BVwG W123 2013963-2

BVwGW123 2013963-219.12.2014

BVergG §12 Abs1 Z1
BVergG §128 Abs1
BVergG §131 Abs1
BVergG §141 Abs1
BVergG §141 Abs2
BVergG §141 Abs5
BVergG §2 Z8
BVergG §292 Abs1
BVergG §3 Abs1
BVergG §312 Abs2 Z2
BVergG §318 Abs1 Z1
BVergG §319
BVergG §320 Abs1
BVergG §321 Abs1
BVergG §322 Abs2
BVergG §325 Abs1
BVergG §6
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
BVergG §12 Abs1 Z1
BVergG §128 Abs1
BVergG §131 Abs1
BVergG §141 Abs1
BVergG §141 Abs2
BVergG §141 Abs5
BVergG §2 Z8
BVergG §292 Abs1
BVergG §3 Abs1
BVergG §312 Abs2 Z2
BVergG §318 Abs1 Z1
BVergG §319
BVergG §320 Abs1
BVergG §321 Abs1
BVergG §322 Abs2
BVergG §325 Abs1
BVergG §6
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W123.2013963.2.00

 

Spruch:

W123 2013963-2/24E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael ETLINGER als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedrich RÖDLER als Mitglied der Auftraggeberseite und Mag. Matthias WOHLGEMUTH als Mitglied der Auftragnehmerseite über den Antrag der Bietergemeinschaft "XXXX", Führendes Mitglied: XXXX vertreten durch RA Mag. Timo Gerersdorfer, Ettenreichgasse 9, 1100 Wien, betreffend das Vergabeverfahren "Energieeffizienz-Monitoringstelle" des Auftraggebers Bund, vertreten durch den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, Stubenring 1, 1010 Wien, dieser vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, vom 10.11.2014 zu Recht erkannt:

A.

I. Dem Antrag, die angefochtene Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren "Nationale Energieeffizienz-Monitoringstelle gemäß Energieeffizienzgesetz" für nichtig zu erklären, wird stattgegeben.

Die Entscheidung des Auftraggebers vom 29.10.2014, den Zuschlag der AEA-Austrian Energy Agency erteilen zu wollen, wird für nichtig erklärt.

Rechtsgrundlage: §§ 141 Abs. 1, 2 und 5 iVm 312 Abs. 2 Z 2, 320 Abs. 1 und 325 Abs. 1 BVergG 2006

II. Dem Antrag, den Auftraggeber zum Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren zu verpflichten, wird stattgegeben.

Der Auftraggeber ist verpflichtet, den Antragstellern zu Handen ihres Rechtsvertreters die für den Nachprüfungsantrag sowie den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung entrichteten Pauschalgebühren von insgesamt € 18.465,00 binnen 14 Tagen ab Zustellung des Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage: § 319 BVergG 2006

B.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Mit Schriftsatz vom 10.11.2014 stellten die Antragsteller das im Spruch ersichtliche Begehren und brachten zur Begründung im Wesentlichen Folgendes vor:

a. Der Auftraggeber hätte im Rahmen der Bestbieterermittlung für jedes Kriterium zu ziffernmäßigen Bewertungsergebnissen, langläufig als (Bewertungs)Punkteergebnisse bekannt, kommen müssen. Ausweislich der übermittelten Zuschlagsentscheidung habe der Auftraggeber keine solchen Punkteergebnisse für jedes Kriterium ermittelt. Daher sei der Auftraggeber bei der Bestbieterermittlung von den eigenen Festlegungen der Zuschlagskriterien abgegangen. Mangels Angabe der Punkteergebnisse seien die Antragsteller gar nicht der Lage, überhaupt zu überprüfen, inwiefern sich der Auftraggeber an seine eigenen Vorgaben gehalten habe.

b. Die in der angefochtenen Zuschlagsentscheidung enthaltene Bewertung des Angebots der Antragsteller sei in ihrer Gesamtheit unzutreffend und im Hinblick auf den völlig falsch dargestellten Inhalt des Angebots der Antragsteller nicht nachvollziehbar. Bei richtiger Vorgangsweise hätten die Antragsteller vielmehr an die erste Stelle gereiht werden müssen.

c. Bei der Bewertung des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei der Auftraggeber mehrfach von den Festlegungen der Ausschreibung abgegangen bzw. seien seine Erwägungen unsachlich und nicht nachvollziehbar.

