Normen
AVG §39 Abs2;
AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art11 Abs2;
LVergabenachprüfungsG OÖ 2002 §2 Abs2;
LVergG OÖ 1994 §59 Abs3 Z5;
VwGG §41 Abs1;
AVG §39 Abs2;
AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art11 Abs2;
LVergabenachprüfungsG OÖ 2002 §2 Abs2;
LVergG OÖ 1994 §59 Abs3 Z5;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit einem am 17. September 2002 beim Amt der Oö. Landesregierung eingelangten Schriftsatz stellte die beschwerdeführende Partei den Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens über die Zuschlagsentscheidung und Nichtigerklärung rechtswidriger Auftraggeberentscheidungen sowie einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.
Im Einzelnen wurden - abgesehen vom Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung - folgende Anträge gestellt:
"...
die oberösterreichische Landesregierung möge
- a. ein Nachprüfungsverfahren einleiten,
- b. die Entscheidung des Antragsgegners, das Vergabeverfahren im Wege eines Verhandlungsverfahrens durchzuführen, für nichtig erklären,
c. das gesamte Vergabeverfahren wegen unzutreffender Wahl des Verhandlungsverfahrens für nichtig erklären,
d. die Entscheidung des Antragsgegners, das gesamte Vergabeverfahren wegen unzutreffender Wahl des Verhandlungsverfahrens - sohin wegen zwingender Gründe - nicht zu widerrufen, für nichtig erklären und
e. die Zuschlagsentscheidung des Antragsgegners zugunsten der F GmbH & Co KG, K-Straße 1, P, die uns dieser mit Schreiben vom 5.12.2002 mitgeteilt hat, für nichtig erklären.
-
in eventu -
- a. ein Nachprüfungsverfahren einleiten,
- b. die Entscheidung des Antragsgegners, das Vergabeverfahren über die absolute Höchstgrenze von sechs Monaten für die Zuschlagsfrist hinaus fortzusetzen, für nichtig erklären,
c. jene Teile des Vergabeverfahrens, die dieser nach dem 31.7.2002 durchgeführt hat, für nichtig erklären, und
d. die Zuschlagsentscheidung des Antragsgegners zugunsten der F GmbH & Co KG, K-Straße 1, P, die uns dieser mit Schreiben vom 5.12.2002 mitgeteilt hat, für nichtig erklären."
Nachdem mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 19. Dezember 2002 dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben und das gesamte Vergabeverfahren bis zur Entscheidung der Nachprüfungsbehörde im Nachprüfungsverfahren ausgesetzt worden war, traf die Oö. Landesregierung mit Bescheid vom 13. Jänner 2003 den Abspruch, dass die Anträge "- auf Nichtigerklärung der Entscheidung, das Vergabeverfahren im Wege eines Verhandlungsverfahrens durchzuführen, - auf Nichtigerklärung des gesamten Vergabeverfahrens wegen unzutreffender Wahl des Verhandlungsverfahrens sowie - auf Nichtigerklärung der Entscheidung des Antragsgegners, das gesamte Vergabeverfahren wegen unzutreffender Wahl des Verhandlungsverfahrens - sohin wegen zwingender Gründe - nicht zu widerrufen", wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen und der Antrag "auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung" als unbegründet abgewiesen wurden.
Die beschwerdeführende Partei erhob gegen diesen Bescheid insofern Berufung, als der letzte Spruchpunkt - mit dem der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung als unbegründet abgewiesen wurde - angefochten wurde.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unzulässig zurückgewiesen.
In der Begründung heißt es auszugsweise:
"6.2.2. Soweit hingegen in der Berufung die Abweisung der Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung angefochten wurde und neuerlich die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung beantragt wurde, ist aber besonders darauf hinzuweisen, dass bei Einbringung des Nachprüfungsantrages und im gesamten Verfahren erster Instanz als Gründe für die Rechtswidrigkeit (§ 59 Abs. 3 Z 5 Oö. Vergabegesetz) der Zuschlagsentscheidung geltend gemacht wurden:
- a) vergaberechtswidrige Wahl des Verhandlungsverfahrens
- b) Überschreitung der höchstzulässigen Zuschlagsfrist und
- c) nicht ausreichendes Nachkommen der Mitteilungspflicht durch den Auftraggeber.
