BVwG W183 2209959-1

BVwGW183 2209959-110.11.2021

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:W183.2209959.1.00

 

Spruch:

W183 2209958-1/27E

W183 2209957-1/22E

W183 2209959-1/22E

W183 2209960-1/20E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. PIELER über die Beschwerden von 1) XXXX , geb. XXXX , 2) XXXX , geb. XXXX , 3) XXXX , geb. XXXX und 4) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Iran, alle vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.10.2018, Zl. 1) XXXX , Zl. 2) XXXX , Zl. 3) XXXX und Zl. 4) XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.09.2021 und am 21.10.2021 zu Recht:

A)Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sind miteinander verheiratet und die Eltern der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer. Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer verließen erstmals im Jahr 2015 Iran, stellten in der Folge in Deutschland einen Antrag auf internationalen Schutz und kehrten nach Zurückziehung ihres Antrags freiwillig nach Iran zurück.

Im März 2018 verließen die Erst- bis Drittbeschwerdeführer gemeinsam mit dem mittlerweile geborenen Viertbeschwerdeführer erneut Iran und stellten am 11.07.2018 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer wurden am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Am 26.09.2018 wurden sie von der nunmehr belangten Behörde, dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), zu ihren Fluchtgründen sowie jenen der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer niederschriftlich einvernommen.

Im behördlichen Verfahren gaben die Erst- und Zweitbeschwerdeführer als Fluchtgrund im Wesentlichen an, zum Christentum konvertiert zu sein. Die Familie des Erstbeschwerdeführers habe dies herausgefunden und hätten sie daher Iran verlassen.

Für die Dritt- und Viertbeschwerdeführer wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

2. Mit den angefochtenen Bescheiden (zugestellt am 18.10.2018) wurden die Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt, sondern gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Iran zulässig sei (Spruchpunkte III. bis V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Das BFA stellte den Beschwerdeführern amtswegig einen Rechtsberater zur Seite.

3. Mit Schriftsätzen vom 09.11.2018 erhoben die Beschwerdeführer durch ihre Rechtsvertretung binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde in vollem Umfang.

4. Mit Schriftsätzen vom 15.11.2018 und 16.11.2018 (eingelangt am 22.11.2018) legte die belangte Behörde die Beschwerden samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 17.07.2020 wurde die gegenständliche Rechtssache der bislang zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen und der nun zuständigen Gerichtsabteilung neu zugewiesen (eingelangt am 22.07.2020).

5. Die Beschwerdeführer brachten durch ihre Rechtsvertretung am 24.09.2021 eine Stellungnahme samt Urkundenvorlage ein, in der sie ergänzend im Wesentlichen vorbrachten, dass der Erstbeschwerdeführer auch über einen YouTube- und Instagram-Kanal verfüge und christliche Videos und Fotos teile. Über seinen YouTube-Kanal habe er bereits eine Drohung erhalten. Mit Schriftsätzen vom 15.09.2021 und 08.10.2021 legten die Beschwerdeführer weitere Bestätigungen hinsichtlich ihrer Integration in Österreich vor.

6. Mit Schreiben vom 26.08.2021 und 30.09.2021 wurden die Beschwerdeführer sowie das BFA zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 28.09.2021 und am 21.10.2021 geladen und wurde in den Ladungen darauf hingewiesen, dass das Bundesverwaltungsgericht beabsichtigt, die Länderberichte gemäß dem „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Iran, generiert am 21.07.2021, Version 3“, sowie den „Länderreport 10 des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Iran – Situation der Christen, Stand 3/2019“ als Grundlage für die Feststellungen zur Situation in Iran heranzuziehen. Es wurde Gelegenheit zur Einsicht- und Stellungnahme gegeben. Das BFA entschuldigte sich für die Nichtteilnahme an den Verhandlungen. Schriftliche Stellungnahmen wurden von keiner der Parteien dem Bundesverwaltungsgericht übermittelt.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 28.09.2021, fortgesetzt am 21.10.2021, unter Beiziehung eines Dolmetschs für die Sprache Farsi eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welchen die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sowie deren Rechtsvertretung teilnahmen. Die Dritt- und Viertbeschwerdeführer nahmen nur an der Verhandlung am 28.09.2021 teil. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer wurden ausführlich zu ihrer Person, ihren Fluchtgründen (auch betreffend die minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer) sowie religiösen Aktivitäten in Österreich befragt. Es wurde ihnen Gelegenheit gegeben, alle Gründe umfassend darzulegen, zu den ins Verfahren eingeführten Länderberichten Stellung zu nehmen und ihre Situation in Österreich darzustellen. Das BFA nahm an diesen Verhandlungen nicht teil und gab keine schriftliche Stellungnahme zu der Situation im Herkunftsland ab. Es wurde eine Zeugin einvernommen.

Der Erstbeschwerdeführer legte in der Verhandlung am 21.10.2021 ergänzend ein Zertifikat über seine Deutschkenntnisse auf dem Niveau A1 vor.

Die Niederschriften über die mündliche Verhandlung wurden dem BFA zur Kenntnis gebracht.

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte zuletzt am 04.11.2021 eine Strafregisterabfrage durch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

 

1.1. Zur Person der Beschwerdeführer

Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sind volljährige iranische Staatsangehörige und miteinander verheiratet. Sie sind die Eltern der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer, die ebenfalls iranische Staatsangehörige sind. Die Beschwerdeführer tragen die im Erkenntniskopf genannten Namen und sind am dort angeführten Datum geboren. Ihre Identität steht fest.

Die Beschwerdeführer stammen aus Ahvaz, lebten dort bis zu ihrer Ausreise und sprechen Farsi (Muttersprache). Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sprechen weiters Deutsch (Prüfung auf Niveau A1 positiv abgelegt). Sie sind für die Prüfung auf dem Niveau A2 angemeldet. Der Erstbeschwerdeführer besuchte in Iran sieben Jahre die Schule und absolvierte seinen Militärdienst in Iran. Er arbeitete dort als Lastkraftwagenfahrer. Die Zweitbeschwerdeführerin verfügt über einen Schulabschluss (Matura) in Iran. Sie hat in Iran nicht gearbeitet.

In Iran leben die Eltern und Geschwister der Erst- und Zweitbeschwerdeführer. Die Zweitbeschwerdeführerin hat Kontakt mit ihrer Mutter und Schwester. Das Verhältnis ist gut. Die wirtschaftliche Situation der Familie der Beschwerdeführer in Iran ist gut.

Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer verließen erstmals im Jahr 2015 legal mit dem Flugzeug Iran und stellten am 15.02.2016 in Deutschland einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen zogen sie am 20.05.2016 zurück und reisten sie am 07.06.2016 freiwillig zurück nach Iran.

Im Jahr 2018 reisten die Erst- bis Drittbeschwerdeführer gemeinsam mit dem mittlerweile in Iran geborenen Viertbeschwerdeführer erneut legal über den Luftweg unter Verwendung ihrer Reisepässe aus Iran aus, illegal nach Österreich ein und stellten am 11.07.2018 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht besteht nicht.

Die Beschwerdeführer leiden an keiner physischen oder psychischen (schweren oder lebensbedrohlichen) Erkrankung. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sind arbeitsfähig.

In Österreich lebt der Bruder des Erstbeschwerdeführers. Zu diesem besteht kein regelmäßiger Kontakt. Die Beschwerdeführer verfügen ansonsten – abgesehen voneinander – über keine familiären oder sonstigen verwandtschaftlichen bzw. familienähnlichen sozialen Bindungen in Österreich. Die Beschwerdeführer sind in Österreich nicht Mitglied in Vereinen oder anderen Organisationen und nehmen nicht am sozialen und kulturellen Leben in Österreich teil. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer absolvieren in Österreich keine Ausbildung. Der Drittbeschwerdeführer besucht in Österreich die Volksschule und den dortigen römisch-katholischen Religionsunterricht. Der Viertbeschwerdeführer besucht in Österreich den Kindergarten.

Zum Freundeskreis der Erst- und Zweitbeschwerdeführer zählen österreichische Staatsbürger, welche sie vorwiegend aus der Pfarre kennen. Die sozialen Kontakte entstanden zu einem Zeitpunkt, als die Beschwerdeführer bereits ihren Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben.

Die Beschwerdeführer beziehen in Österreich Leistungen aus der Grundversorgung. Der Erstbeschwerdeführer verrichtete von 23.08.2021 bis 10.09.2021 gemeinnützige Tätigkeiten und die Zweitbeschwerdeführerin von 13.09.2021 bis 22.10.2021. Die Zweitbeschwerdeführerin nahm an einem Projekt XXXX der XXXX teil.

Der Erstbeschwerdeführer hilft seit Jänner 2018 ehrenamtlich beim XXXX , verrichtet gelegentlich Hilfstätigkeiten in seiner Unterkunft und engagiert sich bei der wöchentlichen Verteilung von Lebensmitteln im Asylquartier als Koordinator. Anfang 2020 half er fünf Wochen ehrenamtlich in der XXXX . Er nahm vereinzelt an Aktivitäten der kirchlichen Gemeinde teil, etwa an einem Ausflug ins Kleinarltal. Der Erstbeschwerdeführer verfügt über einen österreichischen Führerschein sowie über eine Einstellungszusage als Fahrer im Falle der positiven Erledigung seines Asylverfahrens.

Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sprechen Deutsch in Ansätzen auf dem Niveau A1, Prüfung bestanden.

Sie sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Die Dritt- und Viertbeschwerdeführer sind unmündige Minderjährige und somit nicht strafmündig.

1.2. Zum Fluchtvorbringen

Die Beschwerdeführer wuchsen in Iran als Moslems auf. In Iran wandten sich die Beschwerdeführer nicht tiefergehend dem Christentum zu und missionierten nicht. Den Beschwerdeführern wird dies auch nicht von iranischen Behörden oder Privatpersonen unterstellt.

In Österreich besuchen die Beschwerdeführer seit Mai 2019 die Gottesdienste der römisch-katholischen Pfarrkirche XXXX und wurden dort am 26.09.2020 nach Besuch eines Vorbereitungskurses getauft. Davor besuchten sie die römisch-katholische Pfarrkirche XXXX . Sie nehmen immer wieder an Wallfahrten nach Maria Plain und an Gebetsstunden teil. Im Sommer 2019 besuchte der Erstbeschwerdeführer die Sommerakademie eines Bildungszentrums zur Vertiefung des christlichen Glaubens. Der Drittbeschwerdeführer ist Ministrant.

Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer meldeten ihren Austritt aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich.

Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer verfügen über kein tiefergehendes Wissen zum Christentum und zum katholischen Glauben. Die Beschwerdeführer sind in Österreich nicht aus einem inneren Entschluss zum Christentum konvertiert und die christliche Glaubensüberzeugung ist aktuell nicht derart ernsthaft, sodass sie Bestandteil der Identität der Beschwerdeführer wurde. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Iran nicht privat oder öffentlich zum christlichen Glauben bekennen werden.

Die Beschwerdeführer sind in Österreich nicht missionarisch tätig und beabsichtigen nicht ernsthaft, dies in Zukunft zu tun. Die iranischen Behörden wissen von den oben festgestellten christlichen Aktivitäten der Beschwerdeführer in Österreich nicht Bescheid. Von nicht-staatlichen Personen geht keine Bedrohung für die Beschwerdeführer aus.

Eine grundlegende und verfestigte Änderung der Lebensführung der Zweitbeschwerdeführerin, in der die Anerkennung, die Inanspruchnahme oder die Ausübung ihrer Grundrechte zum Ausdruck kommt, die zu einem wesentlichen Bestandteil ihrer Identität geworden ist, und die bei einer Rückkehr nach Iran nicht gelebt werden könnte, liegt nicht vor.

Die Beschwerdeführer brachten keine weiteren Gründe, warum sie eine Rückkehr in den Heimatstaat fürchten, vor.

Für die minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

1.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat

Aus dem ins Verfahren eingeführten „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Iran, generiert am 21.07.2021, Version 3“, ergibt sich wie folgt:

 

Zur Sicherheitslage:

 

Der Iran verfügt über eine stabile politische Ordnung und Infrastruktur. Es bestehen jedoch gewisse Spannungen, die periodisch zunehmen. Den komplexen Verhältnissen in der Region muss stets Rechnung getragen werden. Bestimmte Ereignisse und Konflikte in Nachbarländern können sich auf die Sicherheitslage im Iran auswirken. Die schwierige Wirtschaftslage und latente Spannungen im Land führen periodisch zu Kundgebungen, zum Beispiel im Zusammenhang mit Preiserhöhungen oder mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei muss mit schweren Ausschreitungen und gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten sowie mit Straßenblockaden gerechnet werden. Zum Beispiel haben im November 2019 Proteste gegen die Erhöhung der Treibstoffpreise Todesopfer und Verletzte gefordert (EDA 14.6.2021).

 

Das Risiko von Anschlägen besteht im ganzen Land. Im Juni 2017 wurden in Teheran Attentate auf das Parlament und auf das Mausoleum von Ayatollah Khomeini verübt. Diese haben über zehn Todesopfer und zahlreiche Verletzte gefordert. Im September 2018 forderte ein Attentat auf eine Militärparade in Ahvaz (Provinz Khuzestan) zahlreiche Todesopfer und Verletzte (EDA 14.6.2021; vgl. AA 14.6.2021b). 2019 gab es einen Anschlag auf einen Bus der Revolutionsgarden in der Nähe der Stadt Zahedan (AA 14.6.2021b).

 

In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Die iranischen Behörden haben seit einiger Zeit die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zum Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran erhöht (AA 14.6.2021b).

 

In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen. Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrt Sicherheits- und Personenkontrollen (AA 14.6.2021b). Die Grenzzone Afghanistan, östliches Kerman und Sistan-Belutschistan, stehen teilweise unter dem Einfluss von Drogenhändlerorganisationen sowie von extremistischen Organisationen. Sie haben wiederholt Anschläge verübt und setzen teilweise Landminen auf Überlandstraßen ein. Es kann hier jederzeit zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften kommen (EDA 14.6.2021).

 

In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gibt es wiederholt Anschläge gegen Sicherheitskräfte, lokale Repräsentanten der Justiz und des Klerus. In diesem Zusammenhang haben Sicherheitskräfte ihr Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen sowie Kontrollen mit Checkpoints noch einmal verstärkt. Seit 2015 kommt es nach iranischen Angaben in der Provinz Khuzestan und in anderen Landesteilen, auch in Teheran, wiederholt zu Verhaftungen von Personen, die mit dem sogenannten Islamischen Staat in Verbindung stehen und Terroranschläge in Iran geplant haben sollen (AA 14.6.2021b). Im iranisch-irakischen Grenzgebiet sind zahlreiche Minenfelder vorhanden (in der Regel Sperrzonen). Die unsichere Lage und die Konflikte in Irak verursachen Spannungen im Grenzgebiet. Gelegentlich kommt es zu Schusswechseln zwischen aufständischen Gruppierungen und den Sicherheitskräften (EDA 14.6.2021). Schmuggler, die zwischen dem iranischen und irakischen Kurdistan verkehren, werden mitunter erschossen, auch wenn sie unbewaffnet sind (ÖB Teheran 10.2020). Gelegentlich kommt es auch im Grenzgebiet zur Türkei zu Schusswechseln zwischen militanten Gruppierungen und den iranischen Sicherheitskräften. Auch für unbeteiligte Personen besteht das Risiko, unversehens in einen Schusswechsel zu geraten (EDA 14.6.2021).

 

Quellen:

 

 AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (14.6.2021b, unverändert gültig seit 17.5.2021): Iran: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/iran-node/iransicherheit/202396 , Zugriff 14.6.2021

 EDA – Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (14.6.2021, unverändert gültig seit 3.11.2020): Reisehinweise Iran, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/iran/reisehinweise-fuerdeniran.html , Zugriff 14.6.2021

 ÖB Teheran – Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (10.2020): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2041432/IRAN_%C3%96B-Bericht_2020_10.pdf , Zugriff 14.6.2021

 

Religionsfreiheit:

 

In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha‘i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA 23.5.2018). Der Islam schiitischer Prägung ist in Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten 'Buchreligionen' (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als 'mohareb' (Waffenaufnahme gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden (AA 26.2.2020; vgl. ÖB Teheran 10.2020). Nicht einmal Zeugen Jehovas missionieren in Iran (DIS/DRC 23.2.2018). Religiöse Minderheiten werden mit Argwohn betrachtet und als Bedrohung für das theokratisches System gesehen (CSW 3.2021). Auch unterliegen Vertreter religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 26.2.2020; vgl. ÖB Teheran 10.2020). Selbst anerkannte religiöse Minderheiten – Zoroastrier, Juden, (v.a. armenische und assyrische) Christen – werden also diskriminiert. Vertreter dieser religiösen Minderheiten betonen aber immer wieder, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Sie sind in ihrer Religionsausübung – im Vergleich mit anderen Ländern der Region – nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen. Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa – unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke – eigene Vertreter im Parlament (ÖB Teheran 10.2020). Fünf von 290 Plätzen im iranischen Parlament sind Vertretern von religiösen Minderheiten vorbehalten (BFA 23.5.2018; vgl. FH 3.3.2021, IRB 9.3.2021). Zwei dieser fünf Sitze sind für armenische Christen reserviert, einer für chaldäische und assyrische Christen und jeweils ein Sitz für Juden und Zoroastrier. Nichtmuslimische Abgeordnete dürfen jedoch nicht in Vertretungsorgane, oder in leitende Positionen in der Regierung, beim Geheimdienst oder beim Militär gewählt werden (BFA 23.5.2018; vgl. FH 3.3.2021, BAMF 3.2019) und ihre politische Vertretung bleibt schwach (FH 3.3.2021). Wichtige politische Ämter stehen ausschließlich schiitischen Muslimen offen (AI 7.4.2021).

 

Auch in einzelnen Aspekten im Straf-, Familien- und Erbrecht kommen Minderheiten nicht dieselben Rechte zu wie Muslimen. Es gibt Berichte von Diskriminierung von Nichtschiiten aufgrund ihrer Religion, welche von der Gesellschaft/Familien ausgeht und eine bedrohliche Atmosphäre kreiert. Diskriminierung geht jedoch hauptsächlich auf staatliche Akteure zurück (ÖB Teheran 10.2020; vgl. Open Doors 2021). Nicht anerkannte religiöse Gruppen – Baha'i, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten – werden in unterschiedlichem Ausmaß verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert (ÖB Teheran 10.2020).

 

Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwingen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründet. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt (AI 7.4.2021).

Die Regierung überwacht weiterhin die Aussagen und Ansichten hochrangiger schiitischer religiöser Führer, die die Regierungspolitik oder die Ansichten des Obersten Führers Ali Khamenei nicht unterstützten. Diese werden durch Behörden weiterhin mit Festnahmen, Inhaftierungen, Mittelkürzungen, Verlust von geistlichen Berechtigungsnachweisen und Beschlagnahmungen von Eigentum unter Druck gesetzt (USDOS 12.5.2021). Die Inhaftierung von Angehörigen religiöser Minderheiten, welche ihre Kultur, ihre Sprache oder ihren Glauben praktizieren, ist weiterhin ein ernstes Problem (HRC 11.1.2021).

 

Personen, die sich zum Atheismus bekennen, laufen Gefahr, willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt oder wegen Apostasie (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (AI 7.4.2021). In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie jedoch sehr selten (wenn überhaupt noch vorhanden), bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gab es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war (ÖB Teheran 10.2020).

