicht schlüssig nachvollziehbar und auch nicht maßgeblich wahrscheinlich. In diesem Konnex ist auch festzuhalten, dass die in der Bestätigung angeführte Beschäftigungsdauer - bis 24.10.2012 - mit dem Vorbringen, er hätte schon seit Mai 2012 versteckt leben müssen, nicht vereinbar ist und dies weitere Ungereimtheiten mit dem sonstigen Fluchtvorbringen aufwirft. Die Erklärung, er hätte bis dahin "auf der Arbeitsliste" gestanden (AS 73 in dessen Akt) kann diese nicht ausräumen, da es nicht schlüssig nachvollziehbar ist, dass nicht das tatsächliche Enddatum der Tätigkeit, sondern ein fast fünf Monate späteres Datum bei der Bestätigung der Arbeitsdauer angenommen worden wäre.
Hinsichtlich einer zudem erwähnten Dolmetschertätigkeit im Jahr 2004 mangelt es an jedem zeitlichen Zusammenhang zur Ausreise im Jahr 2012, sodass auch in diesem Zusammenhang keine Gefährdung oder Verfolgung glaubhaft gemacht werden konnte.
Das Vorbringen zu einer drohenden Zwangsverheiratung der Viertbeschwerdeführerin und zu den Umständen des Todes des Vaters des Erstbeschwerdeführers sowie das Vorbringen zu einer damit in Zusammenhang stehenden (vorgreifenden) Blutrache und Verfolgung der Beschwerdeführer durch den Cousin des Erstbeschwerdeführers oder andere Akteure, ist aus folgenden Erwägungen nicht glaubhaft:
Ein weiterer Aspekt des Fluchtvorbringens bezieht sich im Wesentlichen auf eine Feindschaft mit einem Cousin, der - beginnend in einem Zeitraum im November 2015, in dem sich die Zweitbeschwerdeführerin aufgrund des dem Erstbeschwerdeführer zuerkannten Schutzstatus bereits zur Ausreise entschieden hatte und sich um die Erlangung eines D-Visums zur Einreise nach Österreich für sich und ihre Kinder kümmerte - die Viertbeschwerdeführerin hätte heiraten wollen und der, nachdem die Zweitbeschwerdeführerin mitsamt Dritt- bis Fünftbeschwerdeführerin ausgereist wäre, den Vater des Erstbeschwerdeführers und seines Bruders deswegen geschlagen hätte (dies etwa im September 2016), infolgedessen dieser gestorben wäre.
In Zusammenhang mit dem letzten diesbezüglich behaupteten Ereignis, nämlich, dass der Cousin den Vater geschlagen hätte und dieser zuerst von einem Krankenhaus in XXXX in eines nach XXXX in Pakistan verbracht hätte werden müssen, wo er verstorben wäre, wurden mit den Beschwerden vom 13.12.2016 Lichtbilder und eine "Krankenhausbestätigung" datiert mit 09.09.2016 vorgelegt (vgl. etwa AS 181 im Akt der Zweitbeschwerdeführerin).
Bei dieser "Krankenhausbestätigung" soll es sich um eine Bestätigung des Krankenhauses in XXXX (Pakistan) handeln, in das der Vater von XXXX aus verbracht worden wäre. Inhaltlich "bestätigt" dieses in englischer Sprache verfasste Schreiben im Wesentlichen nur, dass der namentlich genannte Patient Vater des namentlich genannten Erstbeschwerdeführers und in besagtes Krankenhaus am 05.09.2016 eingeliefert worden sei, wer sein Arzt sei und dass der Patient in kritischem Zustand wäre (vgl. AS 181 im Akt der Zweitbeschwerdeführerin), sodass daraus für das Vorbringen der Beschwerdeführer in concreto nichts gewonnen werden kann, weil nähere Umstände dem Schreiben nicht zu entnehmen sind. Es fällt aber unweigerlich auf, dass die Adresse dieses Krankenhauses an zwei Stellen des Schreibens - nämlich im Briefkopf und in der Fertigung - falsch geschrieben ist: " XXXX " anstatt richtig " XXXX ". Dass sowohl im (offiziellen) Briefkopf des Schreibens eines Krankenhauses als auch in der Fertigung das Wort "road" für "Straße" falsch geschrieben wird, ist unplausibel. Insbesondere aufgrund des Fehlers im Briefkopf, dessen Erscheinungsbild nach der allgemeinen Lebenserfahrung immer gleich verwendet wird, also vorgegeben ist, geht das erkennende Gericht davon aus, dass dieses Schreiben tatsächlich nicht von besagtem Krankenhaus stammt. Das vorgelegte Schreiben ist damit nicht geeignet, das Vorbringen zu stützen. Zudem schmälert die Vorlage mehrerer (falscher/verfälschter) Schreiben (vgl. dazu bereits oben zu den "Drohbriefen") die Glaubwürdigkeit der das Vorbringen erstattenden Beschwerdeführer maßgeblich.
