BVwG L515 2173263-1

BVwGL515 2173263-121.11.2017

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §28 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:L515.2173263.1.00

 

Spruch:

L515 2173260-1/3E

 

L515 2173263-1/4E

 

L515 2173267-1/3E

 

L515 2173269-1/3E

 

L515 2173272-1/3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.09.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.09.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.09.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.09.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

5.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.09.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrenshergang

 

I.1. I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP1" bis "bP5" bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Armenien und brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich im September 2015 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") Anträge auf internationalen Schutz ein.

 

I.2. Die männliche bP1 und die weibliche bP2 sind Ehegatten und die Eltern der minderjährigen bP3 – bP5.

 

bP1 brachte zusammengefasst vor, sich in Gyumri im Jahre 2012 anlässlich von Wahlen engagiert zu haben. Jene Partei, die er unterstützte, sei unterlegen. Seither werde die bP verschiedenen Repressalien ausgesetzt gewesen, welche sei schließlich veranlasst hätten, das Land zu verlassen. Konkret brachte die im Wesentlichen Folgendes vor:

 

" LA: Wann waren Sie zuletzt in Armenien?

 

VP: Im Jahr 2013. An den Tag kann ich mich erinnern, es war Mitte April.

 

LA: Mit wem haben Sie dort zusammen gewohnt?

 

VP: Mit meiner Ehefrau und meinen Kindern. Meine Tante, die mich großgezogen hat hat auch einige Zeit mit uns gelebt.

 

LA. Wann hatten Sie zuletzt Kontakt nach Armenien?

 

VP: Ich habe jetzt auch Kontakt, ich spreche manchmal mit den Bekannten in Armenien.

 

LA: Zu welchen Personen haben Sie Kontakt?

 

VP: Mit Freunden und Bekannten.

 

LA: Was haben Sie danach gemacht?

 

VP. Ich war selbstständig. Ich hatte einen Laden.

 

LA: Wo war dieser Laden?

 

VP: Im Viertel XXXX . Der Laden ist nicht mehr in Betrieb.

 

LA. Haben Sie genug verdient um Ihre Familie zu versorgen?

 

VP: Durchschnittlich, normal. Nebenbei war ich auch als Taxifahrer tätig. Wir konnten schon für unseren Lebensunterhalt sorgen.

 

LA: Hat Ihre Frau auch gearbeitet?

 

VP: Ja. Sie hat in unserem Laden verkauft.

 

LA: Waren Sie in Armenien politisch tätig?

 

VP: Ja.

 

LA. Bitte erzählen Sie, was Sie in der Politik gemacht haben!

 

VP: Ich war mit den Politikern in dieser Stadt bekannt. Ich habe für die gearbeitet. Ich war kein Parteimitglied, ich habe für die Politiker gearbeitet. Ich habe für den ehemaligen XXXX von Gyümri namens XXXX gearbeitet.

 

LA. Bei welcher Partei war der ehem. XXXX ?

 

VP: Von der Hanrapetakan-Partei. Ich möchte noch sagen, dass heute sich vieles geändert hat. Der alte XXXX ist nicht mehr bei der Partei.

 

LA: Wie haben Sie für den ehem. XXXX gearbeitet?

 

VP: Wir haben bei den Wahlen unsere Verwandten, Freunde und Bekannte alle überredet, dass sie den ausgewählten Kandidaten von XXXX wählen. Ich habe versucht, die Wahlen zu seinem Vorteil zu organisieren. Daraus sind meine Probleme entstanden.

 

LA: War XXXX damals der aktuelle XXXX ?

 

VP: Ja.

 

LA. Wann waren die Wahlen?

 

VP: Am 02.05.2012. Ich bin bei den Wahlen nicht mehr präsent gewesen, weil es Ende Mai 2012 bei mir Probleme gab. Ich bin untergetaucht. Ich habe Unterlagen die belegen, dass ich polizeilich gesucht werde und meine Wohnung durchsucht wurde.

 

Anmerkung: VP legt im Original vor:

 

1. Ladung zur Zeugenaussage

 

2. Durchsuchungsbefehl

 

3. Durchsuchungsbericht

 

LA: Woher haben Sie diese Unterlagen?

 

VP: Die Polizei hat diese Unterlagen zu Hause bei uns abgegeben.

 

LA. Ging es bei der Wahl darum wer XXXX wird?

 

VP: Das waren nicht XXXX wahlen. Das waren Parlamentswahlen. Wir wollten, dass der Kandidat XXXX ins Parlament gewählt wird. Ich habe diesen unterstützt.

 

LA. Wer hat die Wahl gewonnen?

 

VP: Der andere Mann XXXX ist gewählt worden.

 

LA: Wie war das Ergebnis für den Kandidaten welchen Sie unterstützt haben?

 

VP: Er wurde nicht gewählt. Nach diesen Wahlen hat XXXX sein Amt als XXXX verloren. XXXX ist später ein Parlamentsabgeordneter geworden, aber nicht durch die Wahlen, er ist jetzt Abgeordneter. Es ist daraus eine riesige Schlacht geworden. Seit 2012 in dieser Stadt sind 2 Gruppierungen, die gegeneinander sind, nicht nur politisch. Es gab auch Mord im Jahre 2013 durch die Entwicklungen.

 

LA. Welche Gruppierungen sind entstanden?

 

VP: Es gibt 2 Clans: einmal von dem ehem. XXXX XXXX , auch bekannt unter XXXX . Der andere Clan ist der von XXXX , welcher im Jahr 2012 gewählt wurde und dessen Vater XXXX .

 

LA: Wann haben Sie zum ersten Mal daran gedacht, nach Europa zu gehen?

 

VP: Als mein Bruder im Jahr 2013 uns besucht hat und das alles auch miterlebt und gesehen hat. Er war auch beim Begräbnis des Mordfalls, er hat mir geraten das Land zu verlassen.

 

LA: Wann haben Sie Armenien verlassen?

 

VP: 2015. Als es sich zugespitzt hat haben sich zwei verschiedene Gruppen gebildet. Der Getötete war aus unserem Viertel.

 

LA. Sind Sie legal oder illegal aus Armenien ausgereist?

 

VP: Legal.

 

LA. In welches Land sind Sie ausgereist?

 

VP: Georgien.

 

LA: Wie haben Sie Ihre Heimat verlassen? VP: Mit dem Bus.

 

LA: Sie haben heute Gelegenheit, die Gründe für Ihren Antrag auf internationalen Schutz ausführlich darzulegen. Versuchen Sie nach Möglichkeit, Ihre Gründe so genau zu schildern, dass diese auch für eine unbeteiligte Person nachvollziehbar sind. Schildern Sie bitte, warum Sie Ihr Heimatland verlassen haben? Nennen Sie mir bitte ausführlich Ihre Fluchtgründe.