d. Der Auftraggeber habe bis zum Schluss keine Vorgabe über Art und vor allem quantitativen Umfang der zur jeweiligen Zielerreichung vorgesehenen Maßnahmen (Mengengerüst) gemacht und daher dies und damit den jeweils zur Zielerreichung notwendigen Aufwand völlig der Gestaltungsfreiheit der Bieter überlassen. Es liege auf der Hand, dass bei einem Auftrag wie dem vorliegenden, der überwiegend aus konzeptiver bzw. analytischer Tätigkeit bzw. aus Informationsarbeit, also aus "Kopfarbeit" bestehe, die Leistungsqualität bzw. der Grad der Zielerreichung von der Menge der auf die Auftragserfüllung aufgewendeten Personalkapazitäten abhänge. Daher würden derzeit mangels entsprechender Vorgaben des Auftraggebers inhaltlich völlig unterschiedliche Angebote vorliegen. Die vorliegenden Angebote würden demnach (noch) keinen objektiven Angebotsvergleich erlauben.

e. In der vergaberechtlichen Rechtsprechung sei bereits entschieden worden, dass es wegen der Gefahr möglicher Interessenkollisionen mit den Grundsätzen des lauteren Wettbewerbs unvereinbar sei, wenn ein Bieter oder ein Subunternehmer eines Bieters gleichzeitig vom Auftraggeber mit der Angebotsprüfung betraut werde. Eben ein solcher Fall einer Beeinträchtigung des lauteren Wettbewerbs liege in Gestalt des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin einerseits und der Zusammensetzung der mit der Angebotsprüfung betrauten Bewertungskommission andererseits vor: zwei Mitglieder der Bewertungskommission seien Bedienstete des Umweltministeriums und hätten im Vergabeverfahren dessen Interessen vertreten. Dem Umweltministerium komme gleichzeitig eine dominante Position bei der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zu. Der oberste Vorgesetzte jener Beamten des Umweltministeriums, die in der Bewertungskommission mitwirken würden, sei der Bundesminister, der gleichzeitig als Obmann dem Leitungsgremium der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vorstehe.

2. Der Auftraggeber erstattete am 20.11.2014 eine Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag und brachte insbesondere vor:

Es sei festzuhalten, dass die behaupteten Vergaberechtswidrigkeiten ohne wesentliche Auswirkungen auf das Ergebnis des Vergabeverfahrens seien, da die Antragsteller an letzter Stelle gereiht worden seien und eine Änderung der Reihung der Angebote nicht eintreten könne, sohin sich nichts am Ergebnis des Vergabeverfahrens ändern könne und ein Schaden der Antragsteller daher nicht entstanden sein könne.

Die Begründung der Zuschlagsentscheidung entspreche entgegen der Auffassung der Antragsteller sehr wohl den gesetzlichen Vorgaben des § 131 Abs. 1 BVerG. Nicht erforderlich sei es, dass in der Begründung bzw. Mitteilung der Zuschlagsentscheidung auch die Punkteergebnisse enthalten sein müssten.

Die Bewertung der Antragsteller sei nach objektiven und sachlich nachvollziehbaren Gesichtspunkten erfolgt. Dies sei allein schon daran erkennbar, dass die Antragsteller entsprechend differenziert bewertet worden seien, wie sich aus dem vorgelegten Vergabeakt eindeutig ergebe. So sei z. B. die Datenverarbeitung samt zugehörigen Tätigkeitsfeldern bei den Antragstellern als exzellent bewertet worden, in anderen Bereichen, insbesondere hinsichtlich des Monitorings Energieeffizienz, seien jedoch bei den Antragstellern schwere Defizite identifiziert worden. Der Bewertung sei zu entnehmen, dass es zwar von der Datenverarbeitung sehr wohl möglich gewesen wäre, die Leistungen zu erbringen, jedoch in den anderen (notwendigen) Bereichen zum Teil keinerlei fachlicher Hintergrund gegeben gewesen sei. Dies sei auch während der Verhandlungen den Vertretern der Antragsteller entsprechend kommuniziert worden.

Die Ausführungen der Antragsteller zur fehlenden Vergleichbarkeit der Angebote würden offenbar in die Richtung gehen, die Ausschreibungsunterlagen betreffend die Zuschlagskriterien wegen Rechtswidrigkeit anzufechten. Hierzu muss jedoch festgehalten werden, dass die Ausschreibungsunterlagen von den Antragstellern nicht angefochten worden und daher bestandsfest geworden seien. Zu den angebotenen Preisen sei anzumerken, dass es sich, wie bei den Verhandlungen ausgeführt, um Obergrenzen für die geschätzten Leistungen handle. Es sei auch darüber informiert worden, dass die Abrechnungen - nach Prüfung durch Wirtschaftsprüfer - auf die Einhaltung der Obergrenzen anzuwenden seien. Dass somit keine verbindlichen Angebote vorliegen sollten, sei nicht nachvollziehbar. Es seien darüber hinaus für den Bereich der Medien- bzw. Öffentlichkeitsarbeit eine gesonderte finanzielle Darstellung gefordert worden, welche in die finanzielle Bewertung aufgenommen worden sei, da diese sehr weit abweichen könne.