Diese Gründe wurden als nicht gegeben von der Behörde festgestellt und beurteilt und daher aus diesen Gründen die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung abgewiesen. Der begründete Nachprüfungsantrag der Antragstellerin bzw. nunmehrigen Bw im Zusammenhalt mit dem diesbezüglich ergangenen und nunmehr angefochtenen Bescheid erster Instanz bildet die 'Sache' für das Berufungsverfahren gemäß § 66 Abs. 4 AVG. Diese ist einer Rechtmäßigkeitskontrolle in dem Sinn, ob die Behörde erster Instanz in gesetzmäßiger Weise vorgegangen ist, im Berufungsverfahren zu unterziehen. Es hat daher der Gesetzgeber für Vergabewesen zur Abgrenzung des einer Prüfung unterzogenen Gegenstandes in § 59 Abs. 3 Oö. Vergabegesetz bestimmt, dass der Nachprüfungsantrag die angefochtene Entscheidung genau zu bezeichnen hat und die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, im Antrag anzuführen sind und demgemäß auch ein bestimmtes Begehren zu stellen ist (§ 59 Abs. 3 Z 1, 5 und 6 leg. cit.). Es wurden daher von der Bw die oben angeführten Gründe als Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, genannt. In diesen Antragsgründen wurden jedoch Ausscheidungsgründe wie die Behauptung von Absprachen mit einer Bieterin und des nicht plausiblen Preises im Angebot einer Bieterin nicht erwähnt. Diese Gründe waren daher auch nicht Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens erster Instanz und können daher auch nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens werden. Dies insbesondere auch deshalb, weil die Einbringung des Nachprüfungsantrages fristgebunden ist. Gemäß § 59 Abs. 1 letzter Satz Oö. Vergabegesetz ist nämlich ein Nachprüfungsantrag gegen die Zuschlagsentscheidung nur zulässig, wenn er innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung der Mitteilung gemäß § 31 Abs. 4 Oö. Vergabegesetz eingebracht wird, wobei die Mindestanforderungen an den Antrag gemäß § 59 Abs. 3 Oö. Vergabegesetz einzuhalten sind. Dies bedeutet, dass die Regelung über einen bestimmten Mindestinhalt des Antrages gemäß § 59 Abs. 3 Oö. Vergabegesetz so zu lesen ist, dass ein dem § 59 Abs. 3 Oö. Vergabegesetz entsprechender Antrag innerhalb der Antragsfrist von zwei Wochen ab Zustellung der Mitteilung nach § 31 Abs. 4 einzubringen ist. Es sind daher die Gründe gemäß § 59 Abs. 3 Z 5 Oö. Vergabegesetz ebenfalls in der Einbringungsfrist von zwei Wochen zu benennen.
Wenn hingegen die Bw in der eingebrachten Berufung die ursprünglich geltend gemachten Gründe des Nachprüfungsantrages nicht mehr weiter verfolgt und hingegen erstmalig Gründe in der Berufungsschrift anführt, so hat sie insbesondere auch die Fristgebundenheit des ordnungsgemäßen Antrags unbeachtet gelassen bzw. die Antragsfrist nicht eingehalten. Bei einer anderen Auslegung dieser Bestimmung könnte ansonsten die Antragsfrist umgangen werden und so gesehen ein Nachprüfungsverfahren ad infinitum angestrengt werden.
Darüber hinaus ist dem Oö. Verwaltungssenat auch kein Grund ersichtlich, warum die nunmehr im Berufungsverfahren angeführten Rechtswidrigkeiten bzw. Gründe für eine Rechtswidrigkeit nicht schon im Verfahren erster Instanz vorgebracht wurden.
..."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der Übergangsregel des § 20 Abs. 2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz, LGBl. Nr. 153/2002, unterliegen Vergabeverfahren, die vor Inkrafttreten dieses Landesgesetzes durch einen nach außen in Erscheinung tretenden Akt des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin eingeleitet wurden, hinsichtlich der Nachprüfung weiterhin den Bestimmungen des 4. Teiles des Oö. Vergabegesetzes, LGBl. Nr. 59/1994 i.d.F. LGBl. Nr. 79/2000.
Gemäß § 58 Abs. 1 Oö. Vergabegesetz, LGBl. Nr. 59/1994, kann ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines diesem Landesgesetz unterliegenden Vertrages mit einem Auftraggeber behauptet, die Nachprüfung einer Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, wenn ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
Gemäß § 59 Abs. 1 leg. cit. ist, sofern nicht die Zuschlagsentscheidung bekämpft wird, ein Nachprüfungsantrag vor erfolgter Zuschlagserteilung nur zulässig, wenn der betreffende Unternehmer den Auftraggeber von der behaupteten Rechtswidrigkeit und der beabsichtigten Antragstellung nachweislich unterrichtet hat und der Auftraggeber nicht innerhalb von zwei Wochen die behauptete Rechtswidrigkeit beseitigt hat. Der Nachprüfungsantrag ist binnen weiterer zwei Wochen nach Ende dieser Frist einzubringen. Ein Nachprüfungsantrag, der sich gegen die Zuschlagsentscheidung richtet, ist nur zulässig, wenn der Antragsteller eine Mitteilung gemäß § 31 Abs. 4 beantragt hat und ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Mitteilung einzubringen.
