B-VG Art. 133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W206.1419487.2.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Alexandra Schrefler-König über die Beschwerde des XXXX, Staatsangehöriger von Somalia, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.11.2013, Zl. 1102.194-BAG, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF (Asylgesetz) als unbegründet a b g e w i e s e n.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Somalias, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 07.03.2011 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei der am Tag der Antragstellung gemäß § 19 AsylG 2005 durchgeführten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der nunmehrige Beschwerdeführer zu Protokoll, in Mogadischu geboren worden zu sein und bis zu seiner Ausreise auch dort gelebt zu haben. Er gehöre dem Volksstamm der Ashraf an und habe sich seit 2004 als Verkäufer im Textilgeschäft seines Vaters verdingt. Er habe Somalia am 05.03.2011 schlepperunterstützt mit einem Flugzeug verlassen und sei nach einmaligem Umsteigen in einem ihm unbekannten Land angekommen, von wo aus er sich mittels Taxis und Zuges nach Österreich begeben habe. Bezüglich seiner Fluchtgründe hielt der der Beschwerdeführer fest, von Al Shabaab im Jänner 2011 aufgefordert worden zu sein, für sie zu kämpfen. Er sei von Angehörigen dieser Organisation zu Hause aufgesucht, verschleppt und ca. 24 Tage lang gefangen gehalten worden. Während eines von Regierungstruppen ausgehenden Angriffs auf das Quartier sei dem Beschwerdeführer gemeinsam mit drei anderen Männern die Flucht gelungen. Sein Elternhaus sei allerdings verwaist gewesen und habe man ihm erzählt, dass seine Verwandten an einen 13 km von Mogadischu entfernten Ort geflüchtet wären. Der Beschwerdeführer habe sich bei einem Mann XXXX versteckt gehalten und mit diesem gemeinsam auch das Geschäft seiner Eltern verkauft. Mit dem eingenommenen Geld habe der Beschwerdeführer, XXXX, seine Ausreise aus Somalia organisiert und finanziert.
Am 19.04.2011 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Dabei wurde er eingangs zu seinen geografischen Kenntnissen seinen Heimatbezirk betreffend sowie zu seiner Volksgruppenzugehörigkeit befragt. Ebenso wurde der Genannte aufgefordert, nähere Angaben zu seinen familiären Verhältnissen, insbesondere zu seiner Eheschließung zu tätigen, Nach einer Befragung zu seinem Reiseweg gab der nunmehrige Beschwerdeführer bezüglich seiner Fluchtgründe zu Protokoll, von Al Shabaab zur Durchführung von Selbstmordanschlägen aufgefordert worden zu sein. Er schilderte über Aufforderung die genauen Abläufe seiner Festnahme und seiner Anhaltung. Der Beschwerdeführer betonte, keine Rechte zu haben. Sein Stamm würde verachtet, überfallen und umgebracht, sein Vater, mit dem der Beschwerdeführer gemeinsam ein Geschäft betrieben habe, und er hätten immer wieder flüchten müssen, seien aber wieder in ihren Laden zurückgekehrt.
2. Mit Bescheid vom 29.04.2011, Zl. 1102.194-BAG, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom Bundesasylamt bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abgewiesen und ihm der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Auf Basis dieser Entscheidung erhielt der Genannte auch eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung. Begründend führte die belangte Behörde im Zusammenhang mit der abweisenden Asylentscheidung (Spruchpunkt I.) aus, dass der Beschwerdeführer den Eindruck erweckt hätte, im Zusammenhang mit seinen Fluchtgründen eine bloße Rahmengeschichte präsentiert zu haben. Die Erteilung subsidiären Schutzes wurde auf die instabile Sicherheits- und Menschenrechtslage in Somalia gestützt.
3. Der Asylgerichtshof gab der gegen Spruchpunkt I. fristgerecht erhobenen Beschwerde mit Erkenntnis vom 27.04.2012, Zl. A5 419.487-1/2011/7E, statt und verwies die Angelegenheit gemäß § 66 Abs.2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück. Begründend führte der Asylgerichtshof aus, dass sich das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde als insoferne mangelhaft darstelle, als keine Auseinandersetzung mit dem Thema der Zwangsrekrutierungen sowie mit dem (Nicht)Bestehen von Schutzmöglichkeiten erfolgt sei. Die Ausführungen des Beschwerdeführers zu seiner angeblichen Festnahme und Anhaltung hätten sich entgegen der Annahme der belangten Behörde als detailliert erwiesen.