Zur behaupteten wettbewerbswidrigen Mitwirkung von dem Zuschlagsempfänger zurechenbaren Personen bei der Angebotsbewertung des Auftraggebers werde darauf hingewiesen, dass im Hinblick der Rechtsprechung des EuGH und VwGH ein solch potentieller Einfluss unbeachtlich sei. Der EuGH und der VwGH hätten ausgeführt, dass eine Mehrfachbeteiligung als Bieter und Subunternehmer nicht automatisch und in jedem Fall als eine wettbewerbswidrige Abrede beurteilt werden könne. Unrichtig sei zudem das Vorbringen der Antragsteller, dass eine tatsächliche Beeinflussung der Angebotsbewertung gegenständlich erfolgt sei. Die Entscheidung der Mitglieder der Vergabekommission sei unabhängig und objektiv und ausschließlich auf Grund der Expertise der Kommissionsmitglieder anhand der vorgegebenen Zuschlagskriterien erfolgt. Es sei bis zur Zuschlagsentscheidung von allen Kommissionsmitgliedern strikte Geheimhaltung der Bewertungsergebnisse wahrgenommen worden.

3. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin erstattete am 20.11.2014 begründete Einwendungen gegen den Nachprüfungsantrag und brachte einleitend fehlende Antragslegitimation der Antragsteller vor, da sie keine echte Chance auf Zuschlagserteilung gehabt hätten. Es sei davon auszugehen, dass zahlreiche andere Bieter - neben der präsumtiven Zuschlagsempfängerin - vor den Antragstellern gereiht worden seien. Selbst bei Zutreffen der von den Antragstellern geltend gemachten Rechtwidrigkeiten würden daher nicht die Antragsteller, sondern ein anderer Unternehmer den Zuschlag erhalten; für die Antragsteller wäre nichts gewonnen.

Aus der von den Antragstellern zitierten Judikatur ergebe sich, dass Auftraggeber bei Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung oftmals auf eine verbale Beurteilung nicht verzichten dürften. Eine solche verbale Beurteilung, die weit aussagekräftiger als eine Punktebeurteilung sei, sei im konkreten Fall aber erfolgt. Auch die Ausschreibungsunterlagen enthielten keine speziellen Vorgaben oder Festlegungen, welche Inhalte den Bietern bekanntzugeben seien.

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin wies - wie bereits der Auftraggeber - auf die Bestandskraft der Ausschreibungsunterlagen hin. Aus den Ausschreibungsunterlagen ergebe sich eindeutig, welcher Leistungsgegenstand vom Auftraggeber ausgeschrieben worden sei. Der Leistungsgegenstand sei funktional mit sämtlichen Leistungen vorgegeben worden, die für die Erfüllung der Vorgaben des Energieeffizienzgesetzes für die Einrichtung der ausgeschriebenen Monitoringstelle vorgegeben seien.

Die Ausführungen der Antragsteller zum Angebotspreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin seien unrichtig. Aus dem weit überhöhten Angebotspreis der Antragsteller könne nicht auf die Unplausibilität angemessener Angebotspreise geschlossen werden. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe im Vergabeverfahren Ausführungen zur Nachvollziehbarkeit der von ihr angebotenen Preise im Zuge der stattgefundenen Verhandlungen gemacht und die Preisstruktur während der gesamten Vertragslaufzeit angegeben.

Die Antragsteller würden offenbar die Ansicht vertreten, dass jede personelle Verbindung zwischen Auftraggeber und Bieter zu einem Interessenskonflikt führe, der den Wettbewerb per se beeinflusse und damit eine Teilnahme des Bieters an einem Vergabeverfahren des nahestehenden Auftraggebers ausschließe. Eine solche Pauschalverdächtigung und ein Ausschluss selbst gesellschaftsrechtlich mit dem Auftraggeber verbundener Bieter seien dem Vergaberecht allerdings fremd. Verwiesen werde in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des EuGH. Im konkreten Fall ließen sich keine Anhaltspunkte für Einflussnahmemöglichkeiten, geschweige denn für konkret erfolgte Einflussnahme, finden.

4. Die Antragsteller erstatteten am 16.12.2014 eine Replik zu den Stellungnahmen von Auftraggeber und präsumtiver Zuschlagsempfängerin. Die Zuschlagsentscheidung sei schon wegen der Verletzung der Rechte der Antragsteller auf vollständige Begründung und ausschreibungskonforme Bewertung und der Wesentlichkeit dieser Rechtsverletzung für nichtig zu erklären, ohne dass es auf die Chance der Antragsteller auf Zuschlagserteilung und daher auf die Reihung der Angebote durch den Auftraggeber ankäme. Aus dem Vergabeakt über die Bewertung der Angebote gehe überdies hervor, dass der Auftraggeber die Preisangemessenheit der Antragsteller nicht geprüft habe.