 

Quellen:

 

 AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.2.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027998/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Iran_%28Stand_Februar_2020%29%2C_26.02.2020.pdf , Zugriff 21.4.2020

 AI – Amnesty International (7.4.2021): Bericht zur Menschenrechtslage (Berichtszeitraum 2020), https://www.ecoi.net/de/dokument/2048570.html , Zugriff 30.4.2021

 BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (3.2019): Länderreport Nr. 10. Iran. Situation der Christen, https://coi.easo.europa.eu/administration/germany/PLib/DE_BAMF_Laenderreport_10_Iran_Mar-2019.pdf , Zugriff 18.12.2020

 BFA – Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl [Österreich] (23.5.2018): Analyse Iran – Situation armenischer Christen, https://www.ecoi.net/en/file/local/1431384/5818_1525418941_iran-analyse-situation-armenischer-christen-2018-05-03-ke.pdf , Zugriff 17.4.2020

 CSW – Christian Solidarity Worldwide (3.2021): Iran: General Briefing, file:///tmp/mozilla_sl52920/iran---march-2021-1.pdf, Zugriff 7.5.2021

 DIS/DRC – Danish Immigration Service [Dänemark]/Danish Refugee Council (23.2.2018): IRAN - House Churches and Converts. Joint report from the Danish Immigration Service and the Danish Refugee Council based on interviews in Tehran, Iran, Ankara, Turkey and London, United Kingdom, 9 September to 16 September 2017 and 2 October to 3 October 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426255/1788_1520517773_house-churches-and-converts.pdf , Zugriff 20.4.2020

 FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2020 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046519.html , Zugriff 30.4.2021

 HRC – UN Human Rights Council (formerly UN Commission on Human Rights) (11.1.2021): Report of the Secretary-General on the situation of human rights in the Islamic Republic of Iran [A/HRC/46/50], https://undocs.org/en/A/hrc/46/50 , Zugriff 30.4.2021

 IRB – Immigration and Refugee Board [Kanada] (9.3.2021): Iran: Situation and treatment of Christians by society and the authorities (2017–February 2021) [IRN200458.E], https://www.ecoi.net/de/dokument/2048913.html , Zugriff 7.5.2021

 ÖB Teheran – Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (10.2020): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2041432/IRAN_%C3%96B-Bericht_2020_10.pdf Zugriff 3.12.2020

 Open Doors (2021): Weltverfolgungsindex 2021 Länderprofil Iran (Berichtszeitraum 1. Oktober 2019 – 30. September 2020), https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/iran , Zugriff 19.1.2021

 USDOS – US Department of State [USA] (12.5.2021): 2020 Report on International Religious Freedom – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2051587.html , Zugriff 18.6.2021

 

Apostasie, Konversion, Proselytismus und Hauskirchen:

 

Apostasie (d.h. Religionswechsel weg vom Islam) ist in Iran zwar nicht im Strafgesetzbuch, aber aufgrund der verfassungsrechtlich verankerten islamischen Jurisprudenz verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht (ÖB Teheran 10.2020). Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel 'mohareb' ('Waffenaufnahme gegen Gott'), 'mofsid-fil-arz/fisad-al-arz' ('Verdorbenheit auf Erden'), 'Handlungen gegen die nationale Sicherheit' (ÖB Teheran 10.2020; vgl. DIS/DRC 23.2.2018), 'Organisation von Hauskirchen' und 'Beleidigung des Heiligen', wohl um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden (AA 26.2.2020). In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie sehr selten, wenn überhaupt noch vorhanden. Bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie ein bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen gab es mehrere Exekutionen wegen 'mohareb' (ÖB Teheran 10.2020; vgl. DIS/DRC 23.2.2018). Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen, keine geläufige Bestrafung. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt (DIS/DRC 23.2.2018). Schon seit vielen Jahren wurde kein Christ mehr vom Regime getötet, wahrscheinlich aus Angst vor den daraus resultierenden internationalen Folgen (Open Doors 2021; vgl. AA 26.2.2020). Quellen zufolge fand 1990 die einzige 'offizielle' Hinrichtung eines Christen wegen Apostasie in Iran statt (IRB 9.3.2021). Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Fälle von Konversion gelten daher als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit und werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt (AA 12.1.2019).

 

Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Muslime dürfen daher nicht an Gottesdiensten anderer Religionen teilnehmen. Trotz des Verbots nimmt die Konversion weiter zu. Unter den Christen in Iran stellen Konvertiten aus dem Islam mit schätzungsweise mehreren Hunderttausend inzwischen die größte Gruppe dar, noch vor den Angehörigen traditioneller Kirchen (AA 26.2.2020; vgl. Open Doors 2021). In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf (ÖB Teheran 10.2020).

 

Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind (ÖB Teheran 10.2020).

 

Es liegen keine Daten bzw. Details zu Rechtsprechung und Behördenpraxis im Zusammenhang mit Konversion vom Schiitentum zum Sunnitentum vor. Diese Konversion ist auch nicht als Apostasie zu werten; bislang wurde noch kein solcher Fall als Apostasie angesehen. Aufgrund von Diskriminierung von Sunniten im Iran könnten öffentlich 'konvertierte' Sunniten jedoch Nachteile in Beruf und Privatleben erfahren. Keine besonderen Bestimmungen gibt es zur Konversion von einer nicht-islamischen zu einer anderen nicht-islamischen Religion, da diese nicht als Apostasie gilt (ÖB Teheran 10.2020).

 

Die Versammlung in – meist evangelischen – Hauskirchen oder Hausgemeinden wird laut Behörden 'kontrolliert', de facto aber untersagt, weshalb die einzelnen Gemeinden meist klein bleiben und ständig den Standort wechseln, um Razzien auszuweichen. Dennoch sind Hauskirchen inzwischen relativ weit verbreitet (ÖB Teheran 10.2020). Die Schließungen der 'Assembly of God'-Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen (DIS/DRC 23.2.2018; vgl. IRB 9.3.2021). Dieser Anstieg bei den Hauskirchen zeigt, dass sie – obwohl sie verboten sind – trotzdem die Möglichkeit haben, zu agieren. Obwohl die Behörden die Ausbreitung der Hauskirchen fürchten, ist es schwierig, diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind (DIS/DRC 23.2.2018). Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken und dies den Behörden melden. Ansonsten haben die Behörden eigentlich keine Möglichkeit eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind (DIS/DRC 23.2.2018). Nichtsdestotrotz werden sie teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren. Deshalb organisieren sich die Hauskirchen in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Behörden sofort reagieren, da diese zuerst Informationen über die Mitglieder sammeln und wissen wollen, wer in der Gemeinschaft welche Aufgaben hat. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weit verbreitet. Es ist jedoch unklar, wie hoch die Kapazitäten zur Überwachung sind. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen. Allerdings wurde eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018). Razzien gegen Hauskirchen werden weiterhin durchgeführt (AI 7.4.2021).

 

Von Repressionen und willkürlichen Verhaftungen von konvertierten Christen, Mitgliedern der protestantischen und evangelischen Kirche wird immer wieder berichtet (ÖB Teheran 10.2010; vgl. FH 3.3.2021, CSW 3.2021). Im Frühling und Sommer 2017 wurden mehrere evangelikale und assyrische Christen verhaftet und wegen 'illegaler Kirchenaktivität' zu langen Haftstrafen verurteilt. Nach 16 festgenommenen Christen im Jahr 2017, stieg diese Zahl im Jahr 2018 dramatisch. Im November und Dezember 2018 wurden ca. 150 Christen – die meisten kurzzeitig – festgenommen und anschließend angewiesen, sich von anderen Christen fernzuhalten. Über die genauen Zahlen der Verhaftungen/Verurteilungen gibt es keine detaillierten Informationen. Fakt ist aber, dass die Zahl der Verhaftung von Konvertierten seit einer Ansprache des obersten Führers vor einigen Jahren, als er vor der steigenden Zahl der sogenannten häuslichen Kirchen gewarnt hatte, extrem angestiegen ist. Allein im August 2020 sind 35 neu Konvertierte verhaftet worden, und im selben Monat sind vier weitere Konvertierte wegen Anschuldigungen, wie 'Teilnahme an Versammlungen der häuslichen Kirchen', 'Verbreitung vom zionistischen Christentum' und 'Gefährdung der inneren Sicherheit' zu insgesamt 13 Jahren Haft verurteilt worden. Einem Bericht der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte zufolge haben Beamte des Geheimdienstministeriums im Juli 2019 das Haus einer christlichen Familie in der Stadt Bushehr im Süden Irans gestürmt und viele Angehörige dieser Familie verhaftet (ÖB Teheran 10.2010). Trotzdem ist die Zahl der verhafteten Christen laut Weltverfolgungsindex 2021 im Gegensatz zum Vorjahr gesunken. Der Rückgang der Zahl der Verhaftungen ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die iranischen Sicherheitsdienste Ende 2019 alle Hände voll zu tun hatten, die Proteste im Land zum Schweigen zu bringen. Darauf folgte die Coronakrise, welche die Regierung auf andere Weise beschäftigte. Allerdings wurden im Berichtszeitraum des Weltverfolgungsindex 2021 mehr Christen zu Gefängnisstrafen verurteilt als im Vorjahr. Die physische Eliminierung von Christen will und kann sich die pragmatische Regierung Irans politisch nicht leisten. Deshalb setzt sie auf langsame, schleichende und leise Beseitigung von Christen. Beispielsweise müssen inhaftierte Christen Hypotheken aufnehmen, um die hohen Kautionszahlungen für ihre Entlassung aufbringen zu können. Weil sie befürchten, dass ein Gerichtsurteil zu einer langen Gefängnisstrafe führt, fliehen viele iranische Christen nach ihrer vorläufigen Entlassung aus dem Land, wobei sie ihre Kaution und somit häufig auch ihren Grundbesitz verlieren (Open Doors 2021).

 

Organisatoren von Hauskirchen laufen Gefahr, wegen 'Verbrechen gegen Gott' angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. In Bezug auf die Strafverfolgung von Mitgliedern von Hauskirchen besagt eine Quelle, dass eher nur die Anführer von Hauskirchen gerichtlich verfolgt würden, während eine andere Quelle meint, dass auch 'low-profile' Mitglieder davon betroffen sein können. Manchmal werden inhaftierte Anführer von Hauskirchen oder Mitglieder auf Kaution entlassen. Wenn es sich um einen prominenten Fall handelt, werden die Betroffenen von den Behörden gedrängt, das Land zu verlassen. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird normalerweise nach 24 Stunden unter der Bedingung wieder freigelassen, sich vom Missionieren fernhalten. Eine Vorgehensweise gegen Hauskirchen ist, dass die Anführer verhaftet und dann wieder freigelassen werden, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Wenn sie das Missionieren stoppen, werden die Behörden in der Regel aufhören, Informationen über sie zu sammeln. Es soll auch die Möglichkeit geben, sich den Weg aus der Haft zu erkaufen (DIS/DRC 23.2.2018).

 

Bei Razzien in Hauskirchen werden meist die religiösen Führer zur Verantwortung gezogen (ÖB Teheran 10.2020; vgl. Landinfo 16.10.2019, UKHO 2.2020), vor allem aus politischen Gründen. Aufgrund der häufigen Unterstützung ausländischer Kirchen für Kirchen in Iran und der Rückkehr von Christen aus dem Ausland lautet das Urteil oft Verdacht auf Spionage und Verbindung zu ausländischen Staaten und Feinden des Islam (z.B. Zionisten), oder Bedrohung für die nationale Sicherheit (ÖB Teheran 10.2020; vgl. Landinfo 16.10.2019). Diese Urteile sind absichtlich vage formuliert, um ein größtmögliches Tätigkeitsspektrum abdecken zu können. Darüber hinaus beinhalten die Urteile auch den Konsum von Alkohol während der Messe (obwohl der Alkoholkonsum im Rahmen der religiösen Riten einer registrierten Gemeinschaft erlaubt ist), illegale Versammlung, Respektlosigkeit vor dem Regime und Beleidigung des islamischen Glaubens. Den verhafteten Christen werden teilweise nicht die vollen Prozessrechte gewährt – oft werden sie ohne Anwaltsberatung oder ohne formelle Verurteilung festgehalten bzw. ihre Haft über das Strafmaß hinaus verlängert. Berichten zufolge sollen auch Kautionszahlungen absichtlich sehr hoch angesetzt werden, um den Familien von Konvertiten wirtschaftlich zu schaden (ÖB Teheran 10.2020), bzw. um verurteilte Christen vorsätzlich verarmen zu lassen (Open Doors 2021). Im Anschluss an die Freilassung wird Konvertiten das Leben erschwert, indem sie oft ihren Job verlieren bzw. es ihnen verwehrt wird, ein Bankkonto zu eröffnen oder ein Haus zu kaufen (ÖB Teheran 10.2020).

 

Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten, und ob es auch im Ausland bekannt ist, ab. Normale Mitglieder von Hauskirchen riskieren, zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden, da die Behörden diese Personen schikanieren und einschüchtern wollen. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion aber andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder das Unterrichten von anderen Personen im Glauben, dann kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen (DIS/DRC 23.2.2018; vgl. Landinfo 16.10.2019).

 

Die Rückkehr von Konvertiten nach Iran führt nicht zwingend zu einer Festnahme oder Inhaftierung (BAMF 3.2019). Wenn ein Konvertit den Behörden auch zuvor nicht bekannt war, dann ist eine Rückkehr nach Iran weitgehend problemlos. Auch konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, sind für die Behörden nicht von Interesse. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, kann sich die Situation anders darstellen. Auch Konvertiten, die ihre Konversion öffentlich machen, können sich womöglich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social-Media-Kanälen berichtet, besteht die Möglichkeit, dass die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang hängt davon ab, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein 'high-profile'-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, ist eine harsche Strafe eher unwahrscheinlich. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein führt zumeist nicht zu einer Verfolgung, aber es kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, wird diese aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das aber durchaus zu Problemen führen (DIS/DRC 23.2.2018). Die iranischen Behörden sind in erster Linie daran interessiert, die Ausbreitung des Christentums zu stoppen, und verfügen allem Anschein nach nicht über die notwendigen Ressourcen, um alle christlichen Konvertiten zu überwachen (UKHO 2.2020).

 

Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben) (ÖB Teheran 10.2020).

 

Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Während Amnesty International und eine anonyme Quelle vor Ort aussagen, dass eine Taufe keine Bedeutung hat, ist sich ein Ausländer mit Kontakt zu Christen in Iran darüber unsicher; Middle East Concern, eine Organisation, die sich um die Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten und Nordafrika kümmert, ist der Meinung, dass eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein kann (DIS/DRC 23.2.2018). Open Doors gibt im Weltverfolgungsindex 2021 an, dass die Taufe als öffentliches Zeichen der Abwendung vom Islam gesehen wird und deshalb verboten ist (Open Doors 2021).

 

Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Auch Publikationen, die sich mit dem Christentum beschäftigen und schon auf dem Markt waren, wurden konfisziert, obwohl es von der Regierung genehmigte Übersetzungen der Bibel gibt. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken (USDOS 12.5.2021). Gleichzeitig ist bekannt, dass ein Projekt seitens des Erschad-Ministeriums zur Übersetzung der 'Katholischen Jerusalem Bibel' ins Farsi genehmigt und durchgeführt wurde. Auch die Universität für Religion und Bekenntnis in Qom, die Religionsstudien betreibt, übersetzte noch im Jahr 2015 den 'Katechismus der Katholischen Kirche' ins Farsi. Beide Produkte sind heute noch ohne Probleme in Büchergeschäften erhältlich (BAMF 3.2019).

 

 

 

 

Quellen:

 

 AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.2.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027998/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Iran_%28Stand_Februar_2020%29%2C_26.02.2020.pdf , Zugriff 21.4.2020

 AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457257/4598_1548938794_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-iran-stand-november-2018-12-01-2019.pdf , Zugriff 20.4.2020

 AI – Amnesty International (7.4.2021): Bericht zur Menschenrechtslage (Berichtszeitraum 2020), https://www.ecoi.net/de/dokument/2048570.html , Zugriff 7.5.2021

 BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (3.2019): Länderreport Nr. 10. Iran. Situation der Christen, https://coi.easo.europa.eu/administration/germany/PLib/DE_BAMF_Laenderreport_10_Iran_Mar-2019.pdf , Zugriff 4.1.2021

 CSW – Christian Solidarity Worldwide (3.2021): Iran: General Briefing, file:///tmp/mozilla_sl52920/iran---march-2021-3.pdf, Zugriff 7.5.2021

 DIS/DRC – Danish Immigration Service [Dänemark]/Danish Refugee Councile (23.2.2018): IRAN - House Churches and Converts. Joint report from the Danish Immigration Service and the Danish Refugee Council based on interviews in Tehran, Iran, Ankara, Turkey and London, United Kingdom, 9 September to 16 September 2017 and 2 October to 3 October 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426255/1788_1520517773_house-churches-and-converts.pdf , Zugriff 20.4.2020

 FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2020 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046519.html , Zugriff 7.5.2021

 IRB – Immigration and Refugee Board [Kanada] (9.3.2021): Iran: Situation and treatment of Christians by society and the authorities (2017–February 2021) [IRN200458.E], https://www.ecoi.net/de/dokument/2048913.html , Zugriff 7.5.2021

 Landinfo [Norwegen] (16.10.2019): Iran: Kristne konvertitter – en oppdatering om arrestasjoner og straffeforfølgelse, https://www.ecoi.net/en/file/local/2019853/Respons-Iran-Kristne-konvertitter-en-oppdatering-om-arrestasjoner-og-straffeforf%C3%B8lgelse-AVA-16102019.pdf , Zugriff 5.1.2020

 ÖB Teheran – Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (10.2020): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2041432/IRAN_%C3%96B-Bericht_2020_10.pdf , Zugriff 7.1.2021

 Open Doors (2021): Weltverfolgungsindex 2021 Länderprofil Iran (Berichtszeitraum: 1. Oktober 2019 –30. September 2020), https://www.opendoors.de/sites/default/files/country_dossier/8_laenderprofil_iran.pdf , Zugriff 7.5.2021

 UKHO – UK Home Office [Großbritannien] (2.2020): Country Policy and Information Note Iran: Christians and Christian converts, https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/868800/Iran_-_Christians-Converts_-_CPIN_-_v6.0_-_Feb_2020_-_EXT_PDF.pdf , Zugriff 7.5.2021

 USDOS – US Department of State [USA] (12.5.2021): 2020 Report on International Religious Freedom: Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2051587.html , Zugriff 18.6.2021

 

Grundversorgung:

 

Die Grundversorgung ist in Iran gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt. Der Mindestlohn liegt bei ca. 15,7 Mio. Rial im Monat (ca. 110 Euro). Das durchschnittliche monatliche pro Kopf Einkommen liegt bei ca. 54,6 Mio. Rial (ca. 400 Euro) (AA 26.2.2020).

 

Angesichts der immer schärferen US-Sanktionen gegen Iran und des dramatischen Währungsverfalls hat sich die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtert (ÖB Teheran 10.2020; vgl. BS 2020). Sowohl auf Grund der 'Maximum Pressure'-Politik der USA als auch wegen der Zurückhaltung westlicher Unternehmen bei der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Iran aber auch wegen der Folgen der Corona-Pandemie steht die iranische Wirtschaft schlechter da als jemals zuvor. Die Erdölexporte sind auf ein Minimum gesunken, auch die Devisenreserven sind erschöpft. Insofern sind die mittelfristigen Prognosen für die iranische Wirtschaft nicht gut (ÖB Teheran 10.2020).

Aufgrund der im Vergleich zu Europa extrem jungen Bevölkerung strömen jedes Jahr viele Berufseinsteiger auf den Arbeitsmarkt. Um diesen Menschen Arbeit zu geben, wäre die Schaffung von rund einer Million Arbeitsplätzen pro Jahr erforderlich. Neben Arbeitslosigkeit spielt in Iran auch Unterbeschäftigung eine Rolle. Ausgebildete Arbeitskräfte (Facharbeiter, Uni-Absolventen) finden oft keine ihrer Ausbildung entsprechende Jobs. Daraus folgen soziale Spannungen aber auch ein gewaltiger 'brain drain', der die iranische Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltig beeinträchtigt (ÖB Teheran 10.2020).