 

VP: Beginn der freien Erzählung

 

Alles hat Ende März 2012 angefangen. Es standen die Wahlen am 02.05.2012 bevor. An jenem Tag am 30. März kam der besagte XXXX (dessen Sohn der Abgeordnete namens XXXX ist) an unserem Laden in unserem Viertel vorbei und sagte, dass Anfang Mai 2012 sein Sohn zum Abgeordneten gewählt werden soll. Ich habe daraufhin gesagt, ja, jeder hat seine politischen Ansichten. Ich war für den anderen Kandidaten XXXX . Daraufhin haben seine Leibwächter sehr böse reagiert. Sie haben mich angegriffen und XXXX persönlich auch. Es war vor unserem Gebäude wo wir standen. Mehrere Frauen haben noch Hilferufe oder Schreie von sich gegeben. Unser Laden wurde geschlossen. Die Polizei handelt nicht für die Bürger sondern für die korrupten Politiker. Die Polizei hat Angst vor solchen Autoritäten wie XXXX und seinem Clan. 2013 kam mein Bruder. Genau zu dieser Zeit wurde der XXXX von der anderen Gruppierung getötet. Er war aus unserem Viertel. Er war ein Sandkastenfreund von mir, aber wir waren verfeindet, weil der die Gegenpartei unterstützte. Das Ganze könnte man auf Youtube und Facebook auf einem Video finden. Mir und meinem Leben droht Gefahr, wenn wir nach Armenien zurückkehren. Meine Familie bedeutet mir zu viel um sie einer solchen Gefahr auszusetzen.

 

Ende der freien Erzählung

 

LA: Konnten Sie alle Ausreisegründe schildern?

 

VP: Ich habe sehr viel im Kopf. Ich weiß nicht, was ich erzählen soll und was ich nicht erzählen soll. Ich würde gerne Fragen beantworten.

 

LA: Was war das fluchtauslösende Ereignis? Wann haben Sie gedacht, dass Sie nicht mehr in Armenien bleiben können?

 

VP: Die herrschende Situation dort dieses Wahlverlaufs hat mich dazu gezwungen, dass ich dieses Land verlasse, weil ich mich nicht mehr in Sicherheit fühlte. Der Todesfall von 2013 war ein Beweis dafür, wie wertlos ein Menschenleben bei uns ist und wie man mit politischen Gegnern umgehen kann. Es hat mich dazu bewegt. Das kann man sich leider nur vorstellen wenn man dort lebt und das sieht.

 

LA: Zu welcher Tageszeit ist XXXX zu Ihrem Laden gekommen?

 

VP: Vormittags gegen 11:30 Uhr. Das war sehr unerwartet. Bevor dieser XXXX bei mir vorbeigekommen ist war der getötete Kindheitsfreund von mir XXXX , bekannt unter XXXX zu mir und sagte, dass XXXX mich sprechen möchte. Die wussten alle, dass ich für den amtierenden XXXX und dessen Kandidaten war. Wäre ich zu XXXX gegangen, wäre die Frage von XXXX : Vergiss den XXXX und mach das Ganze für meinen Sohn. Jede Widerrede meinerseits hätte mich in Gefahr gebracht. Deshalb habe ich XXXX gesagt, dass ich nicht zu XXXX komme. Nach 5 Minuten hat XXXX telefoniert, gleich danach kam XXXX mit seinen fünf Leibwächtern.

 

LA. Kam die Polizei zum Laden?

 

VP: Ich bin gleich abgehauen, ich weiß es nicht. Ich in gleich untergetaucht, ich habe alles verlassen wie es war um mein Leben zu retten.

 

LA: Inwiefern wurden Sie von XXXX und den Leibwächtern angegriffen?

 

VP: Die Leibwächter des XXXX haben mich körperlich attackiert, auf den Boden geworfen und sich davongemacht. Das kann man auch damit belegen, dass die politischen Spiele und wie viel Macht XXXX hat, dass ich eine Ladung zur Zeugenaussage und eine Hausdurchsuchung bei mir eingeleitet hat. Weil XXXX eine große Autorität ist, die Polizei lässt sich davon führen.

 

LA. Warum wurde Ihr Laden geschlossen?

 

VP: Meine Frau hat den Laden geschlossen weil er schon bankrott war.

 

LA. Wann haben Sie die Ladung zur Zeugenaussage erhalten?

 

VP: Ich habe diese nicht persönlich erhalten. Ich war nicht da.

 

LA. Wer hat sie dann erhalten?

 

VP: Meine Frau. Meine Tante hat das entgegengenommen.

 

LA. Wie wurde die Ladung begründet? Warum wurden Sie geladen?

 

VP: Das weiß ich nicht, aber eine Zeugenaussage, die mich in eine Falle locken könnte.

 

Anm: Übersetzung Ladung: Aktenzeichen XXXX .

 

Sie werden aufgefordert als Zeuge aufzutreten am 02.04. um 10:00 Uhr als Zeuge aufzutreten. Wenn Sie nicht erscheinen werden Sie zwangsweise vorgeführt.

 

LA. Wo befanden Sie sich zu dieser Zeit als die Ladung zugestellt wurde?

 

VP: Ich war schon in Tiflis. Nachdem der Sohn des XXXX gewählt wurde, wurde ich auch nicht zur Zeugenaussage vorgeführt. XXXX kann die Polizei dazu bewegen, eine Untersuchung bei mir durchzuführen, obwohl ich nichts falsch gemacht habe. Ich freue mich, dass ich nicht in Armenien bin, wo in zwei Monaten die Wahlen stattfinden.

 

LA: Wann hat Ihre Frau Armenien verlassen?

 

VP: Ungefähr Mitte, Ende Juli 2016.

 

LA. Sind Sie vor den Wahlen aus Armenien ausgereist?

 

VP: Nach den Wahlen.

 

LA. Wie viele Tage/Wochen nach den Wahlen?

 

VP: Am 02.05.2012 waren die Wahlen. Zu dieser Zeit war ich in Tiflis und habe mich mehrere Wochen dort versteckt.

 

LA. Wann hat Ihre Tante die Ladung erhalten?

 

VP: Am 02.04.2012. Meine Tante hat gesagt, dass die eine Ladung zur Zeugenaussage bringen, die verspätet ist. Sie haben gesagt, sie soll sich nicht einmischen.

 

LA. Wer hat das gesagt?

 

VP: Maskierte Polizisten.

 

LA: Wie viele maskierte Polizisten haben die Ladung gebracht?

 

VP: Eine genaue Zahl kann ich nicht nennen, vielleicht kann meine Frau das sagen.

 

LA. Woher wussten Sie, dass es Polizisten sind?

 

VP: Die waren uniformiert.

 

VP: Um wie viel Uhr haben sie die Ladung gebracht?

 

VP: Um sieben Uhr morgens. Ich weiß nicht genau, um welches Papier es sich handelte weil ich nicht da war.

 

LA. Sind die maskierten Polizisten später nochmals zu Ihrem Haus gekommen?

 

VP: Zwei, drei Mal. Es war die 6. Abteilung.

 

LA. Wann wurde das Haus durchsucht?

 

VP: Zu dieser Zeit war das auch, den genauen Tag kann ich nicht sagen.

 

LA: Wie lange waren Sie in Georgien?

 

VP: 20 Tage war ich in Georgien, dann bin ich heimlich nochmal zurückgekehrt, dann bin ich wieder nach Georgien gefahren. Trotz dass ich polizeilich gesucht werde kann ich die Grenze mit dem Pass überqueren. Weil das politisch arrangiert ist. Wenn ich polizeilich gesucht werde und es dafür einen Grund gibt, warum werde ich nicht an der Grenze angehalten wenn ich aus Armenien ausreise.