Gemäß § 59 Abs. 3 leg. cit. hat der Antrag mindestens zu enthalten:
1. Die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens sowie der angefochtenen Entscheidung;
- 2. die genaue Bezeichnung des Auftraggebers;
- 3. eine genaue Darstellung des maßgeblichen Sachverhalts einschließlich des Interesses am Vertragsabschluss;
4. Angaben über den drohenden oder bereits eingetretenen Schaden;
5. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt;
- 6. ein bestimmtes Begehren und
- 7. in den Fällen des Abs. 1 den Nachweis, dass der Auftraggeber von der behaupteten Rechtswidrigkeit und der beabsichtigten Antragstellung unterrichtet wurde, sowie den Hinweis darauf, dass der Auftraggeber die Rechtswidrigkeit nicht fristgerecht behoben hat.
Die von der belangten Behörde vertretene Auffassung über die Begrenzung der Kognitionsbefugnis der Nachprüfungsbehörde auf die im Nachprüfungsantrag geltend gemachten Gründe wird von der beschwerdeführenden Partei bekämpft, und zwar zu Recht:
Im Einklang mit dem Beschwerdevorbringen ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht zu finden, dass die im § 59 Abs. 3 Z. 5 Oö. Vergabegesetz enthaltene Antragsvoraussetzung als in den Verwaltungsvorschriften enthaltene Abweichung vom Grundsatz der Amtswegigkeit bei der Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes im Sinne des § 39 Abs. 2 erster Satz AVG anzusehen wäre. Es ist auch nicht zu sehen, dass Derartiges vom Gesetzgeber gewollt wäre. Wenn es in den Materialien (Bericht des Ausschusses für Finanzen betreffend das Landesgesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Oö. Vergabegesetz), Beilage 438/1994 zum kurzschriftlichen Bericht des Oö. Landtages, XXIV. GP, S. 23) heißt, dass § 59 Abs. 3 den notwendigen Inhalt des Antrages regelt, so kann das nicht dahin verstanden werden, dass mit dieser Regelung eine im Sinne des Art. 11 Abs. 2 B-VG zur Regelung des Gegenstandes erforderliche abweichende Regelung (zum AVG) getroffen werden sollte. Vergleichbar mit der Regelung des § 63 Abs. 3 AVG, dass eine Berufung einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten hat, stellen die Gründe nach § 59 Abs. 3 Z. 5 Oö. Vergabegesetz, (nur) ein Formalerfordernis dar, ohne etwas daran zu ändern, dass - wenn dem Antragserfordernis des § 59 Abs. 3 Z. 5 Oö. Vergabegesetz entsprochen wurde - die Behörde auch auf späteres, neues Vorbringen der Partei Bedacht zu nehmen hätte (zur Regelung des § 63 Abs. 3 AVG vgl. schon das hg. Erkenntnis vom 20. September 1951, Slg. Nr. 2227/A). Auch enthält das Gesetz keine Begrenzung des Streitgegenstandes, wie dies etwa § 41 Abs. 1 erster Satz VwGG vorsieht oder auch nunmehr das Oö. Vergabenachprüfungsgesetz in § 2 Abs. 2 hinsichtlich der "im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte" (also auch nicht hinsichtlich der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt).
Damit kann aber auch keine Rede davon sein, dass durch das Antragserfordernis des § 59 Abs. 3 Z. 5 Oö. Vergabegesetz die Verpflichtung der Berufungsbehörde nach § 66 Abs. 4 AVG, nämlich "in der Sache" zu entscheiden, im Sinne eines Neuerungsverbotes begrenzt würde.
Bei einem anderen Auslegungsergebnis, würde im Übrigen § 82 Abs. 7 AVG zum Tragen kommen, wonach alle in Vorschriften des Bundes und der Länder enthaltenen Bestimmungen, die von u.a. § 39 Abs. 2 und 3 abweichen, mit Ablauf des 31. Dezember 1998 außer Kraft treten.
Der angefochtene Bescheid war daher - ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 27. November 2003
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