4. Im Zuge des fortgesetzten Verfahrens veranlasste das Bundesasylamt die Durchführung einer Sprachanalyse. Mit Bericht des Instituts "Sprakab" vom 11.07.2013 wurde zusammengefasst festgehalten, dass der sprachliche Hintergrund des Beschwerdeführers mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in der Region Mogadischu im südlichen Somalia gelegen sei. Auch weise der Betroffene größtenteils korrekte Kenntnisse zu dem von ihm als Herkunftsort bezeichneten Bezirks auf. Weiters schaffte das Bundesasylamt im Wege der Staatendokumentation Informationen zur Lage der Ashraf bei.
Im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme, die am 14.11.2013 stattfand, wurde der Beschwerdeführer mit den Ergebnissen der Beweisaufnahme konfrontiert bzw. zur Lebensweise der Ashraf befragt. Dazu gab der Genannte zu Protokoll, dem Unterclan der Hassan anzugehören. Er verwies darauf, dass seine Stammesangehörigen in ganz Somalia verstreut lebten. Über Nachfrage führte der Beschwerdeführer aus, am 15.01.2011 abends mitgenommen worden zu sein, nachdem er von der Arbeit gekommen wäre. Er sei mit einem Bombengürtel ausgestattet worden, hätte aber keinen Auftrag erhalten, wie damit umzugehen sei. Aufgrund einer Auseinandersetzung im Ort sei es dem Beschwerdeführer gelungen, zu entkommen
5. Dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass sich die Angaben zur Clanzugehörigkeit infolge mangelnden Detailwissens als nicht glaubhaft erwiesen hätten. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer diese Volksgruppenzugehörigkeit nur deshalb ins Treffen geführt habe, um damit seinem Vorbringen mehr Substanz zu verleihen. Auch sein sonstiges Detailwissen zu seiner angeblichen Wohngegend in Mogadischu sei mangelhaft gewesen, so dass sich der Eindruck ergeben hätte, dass er zwar aus Mogadischu stamme, dort aber schon länger nicht mehr aufhältig gewesen sei. Seine Angaben zur Rekrutierung durch die Islamisten seien vage und allgemein geblieben, so dass nicht davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer das Geschilderte tatsächlich selbst erlebt habe. In diesem Zusammenhang legte die belangte Behörde die konkreten Aussagen des Beschwerdeführers im Detail dar. Dabei wurde insbesondere betont, dass es nicht glaubhaft wäre, dass Menschen von der Straße weg aufgefordert würden, Selbstmordanschläge durchzuführen, ohne entsprechend indoktriniert zu werden. Zwar habe der Beschwerdeführer in weiterer Folge von einer Manipulation gesprochen, sei jedoch nicht imstande gewesen, dazu nähere und schlüssige Ausführungen zu tätigen. Ergänzend wies das Bundesasylamt auf die dem Bescheid zugrunde gelegten Feststellungen zur aktuellen Lage in Mogadischu hin, denen zufolge nach dem Abzug der Al Shabaab im August 2011 keine aktuelle Bedrohungsgefahr mehr bestünde.
6. Der Beschwerdeführer bekämpfte diese Entscheidung fristgerecht mittels Beschwerde und monierte deren inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung, Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften. So wurde eingewendet, dass die Zahl der Zwangsrekrutierungen zwar abgenommen habe, es aber seitens der Übergangsregierung gegen Übergriffe der Al Shabaab keinen effektiven Schutz gäbe. Weiters wurden allgemeine Berichte über den Clan der Ashraf zitiert und auf deren Benachteiligungen in der somalischen Gesellschaft. Entgegen der Annahme der belangten Behörde hätte der Beschwerdeführer sämtliche Subclans der Ashraf aufgezählt und über Nachfrage auch jederzeit weitere Detailinformationen über Dialekte und Aufenthaltsorte geben können. Die Schlüsse, die die belangte Behörde in Bezug auf die Volksgruppenzugehörigkeit sowie auf einige der geografischen Kenntnisse des Beschwerdeführers gezogen hätten, seien falsch und zeigten die Mangelhaftigkeit der Ermittlungen. Zusammengefasst wäre dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, da seine Weigerung, sich den Al Shabaab anzuschließen bzw. die Gefahr einer Zwangsrekrutierung politische und religiöse Wurzeln hätte und er aus diesen Gründen einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und ist somalischer Staatsangehöriger. Aufgrund der Ergebnisse der Sprachanalyse wird festgestellt, dass er aus dem Süden Somalias, konkret aus Mogadischu stammt. Die Clanzugehörigkeit zu den Ashraf kann nicht festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer lebt auf Basis einer befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter in Österreich.