 

LA. Das heißt ja, dass Sie nicht polizeilich gesucht werden wenn Sie legal ausreisen konnten!

 

VP: Ich kann auch nicht sagen wie das läuft, die Polizisten haben das gebracht. Wenn man eine Ladung bekommt, dann sollte es auch eine begründete Straftat sein, wo man als Zeuge aussagt. Bei mir war das nicht so, sie wollen mich in eine Sache verwickeln. Die wollen mir Böses. Die Korruption ist immens. Die Politiker sind einer schlimmer als der andere. Sie sind bestechlich. Nur die korrupten bleiben in Armenien an der Macht.

 

LA: Sind Sie beide Male legal aus Armenien ausgereist?

 

VP: Ja.

 

LA. Wann sind Sie von Georgien nach Armenien zurückgekehrt?

 

VP: Alle 10, 15 Tage war ich ein paar Mal nachts in Armenien.

 

LA. Was haben Sie dort gemacht?

 

VP: Meine Freunde treffen und sprechen. Es war eine große Sache daraus geworden. Ich hatte Schutz und Halt gesucht, aber es war nicht möglich, weil der XXXX wurde abgesetzt, der XXXX war ein Feind, die Polizei war kein Schutz und keine Hilfe für den normalen Bürger.

 

LA. Wieso vermuten Sie, dass es einen Hintergedanken bei der Ladung gab? Vielleicht hätten Sie wirklich in einer Sache als Zeuge aussagen sollen?

 

VP: Wofür sollte ich eine Aussage machen? Es gab keinen Zwischenfall der passiert war. Es gibt keine Meinungsfreiheit bei uns. Wenn ich als Zeuge geladen werde und dort die Wahrheit sage, was einen Politiker betrifft, kann ich mit meinem Leben abschließen. XXXX kann über jeden sagen was er will. Wenn ich eine Aussage gegen ihn mache kostet es mein Leben.

 

LA. Welche Position hatte XXXX vor der Wahl?

 

VP: Er hatte weder vor noch nach der Wahl eine Position, er war eine Autoritätsperson. Sein Sohn wurde gewählt.

 

LA. Wann wurde Ihr Sandkastenfreund ermordet?

 

VP: Im April 2013.

 

LA: Von wem wurde er ermordet?

 

VP: Der Sohn von dem Bruder des ehem. XXXX XXXX . Der Name des Mörders ist XXXX .

 

LA. Wie kam es zu dieser Tat?

 

VP: Es gibt eine Aufnahme auf YouTube, wo der Mörder, dieser XXXX , darüber erzählt, wie dieser Kindheitsfreund XXXX und XXXX mit dem Auto unterwegs waren. Sie haben XXXX verfolgt. XXXX war mit einem anderen Auto unterwegs. Auf der Straße XXXX kam es zum Zwischenfall, wo XXXX auf die beiden XXXX und XXXX geschossen hat. Den einen hat er tödlich verletzt, der andere trug eine Verletzung davon. XXXX machte später die Aussage, dass er auf dem Weg war um die Waffe des XXXX zu verstecken, was absoluter Schwachsinn ist.

 

LA. Wo waren Sie zu dieser Zeit?

 

VP: Mein Bruder war gerade aus Europa zu besuch, wir sind essen gegangen im Dorf. Wenn ich in der Stadt wäre, hätten die mich bestimmt auch festgenommen.

 

LA. Wieso wurde XXXX erschossen?

 

VP: Es war ein alter Zwischenfall, eigentlich eine Racheaktion begründet auf einen Zwischenfall, wo der Sohn von diesem XXXX (Mitfahrer von XXXX ), einen aus dieser Clique körperlich verletzt hat. Sie haben diesen Fall nicht vergessen.

 

LA: Wieso wurden ausgerechnet Sie bedroht? Es gab bestimmt andere, die den ehem. XXXX unterstützten!

 

VP: Ich habe auf keinen Fall gesagt, dass ich der einzige war, der bedroht wurde oder in Gefahr ist. Zum Beispiel XXXX , der nicht mehr lebt oder andere die entweder geflohen sind, oder dort unter Angst leben. Es gibt kein Jahr wo es nicht zwei, drei Tote gibt oder welche, die ins Gefängnis kommen. Ich möchte ein sicheres, angstbefreites Leben für meine Kinder führen, die noch klein sind und solche Sachen nicht erlebt haben. Ich möchte es meinen Kindern ersparen, wir sind hier entspannter und stressfrei.

 

LA. Wo wohnt XXXX ?

 

VP: In Gyümri.

 

LA Wieso gingen Sie nicht in eine andere Stadt?

 

VP: Es macht keinen Unterschied in Armenien.

 

LA. Warum nicht?

 

VP: Das ist für solche Leute überhaupt nicht schwer, dich woanders zu finden. Sein Sohn ist abgeordneter, das ist in Armenien schon eine große Rolle. XXXX ist einer der sogar mit dem Präsidenten des Landes zu tun hat. Für ihn gibt es keine Grenzen, wenn er wüsste dass ich hier bin könnte er morgen in Österreich sein.

 

LA. Warum hat XXXX so großes Interesse an Ihrer Person?

 

VP: XXXX weiß, dass ich für den alten XXXX war und für den immer gearbeitet habe und für seine Interessen alles getan habe. Er war ein Rivale des XXXX , ich bin ein Feind für ihn.

 

LA: Wo lebt der ehem. XXXX im Moment?

 

VP: In Gyümri. Ich möchte nochmal sagen, dass diese auch in Europa Häuser haben.

 

LA. Wieso kann der XXXX in Gyümri leben, obwohl er der eigentliche Rivale ist?

 

VP: Es ist nicht so, dass der ehem. XXXX keine Angst hat. Aber das ist eine andere Ebene, die haben Leibwächter, die begegnen sich fast nie. Es ist nicht so, dass einer den anderen angreift. Sie leben geschützt. Einfache Bürger können ihr Leben nicht schützen.

 

LA: Was hätten Sie im Falle einer Rückkehr in Ihr Heimatland zu befürchten?

 

VP: Ich habe Angst um mein Leben. Alles was geschehen ist ist noch nicht vorbei. Es ist eine Lebensart. Ich bin in diese ganze Sache verwickelt und werde noch bedroht. Meine Kinder sind in Gefahr. Ich will einfach nicht zu dieser alten Lebenslage zurückkehren. Ich habe gar nichts dort. Es gibt viele, die dort unter diesen Umständen leben. Es ist ein Überlebenskampf. Es ist eine andere Kultur, hier bin ich sicher, sobald ich nach Armenien komme werde ich wieder in diese Entwicklungen verwickelt, es ist ein Sumpf, das sage ich Ihnen mit Sicherheit. Es ist ein Sumpf, man versinkt ganz tief, wenn ich eine andere Möglichkeit gäbe wäre ich nicht hier, das einzig sinnvolle war, nach Europa auszuwandern.

 

LA: Warum sollte XXXX nach der Wahl Interesse daran haben Ihnen zu schaden?