Die Lichtbilder - zeigend eine im Krankenbett liegende männliche Person - lassen keine Rückschlüsse auf den Grund des Krankenhausaufenthaltes zu, sodass aus diesen bezüglich des Vorbringens nichts gewonnen werden kann.
Zudem sind die Einlassungen, dass der Vater vom Krankenhaus in XXXX (Anm.: das genannte " XXXX " ist unter den Namen " XXXX " und dem offiziellen Namen " XXXX " notorisch bekannt) in jenes nach XXXX transferiert werden hätte müssen, weil Verletzungen (infolge von Schlägen) und Zuckerkrankheit in jenem Krankenhaus in XXXX nicht behandelbar wären, nicht nachvollziehbar. Es ist lebensfremd, dass Derartiges in dem Krankenhaus in XXXX nicht behandelbar gewesen wäre, weil die damit in Zusammenhang stehenden Beschwerden standardmäßig in Krankenhäusern behandelbar sind. Der Erstbeschwerdeführer konnte dazu keine schlüssig nachvollziehbare Erklärung abgeben (vgl. Protokoll der mV Seiten 19). Auch die Erklärung seines Bruders zu der Frage, weshalb man eine durch Schläge verletzte Person in ein pakistanischen Krankenhaus hätte verweisen müssen, der dazu angab, der Vater hätte auch lang an Zuckerkrankheit und hohem Blutdruck gelitten (Protokoll der mV Seite 24), ist nicht plausibel.
Schließlich ist der zeitliche Abstand zwischen der Ausreise der Zweitbeschwerdeführerin samt Kindern aus Afghanistan nach Pakistan, der aufgrund des Stempels in ihrem Reisepass mit 15.12.2015 festzumachen ist (AS 75) und der behaupteten Attacke auf den Vater des Erstbeschwerdeführers, die etwa im September 2016 stattgefunden hätte, nicht schlüssig nachvollziehbar. So ist es nicht erklärlich, dass in einer Situation, in der besagter Cousin davon in Kenntnis gewesen wäre, dass der Erstbeschwerdeführer, sein Bruder und dessen Familie bereits in Österreich leben und die Zweitbeschwerdeführerin samt Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer bereits ihre Ausreise nach Österreich konkret geplant hat, der Vater des Erstbeschwerdeführers diesem immer wieder erklären hätte können, dass die Zweitbeschwerdeführerin und die Kinder wieder zurückkehren würden (so die Angabe des Erstbeschwerdeführers im Protokoll der mV Seite 18, auch Seite 19 - "drei bis vier Mal angefragt"). Dass in einer derartigen Konstellation diese Behauptung erst neun Monate später nicht mehr aufrecht erhalten werden hätte können, ist unplausibel.
Ungereimtheiten bestehen auch in Zusammenhang mit der Behauptung der Zweitbeschwerdeführerin zu Geschehnissen nach der endgültigen Ausreise aus Afghanistan am 15.12.2015. Ihre diesbezüglichen Angaben vor der belangten Behörde, "sie" (Anm.: besagter Cousin/Feinde) wären ihr in Pakistan nachgekommen, hätten sie aber nicht finden können, da sie ständig ihren Wohnort gewechselt hätte (AS 63 in ihrem Akt), sind einerseits vage, zudem erwähnte sie Derartiges in der Beschwerdeverhandlung nicht mehr, obwohl dies ein wesentliches Sachverhaltselement dargestellt hätte. Anderseits sind sie mit dem Vorbringen der "Beschwerdeberichtigung" vom 03.01.2018, wonach sie sich nach der Ausreise am 15.12.2015 bis März/April 2016 in QUETTA aufgehalten hätte, im April 2016 eine Woche in ISLAMABAD gewesen wäre (dies zur Abgabe und Abholung des Reisepasses zwecks Visaausstellung) und schließlich von KARACHI aus Pakistan verließ, weil ihr die Flugtickets von ISLAMABAD aus zu teuer gewesen wären, nicht in Einklang zu bringen - hier finden sich keine Anhaltspunkte für ständige Wohnortwechsel.