Die vom Beschwerdeführer angegebenen Fluchtgründe (Zwangsrekrutierung durch die Islamistengruppe Al Shabaab) können dem Sachverhalt in Ermangelung der Glaubhaftmachung nicht zugrundgelegt werden. Auf Grundlage der sich aus der angefochtenen Entscheidung ergebenden Länderfeststellungen ist zudem festzustellen, dass sich die Lage in Mogadischu in Bezug auf Zwangsrekrutierungen durch Al Shabaab wesentlich geändert hat, so dass auch unter diesem Blickwinkel eine Asylrelevanz nicht konstatiert werden kann. Es kann im Ergebnis nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat einer aktuellen den Tatbeständen der GFK entsprechenden Verfolgungsgefahr ausgesetzt ist.
2. Zur Lage im Herkunftsstaat
Die von der belangten Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihr in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Die belangte Behörde hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie des Umstandes, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
3. Beweiswürdigung
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des BF, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist:
Der Beschwerdeführer hatte sowohl im ersten als auch im zweiten Verfahrensgang ausreichend Gelegenheit sich zu seinen Fluchtgründen zu äußern und hat dabei im Kern gleichlautend von einer Zwangsrekrutierung durch Al Shabaab gesprochen. Im Rahmen der Detailbefragung zu den konkreten Abläufen und Geschehnissen war der Genannte allerdings nicht imstande, nachvollziehbare und vor allem in die Tiefe gehende Angaben zu tätigen. Insbesondere im fortgesetzten Verfahren ist der Eindruck entstanden, dass der Beschwerdeführer sein Vorbringen gesteigert hat, in dem er vom Tragen eines Bombengürtels sprach, ohne aber konkret angeben zu können, zu welchem genauen Zweck und mit welchen Instruktionen im Hintergrund er diesen getragen hat.
Es ist daher der belangten Behörde darin beizupflichten, wenn sie -unter konkreter Darstellung der relevanten Aussagen des Beschwerdeführers im angefochtenen Bescheid - davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer eine Rahmengeschichte präsentiert hat, ohne das Geschilderte in dieser Form tatsächlich selbst erlebt zu haben.
Unabhängig von der Frage des Wahrheitsgehalts der Ausführungen des Beschwerdeführers erachtet die belangte Behörde aber die Angaben zutreffender Weise auch deshalb nicht als asylrelevant, da sich aus den der Entscheidung zugrunde gelegten Länderberichten eine Verbesserung der Sicherheitslage in Mogadischu durch den Abzug der Al Shabaab ergibt. Dem ist der Beschwerdeführer nicht substantiell entgegen getreten. Vielmehr räumt er in seiner Beschwerde selbst ein, dass es zu einer Abnahme der Zwangsrekrutierungen gekommen sei, vermeint allerdings, dass sie dennoch weiterhin stattfinden würden. Dazu ist allerdings festzuhalten, dass eine bloß allgemein bestehende Möglichkeit, Opfer von Übergriffen zu werden, nicht ausreicht, einen asylrelevanten Sachverhalt zu begründen. Eine individuell gegen seine Person aus Gründen der GFK bestehende Verfolgungsgefahr vermochte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft zu machen. Soweit der Genannte seine Volksgruppenzugehörigkeit ins Treffen führt, ist festzuhalten, dass diese (selbst im Fall des Zutreffens) im Zusammenhang mit einer Zwangsrekrutierung durch die Islamisten keine Rolle spielt, zumal diese nach dem Amtswissen stets ohne Rücksicht auf Herkunft, Geschlecht oder Clanzugehörigkeit erfolgte. Andere aus der Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe resultierenden Probleme hat der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht. In diesem Zusammenhang ergibt sich aus der Aktenlage vielmehr, dass der Genannte eine mehrjährige Schulausbildung genossen und mit seinem Vater eigenen Angaben zufolge ein Geschäft geführt hat.
4. Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung der nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichterin.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.
Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG, BGBl. I Nr. 68/2013 iVm § 24 Abs. 4 VwGVG kann eine mündliche Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Dies ist hier der Fall. Dem angefochtenen Bescheid ist ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch das Bundesasylamt vorangegangen. Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht durch detaillierte Befragung sowie mehrmalige Belehrung des BF über seine Mitwirkungspflichten nachgekommen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung des Bundesasylamtes festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt in konkreter und substanziierter Weise behauptet. Aufgrund dieser Erwägungen hätte eine mündliche Erörterung vor dem Bundesverwaltungsreicht eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lassen; vielmehr erwies sich die Sache als im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 Abs. 4 VwGVG entscheidungsreif, weshalb von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte. Ein Entfall der Verhandlung steht weder Art 6. Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 2010/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegen (vgl hierzu auch VfGH U 466/11 vom 14.3.2012).
Zu Spruchpunkt A)
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.
Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor,
wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318;
09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN;
19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131;
25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).
Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten
solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).
Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).
Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).
Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
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