 

Die iranische Wirtschaft ist weitestgehend zentralisiert und steht zu großen Teilen unter staatlicher Kontrolle (GIZ 12.2020b). Der staatliche Sektor (staatliche und halbstaatliche Unternehmen) macht etwa 80% der iranischen Wirtschaftstätigkeit aus, während der private und kooperative Sektor nur 20% ausmacht (BS 2020). So haben viele iranische Unternehmen neben wirtschaftlichen Zielen auch politische Ziele zu erfüllen. Durch regelmäßige staatliche Eingriffe über Preisregulierungen und Subventionen, die in aller Regel politische Ursachen haben, konnte sich bisher eine eigenständige Wirtschaft nur bedingt entwickeln. Eine etablierte Privatwirtschaft gibt es vor allem auf dem Basar, in der Landwirtschaft und im Dienstleistungsgewerbe (GIZ 12.2020b). Die iranische Regierung ist der größte Monopolist des Landes, gefolgt von den Revolutionsgarden und anderen einflussreichen Institutionen und Menschen. Es gibt ein Gesetz gegen das Monopol, obwohl noch nie ein Unternehmen oder eine Person für monopolistische Maßnahmen zur Rechenschaft gezogen wurde (BS 2020). Erst in den letzten eineinhalb Jahrzehnten wurden, vor allem durch die 2001 gegründete Iranian Privatization Organization, vermehrt Anstrengungen zur Privatisierung weiterer Teile der Wirtschaft unternommen. Der wichtigste Sektor der iranischen Wirtschaft ist die Erdöl- und Erdgasproduktion. Die Ölförderung ist durch die National Iranian Oil Company monopolisiert, 80-85% der staatlichen Einnahmen stammen aus dem Ölverkauf. Da zudem etwa 60% dieses Budgets in die Finanzierung staatlicher Unternehmen und Institutionen fließen, ist Iran nahezu komplett von den Einnahmen aus dem Ölexport abhängig. Nicht nur die Wirtschaft, auch der Lebensstandard vieler Iraner hängt vom Ölpreis ab. Problematisch sind auch die völlig veralteten Förderanlagen und Raffinerien des Landes. Aufgrund der Sanktionen konnten diese nicht modernisiert werden. Hindernisse bei der Modernisierung iranischer Förderanlagen und Raffinerien führten nicht zuletzt dazu, dass in den letzten Jahren immer wieder große Mengen an Benzin importiert werden mussten, um den heimischen Bedarf zu decken. Da Benzin lange staatlich subventioniert wurde, kostete dies den Staat in den letzten Jahren etwa 11% des BIP. Hebt die Regierung den Benzinpreis an oder begrenzt die ausgegebenen Rationen, führt das immer wieder zu teils gewaltsamen Ausschreitungen (GIZ 12.2020b). Soziale Unzufriedenheit war in den letzten Jahren mehrmals der Hintergrund von Unruhen in der Bevölkerung. Bei den gewalttätigen Unruhen im November 2019 starben Hunderte Menschen (Landinfo 12.8.2020) und Tausende wurden verletzt (FH 3.3.2021)

 

Ein wichtiger, in nicht wenigen Bereichen sogar zentraler Faktor der iranischen Wirtschaft sind die halbstaatlichen religiösen Stiftungen, die Bonyads (GIZ 12.2020b; vgl. BS 2020). Heute gibt es etwa 120 davon. Hier verschmelzen Religion, Politik und Wirtschaft am deutlichsten. Entsprechend islamischen Grundsätzen ist die Hauptaufgabe einer religiösen Stiftung die öffentliche Wohlfahrt, etwa in Form des Erhalts von Straßen oder der Pflege eines Pilgerzentrums. Daneben sind viele der Stiftungen heute jedoch international agierende Großkonzerne. Die größte Stiftung des Landes ist die Ostan-e Qods-e Rezavi, die Imam Reza Stiftung, die sich der Instandhaltung des religiösen Zentrums in Maschhad widmet. Daneben ist die Stiftung jedoch im (Teil-)Besitz zahlreicher Industrieunternehmen, wie etwa der Teheraner Busgesellschaft, und setzt jährlich geschätzte 14 Milliarden Dollar um. Zudem ist sie der größte Grundbesitzer des Landes. Die Bonyad-e Mostazafan wa Dschanbazan, die Stiftung der Unterdrückten und Kriegsveteranen, offiziell zuständig für die Versorgung der Kriegsversehrten und Armen, steht hingegen hinter der National Iranian Oil Company. Politisch steht sie den Revolutionswächtern nahe, viele ihrer hohen Beamten kommen aus deren Reihen. Vor allem mit Hilfe dieser Stiftungen, die beide offiziell direkt dem Revolutionsführer unterstehen, setzt der iranische Staat seine Vorstellungen einer islamischen Wirtschaftspolitik um und verteilt großzügig Gelder für politische Gefälligkeiten (GIZ 12.2020b). Diese Institutionen sind weder der Regierung noch der Justiz gegenüber rechenschaftspflichtig. Außerdem genießen die Bonyads viele Privilegien wie Steuerbefreiungen und einen ausschließlichen Zugang zu lukrativen Regierungsverträgen (BS 2020).

 

Quellen:

 

 AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.2.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027998/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Iran_%28Stand_Februar_2020%29%2C_26.02.2020.pdf , Zugriff 24.4.2020

 BS – Bertelsmann Stiftung (2020): BTI 2020 Country Report – Iran, https://www.bti-project.org/content/en/downloads/reports/country_report_2020_IRN.pdf , Zugriff 6.5.2020

 FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2020 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046519.html ,Zugriff 29.4.2021

 GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit [Deutschland] (12.2020b): Wirtschaft und Entwicklung, https://www.liportal.de/iran/wirtschaft-entwicklung/#c4412 , Zugriff 29.4.2021

 Landinfo [Norwegen] (12.8.2020): Report Iran. The Iranian Welfare System, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036035/Report-Iran-Welfare-system-12082020.pdf , Zugriff 14.1.2021

 ÖB Teheran – Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (10.2020): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2041432/IRAN_%C3%96B-Bericht_2020_10.pdf , Zugriff 4.12.2020

 

Rückkehr:

 

Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus (AA 26.2.2020). In der iranischen Gesetzgebung gibt es kein Gesetz, das die Beantragung von Asyl im Ausland strafbar macht (Cedoca 30.3.2020). In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden (AA 26.2.2020). Allerdings gibt es zum Thema Rückkehrer nach wie vor kein systematisches Monitoring, das allgemeine Rückschlüsse auf die Behandlung von Rückkehrern zulassen würde. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Allerdings ist davon auszugehen, dass Rückkehrer keinen aktiven Botschaftskontakt pflegen, der ein seriöses Monitoring ihrer Situation zulassen würde. Auch IOM Iran, die in Iran Unterstützungsleistungen für freiwillige Rückkehrer im Rahmen des ERIN-Programms anbietet, unternimmt ein Monitoring nur hinsichtlich der wirtschaftlichen Wiedereingliederung der Rückkehrer, nicht jedoch im Hinblick auf die ursprünglichen Fluchtgründe und die Erfahrungen mit Behörden nach ihrer Rückkehr. Australien zahlt Rückkehrhilfe an eine bislang überschaubare Gruppe an freiwilligen Rückkehrern in Teheran in Euro aus (ÖB Teheran 10.2020).

 

Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und nach Iran zurückkehren. Eine Einreise ist lediglich mit einem gültigen iranischen Reisepass möglich. Die iranischen Auslandsvertretungen sind angewiesen, diesen jedem iranischen Staatsangehörigen auf Antrag auszustellen (AA 26.2.2020).

 

Iranische Flüchtlinge im Nordirak können offiziell nach Iran zurückkehren. Dafür werden iranische Identitätsdokumente benötigt. Wenn Personen diese Dokumente nicht besitzen, können sie diese beantragen. Für die Rückkehr nach Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iranische Rückkehrer, die nicht aktiv kurdische Oppositionsparteien, wie beispielsweise die KDPI oder Komala unterstützen, werden nicht direkt von den Behörden ins Visier genommen werden. Sie können aber durchaus zu ihrem Leben im Nordirak befragt werden. Der Fall kann aber anders aussehen, wenn Rückkehrer Waffen transportiert haben, oder politisch aktiv sind und deshalb Strafverfolgung in Iran riskieren. Die Rückkehr aus einem der Camps in Nordirak kann als Zugehörigkeit zu einer der kurdischen Oppositionsparteien gedeutet werden und deshalb problematisch sein (DIS/DRC 23.2.2018).

 

In Bezug auf Nachkommen von politisch aktiven Personen wird berichtet, dass es solche Rückkehrer gibt, aber keine Statistiken dazu vorhanden sind. Es ist auch durchaus üblich, dass Personen die Grenze zwischen Irak und Iran überqueren. Auch illegale Grenzübertritte sind weit verbreitet. Nachkommen von politisch aktiven Personen riskieren nicht notwendigerweise Strafverfolgung, wenn sie nach Iran zurückkehren. Ob solch ein Rückkehrer Strafverfolgung befürchten muss, würde von den Profilen der Eltern und wie bekannt diese waren, abhängen. Befragungen durch Behörden sind natürlich möglich, aber wenn sie beweisen können, dass sie nicht politisch aktiv sind und nicht in bewaffneten Aktivitäten involviert waren, wird das Risiko für Repressionen eher gering ausfallen (DIS/DRC 23.2.2018).

 

Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regime-kritisch äußern und dann nach Iran zurückkehren, können von Repressionen betroffen sein (AA 26.2.2020). Wenn Kurden im Ausland politisch aktiv sind, beispielsweise durch Kritik an der politischen Freiheit in Iran in einem Blog oder anderen Online-Medien, oder wenn eine Person Informationen an die ausländische Presse weitergibt, kann das bei einer Rückreise eine gewisse Bedeutung haben. Die Schwere des Problems für solche Personen hängt aber vom Inhalt und Ausmaß der Aktivitäten im Ausland und auch vom persönlichen Aktivismus in Iran ab (DIS/DRC 23.2.2018).

 

Das Verbot der Doppelbestrafung gilt nur stark eingeschränkt. Nach IStGB wird jeder Iraner oder Ausländer, der bestimmte Straftaten im Ausland begangen hat und in Iran festgenommen wird, nach den jeweils geltenden iranischen Gesetzen bestraft. Bei der Verhängung von islamischen Strafen haben bereits ergangene ausländische Gerichtsurteile keinen Einfluss. Insbesondere bei Betäubungsmittelvergehen drohen drastische Strafen. In jüngster Vergangenheit sind keine Fälle einer Doppelbestrafung bekannt geworden (AA 26.2.2020).

 

Quellen:

 

 AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.2.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027998/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Iran_%28Stand_Februar_2020%29%2C_26.02.2020.pdf , Zugriff 29.4.2020

 Cedoca – Documentation and Research Department of the Office of the Commissioner General for Refugees and Stateless Persons [Belgien] (30.3.2020): COI Focus IRAN Treatment of returnees by their national authorities, https://coi.easo.europa.eu/administration/belgium/PLib/COI_Focus_Iran_Treatment%20of_returnees_by_their_national_authorities_30032020_update_ENG.pdf , Zugriff 18.12.2020

 DIS/DRC – Danish Immigration Service [Dänemark]/Danish Refugee Council (23.2.2018): Iran: Issues concerning persons of ethnic minorities, including Kurds and Ahwazi Arabs, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426253/1788_1520517984_issues-concerning-persons-of-ethnic-minorities-including-kurds-and-ahwazi-arabs.pdf , Zugriff 29.4.2020

 ÖB Teheran – Österreichische Botschaften [Österreich] (10.2020): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2041432/IRAN_%C3%96B-Bericht_2020_10.pdf , Zugriff 14.12.2020

Aus dem Länderreport 10 Iran zur Situation der Christen des Deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Stand 3/2019) ergibt sich wie folgt:

Ein Mitglied einer Hauskirche, das Mission betreibt, an christlichen Konferenzen außerhalb Irans teilnimmt, sich möglicherweise auch im Besitz christlicher Materialen befindet und insofern in den Fokus der Ordnungskräfte oder Geheimdienste geraten kann, wird bestenfalls vernommen und verwarnt. Es kann aber auch zu einer Festnahme mit anschließendem Strafverfahren führen. Das Ziel der vorgenannten Sicherheitskräfte ist nicht die Privatperson, sondern die Hauskirche als Organisation und die aktiv missionierenden Führungspersonen. Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen „Verbrechen gegen Gott“ angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall eines Konvertiten bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hat. Mitglieder von Hauskirchen, die nicht der Leitung der Gemeinschaft zugerechnet werden, werden oftmals nach einer zweitägigen Haft und verschiedenen Vernehmungen, in deren Verlauf sie zu der Organisation der Hauskirche und eventuellen noch nicht bekannten Mitgliedern befragt werden, wieder auf freien Fuß gesetzt. (S 8f.)

Die Rückkehr von Konvertiten in den Iran führt nicht zwingend zu einer Festnahme oder Inhaftierung. In den vergangenen zehn Jahren wurde seitens der in Iran vertretenen westlichen Botschaften, die grundsätzlich Rückführungen iranischer Staatsangehöriger vor Ort kontrollieren, kein Fall der Festnahme eines Konvertiten bei der Einreise gemeldet. (S 11)

Die zu Apostasie und Konversion festgestellte Situation stellt sich im gesamten iranischen Staatsgebiet gleichermaßen dar.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsunterlagen sowie den Aktenbestandteilen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Als Beweismittel insbesondere relevant sind die Niederschriften der Einvernahmen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Erstbefragung; EB) und durch das BFA (EV) sowie die Niederschriften der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 28.09.2021 (VH 1) sowie am 21.10.2021 (VH 2), die Beschwerdeschriftsätze, das „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Iran, generiert am 21.07.2021, Version 3“, mit den darin enthaltenen, bei den Feststellungen näher zitierten Berichten, der Länderreport 10 Iran zur Situation der Christen des Deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Stand 3/2019), die von den Beschwerdeführern vorgelegten Dokumente (ÖSD-Zertifikate A1, Taufscheine, diverse Bestätigungs- und Empfehlungsschreiben, Einstellungszusage, Austrittsanzeigen), die Stellungnahme der Beschwerdeführer vom 24.09.2021, die Zeugenaussage in der VH und die Strafregisterabfragen vom 04.11.2021.

2.2. Zu folgenden Feststellungen wird näher ausgeführt wie folgt:

2.2.1. Zur Person der Beschwerdeführer

Aufgrund der vorgelegten unbedenklichen Personendokumente steht die Identität der Beschwerdeführer fest. Dies hat auch das BFA seiner Entscheidung unterstellt.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet die Beschwerdeführer – betreffend weitere Personenmerkmale (Alter, Staatsangehörigkeit, ethnische Zugehörigkeit, Herkunftsregion, Sprachkenntnisse, Ausbildung und Berufserfahrung, Familienstand und Gesundheitszustand) sowie ihre Situation in Österreich für persönlich glaubwürdig, weil sie im Verfahren im Wesentlichen gleichbleibende Angaben dazu machten. Es gibt keine Gründe, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln, und waren die Erst- und Zweitbeschwerdeführer diesbezüglich auch in der VH persönlich glaubwürdig.

Die Feststellung zur wirtschaftlichen Situation der Familie der Beschwerdeführer in Iran ergibt sich aus den Angaben des Erstbeschwerdeführers in der EV, laut welchen seine Familie mehrere Häuser und einen Schwertransportbetrieb habe (EV, S. 7) und der Angabe der Zweitbeschwerdeführerin hinsichtlich der Finanzierung der Reise, nämlich, dass ihr Vater Ersparnisse gehabt habe und es ihnen wirtschaftlich gut gegangen sei (EV, S. 9).

Die Feststellung zur Einreise nach Österreich und Ausreise aus Iran ergibt sich aus den gleichbleibenden Angaben der Beschwerdeführer im verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Verfahren (siehe insbesondere VH 2, S. 11 und 15). Dass die Beschwerdeführer bereits im Jahr 2015 aus Iran ausreisten, in Deutschland einen Antrag auf internationalen Schutz stellten und in der Folge freiwillig nach Iran zurückkehrten, ergibt sich aus den Angaben der Beschwerdeführer in der EB (EB, S. 5) sowie aus den Dokumenten betreffend das Wiederaufnahmegesuch an die Bundesrepublik Deutschland (AS 45 bis 67).

Die Feststellung zum Bruder des Erstbeschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus den Angaben des Erstbeschwerdeführers in der VH (VH 2, S. 18).

Die Feststellungen zur Situation der Beschwerdeführer in Österreich ergeben sich aus den vorgelegten, unstrittigen Dokumenten und den Einvernahmen in der VH. Aus der namentlichen Nennung der sozialen Kontakte der Beschwerdeführer in Österreich seitens des Erstbeschwerdeführers in der VH (VH 2, S. 18) ergibt sich in Verbindung mit den vorgelegten Bestätigungsschreiben sowie der Einvernahme der Zeugin, dass die Beschwerdeführer ihre sozialen Kontakte vorwiegend aus der Pfarre kennen.

Betreffend die Deutschkenntnisse legten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer Zertifikate über Deutschkenntnisse auf dem Niveau A1 sowie Anmeldebestätigungen für die Prüfung auf dem Niveau A2 vor und konnte sich das Bundesverwaltungsgericht in der VH ein aktuelles Bild von den noch geringen Deutschkenntnissen der Erst- und Zweitbeschwerdeführer machen (VH 2, S. 20).

2.2.2. Zum Fluchtvorbringen

2.2.2.1. Zu den von den Beschwerdeführern vorgebrachten Vorfällen in Iran

Die belangte Behörde führte im Wesentlichen ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren und kam bereits zu dem Schluss, dass das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer nicht glaubwürdig ist. In der VH vor dem Bundesverwaltungsgericht bestätigte sich die mangelnde Nachvollziehbarkeit des Fluchtvorbringens und ist dazu näher auszuführen wie folgt:

Das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer war nicht konsistent. So gaben die Erst- und Zweitbeschwerdeführer in der EB an, aufgrund der Konversion zum Christentum von der Regierung verfolgt worden zu sein und Angst vor dieser zu haben (EB, S. 6). Eine Bedrohung (auch) durch Verwandte oder Angst vor diesen schilderten sie hingegen nicht. Demgegenüber fand die behauptete Verfolgung durch die Regierung in der EV der Beschwerdeführer keine Erwähnung mehr, sondern brachte der Erstbeschwerdeführer hier vielmehr vor, dass seine Familie von seiner „Zuneigung zum Christentum“ erfahren und er deshalb Iran verlassen habe (EV, S. 9). Auch die Zweitbeschwerdeführerin gab an, dass sie konvertieren hätten wollen und der Erstbeschwerdeführer eine religiöse Familie habe. Sollte diese von der Konversion erfahren, würde man sie umbringen (EV, S. 7 f). Beide gaben explizit an, dass es keine persönliche Bedrohung oder Verfolgung seitens des iranischen Staates gegeben habe (EV des Erstbeschwerdeführers, S. 12, und EV der Zweitbeschwerdeführerin, S. 10).

Das Beschwerdevorbringen, dass die Familie zur Zeit der Asylantragstellung noch nichts von der Konversion gewusst, sondern diese nur geahnt habe (Beschwerde, S. 13), vermag diesen Widerspruch nicht zu erklären, da in den EB (auch) eine (wenn auch nur befürchtete) Verfolgung seitens der Familie mit keinem Wort erwähnt wurde. Auch wenn sich die EB nicht auf die nähere Ermittlung der Fluchtgründe zu beziehen hat, beeinträchtigen solche Widersprüche hinsichtlich des zentralen Fluchtvorbringens die Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführer.

Abgesehen davon waren aber auch die Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer hinsichtlich der angeblichen Bedrohung durch die Familie des Erstbeschwerdeführers in der EV – wie auch in der VH – nur äußerst vage und widersprüchlich, ebenso wie deren Angaben betreffend die angebliche Konversion zum Christentum in Iran. Ein fluchtauslösendes Ereignis legten sie nicht schlüssig dar.

Die Frage, wann genau er den Entschluss gefasst habe, Iran zu verlassen, beantwortete der Erstbeschwerdeführer nur völlig vage damit, dass seine Familie ca. am 06.12.2017 darauf gekommen sei, dass er eine Zuneigung zum Christentum habe. Deshalb habe er Iran verlassen. Er gab aber weder an, wie seine Familie auf diese angebliche Zuneigung gekommen sei, noch, wie sich diese gegenüber der Familie geäußert habe. Einen Zusammenhang mit der Flucht aus Iran konnte er auch insofern nicht nachvollziehbar darlegen, als er andererseits angab, erst am 12.03.2018 aus Iran ausgereist zu sein und sohin erst rund drei Monate nachdem seine Familie angeblich von seiner Zuneigung zum Christentum erfahren habe (EV, S. 9). Eine konkrete Bedrohungslage schilderte er damit nicht. Abgesehen davon ist dieses Vorbringen auch nicht mit dem Beschwerdevorbringen in Einklang zu bringen, dass die Familie zur Zeit der Asylantragstellung noch nichts von der Konversion gewusst, sondern diese nur geahnt habe.

