AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs4
BFA-VG §18
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:W196.2218435.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX StA. Ukraine, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.03.2019, Zl. 1216108610-181242619, zu Recht erkannt:
A.)
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 AsylG 2005 abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und XXXX alias XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine zuerkannt.
III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXX alias XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte für die Dauer von einem Jahr erteilt.
IV. Die übrigen Spruchpunkte III bis VII. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.
B.)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.03.2019, Zl. 1216108501-181242627 zu Recht erkannt:
A.)
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 AsylG 2005 abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und XXXX alias XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine zuerkannt.
III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXX alias XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte für die Dauer von einem Jahr erteilt.
IV. Die übrigen Spruchpunkte III bis VII. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.
B.)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Verfahrensgang:
Die Erstbeschwerdeführerin ist ukrainische Staatsangehörige und Mutter der Zweitbeschwerdeführerin. Die Erstbeschwerdeführerin stellte am 28.12.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet. Sie gab im Zuge ihrer Erstbefragung am selben Tag dazu an, dass ihr Leben in der Ukraine in Gefahr sei und sie Mitglied von Organisationen sei die der Korruption, der Willkür des ukrainischen Beamtenapparates und der Mafia den Kampf angesagt hätten. Sie und ihre Tochter würden seit Jahren bedroht und man habe auch versucht ihre Tochter zu entführen. Auch ihr Sohn XXXX sei vor drei Jahren entführt worden und sie wisse seither nicht wo er sich befinde.Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme bei Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 08.03.2019 brachte sie zusammengefasst vor, sie sei 1978 in der Nähe von Kiew geboren worden, gehöre der islamischen Religionsgemeinschaft an und habe zehn Jahre lang die Schule und fünf Jahre lang die Universität besucht. Von 1999 bis 2000 hätte sie ein Unternehmen für Bekleidung gehabt. 2010 habe sie nach islamischen Recht den Vater ihrer beiden Kinder geheiratet. Seit vielen Jahren wisse sie aber nicht mehr wo dieser sich aufhält. Sie habe sich scheiden lassen als sie mit ihrer Tochter schwanger war.
Sie habe sich 2018 spontan dazu entschlossen die Ukraine zu verlassen. Ihr Sohn befinde sich nach wie vor in der Ukraine. Sie wisse aber nicht wo er sich befinde, da er 2016 aus einem Kloster entführt worden sei. Vor 18 Jahren hätten ihre Verwandten ihr Geld gestohlen und jetzt habe sie keinen Kontakt mehr zu diesen Personen. Ihre letzte Wohnung sei ein Haus auf Rädern gewesen das auf einem eigenen Grundstück gestanden wäre.
Sie habe sich in der Heimat mit Politik beschäftigt bei der Bürgerorganisation „Male Kolo“. Die Ausweise sein ihr gestohlen worden.
Die Heimat habe sie verlassen da sie seit vierzehn Jahren wegen ihrer bürgerlichen Position und wegen ihrer Religion verfolgt werde. Privatpersonen hätten versucht ihren Kindern einen anderen Glauben beizubringen. Sie sei überwacht und bestohlen worden. Die Polizei habe nach ihrer Tochter gesucht, aber sie habe die Tochter versteckt. Ihre Kinder seien öfters entführt worden und die Polizei habe sie immer wieder nach Hause gebracht.
Wenn sie in ihre Heimat zurückkehren müsste, habe sie ein Strafverfahren wegen Diebstahls zu erwarten, dabei sei ja eigentlich sie bestohlen worden und so fürchte sie die Polizei.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 21.03.2019 wies das BFA den Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine (Spruchpunkt II.) ab. Das BFA erteilte der Erstbeschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass ihre Abschiebung in die Ukraine zulässig sei (Spruchpunkt V.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht erteilt (Spruchpunkt VI.). Einer Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).
Begründend führte das BFA im Wesentlichen aus, dass das Vorbringen zu den Fluchtgründen, weder glaubhaft noch asylrelevant sei. Eine konkrete Bedrohung oder Gefährdung konnte nicht festgestellt werden, sondern wurde als Sachverhalt angenommen, dass die Erstbeschwerdeführerin die Ukraine aus rein wirtschaftlichen Gründen verlassen hat um in Österreich für sich und für ihre Tochter - der Zweitbeschwerdeführerin – die Lebenssituation zu verbessern. Die Ukraine sei ein sicherer Herkunftsstaat. Auch bei einer Rückkehr in ihre Heimat sei nicht von einer Gefährdung ihrer Person auszugehen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Erstbeschwerdeführerin durch ihren Bevollmächtigten für sich und ihre Tochter fristgerecht sowie vollumfänglich Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass die Abschiebung der Erstbeschwerdeführerin und ihrer Tochter in ihren Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK darstelle. Sie bekämpfe alle Spruchpunkte des Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Während sie wegen einer Gehirnentzündung erkrankt war, habe sie die Obsorge über ihre Kinder einer Sekretärin eines Klosters überlassen. Danach habe sie ihren Sohn aber nicht mehr zurückbekommen und auch die Polizei habe ihr nicht geholfen ihn zu finden. Er sei entführt worden. Danach habe sie mit ihrer Tochter in einem Wohnmobil gelebt und sich mit einem Mann namens XXXX angefreundet, der sie allerdings versuchte zu vergewaltigen. Nachdem sie diesen Herrn bei der Polizei angezeigt hatte, wurde sie von ihm verfolgt und konnte sich in der ganzen Ukraine nicht mehr sicher fühlen, weil es sich um einen ehemaligen Oberstleutnant gehandelt habe. Sie habe sich überdies bei der Organisation Male Kolo politisch engagiert. Sie gehe davon aus, dass sie in der Ukraine keinen effektiven staatlichen Schutz wegen all dieser Bedrohungen bekomme.
Für die Zweitbeschwerdeführerin brachte die Erstbeschwerdeführerin keine eigenen Fluchtgründe vor. Sie gab an, dass die Polizei versucht habe ihre Tochter zu entführen.
Mit Beschluss vom 05.03.2021 wurden die Verfahren der Erstbeschwerdeführerin und ihrer Tochter gem. §24 Abs1 AsylG 2005 eingestellt, da der Aufenhaltsort der Beschwerdeführerinnen nicht ermittelt werden konnte.
Mit Beschluss des BG Neunkirchen vom 25.06.2022 wurde in der Pflegschaftssache betreffend die Erstbeschwerdeführerin XXXX als Rechtsbeistand bestellt, da zum Wohl der Erstbeschwerdeführerin im Verfahren des BG Badens, das von der Kinder- und Jugendhilfe zur Erlangung der Obsorge über die Zweitbeschwerdeführerin beantragt wurde, ein einstweiliger Erwachsenenvertreter in diesem Verfahren zu bestellen war.
Mit Verfahrensanordnung vom 29.06.2022 wurden die Verfahren der Erstbeschwerdeführerin und ihrer Tochter fortgesetzt.
Die Obsorge über die Zweitbeschwerdeführerin die sich bei einer Pflegefamilie befindet wurde nach Auskunft der BH Neunkirchen in der Ukraine dem Großvater übertragen, der diese an die, sich in Österreich befindliche Großmutter des Mädchens übertragen hat.
Am 11.10.2022 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt.
……..
R: Sie haben um Asyl in Österreich angesucht.
BF: Ja, im Jahr 2018.
R: Wegen dieses Asylverfahrens will ich Sie fragen, wieso Sie Ukraine verlassen haben, warum können Sie dort nicht sein?
BF: Ich möchte kurz etwas sagen für den Anfang. Ich stehe hier in Österreich unter ständigen Stress wegen meiner familiären Situation, ich meine in Bezug auf meine Kinder. Deswegen habe ich Probleme mit dem Gedächtnis, es kann sein, dass ich etwas vergesse. Das bezieht sich auf meine Familie und meine Arbeit. Ich habe jetzt auch keine technischen Mittel, um die restlichen Beweise auszudrucken. Ich möchte sagen, dass der Grund für die Einreichung des politischen Asyls die Verfolgungen meiner Person war.
R: Verstehen Sie Deutsch?
BF: Ich meine nur das, was man braucht, wenn man wohin fährt oder braucht. Weil ich unter großem Stress stehe, habe ich Gedächtnisprobleme. Meine Familie wurde verfolgt. Ich möchte nur einen Satz sagen, inwiefern wir verfolgt wurden. Das war die Schaffung der Bedingungen unter denen eine Persönlichkeit nicht existieren und funktionieren kann und zwar physisch, emotional und psychisch, deswegen ist die Verfolgung meiner Person eine politische Verfolgung. Es gab direkte Drohungen und das ist ein Level von Straßenhooligans. Dass was meine Familie erlebt hat, ist ein komplexer Angriff, der hat 17 Jahre lang gedauert.
Ich werde gleich beginnen, über die politische Verfolgung zu sprechen. Im Jahr 2010 bekam ich Dokumente, diese Dokumente haben einen Plan der Vernichtung für die Ukraine beschrieben. In allen Bereichen wie z.B. Kultur- oder wirtschaftlichem Bereich usw. Als ich diese Dokumente gelesen habe, habe ich versucht, die Dokumente an meine Freunde zu schicken. Danach hörte SKYPE zu funktionieren auf und dann hat man mir das Skype überhaupt gesperrt. Es hat sich so ergeben, dass ich die Dokumente bekommen habe. Damals wurde mir die Funktion der Leiterin der Abteilung für experimentelle Projekte vorgeschlagen, das ist eine Struktur vom Ministerium. Sie hat alle Standards für die Bauindustrie erarbeitet. Als ich dort hinkam, habe ich viele Merkwürdigkeiten bemerkt. Ich habe im Internet meine ehemaligen Kollegen in der ganzen ehemaligen Sowjetunion gesucht und ich habe klären können, dass die Merkwürdigkeiten alle meine ehemaligen Kollegen in der UDSSR betroffen haben. Ich habe begonnen, mich dafür zu interessieren und dann hatte ich einige Dokumente gefunden, diese Pläne haben die damalige Situation beschrieben, das heißt diese Situation wurde geplant und durchgeführt.
R: Welche Situation ist das jetzt?
BF: Ich hatte einen Sohn. In der Ukraine gibt es verpflichtende Impfungen. Als er diese Impfungen bekommen hat, hat er sich psychisch und physisch nicht gut gefühlt. Ich habe dann mit Ärzten und Psychologen gesprochen. Viele Leute haben bestätigt, dass die Impfungen, die auf den ukrainischen Markt kamen, schädliche Komponenten haben. Die Kinder haben danach psychische Schwierigkeiten gehabt, das hat mir der Psychologe bestätigt. Was den Beruf anbelangt, alle Professionalsten haben sich beschwert, dass diese Leute, die ihre Vorgesetzten sind, absolut unfähig sind und die fähigen Leute werden weggeschickt. Die Leute, die nichts getaugt haben, haben die Professionalsten weggeschickt. Außerdem gab es geplante Handlungen, zwecks der Vernichtung des staatlichen Unternehmens. Es wurden ungesetzlich Fachleute gekündigt, es war so, dass man konkrete Gebäude bankrott gemacht hat, die Leute wurden dort gekündigt und die Gebäude wurden dann verpachtet. Es gab ungesetzliche Verkäufe und irgendwer hat davon profitiert.
R: Wo genau war das?
BF: Das war in Kiew. Ich weiß auch, wie ein Zuckerverarbeitungsbetrieb in der Ukraine vernichtet wurde. Außerdem, als ich diese hohe Funktion hatte, da war ich die erste Person nach dem Direktorenrat in dieser Einrichtung. Ich war oft bei Verhandlungen dabei, über die staatlichen Bestellungen. Ich habe gesehen, dass die Summe, die von der Leitung unseres Institutes angefragt werden, die Marktpreise mehr als das zehn fache überstiegen hat.
R: Was ist Ihr Problem gewesen in diesem Zusammenhang?
BF: Mein Problem war, dass ich aus dem Institut entlassen worden bin und mein Projekt haben andere Leute benutzt. Ich wurde ungesetzlich gekündigt. Was weiter passiert ist, ich bin seit 17 Jahren eine alleinstehende Mutter, unabhängig von den Gründen, habe ich keine Beihilfen bekommen. Das war ungesetzlich, aber ich konnte nichts dagegen tun. Ich habe auch kein Arbeitslosengeld bekommen, als ich ohne Arbeit war. Binnen diesen 17 Jahren wurde nur ein Antrag von mir überprüft und das war vor 11 Jahren. Seitdem wurden die vielen kriminellen Handlungen, in Bezug auf meine Person nicht überprüft, es hat sich keiner damit beschäftigt. Ich bin eine Teilnehmerin von MAIDAN 2014. Dort habe ich den Kommandanten von MAIDAN kennengelernt, er ist auch der Leiter der euroasiatischen Assoziation, er heißt XXXX . Er hat mich nach meinem Familiennamen gefragt und als er diesen Familiennamen gehört hat, hat er nur eine Frage gestellt: „Hast du die Seite der gesellschaftlichen Zivilkontrolle geschalten?“ Ich war verwundert, weil ich meine Arbeit an der Webseite nicht fertigmachen konnte, ich konnte diese Webseite auch nicht veröffentlichen und er war auch nicht registriert. Diese Webseite war auch nicht in Departement für intellektuelles Eigentum registriert. Er hat mir mitgeteilt, dass ich für mich ernsthaft RSBU interessiert, er hat mir auch mitgeteilt, dass ich ein Feind des Systems bin. Damals habe ich nicht verstanden, was er meint. Später, als ich versucht habe, meine kommerziellen Projekte durchzuführen, habe ich konkrete Gespräche mit dem Vertreter der Partei UKROP, es hat früher so eine Organisation gegeben, nach dem MAIDAN. Wir haben ein halbes Jahr Gespräche über die Investitionen und über die gemeinsame Zusammenarbeit geführt und als ich dorthin kam, um einen Vertrag abzuschließen, hat man mir gesagt, dass es zu einer ungesetzlichen Besetzung eines vier stöckigen Gebäudes gekommen ist. Alle Leute wurden von dort weggebracht und das Gebäude war besetzt. Deswegen konnten wir keinen Vertrag abschließen und es kam zu keinem Ergebnis, obwohl wir 6 Monate lang die Verhandlungen miteinander führten. Ich habe, abgesehen davon, Verhandlungen mit dem Sheikh der Ukraine, er heißt XXXX , ich kenne ihn seit über 13 Jahre. Er hatte auch ein großes Interesse in Bezug auf dieses Projekt. Es war so, dass er laut den gesetzten selbst die Gebäude nicht kaufen konnte, aber er konnte den Leuten dort die Unterkunft geben. Es handelt sich um die Leute, die zu Ramadan dorthin gekommen sind. Ich habe ein Projekt gehabt, Häuser auf Räder, das hat keine Bewilligungen gebraucht. Nach den Gesprächen hat er mich gebeten, dass ich ihm einen Geschäftsvorschlag übermittle. Ich habe es mehrmals an ihn geschickt, aber er hat es kein einziges Mal bekommen. Letztendlich haben wir uns gegenseitig angeschaut und jeder dachte von dem anderen, dass er bisschen verrückt ist. Danach führten wir keine Gespräche mehr. Es war so, dass mein Post kontrolliert wurde und mir auch das Post weggenommen wurde. Es war so, dass z.B. Spaminformationen mich sehr wohl erreicht haben, aber nicht die wichtigen Infos. Es ist so, dass eine Person eine Telefonnummer dazwischen geschaltet hatte, sodass ich für gewisse Gespräche nicht erreichbar war und ich auch niemanden erreichen konnte. Somit kam es zum Abbruch der Geschäfts- und Sozialkontakte. Es ist so, dass das größte Druckmittel meine Kinder waren. Man hat versucht, meine Kinder zu entführen. Mein Sohn wurde schon vor 7 Jahren entführt, er heißt XXXX . Meine Anwältin hat auch dieses Schreiben, das ist, dass ich mich an die Polizei gewandt habe. Ob ich mein Kind finde, was mit meinem Kind passiert ist. Das ist auch der Antrag vom Jugendamt, dort steht, dass ich keine Informationen in Bezug meiner Familie verfüge.
R: Welche Kinder wurden in der Ukraine entführt?