5. Am 18.12.2014 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Die Niederschrift lautet auszugsweise:

Ferner gibt der Auftraggeber über Befragung des VR an: Die inhaltliche Bewertung der Angebote ist am 21. und 22.10. erfolgt. Die Preise wurden überprüft am 22.10.2014. Ein gesondertes Protokoll wurde nach Auskunft von Dr. XXXX nicht erstellt. Das Schreiben des Auftraggebers vom 29.10.2014 (= Zuschlagsentscheidung) beinhaltet im Wesentlichen die Ergebnisse der schriftlich festgehaltenen Bewertungen vom 21 bzw. 22.10.2014.

Auftraggeber und Antragsteller bestätigen, dass es am 14.10.2014 zu einer zweiten Verhandlungsrunde gekommen ist. Über Befragen, ob es zu der am 14.10.2014 stattgefundenen zweiten Verhandlungsrunde ein Protokoll existiert, gibt Dr. XXXX an: Die Protokolle wurden von mir nicht erstellt. Schriftführerin war Dr. XXXX. Aus den Unterlagen, die von Dr. XXXX übergeben wurden, findet sich kein Protokoll zur zweiten Verhandlungsrunde. Bestätigt wird vom Auftraggeber, dass sämtliche Vergabeunterlagen an das Bundesverwaltungsgericht übergeben wurden. Die Antragsteller geben dazu an, dass sie am 14.10.2014 eine Anwesenheitsliste unterschrieben haben. Ein Protokoll von dieser Verhandlungsrunde wurde ihnen nicht ausgestellt. Im Rahmen der ersten Verhandlungsrunde am 02.10.2014 wurde den Antragstellern ein Protokoll ausgestellt.

Nach telefonischer Auskunftserteilung mit Dr. XXXX gibt Dr. XXXX an, dass die drei Protokolle der Bieter XXXX, XXXX zur zweiten Verhandlungsrunde erstellt worden sind, aber nicht vorgelegt wurden. Es könnte sein, dass sich diese Protokolle beim Vorsitzenden der Bewertungskommision, Dr. XXXX, befinden. Genaueres kann sie dazu aber nicht angeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Der Auftraggeber hat die gegenständlichen Leistungen im Wege eines Verhandlungsverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung ausgeschrieben. Die Veröffentlichung der Ausschreibung im Lieferanzeiger erfolgte am 31.07.2014, die EU-weite-Bekanntmachung am 01.08.2014. Die Ausschreibung soll im Wege des Bestbieterprinzips vergeben werden. Die Zuschlagskriterien (inklusive Gewichtung) lauten: Qualität 85 %, Preis 15 %.

2. Laut Auskunft des Auftraggebers im Schriftsatz vom 13.11.2014 fand die Angebotsöffnung am 09.09.2014 statt. Namen und Angebotssummen (ohne USt) der 4 Billigstbieter lauten:

XXXXEUR 1.993.333,33

XXXX EUR 5.892.585,25

XXXX EUR 15.066.477

XXXX EUR 20.636.416,67

3. Dem 1. Einlageblatt zu Zahl BMWFW-552.700/0058-III/2/2014 ist insbesondere folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Es gab 4 Bewerber, die innerhalb der geforderten Frist bis zum 08.09.2014, 16 Uhr, ihre Angebote bzw. Teilnahmeanträge eingebracht haben, nämlich (alphabetisch):

XXXX

XXXX

XXXX

und

XXXX

Die 4 Bewerber wurden zur Vorlage eines detaillierten Angebotes und danach zu Verhandlungen eingeladen, da auf Grund der Einreichunterlagen zu erwarten war, dass diese für die Tätigkeit grundsätzlich in Frage kommen.

..........

Die Bewerber wurden zu je 2 Verhandlungsrunden eingeladen, wobei die erste Verhandlung einer Vorstellung des Konzepts und Konkretisierung der Angebote diente und die 2. Verhandlungsrunde die offenen Detailpunkte umfasste. Die Verhandlungen fanden zu den folgenden

Terminen statt:

XXXX: 30.09.2014 und 8.10.2014

XXXX: 2.10.2014 und 15.10.2014

XXXX 30.09.2014 und 7.10.2014

XXXX 2.10.2014 und 14.10.2014

Die Protokolle und Schreiben finden sich in den Vorakten und Bezugsakten.