Aber auch diese „Ahnung“ seiner Familie beschrieb der Erstbeschwerdeführer nicht konkret und machte er diesbezüglich auch widersprüchliche Angaben. Seine freie Erzählung hinsichtlich der Fluchtgründe im Jahr 2018 erschöpfte sich in wenigen knappen Sätzen und gab er an, im Jahr 2018 konvertiert zu sein und dass er deshalb Iran habe verlassen müssen. Sein Leben sei in Gefahr. In seiner Volksgruppe der Araber sei der muslimische Glaube sehr verwurzelt und sogar, wenn die eigene Familie merke, dass man konvertiert sei, werde „man“ durch diese umgebracht. Sie würden dies nicht den Behörden melden, sondern den Sachverhalt selbst bereinigen (EV, S. 11). Damit schilderte er aber nur einige wenige Eckpunkte einer Rahmengeschichte, die er mit keinerlei Details ergänzen konnte, und machte er auch nur rein generelle Ausführungen ohne Bezug auf seine persönliche Situation. Seine abstrakte Formulierung lässt in keiner Weise darauf schließen, dass konkret seine Familie die Beschwerdeführer habe umbringen wollen.

Auch auf die konkrete Frage, was das fluchtauslösende Ereignis gewesen sei, gab der Erstbeschwerdeführer nur detailarm an, dass sie bemerkt hätten, dass er „die religiöse Aufgabe“ nicht ernst nehme und nicht bete (EV, S. 11). In der Folge verneinte er jedoch sowohl die Frage, ob ihm persönlich gedroht worden sei, als auch die Fragen, ob es eine konkrete persönliche Bedrohung oder Verfolgung seitens des iranischen Staates gegen ihn in Iran gegeben habe und ob er von irgendjemandem in Iran persönlich konkret bedroht worden sei (EV, S. 12). Eine angebliche Bedrohungslage durch seine Verwandtschaft legte er nicht schlüssig dar. Die Unglaubwürdigkeit wird noch dadurch untermauert, dass in der Beschwerde ein anderes Vorbringen erstattet wurde und die Beschwerdeführer angaben, dass der Bruder des Erstbeschwerdeführers eine Bibel im Auto des Erstbeschwerdeführers gefunden und der Erstbeschwerdeführer seinen Bruder in der Folge belogen habe (Beschwerde, S. 3). Diese Ausführungen fanden sich in den EV der Beschwerdeführer jedoch nicht (und ebenso wenig näher in der VH).

Auch das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers zur angeblichen Suche nach ihm durch seine Verwandtschaft nach seiner Ausreise aus Iran war nur oberflächlich und konnten einige wenige Details erst auf viermalige Nachfrage erkundet werden (EV, S. 12). Generell erstattete er dieses Vorbringen erst auf konkrete Frage und nicht im Rahmen der eigeninitiativen Erzählung der Fluchtgründe. So gab er an, dass die „gesamte Verwandtschaft“ nach ihm gesucht und ein Kopfgeld auf sie ausgesetzt habe. Sie seien „ein- bis dreimal“ bei ihnen zu Hause gewesen. Dies habe ihm seine Mutter erzählt. Die Angaben des Beschwerdeführers blieben daher völlig vage. Das diesbezügliche Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin in der EV war genauso vage (EV, S. 10). In der VH gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass die Mutter des Erstbeschwerdeführers diesem gesagt habe, dass man sie im Falle einer Rückkehr umbringen werde (VH 2, S. 11). Dies ist aber auch insofern nicht plausibel, als der Erstbeschwerdeführer die Frage, wann genau er den Entschluss gefasst habe, Iran zu verlassen, damit beantwortete, dass seine Familie ca. am 06.12.2017 darauf gekommen sei, dass er eine Zuneigung zum Christentum habe, er jedoch andererseits angab, erst am 12.03.2018 – sohin erst rund drei Monate später – aus Iran ausgereist zu sein (EV, S. 9). Weshalb die Familie die Beschwerdeführer erst nach deren Ausreise aufsuchen und mit dem Umbringen hätte bedrohen sollen, ist in keiner Weise nachvollziehbar. Das bloß indirekte Erleben solcher Bedrohungen lässt ebenfalls nicht darauf schließen, dass eine Bedrohungssituation tatsächlich bestanden hat oder besteht. Auch ist das Vorbringen der Nachschau erst nach der Ausreise häufig in vergleichbaren Asylverfahren anzutreffen, während konkrete Bedrohungssituationen vor der Flucht nicht geschildert werden, was das Vorbringen insgesamt unglaubwürdig erscheinen lässt.

Der Erstbeschwerdeführer gab auch nicht nachvollziehbar an, was er überhaupt unter einer Konversion verstehe bzw. wie sich diese manifestiert habe. So gab er nur völlig pauschal an, dass er darunter verstehe, dass er ab diesem Zeitpunkt an das Christentum geglaubt und gewusst habe, dass das Christentum seine Religion und sein Weg sei (EV, S. 11). Einen Entscheidungsprozess, wie er zu dieser Glaubensüberzeugung gelangt sei, schilderte er nicht. Auch schilderte er nicht konkret, auf welche Vorgänge und wie genau seine Familie ca. am 06.12.2017 auf diese „gekommen“ sei.

Auch aufgrund des kaum vorhandenen Wissens des Erstbeschwerdeführers in der EV über das Christentum kann nicht darauf geschlossen werden, dass er sich bereits in Iran ernsthaft mit diesem befasste bzw. dort sogar konvertierte. So beantwortete er – wie von der belangten Behörde in der EV festgehalten – erst nach langer Überlegung die Frage nach dem wichtigsten Gebot der Christen und gab er auch dann nur allgemein und bruchstückhaft „Glaube an Gott, kein anderer Gott außer Gott selber, man soll nicht lügen, Nächstenliebe, Eltern ehren“ an, womit er aber die Frage nicht beantwortete und auch die sonstigen Gebote der Christen nur unvollständig wiedergab bzw. nicht den Eindruck vermittelte, die Inhalte tatsächlich verstanden zu haben. Auch seine Kritik am Islam blieb oberflächlich und stereotyp und verwies er lediglich auf die dortigen Zwänge und Vorschriften, wie Bekleidungs- und Gebetsvorschriften (EV, S. 12 f).

Der Erstbeschwerdeführer machte auch nicht deutlich, was der Auslöser für sein Interesse am Christentum gewesen sei. Auf die diesbezügliche Frage gab er nur allgemein gehalten an, dass er einen Freund gehabt habe, der ihn „über das Christentum informiert“ habe und dass „seine Info“ ausschlaggebend gewesen sei. Damals sei er am Abgrund gewesen (EV, S. 13). Weder machte der Erstbeschwerdeführer aber nähere Angaben zu diesen Informationen, die er angeblich von seinem Freund erhalten habe, noch schilderte er näher den Abgrund, an dem er sich angeblich befunden habe, um seine Motivation persönlicher und nachvollziehbarer zu gestalten. Ein Schlüsselerlebnis, weshalb er sich in Iran dem Christentum zugewendet habe, legte er nicht dar.

Auch auf Nachfrage, was der Freund genau zu ihm gesagt habe, machte er keine konkreteren Angaben, sondern wich er der Frage aus und gab lediglich nicht nachvollziehbar und gänzlich vage an, dass er „danach“ die Bibel gelesen und wieder eine „innere Ruhe“ bekommen habe. Er habe „bemerkt“, dass Jesus viele Opfer gemacht habe (EV, S. 13). Dies sind aber nur unpersönliche und inhaltsleere Angaben, die eine Hinwendung zum Christentum bereits in Iran nicht im Ansatz glaubwürdig darlegen können. Auch auf nochmalige Wiederholung der Frage durch die belangte Behörde, was der Freund zu ihm gesagt habe, gab der Erstbeschwerdeführer erneut zur Gänze nichtssagend an, dass dieser ihm gesagt habe, dass er „gehen und die Bibel lesen“ solle und er dann „den Unterschied“ merken werde und selbst wählen könne (EV, S. 13). Welche Unterschiede er in der Folge bemerkt habe, schilderte er aber nicht, wodurch seine Angaben völlig inhaltsleer blieben. Auch auf die Frage nach weiteren Beweggründen gab er nur pauschal an, dass er eine Neugeburt und ein Leben ohne Sünde gewollt habe. Die Frage, warum ihn das Christentum und nicht eine andere Religion interessiert habe, beantwortete er detailarm mit Nächstenliebe und dass sich Jesus auch geopfert habe. Eine Motivation, weshalb er sich dem Christentum zuwandte, legte der Beschwerdeführer mit diesen allgemeinen Aussagen nicht dar und ist das Argument der Nächstenliebe auch insofern nicht nachvollziehbar, als diese auch dem Islam nicht fremd ist.

In der VH machte der Erstbeschwerdeführer hinsichtlich der angeblichen Missionierung durch seinen Freund ebenfalls keine konkreteren Angaben. So gab er lediglich an, dass er eines Tages sein Gebet nicht verrichtet und der Freund gefragt habe, warum er überhaupt beten gehe. In der Folge habe ihm der Freund gesagt, dass sein Gott nicht der wahre Gott sei, er habe ihm ein Buch geschenkt und ihm das Beispiel des verlorenen Sohnes genannt (VH 1, S. 5). Damit schilderte der Erstbeschwerdeführer zwar im Vergleich zu seinen Angaben in der EV einige wenige zusätzliche Details. Eine schlüssige Erzählung, aus welchem Grund er sich plötzlich vom Islam ab- und dem Christentum zuwandte, blieb er aber auch in der VH schuldig. Unklar blieb auch, weshalb ihn der Freund – obwohl der Erstbeschwerdeführer andererseits angab, bereits seit fünf Jahren mit ihm befreundet gewesen zu sein – plötzlich und ohne näher ersichtlichen Grund missioniert und ihm eine Bibel hätte geben sollen. Einen schlüssigen Weg hin zu diesem Punkt, etwa vorangegangene Gespräche mit diesem Freund, ein kritisches (tiefergehendes) Hinterfragen des Islam oder eine kritische Auseinandersetzung mit anderen Religionen schilderte der Erstbeschwerdeführer in keiner Weise. Auch die Frage, wie er seinen Glauben an das Christentum in Iran praktizierte, beantwortete er nur knapp und ohne irgendeinen persönlichen Bezug damit, dass er diesen nicht praktiziert, sondern „nur daran geglaubt“ habe. Er sei ein- bis dreimal bei seinem Freund gewesen (EV, S. 13 f).

Widersprüchlich ist es auch, dass der Erstbeschwerdeführer einerseits angab, dass sein Freund zu ihm gesagt habe, er solle gehen und die Bibel lesen, was am 12.10.2017 gewesen sei (EV, S. 13). Andererseits gab er jedoch auf die Frage, seit wann genau er sich dem Islam nicht mehr zugehörig fühle, ebenfalls den 12.10.2017 an (EV, S. 14). Weshalb er sich dem Islam nicht mehr zugehörig gefühlt habe, nur, weil ihm der Freund gesagt habe, er solle gehen und in der Bibel lesen, ist aber in keiner Weise plausibel. Besonders auffällig ist es auch, dass die Zweitbeschwerdeführerin in ihrer EV ebenfalls das Datum 12.10.2017 als jenen Tag nannte, an dem sie den Entschluss gefasst habe, Iran zu verlassen und dies auf Nachfrage damit begründete, dass sie konvertieren hätten wollen (EV, S. 7). Auch nannte sie das gleiche Datum als jenen Tag, ab dem sie sich dem Islam nicht mehr zugehörig gefühlt habe und sich sicher gewesen sei, dass sie Christin sei, nämlich ebenfalls den 12.10.2017 (EV, S. 11 und 13). Die Angabe des Erstbeschwerdeführers, sein Freund habe ihm am 12.10.2017 gesagt, er solle gehen und in der Bibel lesen, widerspricht aber dem Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin, dass sie bereits zwei Monate vor dem 12.10.2017 die Bibel gelesen habe (EV, S. 11 f), zumal sie angab, erst durch den Erstbeschwerdeführer in Berührung mit dem Christentum gekommen zu sein (EV, S. 11). Es zeigten sich damit auch (zeitliche) Widersprüche zum Vorbringen der Beschwerdeführer in der VH, in der die Zweitbeschwerdeführerin die Geschichte, wie sie Christin geworden sei, derart schilderte, dass der Erstbeschwerdeführer sie bekehrt habe, obwohl sie zunächst „sehr schockiert“ gewesen sei, als sie beim Aufräumen eine Bibel gefunden habe (VH 2, S. 7). Daraus müsste aber folgen, dass der Erstbeschwerdeführer bereits vor der Zweitbeschwerdeführerin vom Christentum überzeugt gewesen sei und die Bibel erhalten habe, weshalb das Vorbringen insgesamt nicht schlüssig und zeitlich nicht nachvollziehbar ist. Insgesamt schilderten die Beschwerdeführer keinen konsistenten zeitlichen Rahmen hinsichtlich ihrer angeblichen Konversion und des Entschlusses, Iran zu verlassen. Generell wirkt es nicht glaubwürdig, dass sich die Erst- und Zweitbeschwerdeführer genau am selben Tag nicht mehr dem Islam zugehörig gefühlt hätten. Denn grundsätzlich wäre anzunehmen, dass die Hinwendung zu einem neuen Glauben bzw. die Abwendung vom alten Glauben ein individueller und persönlicher Prozess ist. Das Vorbringen der Beschwerdeführer ist daher insgesamt nicht kongruent und wirkt vielmehr abgesprochen und einstudiert.

Der zeitliche Rahmen ist auch insofern nicht nachvollziehbar, als die Erst- bis Drittbeschwerdeführer bereits im Jahr 2015 Iran verließen, einen Asylantrag in Deutschland stellten und in der Folge freiwillig nach Zurückziehung ihres Antrags nach Iran zurückkehrten. Auf die Frage in der EV, weshalb sie im Jahr 2015 Iran verlassen hätten, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass sie auch damals schon hätten konvertieren wollen, es aber „nicht gemacht“ hätten (EV, S. 8). Auch der Erstbeschwerdeführer gab auf die entsprechende Frage an, dass er schon damals (im Jahr 2015) habe konvertieren wollen (EV, S. 8). Was damals der Auslöser für die angebliche – nur beabsichtigte – Konversion gewesen sein soll, wird aber in keiner Weise deutlich bzw. steht dies generell damit im Widerspruch, dass die Beschwerdeführer ansonsten angaben, dass der Auslöser für das Interesse am Christentum erst durch den Freund des Erstbeschwerdeführers entstanden sei, wobei dies – wie soeben dargelegt – mit dem 12.10.2017 datiert wurde.

Die Zweitbeschwerdeführerin machte hinsichtlich des Entschlusses, Iran zu verlassen, auch genauso vage – und ähnliche – Angaben wie auch der Erstbeschwerdeführer und führte sie in der EV diesbezüglich nur aus, dass die Familie des Erstbeschwerdeführers Araber seien und in einem Stamm leben würden. Wenn der Stamm merke, dass sie konvertiert seien, würde man sie umbringen und seien sie deshalb geflohen (EV, S. 7 f). Dies sind nur rein generelle Ausführungen ohne konkreten Bezug auf die Situation der Beschwerdeführer oder die Schilderung einer konkreten Bedrohungssituation, die zudem hinsichtlich dieser vagen Eckpunkte dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers ähneln, was ebenfalls für ein einstudiertes Vorbringen spricht. Auf die Frage nach den Fluchtgründen im Jahr 2018 und warum sie nicht nach Iran zurückkönne, gab die Zeitbeschwerdeführerin nur an, dass sie nicht wisse, was sie sagen solle und „wir wollten nur weg“ (EV, S. 10). Auch die Nachfrage, was das konkrete fluchtauslösende Ereignis gewesen sei, führte sie nur allgemein gehalten aus, dass sie in einer sehr religiösen Familie gelebt hätten, und immer rechtzeitig beten und fasten hätten müssen. Am Ende hätten sie das nicht gemacht und seien sie deshalb „irgendwie verdächtigt“ worden, dass „etwas“ mit ihnen los sei (EV, S. 10). Auf die Aufforderung zu erklären, warum sie nicht nach Iran zurückkehren könne, gab sie nur völlig pauschal an, dass sie dort im Falle einer Rückkehr umgebracht werde (EV, S. 15). Ihre Angaben hinsichtlich einer angeblichen Bedrohungslage durch die Familie des Erstbeschwerdeführers sind daher gänzlich vage. Auch verneinte sie ebenfalls die Frage, ob ihr bzw. dem Erstbeschwerdeführer persönlich gedroht worden sei bzw. ob sie von irgendjemandem in Iran persönlich konkret bedroht worden sei (EV, S. 10 f). Ein fluchtauslösendes Ereignis schilderte die Zweitbeschwerdeführerin damit ebenso wenig wie der Erstbeschwerdeführer.

Die Zweitbeschwerdeführerin konnte auch nicht konkret ausführen, was sie überhaupt unter einer Konversion versteht und gab sie auf die diesbezügliche Frage nur an, dass das Christentum für sie „ein neuer Weg zu einem neuen Leben“ sei. Inwiefern sie diesen Weg bereits in Iran beschritten hätte, legte sie aber nicht näher dar, weshalb auch hieraus eine angebliche Bedrohung durch die Verwandtschaft des Erstbeschwerdeführers nicht nachvollziehbar wurde. Die Frage, was ihr am Islam missfallen habe, beantwortete sie ebenso oberflächlich und stereotyp wie auch der Erstbeschwerdeführer damit, dass der Islam eine gezwungene Religion sei, sowie mit der Ungleichbehandlung von Frauen im Vergleich zu Männern (EV, S. 10 f). Insgesamt schilderte die Zweitbeschwerdeführerin aber in keiner Weise nachvollziehbar, weshalb sie sich vom Islam ab- und dem Christentum zuwandte (abgesehen von der nicht näher definierten Angabe, sie habe die Bibel gelesen, wobei sie weitere Beweggründe explizit verneinte, siehe EV, S. 11). Ihren Beweggründen, sich dem christlichen Glauben zuzuwenden, wäre aber insbesondere auch deshalb besondere Bedeutung zugekommen, da sie andererseits angab, den Islam praktiziert zu haben bzw. religiös gewesen sei und gebetet und gefastet habe. Sie sei ihren religiösen Aufgaben nachgegangen (EV, S. 12).

Auch ihren Beweggrund für ihre angebliche Konversion legte sie nicht nachvollziehbar dar bzw. ist dieser genauso wenig nachvollziehbar wie jener des Erstbeschwerdeführers. Zudem ergaben sich Widersprüche.

Auf konkrete Nachfrage, was der Auslöser für ihr Interesse am Christentum gewesen sei, gab sie in der EV nur völlig vage an, dass es keinen richtigen Auslöser gegeben habe, sondern sie „die Bibel selber gelesen“ habe und „diese Informationen“ ihr Schlüsselerlebnis gewesen seien (EV, S. 11). Welche Informationen genau dies gewesen seien, führte sie nicht näher aus.

Ihre Geschichte in der VH, wie sie Christin geworden sei, ist im Vergleich zu diesen Angaben in der EV gesteigert und wirkt wie die Konstruktion eines Schlüsselerlebnisses aus asyltaktischen Gründen. So gab sie in der VH an, aufgeräumt und dabei zwischen der Kleidung des Erstbeschwerdeführers ein Buch gefunden zu haben, aus welchem Bilder von Jesus Christus gefallen seien. Sie sei schockiert gewesen und habe es gleich der Familie des Erstbeschwerdeführers erzählen wollen. Der Erstbeschwerdeführer habe ihr in der Folge gesagt, dass ihnen in Deutschland viele Menschen mit einem Kreuz um den Hals geholfen hätten, und habe er sie gefragt, ob sie nicht sehe, wie „lieb“ diese gewesen seien. Das Christentum basiere auf Nächstenliebe und sie müsse den wahren Gott kennenlernen. Auch habe er ihr das Gleichnis der Ehebrecherin genannt (VH 2, S. 7). Diese Geschichte ist aber einerseits nicht mit ihren Angaben in der EV in Einklang zu bringen, in welcher sie hinsichtlich ihrer angeblichen Zuwendung zum Christentum als Auslöser lediglich das Lesen der Bibel angab. Auf diese Steigerung des Vorbringens angesprochen, gab sie lediglich an, dass sie damals viel Stress gehabt habe (VH 2, S. 8).