BF: Zuerst wurde XXXX vor 7 Jahren in der Ukraine entführt. Maria wurde mehrmals entführt und mehrmals zurückgebracht. Das waren Zivilorganisationen, die sich mit Kinderentführungen beschäftigt haben. Ich habe eine Anwältin beauftragt, sie heißt XXXX . Ich kam ins Krankenhaus, sie wurde mittlerweile meine Freundin, ich habe sie gebeten, während meines Spitalaufenthalts, sich um meine Tochter zu kümmern. Aber als ich das Krankenhaus verlassen haben, habe ich meine Freundin angerufen und ich habe ihr über die Situation erzählt. Ich habe ihr gesagt, dass meine Kinder entführt wurden, aber sie hat mir nicht geglaubt. Sie hat mir zwei Kontaktdaten gegeben, die sich mit Kinderentführungen beschäftigt haben. XXXX hat mir mitgeteilt, dass sie die XXXX dorthin gebracht hat, um eislaufen zu gehen, in einem Einkaufszentrum. Ich habe nicht geglaubt, das was man mir gesagt hat. Deswegen habe ich die Frauen gebeten, sich nicht einzumischen. Als ich gesagt habe, dass ich XXXX mitnehme, hat XXXX begonnen zu schreien, dass XXXX ihre Tochter ist. Die eine Frau heißt XXXX , die Frauen arbeiten in Kiew. Ich kann nachschauen am Telefon, wie die andere Frau heißt. Sie arbeitet als Designerin und hilft XXXX bei dieser Organisation, weil ihre Kinder auch entführt wurden. Diese Organisation hilft Kinder zu finden und den Müttern zurückzugeben. Ich habe schon gesagt, dass eine große Anzahl von Straftaten in Bezug auf mich und meine Kinder passiert, das dauerte viele Jahre lang. Meine Tochter kriegt keinen Pass und mein Pass geht bei der Ukraine nicht durch. Obwohl ich einen Arzt habe, konnte ich meine Tochter dort nicht registrieren. Es hat nur eine Karte in Papierform gegeben, aber elektronisch kamen wir nicht rein. Das sind die Folgen, ich kann nur sagen, dass ich bei zwei Zivilorganisationen dabei war. Diese Organisationen kämpften gegen die Korruption in der Ukraine. Ich hatte Dokumente, mit denen ich den Eintritt zu jedem beliebigen Office hatte.
R: Haben Sie von diesen Organisationen Dokumente dabei?
BF: Alle Dokumente wurden mir gestohlen. Mein Facebook wurde auch vernichtet. Ich lebe nicht in der Ukraine seit 2018, 2018 gab es noch diese zwei Organisationen. NARODNIJ Kontrolle und solidarische Kontrolle.
R: Waren Sie seit 2018 nicht in der Ukraine?
BF: Mein Kind ist frühzeitig geboren. Ich war in Belarus eingesperrt, ich bin dorthin gekommen, um ein Projekt von mir zu verkaufen.
R: Wieso Belarus?
BF: Weil ich von Wien aus Gespräche mit der belarussischen Botschaft geführt habe. Mit dem damaligen Berater für wirtschaftliche Fragen.
R: Sie sind also, obwohl Sie ein Asylverfahren haben in Österreich nach Weißrussland gefahren, um dort etwas zu verkaufen. Ist das richtig?
BF: Ja, das ist korrekt.
R: Waren Sie da schwanger?
BF: Ja.
R: Wo haben Sie das Kind bekommen?
BF: In Belarus, in Minsk.
R: Wieso waren Sie eingesperrt?
BF: Weil das jüngere Kind keine Dokumente für eine Auslandsreise hatte. Es gab nur eine Geburtsurkunde. Belarus gehört nicht mehr zur Europa, die Grenze ist geschlossen, man muss einen Pass haben.
R: Hat das Kind inzwischen einen Reisepass?
BF: Nein, man macht ihr keine Dokumente. Man registriert das Kind nicht, ich kann auch keine Diplome wieder herstellen.
R: Wie sind Sie dann von Weißrussland nach Österreich gekommen?
BF: Ich hatte nur einen Weg, Belarus zu verlassen. Einen Ausreisepass für ein neugeborenes zu machen und in die Ukraine zu fahren, weil sich die Botschaft geweigert hat, die Dokumente auf dem Territorium von Belarus auszustellen.
R: Dann sind Sie direkt nach Kiew gefahren um Dokumente erstellen zu lassen?
BF: In Belarus kam eine falsche Mitteilung, zwei Tage bevor wir das Land verlassen hätte sollen. Dass die Kinder in Gefahr sind und die Kinder ohne Dokumente weggebracht wurden. Man hat mir gesagt, dass es eine Anzeige auf dem Territorium der Ukraine gegeben hat, dass ich meine Kinder verkaufen wollte. Meine jüngere Tochter war damals eineinhalb Monate alt, nur die XXXX war dabei. Man hat mir keine Möglichkeit gegeben, die Kinder zu sehen, ich wusste auch nicht, wo sich meine Kinder befinden. Ich habe mich mehrmals an die Botschaft der Ukraine in Belarus gewendet, aber sie haben nichts gemacht, obwohl ich sie in der Zeit, als die Kinder entführt wurden, angerufen habe und die Botschaft hat mir versprochen zu helfen. Ich habe mich eineinhalb Monate beschwert, auch beim Präsidentenamt, das ist die größte Obrechtigkeitsbehörde. Man wollte mich dazu bringen, dass ich das belarussische Territorium verlasse und man hat mir gedroht, dass sich meine Kinder nie wiedersehen werde. Das hat man mir in der ukrainischen Botschaft gesagt. Ich hatte teilweise noch Aufnahmen als ich nach Österreich kam, aber diese Aufnahmen gehen jetzt nicht mehr auf. Das sind Video und Audioaufnahmen über die Gespräche der Botschaft.
R: Was will die Botschaft mit Ihren Kindern machen?
BF: Warum fragen Sie mich? Das ist ein Druckmittel, damit ich das belarussische Botschaft verlasse. Man hat mir gesagt, ich soll in die Ukraine fahren und nur dort kann ich meine Kinder sehen. Ich wusste nicht einmal, ob meine Kinder leben. Dort habe ich gesehen, dass man mir vorgeworfen hat, dass ich meine Kinder verkaufen wollte.
R: Sie sind dann in die Ukraine gereist, sind dann mit den Kindern nach Österreich eingereist, wie ist es dann gelungen?
BF: Ja, es ist gelungen, weil der Krieg begonnen hat und man konnte ohne Pass ausreisen, damit meine ich mein kleines Kind. Das Kind wurde nämlich nicht für die ärztlichen Leistungen registriert und ich habe keinen Groschen für mein Kind bekommen. Ich wurde allen Rechte in der Ukraine beraubt und existiere dort nicht als Person. Ich habe auch Zeitungsartikel mit über die früheren Ergebnisse der internationalen Arena. Ich und meine Kinder existieren dort nicht. Ich habe das Land im Jahr 2018 verlassen. Ich hatte niemals vor, zurückzukehren.
R: Sie sind dann aber im schwangeren Zustand freiwillig nach Belarus gefahren, während Ihres Asylverfahrens, was sehr unvorsichtig war.
BF: In Österreich befindet sich der Vater meines jüngsten Kindes. Wegen dem Asylverfahren konnten wir nicht heiraten und zusammenleben. Wir wurden ständig in verschiedenen Unterkünften untergebracht. Ich verfüge über ein geistiges Eigentum, was ein großes Wert hat, auf dem internationalen Markt. Es gab Leute, die mein Projekt kaufen wollten, ich hätte meinen Kindern ein würdiges Leben damit sichern können und ich müsste dann nicht auf Kosten der Republik Österreich leben.
R: Wie heißt der Vater vom Kind?
BF: XXXX , er lebt in Österreich. Wir leben jetzt zusammen.
R: Ist er ein Asylwerber?
BF: Ja, er hat vor 9 Jahrne um Asyl angesucht und bis jetzt hat er noch immer nichts bekommen. Er ist aus Pakistan.
R: Wissen Sie vielleicht das Geburtsdatum von ihm?
BF: 1991, ich glaube, dass in seinen Dokumenten 01.01. steht. Ich habe schon erklärt, dass ich 12 Jahre lang einen psychischen Terror ausgesetzt werde und auch meine Kinder. Unser ganzes Vermögen wurde vernichtet Ich kann nicht legal meine jüngere Tochter im System bedienen. Mein Pass geht nicht durch das System durch. Um ein Dokumente für das Kind zu bekommen, muss ich meinen Pass hergeben und die Geburtsurkunde meiner Tochter, aber man hat mir gesagt, dass mein Pass durch dieses System nicht durchgeht. Das heißt, dass es in Bezug auf mich und meine Tochter, die Verfassungsgarantierten Rechte der Ukraine nicht eingehalten werden. Ich bin schwanger nach Belarus gefahren. Mein Kind ist ein Monat zu früh geboren. Mein Pass ist auf dem Territorium der Ukraine und funktioniert dort nicht. Ich kann nur sagen, dass die Rache der Ukraine für meine Veröffentlichungen ist. Ich strebe nicht nach Reichtum, wir haben in XXXX sehr glücklich gelebt.
R an RV: Haben Sie Fragen?
RV: Nein, keine Fragen.
R an BF: Wollen Sie irgendwas vorlegen?
BF legt drei Dokumente vor in Kopie, diese werden als Beilage./1,Beilage./2 und Beilage./3 zum Akt genommen.
2. Feststellungen:
2.1. Zur Person der Beschwerdeführerinnen und ihren Fluchtgründen:
Die Erstbeschwerdeführerin und ihre Tochter die Zweitbeschwerdeführerin sind ukrainische Staatsbürgerinnen muslimischen Glaubens. Ihre Identität steht fest.
Die Erstbeschwerdeführerin ist grundsätzlich gesund und leidet unter keiner lebensbedrohlichen oder schweren psychischen oder physischen Erkrankung. Allerdings machte sie nach Ansicht einer Neurologin einen psychotisch und paranoiden Eindruck. (AS 282)
Festgestellt wird, dass die Erstbeschwerdeführerin ihre Fluchtgründe nicht glaubhaft darstellen konnte.
Festgestellt wird, dass die Zweitbeschwerdeführerin keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht hat. Sie befindet sich derzeit zu ihrem eigenen Schutz in der Obhut der Kinder und Jugendhilfe, vertreten durch die BH Neunkirchen, bzw. einer Pflegefamilie. Ihrer Mutter (der Erstbeschwerdeführerin) wurde bereits in der Ukraine die Obsorge über ihre beiden Töchter und den Sohn entzogen. Diese hat der Großvater der Kinder inne, der sich in der Ukraine aufhält und sie der sich in Österreich aufhältigen Großmutter übertragen hat.
Die Schwester der Zweitbeschwerdeführerin verfügt über einen Aufenthaltstitel nach der Vertriebenen VO.
Die Beschwerdeführerinnen sind unbescholten.
Festgestellt wird, dass für die Beschwerdeführerinnen schon durch die seit 21.02.2022 begonnenen - und prognostiziert - noch länger andauernden Kriegshandlungen aktuell in ihrer gesamten Heimat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art.2.3.EMRK oder 6. Und 13. ZPMRK besteht.
2.2. zur Lage im Herkunftsstaat:
Länderspezifische Anmerkungen
Letzte Änderung: 22.07.2022
WICHTIGER HINWEIS ZUR GÜLTIGKEIT DER LÄNDERINFORMATIONEN:
Aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine am 24.2.2022, der Ausrufung des Kriegsrechts durch die Ukraine und der dortigen kriegerischen Handlungen stellen die Länderinformationen in diesem Produkt der Staatendokumentation die Situation in der Ukraine ausdrücklich nur bis zum 23.2.2022 dar!
Seit 24.2.2022 ist die allgemeine Lage in der Ukraine als volatil zu bezeichnen und wird von der Staatendokumentation einem laufenden Monitoring unterzogen. Sobald relevante Informationen vorliegen, werden diese in die Länderinformationen im COI-CMS eingearbeitet werden.
Es darf auf die allgemeine Bedeutung der UNHCR-Guidelines hingewiesen werden!
Am 3.3.2022 wurde von den Innenministern der EU die Aktivierung der "Massenzustrom-Richtlinie" (Richtlinie über vorübergehenden Schutz) beschlossen. Diese Richtlinie ermöglicht es den EU-Mitgliedstaaten, ukrainischen Kriegsvertriebenen rasch und unbürokratisch eine befristete Aufenthaltserlaubnis innerhalb der EU zu gewähren.
Sollte spezifischer Informationsbedarf bestehen, möge bitte mit der Staatendokumentation Kontakt aufgenommen werden (BFA-Staatendokumentation@bmi.gv.at ).
Informationen zum Kriegszustand mit Russland
Am 24.2.2022 haben russische Streitkräfte die Ukraine angegriffen. Der russische Angriff mit Landtruppen konzentriert sich derzeit auf den Osten und den Süden der Ukraine. Auch im Westen der Ukraine gibt es Kämpfe. Im ganzen Land finden Raketen- und Luftangriffe statt. Die russische Marine greift Ziele an der Küste mit Artillerie und Raketen an (AA 11.5.2022). Die Ukraine hat das Kriegsrecht verhängt (DS 24.2.2022) und dieses mittlerweile bis Ende August 2022 verlängert (President.gov 17.5.2022). Bereits am 23.2.2022 war in der Ukraine der landesweite Ausnahmezustand ausgerufen worden, wodurch Behörden unter anderem weitreichendere Überwachungs- und Kontrollbefugnisse erhalten (DW 24.2.2022). Gemäß UNHCR befinden sich ca. 6 Millionen ukrainische Flüchtlinge in Europa (UNHCR 19.7.2022). Nach Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) beträgt die Anzahl der Binnenvertriebenen innerhalb der Ukraine ca. 6 Millionen (IOM 27.6.2022).
Die folgende Karte stellt die militärische Lage in der (Ost-)Ukraine mit Stand vom 22.7.2022 dar. Eingezeichnet sind auf dieser Karte umkämpfte Orte, russische und ukrainische Militärbewegungen: FAZ 22.7.2022
Die Europäische Union, USA, Kanada, die Schweiz, Großbritannien und weitere Länder haben im Laufe des russischen Angriffskriegs zusehends schärfere Sanktionen gegen Russland verhängt. Die bisherigen Sanktionen umfassen u.a. umfangreiche Handelssanktionen (Import- und Exportverbote), Strafmaßnahmen gegen russische Oligarchen (Einreiseverbote und Einfrieren des Vermögens) sowie einen Teilausschluss aus dem Banken- und Zahlungssystem Swift (Zeit.de 4.4.2022). Die jüngsten Sanktionen der EU verbieten den Import von russischem Gold (Euronews 20.7.2022). Eines der EU-Sanktionspakete verbietet Kohlelieferungen aus Russland und den Handel mit mehreren russischen Banken. Schiffe unter russischer Flagge dürfen in EU-Häfen nicht mehr einlaufen. Russische Staatsangehörige und russische Einrichtungen dürfen an öffentlichen Ausschreibungen in der EU nicht mehr teilnehmen (EK 8.4.2022). Auch die USA beschlossen Sanktionen gegen Russland. U.a. wurden Amerikanern Investitionen in Russland und Technologie-Exporte für die russische Verteidigungsindustrie verboten. Außerdem richten sich die US-Sanktionen gegen mehrere Banken, Oligarchen, gegen Familienangehörige des russischen Präsidenten und des Außenministers sowie gegen Mitglieder des russischen Sicherheitsrats (Guardian 8.5.2022; vgl. Reuters 6.4.2022, Reuters 21.4.2022). Russland wird vorgeworfen, im Krieg gegen die Ukraine schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen gegen die ukrainische Zivilbevölkerung zu begehen (OHCHR 5.7.2022; vgl. HRW 21.4.2022). Westliche Staaten beliefern die Ukraine mit Waffen zur Verteidigung gegen die russischen Angriffe (DW 21.6.2022).