Vor dem Hintergrund der notorischen Situation in Afghanistan ist es zudem unplausibel, dass es entgegen dem Willen des Großvaters der Viertbeschwerdeführerin, der aufgrund der Abwesenheit des Erstbeschwerdeführers bei derartigen Vorgängen eine maßgebliche Entscheidungsgewalt getragen und der eine Heirat abgelehnt hätte, zum Beschluss einer zwangsweisen Verheiratung gekommen wäre.
Auch die übrigen Angaben der Zweitbeschwerdeführerin dazu waren widersprüchlich: In der Einvernahme vor der belangten Behörde gab sie zuerst an, dass ihr Schwiegervater (Großvater der Viertbeschwerdeführerin) gesagt hätte, dass er es akzeptiere, wenn die Zweitbeschwerdeführerin nicht mit einer Ehe einverstanden sei (AS 57 in ihrem Akt). Später gab sie jedoch an, dass ihr Schwiegervater dem Entscheid der Weißbärtigen, die in einer Versammlung beschlossen hätten, dass die Viertbeschwerdeführerin verheiratet würde, sobald sie alt genug sei, zustimmen hätte müssen (AS 59). Die Zweitbeschwerdeführerin erwähnte einen solchen Beschluss der Weißbärtigen in der Beschwerdeverhandlung nicht, sodass dies eine gravierende Abweichung von ihren Schilderungen vor der belangten Behörde darstellt. In einen weiteren zentralen Widerspruch begab sie sich dadurch, dass sie in der Beschwerdeverhandlung auf die Frage, ob sie oder andere verantwortliche männliche Familienmitglieder der Eheschließung zugestimmt hätten, antwortete, dass ihr Schwiegervater sie in ihrem mangelnden Einverständnis unterstützt hätte (Protokoll der mV vom 22.01.2018 Seite 18) - damit weicht sie von dem Vorbringen vor dem Bundesamt, ihr Schwiegervater hätte dem Beschluss der Weißbärtigen zugestimmt, ab. Diese Widersprüche zeigen auf, dass ihre Angaben nicht den Tatsachen entsprechen.
Weiters fällt auf, dass die Ehegattin des Bruders des Erstbeschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung die Cousins nicht einmal namentlich benennen konnte, sondern angab, die Namen der Cousins nicht zu kennen, diese würden aber in der Stadt XXXX leben (Protokoll der mV vom 22.01.2018, AS 11). Auf entsprechende Nachfragen antwortete sie ausweichend oder gar nicht. Es ist nicht erklärlich, dass sie nicht einmal wesentliche Informationen zu jenen Personen hätte, von denen aus aufgrund der behaupteten Konstellationen letztlich für die gesamte Familie eine Gefährdungslage bestehen würde. So zeigt auch diese Unwissenheit auf, dass die behauptete Situation nicht dem Tatsächlichen entspricht.
Zusammenschauend traten damit bezüglich des Vorbringens einer "Zwangsverheiratung" der Viertbeschwerdeführerin, einer daraus resultierenden "Ermordung" des Vaters des Erstbeschwerdeführers und einer nunmehr bestehenden Feindschaft mit dem/n Cousin/s, insbesondere einer Konstellation einer (vorgreifenden) Blutrache zahlreiche Ungereimtheiten und Widersprüche auf und wurde auch in diesem Zusammenhang ein Schreiben fragwürdiger Herkunft vorgelegt, sodass das Vorbringen insgesamt nicht glaubhaft gemacht werden konnte. Dem entspricht der diesbezüglich insbesondere von der Zweitbeschwerdeführerin, aber auch dem Erstbeschwerdeführer, seinem Bruder und dessen Gattin gewonnene persönliche Eindruck in der jeweiligen Beschwerdeverhandlung.
Zum Vorbringen einer Verfolgung wegen Verletzung sozialer Normen durch die weiblichen Beschwerdeführerinnen:
Aus der Lebenssituation der Zweitbeschwerdeführerin vor der Ausreise aus Afghanistan ergeben sich keine Hinweise auf eine Sozialisierung (iSv Faktoren wie insb. Herkunft, Familie, Bildungsstand, Religiosität), die sie aufgrund einer Nichtbeachtung der herrschenden politischen und/oder religiösen Normen exponiert hätte. Die Zweitbeschwerdeführerin wuchs ihren eigenen Angaben nach in XXXX , einem urbanen Gebiet, auf. Sie ging dort nicht zur Schule, kann Paschtu lesen, aber nicht schreiben. Zudem gab sie an, von zuhause aus als Schneiderin gearbeitet zu haben (Protokoll der mV vom 22.01.2018 Seite 14).