Andererseits erscheint es auch nicht plausibel und wirkt es unglaubwürdig, dass diese flachen und oberflächlichen Ausführungen des Erstbeschwerdeführers die Zweitbeschwerdeführerin von einer Konversion überzeugt hätten – dies auch insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Zweitbeschwerdeführerin zuvor an den Islam geglaubt und diesen praktiziert habe.

Es mutet auch seltsam an, dass der Erstbeschwerdeführer – bevor er angeblich die Zweitbeschwerdeführerin vom Christentum überzeugte und nachdem die Zweitbeschwerdeführerin angeblich die Familie des Erstbeschwerdeführers darüber informieren hatte, dass sie die Bibel beim Erstbeschwerdeführer gefunden habe – gesagt habe: „Warte damit, hör zu, was ich dir erzähle. Wenn du danach nicht überzeugt bist, kannst du sie anrufen“ (VH 2, S. 7). Denn es ist weder nachvollziehbar, weshalb die Zweitbeschwerdeführerin die Familie des Erstbeschwerdeführers über den angeblichen Hang des Erstbeschwerdeführers zum Christentum hätte informieren bzw. einen solchen Konflikt hätte provozieren sollen, zumal die Beschwerdeführer ihr Fluchtvorbringen darauf stützen, dass die Familie des Erstbeschwerdeführers sie aufgrund der angeblichen Konversion töten würde. Ebenso wenig ist es daher nachvollziehbar, dass der Erstbeschwerdeführer zur Zweitbeschwerdeführerin ohne Weiteres gesagt habe, sie könne seine Familie anrufen, sollte er sie nicht überzeugen können. Die Geschichte wirkt insgesamt völlig konstruiert (ebenso wie die entsprechenden Schilderungen des Erstbeschwerdeführers, siehe VH 1, S. 6).

Widersprüchlich ist es auch, dass die Zweitbeschwerdeführerin auf die Frage, ob sie in Iran persönlich bedroht oder seitens staatlicher Stellen wegen ihrer religiösen Aktivitäten befragt worden sei, angab, dass es dazu keine Gelegenheit gegeben hätte und sie, wenn sie davon erfahren hätten, die Beschwerdeführer auf der Stelle getötet hätten. Andererseits gab sie aber kurz zuvor noch an, dass der Bruder des Erstbeschwerdeführers davon erfahren habe und ihre Schwiegermutter am nächsten Tag angerufen und gefragt habe, was mit ihnen los sei (VH 2, S. 13). Eine konkrete Bedrohungssituation durch die Familie des Erstbeschwerdeführers schilderte sie damit aber ebenfalls nicht, sondern gab sie – abgesehen von diesem Telefonat, aus welchem eine Bedrohungslage ebenfalls nicht deutlich wurde – nur völlig vage an, dass sie Christen geworden seien und ihr Leben dort in Gefahr gewesen sei. Der Bruder des Erstbeschwerdeführers habe „davon“ erfahren und „das“ der Schwiegermutter der Zweitbeschwerdeführerin erzählt (VH 2, S. 13). Sie konkretisierte aber nicht näher, wovon der Bruder des Erstbeschwerdeführers überhaupt erfahren bzw. was genau dieser in der Folge der Schwiegermutter erzählt habe. Vielmehr gab sie nur vage an, dass sie Ausreden gefunden hätten, um nicht zu Gebeten in das Haus der Schwiegereltern gehen zu müssen. Eine Gefahrenlage für die Beschwerdeführer wurde aber in keiner Weise schlüssig dargelegt.

Die Ausführungen des Erstbeschwerdeführers in der VH waren noch detailarmer als jene der Zweitbeschwerdeführerin. Auf die Aufforderung, seine Fluchtgründe zu schildern und möglichst konkrete Angaben in chronologischer Reihenfolge und möglichst genaue Zeitangaben zu machen, war die Antwort des Erstbeschwerdeführers – die kaum allgemeiner gehalten sein hätte können – einzig und allein an: „Wegen meinem Christentum“. Diese knappe Erzählweise fällt insbesondere in Verbindung damit auf, dass der Erstbeschwerdeführer hinsichtlich einer Auseinandersetzung mit seinem Bruder in Österreich sehr ausführlich, ausschweifend und detailreich erzählte (VH 2, S. 13), sodass zusätzlich der Eindruck entstand, dass der Erstbeschwerdeführer hinsichtlich des Fluchtvorbringens nur deshalb ein so knappes Vorbringen erstattete, weil sich diese angeblichen Ereignisse in Iran überhaupt nicht zugetragen haben. Ansonsten wäre davon auszugehen, dass er hinsichtlich eines einschneidenden Ereignisses wie der Flucht aus seinem Heimatstaat zusammen mit seiner Frau und seinen minderjährigen Kindern mehr erzählen könnte als zu einem Streit mit seinem Bruder. Seine oberflächlichen Angaben in der EV konnte er daher auch in der VH nicht ergänzen und schilderte er auch ebenso wenig die Erzählung in seiner Beschwerde, dass sein Bruder eine Bibel im Auto des Beschwerdeführers gefunden habe und er seinen Bruder in der Folge belogen habe (Beschwerde, S. 3). Abgesehen davon, dass er diese Ausführungen in der VH nicht erwähnte, stehen diese auch im Widerspruch zu seinen Angaben in der EV, in der er angab, dass fluchtauslösendes Ereignis gewesen sei, dass sie bemerkt hätten, dass er seine religiöse Aufgabe nicht ernst nehme und nicht bete (EV, S. 11).

In seiner Beschwerde gab der Erstbeschwerdeführer zudem an, dass seine Familie zum Zeitpunkt der Asylantragstellung noch nichts von der Konversion gewusst habe, sondern diese nur geahnt hätte (Beschwerde, S. 13). Dies ist aber ebenfalls ein nur völlig vages Vorbringen und legt keine ernsthafte Bedrohung seitens der Familie des Erstbeschwerdeführers nachvollziehbar dar. Vielmehr führte der Erstbeschwerdeführer auch in der Beschwerde nur völlig allgemein aus, dass er nach diesem Vorfall „erkannt“ habe, dass es besser wäre, zu flüchten, ohne aber in irgendeiner Weise zu konkretisieren, wie er zu diesem Schluss gekommen sei. Das Vorbringen, die Familie habe zum Zeitpunkt der Asylantragstellung die Konversion nur geahnt, widerspricht zudem dem Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin in der VH, wonach ihr Leben in Iran in Gefahr gewesen sei, weil sie Christen geworden seien und der Bruder des Erstbeschwerdeführers davon erfahren habe (VH 2, S. 13). Insgesamt ist das Vorbringen der Beschwerdeführer daher nicht konsistent, zumal der Erstbeschwerdeführer auch auf die konkrete Nachfrage, ob er in Iran persönlich bedroht oder von staatlichen Stellen wegen religiöser Aktivitäten befragt worden sei, angab, dass dies nicht der Fall gewesen sei. Als seine Familie davon erfahren habe, seien sie geflüchtet (VH 2, S. 16). Wovon genau seine Familie erfahren habe, führte er ebenfalls nicht näher aus.

Auch seine Antwort auf die Frage, ob er in Iran seinen christlichen Glauben praktizierte, war nur vage und ausweichend und führte er nur allgemein gehalten aus, dass er sich als ein Christ gefühlt habe, als das Wort sein Herz berührt habe und dass er damals als Christ gestorben wäre und in diesem Falle das ewige Leben bekommen hätte (VH 2, S. 17). Ein konkretes Praktizieren des Christentums in Iran führte er jedoch nicht aus, weshalb es auch aus diesem Grund nicht näher nachvollziehbar ist, wovon genau die Verwandten überhaupt hätten erfahren sollen.

Auf die Frage, was die Zweitbeschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr nach Iran befürchte, gab sie – wie auch in der EV – nur pauschal an, umgebracht zu werden, ohne dies näher auszuführen (VH 2, S. 14). Auch der Erstbeschwerdeführer gab in der VH nur vage an, im Falle einer Rückkehr umgebracht zu werden und ebenso seine Kinder, wobei er dies ebenfalls in keiner Weise näher konkretisierte (VH 2, S. 17). Auch der persönliche Eindruck der Beschwerdeführer in der VH bei der Schilderung, dass sie im Falle einer Rückkehr nach Iran umgebracht würden, die völlig emotionslos erfolgte, lässt nicht auf ein tatsächliches Erleben einer Bedrohungssituation durch die Familie des Erstbeschwerdeführers schließen.

Der Erstbeschwerdeführer gab weiters an, dass seiner Familie nach seiner Ausreise nichts passiert sei bzw. nicht von staatlichen Stellen nach ihm gefragt worden sei (VH 2, S. 16). Dies bestätigte auch die Zweitbeschwerdeführerin (VH 2, S. 13).

Bei der Schilderung der Fluchtgeschichte soll der Zuhörer in die Lage versetzt werden können, den Eindruck zu gewinnen, dass der Beschwerdeführer all dies selbst höchstpersönlich durchlebt hat. Es kann in diesem Zusammenhang auch nicht als amtswegige Aufgabe gesehen werden, jede vage und pauschale Angabe bzw. Andeutung durch mehrmaliges Nachfragen zu konkretisieren. Es obliegt dem Beschwerdeführer, ein detailliertes und stimmiges Vorbringen zu erstatten, um die nötige persönliche Glaubwürdigkeit zu erlangen.

Durch ihre vagen, nicht plausiblen und widersprüchlichen Angaben machten die Beschwerdeführer in keiner Weise deutlich, weshalb sie dazu gezwungen gewesen seien, Iran zu verlassen. Sie schilderten kein konsistentes fluchtauslösendes Ereignis. Eine Konversion zum Christentum in Iran und eine Bedrohung seitens der Familie des Erstbeschwerdeführers (oder seitens iranischer Behörden) legten sie nicht im Ansatz glaubwürdig dar. Das Vorbringen wirkt vielmehr gänzlich konstruiert.

Es ist daher nicht davon auszugehen, dass von den Verwandten des Erstbeschwerdeführers irgendeine Bedrohung für die Beschwerdeführer ausgeht oder diese iranische Behörden von (unterstellten) christlichen Aktivitäten der Beschwerdeführer informierten oder informieren könnten. Im Rahmen einer ganzheitlichen Würdigung des Vorbringens der Beschwerdeführer ist somit nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer im Visier der iranischen Behörden standen oder stehen. Es ist schließlich auch nicht anzunehmen, dass den Beschwerdeführern ein Bezug zum Christentum oder missionarische Tätigkeit in Iran unterstellt wird.

Dass die Erst- und Zweitbeschwerdeführer in Iran Hauskirchen organisiert bzw. eine führende Position eingenommen oder in Iran öffentlich missioniert hätten, haben sie nicht behauptet. Der Erstbeschwerdeführer gab nur an, zwei- bis dreimal in Iran Hauskirchen besucht zu haben, wobei er dies in keiner Weise näher ausführte (VH 2, S. 13 und 16 f). Abgesehen davon gab er in der EV noch an, das Christentum in Iran nicht praktiziert zu haben (EV, S. 14).

Alle geschilderten Umstände zusammen lassen für das Gericht keine Zweifel übrig, dass es sich hinsichtlich der in Iran angeblich vorgefallenen Umstände um eine Konstruktion handelt.

2.2.2.2. Zu den von den Beschwerdeführern in Österreich gesetzten Aktivitäten

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt, dass sobald auf Grund äußerer Tatsachen ein Wechsel der Religion aus innerer Überzeugung nicht unwahrscheinlich ist, sich das Gericht auf Grund einer ausführlichen Beurteilung der Persönlichkeit und aller Umstände der persönlichen Glaubwürdigkeit sowie darauf aufbauend einer ins einzelne gehenden Beweiswürdigung und allenfalls der Einvernahme von Personen, die Auskunft über den Glaubenswechsel und die diesem zugrunde liegenden Überzeugungen geben können, einen detaillierten Eindruck darüber verschaffen muss, inwieweit der Religionswechsel auf einer persönlichen Glaubensentscheidung beruht; dies selbst dann, wenn sich der Asylwerber zunächst auf unwahre Angaben betreffend seinen Fluchtgrund gestützt hat (vgl. VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0260 unter Bezugnahme auf VfGH 27.02.2018, E 2958/2017).

Im gegenständlichen Fall ergeben sich die Feststellungen zu den christlich-religiösen Aktivitäten der Beschwerdeführer in Österreich aus den von ihnen vorgelegten Bestätigungen (Taufscheine, Bestätigungsschreiben, Austrittsanzeigen), der Zeugenaussage sowie der Einvernahme der Erst- und Zweitbeschwerdeführer in der VH.

Im Rahmen der VH prüfte das erkennende Gericht die von den Beschwerdeführern vorgebrachte Konversion entsprechend den in der Folge unter Punkt 3.1.1. zitierten Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofes und befragte die Beschwerdeführer zu ihrer Motivation für den Glaubenswechsel, ihrem Wissen in Bezug auf das Christentum, ihren Gottesdienstbesuchen und sonstigen religiösen Aktivitäten und einer allfälligen Verhaltens- und Einstellungsänderung. Die Befragung widmete sich der Glaubensüberzeugung der Beschwerdeführer sowohl im Hinblick auf eine öffentliche Ausübung des Glaubens als auch auf die persönliche, innere Beziehung zum Christentum.

Die VH vor dem Bundesverwaltungsgericht diente insbesondere dazu, einen Eindruck vom persönlichen Empfinden der Beschwerdeführer zu ihrer neuen Religion zu gewinnen. Gerade darin konnten die Beschwerdeführer aber keinen emotionalen Bezug glaubwürdig darlegen. Eine individuelle Motivation und Bezugsebene zum Christentum konnte bei den Erst- und Zweitbeschwerdeführern demnach nicht festgestellt werden.

Auf die Aufforderung, frei und aus eigenem über seine neue Religion erzählen und alles zu nennen, was ihm wichtig erscheine, gab der Erstbeschwerdeführer im Wesentlichen an, dass ihm ein Freund ein Buch geschenkt habe, welches er heimlich gelesen habe. Die Zweitbeschwerdeführerin habe das Buch entdeckt und habe er ihr in der Folge einige Beispiele erzählt, um sie vom Christentum zu überzeugen. Mit diesen Ausführungen beantwortete der Erstbeschwerdeführer allerdings nicht die ursprüngliche Frage. Abgesehen davon waren auch seine Ausführungen darüber, was er der Zweitbeschwerdeführerin erzählt habe, nur sehr oberflächlich. So gab er an, er habe ihr gesagt, sie solle sich an die Leute in Deutschland erinnern, die ihnen Kleidung und Essen gebracht hätten und dass das „alles auf Liebe“ beruht habe. Das Heilige Buch bedeute Liebe und der christliche Weg bedeute Liebe. Auch habe er ihr einen Bibelvers über die Steinigung einer Ehebrecherin genannt (VH 1, S. 6). Seine Angaben beschränkten sich damit lediglich auf inhaltsleere und floskelhafte Aussagen zu seinem neuen Glauben (Liebe, Ungleichbehandlung der Frau), die dem erkennenden Gericht auch aus vergleichbaren Verfahren nahezu wortgleich bekannt sind. Die Hilfsbereitschaft, die die Beschwerdeführer in Deutschland erfahren hätten, kann für sich allein eine Hinwendung zum christlichen Glauben mangels eines religiösen Motivs ebenfalls nicht hinreichend erklären. Die Ausführungen des Erstbeschwerdeführers ließen einen persönlichen Bezug zum Christentum gänzlich vermissen.

Auf entsprechende Nachfrage gab er an, dass er erzählen habe wollen, warum er Christ geworden sei und Iran verlassen habe, womit er auf seine Fluchtgeschichte Bezug nahm, nach der in diesem Zusammenhang aber nicht gefragt wurde (VH 2, S. 6). Auf den Hinweis, dass die Frage nicht auf seine Fluchtgründe, sondern auf sein persönliches Empfinden zum Christentum abgezielt habe, machte der Erstbeschwerdeführer ebenfalls nur floskelhafte Ausführungen und gab er an, dass „das Wort“, umso mehr er es gelesen habe, sein Herz berührt habe und er „noch mehr“ darüber habe erfahren wollen. Wenn jemand ihm etwas Böses getan habe, habe er vergeben können und habe er auch mehr Zuneigung entgegenbringen und seinen Zorn kontrollieren können. Er habe auch nicht mehr so schnell über andere geurteilt (VH 2, S. 6). Er nannte hier aber keine konkreten Beispiele, um diese allgemeinen Ausführungen auf sich selbst bezogen zu untermauern, und wirkten die Ausführungen daher insgesamt farblos und auswendig gelernt.

Auch die Frage, was er genau lese, beantwortete er zunächst nur redundant mit: „Ich lese die christlichen Verse“. In der Folge ergänzte er dies zwar mit „Lukas 15 und Matthäus 7“ bzw. nannte er diese als seine Lieblingsverse, da diese am ehesten seinem Leben ähneln würden (VH 1, S. 6). Er erklärte die Verse aber nicht eigeninitiativ oder erläuterte, inwiefern sie zu seinem Leben passen würden, sodass auch diese Ausführungen keinen Eindruck vom persönlichen Empfinden des Erstbeschwerdeführers zum christlichen Glauben vermitteln konnten. Dass (und warum) die zitierten Bibelstellen den Erstbeschwerdeführer in besonderer Weise berührt hätten, ließ sich seinen Ausführungen nicht entnehmen, sodass sie letztlich substanzlos blieben. Auch auf entsprechende Nachfrage gab er nur allgemein an, dass er bis jetzt wie der verlorene Sohn als Moslem im Dunkeln gelebt habe. Seit er Christ geworden sei, habe er den „richtigen Lebensweg“ entdeckt und wisse, was das Leben bedeute. Er könne jetzt vergeben (VH 1, S. 6 f). Dies sind aber ebenfalls nur generell gehaltene Ausführungen, die in keiner Weise einen Schluss auf eine persönliche Glaubensüberzeugung des Erstbeschwerdeführers zulassen.

Auch die Frage, was sein Motiv gewesen sei, Christ zu werden, beantwortete der Erstbeschwerdeführer nur mit dem inhaltsleeren Stehsatz, dass er deshalb Christ geworden sei, da das Christentum „der einzige Weg zu Gott“ sei (VH 1, S. 7). Auch auf nochmalige Nachfrage konnte er dies nicht konkretisieren, sondern gab er wiederholend – nur in etwas anderen Worten – an, dass dies Gott gesagt habe und der Glaube an Gott der einzige Weg sei, „um gerettet“ zu werden, wobei er auch die Errettung nicht näher erläuterte.

Die Angaben der Zweitbeschwerdeführerin waren ebenfalls ohne einen persönlichen Bezug und nur sehr allgemein. Auf die Frage, frei und aus eigenem über ihre neue Religion zu erzählen, gab sie – ähnlich wie der Beschwerdeführer – an, dass das Christentum ein Weg sei und führte sie weiters substanzlos und ohne einen persönlichen Bezug aus, dass sie „sehr froh“ darüber sei, Christin geworden zu sein. Seither würde das Leben „wirklich Spaß“ machen und sie habe Freude. Sie habe gelernt, ihre Nächsten zu lieben und sie sei „froh und glücklich“ darüber, aufgewacht zu sein und dass diese Veränderung mit ihr geschehen sei. Christus sei ein Licht in ihrem dunklen Leben gewesen (VH 2, S. 6). Ein persönlicher Bezug fehlt gänzlich. Auch die konkrete Nachfrage, warum sie Christin habe werden wollen, beantwortete sie – wie auch der Erstbeschwerdeführer – nur völlig allgemein damit, dass der einzige Weg und um das ewige Leben und die Rettung zu erfahren, Jesus Christus sei. Sie untermauerte dies zwar durch ein entsprechendes Bibelzitat (VH 2, S. 7), legte damit aber ihre persönliche Motivlage und eine individuelle Bedeutung des Christentums in keiner Weise dar.