Der ukrainische Luftraum ist gesperrt. Ausreisen sind grundsätzlich auf dem Landweg möglich (AA 11.5.2022). Ukrainischen männlichen Staatsbürgern zwischen 18 und 60 Jahren ist seit der Generalmobilmachung die Ausreise aus der Ukraine untersagt (AA 11.5.2022; vgl. taz 14.3.2022). Um ihre Heimatregion verlassen zu dürfen, benötigen sie eine Erlaubnis des zugehörigen Kreiswehramts (Zeit.de 5.7.2022).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (11.5.2022): Ukraine: Reisewarnung/Ausreiseaufforderung (Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/ukraine-node/ukrainesicherheit/201946 , Zugriff 21.7.2022
Deutschlandfunk (31.3.2022): Neutralität, Demilitarisierung, Sicherheitsgarantien: Was die Vorschläge zur Beendigung des Kriegs in der Ukraine bedeuten, https://www.deutschlandfunk.de/neutralitaet-demilitarisierung-ukraine-100.html , Zugriff 29.4.2022
DS – Der Standard (24.2.2022): Russland greift Ukraine an, https://www.derstandard.at/jetzt/livebericht/2000133611726/russland-greift-ukraine-an-biden-spricht-von-krieg?responsive=false , Zugriff 24.2.2022
DW – Deutsche Welle (21.6.2022): Ukraine: Welche Waffen liefern andere Länder?, https://www.dw.com/de/ukraine-welche-waffen-liefern-andere-l%C3%A4nder/a-62001666 , Zugriff 21.7.2022
DW – Deutsche Welle (24.2.2022): Bodentruppen rücken vor: Russische Invasion auf Ukraine, https://www.dw.com/de/bodentruppen-r%C3%Bccken-vor-russische-invasion-auf-ukraine/a-60893335 , Zugriff 24.2.2022
EK – Europäische Kommission [EU] (8.4.2022): Ukraine: EU beschließt fünftes Sanktionspaket gegen Russland (Pressemitteilung), https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_22_2332 , Zugriff 29.4.2022
Euronews (20.7.2022): EU bans imports of Russian gold and freezes Sberbank's assets, https://www.euronews.com/my-europe/2022/07/20/eu-bans-imports-of-russian-gold-and-freezes-sberbanks-assets , Zugriff 21.7.2022
FAZ – Frankfurter Allgemeine Zeitung (22.7.2022): Die Lage in der Ostukraine am 22. Juli (Karte), https://www.faz.net/aktuell/ukraine-konflikt/ , Zugriff 22.7.2022
Guardian (8.5.2022): US unveils new sanctions on Russia, targeting services, media and defense industry, https://www.theguardian.com/us-news/2022/may/08/us-unveils-new-sanctions-on-russia , Zugriff 27.5.2022
HRW – Human Rights Watch (21.4.2022): Ukraine: Russian Forces’ Trail of Death in Bucha; Preserving Evidence Critical for War Crimes Prosecutions, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071639.html , Zugriff 29.4.2022
IOM – International Organization for Migration [UN] (27.6.2022): Ukraine Internal Displacement Report - General Population Survey (Round 6), https://displacement.iom.int/sites/default/files/public/reports/IOM_Gen%20Pop%20Report_R6_final%20ENG.pdf , Zugriff 22.7.2022
OHCHR – Office of the High Commissioner for Human Rights [UN] (5.7.2022): High Commissioner for Human Rights: High Numbers of Civilian Casualties in Ukraine Raise Concerns that Attacks by Russia are not Complying with International Humanitarian Law, https://www.ohchr.org/en/press-releases/2022/07/high-commissioner-human-rights-high-numbers-civilian-casualties-ukraine , Zugriff 21.7.2022
President.gov [Ukraine] (17.5.2022): УКАЗ ПРЕЗИДЕНТА УКРАЇНИ №341/2022: Про продовження строку дії воєнного стану в Україні [Erlass des Präsidenten der Ukraine Nr. 341/2022: Über die Verlängerung des Kriegsrechts in der Ukraine], https://www.president.gov.ua/documents/3412022-42617 , Zugriff 27.5.2022
Reuters (21.4.2022): New U.S. sanctions imposed for Russian bank, oligarchs, crypto miner BitRiver, https://www.reuters.com/world/europe/us-imposes-new-russia-related-sanctions-2022-04-20/ , Zugriff 29.4.2022
Reuters (6.4.2022): U.S. sanctions Putin's daughters and more Russian banks, https://www.reuters.com/world/us-allies-ban-investments-russia-sanction-banks-2022-04-06/ , Zugriff 6.4.2022
taz – die tageszeitung (14.3.2022): Deserteure in der Ukraine: Das Recht, Nein zu sagen, https://taz.de/Deserteure-in-der-Ukraine/ !5839358/, Zugriff 29.4.2022
Ukraine-Analysen (Nr. 266) (11.4.2022): Neutrale Ukraine - ein Ausweg aus dem Krieg? (Nachdruck aus: Dekoder), https://www.laender-analysen.de/ukraine-analysen/266/UkraineAnalysen266.pdf , Zugriff 29.4.2022
UNHCR – UN High Commissioner for Refugees [UN] (19.7.2022): Operational Data Portal: Ukraine Refugee Situation, https://data2.unhcr.org/en/situations/ukraine , Zugriff 21.7.2022
Zeit.de (5.7.2022): Russland und Ukraine verschärfen Gesetze – das war der Tag, https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-07/ukraine-ueberblick-russland-kriegswirtschaft-wehrpflichtige-slowjansk-nato , Zugriff 21.7.2022
Zeit.de (4.4.2022): Neue Russland-Sanktionen: Auf der Suche nach der Schmerzgrenze, https://www.zeit.de/wirtschaft/2022-04/russland-sanktionen-butscha-ukraine-kriegsverbrechen/komplettansicht , Zugriff 29.4.2022
Geltungsbereich der Länderinformationen:
Die Halbinsel Krim wurde am 16.3.2014 durch ein international nicht anerkanntes Referendum von Russland völkerrechtswidrig annektiert. Außerdem haben sich Teile der Ostukraine als von der Ukraine unabhängig erklärt. Diese separatistischen Gebiete bezeichnen sich selbst als die Volksrepubliken Donec'k und Lugans'k.
Grundsätzliche Aussagen zur Ukraine in diesem Produkt gelten nicht für die Halbinsel Krim und die Gebiete der selbsternannten Volksrepubliken Donec'k und Lugans'k, außer es wird ausdrücklich anderes angemerkt!
COVID-19-Hinweis:
Zur aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Webseiten zu kontaktieren, deren Zahlen täglich aktualisiert werden:
https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports (WHO)
https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6 (Johns-Hopkins-Universität)
Covid-19-Situation
Letzte Änderung: 18.10.2021
Die Ukraine ist von COVID-19 stark betroffen. Aktuelle und detaillierte Zahlen bietet u.a. die Weltgesundheitsorganisation WHO (AA 14.10.2021).
Aufgrund der steigenden Infektionszahlen wurde von der Regierung der Ausnahmezustand bis Ende 2021 verlängert (RFE/RL 20.9.2021; vgl. UP 13.10.2021, IU 14.10.2021). Bis 31. Dezember 2021 gilt weiterhin die sogenannte „adaptive Quarantäne“. Je nach Lage wird ein Gebiet (Oblast) farblich eingestuft. Die Farben (grün, gelb, orange, rot) drücken die jeweiligen Regeln in diesem Gebiet aus (AA 14.10.2021; vgl. KP 13.10.2021). Die Stadt Kiew befindet sich in der gelben Zone. Dies bedeutet, dass z.B. Restaurants, Kinos, Fitnesscenter und kulturelle Institutionen zwar in Betrieb sind, jedoch die Kapazitäten beschränkt sind. Um die Beschränkungen zu umgehen, steht es den Einrichtungen frei, nur geimpfte Besucher zuzulassen (KP 13.10.2021).
An öffentlichen Orten, nicht aber im Freien, besteht die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. Das gilt auch für öffentliche Verkehrsmittel und den Handel (AA 14.10.2021; vgl. WKO 31.8.2021). Hygiene- und Gesundheitsmaßnahmen müssen im öffentlichen Verkehr sowie in Geschäften und Gaststättenbetrieben eingehalten werden (AA 14.10.2021).
Impfungen erfolgen freiwillig und kostenlos (GM 14.10.2021; vgl. KP 13.10.2021). Jedoch besteht eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen (Bildungssektor, Ministerien und andere Zentralorgane der Exekutive etc.) (UNIAN 13.10.2021). 7.794.187 Personen erhielten bisher 1 Impfdosis. 6.364.933 Personen sind vollständig geimpft (GM 14.10.2021). Derzeit kommen in der Ukraine folgende Impfstoffe zur Anwendung: AstraZeneca, CoronaVac/Sinovac Biotech, Comirnaty/Pfizer-BioNTech und Spikevax/Moderna/mRNA-1273 (GM o.D.). Bis Ende Juni 2021 wurden Verträge über die Lieferung von insgesamt 37,3 Millionen Dosen Impfstoffe unterzeichnet (UA 16.7.2021). Landesweit existieren mehr als 400 Massenimpfungszentren (KP 13.10.2021). Gemäß Infektiologen sind mehr als 95% der in Spitäler eingelieferten Covid-Patienten ungeimpft (UP 13.10.2021). Bislang wurden 13.482.871 PCR-Tests durchgeführt (Gov.ua 15.10.2021).
Im internationalen Reiseverkehr bestehen keine Beschränkungen von staatlicher Seite. Aufgrund der geringen Auslastung können sich insbesondere Flugverbindungen jedoch kurzfristig ändern (AA 14.10.2021). Die Flughäfen in Kiew, Dnipro, Charkiw, Lwiw, Odesa und Saporischschja sind für den internationalen und inländischen Flugverkehr geöffnet (WKO 31.8.2021).
Bei der Einreise in die Ukraine müssen Geimpfte den Nachweis einer vollständigen COVID-19-Impfung vorlegen. Genesene müssen ein dementsprechendes Zertifikat vorlegen. Getestete müssen ein negatives PCR-Testergebnis (nicht älter als 72 Stunden) oder Antigen-Testergebnis (nicht älter als 72 Stunden) vorlegen (WKO 31.8.2021). Mit Wirkung vom 21. Oktober 2021 werden die Schutzmaßnahmen im überregionalen Verkehr verschärft. Alle Verkehrsteilnehmer müssen über Impf-, Genesungs- oder Testnachweise verfügen. Für die gelbe Risikozone ist ein Nachweis über eine Impfdosis ausreichend (AA 14.10.2021).
Die Ukraine hat von Jänner bis Juni 2021 insgesamt 26,3 Mrd. UAH [ca. 800 Mio. Euro) zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie ausgegeben. Mit 9,8 Mrd. UAH wurde rund ein Drittel des Geldes für die stationäre medizinische Versorgung von Covid-19-Patienten ausgegeben. Für 9,3 Mrd. UAH, rund ein weiteres Drittel, wurden Impfstoffe erworben (UA 16.7.2021).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (14.10.2021): Ukraine: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung und COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/ukraine-node/ukrainesicherheit/201946 , Zugriff 15.10.2021
GM – Gesundheitsministerium [Ukraine] (14.10.2021): Все про вакцинацію від COVID-19 в Україні [Alles über die COVID-19-Impfung in der Ukraine], https://vaccination.covid19.gov.ua/ , Zugriff 15.10.2021
GM – Gesundheitsministerium [Ukraine] (o.D.): Часті питання [FAQs], https://vaccination.covid19.gov.ua/faq , Zugriff 15.10.2021
Gov.ua – Regierungsportal [Ukraine] (15.10.2021): Оперативна інформація про поширення та профілактику COVID-19 [Operative Information über die Ausbreitung und Vorbeugung gegen COVID-19], https://www.kmu.gov.ua/news/operativna-informaciya-pro-poshirennya-ta-profilaktiku675-covid-19 , Zugriff 15.10.2021
IU – Interfaks Ukraine (14.10.2021): В Украине за сутки зафиксировано 18 881 новый случай заболевания СOVID-19, выздоровело 7 630 человек, 412 умерло – Минздрав [In der Ukraine innerhalb 24 Stunden 18.881 COVID-Neuinfektionen, 7.630 Genesungen, 412 Todesfälle - Gesundheitsministerium], https://interfax.com.ua/news/general/773535.html , Zugriff 15.10.2021
KP – Kyiv Post (13.10.2021): COVID-19 in Ukraine: 16,309 new cases, 471 new deaths, 79,515 new vaccinations, https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/covid-19-in-ukraine-16309-new-cases-471-new-deaths-79515-new-vaccinations.html , Zugriff 15.10.2021
RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty (20.9.2021): Ukraine Extends State Of Emergency Amid New Wave Of COVID-19 Infections, https://www.rferl.org/a/ukraine-covid-state-emergency/31469287.html , Zugriff 15.10.2021
UA – Ukraine-Analysen (16.7.2021): Covid-19-Chronik, 10.6.-11.7.2021 (Nr. 254), https://www.laender-analysen.de/ukraine-analysen/254-1/UkraineAnalysen254.pdf , Zugriff 15.10.2021
UNIAN – Українське Незалежне Інформаційне Агентство Новин [Ukrainische unabhängige Nachrichtenagentur] (13.10.2021): Минздрав расширит перечень профессий для обязательной вакцинации от коронавируса [Gesundheitsministerium erweitert Liste betreffend Impfpflicht für Berufsgruppen], https://health.unian.net/country/minzdrav-rasshirit-perechen-professiy-dlya-obyazatelnoy-vakcinacii-ot-koronavirusa-novosti-ukrainy-11576563.html?_gl=1 *1smlvcw*_ga*MTQ5NDM5MTkyMS4xNjIwNjY3OTg1*_ga_P6EEJX21DY*MTYzNDI4NjE5MC41LjEuMTYzNDI4NjE5My41Nw..*_ga_JLSK4Y8K67*MTYzNDI4NjE5MC41LjEuMTYzNDI4NjE5My41Nw, Zugriff 15.10.2021
UP – Ukrainska Prawda (13.10.2021): Ситуація із розповсюдженням Covid-19 у Києві стрімко погіршується – Кличко [Situation wegen Verbreitung von Covid-19 in Kiew verschlimmert sich rapide - Klitschko], https://www.pravda.com.ua/news/2021/10/13/7310330/ , Zugriff 15.10.2021
WKO – Wirtschaftskammer [Österreich] (31.8.2021): Coronavirus: Situation in der Ukraine, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-info-ukraine.html , Zugriff 15.10.2021
Politische Lage
Letzte Änderung: 14.10.2021
Die Ukraine ist eine parlamentarisch-präsidiale Republik (AA 1.6.2021b). Der Präsident wird für eine maximale Amtszeit von jeweils fünf Jahren direkt gewählt (FH 3.3.2021a). Staatsoberhaupt ist seit 20. Mai 2019 Präsident Wolodimir Selenskij (AA 1.6.2021b). Wahlbeobachtern zufolge verlief die Präsidentschaftswahl am 31. März und 21. April 2019 im Großen und Ganzen frei und fair und entsprach generell den Regeln des demokratischen Wettstreits. Kritisiert wurden unter anderem die unklare Wahlkampffinanzierung und die Medienberichterstattung in der Wahlauseinandersetzung (OSZE 20.11.2019b). Auf der russisch besetzten Halbinsel Krim und in den von Separatisten kontrollierten Gebieten im Donbass fanden keine Wahlen statt (FH 3.3.2021a; vgl. USDOS 30.3.2021a).
Das Parlament ist ein Einkammerparlament (FH 3.3.2021a). Nach der Inauguration des Präsidenten Selenskij wurde das Parlament aufgelöst. Die vorgezogenen Parlamentswahlen fanden am 21. Juli 2019 statt (ZO 21.5.2019; vgl. OSZE 20.11.2019b). Die Wahlbeteiligung betrug knapp 50%. Die OSZE sprach trotz des klaren Ergebnisses von einer fairen Konkurrenz. Zwar bemängelte sie fehlende Transparenz bei der Finanzierung des Wahlkampfs, insgesamt registrierten die Wahlbeobachter bei der Abstimmung allerdings keine gröberen Verstöße (FH 3.3.2021a; vgl. DS 22.7.2019, OSZE 20.11.2019a). Das Parteiensystem ist pluralistisch (AA 30.5.2021). Bei den Parlamentswahlen gewann Selenskijs Partei "Diener des Volkes" 43,16% der Stimmen bzw. 254 Sitze von 450 Sitzen, die Oppositionsplattform "Für das Leben" 13,05% bzw. 43 Sitze, "Vaterland" 8,18% bzw. 26 Sitze, "Europäische Solidarität" (Poroschenko-Block) 8,10% bzw. 25 Sitze und die Partei "Stimme" 5,82% bzw. 20 Sitze (OSZE 20.11.2019a; vgl. FH 3.3.2021a). Auf der Krim und in den von Separatisten kontrollierten Teilen des Donbass konnten die Wahlen nicht stattfinden (FH 3.3.2021a). Folglich wurden nur 424 der 450 Sitze im Parlament besetzt (FH 3.3.2021a; vgl. OSZE 20.11.2019a). Darüber hinaus war rund eine Million ukrainische Bürger nicht wahlberechtigt, weil sie keine registrierte Adresse hatten (FH 3.3.2021a).