4. Der Vergabeakt enthält insbesondere:

Protokoll 1. Gesprächsrunde XXXX vom 30.09.2014

Protokoll 1. Gesprächsrunde XXXX vom 30.09.2014

Protokoll 1. Gesprächsrunde XXXX vom 02.10.2014

Protokoll 1. Gesprächsrunde XXXX vom 02.10.2014

Ergebnisprotokoll 2. Gesprächsrunde XXXX vom 08.10.2014

Ergebnisprotokolle über die anberaumten zweiten Gesprächsrunden bezüglich der Bieter XXXX liegen dem Vergabeakt nicht bei.

5. Am 29.10.2014 teilte der Auftraggeber den Bietern mit, dass die XXXXals Bestbieter aus dem Verhandlungsverfahren hervorgegangen ist.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus dem Verfahrensakt bzw. den Stellungnahmen der Parteien. Bei der Beweiswürdigung haben sich gegen die Echtheit und Richtigkeit der vorliegenden Unterlagen des Vergabeverfahrens keine Bedenken ergeben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und Zulässigkeit des Antrages

Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 292 Abs 1 BVergG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 291, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung handelt, in Senaten.

Auftraggeber iSd § 2 Z 8 BVergG ist der Bund. Dieser ist Auftraggeber gemäß 3 Abs 1 Z 1 BVergG. Beim gegenständlichen Auftrag handelt es sich um einen nicht prioritären Dienstleistungsauftrag gemäß § 6 BVergG (Anhang IV, Kategorie 27). Nach den Angaben des Auftraggebers beträgt der geschätzte Auftragswert EUR 4.860.000,00, sodass gemäß § 12 Abs 1 Z 1 BVergG ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich vorliegt.

Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 312 Abs. 2 BVergG iVm Art 14b Abs. 2 Z 1 lit a B-VG ist sohin gegeben.

Da das Vergabeverfahren weder widerrufen noch ein Zuschlag erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht in concreto gemäß § 312 Abs 2 Z 2 BVergG zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers zuständig.

Der Antrag wurde innerhalb der Anfechtungsfrist gemäß § 321 Abs 1 BVergG eingebracht. Die Pauschalgebühr wurde jedenfalls in entsprechender Höhe entrichtet (§ 318 Abs 1 Z 1 BVergG iVm § 1 BVwG-PauschGebV). Ein sonstiger Grund für die Unzulässigkeit des Antrages nach § 322 Abs 2 BVergG liegt nicht vor.

2. Inhaltliche Beurteilung des Antrages

Zu Spruchpunkt I:

Gemäß § 320 Abs. 1 BVergG kann ein Unternehmer bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet (Z 1), und ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht (Z 2).

Der Begriff des "Schadens" umfasst nach hA nicht nur Vermögensschäden, sondern alle Nachteile, die in der Beeinträchtigung der Möglichkeiten des Interessenten liegen, an einem Vergabeverfahren teilzunehmen und den Zuschlag zu erhalten. Die Antragslegitimation setzt somit (lediglich) voraus, dass die Möglichkeit des Antragstellers, am Vergabeverfahren teilzunehmen, durch die behauptete Rechtswidrigkeit beeinträchtigt werden kann (Thienel in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel [Hrsg], § 320 Rz 7). Der Begriff des Schadens ist somit weit auszulegen (Walther/Hauck in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht³ [2010] Rz 1783).

Soweit der Auftraggeber und die präsumtive Zuschlagsempfängerin mangelnde Antragslegitimation der Antragsteller behaupten, da diese an letzter Stelle gereiht worden seien, verkennen sie zunächst, dass die Prüfung und Bewertung der Angebote Aufgabe des Auftraggebers und nicht der Vergabekontrollbehörde ist (BVA 19.08.2013, N/0073-BVA/06/2013-47; siehe dazu auch Thienel in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, § 320 Rz 51). Die Vergabekontrollbehörde hat lediglich im Nachhinein zu überprüfen, ob die vom Auftraggeber getroffene Entscheidung rechtmäßig ist, nicht aber an seiner Stelle eine hypothetische Reihung der Angebote vorzunehmen (siehe dazu bereits BVA 04.11.2003, 14N-90/03-56; siehe auch BVA 31.08.2006, N0062-BVA/12/2006-22 und BVA 29.11.2013, N/0101-BVA/07/2013-39). Gegen das Vorbringen des Auftraggebers und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin spricht außerdem, dass weder die beiden Rechtsmittelrichtlinien, noch das BVergG 2006 als Voraussetzung der Antragslegitimation im Nachprüfungsverfahren vorsehen, dass der Antragsteller eine "echte Chance" auf den Zuschlag haben muss (dazu grundlegend Thienel in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, § 320 Rz 65).

Abgesehen von diesen grundsätzlichen Ausführungen kann im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass jedenfalls - wie im zitierten Erkenntnis des VwGH vom 16.10.2013, 2012/04/0027 - andere vor den Antragstellern gereihte Bieter rechtmäßiger Weise für den Zuschlag in Betracht zu ziehen wären, da der Auftraggeber - wie sogleich auszuführen sein wird - eine umfassende Angebotsprüfung bzw. eine transparente und nachvollziehbare Bestbieterermittlung unterlassen hat.