Auch ihre Geschichte, wie sie Christin geworden sei, ist nur wenig nachvollziehbar und legt einen Konversionsprozess in keiner Weise dar. Abgesehen davon wird diesbezüglich auf die obigen Ausführungen der Beweiswürdigung verwiesen, laut welchen es sich bei dieser Geschichte um eine Steigerung im Vergleich zu ihren Angaben in der EV handelt. In der VH führte sie aus, dass sie eines Tages aufgeräumt habe und ein Buch zwischen der Kleidung des Erstbeschwerdeführers gefunden habe, aus welchem Bilder von Jesus Christus gefallen seien. Zunächst sei sie schockiert gewesen. Der Erstbeschwerdeführer habe ihr dann aber ein Beispiel genannt, nämlich, dass ihnen in Deutschland viele Menschen mit einem Kreuz um den Hals geholfen hätten und er habe gesagt: „Siehst du, wie lieb sie waren? Das Christentum basiert auf Nächstenliebe und du musst den wahren Gott kennenlernen“. Auch habe er ihr das Gleichnis der Ehebrecherin genannt (VH 2, S. 7). Dies sind aber nur sehr oberflächliche Beweggründe für eine Konversion und ist eine solche plötzliche Hinwendung der Zweitbeschwerdeführerin zu einer völlig neuen Religion in keiner Weise nachvollziehbar, zumal sie auch in der EV angab, den Islam praktiziert zu haben bzw. religiös gewesen zu sein und gebetet und gefastet zu haben. Sie sei ihren religiösen Aufgaben nachgegangen (EV, S. 12). Dass das Beispiel des Erstbeschwerdeführers, die Leute mit einem Kreuz um den Hals in Deutschland seien „lieb“ gewesen sowie das Gleichnis der Ehebrecherin die Zweitbeschwerdeführerin von einer Konversion überzeugen konnten, ist vor diesem Hintergrund nicht plausibel und erscheint konstruiert. Ihr Argument, dass Jesus Christus der einzige Weg sei, um das ewige Leben zu erlangen (VH 2, S. 7), kann ebenfalls nicht überzeugen, da auch der Islam für sich beansprucht, der richtige Weg zu sein (und ebenso andere Religionen oder spirituelle Bewegungen). Abgesehen davon widerspricht diese Geschichte – wie oben bereits ausgeführt – ihren Angaben in der EV, in welcher sie als Auslöser hinsichtlich ihrer angeblichen Zuwendung zum Christentum lediglich das Lesen in der Bibel angab. Auf diesen Widerspruch angesprochen gab sie in der VH lediglich an, dass sie damals viel Stress gehabt habe (VH 2, S. 8).

Der Erstbeschwerdeführer machte auch sonst nur unpersönliche Angaben. Die Frage, wie ihm der christliche Glaube in seinem Leben helfe, beantwortete er mit: „Hat mir sehr oft geholfen“ (VH 1, S. 7). Auch gab er nur detailarm an, dass er ihm „im Alltag“ helfe. Es würden „viele Dinge“ passieren und der Heilige Geist sei „in jedem Moment“ bei ihm. Als Beispiel gab er zwar an, dass er vor einigen Monaten eine Tasche mit einer Menge Geld gefunden habe. Er habe den Heiligen Geist gespürt und habe ihm dieser gesagt, dass ihm die Tasche nicht gehöre und er sie dorthin bringen solle, wo der Besitzer sie zurückbekomme. Er habe dies auch getan und einen Finderlohn erhalten (VH 1, S. 8). Er legte auch ein Schreiben der Gemeinde vor, in welchem dieser Sachverhalt bestätigt wurde.

Die Frage, ob er denn dies als Moslem nicht gemacht hätte, verneinte der Erstbeschwerdeführer aber nur pauschal und führte wenig nachvollziehbar und ohne nähere Schilderung der Situation aus, dass ihm „so etwas“ als Moslem auch schon einmal passiert sei. Insgesamt konnte dieses Beispiel in Zusammenschau mit den sonst völlig allgemeinen Ausführungen des Erstbeschwerdeführers (er könne jetzt vergeben, mehr Zuneigung entgegenbringen, seinen Zorn besser kontrollieren, siehe VH 1, S. 6) auch eine Wesensänderung nicht nachvollziehbar darlegen, zumal gesetzestreues Verhalten ohnehin grundsätzlich – auch ohne Zugehörigkeit zum Christentum – vorausgesetzt werden sollte. Auch in der fortgesetzten VH gab der Erstbeschwerdeführer auf nochmalige Nachfrage nur generell an, dass er verzeihen und seinen Nächsten lieben könne. Wenn er jemandem etwas Gutes tue, dann erwarte er von dieser Person nichts zurück. Auch gab er an, dass dies immer wieder im Heiligen Buch vorgekommen sei („Nächstenliebe, Nächstenliebe“, siehe VH 2, S. 3). Er suche keine Rache und wenn jemand ihm etwas Böses tue, dann bete er für ihn. Weder das Gute, welches er jemand anderem tue, noch das Böse, welches ihm widerfahre, konkretisierte der Erstbeschwerdeführer jedoch, wodurch seine Angaben letztlich substanzlos und floskelhaft blieben. Eine Wesensänderung konnte er nicht auf seine Person bezogen erläutern. Abgesehen davon ist die Nächstenliebe auch im Islam ein wesentlicher Eckpfeiler.

Auch auf konkrete Frage nach Beispielen für seinen Wesenswandel machte der Erstbeschwerdeführer nur allgemeine Angaben und führte er pauschal aus, dass, wenn jemand das Heilige Buch lese, sein Glaube täglich wachse und Jesus Christus ihm immer wieder mehr Kraft gebe. Während der Taufkurse hätten sie jeden Tag das Heilige Buch gelesen und täglich „Neues“ gelernt (VH 2, S. 3). Die Angaben des Erstbeschwerdeführers blieben daher nur unpersönlich. Erst auf nochmalige Wiederholung der Frage nannte er ein einziges konkretes Beispiel, nämlich einen Streit mit seinem Bruder, und gab er an, dass er ihm als Moslem vielleicht zwei Ohrfeigen gegeben hätte, aber jetzt als Christ nicht. Seine Antwort auf die Frage, ob man als Moslem kein guter Mensch sein könne, war aber ebenfalls nur knapp und führte er aus, dass im Islam geschrieben stehe, dass man, wenn man von jemandem eine Ohrfeige bekommen, zurückschlagen solle, und es deswegen im Islam auch so viele Kriege gebe (VH 2, S. 4). Abgesehen davon, dass diese Islamkritik ebenfalls nur sehr oberflächlich ist, können diese Ausführungen auch vor dem Hintergrund der zahlreichen Religionskriege auch im Christentum nicht nachvollziehbar darlegen, weshalb er sich vom Islam abgewendet und dem Christentum zugewendet habe. In der VH gab er weiters an, dass man ihm immer gesagt habe, dass man sich vor Gott fürchten müsse, und, wenn man bestimmte Dinge nicht tue, in die Hölle müsse (VH 1, S. 5). Auch im Christentum gibt es aber die Vorstellung der Hölle und lassen die Ausführungen des Erstbeschwerdeführers insgesamt nicht darauf schließen, dass er sich mit Unterschieden zwischen dem Islam und dem Christentum im Sinne einer informierten Entscheidung für seine Konversion auch nur im Ansatz näher auseinandergesetzt hätte.

Eine Wesensänderung aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Christentum legte auch die Zweitbeschwerdeführerin nicht nachvollziehbar dar. So gab sie diesbezüglich ebenfalls nur allgemein gehalten und ohne einen persönlichen Bezug an, gelernt zu haben, die Nächsten zu lieben, auf ihre Nachbarn zu achten, über niemanden zu urteilen, die anderen zu lieben und zu vergeben (VH 2, S. 10). Dies entspricht zwar den allgemeinen Grundsätzen der christlichen Glaubenslehre, die Zweitbeschwerdeführerin konnte diese aber nicht konkret auf ihre Person bezogen näher erläutern oder durch Beispiele untermauern. Insgesamt wirkte das Vorbringen – wie auch beim Erstbeschwerdeführer – für die VH einstudiert. Auf die Frage, warum sie zuvor nicht so gewesen sei, gab sie nur an, dass sie nie eine Vorstellung gehabt habe, dass Gott liebe und verzeihe und dass sie sich immer vor Gott gefürchtet und nur deswegen gebetet habe. Dies ist aber vor dem Hintergrund, dass auch der Gott im Islam barmherzig sein und verzeihen kann, nur ein sehr flaches Vorbringen, und beantwortete sie damit auch nicht die Frage, weshalb sie nicht auch als Muslimin etwa auf ihre Nachbarn hätte achten können. Eine angebliche Furcht vor dem islamischen Gott kann dies nicht hinreichend erklären. Weiters nannte sie – wie auch der Erstbeschwerdeführer – das Beispiel, dass in der Kindheit damit gedroht worden sei, dass man in die Hölle komme, wenn man nicht regelmäßig bete und faste. Auch das Christentum kennt aber die Vorstellung der Hölle.

Das Frauenbild in der Bibel konnte die Zweitbeschwerdeführerin ebenfalls nicht näher erläutern, sondern gab sie nur vage an, dass die Frau eine „besondere Stellung“ habe. Auch führte sie lediglich generell aus, dass man in der Bibel einer Ehebrecherin vergeben habe, während im Islam eine Frau, die die Ehe bricht, gesteinigt werde (VH 2, S. 10). Das Frauenbild in der Bibel erläuterte sie damit aber nicht. Dass sie sich mit dem gemäßigten mitteleuropäischen Islam in irgendeiner Weise auseinandergesetzt habe, wurde im Verfahren aber ebenfalls nicht deutlich. Grundsätzlich wäre es aber insgesamt naheliegender, sich in einem anderen Land zunächst damit auseinanderzusetzen, wie die eigene Religion dort praktiziert wird, als sich einer völlig neuen Religion zuzuwenden. Auch auf die Nachfrage, wie sie das Frauenbild im Alten Testament sehe, machte sie keine näheren Ausführungen, sondern gab sie nur an, dass es auch im Alten Testament „genauso“ beschrieben sei und das Neue Testament die Entwicklung des Alten Testaments sei (VH 2, S. 10).

Eine auch nur etwas tiefergehende Auseinandersetzung mit den Inhalten des Islam im Vergleich zum Christentum war bei den Beschwerdeführern nicht erkennbar und legten sie auch keine nachvollziehbare Wesensänderung durch ihre angebliche Hinwendung zum Christentum dar. Auch die Angaben der in der VH einvernommenen Zeugin waren diesbezüglich nur generell und gab sie an, dass sich die Beschwerdeführer zum positiven weiterentwickelt hätten, ohne dies aber näher zu konkretisieren (VH 1, S. 16).

Auf die Frage ihrer Rechtsvertretung, ob es einen bestimmten Moment gegeben habe, in dem Gott ihr geholfen habe, machte die Zweitbeschwerdeführerin ebenfalls keine konkreten Angaben, sondern brachte sie nur vor, dass Gott ihr „sehr geholfen“ habe und sie als Muslimin nur Stress gehabt habe und „unruhig“ gewesen sei. Sie habe sich „nicht wohl“ gefühlt und vor Gott gefürchtet, aber jetzt rede sie ganz erleichtert mit Gott (VH 2, S. 14). Auch ihre Schilderung, dass Gott ihr im Schlaf gesagt habe, dass der Gerichtstermin in dem Monat sein werde, in welchem sie Geburtstag habe, kann nicht erklären, inwiefern sie nicht auch im Glauben an den Islam Halt hätte finden können. Auch nannte sie dieses Beispiel erst auf die Frage ihrer Rechtsvertretung.

Zu seiner Glaubensausübung befragt gab der Erstbeschwerdeführer nur völlig allgemein an, nicht über die anderen zu urteilen und sonntags in die Kirche zu gehen. Das Christentum bedeute den richtigen Lebensweg (VH 1, S. 10). Die sind aber lediglich inhaltsleere Angaben, die einen persönlichen Bezug zur Glaubensausübung, etwa auch im Alltag, vermissen lassen. Auch gab er an, bei den Messen auf Deutsch nur „vielleicht die Hälfte“ zu verstehen. Auf die Frage, wie die Familie das letzte Weihnachtsfest gefeiert habe, führte er nur knapp aus, dass sie in die Kirche gegangen seien und dort gemeinsam Weihnachten gefeiert hätten – ebenfalls ohne eine persönliche Bezugsebene oder Angaben dazu, was ihm und seiner Familie persönlich das Weihnachtsfest bedeutet habe (VH 1, S. 12).

Die Zweitbeschwerdeführerin gab ebenfalls an, nur ungefähr die Hälfte der Messe zu verstehen (VH 2, S. 9). Auch ihre Angaben hinsichtlich des Inhalts der Predigt in der letzten Messe waren vollkommen oberflächlich. Auf die Frage, worüber der Priester gesprochen habe, gab sie lediglich allgemein an, dass man Jesus Christus vertrauen solle, Christus der Rettungsweg sei und die Nächsten geliebt werden sollen (VH 2, S. 9). Dies sind aber nur generelle Schlagworte. Den näheren Inhalt der Predigt beschrieb sie damit nicht. Auch gab sie an, nicht zu wissen, welches Evangelium gelesen worden sei, obwohl sie in der Folge ausführte, dass sie vor dem sonntäglichen Kirchgang die passende Stelle auf Farsi zur Vorbereitung erhalten würden. Auf die Frage, ob sie sich erinnern könne, was dies gewesen sei, verwies sie lediglich pauschal auf ihre vorherigen Ausführungen. Auf nochmalige Aufforderung, dass sie diese wiederholen möge, gab sie ebenfalls nur sehr allgemein an, dass Gott immer auf sie achte und man sich vor Gott nicht fürchten solle. Er sei immer bei ihnen, egal, wo sie seien (VH 2, S. 9). Nähere Inhalte schilderte sie damit aber nicht und machte sie nicht deutlich, sich auf den sonntäglichen Kirchgang näher vorbereitet zu haben. Insgesamt erweckte sie nicht den Eindruck, aus der letzten Messe etwas mitgenommen zu haben. Hinsichtlich ihrer Glaubensausübung während der Covid-19-Pandemie stellte die Zweitbeschwerdeführerin ebenfalls keinen persönlichen Bezug her, sondern gab sie nur allgemein an, dass sie Mitglied einer WhatsApp-Gruppe gewesen sei und die Kurse online stattgefunden hätten (VH 2, S. 9).

Auf die Frage, wie das Christentum innerhalb der Familie praktiziert werde, gab der Erstbeschwerdeführer ebenfalls nur wenig detailreich an, dass die Familie mehrere Kreuze habe und vor dem Essen bete (VH 1, S. 11). Wie sich das Christentum sonst im Alltag der Familie niederschlage, führte er nicht näher aus.

Auch die Zweitbeschwerdeführerin machte dahingehend keine näheren Angaben, sondern führte sie auf die Frage, wie sie ihren Glauben ausübe, lediglich eine App an, die sie und der Erstbeschwerdeführer heruntergeladen hätten. Morgens würden sie einen Vers aus der Bibel erhalten und sie würden sich daran halten. Auch würden sie jedes Mal vor dem Essen beten und hätten sie Kreuze zu Hause (VH 2, S. 8).

Dieses Vorbringen wiederholten die Beschwerdeführer im Wesentlichen auch auf die Frage nach ihrem Alltag in Österreich hinsichtlich ihres Privat- und Familienlebens (VH 2, S. 18). So verwies der Erstbeschwerdeführer diesbezüglich auf die morgendlichen Bibelverse sowie darauf, dass er in der Kirche helfe. Auch die Zweitbeschwerdeführerin verwies auf diese Verse sowie auf das gemeinsame Beten vor dem Essen. Nähere Ausführungen hinsichtlich des Alltags, insbesondere mit den Dritt- und Viertbeschwerdeführern und Aktivitäten mit diesen brachten sie jedoch in diesem Zusammenhang nicht vor, wodurch das Vorbringen hinsichtlich des Christentums in ihrem Alltag insgesamt vorbereitet und nicht authentisch wirkte.

Die Antworten auf Fragen in Bezug auf die Rolle, welche der neue Glaube für die Beschwerdeführer persönlich spiele, begnügten sich daher insgesamt lediglich mit Allgemeinplätzen, waren oberflächlich und ließen jegliche Individualität vermissen. Es besteht kein erkennbarer Bezug zur persönlichen Glaubensüberzeugung. Eine individuelle Motivation und Bezugsebene zum Christentum konnte bei den Beschwerdeführern nicht festgestellt werden. Einer solchen wäre aber auch insofern maßgebende Bedeutung zugekommen, als die Erst- und Zweitbeschwerdeführer angaben, gläubige Muslime gewesen zu sein und gebetet und gefastet zu haben (EV des Erstbeschwerdeführers, S. 14 und EV der Zweitbeschwerdeführerin, S. 12). Weshalb sie sich vom Islam abgewendet hätten, legten sie aber nicht nachvollziehbar dar.

Ein mangelnder persönlicher Bezug wird etwa auch anhand der Ausführungen des Erstbeschwerdeführers zu seiner Taufe deutlich, welche sich auf die äußeren Umstände beschränkten (er habe Kurse gehabt und sei unterrichtet worden, siehe VH 1, S. 8). Eine individuelle Bedeutung erläuterte er nicht, sondern gab er auch auf nochmalige Nachfrage nur an, dass er drei YouTube-Videos produziert habe, in welchen er zeige, dass dies der richtige Weg sei und wie man richtig bete, womit er aber nicht zum Ausdruck brachte, dass in ihm während seiner Taufvorbereitung eine innere Überzeugung herangereift wäre, sich – gleichsam als Vollendung seiner Hinwendung zum Glauben – taufen zu lassen. Ein nennenswerter persönlicher – deutlich über ihre Bedeutung als formaler Akt hinausgehender – religiöser Zugang des Erstbeschwerdeführers zu seiner Taufe war somit im Ergebnis kaum zu erkennen. Dies wird auch dadurch untermauert, dass die Videos – wie eine Nachschau des Bundesverwaltungsgerichts in der VH ergeben hat – vom 26.01.2021, 31.01.2021 und 01.02.2021 stammen und somit aus einer Zeit erst nach der Taufe des Erstbeschwerdeführers, die am 26.09.2020 war. Ein zeitlicher Zusammenhang mit der Taufe war daher nicht ersichtlich, weshalb auch nicht nachvollziehbar wurde, inwiefern diese Videos der Taufvorbereitung hätten dienen sollen.

Der Erstbeschwerdeführer konnte auch nicht nachvollziehbar darlegen, warum er konkret den Glaubenszweig des Katholizismus wählte und warum speziell die Glaubenslehren dieser Richtung für ihn persönlich wesentlich sind und zum behaupteten Glaubenswechsel veranlassten. Auf die entsprechende Frage antwortete er lediglich, dass er glaube, dass seine Familie auserwählt worden sei. Bei seiner Festnahme habe eine Frau gefragt, welche Religion sie hätten. Der Erstbeschwerdeführer habe gesagt, dass sie Christen seien, und habe die Frau die Beschwerdeführer daher als Katholiken bezeichnet (VH 1, S. 10). Auf die Frage, was ihm konkret an der katholischen Glaubenslehre gefalle, gab der Erstbeschwerdeführer einmal mehr pauschal lediglich „die richtige Art und Weise zu leben“ an, womit er aber nicht erklären konnte, weshalb für ihn gerade die katholischen Glaubenslehren „richtig“ seien. Auch andere Religionen geben Richtlinien für die „richtige“ Lebensführung vor, weshalb die Bedeutung des Katholizismus für den Erstbeschwerdeführer durch diese Ausführungen nicht deutlich wurde.