Das ukrainische Parlament (Werchowna Rada) wurde bisher über ein Mischsystem zur Hälfte nach Verhältniswahlrecht und zur anderen Hälfte nach Mehrheitswahl in Einerwahlkreisen gewählt. Das gemischte Wahlsystem wird als anfällig für Manipulation und Stimmenkauf kritisiert. Im Dezember 2019 wurde vom Parlament ein neues Wahlgesetz beschlossen. Es sieht teils ein Verhältniswahlsystem mit offenen Parteilisten sowohl für Parlaments- als auch für Kommunalwahlen vor. Mit Ausnahme eines Verbots der Kommunistischen Partei gibt es keine formellen Hindernisse für die Gründung und Aktivitäten politischer Parteien. Neue politische Parteien entstehen häufig. Ein Gesetz aus dem Jahr 2016 sieht eine staatliche Finanzierung von im Parlament vertretenen Parteien vor, aber dadurch werden etablierte Parteien gegenüber neu entstandenen Parteien bevorzugt (FH 3.3.2021a). Die Aktivitäten von Oppositionsparteien und -gruppen unterliegen keinen nicht-rechtsstaatlichen Restriktionen (AA 30.5.2021; vgl. FH 3.3.2021a). Neue Kleinparteien haben Schwierigkeiten, mit etablierten Parteien zu konkurrieren, welche die Unterstützung und den finanziellen Rückhalt politisch vernetzter Oligarchen genießen (FH 3.3.2021a).
Die nach der „Revolution der Würde“ auf dem Kiewer Majdan im Winter 2013/2014 und der Flucht des damaligen Präsidenten Janukowitsch von Präsident Poroschenko begonnene europafreundliche Reformpolitik wird durch Präsident Selenskij fortgesetzt. Grundlage bildet ein ambitioniertes Programm für fast alle Lebensbereiche. Schwerpunkte liegen u.a. auf Korruptionsbekämpfung, Digitalisierung, Bildung und Wirtschaftswachstum. Selenskijs Partei verfügt zwar über eine absolute Mehrheit im Parlament, sie ist jedoch auch den starken Beharrungskräften von oligarchischen Strukturen, in Bürokratie und Justiz ausgesetzt (AA 30.5.2021). Der Zusammenhalt der absoluten Mehrheit der Abgeordneten im Parlament erodiert und ebenso der Rückhalt für die Partei in der Bevölkerung (HSS 28.10.2020). Im Jahr 2020 war ein Konsens bei Entscheidungsprozessen immer häufiger nur durch Ad-hoc-Koalitionen zu erzielen (FH 28.4.2021). Selenskij ist weiterhin der beliebteste Politiker des Landes, hat allerdings viel Vertrauen und Unterstützung bei den Wählern verloren (UA 7.6.2021a). Das zu Beginn der Amtszeit Selenskijs beachtliche Reformtempo nimmt kontinuierlich ab. Die Oligarchen spielen nach wie vor eine zentrale Rolle in Medien und Politik und blockieren Reformen (UA 7.6.2021b).
Seit 4. März 2020 ist Denis Schmigal Ministerpräsident und somit Regierungschef (AA 1.6.2021b).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (1.6.2021b): Ukraine: Steckbrief, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/ukraine-node/steckbrief/201830 , Zugriff 4.8.2021
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (30.5.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine (Stand: Februar 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2053303/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Ukraine_%28Stand_Februar_2021%29%2C_30.05.2021.pdf , Zugriff 5.7.2021
DS – Der Standard (22.7.2019): Diener des Volkes werden Kiew regieren, https://www.derstandard.at/story/2000106566433/diener-des-volkes-werden-kiew-regieren , Zugriff 6.8.2021
FH – Freedom House (28.4.2021): Nations in Transit 2021 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2050462.html , Zugriff 8.7.2021
FH – Freedom House (3.3.2021a): Freedom in the World 2021 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046545.html , Zugriff 5.7.2021
HSS – Hanns-Seidel-Stiftung (28.10.2020): Wolodymyr Selenskij kämpft um seine politische Zukunft, https://www.hss.de/news/detail/wolodymyr-selenskij-kaempft-um-seine-politische-zukunft-news6799/ , Zugriff 5.8.2021
OSZE – Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (20.11.2019a): UKRAINE: EARLY PARLIAMENTARY ELECTIONS 21 JULY 2019 - ODIHR Election Observation Mission Final Report, https://www.osce.org/files/f/documents/6/9/439634_0.pdf , Zugriff 5.8.2021
OSZE – Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (20.11.2019b): UKRAINE: PRESIDENTIAL ELECTION 31 March and 21 April 2019 - ODIHR Election Observation Mission Final Report, https://www.osce.org/files/f/documents/8/3/439631_0.pdf , Zugriff 4.8.2021
UA – Ukraine-Analysen (Nr. 252) / Wolodymyr Ischtschenko (7.6.2021a): Selenskyj symbolisiert die Krise der politischen Repräsentation, https://www.laender-analysen.de/ukraine-analysen/252/UkraineAnalysen252.pdf , Zugriff 5.8.2021
UA – Ukraine-Analysen (Nr. 252) / Eduard Klein (7.6.2021b): Das Vertrauen und die Hoffnung auf einen Aufbruch schwinden, https://www.laender-analysen.de/ukraine-analysen/252/UkraineAnalysen252.pdf , Zugriff 5.8.2021
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021a): 2020 Country Report on Human Rights Practices - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048176.html , Zugriff 5.7.2021
ZO – Zeit Online (21.5.2019): Ukrainer wählen am 21. Juli ein neues Parlament, https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-05/ukraine-wolodymyr-selenskyj-parlament-neuwahlen , Zugriff 4.8.2021
Sicherheitslage
Letzte Änderung: 14.10.2021
In den von Separatisten kontrollierten Teilen der Gebiete Donezk und Lugansk sowie auf der Krim haben ukrainische Behörden und Amtsträger zurzeit keine Möglichkeit, ihre Befugnisse wahrzunehmen und staatliche Kontrolle auszuüben (AA 30.5.2021).
Die Sicherheitslage außerhalb der besetzten Gebiete ist im Allgemeinen stabil. Allerdings gab es in den letzten Jahren mehrere öffentlichkeitswirksame Attentate und Attentatsversuche, wovon sich einige gegen politische Persönlichkeiten richteten (FH 3.3.2021a). In den von der ukrainischen Regierung kontrollierten Teilen der Gebiete Donezk und Lugansk wurde nach Wiederherstellung der staatlichen Ordnung der Neuaufbau begonnen. Die humanitäre Versorgung der Bevölkerung ist sichergestellt (AA 30.5.2021).
Russland hat im März 2014 die Krim völkerrechtswidrig annektiert und unterstützt seit Frühjahr 2014 die selbst erklärten separatistischen „Volksrepubliken“ im Osten der Ukraine. Seit Beginn der bewaffneten Auseinandersetzungen im Osten sind über 13.300 Menschen getötet und bis zu 33.500 Personen verletzt worden, davon laut OHCHR zwischen 7.000 und 9.000 Zivilisten. 1,45 Mio. Binnenflüchtlinge sind innerhalb der Ukraine registriert; nach Schätzungen von UNHCR sind weitere 1,55 Mio. Ukrainer in Nachbarländer (insbesondere Russland, Polen, Belarus) geflohen. Das im Februar 2015 vereinbarte Maßnahmenpaket von Minsk wird weiterhin nur schleppend umgesetzt. Die Sicherheitslage hat sich seither zwar deutlich verbessert, Waffenstillstandsverletzungen an der Kontaktlinie bleiben aber an der Tagesordnung und führen regelmäßig zu zivilen Opfern und Schäden an der dortigen zivilen Infrastruktur. Schäden und Opfer resultieren auch aus Kampfmittelrückständen (v.a. Antipersonenminen). Mit der Präsidentschaft Selenskijs hat der politische Prozess im Rahmen der Trilateralen Kontaktgruppe (OSZE, Ukraine, Russland), insbesondere nach dem Pariser Gipfel im Normandie-Format (Deutschland, Frankreich, Ukraine, Russland) am 9. Dezember 2019, wieder an Dynamik gewonnen. Fortschritte beschränken sich indes überwiegend auf humanitäre Aspekte (u.a. Gefangenenaustausch) (AA 30.5.2021). Der letzte größere Gefangenenaustausch zwischen der ukrainischen Regierung und den selbsternannten Republiken fand im Dezember 2019 statt (IWPR 11.5.2021). Besonders kontrovers in der Ukraine bleibt der im Minsker Maßnahmenpaket vorgesehene Sonderstatus für die gegenwärtig nicht kontrollierten Gebiete, welcher unter anderem aufgrund der Unmöglichkeit, dort Lokalwahlen nach internationalen Standards abzuhalten, noch nicht in Kraft gesetzt wurde (AA 30.5.2021).
Ende November 2018 kam es im Konflikt um drei ukrainische Militärschiffe in der Straße von Kertsch erstmals zu einem offenen militärischen Vorgehen Russlands gegen die Ukraine. Die Besatzung der involvierten ukrainischen Schiffe wurde im September 2019 freigelassen, ihre Festnahme bleibt indes Gegenstand eines von der Ukraine angestrengten Verfahrens vor dem Internationalen Seegerichtshof (AA 30.5.2021).
Die Einwohner der Krim wurden pauschal eingebürgert (AA 30.5.2021; vgl. UA 17.5.2021), es wurde begonnen, sie mit russischen Inlandspässen, seit September 2014 auch mit russischen Reisepässen, auszustatten. Die Schaffung diverser rechtlicher und praktischer Nachteile durch Russland für Krim-Bewohner, welche die ukrainische Staatsangehörigkeit behalten wollen, unterstützt die sich beschleunigende Russifizierung der Krim (AA 30.5.2021). Ein Dekret des russischen Präsidenten Putin beschloss im April 2019 für die Bewohner der nicht-regierungskontrollierten Gebiete in der Ostukraine ein vereinfachtes und beschleunigtes Verfahren von unter drei Monaten zum Erwerb der russischen Staatsbürgerschaft (RFE/RL 2.5.2021; vgl. SWP 8.2020). Diese Strategie der russischen Regierung wird wegen ihres Destabilisierungspotenzials international heftig kritisiert. Gemäß dem russischen Innenministerium erhielten seit dem Jahr 2019 mehr als 527.000 Personen in der Ostukraine die russische Staatsbürgerschaft (RFE/RL 2.5.2021).
Am 27.7.2020 trat ein Waffenstillstand in Kraft, welcher lange im Großen und Ganzen anhielt und zu einer erheblichen Verringerung der bewaffneten Handlungen führte, zuletzt aber durch Eskalationen Ende März 2021 zunehmend fragiler wurde (ÖB 5.2021; vgl. KAS 4.2021). Über beinahe 3.000 Verstöße gegen die Waffenruhe berichtete die OSZE im Februar 2021 (KAS 4.2021). Die Sicherheitslage bleibt volatil. Zwischen 1.1.2021 und 31.5.2021 verzeichnete OHCHR insgesamt 50 zivile Opfer, was einen Anstieg von 28% im Vergleich mit den vorhergegangenen fünf Monaten bedeutet (PC 5.2021). Die Online-Datenbank "Gedenkbuch der für die Ukraine Gefallenen" des militärhistorischen Museums der Ukraine gibt die Anzahl der im Zeitraum 2021 Gefallenen mit 65 an (GUG 2021; vgl. UA 17.5.2021). Im März und April 2021 rief ein massiver russischer Truppenaufmarsch nahe der ukrainischen Grenze und der Krim internationale Besorgnis hervor (UA 17.5.2021; vgl. ICG 20.4.2021). Anfang Mai 2021 schätzte die US-Regierung die Anzahl der entlang der ukrainischen Grenze stationierten russischen Truppen noch auf beinahe 80.000 Soldaten (UA 17.5.2021).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (30.5.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine (Stand: Februar 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2053303/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Ukraine_%28Stand_Februar_2021%29%2C_30.05.2021.pdf , Zugriff 5.7.2021
FH – Freedom House (3.3.2021a): Freedom in the World 2021 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046545.html , Zugriff 5.7.2021
GUG – Gedenkbuch der für die Ukraine Gefallenen (2021): Книга пам’яті полеглих за Україну: 2021 р. [Gedenkbuch der für die Ukraine Gefallenen: 2021], http://memorybook.org.ua/index48.htm , Zugriff 9.8.2021
ICG – International Crisis Group (20.4.2021): Responding to the New Crisis on Ukraine’s Borders, https://www.ecoi.net/de/dokument/2050000.html , Zugriff 9.8.2021
IWPR – Institute for War and Peace Reporting (11.5.2021): Ukrainian Prisoner-of-War Exchange Deadlocked, https://www.ecoi.net/de/dokument/2051294.html , Zugriff 9.8.2021
KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung / Dr. Brigitta Triebel, Oleksii Leznov (4.2021): Länderbericht: Eskalation in der Ostukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/2048942/Eskalation+in+der+Ostukraine+-+Versch%C3%A4rfte+Sicherheitslage+im+russisch-ukrainischen+Konflikt.pdf , Zugriff 9.8.2021
ÖB – Österreichische Botschaften [Österreich] (5.2021): Asylländerbericht - Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/2055500/UKRA_%C3%96B_BERICHT_2020_05.docx , Zugriff 9.7.2021
PC – Protection Cluster (5.2021): Ukraine, https://www.humanitarianresponse.info/sites/www.humanitarianresponse.info/files/documents/files/05_2021_protection_cluster_factsheet_eng.pdf , Zugriff 27.7.2021
RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty (2.5.2021): Russia Says Half A Million Passports Issued In Eastern Ukraine In Last Two Years, https://www.ecoi.net/de/dokument/2050736.html , Zugriff 9.8.2021
SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik / Fabian Burkhardt (8.2020): Russia’s "Passportisation" of the Donbas (SWP Comment Nr. 41), https://www.swp-berlin.org/publications/products/comments/2020C41_Donbas.pdf , Zugriff 10.8.2021
UA – Ukraine-Analysen (Nr. 251) / Jakob Hauter (17.5.2021): Krieg und Frieden im Donbas: Lehren aus dem russischen Truppenaufmarsch, https://www.laender-analysen.de/ukraine-analysen/251/UkraineAnalysen251.pdf , Zugriff 9.8.2021
Sicherheitsbehörden
Letzte Änderung: 18.10.2021
Das Innenministerium ist für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit und Ordnung zuständig. Das Ministerium beaufsichtigt das Personal der Polizei und anderer Gesetzesvollzugsbehörden. Der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) ist für die Staatssicherheit im weiten Sinne, den nicht-militärischen Nachrichtendienst sowie für Fragen der Spionageabwehr und Terrorismusbekämpfung zuständig. Das Innenministerium untersteht dem Ministerkabinett, und der SBU ist direkt dem Präsidenten unterstellt. Das Verteidigungsministerium und die ukrainischen Streitkräfte verteidigen die Souveränität und territoriale Integrität des Landes und der Landesgrenzen. Das Verteidigungsministerium übt Kontrolle über die Aktivitäten der Streitkräfte im Einklang mit dem Gesetz aus. Der Präsident ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Das Verteidigungsministerium untersteht direkt dem Präsidenten. Der Staatliche Steuerfiskus übt mittels der Steuerpolizei Gesetzesvollzugsbefugnisse aus und untersteht dem Ministerkabinett. Der Staatliche Grenzschutzdienst ist dem Innenministerium unterstellt und setzt staatliche Vorgaben bzgl. Grenzsicherheit um. Der dem Innenministerium unterstellte Staatliche Migrationsdienst setzt die staatliche Politik in Bezug auf Migration, Staatsbürgerschaft und Registrierung von Flüchtlingen und anderen Migranten um (USDOS 30.3.2021a).
Die Sicherheitsbehörden unterstehen generell effektiver ziviler Kontrolle in den von der Regierung kontrollierten Gebieten. Mitglieder der Sicherheitskräfte begingen mehrere Menschenrechtsverletzungen. Die Regierung hat es im Allgemeinen verabsäumt, angemessene Schritte zu setzen, um Fehlverhalten von Beamten strafrechtlich zu verfolgen oder zu bestrafen. Dies führte zu einem Klima der Straflosigkeit. Menschenrechtsgruppen und die Vereinten Nationen stellten erhebliche Mängel bei den Ermittlungen zu mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitskräfte der Regierung fest (USDOS 30.3.2021a). Für keines der Opfer von Verschwindenlassen, geheimer Haft sowie Folter und anderen Misshandlungen durch den SBU in den Jahren 2014-2016 gab es eine Wiedergutmachung, und auch die strafrechtliche Verfolgung der Tatverdächtigen blieb aus (AI 7.4.2021). Menschenrechtsorganisationen und Medien berichten über Todesfälle aufgrund von Folter oder Vernachlässigung durch die Polizei oder Gefängnispersonal (USDOS 30.3.2021a).