Die Feststellungen zur Lebenssituation der Beschwerdeführerinnen in Österreich fußen auf den insoweit glaubhaften Angaben in der Beschwerdeverhandlung und den dort präsentierten Deutschkenntnissen in Zusammenhalt mit den vorgelegten Dokumenten. Die Umstände ihres Lebensalltages in Österreich lassen aber nicht darauf schließen, dass die Zweitbeschwerdeführerin eine derartige Lebensführung und Geisteshaltung angenommen hat und dies wesentlicher Bestandteil ihrer Identität geworden ist, die sie bei einer Rückkehr in einer die dortigen sozialen Normen verletzenden Weise exponieren würden.
Die Zweitbeschwerdeführerin beschrieb ihren Alltag in Österreich im Wesentlichen damit, dass sie sich um den Haushalt kümmere, Einkaufen und Spazieren gehe, Deutschkurse besuche und mit den Kindern in den Park oder zur Familie ihres Schwagers auf Besuch gehe und sie zu ihrer Deutschlehrerin und eine Freundin der Familie, mit der sie aber nicht auf Deutsch sprechen könne, Kontakt habe. Zudem gab sie an, künftig als Schneiderin oder in der Küche arbeiten zu wollen. Die Zweitbeschwerdeführerin nimmt damit Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung in Anspruch und knüpfte soziale Kontakte, sodass sie sich grundsätzlich gegenüber typischer Freizeitgestaltung und dem Kontakt zu anderen nicht verschließt. Es ergab sich aber auch, dass die Zweitbeschwerdeführerin hier nur den kleinstmöglichen Bewegungs- und Aktionsradius eines Alltagslebens wahrnimmt und sich in Österreich im kleinstmöglichen Umgebungskreis aufhält, obwohl sie hier nicht von gesellschaftlichen/sozialen Normen eingeschränkt ist. Die Zweitbeschwerdeführerin hat bislang keine konkreten Bestrebungen unternommen, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen und ihre Deutschkenntnisse sind nur rudimentär, sodass unter diesen Gesichtspunkten keine Aspekte eines selbstständigen und selbstbestimmten Lebens hervorgekommen sind.
Die vierzehnjährige Viertbeschwerdeführerin wurde überwiegend in Afghanistan sozialisiert, wo sie bis zum 13. Lebensjahr lebte. Sie lebt derzeit mit ihrer Familie im gemeinsamen Haushalt. Aktuell besucht sie in Österreich die Schule. Aus dem Vorbringen ihrer Eltern ergibt sich nicht, dass sie die Ausbildung und spätere Berufstätigkeit ihrer Töchter nicht befürworten würden. Zusammenschauend ist bezüglich der Viertbeschwerdeführerin anzunehmen, dass sie die Schule besuchen und ihren Bildungsweg fortsetzen will und sie während ihres Aufenthalts in Österreich soziale Kontakte (etwa in der Schule) aufbaute. Darüber hinaus sind keine Anzeichen hervorgekommen, dass sie über den kleinstmöglichen Bewegungs- und Aktionsradius eines ihrem Alter entsprechenden Alltagslebens hinaus Aktivitäten ausüben oder eine sozialen Normen in urbanen Gebieten ihres Herkunftsstaates widersprechende Lebensweise praktizieren würde. Hinsichtlich der Viertbeschwerdeführerin ist außerdem aufgrund ihres jungen Alters von 14 Jahren keine derart fortgeschrittene Persönlichkeitsentwicklung abzusehen, aufgrund derer eine Verinnerlichung eines "westlichen Verhaltens" oder eine "westlichen Lebensführung" als wesentlicher Bestandteil ihrer Identität angenommen werden könnte.