Auch gab er nur sehr allgemein gehalten an, sich nicht mehr zu fürchten und dass er sich „leichter“ fühle (VH 1, S. 12). Auf die Frage, ob er dies nicht auch in der evangelischen Kirche hätte finden können, wiederholte er nur, dass er für die katholische Kirche „auserwählt“ worden sei, in der evangelischen Kirche die Heilige Maria nicht als heilig angesehen werde und dass es hier auch keine Gebete gebe. Auf nochmalige Nachfrage, warum er sich für den katholischen Zweig entschieden habe, führte er erneut aus, dass die Dame damals „Katholik“ geschrieben habe und sie ab diesem Zeitpunkt in die katholische Kirche gegangen seien. Sie hätten nicht mehr gefragt, welcher Zweig gut sei, sondern hätten sie sich ab diesem Zeitpunkt für den katholischen Zweig entschieden. Auch habe die Frau gesagt, dass die meisten hier Katholiken seien und es leichter sei, in eine Kirche zu kommen, die in der Nähe sei, wenn man Katholik sei (VH 1, S. 12). Die Zweitbeschwerdeführerin machte auf die Frage, warum sie sich für den katholischen Glauben entschieden habe, damit übereinstimmende Angaben und führte ebenfalls aus, dass eine Frau bei der Festnahme nach der Frage, was die Beschwerdeführer für Christen seien, gesagt habe: „Ich schreibe einfach Katholik“ (VH 2, S. 8).

Auf eine bewusste und überlegte Entscheidung, sich aus religiösen Erwägungen heraus dem Katholizismus zuzuwenden, kann aufgrund dieser Ausführungen, laut welchen die Wahl des Katholizismus letztlich bloß rein zufällig und aus Praktikabilitätserwägungen erfolgt sei, nicht geschlossen werden. Es ist nicht erkennbar, dass sich die Beschwerdeführer mit den unterschiedlichen Strömungen im Christentum auch nur ansatzweise näher auseinandergesetzt oder die katholischen Glaubenslehren zu irgendeinem Zeitpunkt kritisch hinterfragt hätten und waren diese Aussagen daher nicht geeignet, dem erkennenden Gericht ein näheres Bild vom inneren Bezug der Beschwerdeführer zu ihrem neuen Glauben zu vermitteln. Was die Beschwerdeführer nun dazu motiviert hätte, sich dem christlichen Glauben zuzuwenden und in der Folge der katholischen Kirche, blieb unklar.

Auffallend war es auch, dass der Erstbeschwerdeführer nach diesen Ausführungen das Thema wechseln und auf eine vorherige Frage der erkennenden Richterin antworten wollte, nämlich auf die Frage nach dem Christentum in seinem Alltag. In der Folge führte er aus, dass er bei Sünden beichten gehe, morgens über eine App einen Vers erhalte und erfahre, wie er diesen in seinem täglichen Leben anwenden könne und welchen Einfluss dieser habe (VH 1, S. 10). Auf die entsprechende Frage nach dem heutigen Vers gab der Erstbeschwerdeführer aber einmal mehr nur gänzlich allgemein gehalten an: „Die richtige Art und Weise zu leben“. Auf Nachfrage, wie diese sei, gab er aber an, dies nicht mehr zu wissen, sodass seine Ausführungen einmal mehr ohne jegliche Substanz blieben. Es sei viel Verkehr gewesen und er habe nicht darauf geschaut, wie dieser Vers heiße. Nach Überlegungen gab er schließlich an, dass es darum gegangen sei, dass man etwas Gutes aus Demut machen solle und nicht deshalb, damit die anderen es sehen. Auch diese Ausführungen des Erstbeschwerdeführers blieben daher nur allgemein.

Auch eine Eigeninitiative der Beschwerdeführer hinsichtlich ihrer Glaubensausübung in Österreich nach ihrer Ausreise aus Iran war nicht zu erkennen. So gab der Erstbeschwerdeführer auf die Frage, wie sie in Österreich mit der Kirche in Kontakt gekommen seien, an, dass ein Iraner sie zu der Kirche in XXXX mitgenommen habe. Sie hätten dort aber nicht viel verstanden und habe sie nach sechs oder sieben Monaten ein anderer Iraner zu einer farsisprachigen Kirche mitgenommen. Dort habe es ihnen sehr gut gefallen (VH 1, S. 12 f).

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass die Beschwerdeführer über ein wenn auch geringes Grundwissen zum Christentum verfügen (VH 2, S. 5 und 10 f). Dieses Wissen allein ist jedoch nicht ausreichend, um von einem inneren Glaubenswandel sprechen zu können, zumal die Beschwerdeführer nicht in der Lage waren, nachvollziehbar darzulegen, warum gerade die katholische Glaubenslehre für sie persönlich entscheidend und in ihrer Glaubensausübung relevant war bzw. ist. Auch das Glaubensbekenntnis konnte der Erstbeschwerdeführer nur knapp mit eigenen Worten wiedergeben („Glaube an Gott, Glaube an Jesus Christus und Glaube an den Heiligen Geist“, VH 2, S. 6 sowie VH 1, S. 11) und erweckte er damit auch nicht den Eindruck, den Inhalt und die Bedeutung tatsächlich verstanden zu haben. Zudem erklärte er den Feiertag Fronleichnam damit, dass Jesus Christus von den Toten auferstanden sei (VH 2, S. 5), was das Wesen dieses Feiertages im Vergleich zu Ostern aber nicht beschreibt bzw. unrichtig ist. Die sieben Sakramente konnte er ebenfalls nicht vollständig nennen (nur sechs davon, VH 2, S. 5).

In Bezug auf die in der VH gestellten Wissensfragen zum Christentum und zu der von den Beschwerdeführern gewählten Glaubensrichtung verlangt das Bundesverwaltungsgericht bewusst keine tiefgehenden, theologisch-wissenschaftlichen Kenntnisse und soll diesem Aspekt kein überzogenes Gewicht beigemessen werden. Von einer Person, welche sich im Erwachsenenalter und unter Kenntnis der grundsätzlichen Gefahrenlage, die eine Konversion für sie und ihre Familie mit sich bringen kann, bewusst für einen neuen Glauben entscheidet, kann aber verlangt werden, dass sie sich mit den Wesensmerkmalen dieses Glaubens auseinandergesetzt hat und über ein entsprechendes Grundwissen zum Christentum sowie der gewählten Glaubensrichtung verfügt.

Aus der Einvernahme in Verbindung mit der Zeugenaussage und den Bestätigungsschreiben ergibt sich, dass die Beschwerdeführer regelmäßig Gottesdienste besuchen und auch immer wieder an Gebetsgruppen und Wallfahrten teilnehmen (VH 1, S. 14 f). Die in der VH einvernommene Zeugin gab an, dass die Beschwerdeführer wissbegierig seien und es mit Leichtigkeit und Freude machen würden. Auf Nachfrage gab sie an, dass sich die Beschwerdeführer „absolut dem Christentum zugewandt“ hätten. Sie könne zwar nicht in Herzen schauen, sei aber „sehr überzeugt“ davon. Die Beschwerdeführer hätten sich auch zum Positiven weiterentwickelt und würden sich bei Schwierigkeiten an der christlichen Richtschnur ausrichten (VH 1, S. 16). Laut Bestätigungsschreiben vom 06.09.2021 sei der Erstbeschwerdeführer mit seiner Familie bei zusätzlichen kirchlichen Feierlichkeiten oder Aktivitäten „mit großer Inbrunst“ dabei und heben auch die Schreiben von zwei Privatpersonen ein starkes Interesse der Beschwerdeführer am christlichen Glauben und das Bemühen um christliche Werte hervor.

Diesen Eindruck bzw. eine innere Zuwendung zum katholischen Glauben vermochten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer durch ihren persönlichen Eindruck in einer Zusammenschau ihrer Angaben im verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Verfahren aber – wie ausführlich dargelegt – gerade nicht vermitteln. Schriftlichen Bescheinigungen von dem Gericht nicht bekannten Personen kommt abgesehen davon auch kein wesentlicher Beweiswert zu.

Dass die Beschwerdeführer gerne die Gemeinde besuchen, ist für sich auch kein religiöses Motiv, da es sich bei einer Konversion schließlich nicht lediglich um einen Lebenswandel hin zu einem „besseren“ Lebensgefühl handelt, welches auch unabhängig vom Beitritt zu einer Religionsgemeinschaft erreicht werden kann, weshalb ein Konvertit folglich auch in der Lage sein sollte, nachvollziehbar die persönlich-individuelle Ebene des Konversionsprozesses zu beschreibe. Dem sind die Beschwerdeführer aber insgesamt nicht nachgekommen.

Im Ergebnis ist bei einer Gesamtbetrachtung aller Beweismittel und insbesondere aufgrund der Einvernahme der Erst- und Zweitbeschwerdeführer eine ernsthafte und innere Glaubensüberzeugung in Bezug auf das Christentum nicht ableitbar. Die Beschwerdeführer haben sich im Zusammenhang mit der Ausübung ihres Glaubens auf außenwirksame Akte (Taufe, Gottesdienstbesuche, Kursteilnahmen, Austrittsanzeigen) beschränkt, lassen aber eine tatsächliche, tiefergehende Auseinandersetzung mit Glaubensinhalten im Sinne einer nachhaltigen, persönlichen Hinwendung vermissen, sodass in weiterer Folge auch nicht von der Weitergabe von Glaubensinhalten und dem Verbreiten der christlichen Glaubenslehre ausgegangen werden kann.

Dass der Erstbeschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Iran missionieren würde, hat er selbst nicht behauptet. Die Zweitbeschwerdeführerin gab zwar an, dass es ihre Pflicht als Christin sei, die anderen zu bekehren und die ersten Personen, die sie im Falle einer Rückkehr nach Iran bekehren würde, ihre Verwandten seien (VH 2, S. 14). Eine solche Tätigkeit erscheint aber auch aufgrund des geringen Wissens und mangels persönlicher Identifikation mit dem christlichen Glauben – wie oben dargelegt – ausgeschlossen und vor dem Hintergrund, dass die Beschwerdeführer angaben, dass ihre Verwandten sie im Falle einer Rückkehr töten würden, auch unglaubwürdig. Missionstätigkeiten in Österreich haben die Beschwerdeführer nicht dargelegt. Aus dem Bestätigungsschreiben der Pfarre vom 06.09.2021 geht zwar hervor, dass es der „missionarischen Ader“ des Erstbeschwerdeführers zu verdanken sei, dass ca. ein Jahr später auch sein Bruder und dessen Frau getauft worden seien. Dass dies aufgrund von Missionstätigkeiten des Erstbeschwerdeführers in Österreich geschehen sei, ist aber nicht anzunehmen. Dies insbesondere deshalb, da der Erstbeschwerdeführer in der EV im September 2018 angab, dass auch sein Bruder in Österreich sei und er glaube, dass er ebenfalls vorhabe, zu konvertieren und deshalb geflüchtet sei (EV, S. 6).

Hinsichtlich des minderjährigen Drittbeschwerdeführers, der zum Zeitpunkt seines Antrags auf internationalen Schutz in Österreich erst acht Jahre alt war, ist nicht davon auszugehen, dass dieser bereits eine eigene Entscheidung hinsichtlich seines Glaubens treffen kann, auch wenn nicht verkannt wird, dass dieser auch ministriert und den Religionsunterricht seiner Volksschule besucht. Aufgrund seiner Einbindung in den Familienverband und da auch – wie dargelegt – nicht von einer ernsthaften und inneren Hinwendung der Erst- und Zweitbeschwerdeführer zum Christentum auszugehen ist, kann angenommen werden, dass sich der Drittbeschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Iran auch an ein nach den islamischen Grundsätzen geprägtes Umfeld wird anpassen können, wofür auch sein anpassungsfähiges Alter spricht. Dies gilt umso mehr für den noch nicht einmal fünf Jahre alten Viertbeschwerdeführer.

Dass Privatpersonen in Iran mit den christlichen Aktivitäten der Beschwerdeführer in Österreich ein ernsthaftes Problem haben, ist im Verfahren mangels Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens und auch sonst nicht hervorgekommen.

Die von den Erst- und Zweitbeschwerdeführern vorgelegte Erklärung über den Austritt aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft wurde weder offiziellen Stellen des Iran noch sonstigen Personen in Iran übermittelt und es ist nicht ersichtlich, warum aus dieser Erklärung eine Bedrohung resultieren soll.

Hinsichtlich der YouTube-Videos des Erstbeschwerdeführers sowie seines Vorbringens, dass er auf Instagram Bilder von Jesus Christus sowie Fotos von der Taufe seiner Familie veröffentlicht habe (VH 1, S. 9, Stellungnahme vom 24.09.2021, S. 2), ist mangels dargelegter innerer Überzeugung des Erstbeschwerdeführers vom Christentum von Postings aus asyltaktischen Gründen auszugehen. Abgesehen davon belegte er die Postings auf Instagram auch nicht – etwa in Form von Auszügen seiner persönlichen Seite – obwohl er in der Ladung zur VH konkret aufgefordert wurde, alle verfügbaren Beweismittel zur VH mitzubringen. Generell ist aber aufgrund dieser Angaben nicht von religiösen Aktivitäten auf einem hohen Niveau auszugehen und ist daher nicht davon auszugehen, dass der Erstbeschwerdeführer durch iranische Sicherheitsbehörden mit maßgebender Wahrscheinlichkeit als ernsthafte Bedrohung, welche auf die Verhältnisse in Iran einzuwirken vermag, identifiziert und qualifiziert worden ist und dass wegen der von ihm ausgehenden Gefahr ein Verfolgungsinteresse des iranischen Staates besteht. Eine Überwachung des Accounts des Erstbeschwerdeführers und eine Verfolgungsgefahr im Falle seiner Rückkehr nach Iran durch iranische Behörden ist nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, zumal auch mangels Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens auch nicht davon auszugehen ist, dass die Beschwerdeführer iranischen Behörden bereits vor ihrer Ausreise aus Iran – aufgrund einer Anzeige seitens der Verwandten – bekannt waren.

Hinsichtlich der vom Erstbeschwerdeführer vorgelegten Drohung mit dem Umbringen über YouTube als Kommentar unter einem der Videos brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass er nicht wisse, von wem diese Drohung sei (VH 2, S. 15). Es ist hier nicht von einer konkreten Bedrohungssituation für die Beschwerdeführer auszugehen bzw. einer Bedrohung im Falle einer Rückkehr nach Iran, da der Betreffende den Erstbeschwerdeführer genauso gut in Österreich finden könnte bzw. sogar umso mehr, da die Videos nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers in Österreich „produziert“ wurden und sich der Erstbeschwerdeführer in Österreich aufhält. Dass die Drohung von einer Person aus Iran stamme, hat der Erstbeschwerdeführer nicht behauptet und ist nicht erkennbar, weshalb diese die Beschwerdeführer an einer Rückkehr nach Iran hindern sollte. Aufgrund der insgesamt sehr vagen Umstände der Drohung ist aber generell nicht von einer konkreten Bedrohungssituation für den Erstbeschwerdeführer oder die Zweit- bis Viertbeschwerdeführer auszugehen.

Betreffend die Tätowierung des Erstbeschwerdeführers (Kreuz auf dem Oberarm, siehe EV des Erstbeschwerdeführers, S. 3) ist zu betonen, dass sich diese Tätowierung an einer Körperstelle befindet, die durch in Iran übliche Kleidung – lange Ärmel – verdeckt werden kann und der Erstbeschwerdeführer auch angab, diese Tätowierung bereits seit 12 Jahren zu haben (VH 2, S. 15). Dass er deswegen einer Bedrohung ausgesetzt gewesen sei, brachte er nicht vor, sondern gab er nur vage an, mehrmals deshalb „belästigt“ worden zu sein, weshalb er immer Gewänder mit Langarm habe tragen müssen (EV, S. 3).

Die Feststellung, wonach die Beschwerdeführer keine weiteren Fluchtgründe vorbrachten, ergibt sich aus ihrer Einvernahme, wo sie von sich aus keine weiteren Gründe nannten, welche asylrelevant wären (VH 2, S. 13 und 17). Für die Dritt- und Viertbeschwerdeführer wurden explizit keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht (VH 2, S. 6; siehe auch die EV des Erstbeschwerdeführers, S. 11) und sind auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens keine hervorgekommen bzw. amtswegig festgestellt worden.

Die Feststellung, dass eine grundlegende und verfestigte Änderung der Lebensführung der Zweitbeschwerdeführerin, in der die Anerkennung, die Inanspruchnahme oder die Ausübung ihrer Grundrechte zum Ausdruck kommt, die zu einem wesentlichen Bestandteil ihrer Identität geworden ist, und die bei einer Rückkehr in den Iran nicht gelebt werden könnte, nicht vorliegt, basiert auf ihren Angaben in der VH und wurde diesbezüglich auch kein konkretes Vorbringen erstattet. Dass die Zweitbeschwerdeführerin eine „westliche Orientierung“ verinnerlicht hat, ist im Verfahren nicht hervorgekommen.

Insgesamt zeigen die Einvernahmen vielmehr, dass die Beschwerdeführer vor allem deshalb flüchteten und in Österreich bleiben wollen, weil sie für sich ein besseres Leben wollen, was sich insbesondere auch daraus ergibt, dass sie bereits im Jahr 2015 Iran verließen und in Deutschland einen Antrag auf internationalen Schutz stellten, in der Folge jedoch zurück nach Iran reisten, weil es dem Vater der Zweitbeschwerdeführerin schlecht gegangen sei (VH 2, S. 8). Auch nach der nochmaligen Ausreise aus Iran im Jahr 2018 reisten sie zunächst legal in die Türkei und sodann quer durch Europa bis nach Bosnien, wo sie sich ca. sechs Monate aufhielten (EV des Erstbeschwerdeführers, S. 9 f). Auch hieraus kann der Schluss gezogen werden, dass es den Beschwerdeführern nicht darum ging, einer Verfolgung in ihrem Heimatland zu entgehen, sondern andere Motive als jene der Schutzsuche hatten.

Schließlich spricht auch die legale Ausreise über den Flughafen in Iran gegen eine ernsthafte Bedrohungs- und Verfolgungssituation.

2.2.3. Zur Situation in Iran

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat ergeben sich aus den unter Punkt 1.3. genannten Länderberichten samt den darin zitierten Quellen. Die aktuellen Länderberichte beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von staatlichen und nichtstaatlichen Stellen und bieten dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche, weshalb im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass besteht, an der Richtigkeit dieser Berichte zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Das Bundesverwaltungsgericht teilte den Verfahrensparteien im Rahmen der Ladung zur VH mit, welche Berichte es beabsichtigt, der Entscheidung zugrunde zu legen, und bot die Möglichkeit zur Einsicht- und Stellungnahme an. Den Länderberichten wurde nicht entgegengetreten, weshalb für das Bundesverwaltungsgericht auch aus diesem Grund keine Zweifel an deren Richtigkeit bestehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide (Abweisung der Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten)

3.1.1. Rechtsgrundlagen

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (in Folge: AsylG 2005), ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich „aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen“.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.11.2003, 2003/20/0389, ausführte, ist das individuelle Vorbringen eines Asylwerbers ganzheitlich zu würdigen und zwar unter den Gesichtspunkten der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit und der objektiven Wahrscheinlichkeit des Behaupteten.

Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an (vgl. etwa VwGH 27.06.2019, Ra 2018/14/0274). Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (vgl. VwGH 29.05.2019, Ra 2019/20/0230; 23.01.2019, Ra 2018/19/0453 und Ra 2018/19/0260). Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob der Fremde schon im Iran mit dem Christentum in Berührung gekommen ist (vgl. VwGH 17.09.2008, 2008/23/0675); ebenso wenig, ob der Religionswechsel durch die Taufe erfolgte oder bloß beabsichtigt ist (VwGH 29.05.2019, Ra 2019/20/0230). Die Behauptung eines „Interesses am Christentum“ reicht zur Darlegung einer inneren Glaubensüberzeugung nicht aus (VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0453).

In Bezug auf die asylrechtliche Relevanz einer Konversion zum Christentum ist entscheidend, ob der Fremde bei weiterer Ausübung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden (vgl. VwGH 29.05.2019, Ra 2019/20/0230; 07.05.2018, Ra 2018/20/0186). Maßgebliche Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel sind beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, welche sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergehende Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation bzw. des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel (VwGH 14.03.2019, Ra 2018/18/0455).

Aus Art. 10 Abs. 1 lit. b RL 2011/95/EU (Statusrichtlinie) folgt, dass die Ausübung einer Glaubensüberzeugung nicht auf das sog. „forum internum“ beschränkt werden darf, sondern vielmehr auch der öffentliche Bereich umfasst ist.