Die Aufklärung der Tötungsfälle im Zusammenhang mit dem Euromaidan kommt kaum noch voran (AA 30.5.2021). In Bezug auf die Euromaidan-Proteste [der Jahre 2013 und 2014; Anm. der Staatendokumentation], welche zu zahlreichen Verletzten und mehr als 100 Toten führten, wurden 422 Menschen angeklagt, 52 verurteilt und 9 davon mit einer Gefängnisstrafe belegt. Die Gesellschaft fordert, dass auch diejenigen, welche die Tötungsbefehle erteilten, zur Rechenschaft gezogen werden, und nicht nur jene, welche diese Befehle ausführten (BTI 2020).
Es werden u.a. Reformen im Bereich der Polizei durchgeführt (AA 30.5.2021). Das sichtbarste Ergebnis der ukrainischen Polizeireform ist die Gründung der Nationalen Polizei, welche nach europäischen Standards, mit starker Unterstützung der internationalen Gemeinschaft und als von der Politik grundsätzlich unabhängiges Exekutivorgan aufgebaut wurde. Mit November 2015 ersetzte die Nationale Polizei offiziell die bestehende und aufgrund gravierender Korruptionsprobleme in der Bevölkerung stark diskreditierte „Milizija“. Alle Mitglieder der Milizija hatten grundsätzlich die Möglichkeit, in die neue Struktur aufgenommen zu werden, mussten hierfür jedoch einen „Re-Attestierungsprozess“ samt umfangreichen Schulungsmaßnahmen und Integritätsprüfungen durchlaufen. Im Oktober 2016 verkündete die damalige Leiterin der Nationalen Polizei den erfolgreichen Abschluss dieses Prozesses, in dessen Zuge 26% der Polizeikommandanten im ganzen Land entlassen, 4.400 Polizisten befördert und im Gegenzug 4.400 herabgestuft wurden. Zentrale Figur der Polizeireform war die ehemalige georgische Innenministerin Khatia Dekanoidze, welche jedoch am 14. November 2016 aufgrund des von ihr bemängelten Reformfortschrittes zurücktrat (ÖB 5.2021; vgl. NP 26.9.2019). Das Gesetz „Über die Nationalpolizei“ sieht eine Gewaltenteilung zwischen dem Innenminister und dem Leiter der Nationalen Polizei vor. Der Innenminister ist ausschließlich für die staatliche Politik im Rechtswesen zuständig, der Leiter der Nationalen Polizei konkret für die Polizei. Dieses europäische Modell soll den Einfluss des Ministers auf die operative Arbeit der Polizei verringern. Dem Innenministerium unterstehen seit der Reform auch der Staatliche Grenzdienst, der Katastrophendienst, die Nationalgarde und der Staatliche Migrationsdienst. Festzustellen ist, dass der Innenminister in der Praxis immer noch die Arbeit der Polizei beeinflusst und die Reform somit noch nicht vollständig umgesetzt ist. Das im Juni 2017 gestartete Projekt „Detektive“ – Schaffung polizeilicher Ermittler/Zusammenlegung der Funktionen von Ermittlern und operativen Polizeieinsatzkräften - spielt in den Reformen ebenfalls eine wichtige Rolle. Wie in westeuropäischen Staaten bereits seit langem praktiziert, soll damit ein- und derselbe Ermittler für die Erhebung einer Straftat, die Beweisaufnahme bis zur Vorlage an die Staatsanwaltschaft zuständig sein. Bislang sind in der Ukraine, wie zu Sowjetzeiten, immer noch die operative Polizei für die Beweisaufnahme und die Ermittler für die Einreichung bei Gericht zuständig. Etwas zögerlich wurde auch die Schaffung eines „Staatlichen Ermittlungsbüros (SBI)“ auf den Weg gebracht und mit November 2017 ein Direktor ernannt. Das SBI hat die Aufgabe, vorgerichtliche Erhebungen gegen hochrangige Vertreter des Staates, Richter, Polizeikräfte und Militärangehörige durchzuführen, sofern diese nicht in die Zuständigkeit des Nationalen Antikorruptions-Büros (NABU) fallen. Die seit 2019 gemeinsam mit internationalen Partnern (wie der EUAM) ausgearbeitete "Entwicklungsstrategie der Nationalpolizei bis 2023" wartet noch auf eine Annahme (ÖB 5.2021).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (30.5.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine (Stand: Februar 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2053303/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Ukraine_%28Stand_Februar_2021%29%2C_30.05.2021.pdf , Zugriff 5.7.2021
AI – Amnesty International (7.4.2021): Ukraine 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048857.html , Zugriff 6.7.2021
BTI – Bertelsmann Transformation Index / Bertelsmann Stiftung (2020): Country Report Ukraine 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029521/country_report_2020_UKR.pdf , Zugriff 6.7.2021
NP – Nationalpolizei [Ukraine] (26.9.2019): Клименко Ігор Володимирович: Керівництво Національної поліції України [Klimenko Igor Wolodimirowitsch: Leitung der Nationalpolizei der Ukraine],– http://npu.gov.ua/materials/kerivnicztvo-naczionalnoji-policziji-ukrajini/klimenko-Igor-volodimirovich/ , Zugriff 26.7.2021
ÖB – Österreichische Botschaften [Österreich] (5.2021): Asylländerbericht - Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/2055500/UKRA_%C3%96B_BERICHT_2020_05.docx , Zugriff 9.7.2021
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021a): 2020 Country Report on Human Rights Practices - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048176.html , Zugriff 5.7.2021
Korruption
Letzte Änderung: 18.10.2021
Die Gesetze sehen strafrechtliche Sanktionen für Korruption vor, aber die Behörden setzen die gesetzlichen Vorgaben nicht effektiv um. Viele Beamte sind ungestraft korrupt, weniger in der Regierung, jedoch auf allen Ebenen der Exekutive, Legislative und der Justizbehörden. Trotz Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption durch die Regierung bleibt Korruption ein ernsthaftes Problem für Bürger und Unternehmen (USDOS 30.3.2021a; vgl. FH 3.3.2021a).
Korruption ist in der Ukraine weit verbreitet und stellt seit vielen Jahren ein inhärentes Problem dar. Korruption war ein zentrales Thema während der Proteste in Kiew im Herbst/Winter 2013/2014, welche im Februar 2014 mit einem Regimewechsel endeten. In den Jahren 2014 und 2015 wurden im Rahmen einer nationalen Antikorruptionsstrategie mehrere neue Gremien zur Bekämpfung der Korruption auf verschiedenen Ebenen des Regierungsapparats eingerichtet. Darüber hinaus wurden Reformen in Polizei und Justiz eingeleitet, welche beide stark von Korruption befallen waren. Es existiert je nach Zuständigkeitsbereich eine Reihe von Stellen, welche Korruptionsfälle untersuchen und strafrechtlich verfolgen (Landinfo 2.3.2020; vgl. UA 27.11.2020). Bis vor Kurzem gab es keine separaten Gesetze zum Schutz von Informanten, weshalb viele Bürger Korruption nicht anzeigen wollten. Im Jänner 2020 trat ein neues bzw. geändertes Gesetz zum Schutz von Informanten bezüglich Korruption in Kraft (Landinfo 2.3.2020; vgl. ÖB 5.2021).
Das Hohe Antikorruptionsgericht (HACC) nahm im Jahr 2019 seine Arbeit auf. Mit der Schaffung des HACC wurde das System der Organe des Landes zur Bekämpfung der Korruption auf höheren Ebenen vervollständigt. Das HACC ergänzt die zwei zuvor geschaffenen Antikorruptionsbehörden, das Nationale Antikorruptionsbüro (NABU) und die Sonderstaatsanwaltschaft für Korruptionsbekämpfung (SAPO) (USDOS 30.3.2021a; vgl. UA 27.11.2020). Die neuen unabhängigen Antikorruptionsbehörden sehen sich politischem Druck durch Antireformeliten und Oligarchen ausgesetzt, was das Vertrauen der Öffentlichkeit untergräbt, Bedenken hinsichtlich des Engagements der Regierung im Kampf gegen die Korruption aufkommen ließ und die Zukunftsfähigkeit der Institutionen bedroht (USDOS 30.3.2021a). Mit der Errichtung des Hohen Antikorruptionsgerichts wurde der Aufbau des institutionellen Rahmens für die Bekämpfung der endemischen Korruption abgeschlossen (AA 30.5.2021). Im ersten Jahr seiner Tätigkeit fällte das HACC 20 Urteile, davon 19 Schuldsprüche (darunter 9 Haftstrafen) und einen Freispruch. Mit Stand September 2020 war das HACC im Besitz von 756 Millionen UAH (27 Millionen USD) an Kautionsgeldern, was mehr als dem Doppelten des Jahresbudgets des HACC entspricht (USDOS 30.3.2021a). Das NABU untersucht derzeit 986 Fälle von Großkorruption (ACAC o.D.). Antikorruptionsbehörden waren wiederholt in politisch aufgeladene Konflikte mit anderen staatlichen Stellen und gewählten Vertretern verwickelt (FH 3.3.2021a).
Gesetzlich ist vorgeschrieben, dass öffentlich Bedienstete elektronische Einkommens- und Ausgabenerklärungen vorlegen müssen und dass diese öffentlich eingesehen werden dürfen. Die Nicht-Vorlage von Erklärungen oder die Einreichung von Falscherklärungen steht unter Strafe. Die Nationale Behörde für Korruptionsprävention (NAPC) ist für die Überprüfung dieser Finanzerklärungen und auch für die Kontrolle der Parteienfinanzierung zuständig. Beobachter stellen jedoch zunehmend infrage, ob die NAPC die Fähigkeit und Unabhängigkeit besitzt, diese Funktion zu erfüllen (USDOS 30.3.2021a; vgl. ÖB 5.2021, FH 3.3.2021a). Im Oktober 2020 befand das Verfassungsgericht, dass Teile des Gesetzes über finanzielle Offenlegung verfassungswidrig seien, und entzog der NAPC den Großteil ihrer Befugnisse. Dadurch wurde ein Eckpfeiler der Antikorruptionsreform ausgehebelt. Infolge der Entscheidung des Verfassungsgerichts brach das Nationale Antikorruptionsbüro 110 Verfahren zu Falscherklärungen ab, und das Hohe Antikorruptionsgericht stoppte 17 laufende Gerichtsverfahren. Im Dezember 2020 verabschiedete das Parlament gesetzliche Vorgaben zur Wiedereinführung des Vermögenserklärungssystems, und Präsident Selenskij stimmte diesem später zu (USDOS 30.3.2021a; vgl. UA 27.11.2020, RFE/RL 27.3.2021). Das System der Vermögenserklärungen existiert weiter, die Befugnisse der Nationalen Behörde für Korruptionsprävention wurden wiederhergestellt, jedoch konnte die strafrechtliche Verantwortung für Falschangaben bislang nicht in vollem Ausmaß wiederhergestellt werden (ÖB 5.2021; vgl. FH 3.3.2021a). Die Zivilgesellschaft übt starken Druck aus, um die Korruptionsbekämpfung voranzutreiben (FH 3.3.2021a). Der Präsident der Ukraine, hat sich vor allem den Kampf gegen die Korruption auf die Fahnen geschrieben (AA 30.5.2021; vgl. BAMF 2.11.2020).
In den vergangenen Jahren hat die Ukraine Fortschritte bei der Förderung der Transparenz erzielt, zum Beispiel durch die Verpflichtung der Banken, die Identität ihrer Eigentümer zu veröffentlichen (FH 3.3.2021a). Auch die Einführung eines neuen öffentlichen Beschaffungssystems (ProZorro) hat zur Transparenzsteigerung beigetragen (EN 15.4.2021). Korruption bleibt im Wirtschaftsbereich ein ernstzunehmendes Problem (AC 19.6.2021) und auch im Gesundheitssektor (EASO 2.2021). Trotz der Bemühungen um eine Reform des Justizwesens und der Generalstaatsanwaltschaft bleibt Korruption unter Richtern und Staatsanwälten verbreitet (USDOS 30.3.2021a; vgl. EN 15.4.2021).
Gemäß dem Corruption Perceptions Index 2020 von Transparency International wird die Ukraine mit 33 von 100 Punkten bewertet (0=sehr korrupt, 100=sehr wenig korrupt). Ukraine liegt auf Rang 117 von 180 untersuchten Staaten, gleichauf mit beispielsweise Sierra Leone und Sambia. (Der Corruption Perceptions Index misst das von Experten und Geschäftsleuten wahrgenommene Korruptionsniveau im öffentlichen Sektor.) (TI 2021).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (30.5.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine (Stand: Februar 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2053303/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Ukraine_%28Stand_Februar_2021%29%2C_30.05.2021.pdf , Zugriff 5.7.2021
AC – Atlantic Council / Willem Buiter (19.6.2021): Ukraine’s choice: corruption or growth, https://www.atlanticcouncil.org/blogs/ukrainealert/ukraines-choice-corruption-or-growth/ , Zugriff 16.7.2021
ACAC – Anti-Corruption Action Centre (o.D.): реальність — результати: Ключові результати нашої роботи [Realität - Resultate: Zentrale Ergebnisse unserer Tätigkeit], https://antac.org.ua/ , Zugriff 16.7.2021
BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (2.11.2020): Briefing Notes, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2020/briefingnotes-kw45-2020.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , Zugriff 16.7.2021
EASO – European Asylum Support Office [EU] (2.2021): Ukraine FFM report – healthcare reform and economic accessibility (Medical Country of Origin Information Report), https://www.ecoi.net/en/file/local/2045259/2021_02_EASO_MedCOI_Ukraine_FFM_report_healthcare_system_and_economic_accessibility.pdf , Zugriff 13.7.2021
EN – EurasiaNet (15.4.2021): Ukraine’s anti-corruption effort struggles, but soldiers on, https://www.ecoi.net/de/dokument/2049604.html , Zugriff 16.7.2021
FH – Freedom House (3.3.2021a): Freedom in the World 2021 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046545.html , Zugriff 5.7.2021
Landinfo [Norwegen] (2.3.2020): Ukraina: Korrupsjonsbekjempelse og beskyttelse for varslere av korrupsjon, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025536/Temanotat-Ukraina-Korrupsjonsbekjempelse-og-varslere-02032020.pdf , Zugriff 15.7.2021
ÖB – Österreichische Botschaften [Österreich] (5.2021): Asylländerbericht - Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/2055500/UKRA_%C3%96B_BERICHT_2020_05.docx , Zugriff 9.7.2021
RFE/RL – Radio Free Europe / Radio Liberty (27.3.2021): Ukraine's President Sacks Constitutional Court Head In Deepening Crisis Over Anti-Graft Reform, https://www.ecoi.net/de/dokument/2047893.html , Zugriff 16.7.2021
TI – Transparency International (2021): Corruption Perceptions Index 2020, https://images.transparencycdn.org/images/2020_Report_CPI_EN.pdf , Zugriff 15.7.2021
UA – Ukraine-Analysen (Nr. 243) / Andrii Nekoliak (27.11.2020): Das ukrainische Verfassungsgericht kippt Teile der Antikorruptionsreform in der Ukraine, https://www.laender-analysen.de/ukraine-analysen/243/UkraineAnalysen243.pdf , Zugriff 15.7.2021
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021a): 2020 Country Report on Human Rights Practices - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048176.html , Zugriff 5.7.2021
Allgemeine Menschenrechtslage
Letzte Änderung: 19.10.2021
Der Schutz der Menschenrechte durch die Verfassung ist gewährleistet (AA 30.5.2021). 2021 klassifizierte Freedom House die Ukraine als „teilweise frei“ (FH 3.3.2021a). Zu den gravierendsten Menschenrechtsthematiken gehören u.a. rechtswidrige oder willkürliche Tötungen; Folter und andere Misshandlungen von Gefangenen durch Vollzugspersonal; schlechte Hafttbedingungen; willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen; Probleme mit der Unabhängigkeit der Justiz; Einschränkungen der Meinungs-, Presse- und Internetfreiheit; Korruption; und Gewalt gegen LGBTI-Personen. Die Regierung hat es im Allgemeinen verabsäumt, angemessene Schritte zu setzen, um Fehlverhalten von Beamten strafrechtlich zu verfolgen oder zu bestrafen. Menschenrechtsgruppen und die Vereinten Nationen stellten erhebliche Mängel bei den Ermittlungen zu mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Sicherheitskräfte fest (USDOS 30.3.2021a).
Die Möglichkeit von NGOs, sich im Bereich Menschenrechte zu betätigen, unterliegt keinen staatlichen Restriktionen (AA 30.5.2021). Die Verfassung sieht eine vom Parlament bestellte Ombudsperson vor, den parlamentarischen Menschenrechtsbeauftragten (USDOS 30.3.2021a; vgl. WR 1.1.2020). Das Ombudsmannbüro arbeitet bei verschiedenen Projekten zur Überwachung von Menschenrechtspraktiken in Gefängnissen und anderen staatlichen Institutionen mit NGOs zusammen. Die Ombudsperson bemühte sich in der Vergangenheit speziell um Krimtataren, IDPs, Roma, Menschen mit Behinderungen und um von Russland inhaftierte politische Gefangene (USDOS 30.3.2021a).