Mit Blick auf die Rückkehrsituation ergeben sich vor dem Hintergrund der Länderberichte folgende Erwägungen: Die Länderberichte zeigen, dass der Zugang zu Bildung für Frauen in Afghanistan erheblich verbessert wurde und sich seit 2000 die durchschnittliche Zahl der Kinder, die eine Schule besuchen von 2,5 Jahren auf 9,3 Jahre erhöht hat. Unter diesem Aspekt ist es - auch wenn die Gesamtanzahl der Mädchen, die die Schule besuchen, deutlich unter jener der Schulbesuche der Jungen liegt - nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass die Viertbeschwerdeführerin bei einer Rückkehr nun von Bildungsmöglichkeiten ausgeschlossen wäre. Bezüglich der Stadt XXXX und anderen urbanen Gebieten wird jener Faktor, dass insbesondere weibliche Schülerinnen durch lange Distanzen zwischen Heimatort und Schule oder das Pendeln durch gefährliche Gegenden vom Schulbesuch abgehalten werden, nicht schlagend, da sich die dortige Situation von ländlichen Gebieten relevant unterscheidet. Es ist notorisch, dass es in XXXX Schulen gibt, die von weiblichen Schülerinnen besucht werden (können). Die Stadt XXXX steht zudem (wie auch andere Städte und Distriktszentren) unter staatlicher Kontrolle, sodass regierungsfeindliche Kräfte insofern nicht so starken Einfluss haben, als dass sie den Schulbesuch von Mädchen generell unterbinden oder vergleichbar erschweren könnten, auch wenn es in der Vergangenheit vereinzelt zu Angriffen auf Bildungseinrichtungen kam. Maßgeblich ist zudem, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin die Aus- und Weiterbildung ihrer Kinder befürworten, sodass sie seitens der Familie nicht von Bildungsmöglichkeiten abgehalten, sondern bei der Inanspruchnahme solcher unterstützt werden. Frauen ist auch die Ergreifung eines Berufs nicht verwehrt, wenngleich nicht verkannt wird, dass dies außerhalb des Bildungs- und Gesundheitssektors nach wie vor schwierig ist. Hinzu kommt, dass es (auch unabhängig vom nicht glaubhaften Fluchtvorbringen) keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Viertbeschwerdeführerin von Zwangsheirat bedroht sein könnte, da sich aus den Äußerungen ihrer Eltern eine diesbezüglich ablehnende Haltung ergab. Eine zwangsweise Verheiratung gegen den Willen insbesondere des Erstbeschwerdeführers ist jedoch nicht plausibel. Außerdem ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass eine solche in Bezug auf eine von ihnen maßgeblich wahrscheinlich wäre. Da die Familie vor der Ausreise in finanziell guten Verhältnissen lebte und auch noch viele Familienmitglieder in XXXX leben, ist es nicht indiziert, dass die Viertbeschwerdeführerin aufgrund von Armut von Ausbildungsmöglichkeiten abgehalten wäre. Zusammenschauend ergibt sich, dass generell die vollständige Wahrnehmung von wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten für Frauen in Afghanistan nach wie vor mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist bzw. sein kann, jedoch grundsätzlich in der Stadt XXXX und anderen urbanen Zentren Bildungs- und Erwerbsmöglichkeiten offenstehen.
Hinsichtlich Kleidungsvorschriften ist festzuhalten, dass sich die notorische Situation in urbanen Zentren Afghanistans so darstellt, dass einerseits konservative Arten der Verschleierung (etwa Chador oder Burka) getragen werden, andererseits aber Frauen durchaus häufig moderne "Manteau shalwar" tragen, d.h. Hosen und Mantel, dies mit verschieden Arten der Kopfbedeckung. Die allgemeine Situation in urbanen Zentren ist also dergestalt, dass auch weniger strenge Formen der Kopfbedeckung üblich sind, sodass auch unter diesem Aspekt nicht indiziert ist, dass sich die Zweit- und Viertbeschwerdeführerin Kleidungsvorschriften unterwerfen müssten, die von ihrem erst kurz geübten Kleidungsstil in Österreich so erheblich abweichen würden, dass eine Anpassung daran von ihnen nicht erwartet werden könnte. Es hat sich zudem aufgrund des von der Zweitbeschwerdeführerin persönlich gewonnenen Eindrucks nicht ergeben, dass die völlig freie Wahl der Kleidung sich bereits nach dem relativ kurzen Aufenthalt in Österreich so strak eingeprägt hat, dass dies ein Bestandteil ihrer Identität wurde. Anhaltspunkte dafür sind auch für die Viertbeschwerdeführerin nicht hervorgekommen.