 

VP: Es ist wie ein Rad, das sich dreht. Jetzt sind Wahlen, wäre ich dort, hätte ich die gleichen Probleme wie damals. Entweder sollte ich XXXX unterstützen, er ist immer noch politisch aktiv und eine Autorität. Oder ich sollte XXXX unterstützen. Eines von diesen zweien. Das ist ein schmutziger Kampf um Geld und Macht. Ich war in dieser Geschichte verwickelt. Deshalb: Ich bin froh, dass ich dieses Jahr nicht dort bin und die Wahlen an mir vorbeigehen.

 

LA. Sind Sie gemeinsam mit Ihrem Sohn nach Europa gereist?

 

VP: Ja.

 

LA. Nur mit einem Sohn?

 

VP: Ja. Ich habe ihnen mitgeteilt, dass ich meine Frau und meine Kinder auch holen möchte.

 

LA: Wieso sind Sie nicht alle zusammen als Familie ausgereist?

 

VP: Ich habe als erstes das Land verlassen, weil ich mich in Sicherheit bringen wollte. Alles was zurückgeblieben ist hat meine Frau erledigt.

 

LA: Sind Sie die gesetzliche Vertretung Ihrer drei Kinder?

 

VP: Ja.

 

LA: Haben Ihre Kinder eigene Fluchtgründe?

 

VP: Nein. Sie sind kleine Kinder. Ich habe Angst, dass dieser Streit über Generationen gehen könnte.

 

LA: Welches Land war Ihr Zielland?

 

VP: Eigentlich friedliches Leben, ich habe Österreich gewählt, weil mein Bruder hier wohnt. Mein Bruder ist selbstständig, ich könnte bei ihm als Briefzusteller arbeiten.

 

LA: Wieso wollen Sie hier in Österreich bleiben? VP: Ich möchte bei meinem Bruder hier bleiben, weil ich immer von ihm sehr fern gelebt habe. Ich möchte hier etwas Familiäres erleben mit meinem Bruder und meinen Kindern. Als Kind bin ich bei meiner Tante groß geworden, ich habe mein familiäres Umfeld vermisst.

 

LA: Erhalten Sie momentan Unterstützungen durch Caritas/GVS?

 

VP: Ja.

 

LA. Haben Sie in Österreich bisher gearbeitet?

 

VP: Nein, ich habe keine Arbeitserlaubnis.

 

LA: Auf welchem Niveau sprechen Sie deutsch? Haben Sie eine A1/A2 /B1 Prüfung gemacht?

 

VP: Nein, ich spreche wenig deutsch.

 

LA. Haben Sie einen Deutschkurs besucht?

 

VP: Ja. Ich werde A1 schaffen.

 

LA: Wollen Sie Unterlagen betreffend Integration vorlegen?

 

VP: Ja.

 

Anmerkung: VP legt vor:

 

• Bestätigung Ringerverein XXXX

 

• Schulbesuchsbestätigung XXXX

 

• Schulbesuchsbestätigung XXXX

 

• Schulbesuchsbestätigung Neue Mittelschule Lehen XXXX

 

• Teilnahmebestätigung XXXX freiwilliges Deutschtraining

 

LA: Können Sie Gründe namhaft machen, die für Ihre Integration in Österreich sprechen?

 

VP: Ich habe Freunde hier. In dem Ort wo wir wohnen mögen uns alle, auch einheimische Österreicher. Ich werde noch mehr Sprachkurse besuchen, damit ich Zeugnisse erwerbe. Ich habe aber noch keine Zeugnisse.

 

LA: Wie halten Sie es mit den österr. Gesetzen und Wertvorstellungen?

 

VP: Sehr gut.

 

LA: Sind Sie arbeitsfähig? Welche Arbeiten können Sie verrichten?

 

VP: Ja. Ich bin arbeitsfähig und würde gerne arbeiten.

 

LA: Besteht zu einer Person in Österreich ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis?

 

VP: Mein Bruder hilft uns finanziell.

 

LA: Ich stelle Ihnen nun ein paar allgemeine Fragen zur Abrundung der Einvernahme.

 

LA: Sind Sie vorbestraft im Herkunftsland oder einem anderen Land?

 

VP: Nein. LA: Besteht gegen Sie eine staatliche Fahndungsmaßnahme wie Haftbefehl oder Steckbrief?

 

VP: Das kann ich nicht sagen, weiß ich nicht. Ich habe kein Vertrauen in die armenischen Behörden oder Organe. Es kann sein, dass ich nicht gesucht werde, aber wenn ich dann da bin kommt eine Suchmeldung. Ich respektiere armenische Polizisten und die Polizei nicht, weil die nicht für den Bürger arbeiten.

 

LA: Hatten Sie persönliche Probleme mit staatlichen Behörden, Gerichten oder der Polizei in Ihrem Heimatland?

 

VP: Ja, wie ich geschildert habe mit der Polizei. Die ganze Aktion, die die Polizei gegen uns veranstaltet hat.

 

LA: Was müsste passieren, damit Sie wieder in Ihr Heimatland zurückkehren können?

 

VP: Wenn unser Land sich auf 100 Prozent verändert. Heute kann ich mir das gar nicht vorstellen. Das ist nicht realistisch, dass das in naher Zukunft passiert. Momentan vermeide ich Armenien, ich werde überall auf der Welt hingehen, aber nicht nach Armenien.

 

LA: Ich beende jetzt die Befragung. Haben Sie den Dolmetscher einwandfrei verstanden?

 

VP: Ja. LA: Wollen Sie noch etwas hinzufügen?

 

VP: Nein.

 

Verfahrensleitende Verfügung:

 

Ihnen werden nun mit "A" bezeichnete und mit Quellenangaben versehene landeskundliche Feststellungen zum Staat Pakistan [Anm.:

gemeint Wohl "Armenien"] ausgehändigt LA: Wollen Sie diese landeskundliche Feststellungen ausgehändigt haben?

 

VP: Ja.

 

"

 

Eine Stellungnahme zu den ausgehändigten Feststellungen zur asyl- und abschiebungs-relevanten Lage in der Republik Armenien langte nicht ein.

 

bP1 – bP5 beriefen sich auf die Gründe der bP1 und auf den gemeinsamen Familienverband.

 

bP1 brachte vor, an Hepatitis C zu leiden. In einem ärztlichen Befund eines öffentlichen Krankenhauses vom 21.3.2016 wurde in Bezug auf die bP Folgendes diagnostiziert:

 

Chronische Hepatitis C Virusinfektion Nikotinabusus

 

Depression

 

Adipositas

 

Im selben Befund wurde festgestellt, dass es der bP subjektiv im Wesentlichen gutgehe und eine antivirale Therapie in Bezug auf die Hepatitis-B-Infektion geplant sei, welche sich über eine Dauer von 12 Wochen erstrecken würde.

 

bP2 brachte vor an "gynäkologischen Problemen" zu leiden, welche auch schon in Armenien aufgetreten wären. Auf der Reise nach Österreich wären auch "Nierenprobleme" aufgetreten, in ärztlicher Behandlung befände sie sich deswegen nicht. Die bP2 kündigte an Befunde vorzulegen, falls sie sich in ärztliche Behandlung begeben würde, bis dato wurden jedoch keine Befunde vorgelegt.