Die Aktivitäten von Oppositionsparteien und -gruppen sowie die Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit unterliegen keinen nicht-rechtsstaatlichen Restriktionen (AA 30.5.2021). Die Medienlandschaft zeichnet sich durch einen beträchtlichen Pluralismus sowie offene Kritik an der Regierung aus (FH 3.3.2021a). Meinungs- und Pressefreiheit leiden jedoch weiterhin unter der wirtschaftlichen Schwäche des unabhängigen Mediensektors und dem Übergewicht von Medien, welche Oligarchen gehören oder von ihnen finanziert werden. Die Anzahl der Repressionen und Angriffe gegenüber Journalisten ist insgesamt stabil; besorgniserregend bleiben aber die oftmals fehlenden Ermittlungserfolge und die daraus resultierende Straflosigkeit – selbst in schwerwiegenden Fällen. Diverse russische soziale Medien und populäre Onlinedienste bleiben seit einem Dekret von Mai 2017 weiter verboten (AA 30.5.2021). Auf der Rangliste der Pressefreiheit 2021 von Reporter ohne Grenzen rangiert die Ukraine gegenwärtig auf Platz 97 von 180 Staaten. Rangmäßig befindet sich Usbekistan zwischen Ecuador und Liberia. Die Ukraine verschlechterte sich um einen Platz gegenüber der Reihung des Vorjahres (ROG o.D.). Verschiedene Sprachgesetze schreiben Nachrichtenagenturen vor, dass bestimmte Inhalte in ukrainischer Sprache verfasst sein müssen. Im April 2020 verlängerten der Nationale Sicherheitsrat und der ukrainische Präsident ein Verbot russischer sozialer Medien in der Ukraine (FH 3.3.2021a). Die Regierung setzt die Praxis fort, bestimmte Werke russischer Schauspieler, Filmregisseure und Sänger zu verbieten und Sanktionen gegen pro-russische Journalisten zu verhängen (USDOS 30.3.2021a).
Von einigen Ausnahmen abgesehen, können Einzelpersonen im Allgemeinen öffentlich und privat Kritik an der Regierung üben und Angelegenheiten von öffentlichem Interesse diskutieren, ohne offizielle Repressalien befürchten zu müssen. Gesetzlich sind jedoch Aussagen verboten, welche die territoriale Integrität des Landes bedrohen, kriegerische Auseinandersetzungen fördern, Rassen- oder Religionskonflikte befeuern oder die russische Aggression gegen das Land unterstützen. Die Regierung verfolgt Personen gemäß diesen Gesetzen (USDOS 30.3.2021a). Gewalt und Drohungen gegen Journalisten bleiben weiterhin ein Problem (USDOS 30.3.2021a; vgl. FH 3.3.2021a). Das Institut für Masseninformationen registrierte 2020 205 Verstöße gegen die Medienfreiheit, darunter 19 Fälle körperlicher Gewalt, 11 Cyberangriffe, 111 Fälle von Einmischung, 18 Fälle von Bedrohung, 17 Fälle von Einschränkungen des Zugangs zu öffentlichen Informationen und 2 Fälle von Zensur (FH 3.3.2021a). Gesetzesvollzugsbehörden überwachen das Internet, zeitweise ohne entsprechende rechtliche Befugnisse, und unternahmen schwerwiegende Schritte, um den Zugang zu Websites aufgrund "nationaler Sicherheitsbedenken" zu blockieren. Es wird berichtet, dass Gerichte weiterhin den Zugang zu Websites aus anderen Gründen als der nationalen Sicherheit blockieren. Gemäß Berichten werden Einzelpersonen wegen ihrer Beiträge in sozialen Medien von der Regierung strafrechtlich verfolgt (USDOS 30.3.2021a).
Die Verfassung sieht Versammlungsfreiheit vor (USDOS 30.3.2021a; vgl. WR 1.1.2020), und die Regierung respektiert dieses Recht im Allgemeinen. Veranstaltungen, welche von Frauenrechtsaktivisten organisiert werden, werden regelmäßig von Mitgliedern gewalttätiger radikaler Gruppen gestört. Bisweilen schützt die Polizei die Teilnehmer vor oder nach solchen Veranstaltungen nicht ausreichend vor Angriffen. Auch kleinere Demonstrationen, insbesondere von Minderheiten oder oppositionellen politischen Bewegungen, werden nicht ausreichend geschützt (USDOS 30.3.2021a). Zu den Pflichten des Veranstalters friedlicher Versammlungen zählt unter anderem die Anmeldung der Veranstaltung im Vorfeld bei den örtlich zuständigen Behörden. Die Fristen, welche in diesem Zusammenhang anzuwenden sind, sind jedoch nicht klar geregelt und variieren je nach vertretener Auffassung zwischen drei und zehn Tagen. Diese Unklarheit lässt den öffentlichen Behörden einen relativ großen Freiraum, Versammlungen zu untersagen. Tatsächlich wird die Abhaltung friedlicher Versammlungen von den Behörden immer wieder abgelehnt. Als gängige Begründungen dienen die zu späte Ankündigung der Demonstration, der Mangel an verfügbaren Polizisten zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, der gleichzeitige Besuch einer offiziellen ausländischen Delegation oder das gleichzeitige Stattfinden einer anderen Veranstaltung am selben Ort. Auch die Definition der „Friedlichkeit“ einer Versammlung ist relativ umstritten (ÖB 5.2021).
Die Verfassung und das Gesetz sehen Vereinigungsfreiheit vor, und die Regierung respektiert dieses Recht im Allgemeinen. Menschenrechtsorganisationen berichten über eine Zunahme der Angriffe auf Aktivisten, nachdem die Anzahl der Angriffe 2019 gesunken war (48 Angriffe im ersten Halbjahr 2020, gegenüber 39 im ersten Halbjahr 2019). Internationale und einheimische Menschenrechts-NGOs sind nach wie vor besorgt über die mangelnde Rechenschaftspflicht bei Angriffen auf Mitglieder zivilgesellschaftlicher Organisationen (USDOS 30.3.2021a). Angriffe auf Journalisten, Aktivisten der Zivilgesellschaft und Mitglieder von Minderheitengruppen sind häufig, und die Reaktion der Polizei ist oft unzureichend (FH 3.3.2021a). Sowohl natürliche als auch juristische Personen können einen Verein gründen. Die Vereinsgründung kann nur aus im Gesetz eng definierten Gründen untersagt werden (ÖB 5.2021). Mit Ausnahme eines Verbots der Kommunistischen Partei gibt es keine formellen Hindernisse für die Gründung und Aktivitäten politischer Parteien. Neue politische Parteien entstehen häufig. Ein Gesetz aus dem Jahr 2016 sieht eine staatliche Finanzierung von im Parlament vertretenen Parteien vor, aber dadurch werden etablierte Parteien gegenüber neu entstandenen Parteien bevorzugt. Oppositionsgruppen sind im Parlament vertreten, und ihre politischen Aktivitäten werden im Allgemeinen nicht durch administrative Beschränkungen oder rechtliche Schikanen behindert. Neue Kleinparteien haben Schwierigkeiten, mit etablierten Parteien zu konkurrieren, welche die Unterstützung und den finanziellen Rückhalt politisch vernetzter Oligarchen genießen (FH 3.3.2021a).
Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses und der ungestörten Religionsausübung wird von der Verfassung garantiert (AA 30.5.2021; vgl. WR 1.1.2020) und von der Regierung in ihrer Politik gegenüber Kirchen und Religionsgemeinschaften respektiert (AA 30.5.2021). Laut einer Umfrage sind 62,3% der Ukrainer christlich-orthodox. Davon gehören 18,6% zur neu gegründeten Orthodoxen Kirche der Ukraine, 2,3% zur ukrainisch-orthodoxen Kirche des Kiewer Patriarchats (UOC-KP), 13,6% zur ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats (UOC-MP), und 27% bezeichnen sich als „orthodox“. 9,6% der Ukrainer sind griechisch-katholisch, 0,1% jüdisch, 1,2% römisch-katholisch, 1,5% protestantisch und 0,5% muslimisch. Weitere 8,9% identifizieren sich als „Christen“, und 15,2% geben an, keiner religiösen Gruppe anzugehören (USDOS 12.5.2021). Kleinere religiöse Gruppen berichten weiterhin über eine gewisse Diskriminierung (FH 3.3.2021a). Gläubige der Russisch-Orthodoxen Kirche werfen dem ukrainischen Staat vereinzelt Verletzungen der Religionsfreiheit vor (AA 30.5.2021). Im Oktober 2018 erhielten ukrainisch-orthodoxe Geistliche die Erlaubnis der religiösen Behörden in Istanbul, dem historischen Sitz der östlich-orthodoxen Kirche, zur Gründung einer eigenen autokephalen Kirche außerhalb der kanonischen Gerichtsbarkeit der russisch-orthodoxen Kirche. Im Dezember 2018 wurde diese neue orthodoxe Kirche der Ukraine gegründet, um die bestehenden Denominationen zu vereinigen. Der Kreml und die Kirchenführer in Moskau lehnten diesen Schritt entschieden ab. Jedoch kam es in den vergangenen Jahren zu einem Abbau der Spannungen zwischen der neuen Orthodoxen Kirche der Ukraine und dem ukrainischen Zweig der russisch-orthodoxen Kirche (FH 3.3.2021a). Die Gründung der Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU) hat zwar zu heftigen kircheninternen Auseinandersetzungen geführt, verlief insgesamt aber weitestgehend friedlich. Die OKU wurde inzwischen durch die orthodoxen Kirchen von Alexandrien, Griechenlands und Zyperns anerkannt (AA 30.5.2021).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (30.5.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine (Stand: Februar 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2053303/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Ukraine_%28Stand_Februar_2021%29%2C_30.05.2021.pdf , Zugriff 5.7.2021
FH – Freedom House (3.3.2021a): Freedom in the World 2021 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046545.html , Zugriff 5.7.2021
MRBP – Menschenrechtsbeauftragter des Parlaments [Ukraine] (15.3.2018): Омбудсман - Біографія [Ombudsperson - Biografie], https://ombudsman.gov.ua/ua/page/secretariat/ombudsman/biography/ , Zugriff 19.7.2021
ÖB – Österreichische Botschaften [Österreich] (5.2021): Asylländerbericht - Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/2055500/UKRA_%C3%96B_BERICHT_2020_05.docx , Zugriff 9.7.2021
ROG – Reporter ohne Grenzen (o.D.): Rangliste der Pressefreiheit 2021, https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Ranglisten/Rangliste_2021/Rangliste_der_Pressefreiheit_2021_-_RSF.pdf , Zugriff 19.7.2021
USDOS – US Department of State [USA] (12.5.2021): 2020 Report on International Religious Freedom: Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2051579.html , Zugriff 8.7.2021
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021a): 2020 Country Report on Human Rights Practices - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048176.html , Zugriff 5.7.2021
WR – Werchowna Rada [Parlament] [Ukraine] (1.1.2020): Конституція України [Verfassung der Ukraine] (in der Fassung vom 1.1.2020), https://zakon.rada.gov.ua/laws/show/254%D0%BA/96-%D0%B2%D1%80#Text , Zugriff 12.7.2021
Grundversorgung und Wirtschaft
Letzte Änderung: 19.10.2021
Die makroökonomische Lage hat sich nach schweren Krisenjahren stabilisiert. Ungeachtet des Konflikts in der Ostukraine sowie der anhaltenden Besetzung der Krim durch Russland wurde 2019 ein Wirtschaftswachstum von 3,2% erzielt, welches 2020 pandemiebedingt um geschätzte 4,4% gesunken ist. Die Staatsverschuldung belief sich 2020 auf ca. 63% des BIP (Staatsschulden zu BIP, 2019: 50,5%) (AA 30.5.2021). Im ersten Quartal 2021 sank das reale BIP im Vergleich zum Vorjahreswert um 2,2%. Es kam zu einem beträchtlichen Anstieg der Inflationsrate (9,5% im Mai 2021 im Vergleich zum Vorjahreswert) (WIIW o.D.). Der gesetzliche Mindestlohn wurde zuletzt zum 1.1.2021 auf 6.000 UAH [ca. 175 Euro] erhöht (AA 30.5.2021).
Die EU ist der wichtigste Handelspartner der Ukraine. Die wirtschaftliche Anbindung der Ukraine an die EU regelt das Assoziierungsabkommen, welches am 1.9.2017 in Kraft getreten ist. China ist der wichtigste Einzellandpartner für ukrainische Importe und Exporte. Russland nimmt den dritten Rang der wichtigsten Außenhandelspartner der Ukraine ein. Die Ukraine ist einer der weltweit wichtigsten Agrarproduzenten- und Exporteure (WKO 4.2021).
Die Existenzbedingungen sind im Landesdurchschnitt knapp ausreichend. Die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gesichert. Vor allem in ländlichen Gebieten stehen Strom, Gas und warmes Wasser zum Teil nicht immer ganztägig zur Verfügung (AA 30.5.2021). Die Situation, gerade von auf staatliche Versorgung angewiesenen älteren Menschen, Kranken, Behinderten und Kindern, bleibt daher karg. Die Versorgungslage in den nichtregierungskontrollierten Gebieten ist deutlich schlechter, von der Krim wird die Rationierung von Leitungswasser gemeldet. Die Ukraine gehört trotz vor der Pandemie zuletzt deutlich steigender Reallöhne zu den ärmsten Ländern Europas. Das offizielle BIP pro Kopf zählt zu den niedrigsten im Regionalvergleich und beträgt lediglich ca. 3.221 USD pro Jahr und Kopf. Ein hoher Anteil von nicht erfasster Schattenwirtschaft muss in Rechnung gestellt werden (AA 30.5.2021). Ohne zusätzliche Einkommensquellen (in ländlichen Gebieten oft Selbstversorger, Schattenwirtschaft) bzw. private Netzwerke ist es insbesondere Pensionisten und sonstigen Transferleistungsempfängern kaum möglich, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Sozialleistungen und Pensionen werden zwar regelmäßig ausbezahlt, sind jedoch trotz regelmäßiger Erhöhungen größtenteils sehr niedrig (Mindestpension zum 1.1.2021: 2.400 UAH [ca. 69 Euro]) (AA 30.5.2021). Nachdem die durchschnittlichen Verdienstmöglichkeiten weit hinter den Möglichkeiten im EU-Raum, aber auch in Russland, zurückbleiben, spielt Arbeitsmigration am ukrainischen Arbeitsmarkt eine bedeutende Rolle (ÖB 5.2021). Die Arbeitslosenrate betrug 2020 9,5% (WIIW o.D.).