Gemäß § 141 Abs. 1 BVergG gelten für die Vergabe von nicht prioritären Dienstleistungsaufträgen durch Auftraggeber ausschließlich die Bestimmungen dieses Abschnittes, der 1. Teil mit Ausnahme des § 2 Z 16, die §§ 3 Abs. 1 und 6, 6, 9, 10, 12 Abs. 1 und 3, 13, 16, 20 Abs. 2, 3 und 5, 21, 44, 49, 51, 87a, 98, 99a und 140 Abs. 9 sowie der 4. bis 6. Teil dieses Bundesgesetzes.

Gemäß § 141 Abs. 2 BVergG sind nicht prioritäre Dienstleistungsaufträge von Auftraggebern unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes zu vergeben. Soweit dies auf Grund des Wertes und des Gegenstandes des Auftrages erforderlich erscheint, sind nicht prioritäre Dienstleistungsaufträge grundsätzlich in einem Verfahren mit mehreren Unternehmern, durch das ein angemessener Grad von Öffentlichkeit gewährleistet ist und das dem Grundsatz des freien und lauteren Wettbewerbes entspricht, zu vergeben.

Gemäß § 141 Abs. 5 BVergG gilt als gesondert anfechtbare Entscheidung jede nach außen in Erscheinung tretende Festlegung des Auftraggebers.

Bereits das BVA "alt" sprach wiederholt aus, dass sich aus den Grundfreiheiten des EGV ergibt, dass für Aufträge über nicht prioritäre Dienstleistungen das allgemeine Diskriminierungsverbot und die daraus abzuleitenden Anforderungen an die Transparenz und Publizität des Vergabeverfahrens gelten (BVA 14.06.2002, N-9/02-48; BVA 09.07.2092, N-32/07-7; siehe dazu auch UVS Stmk 08.11.2007, 443.20-5/2007, zitiert nach U. Hofer in Gast (Hrsg.), BVergG-Leitsatzkommentar, E 11. zu § 141).

Der EuGH hat bereits wiederholt erkannt, dass auch der öffentliche Auftraggeber, der einen unter Anhang II Teil B der Vergaberichtlinie fallenden Auftrag vergibt, ungeachtet der eingeschränkten Verpflichtungen nach der Vergaberichtlinie den fundamentalen Regeln des Unionsrechts unterworfen bleibt, insbesondere den Verpflichtungen, die die Transparenz der Verfahren und die Gleichbehandlung der Bieter sicherstellen sollen (vgl. etwa die Urteile des EuGH vom 18. November 2010, Rs C- 226/09, Kommission/Irland, RNr. 29 bis 31, und vom 17. März 2011, Rs C-95/10, Strong SeguranCa, RNr. 35). Er hat - wenn auch im Zusammenhang mit Dienstleistungskonzessionen, die der Vergaberichtlinie ebenfalls nicht unterliegen - weiters ausgesprochen, dass das Transparenzgebot dazu verpflichtet, einen angemessenen Grad an Öffentlichkeit sicherzustellen, der den Wettbewerb und die Nachprüfung ermöglicht, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt worden sind (vgl. dazu etwa die Urteile des EuGH vom 3. Juni 2010, Rs C-203/08, Sporting Exchange, RNr. 41, und vom 13. April 2010, Rs C-91/08, Wall, RNr. 36, jeweils mit weiteren Nachweisen), und er hat schließlich auch erkannt, dass der Grundsatz des effektiven (gerichtlichen) Rechtsschutzes zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört (vgl. etwa das Urteil vom 6. Mai 2010, Rs C-145/08 und C- 149/08, Club Hotel Loutraki, RNr. 73, mit weiteren Nachweisen). (VwGH 09.04.2013, 2011/04/0173)

Zwar erfolgt die Vergabe von nicht prioritären Dienstleistungen unter Anwendung eines "verdünnten Vergaberegimes". Jedoch sind auch in diesen Verfahren die gemeinschaftlichen Grundfreiheiten sowie das Diskriminierungsverbot zu beachten. Die Vergabe von nicht prioritären Dienstleistungen ist grundsätzlich "mit mehreren Unternehmern" und unter Einhaltung eines "angemessenen Grades von Öffentlichkeit" durchzuführen (Heid in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht Rz 252).

Die Entscheidung des EuGH vom 07.12.2000, Rs C-324/98, Telaustria dokumentiert - neben anderen Grundgedanken eines fairen Vergabeverfahrens - insbesondere auch das Transparenzgebot für nicht prioritäre Auftragsvergaben mit Gemeinschaftsbezug (Grasböck in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, § 141 Rz 184).