Gleiches ergibt sich mit Blick auf die Lebenssituationen der weiblichen Beschwerdeführerinnen - und damit der in Österreich ständig geübten Verhaltensweise. Aufgrund des nur sehr eingeschränkten Aktionsradius¿ in Österreich ist vor dem Hintergrund der weit überwiegenden Sozialisierung der Beschwerdeführerinnen in Afghanistan und des mit nicht einmal zwei Jahren (seit April 2016) erst relativ kurzen Aufenthalts in Österreich nicht zu ersehen, dass sie jeweils eine Lebensweise angenommen hätten, die einen deutlichen und nachhaltigen Bruch mit den allgemein verbreiteten gesellschaftlichen Werten in Afghanistan, konkret bei einer Rückkehr in ein urbanes Gebiet, einen solchen Bruch mit sozialen Normen darstellen würde oder sie ein "westliches" Gesellschaftsbild angenommen hätten und eine solche Lebensweise Bestandteil ihrer Identität geworden wäre. Auch nach dem persönlichen Eindruck von der Zweitbeschwerdeführerin in der Beschwerdeverhandlung ergab sich dies nicht. Vor dem Hintergrund der Situation in XXXX hat sich auch nicht ergeben, dass die weiblichen Beschwerdeführerinnen aufgrund der gewollten Wahrnehmung von Berufs- und Bildungsmöglichkeiten und des Aufbaus eines Soziallebens (entsprechend dem auch in Österreich gelebten eingeschränkten Aktionsradius) dort soziale Normen verletzen und deshalb bei einer Rückkehr aufgrund der Reaktionen auf eine solche Lebensweise aus dem sozialen Umfeld oder auch staatlicherseits als gefährdet anzusehen sind.
Die weiblichen Beschwerdeführerinnen konnten damit weder glaubhaft machen, dass ein "westlich" orientierter Lebensstil Bestandteil ihrer Identität wurde und ist, noch, dass sie aufgrund ihrer Lebensweise politischen und/oder religiösen Normen derart widersprechen würden, dass sie bei einer Rückkehr konkrete Gefährdung zu gewärtigen hätten.
Zur Minderjährigkeit der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer:
Die Länderfeststellungen belegen, dass sich die Situation von Kindern in den vergangenen Jahren verbessert hat. Für die konkrete Rückkehrsituation der minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer ist maßgeblich, dass sich ihre Eltern dafür ausgesprochen haben, dass sie eine Schulbildung erlangen. Die schulpflichtigen Viert- und Fünftbeschwerdeführer besuchen in Österreich die Schule, der Drittbeschwerdeführer ist Kochgehilfe, und es sind keine allgemeinen Umstände ersichtlich, dass ihnen Bildungsmöglichkeiten bei einer Rückkehr verwehrt sein könnten. Da ihre Eltern ihre Ausbildung befürworten, ist davon auszugehen, dass sie diese ihren Kindern auch bei einer Rückkehr ermöglichen würden. Zudem ist festzuhalten, dass die generelle Aussage, dass der Anteil der Mädchen mit fortschreitender Klassen- und Bildungsstufe abnimmt, in ihrer konkreten Situation nicht zutrifft, da ihre Eltern auch für eine fortdauernde Ausbildung der Viertbeschwerdeführerin eingetreten sind.
Die allgemeinen Länderfeststellungen legen dar, dass sich der gewaltfreie Umgang mit Kindern in Afghanistan noch nicht als Normalität durchsetzen konnte und körperliche Züchtigung und Übergriffe im familiären Umfeld, in Schulen oder durch die afghanische Polizei verbreitet sind. Auch in diesem Zusammenhang ergeben sich für die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer keine Anhaltspunkte, dass sie in ihrer konkreten Lebenssituation von Derartigem betroffen sein könnten. Es gibt keinerlei Hinweise auf Gewalt in der Familie der Beschwerdeführer. Es ist nicht angezeigt, dass sich daran durch die Rückkehr etwas ändern würde. Es gibt auch keinen hinreichend Beleg dafür, dass die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer in der Schule oder durch die Polizei Gewalt ausgesetzt sein werden - auch wenn die abstrakte Möglichkeit besteht, Opfer derartiger Gewalt zu werden, ist dies bei den Beschwerdeführern nicht konkret indiziert. Gewalt in der Schule ist laut den Länderfeststellungen in ländlichen Gebieten gebräuchlich, dafür, dass die Situation in urbanen Gebieten ähnlich gelagert wäre, gibt es aber keine Anhaltspunkte. Auch wenn es keine dauerhaften und durchsetzungsfähigen Mechanismen gibt, das Gewaltpotential einzudämmen, existieren im konkreten Fall keine Anhaltspunkte, dass die Beschwerdeführerinnen Derartigem ausgesetzt wären. Da sie mit ihren Eltern und der erweiterten Familie grundsätzlich über ein sie schützendes Netz verfügen, ist auch nicht indiziert, dass sie Derartigen ausgesetzt sein könnten. Gleiches gilt für die potentielle Gefahr, Opfer von sexuellem Missbrauch zu werden. Aufgrund des wirtschaftlichen Hintergrunds der Familie gibt es auch keine Faktoren, wonach die Minderjährigen von Kinderarbeit bedroht sein könnten, da es keinen so großen finanziellen Druck gibt, dass bereits die minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer zum Erwerb der Familie beitragen müssten. Da sie im Familienverband abgesichert sind und davon auszugehen ist, dass sie durch das familiäre Netz auch bei einer potentiellen Rückkehr abgesichert wären, ist auch keine Gefahr der Unterernährung anzunehmen. Die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer sind gesund, sodass auch unter diesem Aspekt keine spezifische Gefährdung ersichtlich ist.