Das ab der zweiten Hälfte der 1990er Jahre eingeführte ukrainische Sozialversicherungssystem umfasst eine gesetzliche Pensionsversicherung, eine Arbeitslosenversicherung und eine Arbeitsunfallversicherung. Aufgrund der Sparpolitik der letzten Jahre wurde im Sozialsystem einiges verändert, darunter Anspruchsanforderungen, Finanzierung des Systems und beim Versicherungsfonds. Die Ausgaben für das Sozialsystem im nicht-medizinischen Sektor sanken von 23% des BIP im Jahr 2013 auf 18,5% im Jahr 2015 und danach weiter auf 17,8%. Dies ist vor allem auf Reduktion von Sozialleistungen, besonders der Pensionen, zurückzuführen. Der Durchschnittslohn lag im Oktober 2020 bei 12.174 UAH [ca. 368 Euro]. Das Wirtschaftsministerium schätzte den Schattensektor der ukrainischen Wirtschaft 2019 auf 29%, andere Schätzungen gehen eher von 50% aus. Das gesetzlich festgelegte Existenzminimum für eine alleinstehende Person wurde ab 1. Dezember 2020 mit 2.270 UAH [ca. 68 Euro] festgelegt. Alleinstehende Personen mit Kindern können in Form einer Beihilfe für Alleinerziehende staatlich unterstützt werden. Diese wird für Kinder unter 18 Jahren (bzw. Studierende unter 23 Jahren) ausbezahlt. Die Zulage orientiert sich am Existenzminimum für Kinder (entspricht 80% des Existenzminimums für alleinstehende Personen) und dem durchschnittlichen Familieneinkommen. Diese Form von Unterstützung ist mit einer maximalen Höhe von 1.859 UAH [ca. 56 Euro] für Kinder im Alter bis zu 6 Jahren, 2.318 UAH [ca. 70 Euro] für Kinder im Alter von 6 bis 18 Jahren bzw. 2.197 UAH [ca. 67 Euro] für Kinder im Alter von 18 bis 23 Jahren pro Monat gedeckelt. Außerdem ist eine Hinterbliebenenpension vorgesehen, welche monatlich 50% der Pension des Verstorbenen für eine Person beträgt; bei zwei oder mehr Hinterbliebenen werden 100% ausbezahlt. Für Minderjährige gibt es staatliche Unterstützungen in Form von Familienbeihilfen, welche an arme Familien vergeben werden. Hinzu kommt ein Zuschuss bei Geburt oder Adoption eines Kindes sowie die o.g. Beihilfe für Alleinerziehende. Der Geburtszuschuss beträgt derzeit in Summe 41.280 UAH [ca. 1.288 Euro]. Davon werden 10.320 UAH [ca. 322 Euro] in den zwei bis drei Monaten nach Geburt/Adoption ausbezahlt, die restliche Summe in gleichen Zahlungen von 860 UAH [ca. 27 Euro] monatlich im Laufe der folgenden drei Jahre. Laut den geltenden ukrainischen Gesetzen beträgt die Dauer des Mutterschutzes zwischen 126 Tagen (70 Tage vor und 56 Tage nach der Geburt) und 180 Tagen (jeweils 90 Tage vor und nach der Geburt). Für diese Periode bekommen die Mütter ihren Lohn hundertprozentig ausbezahlt. In den nächsten drei Karenzjahren bekommen die Mütter keine weiteren Auszahlungen außer dem o.g. Geburtszuschuss bzw. den finanziellen Zuschüssen für Alleinerziehende. Gesetzlich ist grundsätzlich ebenfalls die Möglichkeit einer Väterkarenz vorgesehen, wobei diese in der Praxis weiterhin kaum in Anspruch genommen wird (ÖB 5.2021).
Versicherte Erwerbslose erhalten mindestens 1.800 UAH [ca. 55 Euro] und maximal 8.408 UAH [ca. 250 Euro] Arbeitslosengeld pro Monat, was dem Vierfachen des gesetzlichen Mindesteinkommens entspricht. Nicht-versicherte Arbeitslose erhalten mindestens 650 UAH [ca. 21 Euro]. In den ersten 90 Kalendertagen werden 100% der Berechnungsgrundlage ausbezahlt, in den nächsten 90 Tagen sind es 80%, danach 70%. Die gesetzlich verpflichtende Pensionsversicherung wird durch den Pensionsfonds der Ukraine verwaltet, welcher sich aus Pflichtbeiträgen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, aus Budgetmitteln und diversen Sozialversicherungsfonds speist. Im Oktober 2017 nahm das ukrainische Parlament eine umfassende Pensionsreform an, welche vor allem auch von internationalen Geldgebern zur Reduzierung des großen strukturellen Defizits gefordert wurde. Eine automatische Indexierung der Mindestpension sowohl an die Inflationsrate als auch an die Entwicklung des Mindestlohns wurde verankert. Weiters wurde für arbeitende Pensionisten der Beitrag zur staatlichen Pensionsversicherung von 15% zur Gänze gestrichen. Das Pensionsantrittsalter wurde bei 60 Jahren belassen, die Anzahl an Beitragsjahren zur Erlangung einer staatlichen Pension wurde auf 30 Jahre erhöht und soll bis 2038 auf 35 Jahre steigen. Ebenfalls abgeschafft wurden gewisse Privilegien z.B. für öffentlich Bedienstete, Richter, Staatsanwälte und Lehrer. Im April 2020 belief sich die Durchschnittspension auf 3.170,14 UAH [ca. 96 Euro], die durchschnittliche Invaliditätspension auf 2.547 UAH [ca. 77 Euro] und die Hinterbliebenenpension auf 2.259,99 UAH [ca. 71 Euro]. Viele Pensionisten sind dementsprechend gezwungen weiterzuarbeiten. Private Pensionsvereinbarungen sind seit 2004 gesetzlich möglich. Die Ukraine hat mit 11,3 Millionen Pensionisten (mehr als ein Viertel der Gesamtbevölkerung) europaweit eine der höchsten Quoten in diesem Bevölkerungssegment, was sich auch im öffentlichen Haushalt widerspiegelt: 2014 wurden 17,2% des Bruttoinlandsprodukts der Ukraine für Pensionszahlungen aufgewendet (ÖB 5.2021).
In den Konfliktgebieten in der Ostukraine (Donezk und Lugansk) bleibt die humanitäre Situation angespannt. Ein beträchtlicher Anteil derjenigen Menschen, welche humanitäre Hilfe benötigen, sind ältere Personen. Mehr als eine halbe Million Menschen lebt in Gebieten, welche direkt vom bewaffneten Konflikt betroffen sind (UNHCR 1.10.2020). In den von Separatisten besetzten Gebieten in Donezk und Lugansk müssen die Bewohner die Kontaktlinie überqueren, um ihre Ansprüche (Sozialleistungen, Pensionen etc.) bei den ukrainischen Behörden geltend zu machen (AA 30.5.2021; vgl. UNHCR 1.10.2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (30.5.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine (Stand: Februar 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2053303/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Ukraine_%28Stand_Februar_2021%29%2C_30.05.2021.pdf , Zugriff 5.7.2021
ÖB – Österreichische Botschaften [Österreich] (5.2021): Asylländerbericht - Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/2055500/UKRA_%C3%96B_BERICHT_2020_05.docx , Zugriff 9.7.2021
UNHCR – UN High Commissioner for Refugees [UN] (1.10.2020): UNHCR supports pensioners on both sides of the contact line in Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2038678.html , Zugriff 23.7.2021
WIIW – Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche (o.D.): Ukraine - Overview, https://wiiw.ac.at/ukraine-overview-ce-14.html , Zugriff 23.7.2021
WKO – Wirtschaftskammer Österreich [Österreich] (4.2021): Wirtschaftsbericht Ukraine, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/ukraine-wirtschaftsbericht.pdf , Zugriff 23.7.2021
Medizinische Versorgung
Letzte Änderung: 19.10.2021
Das ukrainische Spitalswesen ist derzeit nach einem hierarchischen Dreistufenplan organisiert: die Grundversorgung wird in Rayonskrankenhäusern bereitgestellt. Das Rückgrat des ukrainischen Spitalswesens stellen die Distriktkrankenhäuser dar, welche sich durch Spezialisierung in den verschiedenen medizinischen Disziplinen auszeichnen. Die dritte Ebene wird durch überregionale Spezialeinrichtungen und spezialisierte klinische und diagnostische Einrichtungen an den nationalen Forschungsinstituten des ukrainischen Gesundheitsministeriums gebildet. Ursprünglich als Speerspitze der Gesundheitsversorgung für komplizierte Fälle konzipiert, sind die Grenzen zwischen Einrichtungen der zweiten und dritten Ebene in letzter Zeit zunehmend verschwommen (ÖB 5.2021).
Von einigen Ausnahmen abgesehen, ist die technische Ausstattung ukrainischer Krankenhäuser als dürftig zu bezeichnen. Während die medizinische Versorgung in Notsituationen in den Ballungsräumen als befriedigend bezeichnet werden kann, bietet sich auf dem Land ein differenziertes Bild: Jeder zweite Haushalt am Land hat keinen Zugang zu medizinischen Notdiensten. Die hygienischen Bedingungen, vor allem in den Gesundheitseinrichtungen am Land, sind oftmals schlecht. Aufgrund der niedrigen Gehälter und der starken Motivation gut ausgebildeter Mediziner, ins Ausland zu gehen, sieht sich das ukrainische Gesundheitssystem mit einer steigenden Überalterung seines Personals und mit einer beginnenden Ausdünnung der Personaldecke, vor allem auf dem Land und in Bereichen der medizinischen Grundversorgung, konfrontiert (ÖB 5.2021).
Von Gesetzes wegen und dem ehemaligen sowjetischen Modell folgend sollte die Bereitstellung der jeweils nötigen Medikation – mit der Ausnahme spezieller Verschreibungen im ambulanten Bereich – durch Budgetmittel gewährleistet sein. In der Realität waren laut einer Studie aus dem Jahr 2017 in 97% der Fälle die Medikamente von den Patienten selbst zu bezahlen, was die in Angriff genommene Reform zu reduzieren versucht. Dies trifft vor allem auf Verschreibungen nach stationärer Aufnahme in Spitälern zu. 50% der Patienten würden demnach aufgrund finanzieller Schwierigkeiten eine Behandlung hinauszögern oder diese gänzlich nicht in Anspruch nehmen. In 43% der Fälle mussten die Patienten entweder Eigentum verkaufen oder sich Geld ausleihen, um eine Behandlung bezahlen zu können. In der Theorie sollten sozial Benachteiligte und Patienten mit schweren Erkrankungen (Tbc, Krebs, etc.) von jeglichen Medikamentenkosten, auch im ambulanten Bereich, befreit sein. Aufgrund der chronischen Unterdotierung des Gesundheitsetats und der grassierenden Korruption wird dies in der Praxis jedoch selten umgesetzt (ÖB 5.2021). Im Staatshaushalt 2021 sind Gesundheitsausgaben in Höhe von ca. 4,3% des Bruttoinlandsprodukts eingeplant (zum Vergleich: 3,3% im Jahr 2020) (AA 30.5.2021).
Ende 2017 wurde eine umfassende Reform des ukrainischen Gesundheitssystems eingeleitet. Eingeführt wurde unter anderem das System der „Familienärzte“. Patienten können in dem neuen System direkt mit einem frei gewählten Arzt, unabhängig von Melde- oder Wohnort, eine Vereinbarung abschließen und diesen als Hauptansprechpartner für alle gesundheitlichen Belange nutzen. Ebenfalls ist eine dringend nötige Modernisierung der medizinischen Infrastruktur in ländlichen Regionen vorgesehen und ein allgemeiner neuer Zertifizierungsprozess inklusive strikterer und transparenterer Ausbildungsanforderungen für Ärzte vorgesehen. Weiters sind ukrainische Ärzte nunmehr verpflichtet, internationale Behandlungsprotokolle zu befolgen. Die Umsetzung der Reform schreitet nur schrittweise voran. Im Jahr 2018 wurde ein Nationaler Gesundheitsdienst (NGD) gegründet, welcher auch als zentrales Finanzierungsorgan für alle (öffentlichen und privaten) ukrainischen Gesundheitsdienstleister dienen und die Implementierung der Gesundheitsreform vorantreiben soll (ÖB 5.2021; vgl. EASO 2.2021, GM o.D.). Die Gesundheitsleistungen des NGD stehen ukrainischen Bürgern, Rückkehrern, Ausländern mit Aufenthaltsbewilligungen (einschließlich Asylwerbern) und Binnenvertriebenen offen (EASO 2.2021).
Im Rahmen der laufenden Reform des Gesundheitswesens wird das sowjetische Finanzierungsmodell pauschaler Vorhaltfinanzierung medizinischer Einrichtungen schrittweise abgeschafft und stattdessen ein System der Vergütung konkret erbrachter medizinischer Leistungen eingeführt ("Geld folgt dem Patienten") (AA 30.5.2021; vgl. EASO 2.2021, GM o.D.). Der Nationale Gesundheitsdienst hat dabei die Funktion einer staatlichen, budgetfinanzierten Einheitskrankenversicherung übernommen (AA 30.5.2021). Eine gesetzliche Krankenversicherung wurde in der Ukraine bislang nicht eingeführt (ÖB 5.2021).
2018/2019 wurde in einer ersten Phase der Gesundheitsreform die primärmedizinische/hausärztliche Versorgung auf Finanzierung über den NGD umgestellt. Der NGD übernimmt auch die Kostenerstattung für rezeptpflichtige, staatlich garantierte Arzneien(AA 30.5.2021; vgl. EASO 2.2021, NGD o.D., GM o.D.). Das Affordable Medicines Programme hat 2017 begonnen und umfasst 23 Medikamente für kardiovaskuläre Erkrankungen, Asthma und Diabetes Typ 2. Für Zugang zum Programm benötigt man ein Rezept vom Familienarzt (Allgemeinmediziner). Ein Teil der Medikamente ist kostenlos, bei einem Teil gibt es einen Selbstbehalt. Etwa 7.000 Apotheken in der Ukraine nehmen an dem Programm teil. Doch das alte System ist noch nicht vollständig abgelöst. Die Essential Medicines List (EML) enthält ca. 400 Wirkstoffe, die für stationäre Patienten kostenlos sein sollten. Für ambulante Patienten gilt das o.g. Refundierungssystem des Affordable Medicines Programme. In der Praxis bezahlen etwa 95% der stationären Patienten zumindest einige ihrer Medikamente selbst, was durch die Reform repariert werden soll. Der Staat bezahlt oft nur alte, klassische Präparate, während neuere Medikamente nicht übernommen werden. Ein weiteres Problem kann auch geografische Erreichbarkeit sein. In manchen Regionen müssen Patienten 200 km anreisen, um Medikamente zu erhalten (EASO 2.2021).
Die Datenbank des NGD umfasst zurzeit 1.696 primärmedizinische Einrichtungen (davon 201 Privatambulanzen und 388 private Ärztepraxen) sowie ca. 31 Millionen individuelle Patientenverträge mit Hausärzten, d.h. das neue System staatlich garantierter medizinischer Dienstleistungen und Arzneien erreicht mittlerweile 70% der Einwohner (AA 30.5.2021; vgl. AC 21.7.2020). Ab April 2020 wurde die Reform auf die fachmedizinische Versorgung (Krankenhäuser) erweitert (AA 30.5.2021; vgl. EASO 2.2021, AC 21.7.2020). Soweit die Gesundheitsreform noch nicht vollständig umgesetzt ist, ist der Beginn einer Behandlung in der Regel auch weiterhin davon abhängig, dass der Patient einen Betrag im Voraus bezahlt oder Medikamente und Pflegemittel auf eigene Rechnung beschafft. Neben dem öffentlichen Gesundheitswesen sind in den letzten Jahren auch private Krankenhäuser bzw. gewerblich geführte Abteilungen staatlicher Krankenhäuser gegründet worden. Die Dienstleistungen der privaten Krankenhäuser sind außerhalb des NGD jedoch für die meisten Ukrainer nicht bezahlbar (AA 30.5.2021). Gebräuchliche Medikamente werden im Land selbst hergestellt (AA 30.5.2021; vgl. EASO 2.2021). Die Apotheken halten teilweise auch importierte Arzneien vor (AA 30.5.2021).
Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen, in denen überlebenswichtige Maßnahmen durchgeführt und chronische, auch innere und psychische Krankheiten behandelt werden können, existieren sowohl in der Hauptstadt Kiew als auch in vielen Gebietszentren des Landes. Landesweit gibt es ausgebildetes und sachkundiges medizinisches Personal (AA 30.5.2021). In Kleinstädten und Dörfern herrscht ein Ärztemangel (EASO 2.2021; vgl. AC 21.7.2020). Die traditionellen und kulturell verankerten informellen Zahlungen im Gesundheitssektor sind bis heute weit verbreitet, obwohl sie gesetzeswidrig sind (EASO 2.2021). Die Verfassung der Ukraine sichert allen Bürgern eine kostenlose Gesundheitsversorgung zu (WR 1.1.2020). Informelle Zuzahlungen sind illegal, kommen aber immer noch vor, vor allem auf der sekundären Ebene der Gesundheitsversorgung (Fachärzte). Angeblich bezahlen über 80% der Patienten informell etwas hinzu. Diese Zahlungen werden als Teil der ukrainischen Kultur betrachtet. Viele Patienten fürchten Berichten zufolge, dass sie eine Behandlung nicht erhalten, wenn sie nichts zuzahlen bzw. bezahlen, um besser behandelt zu werden. Es soll möglich sein, die Behandlung auch ohne Zahlungen zu erhalten, wenn man „genug Lärm“ macht, aber das könne auch nach hinten losgehen, und Patienten zahlen, um die Behandlung langfristig zu sichern (EASO 2.2021).