 

In Bezug auf die minderjährigen bP2 – bP5 wurden keine relevanten Gesundheits-schädigungen vorgebracht.

 

I.2. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der bB gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

 

Aus dem Titel des Familienverfahrens gem. § 34 AsylG ergab sich ebenfalls kein anderslautender Bescheid.

 

I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu –zum Teil unter Vermengung von Elementen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung Folgendes aus(Wiedergabe an dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP1) :

 

Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:

 

Zu Ihren Fluchtgründen befragt haben Sie in der Erstbefragung sinngemäß und verkürzt dargestellt geltend gemacht, dass Sie in Armenien Mitglied der Hanrabedagan-Partei waren. Die gegnerische Pargawatsch-Partei war viel mächtiger und einflussreicher und setzte Sie unter Druck. Sie wurden von mehreren Personen geschlagen, weil Sie verhindern wollten, dass die Wahlen manipuliert werden. Sie wurden immer wieder seitens der gegnerischen Partei geschlagen und bedroht, daher hätten Sie schließlich das Land verlassen. Sie gaben an, dass dies alle Ihre Fluchtgründe wären.

 

In der Einvernahme vor dem BFA fügten Sie einige Dinge hinzu, obwohl Sie in der Erstbefragung angaben, alle Fluchtgründe genannt zu haben. Hierbei wird angemerkt, dass Sie auch zu Ihren in Armenien ausgeübten Berufen unterschiedliche Angaben machten.

 

Sie gaben in der Einvernahme an, dass Sie kein Parteimitglied waren, sondern für Politiker, darunter auch der ehemalige XXXX XXXX gearbeitet haben, indem Sie versuchten, für diesen möglichst viele Stimmen bei der Wahl im Mai 2012 zu sammeln.

 

Am 30.03.2012 wäre XXXX , dessen Sohn der Abgeordnete namens XXXX ist, zu Ihrem Laden gekommen und hätte gesagt, dass Anfang Mai sein Sohn zum Abgeordneten gewählt werden sollte. Sie hätten daraufhin gesagt, dass jeder seine politischen Ansichten hat. Sie wären für den anderen Kandidaten, XXXX . Die Leibwächter des XXXX hätten daraufhin sehr böse reagiert und hätten sie angegriffen. Mehrere Frauen hätten noch Schreie oder Hilferufe von sich gegeben. Ihr Laden wäre dann geschlossen worden. Im Jahr 2013 wäre Ihr Bruder nach Armenien gekommen, genau zu dieser Zeit wurde XXXX von der anderen Gruppierung getötet. Dies wäre das fluchtauslösende Ereignis gewesen, welches Sie zur Ausreise veranlasste.

 

Dieses Vorbringen wird der nachfolgenden Beweiswürdigung zugrunde gelegt, andere Fluchtgründe haben Sie über ausdrückliches Nachfragen – wie bereits ausgeführt – nicht geltend gemacht. In Betrachtung der Erstbefragung sowie der vor dem BFA durchgeführten Befragung kommt die ho. Behörde zu nachfolgend angeführten Erwägungen:

 

Sie gaben an, dass Sie eine Ladung zur Zeugenaussage erhielten und eine Hausdurchsuchung bei Ihnen durchgeführt wurde. Sie legten die dazugehörigen Dokumente im Original vor. Befragt, wie Sie diese erhalten haben, gaben Sie an, dass die Polizei diese bei Ihnen zu Hause abgegeben hat. Nicht nachvollziehbar ist, dass die Originale bei Ihnen abgegeben wurden, sollte das Original doch im Regelfall bei der Polizei bleiben. Hätte die Polizei zudem unrechtmäßig gehandelt, wären Ihnen niemals irgendwelche Schriftstücke dazu ausgehändigt worden.

 

Aus den Übersetzungen der von Ihnen vorgelegten Unterlagen kommt hervor, dass Sie für 02.04. dieses Jahres zur Vernehmung in der Ermittlungsabteilung von XXXX , Stadt Gjumri, als Zeuge vorgeladen wurden. Mehr lässt sich aus diesem Schreiben nicht erkennen, weshalb Sie geladen wurden, kommt aus dem Schreiben nicht hervor.

 

Aus dem vorgelegten Durchsuchungsbeschluss vom 01.04.2012 kommt hervor, dass Ihre Wohnung aufgrund des Verdachtes, dass sich dort Schusswaffen oder Munition befinden würden, durchsucht wird. In diesem Beschluss wird weiter berichtet, dass unter anderem XXXX , den Sie als so mächtig angaben, dass er in der Lage ist, die Polizei zu lenken, in eine Sportschule eingedrungen ist und deswegen ein Strafverfahren eingeleitet wurde. Zumal laut diesem Bericht ein Strafverfahren gegen XXXX eingeleitet wurde, ist jedenfalls nicht davon auszugehen, dass dieser über sonderlich viel Macht innerhalb Armeniens verfügen kann. Anderenfalls würde sein Name nicht auf dem Durchsuchungsbeschluss aufscheinen.

 

Weiter wird im Beschluss geschildert, dass ein gewisser XXXX zusammen mit zwei anderen Sie und eine weitere Person namens XXXX verprügelt hat.

 

Jedenfalls kommt aus den vorgelegten Unterlagen nicht hervor, dass die Vorgehensweise der armenischen Polizei nicht verhältnismäßig oder ungerechtfertigt scheint.

 

Nicht nachvollziehbar ist Ihr Vorbringen, die armenische Polizei hätte diesen Durchsuchungsbeschluss auf Angabe von XXXX fabriziert. Wie bereits geschildert, scheint XXXX selbst als Täter in diesem Beschluss auf. Zudem hätte es XXXX wohl nichts gebracht, wenn er angewiesen hätte, Ihr Haus zu durchsuchen, zumal er davon ausgegangen sein musste, dass Sie keine illegalen Besitztümer in Ihrem Haus haben.

 

Ein Zusammenhang mit der Ladung und Hausdurchsuchen mit dem Streit mit XXXX konnte also nicht festgestellt werden. Zumal Sie nach April 2012 noch mehrere Jahre in Armenien aufhältig waren und auch legal das Land verlassen konnten, ist es jedenfalls nicht glaubhaft, dass Sie von irgendwelchen Behörden in Armenien gesucht werden.

 

Sie gaben in der Erstbefragung an, dass Sie ein Parteimitglied der "Hanrabedagan-Partei" sind. Widersprüchlich dazu gaben Sie in der Einvernahme vor dem BFA an, dass Sie kein Parteimitglied sind. Wie aus Ihren Angaben bezüglich Ihrer politischen Aktivitäten in Armenien zu erkennen war, stellen Sie selbst keine bedeutende politische Persönlichkeit in Armenien dar. Sie widersprechen sich diesbezüglich auch in Ihren Angaben, weshalb daran zu zweifeln ist, dass Sie überhaupt je politisch aktiv waren. Selbst, wenn man Ihren Angaben Glauben schenken würde, so waren Sie lediglich in die Lokalpolitik von Gjumri involviert und hätten diese Probleme durch einen Umzug in eine andere Stadt umgehen können.