3.1.2. Im gegenständlichen Fall wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführer nicht aus einem inneren Entschluss zum Christentum konvertiert sind. Weder kamen die Beschwerdeführer bereits in Iran mit dem Christentum in einen engeren Kontakt oder nahmen eine führende Position bei Hauskirchenveranstaltungen ein, noch führten sie in Österreich aus innerer Glaubensüberzeugung ein Leben als Christen oder sind missionarisch tätig.

Wie bereits in der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt wurde, waren die Beschwerdeführer in Bezug auf den vorgebrachten (Nach-)Fluchtgrund persönlich unglaubwürdig. Mangels schlüssiger Darlegung der Motivation für den Glaubenswechsel kann eine ernsthafte und innere Glaubensüberzeugung nicht angenommen werden. Hinzu kommt, dass die vorgebrachte Verfolgungsgefahr aktuell auch vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen nicht objektivierbar ist, weil die von den Beschwerdeführern in Österreich gesetzten christlichen Aktivitäten nicht mit der erforderlich maßgeblichen Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung in Iran auslösen. Verfolgungsgefahr setzt in der Regel voraus, dass zur Apostasie weitere Umstände hinzutreten, z. B. missionarische Aktivitäten oder Organisation von Hauskirchen. Derartige exponierte Tätigkeiten hatten die Beschwerdeführer jedoch nicht verrichtet und kann aus dem nur geringen Wissen über das Christentum auch keine missionarische Tätigkeit angenommen werden. Die Rückkehr nach Iran ist außerdem kein Problem, wenn der (konvertierte) Rückkehrer den Behörden bei seiner Ausreise noch nicht bekannt war, wovon konkret auszugehen ist. Ein Rückkehrer, der vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, wird auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit verfolgt werden. Selbst eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook würde allein nicht zu einer Verfolgung führen. Außerdem können Konvertiten problemlos zum Islam zurückkehren. Dazu genügt es, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Selbst für den Fall, dass iranische Behörden von den christlichen Aktivitäten der Beschwerdeführer in Österreich Kenntnis erlangen, ist nicht davon auszugehen, dass den Beschwerdeführern daraus asylrelevante Verfolgung durch staatliche Akteure droht, weil es sich bei den Beschwerdeführern nicht um Personen handelt, die eine gehobene Position in der christlichen Gemeinde einnehmen oder missionarische Aktivitäten ausführen oder planen.

Eine asylrelevante Verfolgungsgefahr durch nicht-staatliche Akteure ist aus den Länderfeststellungen gleichfalls nicht ersichtlich.

Eine Verfolgungsgefahr durch die Familie des Erstbeschwerdeführers haben die Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht und geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass diese Vorfälle nicht stattgefunden haben.

Abschließend wird festgehalten, dass aus den amtswegigen Ermittlungen des Bundesverwaltungsgerichts in Form von Einsichtnahmen in die relevanten Länderberichte und dem am Bundesverwaltungsgericht vorhandenen Fachwissen eine asylrelevante Verfolgung auch aus anderen, nicht von den Beschwerdeführern vorgebrachten Gründen nicht maßgeblich wahrscheinlich ist.

Da die Glaubhaftmachung ein wesentliches Tatbestandsmerkmal für die Gewährung von Asyl ist, und es den Beschwerdeführern nicht gelungen ist, eine aus einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Grund aktuell drohende Verfolgung maßgeblicher Intensität glaubhaft zu machen, liegt somit im Falle der Beschwerdeführer weder ein Flucht- noch ein Nachfluchtgrund vor und hat die belangte Behörde zu Recht die Anträge auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide (Abweisung der Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten)

3.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden im Falle der Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt, dass eine Voraussetzung für die Gewährung subsidiären Schutzes das Drohen einer realen Gefahr ("real risk") insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung ist (VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137). Um von der realen Gefahr ("real risk") im Falle der Rückkehr ausgehen zu können, reicht es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf vielmehr einer darüberhinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird.

Zum AsylG 2005 hat der VwGH betreffend die Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz – entsprechend dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 – (insbesondere) auf den Maßstab des Art. 3 MRK abgestellt (vgl. VwGH 21.05.2019, Ro 2019/19/0006; 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, Rn. 14 f, mwN). Nach dieser Rechtsprechung kann die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat etwa auch dann eine Verletzung von Art. 3 MRK bedeuten und daher die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten begründen, wenn – wobei eine solche Situation allerdings nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist – der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also seine Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können (vgl. näher zu den Voraussetzungen einer solchen Annahme etwa VwGH 18.10.2018, Ra 2017/19/0200; 25.04.2017, Ra 2017/01/0016). Ebenso ist in der Rechtsprechung des VwGH in Hinblick auf den anzuwendenden Prüfungsmaßstab des Art. 3 MRK (weiterhin) anerkannt, dass es unter Berücksichtigung der Judikatur des EGMR Ausnahmefälle geben kann, in denen durch eine schwere Erkrankung bzw. einen fehlenden tatsächlichen Zugang zur erforderlichen Behandlung im Herkunftsstaat die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten begründet wird (vgl. VwGH 21.03.2018, Ra 2018/18/0021).

3.2.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall folgt vor dem Hintergrund dieser Rechtsgrundlage und in Zusammenschau mit den oben getroffenen Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer sowie den aktuellen Länderberichten, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Iran in keine existenzbedrohende oder lebensgefährliche Situation gelangen würden.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass es in Iran Spannungen gibt, aber die Sicherheitslage ist – wie sich aus den Länderberichten ergibt – nicht derart, dass die Beschwerdeführer allein aufgrund ihrer Anwesenheit in Iran einem realen Risiko für ihre körperliche Unversehrtheit oder ihr Leben ausgesetzt wären. Insbesondere stammen die Beschwerdeführer nicht aus den Provinzen Sistan-Belutschistan, Kurdistan oder West-Aserbaidschan, für welche die Länderberichte ein erhöhtes Sicherheitsrisiko verzeichnen.

Auch aus der Person der Beschwerdeführer ergeben sich keine subjektiven Gründe, weshalb eine Rückführung nach Iran die reale Gefahr einer Verletzung der aus Art. 2 und 3 EMRK sowie Nr. 6 und 13 ZPEMRK entspringenden Rechte für maßgeblich wahrscheinlich erachten lasse. So konnte festgestellt werden, dass es sich bei den Erst- und Zweitbeschwerdeführern um volljährige, gesunde und arbeitsfähige Personen Ende Zwanzig bzw. Ende Dreißig handelt, deren Muttersprache die Landessprache Farsi ist. Auch weist der Erstbeschwerdeführer eine siebenjährige Schulbildung auf und verfügt über Berufserfahrung in Iran als Lastkraftwagenfahrer. Die Zweitbeschwerdeführerin verfügt über einen Schulabschluss (Matura). Überdies haben die Beschwerdeführer Verwandte in Iran, zu denen sie Kontakt und ein gutes Verhältnis haben. Es sind zu keinem Zeitpunkt im Verfahren Hinweise hervorgekommen, woraus zu schließen wäre, dass sich die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in einer existenz- bzw. lebensbedrohlichen Situation befinden würden. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum sich die Beschwerdeführer in Iran keine Existenz aufbauen könnten. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach es dem Antragsteller obliegt, Gründe für ein entsprechendes Risiko nachzuweisen (vgl. VwGH 10.08.2018, Ra 2018/20/0314). Darüber hinaus liegen auch keine Hinweise auf eine allgemein existenzbedrohende Notlage in Iran vor und ist die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert.

Was die aktuelle Situation aufgrund der COVID-19 Pandemie anbelangt ist festzuhalten, dass es sich hierbei einerseits um eine Pandemie handelt, welche weltweit eine Bedrohung bedeutet, andererseits es sich bei den Erst- und Zweitbeschwerdeführern um Personen erst Ende Zwanzig bzw. Ende Dreißig und bei den Dritt- und Viertbeschwerdeführern um noch Minderjährige handelt, welche an keinen der für COVID-19 notorischen Vorerkrankungen leiden (vgl. COVID-19 Risikogruppe-Verordnung, BGBl. II Nr. 203/2020: chronische Lungenkrankheiten, Herzerkrankungen, aktive Krebserkrankungen, Erkrankungen, die mit Immunsuppression behandelt werden, fortgeschrittene Nierenerkrankungen oder Lebererkrankungen, etc.). Die Beschwerdeführer zählen somit nicht zu der einschlägigen Risikogruppe; auch erstatteten sie selbst kein entsprechendes Vorbringen, welches eine maßgeblich wahrscheinliche lebensbedrohliche Situation für sie im Falle einer Rückkehr indizieren würde.

Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann daher ein „reales Risiko“ einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden.

Vor diesem Hintergrund hat die belangte Behörde somit die Anträge auf internationalen Schutz auch in Bezug auf die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten zu Recht abgewiesen.

3.3. Zu Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz)

3.3.1. § 57 AsylG 2005 regelt die „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergeben sich keine Anhaltspunkte, wonach die Beschwerdeführer die Voraussetzungen für eine derartige Aufenthaltsberechtigung erfüllen. Auch wurde in der Beschwerde kein entsprechendes Vorbringen erstattet. Die belangte Behörde erteilte somit zu Recht keinen Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005.

3.4. Zu den Spruchpunkten IV. bis VI. der angefochtenen Bescheide (Rückkehrentscheidung und Ausreisefrist)

3.4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen: die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind gemäß § 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG 2014 bei einer Rückkehrentscheidung, von welcher Kinder bzw. Minderjährige betroffen sind, die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen. Maßgebliche Bedeutung kommt hinsichtlich der Beurteilung des Kriteriums der Bindungen zum Heimatstaat nach § 9 Abs. 2 Z 5 BFA-VG 2014 dabei den Fragen zu, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere, ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter befinden (vgl. VwGH 30.8.2017, Ra 2017/18/0070 bis 0072, mwN zur diesbezüglichen Rechtsprechung des EGMR; VwGH vom 25.04.2019, Ra 2018/22/0251).

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen.

 

3.4.2. Für die Beschwerdeführer ergibt sich vor diesem Hintergrund wie folgt:

Die Beschwerdeführer sind keine begünstigten Drittstaatsangehörigen und es kommt ihnen auch kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet. Gegenteiliges wurde von den Beschwerdeführern nicht vorgebracht.

Ob außerhalb des Bereiches des insbesondere zwischen Ehegatten und ihren minderjährigen Kindern ipso iure zu bejahenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK ein Familienleben vorliegt, hängt nach der – auf Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte Bedacht nehmend – ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen ab, wobei für die Prüfung einer hinreichend stark ausgeprägten persönlichen Nahebeziehung gegebenenfalls auch die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung sind. Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 08.09.2016, Ra 2015/20/0296, VwGH 20.12.2018, Ra 2018/14/0284, Rn. 8; VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0016, Rn. 15).

Die Beschwerdeführer brachten im Verfahren durchgängig vor, abgesehen voneinander und von dem Bruder des Erstbeschwerdeführers, mit dem allerdings kein regelmäßiger Kontakt besteht, über keine Familienangehörigen im Bundesgebiet zu verfügen, und sind solche auch amtswegig nicht hervorgekommen, sodass ein Eingriff in ihr Recht auf Achtung des Familienlebens jedenfalls zu verneinen ist. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls in das Privatleben der Beschwerdeführer eingreifen.

Unter dem Privatleben sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.6.2005, Fall Sisojeva ua, Appl 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügen, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Ausgehend davon, dass der Verwaltungsgerichtshof bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer ausgeht (vgl. Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf VwGH 08.03.2005, 2004/18/0354; 27.03.2007, 2005/21/0378), und im Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, argumentiert, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren […] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte", und auch der Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die Interessensabwägung zukommt (VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289), ist im Fall der Beschwerdeführer, die sich seit Juli 2018 – sohin seit noch nicht einmal dreieinhalb Jahren – in Österreich aufhalten, anzunehmen, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet zu kurz ist, um ein schützenswertes Privatleben zu begründen (vgl. auch VwGH 15.03.2016, Ra 2016/21/0040, VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0192, VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0235 und VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0188).

Die Beschwerdeführer reisten illegal nach Österreich ein und durften sich bislang nur aufgrund ihres Antrages auf internationalen Schutz, der zu keinem Zeitpunkt berechtigt war, im Bundesgebiet aufhalten (vgl. zB VwGH 20.02.2004, 2003/18/0347; 26.02.2004, 2004/21/0027; 27.04.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 8.4.2008, Fall Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen).

Ein schützenswertes Privatleben iSd Art. 8 EMRK und eine nennenswerte Integration der Beschwerdeführer in Österreich können vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen nicht angenommen werden. Es bestehen zwar Integrationsbemühungen und ist insbesondere dem Erstbeschwerdeführer sein ehrenamtliches Engagement sowie seine verrichteten Hilfstätigkeiten zugute zu halten. Die Beschwerdeführer sind aber nicht Mitglied in Vereinen oder anderen Organisationen und nehmen – abgesehen von vereinzelten Aktivitäten und den kirchlichen Aktivitäten – nicht am sozialen und kulturellen Leben in Österreich teil. Zu beachten ist weiters, dass das Privatleben der Beschwerdeführer in Österreich zu einem Zeitpunkt begründet wurde, als sich die Zulässigkeit des Aufenthalts allein auf den unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz stützen konnte. Es ist auch zu betonen, dass der Erstbeschwerdeführer – befragt zu seinem Alltag in Österreich – keine Aktivitäten gemeinsam mit den Dritt- und Viertbeschwerdeführern oder sonstige soziale Kontakte nannte, sondern im Wesentlichen auf das Hören des täglichen Bibelverses verwies und die Erledigung von nicht näher konkretisierten „Terminen“ (VH 2, S. 18), wodurch insgesamt der Eindruck entstand, dass die Beschwerdeführer lediglich ein vorbereitetes Vorbringen hinsichtlich ihrer angeblichen Konversion wiedergaben, nicht aber ein authentisches Vorbringen zu ihrem Alltag in Österreich erstatten konnten. Auch die Zweitbeschwerdeführerin gab hierzu befragt eigeninitiativ keine Aktivitäten mit den Dritt- und Viertbeschwerdeführern oder sonstige Aktivitäten in Österreich an, sondern im Wesentlichen ebenfalls nur Aktivitäten im Rahmen der kirchlichen Gemeinde (VH 2, S. 19). Auch auf den konkreten Vorhalt, dass die Dritt- und Viertbeschwerdeführer in der Alltagserzählung – abgesehen davon, dass sie der Erstbeschwerdeführer in den Kindergarten bzw. die Schule bringe und abhole – nicht vorkommen würden, erstatteten die Beschwerdeführer kein konkreteres Vorbringen. Der Erstbeschwerdeführer verwies erneut nur darauf, dass er die Kinder in den Kindergarten bzw. die Schule bringe und er bei Hausaufgaben, soweit möglich, helfe. Die Zweitbeschwerdeführerin gab noch an, dass die Taufpatin des Drittbeschwerdeführers wöchentlich zu ihnen komme und dem Drittbeschwerdeführer aus der Bibel vorlese (VH 2, S. 18 f). Auf eine nennenswerte Integration der Beschwerdeführer in Österreich kann aufgrund dieser Angaben nicht geschlossen werden.

Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer verfügen auch nur über geringe Deutschkenntnisse auf dem Niveau A1.

Es ist auch im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen, dass sich die Beschwerdeführer während ihres Aufenthaltes in wirtschaftlicher Hinsicht durch legale Erwerbstätigkeit eine tragfähige Existenz aufgebaut hätten oder selbsterhaltungsfähig wären, vielmehr leben sie von der Grundversorgung. Es wird nicht verkannt, dass die Erst- und Zweitbeschwerdeführer fallweise gemeinnützige Arbeiten übernahmen, doch sind diese nicht ausreichend, um von einer Selbsterhaltungsfähigkeit ausgehen zu können. Hinsichtlich der vom Erstbeschwerdeführer vorgelegten Einstellungszusage wird darauf verwiesen, dass sich aus dieser keine Garantie auf eine Beschäftigung ableiten lässt und der Erstbeschwerdeführer auch nicht vorbrachte, bereits einmal bei diesem Unternehmen gearbeitet zu haben, weshalb dieser Zusage kein maßgebendes Gewicht beizumessen ist – auch wenn sie zeigt, dass der Erstbeschwerdeführer grundsätzlich bestrebt ist, in Österreich auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Sonstige diesbezügliche Bemühungen sind im Verfahren jedoch nicht hervorgekommen.

Im Gegensatz dazu haben die Beschwerdeführer enge Bindungen zu ihrem Heimatstaat. So haben die Erst- und Zweitbeschwerdeführer ihr gesamtes bisheriges Leben – abgesehen von ihrem Aufenthalt in Europa nach ihrer ersten Flucht aus Iran im Jahr 2015 – bis zum Verlassen des Herkunftsstaates in Iran verbracht. Sie wuchsen dort auf, gingen dort zur Schule, der Erstbeschwerdeführer übte dort einen Beruf aus und absolvierte dort den Militärdienst. Die Beschwerdeführer sprechen die Landessprache Farsi und haben Kontakt zu Verwandten in Iran. Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass sich die Beschwerdeführer in die Gesellschaft ihres Herkunftsstaates wieder werden eingliedern können.

Hinsichtlich der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer ist auszuführen, dass aus den Länderberichten zu Iran nichts hervorgeht, das darauf schließen lassen würde, dass ihnen eine Rückkehr nach Iran aufgrund ihrer Eigenschaft als Kinder nicht zugemutet werden kann. So geht etwa nicht daraus hervor, dass Kinder überproportional von einem Konflikt betroffen oder aus anderen Gründen besonders vulnerabel sind. Die Dritt- und Viertbeschwerdeführer wären durch die Einbindung in den Familienverband in Iran geschützt und abgesichert. Der elfjährige Drittbeschwerdeführer ist in Iran geboren und noch nicht einmal dreieinhalb Jahre in Österreich, verbrachte somit sein überwiegendes Leben in Iran. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die Bindung an Österreich stärker als seine Bindung an Iran ist. Der Viertbeschwerdeführer ist noch ein Kleinkind. Jedenfalls ist aufgrund der marginalen Deutschkenntnisse der Erst- und Zweitbeschwerdeführer davon auszugehen, dass sie mit den Dritt- und Viertbeschwerdeführern Farsi sprechen und diese daher auch mit Farsi vertraut sind. Auch befinden sich die Kinder in einem anpassungsfähigen Alter. Der Drittbeschwerdeführer hat seine grundsätzliche Sozialisierung in Iran erfahren, was eine Wiedereingliederung als zumutbar erscheinen lässt. Abgesehen vom Besuch der Volksschule und den kirchlichen Aktivitäten wurden auch keine sozialen oder kulturellen Aktivitäten des Drittbeschwerdeführers vorgebracht.

Dass die Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten sind, vermag weder ihr persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (zB VwGH 19.04.2012, 2011/18/0253).

Den Interessen der Beschwerdeführer an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zu (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes überwiegen im Ergebnis die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, die privaten Interessen der Beschwerdeführer am Verbleib im Bundesgebiet (vgl. dazu VfSlg 17.516/2005 sowie ferner VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479).

Es kam kein Sachverhalt hervor, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass die angefochtenen Bescheide einen unverhältnismäßigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben darstellen. Die Erlassung der Rückkehrentscheidung durch das BFA war daher im vorliegenden Fall zulässig und im Hinblick auf die Ziele des Art. 8 Abs. 2 EMRK dringend geboten.

3.4.3. Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG 2005.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Das entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG 2005. Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entgegensteht.

Im gegenständlichen Fall ist die Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführer nach Iran gegeben, weil nach den die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 Abs. 1 und 2 FPG ergeben würde, und auch keine entsprechende Empfehlung des EGMR für Iran besteht.

3.4.4. Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Im gegenständlichen Fall wurde solches nicht dargetan und liegen keine Anhaltspunkte vor, die in concreto für eine längere Frist sprächen.

Die Beschwerden erweisen sich somit auch in Bezug auf die Spruchpunkte IV. bis VI. als unbegründet und waren folglich zur Gänze abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter Punkt 3. angeführte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im Übrigen war eine auf die Umstände des Einzelfalls bezogene Prüfung vorzunehmen und waren Fragen der Beweiswürdigung entscheidend.

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte