BVwG W139 2227134-2

BVwGW139 2227134-226.5.2020

BVergG 2018 §166
BVergG 2018 §172
BVergG 2018 §193 Abs1
BVergG 2018 §2 Z15
BVergG 2018 §2 Z5
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §334
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §344 Abs1
BVergG 2018 §347 Abs1
BVergG 2018 §78 Abs1
B-VG Art133 Abs4
B-VG Art133 Abs9
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2020:W139.2227134.2.00

 

Spruch:

W139 2227134-2/34E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Kristina HOFER als Vorsitzende sowie Mag. Roland LANG als fachkundigen Laienrichter der Auftraggeberseite und Dr. Theodor TAURER als fachkundigen Laienrichter der Auftragnehmerseite über den Antrag der XXXX , vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH, Karmeliterplatz 4, 8010 Graz, betreffend das Vergabeverfahren „Rahmenvereinbarung für Reinigungsleistungen diverser Objekte sowie bei Doppelstockwagen, Triebwagen und Bussen der GKB sowie Außenreinigung an sämtlichen Bahnhöfen, Haltestellen und Freibereichen am Streckennetz der GKB“ der Auftraggeberin Graz-Köflacher Bahn und Busbetrieb GmbH, Köflacher Gasse 35-41, 8020 Graz, vertreten durch Umweltrecht & Consulting, RA Dr. Martin EISENBERGER LL.M., Muchargasse 30, 8010 Graz, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Der Antrag, „das Bundesverwaltungsgericht möge die angefochtene Entscheidung vom 23.12.2019, dass mit der XXXX die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll bzw dieser der Zuschlag erteilt werden soll, für nichtig erklären“, wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 iVm Abs 9 B-VG nicht zulässig.

 

 

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsatz vom 02.01.2020, beim Bundesverwaltungsgericht am selben Tag eingelangt, stellte die XXXX , vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH, Karmeliterplatz 4, 8010 Graz, in der Folge Antragstellerin, den gegenständlichen Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung vom 23.12.2019, mit der XXXX die Rahmenvereinbarung abschließen zu wollen, verbunden mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, auf Akteneinsicht, auf Ausnahme von der Akteneinsicht sowie auf Gebührenersatz.

Begründend führte die Antragstellerin zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes aus:

Die Auftraggeberin sei Sektorenauftraggeberin und habe die gegenständlichen Leistungen in einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. Bei der angefochtenen Entscheidung handle es sich um eine gesondert anfechtbare Entscheidung. Der Antrag sei rechtzeitig, die Pauschalgebühren seien entrichtet worden.

Die im Wesentlichen deckungsgleichen Dienstleistungen seien von der Auftraggeberin bereits in der Vergangenheit ausgeschrieben worden und die Antragstellerin habe im Zuge der letztmaligen Ausschreibung dieser Dienstleistungen den Zuschlag erhalten und führe diese noch bis Ende Februar 2020 aus. Das Interesse der Antragstellerin ergebe sich daraus, dass die Ausführung der ausschreibungsgegenständlichen Dienstleistungen in ihrer zentralen Geschäftstätigkeit liege. Würde die Antragstellerin den Zuschlag nicht erhalten, müsste sie die personellen und technischen Ressourcen umschichten bzw abbauen. Weiters würden der Antragstellerin der näher dargestellte Gewinn sowie die Möglichkeit der Erwirtschaftung des Deckungsbeitrages entgehen. Die Kosten an der Teilnahme des Verfahrens, sohin die Kosten für die Ausarbeitung des Angebotes und der Rechtsverfolgung, wären frustriert. Die Antragstellerin bezeichnete die Rechte, in denen sie sich verletzt erachte.

Zu den Gründen der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung führte die Antragstellerin zusammengefasst aus, dass die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin gemäß § 78 Abs 1 Z 11 lit b BVergG 2018 von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen sei, da sie sich vertrauliche Informationen angeeignet habe, die ihr einen unzulässigen Vorteil im Vergabeverfahren verschaffen könnten bzw habe sie dies zumindest versucht. Wesentliche Kenngröße bei der Kalkulation sei die Quadratmeterleistung. Bei leicht vergleichbaren Reinigungsleistungen würden Unternehmen typischerweise mit ähnlichen Quadratmeterleistungen rechnen. Der Dienstleistungsauftrag der GKB beträfe jedoch die Reinigung von Anlagen (Züge, Busse, Haltestellen, Direktionsgebäude, Bahnhöfe), für die nicht jedes Unternehmen über dieselben Erfahrungswerte verfüge. Ein ehemaliger Mitarbeiter der Antragstellerin, Herr XXXX , welcher aktuell leitender Angestellter bei der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin sei, habe versucht, von einem anderen ehemaligen Mitarbeiter der Antragstellerin, Herrn XXXX , welcher den bisherigen Dienstleistungsauftrag der Auftraggeberin betreut habe und daher genaue Kenntnis der kalkulatorischen Ansätze und Preise der Antragstellerin und genaue Kenntnis des konkreten Dienstleistungsauftrages habe, Informationen darüber zu erhalten, welche Quadratmeterleistungen bei der Reinigung zu veranschlagen seien. Er habe dazu zu konkreten Positionen nachgefragt, insbesondere zur Reinigung von Bussen, eines konkreten Bahnhofes der Auftraggeberin und des Direktionsgebäudes. Die Fragen hätten damit direkt die kalkulatorischen Ansätze der Antragstellerin betroffen. Dabei handle es sich um Geschäftsgeheimnisse, die nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich seien. Aus den Quadratmeterleistungen lasse sich ableiten, wie die Antragstellerin ihr Angebot legen würde. Herrn XXXX müsse bewusst gewesen sein, dass Herr XXXX einer Verschwiegenheitsklausel unterliege. Da die ausgeschriebene Leistung praktisch ident derjenigen sei, die die Antragstellerin bereits auch bisher im Auftrag der Auftraggeberin erbringe, biete diese Information einen unzulässigen Vorteil im Vergabeverfahren, da die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin sehr genau abschätzen habe können, wie die Antragstellerin ihr Angebot legen werde. Die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin habe damit gegen § 78 Abs 1 Z 11 lit b BVergG 2018 verstoßen.

2. Am 07.01.2020, beim Bundesverwaltungsgericht am selben Tag eingelangt, erteilte die Auftraggeberin allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren.

3. Am 10.01.2020 erhob die XXXX , vertreten durch RA Dr. Roland KATARY, Neubaugasse 64-66/1/12, 1070 Wien, in der Folge mitbeteiligte Partei oder präsumtive/beabsichtigte Rahmenvereinbarungspartnerin, begründete Einwendungen und beantragte, den Antrag der Antragstellerin auf Nichtigerklärung der Auswahlentscheidung vom 23.12.2019 zurück- in eventu abzuweisen. Weiters beantragte sie, dem ausgewiesenen Rechtvertreter alle bisherigen und weiteren Schriftsätze des Verfahrens zuzustellen, ihr Einsicht in den Vergabeakt der Auftraggeberin sowie den Nachprüfungsakt zu gewähren, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, sowie das Angebot der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin von der Akteneinsicht durch alle weiteren Parteien, mit Ausnahme der Auftraggeberin, auszunehmen, da dadurch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verletzt würden.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Antragstellerin ausschließlich den Ausschlussgrund gemäß § 78 Abs 1 Z 11 lit b BvergG 2018 geltend mache. Unabhängig von der unrichtigen rechtlichen Einordnung sei bereits das Tatsachenvorbringen vollkommen falsch. Zu betonen sei, dass die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin keinerlei nähere und schon gar nicht unzulässige Kenntnisse über die Kalkulation der Antragstellerin hatte und habe. Es sei zwar richtig, dass ein einmaliges Treffen zwischen Herrn XXXX und Herrn XXXX stattgefunden habe, die Kontaktaufnahme sei allerdings über Initiative von Herrn XXXX erfolgt, welcher auf Jobsuche gewesen sei. Bei einem Telefonat sei auch Branchen-Smalltalk geführt worden, nicht aber Konkretes zum gegenständlichen Auftrag gesprochen worden. Über Beharren von Herrn XXXX sei es schließlich zu einem Treffen gekommen, bei welchem auch gefachsimpelt und über den gemeinsamen Anknüpfungspunkt, die Antragstellerin, gesprochen worden sei. Es sei allerdings nicht über für die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin potentiell Verwertbares gesprochen worden. Soweit die Antragstellerin die angebliche Kenntnis von Quadratmeterleistungen der Antragstellerin aus dem Jahr 2016 vermutet, so sei allgemein festzuhalten, dass die Quadratmeterleistungen zwar eine wesentliche Kalkulationsgröße seien, die aber ganz konkreten Rahmenbedingungen, die den Kalkulationsspielraum einschränken würden, unterliegen; diese seien zum einen die ÖNORM D 2050 „Reinigungsleistungen Quadratmeterleistungen in der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung“ sowie der damit im Zusammenhang stehende „Rahmenkollektivvertrag für Arbeiterinnen/Arbeiter in der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung, im sonstigen Reinigungsgewerbe und in Hausbetreuungstätigkeiten“. Hinzu würden noch weitere konkrete fallbezogene Aspekte kommen, die eine Irrelevanz von (angeblichen) Informationen zu Leistungsansätzen aus dem Jahr 2016 belegen würden. Die gegenständlichen Leistungen würden im Gegensatz zum bisherigen Auftrag signifikante weitere Leistungspositionen, nämlich jene der Außenreinigung, umfassen, worüber Herr XXXX jedenfalls keine Kenntnis haben könne. Weiters handle es sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin vorliegend nicht um einmalige, spezifische Reinigungsdienstleistungen, über welche die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin keine Erfahrungswerte habe. Die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin weise die für die Eignung erforderlichen Unternehmer-Referenzen auf. Die für die Angebotskalkulation verantwortlichen Personen würden über vielfältige persönliche Erfahrung und Referenzwerte verfügen. Herr XXXX sei zudem allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger des Fachgebietes „Denkmalreinigung, Fassadenreinigung und Gebäudereinigung“ und Innungsmeister-Stellvertreter der Landesinnung Wien der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger. Informationen von Herrn XXXX würden sohin keinen besonderen Wert aufweisen. Weiters hätten zwei Ortsbesichtigungen stattgefunden. Darüber hinaus sei die damalige Vergabesumme der Antragstellerin in offizieller Weise durch die damalige Zuschlagsentscheidung bekannt, woraus man gewisse Rückschlüsse ziehen könne. Überdies sei das Bestangebotsprinzip festgelegt worden, was die Bedeutung der Kalkulation signifikant einschränke. Darüber hinaus obliege die eigentliche Kalkulation autonom und unabhängig dem Kalkulanten Herrn XXXX , in Abstimmung mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer XXXX . Herr XXXX habe zwar die erforderlichen Ortsbesichtigungen durchgeführt, sei aber zur eigentlichen Kalkulation nicht näher gefragt worden und dieser habe auch tatsächlich hierzu keine Aussagen von Herrn XXXX an Herrn XXXX oder Herrn XXXX weitergegeben. Auch wäre das Herrn XXXX vorgeworfene Verhalten in keiner Weise autorisiert und daher auch der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin auch nicht vorwerfbar gewesen. Das Tatsachenvorbringen erweise sich demnach als substanzlos und selbst wenn es einen Informationsfluss gegeben habe, so halte sich der Wert der Ansätze aus dem Jahr 2016, wie aufgezeigt, für die gegenständliche Ausschreibung in engen, nicht wettbewerbsverzerrenden Grenzen. Jedenfalls sei angebliches Wissen von Herrn XXXX bei der Kalkulation in keinster Weise verwertet worden.

Zur rechtlichen Beurteilung sei festzuhalten, dass sich diese als falsch darstelle. Auf Sektorenvergaben sei nicht § 78 Abs 1 Z 11 lit b BVergG 2018, sondern § 249 Abs 2 Z 10 lit b BVergG 2018 anzuwenden. Dieser sei allerdings nicht einschlägig, da dieser auf das Verhältnis der Bieter zum Auftraggeber und nicht zu Mitbewerbern abstelle. So spreche auch der den Schutz der Vertraulichkeit betreffende § 27 Abs 1 BVergG 2018 von der „bei der Durchführung eines Vergabeverfahrens ausgetauschten Information“. Dementsprechend sei im Ergebnis gar kein konkreter Tatbestand des BVergG 2018 anwendbar. Weder liege eine Bieter-/Preisabsprache noch eine Mehrfachbeteiligung vor. Es sei zum einen nicht bereits der Versuch derartiger angeblicher Informationserlangung von Mitbewerbern pönalisiert. Zum anderen sei es tatsächlich zu keiner konkreten Wettbewerbsverzerrung gekommen. Herr XXXX habe seiner Aussage zufolge die Auftraggeberin bei der „Vorbeauftragung“ nur vertretungsweise betreut und – so die Antragstellerin – keine Preise genannt und nur vage Angaben gemacht. Selbst wenn das Gespräch tatsächlich so stattgefunden habe, wie von der Antragstellerin behauptet, was aber tatsächlich nicht der Fall sei, so wäre bei richtiger rechtlicher Einordnung der – absolut untaugliche, weil denkunmöglich nicht erfolgreiche – Versuch derartiger Informationserlangung vom Mitbewerber jedenfalls kein mit Ausschluss und/oder Ausscheiden pönalisiertes Bieterverhalten. Zu allen hypothetischen Annahmen sei wiederholend zu betonen, dass es die Versuche der Informationserlangung von Seiten Herrn XXXX nicht einmal gegeben habe. Ein – noch dazu konkret im BVergG 2018 nicht verankerter – Ausschluss- oder Ausscheidensgrund liege daher nicht vor.

4. Mit Stellungnahme vom 14.01.2020 nahm die Auftraggeberin zum Nachprüfungsantrag dahingehend Stellung, dass der Antragstellerin bereits die Antragslegitimation fehle, da deren Angebot nur an dritter Stelle gereiht worden sei, weshalb die Rahmenvereinbarung selbst bei Stattgebung des Nachprüfungsantrages nicht mit ihr abgeschlossen werden würde.

Für den Fall, dass das Gericht von einem zulässigen Antrag ausgehe, beantragte die Auftraggeberin dessen Abweisung. Dazu führte sie aus, dass sie bis zum Nachprüfungsantrag keine Kenntnis davon gehabt habe, dass seitens der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin versucht worden sei, vertrauliche Informationen von einem ehemaligen Mitarbeiter der Antragstellerin zu erhalten. Die Auftraggeberin habe im gegenständlichen Vergabeverfahren jedenfalls zu jedem Zeitpunkt die unionsrechtlichen Grundsätze eingehalten.

Es werde jedoch davon ausgegangen, dass die Behauptungen der Antragstellerin unrichtig seien und der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin keine Verfehlungen anzulasten seien, da die Auftraggeberin bereits im Jahr 2016 eine sehr ähnliche Rahmenvereinbarung wie die gegenständliche ausgeschrieben hatte. Durch die nunmehrige Ausschreibung sollten großteils ähnliche Leistungen wie mit der Ausschreibung im Jahr 2016 beschafft werden. Auch damals hätten die Bieter mit dem Angebot Kalkulationsblätter vorlegen müssen, in denen die durchschnittlichen Quadratmeterpreise pro Stunde anzugeben gewesen seien. Die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin habe bereits an dieser Ausschreibung teilgenommen und ein ordnungsgemäßes Angebot gelegt. Die Rahmenvereinbarung sei aber mit der Antragstellerin als Bestbieterin abgeschlossen worden.

Vergleiche man die Angebote der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin aus dem Jahr 2016 und dem gegenständlichen Angebot so wäre zu erkennen, dass die im nunmehrigen Angebot der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin angegebenen durchschnittlichen Quadratmeterpreise pro Stunde zum großen Teil mit jenen Ansätzen, die die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin bereits 2016 ihrem Angebot zugrunde gelegt habe, übereinstimmen würden. Da diese damals auch darüber informiert worden sei, mit welchem Bieter die Rahmenvereinbarung abgeschlossen worden sei, würde sie auch den Gesamtpreis kennen, zu welchem damals abgeschlossen worden sei.

Die beabsichtigte Rahmenvereinbarungspartnerin habe also rechtmäßig den Angebotspreis der Antragstellerin gekannt und habe für die Kalkulation offensichtlich ihre eigenen Ansätze aus dem Jahr 2016 herangezogen. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin bei Kenntnis der Kalkulationsansätze der Antragstellerin erst recht wieder ihre eigenen Kalkulationsansätze heranziehe, mit denen sie im Jahr 2016 kein Bestangebot legen habe können. Es könne aus dem nunmehrigen Angebot der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin nichts herausgelesen werden, was auf eine Kenntnis der Kalkulationsansätze der Antragstellerin schließen lasse. Zudem sei das Angebot der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin so beschaffen, dass man nicht davon ausgehen könne, dass diese das Angebot der Antragstellerin gekannt habe. Die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin verfüge über ausreichend Erfahrungswerte um ein erfolgversprechendes Angebot legen zu können. Entsprechende Referenzen und Nachweise seien im Zuge des Vergabeverfahrens auch verlangt worden.

Doch selbst bei Wahrunterstellung des behaupteten Sachverhalts der Antragstellerin läge der behauptete Ausschlussgrund des § 78 Abs 1 Z 11 (richtig wohl § 249 Abs 2 Z 10 lit b iVm Abs 3) BVergG 2018 nicht vor. Aus dem Vorbringen der Antragstellerin lasse sich das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 249 Abs 2 Z 10 lit b BVergG 2018 nicht ableiten.

Denn nach den Angaben der Antragstellerin habe Herr XXXX versucht, Quadratmeterleistungen zu erfragen, mit diesem Wissen alleine könne man aber noch keinen unzulässigen Vorteil erlangen. Vielmehr sei die Quadratmeterleistung nur ein Aspekt, der zu kalkulieren sei. Zu berücksichtigen sei jedenfalls auch die Art der Flächen, deren Beschaffenheit und die Häufigkeit, mit der diese zu reinigen seien. Um einen Vorteil zu erlangen, wäre auch die Kenntnis über den Stundenpreis der einzelnen Positionen notwendig. Der Stundenpreis für das gesamte Angebot müsse entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht derselbe für jede Position sein. Aus diesem Grunde wäre es auch mit Kenntnis der Quadratmeterleistung nicht möglich, das Angebot des Mitbewerbers vorherzusehen. Über Preise sei nach den Angaben der Antragstellerin aber nicht gesprochen worden.

Zudem seien die maximalen Quadratmeterleistungen keine vertrauliche Information im Sinne des § 249 Abs 2 Z 10 lit b BVergG 2018, da die maximalen Quadratmeterleistungen öffentlich in der ÖNORM 2050, idgF 01.01.2017, festgelegt seien. Diese ÖNORM gelte für sämtliche Gebäude, und lege auch für Verkehrsmittel die Quadratmeterleistung fest. Es sei kein Geheimnis, dass alle Anbieter mit ihren Angeboten versuchen würden, möglichst nahe an die maximale Quadratmeterleistung gem. ÖNORM heranzukommen und dabei die kollektivvertraglichen Mindestanforderungen des Kollektivvertrages an die Entlohnung der Mitarbeiter zu erfüllen.

Auch seien die ausgeschriebenen Leistungen nicht mit jenen aus dem Jahr 2016 ident, da in der nunmehrigen Ausschreibung auch die Außenreinigungen sämtlicher Bahnhöfe, Haltestellen und Freibereiche mitumfasst seien. Insofern wäre auch die Bedeutung allenfalls abgefragter Quadratmeterleistungen gering.

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass der Ausschlussgrund des § 249 Abs 2 Z 11 lit b BVergG 2018 nicht vorliege, da die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin weder versucht habe, vertrauliche Informationen von der Antragstellerin zu ihrem Vorteil zu erlangen, noch tatsächlich solche Informationen erhalten habe.

Der Vollständigkeit halber werde angemerkt, dass die Antragstellerin kein Anrecht darauf habe, zu erfahren, welche anderen Unternehmen am Vergabeverfahren teilgenommen hätten, wie die Reihung aller Teilnehmer aussehe und welche Punkte sie erreicht haben.

Die Auftraggeberin beantragte unter Absehen von einer mündlichen Verhandlung die Zurückweisung des unzulässigen Nachprüfungsauftrages, in eventu, den Nachprüfungsantrag als unbegründet abzuweisen.

5. Zu den begründeten Einwendungen der mitbeteiligten Partei führte die Auftraggeberin mit Stellungnahme vom 20.01.2020 aus, dass deren Ausführungen durchaus zu folgen seien und dass diese das Treffen von Herrn XXXX mit Herrn XXXX als ziemlich banales Bewerbungsgespräch darstellen würden. Auch würde sich das Vorbringen der mitbeteiligten Partei als plausibel und nachvollziehbar darstellen. Herr XXXX habe sich auch bei der Auftraggeberin beworben, habe eine Absage erhalten und sich dann offenbar bei der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin beworben. Herr XXXX sei demgegenüber gar nicht erpicht gewesen, Herrn XXXX zu treffen.

6. Mit Stellungnahme vom 27.01.2020 führte die Antragstellerin zur Stellungnahme der Auftraggeberin Folgendes aus:

Zum Einwand der Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrages brachte die Antragstellerin vor, dass ihr die Auftraggeberin auch auf Nachfrage nicht mitgeteilt habe, welcher Bieter zweitgereiht wäre und welche Punkteanzahl dieser erreicht hätte, sowie zu welchem Preis dieser angeboten hätte. Deshalb könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Angebot der Zweitgereihten auszuschließen gewesen wäre. Erst bei einem Ausscheiden der Erstgereihten könne man das Angebot der Zweitgereihten dahingehend prüfen und sich gegen ein allfällig dem Vergaberecht nicht entsprechendes Angebot der Zweitgereihten wehren.

Die Rechtsposition der Antragstellerin impliziere zugleich einen Begründungsmangel der angefochtenen Entscheidung, wenn die Reihung der Antragstellerin nicht ersichtlich sei. Die Begründung der Entscheidung solle nämlich einen unterlegenen Bieter in die Lage versetzen, mittels eines Rechtsmittels die Rechtmäßigkeit der Entscheidung nachprüfen zu lassen. In Ermangelung des Wissens über die Reihung könne ein Nachprüfungsantrag immer nur „ins Blaue“ und unter Gefahr des Verlustes der Pauschalgebühr gestellt werden, ohne dessen Erfolgschancen einschätzen zu können.

Zum Einwand, dass sich die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin keine vertraulichen Informationen angeeignet habe, führte sie aus, dass die Ausführungen der Auftraggeberin, wonach die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin ähnliche Kalkulationsansätze wie im Jahr 2016 gewählt habe und sie den Gesamtpreis zu dem die Antragstellerin 2016 angeboten hätte, gekannt habe, nicht widerlegen würden, dass die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin versucht habe, sich vertrauliche Informationen anzueignen.

Zum Einwand der Auftraggeberin, wonach die begehrte Information nicht vertraulich sei und damit kein Vorteil verbunden sei, insbesondere dazu, dass aus der Quadratmeterleistung alleine kein Vorteil zu erlangen wäre, nahm sie wie folgt Stellung: Gemäß der eidesstattlichen Erklärung Herrn XXXX wäre es im Gespräch mit dem Zeugen XXXX „zum Beispiel“ um die Quadratmeterleistung gegangen. Er sei aber auch dazu befragt worden, wie er einzelne Punkte anbieten würde und wie viel Zeit er für die Reinigung einzelner genannter Reinigungsbereiche veranschlagen müsse. Dies sei über einen längeren Zeitraum und anhand von Plänen und Exceltabellen erfolgt.

Aufgrund der Beschaffenheit der zu reinigenden Objekte und der Tatsache, dass diese nur schwer mit anderen Objekten vergleichbar seien, sei die Quadratmeterleistung ein wesentlicher Teil der Angebotskalkulation. Allein das Wissen darüber, wieviel Zeit für die Reinigung der Objekte zu veranschlagen sei, stelle daher einen wesentlichen Vorteil dar. Zur Erfüllung des Tatbestandes reiche zudem eine abstrakte Möglichkeit der Vorteilsziehung aus.

Die von der Auftraggeberin angeführte ÖNORM lege nur Maximalwerte für Quadratmeterleistungen fest, die ÖNORM lasse jedoch, wie auch aus der Stellungnahme der Auftraggeberin hervorgehe, Spielraum für die eigene Gestaltung des Angebotes.

Die Auftraggeberin widerspreche sich selbst, wenn sie zum einen in Abrede stelle, dass die ausgeschriebenen Leistungen im Wesentlichen identisch mit jenen aus dem Jahr 2016 seien, zugleich aber in Punkt 2.1. angebe, dass „Großteils ähnliche Leistungen wie im Jahr 2016 beschafft werden sollten.“ Vielmehr sei ein großer Anteil des Auftrages gleich.

Die angefochtene Entscheidung leide überdies unter einem Begründungsmangel, da sie es der Antragstellerin nicht ermögliche, einen begründeten Nachprüfungsantrag zu stellen. Auch sonst sei sie nicht ausreichend begründet, sie sei mit einem zur Aufhebbarkeit der Entscheidung führenden Mangel behaftet. Die tabellarische Angabe der Punkte sei nicht nachvollziehbar, da nur eine Gesamtpunkteanzahl bei der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin angegeben sei. Die Punktevergabe sei aus diesem Grund nicht nachvollziehbar, insbesondere auch, ob das Angebot der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin plausibel sei.

Die Antragstellerin halte alle von ihr mit dem Nachprüfungsantrag gestellten Anträge vollständig aufrecht.

7. Am 31.01.2020 nahm die Antragstellerin ergänzend und replizierend auf die begründeten Einwendungen der mitbeteiligten Partei und die Stellungnahme der Auftraggeberin vom 20.01.2020 Stellung und führte aus, dass die Einladung zu einem Gespräch letztlich von Herrn XXXX ausgegangen sei. Es sei nicht bloß gefachsimpelt worden, sondern die Thematik sei anhand konkreter Pläne, Ausschreibungsunterlagen und Ecxeltabellen über einen längeren Zeitraum von ca einer halben Stunde besprochen worden. Es handle sich demnach um den gezielten Versuch, von einem ehemaligen Mitarbeiter eines Mitbewerbers vertrauliche Informationen zum eigenen Vorteil zu erhalten. Dass Herr XXXX im Nachhinein die Aussage von Herrn XXXX , er habe die Auftraggeberin nur vertretungsweise betreut, so deute, dass dieser schlichtweg keine Zahlen kennen würde, heiße nichts anderes, als dass Herr XXXX damals davon ausgegangen sei, dass Herr XXXX die Zahlen kennen würde und dass er ihn danach gefragt habe.

Entgegen der Behauptung der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin habe Herr XXXX , welcher den Auftrag gemeinsam mit Frau XXXX betreut habe, genaue Kenntnis des Auftrages und der damit verbundenen Anforderungen. Es widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass jemand einen Auftrag über lange Zeit betreue, aber keine vertraulichen Informationen zu diesem Auftrag kenne.

Es handle sich auch um vertrauliche Informationen, welche Herr XXXX habe erfragen wollen, zumal diese nur für einen bestimmten Personenkreis bestimmt seien. Die Fragen hätten sich zum Beispiel auf die Quadratmeterleistung bezogen und seien generell auf die Einzelheiten der Auftragserbringung durch die Antragstellerin gerichtet gewesen. Auch sei ein wesentlicher Teil des Auftrages ident mit dem Vorverfahren, weswegen Informationen hierüber selbstverständlich einen Vorteil im Vergabeverfahren darstellen würden, selbst wenn diese das Angebot nicht vollständig bestimmen würden. Es widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Herr XXXX , welcher sich intensiv mit der Ausschreibungsunterlage beschäftigt habe, nicht auch am Angebot mitgewirkt habe, habe er doch offenbar auch mit dem Geschäftsführer an einem Bietergespräch teilgenommen. Die Verwertung der Informationen sei im Übrigen zweitrangig, da dies am Versuch der Informationserlangung nichts ändere.

Soweit die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin vermeine, dass der Versuch, vertrauliche Informationen zu erhalten, nur gegenüber dem Auftraggeber pönalisiert sei, sei zu entgegnen, dass die dafür angeführten Verweise diese Auffassung nicht stützen würden. So unterscheide die maßgebliche lit b (gemeint: des § 249 Abs 2 Z 11 BVergG 2018) im Gegensatz zu lit a und lit c nicht von wem die Informationen stammen würden. Dies folge auch aus dem Normzweck, wonach der Versuch der Erlangung vertraulicher Informationen direkt einen Mitbewerber betreffe und damit einen Beteiligten im Vergabeverfahren, welcher vom Schutzzweck der Norm erfasst sei. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Norm werde überdies bereits der Versuch pönalisiert.

Die Antragstellerin halte die von ihr gestellten Anträge daher vollständig aufrecht.

8. Mit Schriftsatz vom 07.02.2020 replizierte die Auftraggeberin auf die Stellungnahme der Antragstellerin vom 27.01.2020.

Die Antragstellerin vermeine, einen Anspruch darauf zu haben, die Reihung, die Punkte und den Angebotspreis der vor ihr gereihten Bieter von der Auftraggeberin zu erfahren. Dabei übersehe sie jedoch, dass gemäß § 315 Abs 1 BVergG 2018 der Sektorenauftraggeber nicht berücksichtigten Bietern lediglich den Namen des Unternehmers, mit dem die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, die Gründe der Nichtberücksichtigung, sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt zu geben seien. Die Antragstellerin habe kein Anrecht darauf, zu erfahren, welche anderen Unternehmen am Vergabeverfahren teilgenommen hätten, wie die Reihung aller Teilnehmer aussehe oder wieviele Punkte andere Teilnehmer erreicht hätten. Sie könne ihre Antragslegitimation im gegenständlichen Fall daher nicht damit begründen, dass ihr die Identität des zweitgereihten Unternehmens nicht bekannt sei.

Es würde dem Grundsatz der Vertraulichkeit im Vergabeverfahren widersprechen, in der Entscheidung, mit wem die Rahmenvereinbarung abgeschlossen worden sei, die Identität nachgereihter Bieter bekannt geben zu müssen.

Im Übrigen gehe die Auftraggeberin weiter davon aus, dass die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin weder versucht habe, an vertrauliche Informationen zu gelangen, noch dass sie solche erhalten habe.

Dies insbesondere aus den Gründen, dass Herr XXXX Herrn XXXX angeblich auf eigene Initiative wegen des Interesses an einem Job getroffen habe, dass die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin bereits 2016 ein ordnungsgemäßes Angebot gelegt habe und sie aufgrund der Gestaltung und Kalkulation des Angebotes davon ausgehe, dass ähnliche Ansätze wie im Jahr 2016 gewählt worden seien. Es gebe auch keinen Zweifel, dass die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin genügend Erfahrung betreffend die ausgeschriebene Leistung habe, um ein erfolgsversprechendes Angebot zu legen. Diese Gründe würden es nahelegen, dass sich die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin ordnungsgemäß verhalten habe.

Zum Vorbringen der Antragstellerin, dass die Zuschlagsentscheidung am 23.12.2019 versendet und damit so gelegt worden sei, dass sie in den Zeitraum zwischen 23.12.2019 und 02.01.2019 falle, was nur ein „komprimiertes Vorbringen“ durch die Antragstellerin zugelassen habe, führte sie aus, dass alle Bieter davon informiert worden seien, dass die für die Leistung notwendigen Schulungen bereits im Jänner 2020 stattfinden sollten. Zudem sei zugesagt worden, die Entscheidung noch vor Weihnachten bekannt zu geben, weshalb sie zu diesem Datum übermittelt worden sei. Es gebe auch kein gesetzliches Verbot, die Entscheidung in diesem Zeitraum bekannt zu geben, weshalb die Antragstellerin nun nicht Rechtswidrigkeiten, zu denen sie sich in ihrem Nachprüfungsauftrag nicht geäußert habe, im Nachprüfungsverfahren nach Belieben aufgreifen könne.

Es liege außerdem in der Sphäre der Antragstellerin, dass Frau XXXX die Antragstellerin erst am 27.12.2019 über das Gespräch zwischen Herrn XXXX und Herrn XXXX informiert habe und deshalb bereits 4 der 10 Tage Anfechtungsfrist verstrichen seien.

Die Auftraggeberin betonte abermals, dass die Kenntnis der Quadratmeterleistung alleine kein unzulässiger Vorteil für die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin ergeben könne, da sich alle Unternehmen an die ÖNORM D 2050 zu halten hätten. Zwar biete diese Norm einen Spielraum, dieser werde von den Bietern am Markt jedoch kaum in Anspruch genommen, weshalb alle nahezu dieselben Quadratmeterleistungen anbieten würden, weshalb eine Kenntnis der Quadratmeterleistung keinen Vorteil bringe. Deshalb sei die Quadratmeterleistung nicht als vertrauliche Information isd § 249 Abs 2 Z 10 lit b BVergG 2018 zu qualifizieren.

Zum Vorbringen der Antragstellerin, dass der Zuschlagsentscheidung ein Begründungsmangel anhafte, führte die Auftraggeberin aus, dass die Qualität der Begründung der Zuschlagsentscheidung kein vergaberechtlicher Selbstzweck sei. Es fehle an der Wesentlichkeit dieses angeblichen Mangels, da die Antragstellerin schon in der Lage gewesen sei, daraus zu begründen, weshalb die Zuschlagsentscheidung angeblich nichtig sei.

Insbesondere habe die Antragstellerin diesen „Begründungsmangel“ aber nicht im Nachprüfungsantrag als Beschwerdepunkt angeführt. Gemäß § 334 Abs 2 Z 2 BVergG (2018) sei das Bundesverwaltungsgericht zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte zuständig. Diese Bestimmung korrespondiere mit § 344 Abs 1 Z 5, wonach der Nachprüfungsantrag die Bezeichnung der Rechte, in denen der Antragsteller verletzt zu sein behauptet, zu enthalten habe, und zwar zum Beschwerdezeitpunkt. Gerade bei der anwaltlich vertretenen Antragstellerin seien diese Normen eng auszulegen, weshalb ein nunmehriges Aufgreifen dieser Anfechtungsgründe nicht möglich sei.

Die Auftraggeberin halte alle gestellten Anträge unverändert aufrecht.

9. Am 14.02.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt.

Ergänzend und auf die Stellungnahme der Auftraggeberin vom 07.02.2020 replizierend verwies die Antragstellerin betreffend die Frage der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages auf rezente Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Der Verwaltungsgerichtshof stelle darauf ab, dass sich die Reihung am ersten Platz ändern müsse. Dies sei vorliegend ohnedies der Fall. Im Übrigen verwies sie auf ihr schriftliches Vorbringen. Weiters habe sie bereits im Nachprüfungsantrag die Verletzung im Recht auf die Teilnahme an einem gesetzeskonformen Vergabeverfahren gerügt, worunter auch der Begründungsmangel falle. Bekräftigt wurde, dass die Antragstellerin weiterhin davon ausgehen, dass vertrauliche Informationen geflossen seien, wobei betont werde, dass der Versuch ausreichend sei. Wann der Tatvorsatz gefasst worden sei, sei unerheblich. Die Fragen von Herrn XXXX seien darauf gerichtet gewesen, zu erfahren, wie man dies grundsätzlich mache und darüber hinaus wie es der Mitbewerber mache und damit auf die Erlangung vertraulicher Informationen gerichtet. Auf die Frage, inwieweit die gegenständlich zu reinigenden Objekte mit anderen Objekten vergleichbar seien, gab die Antragstellerin an, dass unter Einhaltung der ÖNORM und aller kollektivvertraglichen Vorgaben die Angebote eigentlich ident sein müssten. Wesentlich seien daher gegenständlich Erfahrungswerte. Es würden Nuancen, mitunter sogar Minuten, den Ausschlag geben, was sich bei der Multiplikation der einzelnen Reinigungen für das rollende Material und die Busse verbunden mit dem Preis zeige. Insbesondere beim rollenden Material seien die Erfahrungswerte wichtig, gerade weil diese Strecken mit keiner Bahnlinie vergleichbar seien. Wenn man Insiderwissen habe, sei es natürlich von Vorteil. Entgegen der Auffassung der mitbeteiligten Partei komme es nicht darauf an, dass eine Information, einen Sieg im Vergabeverfahren praktisch garantiere.

Die mitbeteiligte Partei führte aus, dass die Antragstellerin ihr Vorbringen mehrfach modifiziert habe. So habe die Antragstellerin erst noch davon gesprochen, dass Herr XXXX im Gespräch mit Herrn XXXX tatsächlich vertrauliche Informationen erlangt habe und dass Herr XXXX selbst aktiv herangetreten sei, was beides unterdessen relativiert worden sei. Weiters wurde festgehalten, dass der Geschäftsführer und der Kalkulant, die in diesem Vergabeverfahren die Kalkulation durchgeführt haben, dieselbe Funktion bereits vor einigen Jahren für ein anderes Unternehmen bezüglich der hier ausgeschriebenen Leistung inne gehabt hätten. Sie seien aus diesem Grunde nicht auf die Kenntnisse sämtlicher Umstände und Informationen anderer Mitbewerber angewiesen. Überdies habe die mitbeteiligte Partei 2014 auch an der Ausschreibung betreffend die Außenreinigung teilgenommen, weshalb ihr die Außenleistungen bekannt gewesen seien. Dass bei der Angebotslegung das Wissen über Nuancen entscheidend sei, werde bestritten. So liege ihr eigener Angebotspreis und jener der Antragstellerin etwa 10% auseinander. Zudem sei die Antragstellerin beim aktuell noch laufenden Auftrag als Siegerin hervorgegangen, obwohl sie das erste Mal ein Angebot zu rollendem Material abgegeben habe.

Die Auftraggeberin verwies auf ihr bisheriges schriftliches Vorbringen. Sie sei bei dem gegenständlichen Gespräch nicht dabei gewesen, aus den Schriftsätzen gelange sie mittlerweile zu dem Eindruck, dass dieses Gespräch nicht in der Form stattgefunden habe, wie Herr XXXX es in Erinnerung behalten habe. Die mitbeteiligte Partei habe bereits im Jahr 2016 ähnliche Leistungen angeboten und ein tadelloses Angebot vorgelegt, habe den Auftrag aber nicht erhalten, weil sie nicht die bestgereihte Bieterin gewesen sei. Aus der Tatsache, dass es möglich gewesen sei, einen fundierten Nachprüfungsantrag zu stellen, gehe auch hervor, dass die Zuschlagsentscheidung qualitativ jedenfalls ausreichend gewesen sei. Was die Reinigung des rollenden Materials betreffe seien diese Leistungen zu jenen im Jahr 2016 ausgeschriebenen ähnlich, nun seien die Außenreinigungsarbeiten um die Haltestellen hinzugekommen, diese Leistungen würden etwa 10 % der gesamten Leistung ausmachen. Die Streuung der kalkulierten Quadratmeterleistungen bei den Fahrzeugen liege unter 10 % und bei der Gebäudereinigung noch darunter. Bei den Flächenansätzen für die Reinigungsleistung habe es keine größeren Abweichungen gegeben. Man habe in der ersten Stufe des Verfahrens die Eignung der Bewerber mit Referenzen für die Reinigung in Bussen, Straßenbahnen und Zügen sichergestellt, sodass davon auszugehen sei, dass entsprechend geeignete und erfahrene Bieter angeboten haben. Es sei in jeder Runde mit den Bietern über den gesamten Leistungsumfang verhandelt worden und es seien gegebenenfalls im Zuge der Verhandlungen Aufklärzungen zu den einzelnen Positionen eingeholt worden. Dazu erläuterte sie, dass die Antragstellerin in sämtlichen Runden immer Drittgereihte gewesen sei. Aus Sicht der Auftraggeberin seien die Angebote sehr genau und vertieft geprüft worden, allerdings sei dies gesetzlich nicht zwingend notwendig gewesen.

Als Zeugen wurden Herr XXXX , Herr XXXX sowie Herr XXXX einvernommen.

Der Zeuge XXXX gab an, bei der Antragstellerin als Bereichsleiter von Mai 2018 bis Februar 2019 tätig gewesen zu sein, ua vertretungsweise – im Juli und August 2018 – für die Auftraggeberin. Seine Aufgabe habe die Qualitätssicherung in Form von stichprobenartigen Kontrollen und die Führung des Personals umfasst. Er sei jedoch nicht in der Kundenabrechnung tätig gewesen und habe sich nicht mit der Kalkulation und Kalkulationsmasken befasst. Er könne keinen durchschnittlichen Quadratmeterpreis für ein Projekt bzw die durchschnittliche Quadratmeterleistung angeben, glaube aber den Stundensatz für die Reinigung zu kennen; er wisse auch, wie lange man ungefähr für eine Busreinigung benötige. Weiters gab er an, über den Preis der Sonderreinigung eines Zuges mit einer bestimmten Bandbreite informiert zu sein, aber sonst keine genaueren Informationen zu haben. Konkrete Werte seien im Zuge der Qualitätskontrollen vor Ort nicht gefallen.

Er habe Herrn XXXX im Oktober 2019 telefonisch und per Messenger wegen einer Anstellung kontaktiert und diesen Ende Oktober bei ihm in der Niederlassung in Graz getroffen. Die über Befragen getätigte Aussage, das Gespräch habe ca eine halbe Stunde gedauert, korrigierte der Zeuge in der Folge dahingehend, dass das Gespräch allein über die gegenständliche Ausschreibung ca eine halbe Stunde gedauert habe. Man habe anfangs Smalltalk geführt. Herr XXXX habe erwähnt, mit der gegenständlichen Ausschreibung beschäftigt zu sein, die Unterlagen seien am Tisch gelegen und am Bildschirm ersichtlich gewesen. Er habe dies nicht als Zufall empfunden. Es seien viele Sachen am Tisch gelegen, er habe aber nicht alles gesehen. Herr XXXX habe ihn gefragt, wie man das ansetzen würde und wie er das rechnen solle. Es sei richtig, dass er gefragt habe, wie er es selbst kalkulieren würde. Man habe zB über das Objekt Direktion gesprochen. Dabei habe er die Unterlagen angeschaut. Er habe lediglich allgemeines Fachwissen wiedergegeben, wie er das machen würde. Er habe kein konkretes Wissen über die Antragstellerin preisgeben wollen, habe aber auch keine vollständigen Kenntnisse über diese. Es sei ein offenes Geheimnis gewesen, dass er die Auftraggeberin mitbetreut habe. Er wisse nicht, ob Herr XXXX gewusst habe, dass er nichts mit der Abrechnung der Auftraggeberin zu tun gehabt habe. Er habe die gleiche Position inne gehabt wie Herr XXXX für andere Objekte. Die eidesstattliche Erklärung habe er nicht selbst geschrieben, dies habe der Antragstellervertreter getan, er habe die Erklärung lediglich unterschrieben.

Der Zeuge XXXX gab an, dass er ab Mitte Mai bis Mitte November 2018 bei der Antragstellerin als Servicemanager bzw Objektleiter mit der Betreuung der Kunden und der Mitarbeiter befasst gewesen sei. Er sei in keiner Art und Weise mit der Betreuung des der gegenständlichen Ausschreibung vorangehenden Auftrages betraut gewesen. Er habe keine Erfahrung mit der Reinigung von Bahnhöfen oder Fahrzeugen. In die Ausarbeitung bzw Kalkulation des verfahrensgegenständlichen Angebotes sei er insoweit eingebunden gewesen, dass er vor Ort, konkret am 05. und 07.11.2019 Besichtigungen gemacht und die gewonnenen Informationen, zB welche Steiger für die Fassen- und Fensterreinigung benötigt würden und den beobachteten Zeitaufwand, an den Kalkulanten weitergeleitet habe. Hierfür habe er im Vorfeld die Ausschreibungsunterlagen aufbereitet. Er habe sämtliche Außenobjekte an der Strecke besichtigt, so auch die Objekte am Graz Köflacher Bahnhof, die Parkanlagen, und auch die zu reinigenden Fahrzeuge. Es sei auch richtig, dass er bei den Vergabeverhandlungen anwesend gewesen sei. In die unmittelbare Kalkulation sei er nicht eingebunden gewesen. Er habe keine Erfahrungen mit derartigen Ausschreibungen, da er erst seit zwei Jahren in dieser Branche tätig sei, davor habe er im Hotelgewerbe gearbeitet.

Den Zeugen XXXX kenne er durch seine Tätigkeit bei der Antragstellerin. Den Tätigkeitsbereich von Herrn XXXX habe er nur grob gekannt, und nicht gewusst, dass dieser eine richtige Zuständigkeit für die Auftraggeberin gehabt habe. Er sei erst kurz zuvor in Graz ansässig geworden und die „GKB“ sei für ihn kein Name gewesen, es habe ihm die Ortskenntnis und die Kenntnis über das Business vor Ort gefehlt. Er habe sich auf seine eigene Tätigkeit konzentriert. Er habe nicht die Zeit und Muße gehabt, sich damit zu beschäftigen, was andere Mitarbeiter konkret machten, weswegen ihn auch nicht die Objektlisten für die Mitarbeiter interessiert hätten.

Am 08.10.2020 habe ihn Herr XXXX angerufen. Er sei auf Jobsuche gewesen und man habe Smalltalk geführt, sei dann aber dahingehend verblieben, dass derzeit in seinem Unternehmen keine Position für ihn frei sei. Herr XXXX habe danach immer wieder Kontakt zu ihm aufgenommen, er habe jedoch nicht geantwortet. Er habe ihm stets mitgeteilt, dass er keinen Job für ihn habe, nur eventuell, wenn sich etwas ergeben würde. Er könne sich nicht erklären, weshalb er am 23.10. geschrieben habe „keine Panik“. Nachdem Herr XXXX sehr beharrlich gewesen sei, sei es zu einem Treffen zwischen ihnen gekommen, er habe ihm aber nie einen Job in Aussicht gestellt. Das Gespräch habe in etwa 30-45 Minuten gedauert, erst habe man Smalltalk geführt, dann sei das Thema auf den ehemaligen Arbeitgeber und die Beweggründe für das Ausscheiden gekommen. Es sei auch nochmals um den Job gegangen, wobei Herr XXXX genau gewusst hätte, dass er ihm keinen anbieten könne. Auf Nachfrage von Herrn XXXX , was es gerade „Aktuelles“ gebe, habe er ihm von der Ausschreibung der Auftraggeberin erzählt. Man habe maximal 10 Minuten über die gegenständliche Ausschreibung gesprochen. Herr XXXX habe gleich gesagt, dass er sich da nicht auskenne und er ihm nicht helfen könne. Er habe Herrn XXXX jedenfalls nicht nach seinen Erfahrungswerten gefragt. Er habe die Ausschreibungsunterlagen zwar bei sich gehabt, da er sie gerade bearbeitet habe, aber es sei ohne tatsächlichen Informationsfluss „gefachsimpelt" worden. Er gab an, sich nicht erinnern zu können, dass er auf konkrete Unterlagen gezeigt und Fragen dazu gestellt hätte. Auf die Nachfrage was er unter „Fachsimpeln“ verstehe, gab er an, dass über allgemeine Leistungswerte, etwa wie lange man brauche, um etwas zu wischen, gesprochen worden sei, z.B. für Büroräumlichkeiten. Er könne nicht mehr so genau sagen, ob es dabei um die konkreten Büroräumlichkeiten der Direktion der Antragsgegnerin gegangen sei. Es sei aber schon möglich, dass man über den Bahnhof Lieboch gesprochen habe. Er habe mit Herrn XXXX darüber gesprochen, obwohl er selbst nicht mit der Kalkulation betraut gewesen sei, da es ihn persönlich interessiert habe. Er habe Herrn XXXX auch danach über das Gespräch mit einem Fachkollegen in Kenntnis gesetzt. Es sei nie seine Intention gewesen, dass bei diesem Gespräch etwas herauskomme und er weitergehende Informationen erhalte. Das Gespräch sei nicht von ihm initiiert worden. Es seien jedenfalls nie konkrete Informationen geflossen. Er könne nicht mehr jede Sekunde des Gespräches rekapitulieren.

Abschließend wurde der Zeuge XXXX befragt. Er sei als Kalkulant und im Qualitätsmanagement für die mitbeteiligte Partei tätig; er sei nicht in der Geschäftsführung tätig und habe keine Organfunktion. Er gab an, Herr XXXX habe ihn nach der Besichtigung angerufen, seine Eindrücke von der Besichtigung geschildert und im Zuge dessen nebenbei erwähnt, dass er einen ehemaligen Arbeitskollegen getroffen habe. Zuvor habe er keine Kenntnis von diesem Gespräch gehabt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Aufgrund der vorliegenden Stellungnahmen, der bezugnehmenden Beilagen, der vorgelegten Unterlagen des Vergabeverfahrens sowie der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2020 wird folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt:

Auftraggeberin ist die Graz-Köflacher Bahn und Busbetrieb GmbH. Diese schrieb im Juli 2019 die gegenständlichen Leistungen „Reinigungsleistungen diverser Objekte sowie bei Doppelstockwagen, Triebwagen und Bussen der GKB sowie Außenreinigung an sämtlichen Bahnhöfen, Haltestellen und Freibereichen am Streckennetz der GKB“ in einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip mit dem Ziel des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmer aus.

Bereits im Jahr 2016 schrieb die Auftraggeberin überwiegend ähnliche Reinigungsleistungen aus. An diesem Vergabeverfahren beteiligten sich auch die Antragstellerin und die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin. Von der vorangehenden Ausschreibung abweichend erfasst die gegenständliche Ausschreibung zusätzlich die Außenreinigung am Streckennetz der Auftraggeberin.

Die gegenständliche Ausschreibung blieb unangefochten. Die Antragstellerin beteiligte sich an diesem Vergabeverfahren durch Angebotslegung. Das Angebot der Antragstellerin wurde nicht ausgeschieden.

Die Teilnahmeantragsunterlagen lauten auszugsweise:

„6 Eignungskriterien und –nachweise

...

6.4. Technische Leistungsfähigkeit

...

6.4.3. Referenzen

Die Bewerber sind aufgefordert zum Pkt. 5.2.1 betreffend Unterhalts-, Grund- sowie Fensterreinigungsdienstleistungen an Objekten und Fahrzeugen mind. 3 verschiedene Referenzen zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit zu präsentieren. Diese Referenzen müssen belegen, dass der Bewerber Erfahrung in der Reinigung von Bürogebäuden oder Geschäftsflächen mit öffentlichen Verkaufsflächen im Ausmaß von 1.000 m² Nettofläche und von Bürogebäuden im Ausmaß von 400 m² Nettofläche sowie in der Spezialreinigung von Sitzbezügen in Bussen, Straßenbahnfahrzeugen, Zügen oder gepolsterten Stühlen mit erhöhten Anforderungen hinsichtlich Abnutzung in Veranstaltungsbereichen, Hotels, Schulen etc. innerhalb der letzten 3 Jahren (in Art und Umfang), das sind die Jahre 2016, 2017 und 2018 erbracht hat (gem. Formblatt „Referenzen“ und Beiblatt zum Formblatt).

Die Bewerber sind weiters aufgefordert zum Pkt. 5.2.2 betreffend Außenreinigung an diversen Bahnhöfen, Haltestellen und Freibereichen am Streckenbereich der GKB mind. 2 Referenzen für den Zeitraum 2016, 2017 und 2018 zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit zu präsentieren. Diese Referenz muss belegen, dass der Bewerber Erfahrung in der Reinigung von Außenbereichen von Verkehrsdienststellen (Vorplätze inkl. Parkplätze, Bahnsteige, Zugangsbauwerke, usw.) oder Außenanlagen und Parkplätze von Schulen, Gemeindebauten, öffentlichen Einrichtungen, Hotelanlagen usw. Hat.

...

6.6. Zuverlässigkeit

6.6.1. Ausschlussgründe

...

Bewerber werden – vorbehaltlich des § 249 Abs. 4 - 6 BVergG – nicht in die zweite Stufe d es Verhandlungsverfahrens zur Angebotsabgabe eingeladen, wenn

1. ...

10. der Unternehmer

a) ...

b) versucht hat, vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die er unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte, oder c) ...“

 

Die Ausschreibungsunterlagen lauten auszugsweise:

„2. Bestbieterermittlung

...

2.2. Auswahl des Bestbieters

Gem. § 304 des BVergG ist der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot zu erteilen.

2.3 Zuschlagskriterien und Gewichtung

Die Vergabe erfolgt nach dem Bestbieterprinzip. Der Bestbieter (das wirtschaftlich und technisch günstigste Angebot) der gegenständlichen Ausschreibung wird über den angebotenen Preis sowie über die Qualität der angebotenen Leistung ermittelt (Zuschlagskriterien).

2.3.1 Gewichtung

Die Zuschlagskriterien ergeben sich aufgrund einer vorgenommenen Adaptierung nun wie folgt:

 

 

Bezeichnung

Punkte

Punktevergabe

1

Preis

 

70

2

Qualität

 

30

2.1

Zeitaufwand Objektleitung

5

 

2.2

Qualitätssicherung Flächenmanagement

25

 

 

Gesamt

 

100

    

Als das wirtschaftlich und technisch günstigste Angebot geht jenes Angebot hervor, das in Summe die höchste Punktezahl erreicht.

Bei gleicher Punkteanzahl wird jenem Angebot der Vorzug gegeben, das im Zuschlagskriterium Preis die höhere Punkteanzahl erreicht hat.

Der AG gibt weiters bekannt, dass an den bekannt gegebenen Zuschlagskriterien während des Verfahrens unter Berücksichtigung der allgemeinen Vergabegrundsätzen Änderungen bzw. Präzisierungen vorgenommen werden können.

2.3.2 Beschreibung der Zuschlagskriterien

Punkt 1 Preis:

Bei dem Kriterium „Preis“ kann der Bieter eine mögliche Gesamtpunkteanzahl von 70 Punkten erreichen. Der Bieter mit dem niedrigsten Preis erhält die volle Punkteanzahl im Ausmaß von 70 Punkten. Die übrigen Angebote erhalten eine entsprechend skalierte Punkteanzahl, die mit folgender Formel in Relation gesetzt wird:

Erreichte Punkteanzahl = 70* (Billigstbieter/Preis je Bieter)

Punkt 2: Qualität

Bei dem Kriterium „Qualität“ kann der Bieter eine mögliche Gesamtpunkteanzahl von 30 Punkten erreichen.

Die Subkriterien gliedern sich wie folgt:

2.1 Zeitaufwand Objektleitung

Der Auftraggeber geht von einem Mindestzeitaufwand von 40 Stunden pro Monat VOR ORT aus.

Der Auftragnehmer hat die über den Mindesteinsatz hinausgehenden Monatsstunden für den Einsatz der Objektleitung verbindlich bekannt zu geben. Wer die meisten Monatsstunden für den Einsatz der Objektleitung in den Objekten bzw. Schienenfahrzeugen zur Eigenqualitätskontrolle, Unterweisung, Reklamationsbearbeitung etc. aufwendet, erhält 5 Punkte. Für die Bewertung werden max. zusätzliche 20 Stunden pro Monat des Objektleiters herangezogen. Die angegebenen Stunden sind im Falle einer Beauftragung verbindlich durchzuführen.

Zusätzlich zu Pkt. 2.3.3 wird vereinbart, dass nichterbrachte angebotene Objektleiterstunden mit einem Stundensatz von Euro 50,- netto bei der monatlichen Abrechnung zum Abzug gebracht werden.

Der Bieter mit den höchsten zusätzlichen Stunden erhält die volle Punkteanzahl im Ausmaß von 5 Punkten. Die übrigen Angebote erhalten eine entsprechend skalierte Punkteanzahl, die mit folgender Formel in Relation gesetzt wird:

Erreichte Punktezahl = 5 * (angebotener Zeitaufwand der Objektleitung / höchster Zeitaufwand der Objektleitung)

Der Bieter hat die angegebenen Monatsstunden in einem Begleitschreiben verbindlich anzubieten. Der vom Bieter tatsächlich aufgewendete Zeitaufwand ist verpflichtend schriftlich zu dokumentieren und am Ende eines Monats dem AG verpflichtend vorzulegen.

2.2 Qualitätssicherung Flächenmanagement

Der Auftragnehmer hat den Reinigungsaufwand für Flächen, wie unten angeführt, verbindlich bekannt zu geben. Der Auftraggeber weist darauf hin, dass die angegebenen Aufwände mit den für die Preisbildung kalkulierten Werten übereinstimmen müssen. Bei diesem Kriterium kann der Bieter eine mögliche Gesamtpunkteanzahl von 25 Punkten erreichen. Die Gesamtpunkteanzahl wird in zwei Unterkategorien zu je 12,5 Punkten wie folgt aufgeteilt:

2.2.1 Gebäude

Der Bieter hat in der Beilage „Detailkalkulationsblatt Nr. 1 Unterhaltsreinigung“ verbindlich in Spalte 3 die Leistungszahl (= durchschnittliche m2 Leistung pro Stunde) anzugeben. Anschließend wird die Leistungsteilsummenzahl durch Division, der in Spalte 1 angegebenen Flächen, durch die in Spalte 3 eingetragenen Leistungszahlen berechnet und in Spalte 4 eingetragen.

Anschließend werden alle Leistungsteilsummenzahlen aller Objekte bezogen auf die jeweils angegebene Reinigungskategorie aufsummiert und in die dafür vorgesehene Tabelle am Ende des Detailkalkulationsblattes Nr. 1 eingetragen (Leistungssummenzahl).

Die Punkteanzahl von 12,5 für diese Kategorie setzt sich wie folgt zusammen:

Reinigungskategorie Büro:

Für die Unterkategorie Büro können maximal 6 Punkte erreicht werden. Der Bieter mit dem höchsten Stundenaufwand erhält die volle Punkteanzahl. Die übrigen Angebote erhalten eine entsprechend skalierte Punkteanzahl, die mit folgender Formel in Relation gesetzt wird:

Erreichte Punkteanzahl = 6 * (angebotene Leistungssummenzahl Büro/höchste Leistungssummenzahl Büro)

Reinigungskategorie Sanitär:

Für die Unterkategorie Sanitär können maximal 4 Punkte erreicht werden. Der Bieter mit dem höchsten Stundenaufwand erhält die volle Punkteanzahl. Die übrigen Angebote erhalten eine entsprechend skalierte Punkteanzahl, die mit folgender Formel in Relation gesetzt wird:

Erreichte Punkteanzahl = 4 * (angebotene Leistungssummenzahl Sanitär/höchste Leistungssummenzahl Sanitär)

Reinigungskategorie Stiegenhaus bzw. Flur:

Für die Unterkategorie Stiegenhaus bzw. Flur können maximal 2,5 Punkte erreicht werden. Der Bieter mit dem höchsten Stundenaufwand erhält die volle Punkteanzahl. Die übrigen Angebote erhalten eine entsprechend skalierte Punkteanzahl, die mit folgender Formel in Relation gesetzt wird:

Erreichte Punkteanzahl = 2,5 * (angebotene Leistungssummenzahl Stiegenhaus bzw. Flur/höchste Leistungssummenzahl Stiegenhaus bzw. Flur)

2.2.2 Fahrzeuge

Der Bieter hat in der Beilage „Kalkulationsblatt 1 – Fahrzeugreinigung“ verbindlich für die tägliche Fahrzeugreinigung am Graz Köflacherbahnhof (Pos. 1.1 - 1.3) den Reinigungsaufwand pro Fahrzeug in Stunden in der Spalte Stundenaufwand anzugeben und die Summe des Stundenaufwands für alle drei Fahrzeuggattungen zu bilden und in die Tabelle am Ende des Blattes einzufügen.

Der Bieter mit dem höchsten Reinigungsaufwand erhält 12,5 Punkte. Die übrigen Angebote erhalten eine entsprechend skalierte Punkteanzahl, die mit folgender Formel in Relation gesetzt wird:

Erreichte Punkteanzahl = 12,5 * (angebotener Reinigungsaufwand/höchster Reinigungsaufwand. ...“

Im „Detailkalkulationsblatt Nr. 1 Unterhaltsreinigung“ sind 27 Objekte, darunter ua die Direktion Graz und der Bahnhof Lieboch, unter Bezeichnung der jeweiligen Reinigungskategorien (Büro; Sanitär; Stiegenhaus; Unterkunft; Sonstige; Nächtigungszimmer) angeführt. Das „Kalkulationsblatt 1 – Fahrzeugreinigung“ erfasst die Fahrzeugreinigung von Triebwagen, Doppelstocksteuerwagen und Doppelstockwagen.

Der Gesamtpreis des Letztangebotes der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin beträgt 584.854,05 Euro. Die Preisdifferenz zum Gesamtpreis des Letztangebotes der an dritter Stelle platzierten Antragstellerin beträgt rund 10 %. Der Gesamtpreis des Letztangebotes des an zweiter Stelle gereihten Bieters ist geringfügig (weniger als 1 %) höher als jener der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin. Der geschätzte Auftragswert liegt weniger als 8 % über dem Angebotspreis der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin. Der aus sämtlichen Angeboten für die einzelnen Positionen berechnete „Bestpreis“, sohin jener Preis, der sich bei Zugrundelegung der jeweils preisgünstigsten Leistungsposition errechnen würde, liegt rund 13 % unter dem Angebotspreis der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin. Die Preisdifferenz zwischen dem Erstangebot und dem Letztangebot der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin beträgt etwa 10 %. Eine vertiefte Angebotsprüfung wurde durch die Auftraggeberin nicht durchgeführt.

Geschäftsführer der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin ist Herr XXXX . Herr XXXX ist Key Account Manager der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin. Diesem oblag in Abstimmung mit Herrn XXXX die Kalkulation des Angebotes betreffend die gegenständlich ausgeschriebenen Reinigungsleistungen. Herr XXXX ist Niederlassungsleiter der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin in der Steiermark und in Kärnten. Zuvor war er von Mitte Mai 2018 bis Mitte November 2018 bei der Antragstellerin als Servicemanager beschäftigt. In die Angebotserstellung durch die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin war er insofern miteingebunden, als er die obligatorisch vorzunehmenden Ortsbesichtigungen vornahm, die gewonnen Eindrücke und Informationen zum beobachteten Zeitaufwand und zur notwendigen technischen Ausrüstung an den Kalkulanten weitergab und an den Verhandlungsrunden neben Herrn XXXX und Herrn XXXX teilnahm. Herr XXXX ist Meister der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung. (Firmenbuchauszug der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin; Website der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin)

Herr XXXX war in der Zeit von Mai 2018 bis Februar 2019 bei der Antragstellerin als Servicemanager tätig und mit der Qualitätssicherung der Reinigungsleistungen und der Führung der Mitarbeiter beschäftigt. Er betreute vertretungsweise im Juli und August 2018 auch die Graz-Köflacher Bahn und Busbetrieb GmbH. Herr XXXX war nicht mit der Kalkulation und Kundenabrechnung der betreffenden Reinigungsleistungen im Rahmen der vorangehenden Ausschreibung befasst und setzte sich damit auch nicht auseinander, erlangte aber über Frau XXXX , damals für die Betreuung der Auftraggeberin hauptverantwortlich, Kenntnis vom ungefähren Zeitaufwand einer Busreinigung und vom ungefähren (von – bis) Preis der Sonderreinigung eines Zuges. Einen durchschnittlichen Quadratmeterpreis oder durchschnittliche Quadratmeterleistungen bezüglich der hier verfahrensgegenständlichen Objekte und Fahrzeuge kennt bzw kannte Herr XXXX nicht. Bei den Qualitätskontrollen im Rahmen der vertretungsweisen Betreuung der Auftraggeberin wurde nicht über konkrete Werte gesprochen. Soweit der Zeuge einen Stundensatz in bestimmter Höhe nannte, kann nicht festgestellt werden, dass dies der bislang von der Antragstellerin veranschlagte Stundensatz war.

Im Herbst 2019 war Herr XXXX auf der Suche nach einer Teilzeitstelle und bewarb sich ua bei der Auftraggeberin. Diesem Bewerbungsersuchen wurde nicht entsprochen. Danach kontaktierte er zwecks Bewerbung bei der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin ab 08.10.2019 mehrfach seinen ehemaligen Arbeitskollegen, Herrn XXXX , telefonisch, per WhatsApp und Facebook-Messenger. Dieser ignorierte dies oder vertröstete Herrn XXXX bezüglich des Wunsches nach einem Treffen, teilte ihm allerdings am 23.10.2019 mit, er könne einmal bei ihm im Büro vorbeischauen. Ein konkretes Jobangebot stellte er Herrn XXXX nicht in Aussicht. Über erneute Kontaktaufnahme durch Herrn XXXX fand schließlich am 31.10.2019 ein Treffen in den Büroräumlichkeiten von Herrn XXXX statt. Das Gespräch dauerte insgesamt etwa 30 bis 45 Minuten. Nach anfänglichem Smalltalk, ua auch über die ehemalige gemeinsame Arbeitgeberin, fiel die Unterhaltung über Nachfrage von Herrn XXXX auch auf die aktuelle Tätigkeit von Herrn XXXX bei der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin. In der Folge entstand so ein Gespräch über die gegenständliche Ausschreibung und dabei auch über Aspekte der Kalkulation der ausgeschriebenen Leistungen. In diesem Zusammenhang erwähnte Herr XXXX eingangs, die Auftraggeberin vertretungsweise betreut zu haben. Im Laufe dieses Gespräches erkundigte sich Herr XXXX danach, wie Herr XXXX selbst dies anbieten bzw kalkulieren würde bzw wie man dies allgemein ansetzen würde, dies auch anhand einzelner Objekte (Direktion Graz, Bahnhof Lieboch) und Fahrzeuge (Busse). Nach einem Stundensatz für die Reinigungsleistungen erkundigte er sich ebenso nicht wie danach, welche kalkulatorischen Ansätze die Antragstellerin ehemals konkret angenommen hat. Genaue Angaben zu durchschnittlichen Quadratmeterleistungen bei den betreffenden Objekten und Fahrzeugen, zu einem Quadratmeterpreis oder einem Stundenpreis wurden von Herrn XXXX auch nicht genannt. Es kann nicht festgestellt werden, dass Herr XXXX zum Zeitpunkt des Gespräches mit Herrn XXXX im Oktober 2019 vollumfänglich über den ehemaligen Tätigkeitsbereich und -umfang von Herrn XXXX bei der Antragstellerin und dessen Ausbildung und Fachwissen Kenntnis hatte. Darüber, dass er einen ehemaligen Arbeitskollegen getroffen hat, informierte Herr XXXX Herrn XXXX erstmalig im Rahmen eines Telefonates nach Durchführung der Ortsbesichtigungen im November 2019.

Mit als „Zuschlagsentscheidung“ bezeichnetem Schreiben wurde der Antragstellerin über das Vergabeportal am 02.01.2020 bekannt gegeben, dass die Auftraggeberin beabsichtige, „den Zuschlag an die XXXX zu erteilen“. Diese Entscheidung lautet auszugsweise:

 

„Sehr geehrter Herr XXXX !

...

Das Bestbieterangebot ist im Hinblick auf die von uns gewählte Beurteilungsmethode als technisch und wirtschaftlich günstigstes Angebot zu bewerten. Die Gesamtpunkteanzahl des Bestbieters beträgt 98,62 mit einer Vergabesumme von € 584.854,05 (exkl. USt).

Die Auflistung ihrer Gesamtpunkte und Ihre Punkteaufschlüsselung sind in der Beilage detailliert angeführt.

...

Punkteaufschlüsselung

 

Bezeichnung

Punkte

Punktevergabe

Punkte

XXXX

XXXX

1

Preis

 

70

2

Qualität

 

30

 

2.1

Zeitaufwand Objektleitung

5

 

...

2.2

Qualitätssicherung

Flächenmanagement

25

 

 

Gesamt

 

100

...

     

 

 

 

Mit Schriftsatz vom 02.01.2020, beim Bundesverwaltungsgericht am selben Tag eingelangt, brachte die Antragstellerin den gegenständlichen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verbunden mit einem Nachprüfungsantrag gegen die Entscheidung über die Auswahl des Rahmenvereinbarungspartners ein. Die Antragstellerin entrichtete Pauschalgebühren in entsprechender Höhe.

Es wurde weder eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen bzw ein Zuschlag erteilt noch wurde eine Widerrufsentscheidung bekanntgegeben oder der Widerruf erklärt.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den eingangs und in Klammer (unter II.1.) angeführten Beweismitteln. Bei der Beweiswürdigung haben sich gegen die Echtheit und Richtigkeit der vorliegenden Unterlagen des Vergabeverfahrens keine Bedenken ergeben. Die Feststellungen finden Deckung in den von den Verfahrensparteien eingebrachten Schriftsätzen, den Bezug nehmenden Beilagen, den Vergabeunterlagen sowie den Angaben der Parteien und den Aussagen der einvernommenen Zeugen in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellung zum Umfang der Beteiligung von Herrn XXXX an der Angebotsausarbeitung ergibt sich aus seinen insofern glaubhaften Ausführungen in Zusammenhalt mit der nicht in Zweifel zu ziehenden Tatsache, dass die Kalkulation des Angebotes durch Herrn XXXX in Abstimmung mit Herrn XXXX erfolgte. Dass Herr XXXX in die Angebotserstellung im gegenständlichen Vergabeverfahren miteingebunden war, ist angesichts seiner Position als Niederlassungsleiter ua für die Steiermark nachvollziehbar und erklärt auch, dass Herr XXXX die betreffenden Verfahrensunterlagen zum Zeitpunkt des Gespräches mit Herrn XXXX in seinem Zimmer aufbewahrte. Es konnte daher festgestellt werden, dass insofern kein gezieltes Vorgehen Herrn XXXX durch offensichtliches Deponieren der Unterlagen auf dem Schreibtisch vorliegt. Dies legt auch die Aussage von Herrn XXXX , es wären viele Sachen auf dem Tisch gelegen und er habe nicht alles angesehen, nahe, sodass nicht auszuschließen ist, dass möglicherweise auch andere Unterlagen auf dem Tisch gelegen sind. Darüber hinaus lassen der im Vorfeld des Treffens geführte Schriftverkehr und die Telefonkontakte die Schlussfolgerung zu, dass die Initiative zu dem Treffen allein von Herrn XXXX ausgegangen ist und dass das Treffen schließlich nur aufgrund seiner Beharrlichkeit zustande gekommen ist. Dies wurde von Herrn XXXX auch nicht in Abrede gestellt („Ich habe das nie gesagt, dass Hr. XXXX an mich herangetreten ist.“., S. 16 der Niederschrift). Die Annahme, dass Herr XXXX zu dem Gespräch allein zu dem Zweck eingeladen habe, um Informationen über die Preisgestaltung der Antragstellerin zu gewinnen, wie dies in der eidesstattlichen Erklärung ausgeführt wird, hat sich demnach nicht bewahrheitet. An dieser Stelle ist festzuhalten, dass die eidesstattliche Erklärung nicht selbst von Herrn XXXX verfasst wurde, weswegen ihr nur eingeschränkter Beweiswert beizumessen ist.

Die Gesprächsdauer, der Gesprächsverlauf und der Gesprächsinhalt können im Wesentlichen auf der Grundlage der Aussagen der Zeugen XXXX und XXXX in Einklang gebracht werden. Hinsichtlich der Gesamtdauer des Gespräches war von 30 bis 45 Minuten auszugehen. Wie lange dabei die gegenständliche Ausschreibung thematisiert wurde, lässt sich allerdings angesichts der insofern weit voneinander abweichenden Angaben nicht eindeutig feststellen. Die Feststellung, dass die „Ausschreibung GKB“ erst über Nachfrage von Herrn XXXX zum Gegenstand des Gespräches wurde, beruht auf den Aussagen von Herrn XXXX („Dann haben wir geredet, wie es dir geht, was er arbeitet.“, S. 13 der Niederschrift) und Herrn XXXX („... und irgendwann kam die Frage, was es bei mir Aktuelles gäbe“, S. 23 der Niederschrift). Dass sich das Gespräch von einem simplen Smalltalk über private Themen und den gemeinsamen Anknüpfungspunkt der ehemaligen Tätigkeit bei der Antragstellerin hin zu einem „Fachsimpeln“ ohne besonderen Tiefgang entwickelte, kann den insofern ebenso miteinander vereinbaren Ausführungen der Zeugen XXXX und XXXX entnommen werden. Selbst wenn Herr XXXX anführt, er habe den subjektiven Eindruck gehabt, das Gespräch habe auf „Ausfragen“ gezielt, so gibt er mehrfach von sich aus an und stellt er ausdrücklich klar, dass die Fragestellung direkt auf seine eigene Einschätzung gerichtet bzw allgemein formuliert war („Hr. XXXX hat mich gefragt, wie würdest du das rechnen zB ein Stockwerk oder so von einem Gebäude“, S. 17 der Niederschrift; „Man kann das sicher unterschiedlich interpretieren, aber es ist richtig, er hat gefragt, wie würdest du das anbieten“, S. 18 der Niederschrift; „Er hat mich gefragt, wie ich das anbieten würde“, eidesstattliche Erklärung; „... und da war die Frage, wie würde man das ansetzen“, S. 13 der Niederschrift), sodass objektiv betrachtet die Fragen auf seine persönliche sowie die allgemeine Herangehensweise bei der Kalkulation dieser Leistungen und gerade nicht auf das Erlangen konkreter Angaben und Werte zu durchschnittlichen Quadratmeterleistungen oder Quadratmeterpreisen oder zum Stundensatz mit Blick auf die Einzelheiten der Auftragserbringung durch die Antragstellerin gerichtet waren. Dass im Verlauf des Gespräches über die gegenständliche Ausschreibung tatsächlich auch einzelne Objekte und Fahrzeuge angesprochen wurden, ist den übereinstimmenden Angaben der Zeugen XXXX und XXXX zu entnehmen. Der Senat geht aufgrund des dargestellten Ablaufes der Geschehnisse im Vorfeld des Gespräches, des Gesprächsverlaufes und der sonstigen Rahmenbedingungen, insbesondere auch weil nicht Herr XXXX selbst, sondern Herr XXXX und Herr XXXX für die Kalkulation verantwortlich waren, allerdings nicht davon aus, dass hierdurch, sei es auch durch Erfragen der persönlichen Meinung von Herrn XXXX , bewusst Informationen über die ehemalige Preisgestaltung der Antragstellerin bzw dieser zugrundeliegende Parameter in Erfahrung gebracht werden sollten.

Die Feststellung, dass Herr XXXX in Bezug auf die hier verfahrensgegenständlichen Leistungen weder durchschnittliche Quadratmeterpreise noch Quadratmeterleistungen kannte oder kennt, beruht auf den glaubhaften Angaben von Herrn XXXX . Dass Herr XXXX nicht vollumfänglich über das exakte Tätigkeitsfeld und allenfalls einschlägiges Fachwissen von Herrn XXXX informiert war, stellt sich zum einen aufgrund des nicht besonders intensiven Kontaktes zwischen den beiden Zeugen und zum anderen in Bezug auf die Betreuung der Auftraggeberin insbesondere angesichts der bloßen Stellvertretung und der lediglich etwa zwei Monate dauernden Zuständigkeit für die Auftraggeberin als nachvollziehbar dar.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Anzuwendendes Recht:

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) lauten:

Einzelrichter

§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

3.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) lauten auszugsweise:

Ausübung der Verwaltungsgerichtsbarkeit

§ 2. Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).

 

Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.…

(7) …

3.1.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2018 (BVergG 2018) lauten auszugsweise:

Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:

1. …

5. Auftraggeber (öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber) ist jeder Rechtsträger, der vertraglich an einen Auftragnehmer einen Auftrag zur Erbringung von Leistungen gegen Entgelt erteilt oder zu erteilen beabsichtigt.

6. ...15. Entscheidung ist jede Festlegung eines Auftraggebers im Vergabeverfahren.a) Gesondert anfechtbar sind folgende, nach außen in Erscheinung tretende Entscheidungen:aa) …jj) bei der Rahmenvereinbarung: hinsichtlich des zum Abschluss der Rahmenvereinbarung führenden Verfahrens die gesondert anfechtbaren Entscheidungen gemäß sublit. aa), bb), dd) oder ee) mit Ausnahme der Zuschlagsentscheidung; die Entscheidung, mit welchem Unternehmer bzw. mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll; der erneute Aufruf zum Wettbewerb; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;nn) …b) …38. Unternehmer sind Rechtsträger wie natürliche oder juristische Personen, öffentliche Einrichtungen oder Zusammenschlüsse dieser Personen bzw. Einrichtungen, eingetragene Personengesellschaften oder Arbeits- und Bietergemeinschaften, die auf dem Markt die Ausführung von Bauleistungen, die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen anbieten.

39. ...

50. …

 

Dienstleistungsaufträge

§ 7. Dienstleistungsaufträge sind entgeltliche Verträge, die keine Bau- oder Lieferaufträge sind.

 

Sektorenauftraggeber

§ 166. Für Vergabeverfahren von Sektorenauftraggebern, das sind Auftraggeber nach den §§ 167 bis 169, gilt dieses Bundesgesetz mit Ausnahme seines 2. Teiles.

 

Öffentliche Unternehmen als Sektorenauftraggeber

§ 168. (1) Soweit öffentliche Unternehmen eine Sektorentätigkeit (§§ 170 bis 175) ausüben, sind sie Sektorenauftraggeber.

(2) Ein öffentliches Unternehmen gemäß Abs. 1 ist jedes Unternehmen, auf das ein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 4 Abs. 1 oder ein öffentlicher Sektorenauftraggeber aufgrund der Eigentumsverhältnisse, der finanziellen Beteiligung oder der für das Unternehmen geltenden Vorschriften unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Die Ausübung eines beherrschenden Einflusses wird vermutet, wenn ein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 4 Abs. 1 oder ein öffentlicher Sektorenauftraggeber unmittelbar oder mittelbar1. die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens hält oder2. über die Mehrheit der mit den Anteilen am Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügt oder3. mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann.

Verkehrsleistungen

§ 172. (1) Sektorentätigkeiten im Verkehrsbereich sind die Bereitstellung oder das Betreiben von Netzen zur Versorgung der Allgemeinheit mit Verkehrsleistungen per Eisenbahn, mit automatischen Systemen, Straßenbahn, Bus, Oberleitungsbus oder Seilbahn.

(2) Im Verkehrsbereich liegt ein Netz vor, wenn die Verkehrsleistung gemäß den von einer zuständigen Behörde festgelegten Bedingungen erbracht wird; dazu gehören die Festlegung der Strecken, der Transportkapazitäten und der Fahrpläne.

 

Auftragsarten

§ 177. Für Sektorenauftraggeber gelten die Bestimmungen über Auftragsarten (§§ 5 bis 8) des 2. Teiles dieses Bundesgesetzes.

Grundsätze des Vergabeverfahrens

§ 193. (1) Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundsätze wie insbesondere der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der Transparenz sowie des freien und lauteren Wettbewerbes und unter Wahrung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit durchzuführen. Die Vergabe hat an geeignete Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.

(9) ...

 

Zeitpunkt des Vorliegens der Eignung

§ 250. Unbeschadet des § 194 Abs. 1 muss die Eignung spätestens1. ...4. beim Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung, beim wettbewerblichen Dialog und bei der Innovationspartnerschaft grundsätzlich zum Zeitpunkt des Ablaufes der Teilnahmeantragsfrist,11. ...

 

Ausschlussgründe

§ 249. (1) ...

(2) Der Sektorenauftraggeber kann – unbeschadet der Abs. 4 bis 6 – einen Unternehmer jederzeit von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausschließen, wenn1. ...4. der Unternehmer im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung, insbesondere gegen Bestimmungen des Arbeits-, Sozial- oder Umweltrechtes, begangen hat, die vom Sektorenauftraggeber auf geeignete Weise nachgewiesen wurde, oder5. ...10. der Unternehmera) ...b) versucht hat, vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die er unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte, oderc) ...

Legt der Sektorenauftraggeber fest, dass der Unternehmer bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes gemäß den Z 3, 4, 6, 7, 9 oder 10 von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen ist, so hat er einen Unternehmer, der keine natürliche Person ist, von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausschließen, wenn diese Ausschlussgründe in Bezug auf eine Person erfüllt sind, die Mitglied im Leitungs- oder Aufsichtsorgan des Unternehmers ist.

(6) ...

 

Vorgehen bei der Prüfung der Angebote

§ 299. (1) Die Prüfung und Beurteilung eines Angebotes ist nur solchen Personen zu übertragen, welche die fachlichen Voraussetzungen hierfür erfüllen. Erforderlichenfalls sind unbefangene und von den Bietern unabhängige Sachverständige beizuziehen.

(2) Die Prüfung der Angebote erfolgt in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien.

(3) Bei Angeboten, die für eine Zuschlagserteilung in Betracht kommen, ist im Einzelnen zu prüfen:1. ob den in § 193 Abs. 1 angeführten Grundsätzen entsprochen wurde;2. nach Maßgabe der §§ 248, 251 bis 253, 255, 257 und 258 die Eignung des Bieters bzw. – bei der Weitergabe von Leistungen – der namhaft gemachten Subunternehmer hinsichtlich des diese betreffenden Auftragsteiles;3. ...4. die Angemessenheit der Preise;5. ...

(4) Die Prüfung der Angebote ist so zu dokumentieren, dass alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände nachvollziehbar sind.

 

Prüfung der Angemessenheit der Preise und vertiefte Angebotsprüfung

§ 300. (1) Die Angemessenheit der Preise ist in Bezug auf die ausgeschriebene oder alternativ angebotene Leistung und unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen sie zu erbringen sein wird, zu prüfen.

(2) Der Sektorenauftraggeber muss Aufklärung über die Positionen des Angebotes verlangen, wenn1. Angebote einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis aufweisen, oder2. begründete Zweifel an der Angemessenheit von Preisen bestehen.

 

Ausscheiden von Angeboten

§ 302. (1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der Sektorenauftraggeber aufgrund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:1. ...2. Angebote von Bietern, deren Eignung nicht gegeben ist, oder3. Angebote, die eine – durch eine Angebotsprüfung festgestellte – nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (zB spekulative Preisgestaltung) aufweisen, oder8. ...

(3) ...

 

Abschluss von Rahmenvereinbarungen

§ 315. (1) Die Unternehmer, mit denen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, werden nach Durchführung eines offenen Verfahrens, eines nicht offenen Verfahrens – im Oberschwellenbereich mit vorheriger Bekanntmachung – oder eines Verhandlungsverfahrens ermittelt. Eine Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmer ist mit jenem Bieter abzuschließen, der das gemäß dem oder den bekannt gegebenen Zuschlagskriterien am besten bewertete Angebot gelegt hat. Eine Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmern ist mit jenen Bietern abzuschließen, die die gemäß dem oder den bekannt gegebenen Zuschlagskriterien am besten bewerteten Angebote gelegt haben. Der Sektorenauftraggeber hat den nicht berücksichtigten Bietern den Namen des Unternehmers bzw. die Namen der Unternehmer, mit dem bzw. denen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, mitzuteilen. In dieser Mitteilung sind die Gründe der Nichtberücksichtigung sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bzw. der erfolgreichen Angebote bekannt zu geben, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen eines Unternehmers widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde. Eine Verpflichtung zur Mitteilung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, besteht nicht, wenn ein Verhandlungsverfahren gemäß § 206 Abs. 1 Z 5 oder 8 zum Abschluss der Rahmenvereinbarung durchgeführt wurde.

(4) ...

 

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes

§ 327. Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig zur Entscheidung über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen.

 

Senatszuständigkeit und -zusammensetzung

§ 328. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten.

(2) …

 

Anzuwendendes Verfahrensrecht

§ 333. Soweit in diesem Bundesgesetz und im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, nichts anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles in den Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach diesem Bundesgesetz sinngemäß anzuwenden.

 

Zuständigkeit

§ 334. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes über Anträge zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (2. Abschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Abschnitt). Derartige Anträge sind unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen.

(2) Bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens ist das Bundesverwaltungsgericht zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz und die hierzu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen, sowie

2. zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte.

(5) …

 

Einleitung des Verfahrens

§ 342. (1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(4) …

 

Inhalt und Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages

§ 344. (1) Ein Antrag gemäß § 342 Abs. 1 hat jedenfalls zu enthalten:1. die Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens sowie der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung,2. die Bezeichnung des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse,3. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes einschließlich des Interesses am Vertragsabschluss, insbesondere bei Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung die Bezeichnung des für den Zuschlag in Aussicht genommenen Bieters,4. Angaben über den behaupteten drohenden oder bereits eingetretenen Schaden für den Antragsteller,5. die Bezeichnung der Rechte, in denen der Antragsteller verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte) sowie die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,6. einen Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung, und7. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.

(2) Der Antrag ist jedenfalls unzulässig, wenn1. er sich nicht gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung richtet, oder2. er nicht innerhalb der in § 343 genannten Fristen gestellt wird, oder3. er trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde.

(4) …

 

Nichtigerklärung von Entscheidungen des Auftraggebers

§ 347. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis für nichtig zu erklären, wenn1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte rechtswidrig ist und2. die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

(2) Als Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen kommt insbesondere auch die Streichung von für Unternehmer diskriminierenden Anforderungen hinsichtlich technischer Leistungsmerkmale sowie hinsichtlich der wirtschaftlichen oder finanziellen Leistungsfähigkeit in der Ausschreibung in Betracht.

(3) ….

 

3.2. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und Zulässigkeit des Antrags

Auftraggeberin im Sinne des § 2 Z 5 BVergG 2018 ist die Graz-Köflacher Bahn und Busbetrieb GmbH. Sie steht zu 100 % im Eigentum der Republik Österreich. Sie übt eine Sektorentätigkeit gemäß § 172 https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?ResultFunctionToken=f9cd807c-11d9-4e21-9b6d-1dd84547790f&Position=1&SkipToDocumentPage=True&Abfrage=Bvwg&Entscheidungsart=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=True&GZ=W139&VonDatum=01.01.2014&BisDatum=12.01.2020&Norm=&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=BVergG Sektorenauftraggeber*&Dokumentnummer=BVWGT_20180601_W139_2196694_1_00#hit22BVergG 2018https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?ResultFunctionToken=f9cd807c-11d9-4e21-9b6d-1dd84547790f&Position=1&SkipToDocumentPage=True&Abfrage=Bvwg&Entscheidungsart=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=True&GZ=W139&VonDatum=01.01.2014&BisDatum=12.01.2020&Norm=&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=BVergG Sektorenauftraggeber*&Dokumentnummer=BVWGT_20180601_W139_2196694_1_00#hit24 aus und ist damit https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?ResultFunctionToken=f9cd807c-11d9-4e21-9b6d-1dd84547790f&Position=1&SkipToDocumentPage=True&Abfrage=Bvwg&Entscheidungsart=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=True&GZ=W139&VonDatum=01.01.2014&BisDatum=12.01.2020&Norm=&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=BVergG Sektorenauftraggeber*&Dokumentnummer=BVWGT_20180601_W139_2196694_1_00#hit23Sektorenauftraggeberinhttps://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?ResultFunctionToken=f9cd807c-11d9-4e21-9b6d-1dd84547790f&Position=1&SkipToDocumentPage=True&Abfrage=Bvwg&Entscheidungsart=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=True&GZ=W139&VonDatum=01.01.2014&BisDatum=12.01.2020&Norm=&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=BVergG Sektorenauftraggeber*&Dokumentnummer=BVWGT_20180601_W139_2196694_1_00#hit25 gemäß § 168 https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?ResultFunctionToken=f9cd807c-11d9-4e21-9b6d-1dd84547790f&Position=1&SkipToDocumentPage=True&Abfrage=Bvwg&Entscheidungsart=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=True&GZ=W139&VonDatum=01.01.2014&BisDatum=12.01.2020&Norm=&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=BVergG Sektorenauftraggeber*&Dokumentnummer=BVWGT_20180601_W139_2196694_1_00#hit24BVergG 2018https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?ResultFunctionToken=f9cd807c-11d9-4e21-9b6d-1dd84547790f&Position=1&SkipToDocumentPage=True&Abfrage=Bvwg&Entscheidungsart=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=True&GZ=W139&VonDatum=01.01.2014&BisDatum=12.01.2020&Norm=&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=BVergG Sektorenauftraggeber*&Dokumentnummer=BVWGT_20180601_W139_2196694_1_00#hit26. Beim gegenständlichen Auftrag handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag gemäß § 7 iVm § 177 https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?ResultFunctionToken=f9cd807c-11d9-4e21-9b6d-1dd84547790f&Position=1&SkipToDocumentPage=True&Abfrage=Bvwg&Entscheidungsart=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=True&GZ=W139&VonDatum=01.01.2014&BisDatum=12.01.2020&Norm=&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=BVergG Sektorenauftraggeber*&Dokumentnummer=BVWGT_20180601_W139_2196694_1_00#hit25BVergG 2108https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?ResultFunctionToken=f9cd807c-11d9-4e21-9b6d-1dd84547790f&Position=1&SkipToDocumentPage=True&Abfrage=Bvwg&Entscheidungsart=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=True&GZ=W139&VonDatum=01.01.2014&BisDatum=12.01.2020&Norm=&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=BVergG Sektorenauftraggeber*&Dokumentnummer=BVWGT_20180601_W139_2196694_1_00#hit27, welcher in Zusammenhang mit deren Sektorentätigkeit steht. Der geschätzte Auftragswert liegt über dem relevanten Schwellenwert des § 185 Abs 1 Z 2 https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?ResultFunctionToken=f9cd807c-11d9-4e21-9b6d-1dd84547790f&Position=1&SkipToDocumentPage=True&Abfrage=Bvwg&Entscheidungsart=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=True&GZ=W139&VonDatum=01.01.2014&BisDatum=12.01.2020&Norm=&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=BVergG Sektorenauftraggeber*&Dokumentnummer=BVWGT_20180601_W139_2196694_1_00#hit26BVergG 2018https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?ResultFunctionToken=f9cd807c-11d9-4e21-9b6d-1dd84547790f&Position=1&SkipToDocumentPage=True&Abfrage=Bvwg&Entscheidungsart=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=True&GZ=W139&VonDatum=01.01.2014&BisDatum=12.01.2020&Norm=&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=BVergG Sektorenauftraggeber*&Dokumentnummer=BVWGT_20180601_W139_2196694_1_00#hit28, sodass es sich um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich handelt.

Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des Bundesvergabegesetzes 2018. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 334 Abs 2 BVergG 2018 iVm Art 14b Abs 2 Z 1 B-VG ist sohin gegeben.

Da darüber hinaus laut Stellungnahme der Auftraggeberin das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 334 Abs 2 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen eines Auftraggebers zuständig.

Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 328 Abs 1 BVergG 2018 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über einen Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Soweit die Auftraggeberin die mangelnde Antragslegitimation der Antragstellerin behauptet, da diese an dritter Stelle gereiht worden sei, verkennt sie, dass die Prüfung und Bewertung der Angebote Aufgabe des Auftraggebers und nicht der Vergabekontrolle ist. Die Reihung der Angebote hat für die Beurteilung der Antragslegitimation außer Betracht zu bleiben (BVwG 26.04.2016, W138 2123234-2/22E; BVwG 19.12.2014, W123 2013963-2/24E). Die Frage, ob die Antragstellerin auf Grund ihrer Reihung auch bei Einhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen nicht in dem von ihr als Beschwerdepunkt im Nachprüfungsantrag geltend gemachten Recht verletzt wird, ist keine Frage der Antragslegitimation, sondern Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens (ua VwGH 16.10.2013, 2012/04/0027). Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass der Nachprüfungsantrag gemäß § 342 Abs 1 BVergG 2018 zulässig ist. Die Antragstellerin stellte ihr Interesse am Abschluss der Rahmenvereinbarung und den ihr durch den Verlust der Chance auf Zuschlagserteilung bzw Abschluss der Rahmenvereinbarung im gegenständlichen Vergabeverfahren entstandenen bzw drohenden Schaden iSd § 342 Abs 1 BVergG 2018 plausibel dar. Der auf die Nichtigerklärung der Entscheidung vom 23.12.2019, die Rahmenvereinbarung mit der XXXX abschließen zu wollen, gerichtete Nachprüfungsantrag genügt den formalen Voraussetzungen nach § 344 Abs 1 BVergG 2018. Ein Grund für die Unzulässigkeit des Antrages nach § 344 Abs 2 BVergG 2018 ist nicht gegeben. Der Antrag betreffend die gegenständliche Auftraggeberentscheidung wurde innerhalb der Anfechtungsfrist gemäß § 343 Abs 3 BVergG 2018 eingebracht. Die Pauschalgebühr wurde in entsprechender Höhe bezahlt (§ 318 Abs 1 Z 1 und 4 BVergG 2018 iVm §§ 1 und 2 Abs 1 Z 1 BVwG-PauschGebV Vergabe). Der Nachprüfungsantrag richtet sich gegen die Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll. Dabei handelt es sich um eine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 15 lit a sublit jj BVergG 2018.

3.3. Inhaltliche Beurteilung

3.3.1. Vorbemerkungen

Zunächst ist festzuhalten, dass die gegenständlichen Ausschreibungsunterlagen nicht angefochten wurden. Deren Bestimmungen haben daher Bestandskraft erlangt und sind Folge dessen nach ständiger Rechtsprechung selbst dann unveränderliche Grundlage für die Prüfung der Teilnahmeanträge und der Angebote, wenn diese unzweckmäßig oder gar vergaberechtswidrig sein sollten (ua VwGH 17.06.2014, 2013/04/0029; VwGH 20.05.2010, 2007/04/0072; VwGH 07.11.2005, 2003/04/0135; ua BVwG 22.02.2017, W187 2144680-2/30E; BVwG 25.07.2014, W187 2008585-2/14E). Sowohl die Auftraggeberin als auch die Bieter sind an die in der Ausschreibung festgelegten Bestimmungen gebunden. Es ist von einer strengen Bindung an die Ausschreibung auszugehen (ua VwGH 20.05.2010, 2007/04/0072). Ein nachträgliches Abgehen von den Bestimmungen der Ausschreibung ist im Sinne der Gleichbehandlung aller Bieter nicht mehr möglich (EuGH 25.04.1996, Rs C-87/94, Wallonische Busse; EuGH 06.11.2014, Rs C-42/13, Cartiera dell'Adda SpA gegen CEM Ambiente SpA). Alle Bieter müssen darauf vertrauen können, dass die Auftraggeberin ihre eigenen Ausschreibungsbedingungen einhält. Dem Bundesverwaltungsgericht ist es daher in weitere Folge auch verwehrt, allfällige Rechtswidrigkeiten der bestandsfesten Ausschreibung aufzugreifen (grundlegend VwGH 15.09.2004, 2004/04/0054; weiters VwGH 17.06.2014, 2013/04/0029; VwGH 07.09.2009, 2007/04/0090; VwGH 27.06.2007, 2005/04/0234; VwGH 07.11.2005, 2003/04/0135).

Die Ausschreibung ist nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen (stRspr, ua VwGH 18.03.2015, Ra 2015/04/0017; VwGH 22.11.2011, 2006/04/0024; VwGH 01.07.2010, 2006/04/0139, mwN). Im Zweifel sind Festlegungen in der Ausschreibung gesetzeskonform und sohin in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Bestimmungen zu lesen (stRspr, ua VwGH 09.09.2015, Ra 2014/04/0036; VwGH 18.03.2015, Ra 2015/04/0017). Gleiches gilt für die Interpretation von Willenserklärungen der Bieter (stRspr, ua VwGH 22.11.2011, 2006/04/0024; VwGH 27.10.2014, 2012/04/0066).

3.3.2. Zum Vorbringen des Ausschlussgrundes gemäß § 249 Abs 2 Z 10 lit b BVergG 2018

Die Antragstellerin bringt zusammengefasst vor, die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin wäre von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen gewesen, da sie, im konkreten Herr XXXX , zumindest versucht habe, vertrauliche Informationen zur Angebotskalkulation der Antragstellerin zu erlangen, durch die sie unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte. Aus diesem Grund stelle sich die angefochtene Entscheidung vom 29.12.2019 über die Auswahl der künftigen Rahmenvereinbarungspartnerin als rechtswidrig dar.

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass Herr XXXX , Niederlassungsleiter der mitbeteiligten Partei in der Steiermark und Kärnten, insofern im Oktober und November 2019 mit der gegenständlichen Ausschreibung befasst war, als er die zwei Ortsbesichtigungen vornahm und bei den Verhandlungsgesprächen gemeinsam mit Herrn XXXX und Herrn XXXX anwesend war. Die während der Ortsbesichtigungen gewonnenen Eindrücke und Informationen gab er an den Kalkulanten weiter. Die Kalkulation selbst fiel nicht in seinen Zuständigkeitsbereich, diese wurde durch Herrn XXXX , Key Account Manager bei der mitbeteiligten Partei, vorgenommen. Im Zuge eines ausschließlich durch die Initiative und Beharrlichkeit von Herrn XXXX zustande gekommenen Treffens am 31.10.2019 zwischen Herrn XXXX und Herrn XXXX fiel das Gespräch über Nachfrage von Herrn XXXX auch auf die damals aktuelle Tätigkeit von Herrn XXXX bei der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin. In der Folge entstand so ein Gespräch über die gegenständliche Ausschreibung und dabei auch über Aspekte der Kalkulation der ausgeschriebenen Leistungen. Herr XXXX erwähnte eingangs in diesem Zusammenhang, die Auftraggeberin vertretungsweise betreut zu haben. Herr XXXX war dabei weder mit der Kalkulation und Kundenabrechnung bezüglich der vorangehenden Ausschreibung befasst noch hatte er anderweitig, etwa im Zug der Objektbetreuung, Kenntnis über durchschnittliche Quadratmeterleistungen bei einzelnen Objekten oder Fahrzeugen oder über Quadratmeterpreise erlangt. Er konnte im Rahmen der mündlichen Verhandlung einen seinerseits vermuteten Stundensatz und den Preis der Sonderreinigung eines Zuges mit einer Bandbreite nennen und weiß, wie lange ungefähr eine Busreinigung dauert. Darüberhinausgehende Kenntnis über Kalkulationsparameter hat und hatte er nicht. Im Zuge dieses Gespräches erkundigte sich Herr XXXX danach, wie man dies allgemein bzw Herr XXXX dies anbieten bzw kalkulieren würde, dies auch anhand einzelner Objekte und Fahrzeuge. Nach einem Stundensatz für die Reinigungsleistungen erkundigte er sich ebenso nicht wie danach, wie dies die Antragstellerin ehemals konkret kalkuliert hat. Genaue Angaben zu durchschnittlichen Quadratmeterleistungen, einem Quadratmeterpreis und zu einem Stundenpreis wurden von Herrn XXXX auch nicht gemacht.

Im vorliegenden Fall stellt sich daher die Frage, ob die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin mit dem dargestellten Sachverhalt den Ausschlussgrund des Versuchs des Erlangens vertraulicher Informationen und damit eines unzulässigen Vorteils im Vergabeverfahren, im Speziellen bei der Preisgestaltung, verwirklicht hat, und damit deren Angebot mangels aufrechten Vorliegens der beruflichen Zuverlässigkeit auszuscheiden gewesen wäre.

Gemäß § 193 Abs 1 letzter Satz BVergG 2018 hat die Vergabe an geeignete Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen. Im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung muss die Eignung gemäß § 250 Z 4 BVergG 2018 grundsätzlich zum Zeitpunkt des Ablaufes der Teilnahmeantragsfrist vorliegen. Nach ständiger Rechtsprechung darf die Eignung auch in weiterer Folge ab dem relevanten Zeitpunkt nicht mehr verloren gehen, unabhängig davon, ob die Eignung zu einem späteren Zeitpunkt – vor der Zuschlagserteilung – wiederauflebt. Sie muss sohin jedenfalls bis zur Zuschlagserteilung gegeben sein (VwGH 09.09.2015, Ro 2014/04/0062 mwN; VwGH 17.06.2014, 2013/04/0033 mwN; siehe auch Heid/Kondert in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4, Rz 1209; Mayr in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, BVergG, § 69 Rz 8ff).

Gemäß § 302 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 hat der Sektorenauftraggeber vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung auf Grund des Ergebnisses der Prüfung Angebote von Bietern, deren Eignung nicht gegeben ist, auszuscheiden. Gemäß § 249 Abs 2 Z 10 lit b BvergG 2018 kann der Sektorenauftraggeber – unbeschadet der Abs 4 bis 6 – einen Unternehmer jederzeit von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausschließen, wenn der Unternehmer versucht hat, vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die er unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte. Legt der Sektorenauftraggeber fest, dass der Unternehmer bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes gemäß den Z 3, 4, 6, 7, 9 oder 10 von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen ist, so hat er einen Unternehmer, der keine natürliche Person ist, von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn diese Ausschlussgründe in Bezug auf eine Person erfüllt sind, die Mitglied im Leitungs- oder Aufsichtsorgan des Unternehmers ist.

Dieser Ausschlussgrund wurde in Umsetzung des Art 57 Abs 4 lit i der RL 2014/24/EU mit dem Bundesvergabegesetz 2018 in § 78 für öffentliche Auftraggeber und in § 249 für Sektorenauftraggeber gesetzlich verankert. Er verfolgt den Schutz geheim zu haltender Informationen und dient damit der Gewährleistung der Grundsätze des Vergabeverfahrens, wie insbesondere des freien und lauteren Wettbewerbs und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter. In diesem Sinne verpflichtet § 27 BVergG 2018 sämtliche Verfahrensbeteiligte, sohin Auftraggeber, Bewerber und Bieter, zur Geheimhaltung schutzwürdiger Angaben. Nach den Gesetzesmaterialien statuiert diese Norm eine gegenseitige Schutzpflicht betreffend vertrauliche Unterlagen hinsichtlich aller am Vergabeverfahren beteiligten Personen (siehe bereits zu § 23 BvergG 2006 VwGH 22.05.2012, 2009/04/0187; siehe auch Gölles in Gölles, BVergG 2018 § 78 Rz 46). Angesichts des eine wechselseitige Geheimhaltungspflicht verfolgenden Schutzzweckes kann demnach nach Ansicht des erkennenden Senates aber nicht nur der Versuch des Erlangens vertraulicher Informationen direkt beim Auftraggeber sondern auch jener bei Mitbewerbern oder Mitbietern oder auch sonstigen Dritten den Ausschluss aus dem Vergabeverfahren nach sich ziehen. Es ist zwar zuzugestehen, dass diesen Ausschlussgrund wahrzunehmen, für Auftraggeber mitunter mangels Kenntnis bzw auch nur Kennenkönnens des verpönten Verhaltens an faktische Grenzen stößt. Dennoch ist aber nicht zu erkennen, dass eine derartige, den Vergabegrundsätzen zuwiderlaufende und die berufliche Zuverlässigkeit des Unternehmers gleichermaßen beeinträchtigende Vorgehensweise keine Konsequenz bezüglich des Verbleibs im Vergabeverfahren nach sich ziehen sollte. Es ist sohin unerheblich, von wem die vertraulichen Informationen letztlich eingeholt werden sollten.

Eine Definition, was unter „vertraulichen Informationen“ zu verstehen ist, enthält das Bundesvergabegesetz 2018 nicht. Der Verwaltungsgerichtshof spricht von schutzwürdigen Angaben, an denen ein Geheimhaltungsinteresse besteht (ua VwGH 09.04.2013, 2011/04/0207; ebenso EBRV 69 BlgNR XXVI. GP , 276). Betroffen sind demnach Angaben und Unterlagen, die als Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse anzusehen sind. Der Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen ist ein allgemeiner Grundsatz (EuGH 14.02.2008, C-450/06, Varec). Dabei handelt es sich um Tatsachen und Erkenntnisse kommerzieller oder technischer Art, die bloß einer bestimmten und begrenzten Zahl von Personen bekannt sind, nicht über diesen Kreis hinausdringen sollen und an deren Geheimhaltung ein wirtschaftliches Interesse besteht (OGH 20.05.2014, 4 Ob 55/14p).

Gemäß § 249 Abs 2 Z 10 lit b BVergG 2018 ist bereits der Versuch, auf unzulässige Weise und gezielt vertrauliche Informationen zu erlangen, pönalisiert. Es ist demnach nicht erforderlich, dass es tatsächlich zu einem Informationsfluss gekommen und die begehrte Information auch tatsächlich verwertet worden ist. Die begehrten Informationen müssen allerdings zumindest hypothetisch geeignet sein, zu einem unzulässigen Wettbewerbsvorteil und damit einer die grundlegenden Vergabegrundsätze verletzenden Wettbewerbsverzerrung zu führen.

Soweit ein Sektorenauftraggeber in seinen Ausschreibungsunterlagen den betreffenden Ausschlussgrund des § 249 Abs 2 Z 10 lit b BVergG 2018 vorgesehen hat, hat er einen Unternehmer, der keine natürliche Person ist, dann von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn dieser Ausschlussgrund in Bezug auf eine Person erfüllt ist, die Mitglied im Leitungs- oder Aufsichtsorgan des Unternehmers ist. Damit regelt der Gesetzgeber einen Kreis von natürlichen Personen, die dem betreffenden Unternehmer bei der Prüfung dieses Ausschlussgrundes zuzurechnen sind. Liegt der Tatbestand bei einer dieser natürlichen Personen vor, ist der Unternehmer vom Vergabeverfahren auszuschließen. Demnach führt der Tatbestand des § 249 Abs 2 Z 10 lit b BVergG 2018 nur bei Personen zum Ausschluss, die „Mitglied im Leitungs- oder Aufsichtsorgan des Unternehmers“ sind. Im Unterscheid zu § 249 Abs 1 BVergG 2018 ist dieser Kreis deutlich kleiner, da auf die tatsächliche Mitgliedschaft im Leitungs- oder Aufsichtsorgan, nicht aber auf bestimmte Befugnisse in den Organen abgestellt wird. Was als Leitungs- oder Aufsichtsorgan anzusehen ist, ergibt sich aus der jeweiligen Organisationsform des Unternehmens, die Mitgliedschaft ergibt sich den Festlegungen im jeweiligen Gesellschaftsvertrag (Deutschmann/Heid in Heid/Reisner/Deutschmann/Hofbauer, BVergG 2018 § 78 Rz 45, 47 und 48 sowie § 249 Rz 3; EBRV EBRV 69 BlgNR XXVI. GP , 276; siehe auch VwGH 12.09.2016, Ra 2015/04/0081 zur – den weiteren Kreis der zuzurechnenden Personen betreffenden – Vorgängerbestimmung des § 68 Abs 1 Z 1 und Z 4 BVergG 2006).

Vor diesem Hintergrund gelangt der Senat zu der Ansicht, dass im gegenständlichen Fall der Ausschlussgrund des § 249 Abs 2 Z 10 lit b BVergG 2018 nicht vorliegt. Wie zuvor aufgezeigt, wird einem Unternehmer, der keine natürliche Person ist, im Rahmen der Beurteilung der beruflichen Zuverlässigkeit nicht das Tätigwerden sämtlicher im Unternehmen tätigen Personen zugerechnet. Ausdrücklich wird bei der Erfüllung des gegenständlich zu prüfenden Ausschlussgrundes des Versuchs der unzulässigen Informationsbeschaffung nur auf den Umstand abgestellt, ob die betreffende natürliche Person Mitglied im Leitungs- und Aufsichtsorgan ist. Damit wird aber das Handeln dieser natürlichen Personen vom Handeln sonstiger Mitarbeiter unterschieden. Eine Zurechnung des Handelns sonstiger Mitarbeiter ist gerade nicht – wie im Verbandsverantwortlichkeitsgesetz – vorgesehen. Bereits insofern kann daher das Herrn XXXX vorgeworfene Verhalten nicht gemäß § 249 Abs 2 letzter Satz BVergG 2018 der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin zugerechnet werden. Herr XXXX ist Niederlassungsleiter in der Steiermark und Kärnten und kein Mitglied des Leitungs- und Aufsichtsorgans der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin. Darüber hinaus sind auch keine Anhaltspunkte zu erkennen bzw zu Tage getreten, wonach etwa ein Mitglied des Leitungs- oder Aufsichtsorgans vergleichbar einer Beitrags- oder Bestimmungstäterschaft das Handeln von Herrn XXXX zu verantworten hätte.

Aber selbst wenn das Handeln von Herrn XXXX der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin zuzurechnen wäre, wird damit nicht der Tatbestand des § 249 Abs 2 Z 10 lit b BVergG 2018 verwirklicht. Angesichts des Ermittlungsergebnisses ist zwar davon auszugehen, dass Herr XXXX und Herr XXXX auch inhaltlich über die Kalkulation der vorliegend ausgeschriebenen Reinigungsleistungen gesprochen haben. Weder kam allerdings das Treffen der beiden ehemaligen Angestellten der Antragstellerin über Initiative von Herrn XXXX zustande noch wurde die auch den Gegenstand des Gespräches bildende damals aktuelle Tätigkeit von Herrn XXXX im Zusammenhang mit der gegenständlichen Ausschreibung initiativ von Herrn XXXX zur Sprache gebracht. Dass sich in der Folge hierzu nach anfänglichem Smalltalk ein Gespräch über die Kalkulation derartiger Leistungen entwickelt hat, ist demnach nicht von Herrn XXXX veranlasst worden und ist dem Fortlauf des Gespräches geschuldet. Wie dargelegt, ist es insofern auch nicht verwunderlich und nicht als gezielt vorbereitet anzusehen, dass die Verfahrensunterlagen damals im Büro von Herrn XXXX sichtbar auflagen, zumal es nachvollziehbar ist, dass Herr XXXX als Niederlassungsleiter für die Steiermark in dieses Vergabeverfahren miteingebunden war und daher seinerseits, dies etwa im Hinblick auf die geplante Ortsbesichtigung, auch die Ausschreibungsunterlagen gesichtet und aufbereitet wurden. Festzuhalten ist überdies, dass die Fragestellung seitens Herrn XXXX , wie der Zeuge XXXX auch mehrfach angab, darauf gerichtet war, bei ihm zu erfragen, wie man allgemein bzw er dies selbst kalkulieren würde. Auch wenn Herr XXXX dies persönlich nicht so empfunden haben mag, war die Fragestellung objektiv auf die allgemeine bzw dessen persönliche Herangehensweise an die Kalkulation gerichtet. Dass hier vor dem Hintergrund der ehemaligen vertretungsweisen Betreuung der Auftraggeberin durch Herrn XXXX auch entsprechende Erfahrungswerte aus dieser Tätigkeit geradezu unvermeidlich einfließen, ist lebensnah und naheliegend. Unter Zugrundelegung dieser Rahmenbedingungen stellt sich das Gespräch daher für den Senat angesichts der – offenbar auch unter den beiden Zeugen wechselseitig bestehenden – Einschätzung, dass weder Herr XXXX noch Herr XXXX im Punkte der Kalkulation der in Rede stehenden Leistungen erhebliche Erfahrung mitbringen, und insbesondere auch weil nicht Herr XXXX selbst, sondern Herr XXXX und Herr XXXX für die Kalkulation verantwortlich waren, als ein, zwar auch konkrete Reinigungsleistungen betreffendes, sich aber von vorneherein auf sehr oberflächlichem Niveau bewegendes „Fachsimpeln“ unter ehemaligen Arbeitskollegen dar, bei welchem weder Details über die Preisgestaltung der Antragstellerin – betreffend etwa die von ihr ehemals oder aktuell angesetzten Quadratmeterleistungen oder deren Stundensatz – konkret und gezielt erfragt wurden noch solche auch tatsächlich seitens Herrn XXXX mitgeteilt wurden bzw mangels Kenntnis mitgeteilt werden konnten. Schon insofern ist darin daher nicht der Versuch zu erblicken, vertrauliche Informationen über die Preisgestaltung der Mitbewerberin, deren Kenntnis einen nicht völlig unerheblichen Wettbewerbsvorteil bewirken könnte, in Erfahrung zu bringen.

Soweit allenfalls von Zeitaufwand für die Reinigung von einer bestimmten Fläche eines bestimmten Objektes (Büro; Direktion Graz) die Rede gewesen ist, handelt es sich dabei im Übrigen nicht um Informationen, die geeignet wären, auch nur hypothetisch einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil, sei es im Hinblick auf die Kalkulation des Preises selbst und darüber hinaus auch auf das Qualitätssubkriterium „Qualitätssicherung Flächenmanagement“ zu erlangen. Zum einen handelt es sich dabei nämlich in Anbetracht des aufgezeigten Gesprächsniveaus lediglich um ungefähre und zum anderen um keinesfalls der Kalkulation der hier verfahrensgegenständlichen Leistungen von der Antragstellerin zugrunde gelegte kalkulatorische Werte. Ersteres verdeutlicht die Argumentation der Antragstellerin selbst, wonach Nuancen, mitunter Minuten, entscheidend sein könnten, sodass die Kenntnis bloß ungefährer Werte kalkulatorisch gerade nicht von Relevanz wäre und sohin nicht den verpönten Vorteil verschaffen könnte. Wenn die Antragstellerin vermeint, die Kalkulation der gegenständlichen Reinigungsleistungen erfordere besondere Erfahrungswerte und entsprechendes Insiderwissen, welche offenbar nur die bisherige Leistungserbringung gewährleisten könne, so stellt sich im Übrigen vielmehr die Frage, ob die Antragstellerin ihrerseits insofern einen Wettbewerbsvorteil hatte. Auch hiervon geht der Senat allerdings nicht aus, zumal die Besichtigung sämtlicher zu reinigenden Objekte und Fahrzeuge verpflichtend vorzunehmen war und die Eignungsprüfung wesentlich auch die Erfahrung mit der Reinigung vergleichbarer Fahrzeuge und Objekte zum Gegenstand hatte. So wurde zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit der Nachweis über drei Referenzen betreffend Unterhalts-, Grund- sowie Fensterreinigungsdienstleistungen an Objekten und Fahrzeugen gefordert. Im Konkreten war zu belegen, dass der Bewerber Erfahrung in der Reinigung von Bürogebäuden oder Geschäftsflächen mit öffentlichen Verkaufsflächen im Ausmaß von 1.000 m² Nettofläche und von Bürogebäuden im Ausmaß von 400 m² Nettofläche sowie in der Spezialreinigung von Sitzbezügen in Bussen, Straßenbahnfahrzeugen, Zügen oder gepolsterten Stühlen mit erhöhten Anforderungen hinsichtlich Abnutzung in Veranstaltungsbereichen, Hotels, Schulen erbracht hat. Die Bewerber waren weiters aufgefordert betreffend die, im Übrigen nicht vom Umfang der vorangehenden Ausschreibung des Jahres 2016 erfasste, Außenreinigung an diversen Bahnhöfen, Haltestellen und Freibereichen am Streckenbereich der Auftraggeberin mindestens zwei Referenzen zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit zu präsentieren, um die Erfahrung in der Reinigung von Außenbereichen von Verkehrsdienststellen (Vorplätze inkl. Parkplätze, Bahnsteige, Zugangsbauwerke, usw.) oder Außenanlagen und Parkplätze von Schulen, Gemeindebauten, öffentlichen Einrichtungen, Hotelanlagen usw. zu belegen. Diese Erfahrungen konnten sowohl die Antragstellerin als auch die präsumtive Rahmenvereinbarungspartnerin nachweisen, wodurch auch deren Erfahrung mit der Kalkulation derartiger oder vergleichbarer Leistungen als gegeben angenommen werden darf.

Abschließend ist daher festzuhalten, dass der Ausschlussgrund des § 249 Abs 2 Z 10 li b BVergG 2018 von der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin nicht verwirklicht wird. Weder ist ihr das Verhalten ihres Mitarbeiters zuzurechnen, noch stellt sich das Gespräch der ehemaligen Arbeitskollegen derart dar, dass dieses von Seiten Herrn XXXX auf ein unzulässiges, den Wettbewerb verzerrendes Erlangen der Geheimhaltung unterliegender Informationen ausgerichtet war.

 

 

3.3.3. Zum Vorbringen der mangelnden Begründung der Entscheidung über den Rahmenvereinbarungspartner

In ihrem Schriftsatz vom 27.01.2020 führt die Antragstellerin überdies aus, die Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, sei nicht hinreichend begründet.

Vorweg ist in diesem Zusammenhang hinsichtlich des Einwandes der Auftraggeberin, ein Nachschieben von Rechtswidrigkeitsgründen sei nicht möglich, auf die ständige Rechtsprechung zu verweisen, wonach auf weitere Beschwerdegründe Bedacht zu nehmen ist, sofern sich diese im Rahmen der Beschwerdepunkte bewegen (VwGH 05.04.2017, Ra 2015/04/0097; VwGH 25.01.2011, 2006/04/0200; VwGH 27.11.2003, 2003/04/0069). Dies ist nach Ansicht des Senates gegenständlich jedenfalls angesichts des geltend gemachten Rechts auf Teilnahme an einem gesetzeskonformen Vergabeverfahren der Fall (siehe auch BVwG 14.11.2014, W139 2013456-2/16E).

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass der Antragstellerin mit der angefochtenen Auswahlentscheidung die eigenen Punkte aufgeschlüsselt nach den Zuschlags- und Subkriterien mitgeteilt wurden. Hinsichtlich der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin wurde demgegenüber nur der Gesamtpreis des betreffenden Angebotes sowie die Gesamtpunktezahl bekannt gegeben. Nicht bekannt gegeben wurden der Antragstellerin der Gesamtpreis und die erreichte Punktezahl vor ihr gereihter Bieter sowie an welcher Stelle ihr Angebot gereiht wurde.

Es ist daher der Frage nachzugehen, ob die vorliegende Auswahlentscheidung den inhaltlichen Anforderungen an deren Begründung in hinreichendem Maße genügt.

Gemäß § 315 Abs 1 BVergG 2018 sind in der Mitteilung über den beabsichtigten Rahmenvereinbarungspartner die Gründe der Nichtberücksichtigung sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bzw der erfolgreichen Angebote bekannt zu geben, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen eines Unternehmers widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde.

Festzuhalten ist, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits in Bestätigung der Judikatur des Bundesvergabeamtes zur Begründung der Zuschlagsentscheidung wie auch der Entscheidung über die Auswahl des Rahmenvereinbarungspartners ausgesprochen hat, dass der unionsrechtlich gebotene effektive Rechtsschutz voraussetzt, dass den betroffenen Bietern die betreffende Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers nicht nur bekannt gegeben wird, sondern dass die Bieter anhand der Begründung der Entscheidung auch in die Lage versetzt werden, rechtzeitig eine wirksame Nachprüfung dieser Entscheidung in die Wege zu leiten (VwGH 21.01.2014, 2011/04/0133; VwGH 09.04.2013, 2011/04/0173). Die nachstehenden Ausführungen betreffen daher gleichermaßen die Entscheidung über die Auswahl des Rahmenvereinbarungspartners. Den unterlegenen Bietern sind sowohl die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes als auch die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots bekanntzugeben. Nur die Gegenüberstellung der Angebote lässt erkennen, aus welchen Gründen die Zuschlagsentscheidung zugunsten des einen und zulasten des anderen Bieters erfolgt ist (wiederum VwGH 09.04.2013, 2011/04/0173). Die Zuschlagsentscheidung muss demnach jene Gründe umfassen, die unerlässlich sind, um eine wirksame Nachprüfung beantragen zu können. Allerdings erfordert dies keine umfassende Unterrichtung der betroffenen Bieter über sämtliche Details der für die Zuschlagsentscheidung relevanten Gründe. Dies liefe auf eine Überspannung der Begründungspflicht hinaus (VwGH 21.01.2014, 2011/04/0133; VwGH 12.09.2013, 2010/04/0066; VwGH 09.04.2013, 2011/04/0224). Es reicht eine bloße Zusammenfassung der Gründe, die jedoch genügen muss, um das angestrebte Rechtsschutzziel zu erreichen (VwGH 08.08.2018, Ra 2015/04/0102; VwGH 09.04.2013, 2011/04/0173). Unter Verweis auf die Gesetzesmaterialien hat der Verwaltungsgerichtshof überdies festgehalten, dass ein nicht zum Zuge gekommener Bieter schon am Beginn der Stillhaltefrist die Informationen besitzen soll, die er für einen allfälligen Nachprüfungsantrag benötigt (VwGH 12.09.2013, 2010/04/0066; VwGH 22.04.2009, 2009/04/0081, 0085). Dies zeigt auch der Umstand, dass der Gesetzgeber die Begründung der Zuschlagsentscheidung als Bringschuld des Auftraggebers ausgestaltet hat (VwGH 22.04.2009, 2009/04/0081, 0085). Grundsätzlich sind daher neben der Mitteilung der erreichten Bewertungspunkte auch die Gründe für die unterschiedliche Punktevergabe zu erläutern. Mit der bloßen Bekanntgabe der erreichten Gesamtpunkte des beabsichtigten Rahmenvereinbarungspartners wird die Entscheidung über dessen Auswahl den inhaltlichen Anforderungen gemäß § 315 Abs 1 BVergG 2018 demnach grundsätzlich nicht gerecht. Eine zusammenfassende Erläuterung kann allerdings dann unterbleiben, wenn der Auftraggeber eine verbale Begründung der Zuschlagsentscheidung (iS einer verbalen, nicht lediglich ziffernmäßigen Darlegung der Punktevergabe) bestandsfest ausgeschlossen hat oder die Ausschreibungsunterlagen derart gestaltet sind, dass anhand transparent festgelegter Beurteilungsparameter die die Punkteverteilung und letztlich die Entscheidung tragenden Überlegungen des Auftraggebers nachvollzogen werden könnten ((VwGH 21.01.2014, 2011/04/0133).

Zur Frage der Wesentlichkeit der mangelnden bzw unterlassenen Begründung hält der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung fest, dass die Wesentlichkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens schon dann gegeben ist, wenn die Einbringung eines begründeten Nachprüfungsantrages dadurch erschwert oder behindert wird, was – wie die Erläuterungen anführen – in der Regel anzunehmen ist (ua VwGH 22.04.2009, 2009/04/0081, 0085).

In der vorliegenden Konstellation ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass unter Punkt 2.3. der (bestandsfesten) Allgemeinen Ausschreibungsgrundlagen die Berechnungsformeln für die Punktevergabe in den Zuschlagskriterien Preis und Qualität detailliert inhaltlich beschrieben werden. Vor diesem Hintergrund kann mit der bloßen Bekanntgabe des Gesamtpreises des Angebotes der beabsichtigten Rahmenvereinbarungspartnerin in Zusammenhalt mit der Bekanntgabe der insgesamt von ihr erreichten 98,62 Bewertungspunkte das Auslangen gefunden werden. Eine weitergehende verbale Begründung erübrigt sich in diesem Fall. Denn unter Zugrundelegung der bekannten Berechnungsformeln ist es mit dem Wissen um den bewertungsrelevanten Gesamtpreis und um die beinahe die Maximalpunktezahl erreicht habende Gesamtbewertung der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin ohne Weiteres möglich, auch Rückschlüsse auf die Vergabe der Punkte im Qualitätskriterium zu ziehen. Auch die gesonderte Darstellung der im Zuschlagskriterium „Qualität“ erreichten Punkte für die Subkriterien „Zeitaufwand Objektleitung“ sowie „Qualitätssicherung Flächenmanagement“ würde insofern keinen entscheidenden, erst einen begründeten Nachprüfungsantrag ermöglichenden inhaltlichen Mehrwert bezüglich der Begründung für die Punktevergabe und damit bezüglich der Vorteile und Merkmale des erfolgreichen Angebotes bringen. Vielmehr kommt im Gegenteil die detaillierte Bekanntgabe der in den genannten Subkriterien vergebenen Punkte in der vorliegenden Konstellation insofern nicht in Betracht, als deren Bekanntgabe angesichts der transparenten Berechnungsformeln zur Offenlegung ins Detail gehender Informationen über das erfolgreiche Angebot, etwa zum angebotenen Zeitaufwand der zum Einsatz kommenden Objektleitung, führen würde, was aber den berechtigten Geschäftsinteressen des betreffenden Unternehmers iSd § 315 Abs 1 BVergG 2018 widersprechen würde. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin kommt jedenfalls auch die Bekanntgabe der Reihung des eigenen Angebotes sowie der Bewertung bzw der Gründe hierfür bezüglich anderer Bieter als jener des erfolgreichen Bieters jedenfalls nicht in Betracht. Weder ist diese gesetzlich erforderlich, noch ist diese angesichts der aufgezeigten Beeinträchtigung von Geschäftsinteressen möglich.

Die Entscheidung über die Auswahl des Rahmenvereinbarungspartners stellt sich sohin im Hinblick auf deren inhaltliche Anforderungen nach § 315 Abs 1 BVergG 2018 als hinreichend und nicht als rechtswidrig dar. Bei dieser Beurteilung ist es auch unerheblich, dass der Auftraggeberin insofern ein Rechenfehler unterlaufen ist, als der Antragstellerin bei Anwendung der maßgeblichen Formel geringfügig weniger Punkte zuzusprechen gewesen wären.

3.3.4. Zum Unterbleiben einer vertieften Angebotsprüfung

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde des Weiteren die Frage nach der Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung aufgeworfen.

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass der Gesamtpreis des Letztangebotes der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin 584.854,05 Euro beträgt und dass jener des Letztangebotes der an dritter Stelle platzierten Antragstellerin rund 10 % darüber liegt. Das Angebot des an zweiter Stelle gereihten Bieters ist geringfügig teurer als jenes der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin. Der geschätzte Auftragswert liegt weniger als 8 % über dem Angebotspreis der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin. Der aus sämtlichen Angeboten für die einzelnen Positionen berechnete „Bestpreis“, sohin jener Preis, der sich bei Zugrundelegung der jeweils preisgünstigsten Leistungsposition errechnen würde, liegt rund 13 % unter dem Angebotspreis der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin. Die Preisdifferenz zwischen dem Erstangebot und dem Letztangebot der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin beträgt etwa 10 %. Eine vertiefte Angebotsprüfung wurde durch die Auftraggeberin nicht vorgenommen.

Im vorliegenden Fall stellt sich daher die Frage, ob die Auftraggeberin eine vertiefte Angebotsprüfung verpflichtend durchzuführen gehabt hätte.

Gemäß § 193 Abs 1 letzter Satz BVergG 2018 hat die Vergabe an geeignete Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen. Gemäß § 302 Abs 1 Z 3 BVergG 2018 hat der Sektorenauftraggeber vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung auf Grund des Ergebnisses der Prüfung Angebote, die eine – durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte – nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (zB spekulative Preisgestaltung) aufweisen, auszuscheiden. Folglich ist die Angemessenheit der Preise gemäß § 299 Abs 3 Z 4 BVergG 2018 im Zuge der Angebotsprüfung einer Überprüfung zu unterziehen. Die Regelungen für die Prüfung der Angemessenheit der Preise enthält § 300 BVergG 2018. Auch wenn die Vorgaben für Sektorenauftraggeber (nunmehr in § 300 BVergG 2018) gegenüber den Vorgaben für öffentliche Auftraggeber (nunmehr in § 137 BVergG 2018) reduziert sind, kann die Rechtsprechung zur vertieften Angebotsprüfung für öffentliche Auftraggeber übertragen werden (VwGH 25.01.2011, 2008/04/0082; BVwG 22.12.2016, W187 2137295-2/36E).

Die Überprüfung der Preise setzt bei der (scheinbaren) Unangemessenheit eines Preises an. Ob ein derartig ungewöhnlich niedriger Gesamtpreis vorliegen kann, der die Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung erforderlich macht, ergibt sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Vergleich mit der Kostenermittlung des Auftraggebers sowie aus dem Vergleich der Gesamtpreise aller Angebote (etwa VwGH 22.05.2012, 2009/04/0187; BVwG 28.09.2015, W123 2112845-2/24E). Beide Vergleiche geben einen Überblick darüber, ob ein unverhältnismäßig niedriger Gesamtpreis vorliegen könnte. Bis etwa 5 % handelt es sich um geringe Abweichungen, bis etwa 15 % um tolerierbare Abweichungen und ab etwa 15 % um grobe Abweichungen (VwGH 22.06.2011, 2011/04/0011, unter Berufung auf Kropik in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel (Hrsg), Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2006 [1. Lfg. 2009], § 268 Rz 13). Ein Preisunterschied zum nächstgereihten Angebot von 10,2 % ist etwa nicht als auffallend anzusehen (BVwG 22.12.2016, W187 2137295-2/36E unter Verweis auf BVA 12. 9. 2008, N/0105-BVA/02/2008-24). Auch der Vergleich der Veränderungen des in den verschiedenen Phasen des Verhandlungsverfahrens angebotenen Gesamtpreises kann – neben dem Vergleich der Gesamtpreise aller Angebote – bei nicht nur geringfügigen inhaltlichen Änderungen Anlass für eine vertiefte Angebotsprüfung bieten. Dies nahm der Verwaltungsgerichtshof etwa bei einer Preisreduktion von rund 60 % an (wiederum VwGH 22.06.2011, 2011/04/0011).

Aufgrund der aufgezeigten Preisdifferenzen des Letztangebotes der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin zum geschätzten Auftragswert auf der einen Seite sowie zum Angebotspreis der an zweiter und dritter Stelle gereihten Bieter und zum Gesamtpreis aller Angebote stellt sich die Abweichung nicht als grobe Abweichung dar, welche das Vorliegen eines ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreises vermuten lässt und die Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung erfordert hätte. Auch die im Laufe der Verhandlungsrunden erfolgte Preisreduktion von etwa 10 % gab hierzu in Zusammenschau mit den eben dargestellten Preisvergleichen keinen Anlass. Darüber hinaus legt der seitens der Auftraggeberin – übrigens für alle Verhandlungsphasen – ermittelte „Bestpreis“ nahe, dass beim Letztangebot der beabsichtigten Rahmenvereinbarungspartnerin kein ungewöhnlich niedriger Gesamtpreis vorliegt und das letztlich auch keine sonstigen begründeten Zweifel an der Angemessenheit der Preise bestehen mussten.

3.3.5. Abschließend gelangt der Senat entsprechend den obigen Ausführungen unter Punkt 3.3.2., 3.3.3. und 3.3.4. sohin zu der Ansicht, dass die von der Antragstellerin monierten Rechtswidrigkeiten der angefochtenen Entscheidung vom 23.12.2019, mit der XXXX die gegenständliche Rahmenvereinbarung abschließen zu wollen, nicht vorliegen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Über den Antrag auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.

Zu B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Dabei wird auf die unter II.3. wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichtes verwiesen. Soweit sich die vorliegende Entscheidung auch auf die Auslegung der Ausschreibungsunterlagen stützt (Punkt 3.3.3.), und sofern diese in vertretbarer Weise vorgenommen wird, ist festzuhalten, dass sie nicht revisibel ist (ua VwGH 18.12.2018, Ra 2018/04/0106 mwN; VwGH 01.02.2017, Ro 2016/04/0054).

 

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