Wenngleich die Bestimmung des § 128 Abs. 1 BVergG, wonach über die Prüfung der Angebote und ihr Ergebnis eine Niederschrift zu verfassen ist, in welcher alle für die Beurteilung der Angebote wesentlichen Umstände festzuhalten sind, bei der Vergabe von nicht prioritäre Dienstleistungen nicht (explizit) zur Anwendung gelangt, muss dem Bundesverwaltungsgericht - gemäß § 312 Abs. 2 Z 2 BVergG - die Nachprüfung von Entscheidungen des Auftraggebers in einem konkreten Vergabeverfahren ermöglicht werden. Wird dem Bundesverwaltungsgericht aber eine solche gerichtliche Überprüfung - aufgrund von unterlassenen Angebotsprüfungsschritten des Auftraggebers - verunmöglicht, so ist auch in Verfahren von nicht prioritäre Dienstleistungen die Zuschlagsentscheidung gemäß § 325 Abs. 1 BVergG für nichtig zu erklären, andernfalls Auftraggeber generell dazu angehalten werden könnten, bei einer Vergabe von nicht prioritäre Dienstleistungen von einer Angebotsprüfung gänzlich abzusehen. Ein solches Ergebnis würde aber jedenfalls dem Grundsatz der Transparenz und Publizität iSd § 141 Abs. 2 BVergG widersprechen.

Der Auftraggeber hat im gegenständlichen Vergabeverfahren sowohl entscheidungsrelevante Prüfschritte zur Angemessenheit der Preise (gänzlich) unterlassen, als auch - infolge Fehlens entscheidungsrelevanter Dokumente - gegen den Grundsatz der Transparenz verstoßen:

Im vorliegenden Vergabeverfahren liegen die Angebotspreise zwischen dem billigsten und dem teuersten Bieter derart weit auseinander (vgl. Feststellungen), dass der Auftraggeber jedenfalls angehalten gewesen wäre, die Preisplausibilität der einzelnen Angebote zu überprüfen. Bereits die Differenz zwischen dem zweitbilligsten Angebot (= präsumtive Zuschlagsempfängerin) und dem preislich nächstgereihten Angebot (XXXX) beträgt ca. 300 %. Der Auftraggeber hätte - angesichts der fundamental auseinanderdriftenden Angebotspreise - jedenfalls schriftlich festhalten müssen, warum keine begründeten Zweifel an der Angemessenheit der Preise bestanden haben. Der Auftraggeber hat gegenständlich nicht nur eine vertiefte Angebotsprüfung unterlassen, sondern (offenkundig) auch jegliche Prüfung der Angemessenheit der Preise. Dem Vergabeakt lässt sich jedenfalls kein Hinweis dafür entnehmen, ob der Auftraggeber seiner Prüfpflicht, zu der er auch bei Vergabe von nicht prioritäre Dienstleistungen verpflichtet gewesen wäre, nachgekommen ist. In der mündlichen Verhandlung wurde zudem bestätigt, dass ein gesondertes Protokoll über die Preisprüfung nicht erstellt worden ist.

Gemäß § 325 Abs. 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis für nichtig zu erklären, wenn sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller in dem von ihm nach § 322 Abs. 1 Z 5 geltend gemachten Recht verletzt (Z 1), und die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens vom wesentlichen Einfluss ist (Z 2).

Die Materialien sehen einen wesentlichen Einfluss auf den Ausgang des Vergabeverfahrens dann, wenn die festgestellte Rechtswidrigkeit Auswirkungen auf den Verfahrensausgang haben könnte (RV 1171 BlgNR XXII. GP 141). Es genügt also eine potentielle Relevanz für den Ausgang des Vergabeverfahrens. Es muss wenigstens die Möglichkeit bestehen, dass bei rechtskonformer Vorgangsweise des Auftraggebers ein anderes Ergebnis des Vergabeverfahrens möglich ist. (Reisner in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, § 325 Rz 12).

Durch die unterlassene Prüfung der Angemessenheit der Preise sind die Antragsteller jedenfalls in einem von ihnen im verfahrenseinleitenden Schriftsatz unter Pkt. A., 6. bezeichneten subjektiven Recht verletzt. Diese Rechtswidrigkeit ist auch für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Auftraggeber - bei ordnungsgemäßer Prüfung - zu einem anderen Ergebnis (etwa zu einem Widerruf des Vergabeverfahrens mangels Vergleichbarkeit der Angebote) gelangen hätte können. Schon aus diesem Grunde war daher dem Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung stattzugeben.