Im Gesundheitsbereich bestehen nach Feststellungen der UN sowie des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK) insbesondere entlang der Kontaktlinie zu den von Separatisten besetzten Teilen der Gebiete Lugansk und Donezk sowie in den besetzten Gebieten substantielle (z.T. gravierende) Defizite. Diese betreffen sowohl den zumutbaren Zugang zu Gesundheitseinrichtungen bzw. -dienstleistungen (auch Notfallmedizin, Erstversorgung und Diagnose) als auch die Versorgung mit Medikamenten. Zahlreiche medizinische Versorgungseinrichtungen wurden durch Kampfhandlungen beschädigt oder zerstört. In der „Grauen Zone“ entlang der Kontaktlinie sind knapp 60% der Haushalte (überwiegend alte, chronisch kranke Menschen, darunter überproportional viele mit Behinderungen und Mobilitätseinschränkungen) von solchen Zugangsbeschränkungen betroffen. Die mit Konfliktbeginn einsetzende Abwanderung von medizinischem Personal kommt erschwerend hinzu. Mit der Fortdauer des Konflikts steigt die Anzahl der traumatherapie- und behandlungsbedürftigen Menschen rasant. Darunter sind neben den direkten Konfliktopfern die zahlreichen Veteranen, Binnenvertriebene, Opfer von Minen, Sprengfallen und nicht-explodierten Kampfmitteln sowie Opfer häuslicher Gewalt (AA 30.5.2021).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (30.5.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine (Stand: Februar 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2053303/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Ukraine_%28Stand_Februar_2021%29%2C_30.05.2021.pdf , Zugriff 5.7.2021
AC – Atlantic Council / Judy Twigg (21.7.2020): Ukraine’s healthcare system is in critical condition again, https://www.atlanticcouncil.org/blogs/ukrainealert/ukraines-healthcare-system-is-in-critical-condition-again/ , Zugriff 13.7.2021
EASO – European Asylum Support Office [EU] (2.2021): Ukraine FFM report – healthcare reform and economic accessibility (Medical Country of Origin Information Report), https://www.ecoi.net/en/file/local/2045259/2021_02_EASO_MedCOI_Ukraine_FFM_report_healthcare_system_and_economic_accessibility.pdf , Zugriff 13.7.2021
GM – Gesundheitsministerium [Ukraine] (o.D.): Healthcare Reform: The transformation of Ukrainian healthcare - Key Steps to Transforming Ukrainian Healthcare, https://en.moz.gov.ua/healthcare-reform , Zugriff 13.7.2021
NGD – Nationaler Gesundheitsdienst [Ukraine] (o.D.): Про НСЗУ [Über den NGD], https://nszu.gov.ua/pro-nszu , Zugriff 13.7.2021
ÖB – Österreichische Botschaften [Österreich] (5.2021): Asylländerbericht - Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/2055500/UKRA_%C3%96B_BERICHT_2020_05.docx , Zugriff 9.7.2021
WR – Werchowna Rada [Parlament] [Ukraine] (1.1.2020): Конституція України [Verfassung der Ukraine] (in der Fassung vom 1.1.2020), https://zakon.rada.gov.ua/laws/show/254%D0%BA/96-%D0%B2%D1%80#Text , Zugriff 12.7.2021
Rückkehr
Letzte Änderung: 18.10.2021
Grundsätzlich ist die Einreise eines ukrainischen Staatsangehörigen verfassungsmäßig garantiert (AA 30.5.2021; vgl. WR 1.1.2020). Es sind keine Berichte bekannt, wonach in die Ukraine abgeschobene oder freiwillig zurückgekehrte ukrainische Asylbewerber wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland behelligt worden wären. Neue Dokumente können landesweit in den Servicezentren des Staatlichen Migrationsdiensts beantragt werden. Ohne ordnungsgemäße Dokumente können sich – wie bei anderen Personengruppen auch – Schwierigkeiten bei der Wohnungs- und Arbeitssuche oder der Inanspruchnahme des staatlichen Gesundheitswesens ergeben (AA 30.5.2021). Die Gesundheitsleistungen des Nationalen Gesundheitsdienstes (NGD) stehen Rückkehrern offen (EASO 2.2021). Die Regierung unterhält eine Liste russischer oder pro-russischer Musiker, Schauspieler und anderer Kulturschaffender, welchen die Einreise in die Ukraine aus Gründen der nationalen Sicherheit untersagt ist (USDOS 30.3.2021a). Repressionen gegen Personen, welche sich im Ausland exilpolitisch betätigt haben, nach deren Rückkehr in die Ukraine, oder Rückkehrverbote für solche Personen sind nicht bekannt (AA 30.5.2021).
IOM bietet Unterstützung bei der Reintegration von Ukrainern an, welche freiwillig aus Europa in die Ukraine zurückkehren. Konkret betreffen die von IOM angebotenen Unterstützungsleistungen u.a. folgende Bereiche: Transfers ab Eintreffen beim Flughafen; Bereitstellung kurzfristiger Unterbringungsmöglichkeiten auf Anfrage; Berufsausbildungen und Unterstützung bei der Gründung von Kleinunternehmen (IOM o.D.).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (30.5.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine (Stand: Februar 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2053303/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Ukraine_%28Stand_Februar_2021%29%2C_30.05.2021.pdf , Zugriff 5.7.2021
EASO – European Asylum Support Office [EU] (2.2021): Ukraine FFM report – healthcare reform and economic accessibility (Medical Country of Origin Information Report), https://www.ecoi.net/en/file/local/2045259/2021_02_EASO_MedCOI_Ukraine_FFM_report_healthcare_system_and_economic_accessibility.pdf , Zugriff 13.7.2021
IOM – International Organization for Migration [UN] (o.D.): Travel Assistance: Travel and Reintegration Assistance, https://www.iom.org.ua/en/travel-assistance , Zugriff 19.7.2021
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021a): 2020 Country Report on Human Rights Practices - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048176.html , Zugriff 19.7.2021
WR – Werchowna Rada [Parlament] [Ukraine] (1.1.2020): Конституція України [Verfassung der Ukraine] (in der Fassung vom 1.1.2020), https://zakon.rada.gov.ua/laws/show/254%D0%BA/96-%D0%B2%D1%80#Text , Zugriff 12.7.2021
3. Beweiswürdigung:
Zur Person der Beschwerdeführerinnen:
Die Anträge auf internationalen Schutz sowie der Verfahrensgang ergeben sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten. Die näheren Lebensumstände der Beschwerdeführerinnen im Herkunftsstaat sowie in Österreich ergeben sich aus ihren nachvollziehbaren und daher glaubhaften Angaben im Rahmen dieses Asylverfahrens.
Zu den vorgebrachten Fluchtgründen:
Die von der Erstbeschwerdeführerin vorgebrachten Bedrohungen und Verfolgungen, u.a., dass man auch in der Ukraine versucht habe ihr die Kinder wegzunehmen bzw. den Sohn XXXX zu entführen, stellen sich im Zusammenhang mit den Erkenntnissen der österreichischen Kinder und Jugendhilfe als Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Kindeswohl dar. So gibt die Erstbeschwerdeführerin widersprüchlich an, dass die Polizei ihr ihre Kinder nach Entführungen immer wieder zurückgebracht habe und andererseits, dass die Polizei ihr nicht geholfen habe die Kinder zu finden. Auch die von der Erstbeschwerdeführerin vorgebrachten Diebstähle zum Beispiel aller Ausweise, weil sie sich mit Politik beschäftigt habe, konnte sie nicht glaubhaft schildern und stellen sich diese Ausführungen auch mit den in Österreich bei der Polizei wegen diverser gleichgelagerter Anzeigen und Vorfälle dokumentierter Tatsachen und Sachverhalte als Wahnvorstellungen und unbegründete Ängste der Erstbeschwerdeführerin dar. Auch andere Schicksalsschläge, abgesehen davon, dass diese nicht asylrelevant wären, wie eine ungerechtfertigte Kündigung oder die Kontrolle ihrer Post bzw. deren möglicher Diebstahl stellen sich in der Gesamtsicht als bloße Vermutungen der Erstbeschwerdeführerin dar.
Die in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht und in den Protokollen des BFA getätigten Vorbringen waren ausgesprochen widersprüchlich und waren auch aufgrund der bei der Beschwerdeführerin diagnostizierten psychotischen und paranoiden Eindrucks nicht glaubhaft.
Zu den Länderfeststellungen
Die oa. aktuellen Länderfeststellungen werden der gegenständlichen Entscheidung ebenfalls zu Grunde gelegt. Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Es besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln.
Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte neueren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem BVwG von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation geändert haben.
So hat sich seit dem Einmarsch Russlands in alle Teile des ukrainischen Hoheitsgebiets die Sicherheitslage nicht nur im Osten drastisch verschlechtert. Selbst nach der Annexion ukrainischer Gebiete durch die Russische Föderation im Osten des Landes finden insbesondere seit 10.10.2022 weiterhin russische Angriffe auch im Westen insbesondere in den Städten Kiew und Lwiw statt.
Es herrscht durch den Kriegszustand (noch) im gesamten Staatsgebiet der Ukraine derzeit für alle Zivilpersonen die Gefahr eines ernsthaften Schadens im Sinne des Art. 15 der Status RL, wonach eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes.
Entsprechend dem Beschwerdevorbringen zu Berichten über die aktuellen russischen Angriffe auch im Westen der Ukraine, insbesondere in Kiew und Lwiw Anfang Oktober 2022 sowie der sich zuspitzenden Situation im Bereich der medizinischen Versorgung wird dies als aktuelle Situation im Herkunftsland der BF der Entscheidung zu Grunde gelegt und berücksichtigt. Daraus ist auch ersichtlich, dass die Ukraine von der Covid 19-Pandemie stark betroffen war/ist.
4. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu Spruchpunkt I – Asyl -Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).
Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. etwa VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen - 23 - Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 24.02.2015, Ra 2014/18/0063); auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/18/0112 mwN). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).
Für das Vorliegen einer asylrelevanten Verfolgungsgefahr ist nicht maßgeblich, ob der Asylwerber wegen einer von ihm tatsächlich vertretenen oppositionellen Gesinnung verfolgt wird. Es reicht aus, dass eine staatsfeindliche politische Gesinnung zumindest unterstellt wird und die Aussicht auf ein faires staatliches Verfahren zur Entkräftung dieser Unterstellung nicht zu erwarten ist, oder dass die Strafe für ein im Zusammenhang mit einem ethnischen oder politischen Konflikt stehendes Delikt so unverhältnismäßig hoch festgelegt wird, dass die Strafe nicht mehr als Maßnahme einzustufen wäre, die dem Schutz legitimer Interessen des Staates dient (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. Mai 2004, Zl. 2002/20/0156, mit Verweis auf die hg. Erkenntnisse vom17. September 2003, Zl. 2001/20/0303, und vom 19. Oktober 2000, Zl. 98/20/0417).
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat eine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 45, Rz 3, mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft - 24 - gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).
Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein, diese muss im Entscheidungszeitpunkt vorliegen. Auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.
Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt, ist es der Erstbeschwerdeführerin insgesamt nicht gelungen für sich und ihre Tochter, eine konkret und gezielt gegen ihre Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der GFK genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass auch durch den persönlichen Eindruck in der mündlichen Verhandlung die geschilderten Verfolgungshandlungen nicht als asylrelevante Bedrohung glaubhaft dargestellt werden konnte.
Zum Ausreisezeitpunkt hätte die Erstbeschwerdeführerin – selbst bei Wahrunterstellung ernsthafter Bedrohung - den Schutz der Behörden im damals als sicher geltenden Herkunftsstaat erhalten können. Dies wurde jedoch von den Beschwerdeführern offenbar nicht erwogen.
Der Erstbeschwerdeführerin ist es somit nicht gelungen, eine ihr aktuell im Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgung für sich und ihre Tochter glaubhaft zu machen.
Der vorliegende Antrag ist daher in Bezug auf Asyl abzuweisen.
Zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
Wird ein Asylantrag "in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" abgewiesen, so ist dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde". Nach § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung dieses Status mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 zu verbinden.
Angesichts des im Wesentlichen identen Regelungsinhalts des bis 31.12.2005 in Kraft stehenden § 8 Abs. 1 AsylG 1997 im Verhältnis zum nunmehr in Geltung stehenden § 8 Abs. 1 AsylG 2005 – abgesehen vom im letzten Halbsatz des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nunmehr enthaltenen zusätzlichen Verweis auf eine eventuelle ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes als weitere mögliche Bedingung für eine Gewährung subsidiären Schutzes – lässt sich auch die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum § 8 AsylG 1997 auch auf die neue Rechtslage anwenden.
Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. Letzteres wurde wiederum durch das Protokoll Nr. 6 beziehungsweise Nr. 13 zur Abschaffung der Todesstrafe hinfällig. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Gemäß § 8 Abs. 3 und 6 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich dieses Status abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offensteht oder wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann. Daraus und aus mehreren anderen Vorschriften (§ 2 Abs. 1 Z 13, § 10 Abs. 1 Z 2, § 27 Abs. 2 und 4 AsylG 2005) ergibt sich, dass dann, wenn dem Asylwerber kein subsidiärer Schutz gewährt wird, sein Antrag auf interanationalen Schutz auch in dieser Beziehung förmlich abzuweisen ist.
Somit ist zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).
Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird – auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören –, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; 08.06.2000, Zl. 99/20/0203; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).
Gemäß der Judikatur des EGMR muss der Antragsteller die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 – Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt so weit als möglich Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005). Auch der Verwaltungsgerichtshof stellte wiederholt mit Verweis auf die ständige Judikatur des EGMR klar, dass – abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde – es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. etwa VwGH 13.09.2016, Zl. Ra 2016/01/0096, Rz 9-12, zur diesbezüglich nicht beanstandeten Rückkehrmöglichkeit eines gesunden und arbeitsfähigen Revisionswerbers nach Kabul; VwGH 05.10.2016, Zl. Ra 2016/19/0158, Rz 13-14, zur Rückkehrmöglichkeit eines gesunden Revisionswerbers nach Mogadischu). Zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK ist es notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (VwGH 25.05.2016, Zl. Ra 2016/19/0036). Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).
Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443; 13.11.2001, Zl. 2000/01/0453; 09.07.2002, Zl. 2001/01/0164; 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") – die bloße Möglichkeit genügt nicht – damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137). Der EGMR geht weiter allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische oder sonstige unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann diesbezüglich die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen. vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. VwGH 21.02.2017, Zl. Ra 2017/18/0008, Rz 7-8 mit Verweis auf EGMR, 13.12.2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 189 ff).
Aus dem oben festgestellten Sachverhalt ergab sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten im gegenständlichen Fall vorliegen.
Die Ukraine gilt inzwischen nicht mehr als sicherer Herkunftsstaat gem § 1 der Herkunftsstaaten-Verordnung.
Vor dem Hintergrund der neuesten Feststellungen zur Sicherheits- und Versorgungslage, wonach sich die Ukraine sei dem 21.02.2022 im Kriegszustand befindet, ist unter Berücksichtigung der Länderberichte sowie der zahlreichen Berichterstattung und der persönlichen Situation der BF in einer Gesamtbetrachtung somit zu erkennen, dass in ihrem Fall eine Abschiebung in die Ukraine nicht zumutbar ist und sie mit großer Wahrscheinlichkeit in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden.
Es herrscht durch den Kriegszustand aktuell im gesamten Staatsgebiet der Ukraine derzeit für alle Zivilpersonen die Gefahr eines ernsthaften Schadens im Sinne des Art. 15 der Status RL, wonach eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes.
Ausschlussgründe nach § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 sind nicht hervorgekommen (§ 9 Abs. 2 Z 1 und 2 AsylG 2005).
Der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war daher stattzugeben und den Beschwerdeführern gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine zuzuerkennen.
Zur Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung:
Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.
Im gegenständlichen Fall war den Beschwerdeführerinnen der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine zuzuerkennen.
Daher ist ihnen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte für die Dauer eines Jahres zu erteilen.
Behebung der übrigen Spruchpunkte (Spruchpunkte III bis VII. des angefochtenen Bescheides):
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits festgehalten, dass es sich bei den Aussprüchen, mit denen etwa weder der Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG noch der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zuerkannt wird, sowie eine aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen wird, um voneinander rechtlich trennbare Aussprüche handelt. Demgemäß sind diese Aussprüche separat anfechtbar; sie können auch unterschiedlichen rechtlichen Schicksalen unterliegen. Es besteht zwischen diesen gemäß den maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 und des Fremdenpolizeigesetzes lediglich insofern ein rechtlicher Zusammenhang, als es für manche Aussprüche Tatbestandsvoraussetzung ist, dass bereits andere Aussprüche getätigt wurden und zudem manche Aussprüche miteinander zu verbinden sind, sodass im Fall der Aufhebung eines Spruches ein darauf rechtlich aufbauender Ausspruch seine Grundlage verlieren kann (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0146, mwN).
Da den Beschwerdeführerinnen mit gegenständlichem Erkenntnis des BVwG der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, verlieren die übrigen angefochtenen Spruchteile ihre rechtliche Grundlage. Die Voraussetzung für die ersatzlose Behebung dieser Spruchpunkte war somit gegeben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten im Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
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