 

Die persönlich Sie betreffenden Probleme fanden im Vorfeld der Wahlen im Mai 2012 statt. Da ohnehin die gegnerische Partei diese Wahl für sich entschieden hat, haben sich Ihre Probleme – sollten diese stattgefunden haben – nach der Wahl erübrigt. Denn nach der Wahl gibt es niemanden mehr, den man bei der Wahl unterstützen kann. Sie gaben dazu an, dass es wie ein Rad ist, welches sich dreht. Wären Sie 2017 bei den Wahlen in Armenien anwesend gewesen, so hätten Sie wieder jemanden unterstützen müssen. Alleine aus der Tatsache, dass Sie eine Auseinandersetzung mit einer Privatperson, welche eine andere politische Meinung vertritt, hatten, lässt jedoch nicht darauf schließen, dass Ihnen ein Aufenthalt in Armenien nicht möglich ist. Es kann hier nur darauf hingewiesen werden, dass Meinungsverschiedenheiten aufgrund unterschiedlicher politischer Ansichten in jedem demokratischen Land auftreten können.

 

Sie widersprechen sich in Ihren Angaben mit jenen Ihrer Frau. Diese gab an, dass es in Ihrem Geschäft eigentlich nur Lebensmittel zu kaufen gab. Sie selbst schilderten, dass es dort alles, von Lebensmittel über Kleider bis zu Haushaltswaren zu kaufen gab. Hätten Sie in Armenien tatsächlich einen Laden gehabt, wären Sie und Ihre Frau auch imstande gewesen, gleiche Angaben zu tätigen.

 

Befragt, warum Ihr Laden geschlossen wurde, gaben Sie an, dass dieser bankrott war. Die Schließung des Ladens steht also nicht mit den vorgebrachten Problemen in Zusammenhang. Ihr Frau tätigte dazu im Widerspruch andere Angaben: Mitglieder der Gegengruppierung derer, der Ihr Mann angehörte, hätten aus dem Laden immer wieder Sachen abgeholt, daher wäre der Laden bankrott gewesen. Würde diese Aussage der Wahrheit entsprechen, so hätten Sie dies ebenso angegeben wie Ihre Frau.

 

Ihre Frau schilderte auch, dass es mehrmals zu Hausdurchsuchungen kam, jedoch aus Ihren Angaben kam nicht hervor, dass mehr als eine Hausdurchsuchung stattfand. Weiter gab Ihre Frau an, dass ihr die Ladung an Sie zugestellt wurde. Sie hingegen gaben an, dass diese Ihrer Tante zugestellt wurde. Befragt, wie die Mitarbeiter aussahen, welche Ihnen die Ladung brachten, schilderte Ihre Frau, dass es ein Mann war, welcher zivil bekleidet war. Aus Ihren Angaben kommt hervor, dass es maskierte Polizisten in Uniform waren.

 

Ihre Frau gab auch an, dass die Polizei ihr sagte, dass sie Sie suchen und deswegen das Haus durchsuchten. Wäre die Polizei tatsächlich so bemüht gewesen, Sie aufzufinden, wären Sie bei Ihrer legalen Ausreise aus Armenien jedenfalls angehalten worden.

 

Die gravierenden Widersprüche zwischen Ihren Angaben und jener Ihrer Frau zeigen jedenfalls, dass Ihr Vorbringen nicht der Wahrheit entsprechen kann. In diesem Fall hätten Sie und Ihre Frau nämlich gleichbleibende Angaben gemacht.

 

Sie gaben an, dass im April 2013 Ihr Sandkastenfreund XXXX , der Sohn des ehemaligen XXXX XXXX , ermordet wurde. Von diesem Mordfall waren Sie nicht persönlich betroffen, selbst gaben Sie an, dass es um einen alten Zwischenfall ging, der mit einer Racheaktion in Zusammenhang stand.

 

Sie hatten die angegebenen Probleme, da Sie den ehemaligen XXXX unterstützt haben. Nicht nachvollziehbar ist daher, dass dieser nach wie vor in Gjumri leben kann. Sie gaben an, dass der Unterschied darin liegt, dass der ehemalige XXXX Leibwächter hat, Sie als einfacher Bürger über keinerlei solche Mittel verfügen. Dennoch sei hier angemerkt, dass Sie keine bedeutende Persönlichkeit in der armenischen Politik darstellen, somit kein Grund für irgendjemanden besteht, Ihnen etwas anzutun, vor allem jetzt, wo die Wahlen schon vorübergegangen sind.

 

Sie gaben im Zuge der freien Erzählung in der Einvernahme an, dass die Polizei nicht für Bürger, sondern für korrupte Politiker handelt. Zudem hat die Polizei Angst vor solchen Autoritären wie XXXX und seinem Clan. Sie beschuldigen in Ihren Aussagen die armenische Polizei der Korruption. In Gegenüberstellung des Befragungsergebnisses zu den Ihnen zur Kenntnis gebrachten landeskundlichen Feststellungen ist zu sagen, dass Ihr Herkunftsstaat trotz marginaler Defizite in der Wahrung von Bürgerrechten im Grundsätzlichen willens und fähig ist, seinen Bürgern Schutz und Hilfe vor strafrechtsrelevanten Übergriffen zu bieten, das sagen die beigeschafften Dokumentationsquellen ganz klar. Anzumerken ist in diesem Kontext, dass es keine Hinweise gibt, dass die armenische Polizei untätig ist bzw. die Bürger vor Bedrohungen oder Übergriffen von Privatpersonen nicht schützen könne bzw. würde. Zwar ist Korruption in Armenien vorhanden, doch geht aus den Länderinformationen hervor, dass die armenische Polizei willens und fähig ist, ihre Bürger zu schützen. Alleine daraus, dass manche Polizisten Handlungen tätigen, welche nicht im Sinne des armenischen Staates sind, also beispielsweise Personen ihrer nicht favorisierter Partei benachteiligen, kann nicht geschlossen werden, dass die armenische Polizei im Allgemeinen derartige Handlungen unterstützt. Sie gaben an, dass Sie nicht wüssten, ob die Polizei nach dem Vorfall bei Ihrem Laden zum Tatort kam. Da Sie die Polizei nicht informierten, können Sie also gar nicht wissen, dass die Polizei nicht oder im Sinne des XXXX handelt.

 

Sie gaben an, dass am 02.05.2012 in Armenien die Parlamentswahlen stattfanden. Nach einfacher Internetrecherche konnte schnell festgestellt werden, dass die armenischen Wahlen am 06.05.2012 waren. Da diese Wahl ausschlaggebender Teil Ihres Fluchtgrund war, sollten Sie in der Lage sein, diesen Tag exakt zu benennen.

 

Laut Ihren Angaben lautet Ihre Wohnadresse XXXX . Laut der Ladung und dem Untersuchungsbeschluss lautet Ihre Adresse jedoch XXXX .

 

Sie gaben an, dass die Ladung von Ihrer Tante entgegengenommen wurde. Maskierte Polizisten hätten diese zu Ihrer Wohnung gebracht. Nicht glaubhaft ist, dass sich die Polizisten maskieren, um eine Ladung zuzustellen. Gerade in einer großen Stadt wie Gjumri hätte dies für viel Aufmerksamkeit und Aufsehen bei Ihren Nachbarn gesorgt – die Polizei hätte genau dies jedoch in diesem Fall vermeiden wollen. Denn wenn Sie schon sagen, dass diese Ladung unbegründet ist, so wäre es wohl im Interesse der Polizei gewesen, dass möglichst wenige Leute davon erfahren.