Aber auch aus folgendem Grund ist die angefochtene Zuschlagsentscheidung mit Rechtwidrigkeit behaftet:

Der Auftraggeber hat in der Stellungnahme vom 20.11.2014 mehrfach darauf hingewiesen, dass den Antragstellern bestimmte Umstände in den "Verhandlungen" ("Verhandlung") bzw. "Verhandlungsrunden" kommuniziert worden seien (vgl. Pkt. C., Rn 2.und 3). Dem Vergabeakt ist lediglich das Protokoll zur ersten Gesprächsrunde mit den Antragstellern vom 02.10.2014 zu entnehmen (vgl. Feststellungen und Aussagen des Auftraggebers in der mündlichen Verhandlung). Die Behauptungen des Auftraggebers im Schriftsatz vom 20.11.2014 zur Bewertung der Antragsteller finden im Verhandlungsprotokoll vom 02.10.2014 jedenfalls keine Grundlage. Dass beispielsweise hinsichtlich des Monitorings Energieeffizienz "schwere Defizite" vorlegen würden bzw. bisherige Tätigkeiten im Bereich Monitoring "nicht in ausreichendem Maße" vorliegen würden, findet in diesem Protokoll keinen expliziten Niederschlag. Auch die Behauptung des Auftraggebers, wonach die Antragsteller nur über sehr "rudimentäre Kenntnisse und Überblick im größeren Umfeld des Energiesystems Österreichs" verfügten bzw. nur "punktuell Erfahrungen" dazu gesammelt hätten, kann aus der Niederschrift nicht abgeleitet werden. Die Qualifikation von Ing. XXXX, der generell hinsichtlich "Effizienz und deren Bewertung keine expliziten Erfahrungen und Referenzen zum Monitoring" vorweisen könne, war im Rahmen dieser Verhandlungsrunde (offenkundig) überhaupt kein Thema. Ebenso wenig war die Preiskalkulationen Gegenstand dieser Verhandlung. Schließlich wurde den Antragstellern nicht "entsprechend kommuniziert", dass von den Antragstellern im IT-Bereich sehr komplexe und innovative Lösungsansätze und Applikationen angeboten worden seien, die jedoch "weit über den gesetzlichen Erfordernissen" gelegen hätten. Der diesbezügliche Wortlaut des Verhandlungsprotokolls lautet: "Konzept, EDV und Kommunikation sehr spezifiziert und umfassend, auch sehr innovativ, allerdings fehlen die konkreten Umsetzungsverfahren und Prozesse für das Gesetz. Es wird gebeten, dies beim nächsten Termin zu konkretisieren."

Die vom Auftraggeber in seinem Schriftsatz vom 20.11.2014 behaupteten Umstände, die offenbar zu einer schlechteren Bewertung der Antragsteller geführt haben, sind auf der Grundlage des dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Vergabeaktes nicht nachvollziehbar. Das Protokoll zur Verhandlungsrunde am 02.10.2014 bietet jedenfalls keine plausible und nachvollziehbare Grundlage für die endgültige Bewertung des Angebotes der Antragsteller. Möglicherweise wurden die vom Auftraggeber im Schriftsatz vom 20.11.2014 vorgebrachten Themen im Rahmen der zweiten Verhandlungsrunde am 14.10.2014 besprochen. Von diesem (entscheidungsrelevanten) Verhandlungsgespräch liegen jedoch keine schriftlichen Dokumentationen vor (vgl. dazu auch die Aussagen des Auftraggebers in der mündlichen Verhandlung), sodass sich die Entscheidung des Auftraggebers einer gerichtlichen Überprüfbarkeit durch das Bundesverwaltungsgericht entzieht, womit ein weiterer Verstoß des Auftraggebers gegen den Grundsatz der Transparenz iSd § 141 Abs. 2 BVergG vorliegt. Daher war auch aus diesem Grunde dem Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung stattzugeben. Folglich musste das Bundesverwaltungsgericht auf die sonstigen seitens der Antragsteller behaupteten Rechtsverstöße nicht mehr eingehen.

Zu Spruchpunkt II.

Gemäß § 319 Abs 1 BVergG hat der vor dem Bundesverwaltungsgericht wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 318 BVergG entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber.

Die Antragsteller haben die Pauschalgebühr in der gesetzlich geschuldeten Höhe tatsächlich bezahlt. Die Antragsteller haben mit ihrem Nachprüfungsantrag obsiegt, da das Bundesverwaltungsgericht dem Nachprüfungsantrag stattgegeben hat. Der Auftraggeber ist daher verpflichtet, den Antragstellern die tatsächlich geschuldete und bezahlte Pauschalgebühr in der Höhe von jeweils € 18.465,00 zu ersetzen.

Zu B)

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe dazu insbesondere das bereits zitierte Erkenntnis des VwGH vom 09.04.2013, 2011/04/0173; siehe dazu auch VwGH 21.01.2014, 2011/04/0133) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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