Hinsichtlich Kinder als Zivilopfer ist für den konkreten Fall festzuhalten, dass die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer aus der Stadt XXXX stammen. Es ist vor dem Hintergrund der dortigen Sicherheitslage und auch jener in anderen urbanen Zentren nicht bekannt, dass sie dort im Zusammenhang mit dem innerstaatlichen Konflikt aufgrund ihrer Minderjährigkeit eine erhöhte Gefährdung zu gewärtigen haben. Hauptursache für zivile Opfer unter Kindern sind nach den Länderberichten Munitionsrückstände - die Existenz solcher ist in Stadtgebieten nicht ersichtlich. Es ist nicht ersichtlich, dass der Faktor Minderjährigkeit zu einer Gefährdungsverdichtung in den Personen der Minderjährigen führten könnte. Insbesondere ist aus der allgemeinen Sicherheitslage in KANDAHAR oder anderen urbanen Zentren nicht abzuleiten, dass Minderjährige einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt wären, bei Auseinandersetzungen, Angriffen oder Anschlägen (zufälliges) Opfer zu werden.
Die Feststellungen zur Lebenssituation der Beschwerdeführer in Österreich beruht auf ihren Angaben in der Beschwerdeverhandlung in Zusammenhalt mit den vorgelegten Urkunden.
Zu den Länderfeststellungen:
Die diesem Erkenntnis zugrunde gelegten Länderfeststellungen gründen sich auf von der Staatendokumentation aufbereitete Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Afghanistan ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem BVwG von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation fallrelevant nicht wesentlich geändert haben.
Die in der Stellungnahme eingebrachten Länderberichte zeigen keine maßgeblich davon abweichende Situation, sodass sie die im Länderinformationsblatt enthaltenen Berichte nicht entkräfteten.
III. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Zu den Beschwerden gegen Spruchpunkte I. der angefochtenen Bescheide
1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.
Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
2. Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318;
09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN;
19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131;
25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).
Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).
Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).
Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).
3. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht der Beschwerdeführer, in ihrem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus in der GFK genannten Gründen landesweit verfolgt zu werden, nicht begründet ist:
Eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen konnte von den Beschwerdeführern nicht glaubhaft gemacht und auch sonst nicht festgestellt werden. Erachtet die zur Entscheidung über einen Asylantrag zuständige Instanz - wie im gegenständlichen Fall - im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben der Asylwerber grundsätzlich als unwahr, dann können die von ihnen behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 09.05.1996, Zl.95/20/0380). Wie in der Beweiswürdigung des verfahrensgegenständlichen Erkenntnisses dargetan, ergibt sich der Schluss auf die Unglaubhaftigkeit der Beschwerdeführer in Bezug auf die jeweiligen Fluchtgründe aus einer Gesamtschau ihrer Angaben im Verfahren.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können Frauen Asyl beanspruchen, die aufgrund eines gelebten "westlich" orientierten Lebensstils bei Rückkehr in ihren Herkunftsstaat verfolgt würden (vgl. etwa VwGH vom 28. Mai 2014, Ra 2014/20/0017- 0018, mwN). Gemeint ist damit eine von ihnen angenommene Lebensweise, in der die Anerkennung, die Inanspruchnahme oder die Ausübung ihrer Grundrechte zum Ausdruck kommt. Voraussetzung ist, dass diese Lebensführung zu einem solch wesentlichen Bestandteil der Identität der Frauen geworden ist, dass von ihnen nicht erwartet werden kann, dieses Verhalten im Heimatland zu unterdrücken, um einer drohenden Verfolgung wegen Nichtbeachtung der herrschenden politischen und/oder religiösen Normen zu entgehen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass diese Verfolgung vom Heimatstaat ausgeht. Auch eine private Verfolgung kann insoweit maßgeblich sein, als der Heimatstaat nicht gewillt oder in der Lage ist, Schutz vor solcher Verfolgung zu gewähren (vgl. dazu insb. VwGH Ra 2016/18/0388 vom 22.03.2017).