 

Sie gaben an, dass Sie Ende März 2012 Probleme in Armenien bekommen haben – ausgereist sind Sie erst im September 2015. Sie gaben dazu an, dass Sie sich versteckt aufgehalten haben, jedoch kann diese Aussage durch Ihre Angabe in derselben Einvernahme, Sie wären im April 2013 mit Ihrem Bruder im Dorf essen gegangen, entkräftet werden. Wären Sie untergetaucht, so hätten Sie keinesfalls ein Lokal im Dorf aufgesucht.

 

Im Jahr 2015 sind Sie legal aus Armenien ausgereist, das war ca. drei Jahre nach der Ladung durch die Polizei. Wären Sie also tatsächlich von den Behörden gesucht worden, bzw. hätten die Behörden es tatsächlich auf Sie abgesehen gehabt, dann wären Sie bei der Ausreise in jedem Fall angehalten worden. Sie gaben dazu an, dass Sie von der Polizei in eine Sache verwickelt werden sollten, doch gerade dann hätten die Behörden zu verhindern gewusst, dass Sie das Land verlassen. Für die Behörde steht jedenfalls fest, dass gegen Sie kein Haftbefehl besteht, Sie also seitens der armenischen Behörden nichts zu befürchten haben und eine politische Verfolgung Ihrer Person durch den Staat nicht besteht.

 

Zumal es sich um einen Streit zwischen Ihrer Person und XXXX handelte, ist also davon auszugehen, dass die von Ihnen vorgebrachten Bedrohungen, so diese überhaupt stattgefunden haben, ausschließlich Bedrohungen einer Privatperson darstellen und in keinerlei Zusammenhang mit einer staatlichen Verfolgung gebracht werden können. Wie bereits geschildert konnten Sie Armenien legal verlassen.

 

Sie brachten vor, dass Sie von der Privatperson XXXX und dessen Leibwächter zusammengeschlagen wurden – laut Durchsuchungsbeschluss handelte es sich um eine Schlägerei. Selbst wenn es zu einer Schlägerei gekommen ist, oder wie Sie behaupten, Sie zusammengeschlagen wurden, so ist zu sagen, dass derartige Meinungsverschiedenheiten aufgrund unterschiedlicher politischer Einstellung wohl in jedem demokratischen Land stattfinden können und keine Polizei in der Lage ist, solche vorab zu verhindern.

 

Letztendlich kam hervor, dass Sie im Jahr 2012 von privaten Personen aufgrund politischer Meinungsverschiedenheiten geschlagen wurden. Nicht festgestellt werden konnte, dass die von Ihnen vorgebrachte Ladung und Hausdurchsuchung persönlich gegen Sie gerichtet waren, sondern sind diese als Ermittlungsarbeiten der Polizei anzusehen. Schon in der Erstbefragung gaben Sie an, dass Sie sich im Jahr 2012 entschlossen, Armenien zu verlassen, weshalb es sich also, zumal Sie Armenien erst im Jahr 2015 verließen, keinesfalls um eine fluchtartige Ausreise, sondern vielmehr um eine lang geplante Reise handelte. Sie konnten sich bis 2015 in Armenien aufhalten, eine zeitliche Relevanz ist in Ihrem Vorbringen nicht zu erkennen.

 

Sie gaben auf Befragung vorbehaltlich Ihrer Glaubwürdigkeit ausdrücklich an, dass Sie in Ihrem Herkunftsstaat weder auf Grund Ihrer Volksgruppe, Ihrer Nationalität, Ihrer Religion oder auf Grund Ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politisch verfolgt wurden. Dies wurde von Ihnen auf Nachfrage hin ausdrücklich in Abrede gestellt.

 

Es mangelt somit in Gesamtschau an einer in der Genfer Flüchtlingskonvention aufgezählten Fluchtgründen.

 

In Summe war Ihr vorgebrachter Sachverhalt in keiner Weise geeignet, darin Verfolgung oder auch nur Missachtung speziell gegen Ihre Person zu erkennen. Asylrelevante Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates ergaben sich aus dem gesamten erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren keine. Somit vertritt das Bundesasylamt die Ansicht, dass Sie mangels asylrelevanten Vorbringens keinen Verfolgungsschutz benötigen.

 

Weitere zu prüfende, asylrelevante Zwischenfälle, Verfolgungshandlungen oder Fluchtgründe, außer die bereits erwähnten, führten sie nicht an. Auch im amtswegig geführten Verfahren sind keinerlei derartige Hinweise aufgekommen.

 

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

 

Da Ihnen wie bereits erörtert im Herkunftsstaat keine Verfolgung droht und Sie Anknüpfungspunkte in Ihrem Herkunftsstaat haben, geht die Behörde davon aus, dass Ihnen im Herkunftsstaat auch keine Gefahren drohen, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden.

 

..

 

In Summe lässt sich sowohl aus Ihrem Vorbringen als auch den Länderfeststellungen zu Armenien entnehmen, dass Sie im Falle der Rückkehr keine wie auch immer geartete Gefährdung Ihrer Person erwartet. Gemäß Ihren Angaben sind sie unbescholten und hatten keine Probleme mit Behörden oder Ämtern in Armenien, konnten auch legal ausreisen.

 

Sie gaben an, unter psychischen Problemen zu leiden, konnten dazu jedoch keine aktuellen medizinischen Unterlagen vorlegen. Die medizinische Grundversorgung ist in Armenien flächendeckend gewährleistet, wie aus der eingefügten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation hervorgeht, sind alle Arten von psychiatrischen Krankheiten in Armenien teils kostenlos behandelbar.

 

Sie leiden an Hepatitis C. Laut Angaben von Betroffenen machten die Therapiekosten zwischen 5.000 und 20.000 US-Dollar aus. In einem Antwortschreiben des armenischen Gesundheitsministeriums bestätigte dieses im Oktober 2016, dass es noch kein staatliches Programm zur Bekämpfung von Hepatitis C gäbe. Sie gaben an, dass Ihr Bruder Sie finanziell unterstützt, demnach ist davon auszugehen, dass dieser Sie auch bei der Behandlung der Hepatitis in Armenien unterstützen kann. Weitere Verwandte befinden sich in Armenien, darunter auch Ihre Tante, bei der Sie bereits vor Ihrer Ausreise gelebt haben. Auch diese Verwandten in Armenien könnten Sie bei Bedarf unterstützen.

 

Zudem gaben Sie an, arbeitsfähig zu sein, daher darf auch davon ausgegangen werden, dass Ihnen eine Arbeitsaufnahme im Herkunftsstaat möglich ist. Sie sprechen die Landes- bzw. Amtssprache Armeniens auf Muttersprachenniveau und verfügen somit über entsprechende Artikulationsmöglichkeiten, die für die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses erleichternd sind. Sie konnten bislang im Inland Sprachkenntnisse sammeln und können davon in Ihrem Heimatland profitieren. Sie können aus Ihren bereits erworbenen Arbeitserfahrungen im Heimatland einen Vorteil ziehen. Es kamen im Verfahren keine konkreten Umstände hervor, dass Sie bei einer Rückkehr nicht wieder am Erwerbsleben teilnehmen könnten, Sie sprechen die Landes- bzw. Amtssprache auf Muttersprachenniveau und verfügen somit über entsprechende Artikulationsmöglichkeiten, die für die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses erleichternd sind, Sie sind auch mental und organisch soweit gesund und können einer Beschäftigung nachgehen. Sie sind strafrechtlich unbescholten. Es ist Ihnen jedenfalls zumutbar, sich in Armenien Ihr Leben neu zu organisieren und selbst für sich zu sorgen.