Im gegenständlichen Fall führte das Ermittlungsverfahren zu dem Ergebnis, dass die Zweitbeschwerdeführerin keinen "westlichen", selbstbestimmen Lebensstil pflegt und auch eine entsprechende innere Wertehaltung nicht glaubhaft gemacht hat; auch bei der Viertbeschwerdeführerin war Derartiges nicht anzunehmen (vgl. dazu die Ausführungen in der Beweiswürdigung). Auf Basis der aktuellen Lebensweise der weiblichen Beschwerdeführerinnen ergibt sich vor dem Hintergrund der Situation in urbanen Gebieten nicht, dass die Lebensweise einen Verfolgung auslösenden Bruch mit den vorherrschenden Normen darstellt. Eine eine derartige Lebensweise, die bereits Bestandteil der Identität der jeweiligen Beschwerdeführerin geworden wäre, ist nicht hervorgekommen und wurde nicht glaubhaft gemacht.
Infolgedessen verletzen die Zweit- und Viertbeschwerdeführerin mit ihrer Lebensweise die herrschenden sozialen Normen in Afghanistan, jedenfalls in urbanen Zentren, nicht in einem Ausmaß, dass ihnen bei einer Rückkehr (unter Beibehaltung des Lebensstils, insb. Schulbesuch, grundlegende Bildung, kleinstmöglicher sozialer Bewegungsradius) Verfolgung iSd Genfer Flüchtlingskonvention drohen würde. Soweit in Afghanistan vorherrschende Kleidungsvorschriften in Kalkül zu ziehen sind, kam im Verfahren nicht hervor, dass ihre Bekleidungsgewohnheiten Teil ihrer Identitäten geworden sind.
Eine Verfolgungsgefahr ist zudem nur dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0132). Im konkreten Fall gab es keine Anhaltspunkte dafür, dass (abstrakt mögliche) alters- und geschlechtsspezifische Gefährdungen in den Personen der minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer bestehen oder sich in ihrer Person verdichten, sodass die Verwirklichung solcher nicht maßgeblich wahrscheinlich ist. Insgesamt konnte in Bezug auf sie keine Verfolgung glaubhaft gemacht werden.
Im Verfahren haben sich auch sonst keine Anhaltspunkte ergeben, die eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen im Herkunftsstaat für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen ließen:
Die allgemeine Lage in Afghanistan ist nicht dergestalt, dass bereits jedem, der sich dort aufhält, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden müsste (vgl. etwa AsylGH 07.06.2011, C1 411.358-1/2010/15E, sowie den diesbezüglichen Beschluss des VfGH vom 19.09.2011, Zahl U 1500/11-6 u.v.a.) und wurde Derartiges seitens der Beschwerdeführer auch nicht behauptet.
Auch aus der wirtschaftlich schlechten Lage in Afghanistan lässt sich für die Beschwerdeführer eine Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten nicht herleiten: Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation stellt nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar (vgl. etwa VwGH vom 14.3.1995, 94/20/0798; 17.6.1993, 92/01/1081). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. etwa VwGH 9.5.1996, 95/20/0161; 30.4.1997, 95/01/0529, 8.9.1999, 98/01/0614). Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur erkennt, reicht auch der Verlust (oder die Schwierigkeit der Beschaffung) eines Arbeitsplatzes nicht aus, eine Asylgewährung zu begründen, solange damit nicht eine ernsthafte Bedrohung der Lebensgrundlage verbunden ist (VwGH 19.06.1997, 95/20/0482; vgl. 28.05.1994, 94/20/0034). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist eine Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt - nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung - zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist.
Da es den Beschwerdeführern nicht gelungen ist, asylrelevante Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen, waren die Beschwerden gegen Spruchpunkte I. der angefochtenen Bescheide gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.
Zum Familienverfahren:
Im gegenständlichen Fall liegt ein Familienverfahren gem. § 34 AsylG vor.
Im vorliegenden Fall wurde weder keinem der Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Mangels Zuerkennung dieses Status an ein anderes Familienmitglied kommt auch für das jeweils andere Familienmitglied aufgrund des vorliegenden Familienverfahrens eine entsprechende Zuerkennung nicht in Betracht.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
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