 

Da in Ihrem Fall kein asylrelevanter Sachverhalt festgestellt werden konnte, würde nichts dagegensprechen, dass Sie sich wieder in Gjumri niederlassen. Ob Sie dort oder in einer anderen armenischen Stadt Ihren Aufenthalt verfestigen, liegt dann bei Ihnen. Dass es Ihnen nicht schwer fällt sich mit ungewohnten und neuen Lebenssituationen zu arrangieren haben Sie bereits bewiesen: Sie haben es geschafft, sich über Monate hinweg den Lebensunterhalt im Ausland zu sichern. Es ist in Zusammenschau darauf davon auszugehen, dass Sie auch weiterhin in der Lage sein werden, sich selbst in Ihrem Herkunftsstaat versorgen zu können und aufgrund der Länderfeststellungen und Ihren Angaben im Verfahren davon auszugehen ist, dass Sie in Armenien Fuß fassen und dort Ihr Leben – so wie auch die Millionen Weiteren in Armenien lebenden Personen – entsprechend fortsetzen können.

 

Gemäß § 67 AsylG 2005 kann auch eine finanzielle Rückkehrhilfe als Startkapital für ihren Neubeginn in Armenien gewährt werden. RückkehrerInnen werden auf Basis dieser gesetzlichen Grundlage vom ersten Informationsgespräch bis zur tatsächlichen Rückreise in einer Einrichtung beraten, begleitet und umfassend unterstützt. Die Bereitschaft zur Rückkehr ist darüber hinaus eng verbunden mit der Schaffung von Überlebensgrundlagen im Herkunftsstaat. Abgestimmt auf die individuelle Situation der Rückkehrenden sind verschiedene Formen der Unterstützung notwendig bzw. möglich: Schaffung des Zugangs zu Wohn-, Ausbildungs- oder Arbeitsmöglichkeiten; Beschaffung von Arbeitsgeräten; Vermittlung zu den Hilfsorganisationen im Heimatland; finanzielle Unterstützung. Durch den Aufbau eines Netzwerkes von Kontakten zu Hilfsorganisationen in den jeweiligen Rückkehrländern soll der Neubeginn der rückkehrenden, in der Regel entwurzelten Menschen während der Anfangsphase erleichtert werden.

 

Zusammengefasst ist festzuhalten, dass Ihnen aufgrund Ihres Alters, Ihrer familiären Anknüpfungspunkte, Ihrer Sprachkenntnisse, Ihrer Schulbildung, Ihrer Berufserfahrung, Ihres Gesundheitszustandes und Ihrer Arbeitsfähigkeit zugemutet werden kann, Ihre Lebensbedürfnisse zu befriedigen und Ihren Lebensunterhalt in Armenien zu sichern.

 

Sie haben bei Ihrer Rückkehr nach Armenien allein wegen der Stellung eines Asylantrags nicht mit staatlichen Repressalien zu rechnen.

 

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl geht somit davon aus, dass keine Hinderungsgründe einer Rückführung gegeben sind und auch keine Gründe vorliegen, die zur Gewährung von subsidiärem Schutz führen können. Es ergaben sich solche Gründe auch nicht aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren."

 

In Bezug auf die weitern bP wurde in sinngemäßer Weise argumentiert.

 

I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass in Armenien im Wesentlichen von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen ist. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die individuelle Lage bP über weite Strecken ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Ebenso ist davon auszugehen, dass eine systematische Verfolgung von Oppositionellen nicht stattfindet, die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden.

 

Zum konkreten Vorbringen der bP stellte die bB folgendes fest (Gliederung und Umfang der Feststellungen nicht mit dem Original übereinstimmend):

 

" Armenien ist seit September 1991 eine unabhängige Republik. Das Ein-Kammer-Parlament (Nationalversammlung) hat 131 Mitglieder und wird alle fünf Jahre gewählt. Die Verfassung von 2005 wurde zuletzt durch das Referendum vom 06.12.2015 weitreichend geändert. Die neue Verfassung sieht die Umwandlung des bisherigen semi-präsidialen Regierungssystems in ein parlamentarisches System vor. Das Amt des Staatspräsidenten wird im Wesentlichen auf repräsentative Aufgaben reduziert (AA 3 .2017a).

 

Die Opposition warf dem amtierenden Präsidenten Sarksyan, dessen letzte Amtszeit 2018 ausläuft, vor, das Amt des Regierungschefs anzustreben (Standard 7.12.2015). Laut zentraler Wahlkommission stimmten bei einer Beteiligung von 50,5 Prozent 63,5 Prozent für die Annahme der Verfassungsänderungen. Die Oppositionspartei Armenischer Nationalkongress warf der Regierung Wahlbetrug vor. Hunderte Demonstranten protestierten gegen den Ausgang (RFE/RL 7.12.2015). NGOs, wie das Anti-Korruptions-Zentrum von Transparency International, berichteten von massiven Unregelmäßigkeiten, darunter über 900 Verletzungen der Wahlordnung sowie Fälle von Einschüchterung (Caucasian Knot 9.12.2015, vgl. EN 7.12.2015).

 

Die regierende Republikanische Partei Armeniens gewann bei den Parlamentswahlen vom 2.4.2017 über 49% und die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament. Das Mitte-Rechts-Bündnis des russlandfreundlichen Oligarchen Gagik Tsarukyan erreichte 27%. Daneben schaffte das Bündnis Yelq und die nationalistische Armenische Revolutionäre Föderation den Einzug ins Parlament (EN 3.4.2017; vgl. PA 4.4.2017). Insbesondere die künftige Orientierung des Landes vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise zwischen einer EU-Annäherung einerseits und einem starken Bündnis mit Russland infolge des militärischen Konflikts mit Aserbaidschan andererseits, dominierten thematisch den Wahlkampf (RFL/RL 3.4.2017).

 

Trotz der Einhaltung der Grundfreiheiten und der guten Administrierung der Parlamentswahlen unter Einführung neuer Technologien, wurden die Wahlen durch glaubwürdige Berichte über Stimmenkauf und Druckausübung auf WählerInnen, Beamte sowie Angestellte von Privatunternehmen überschattet (OSCE/ODIHR 3.4.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sicherheitslage

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rechtsschutz / Justizwesen

 

 

 

 

 

 

 

Die Polizei ist, ebenso wie der Nationale Sicherheitsdienst (NSD), direkt der Regierung unterstellt. Allein der Präsident hat die Befugnis, die Leiter beider Behörden zu ernennen. Die Aufgaben beider Organe sind voneinander abgegrenzt. Für die Wahrung der nationalen Sicherheit sowie für Nachrichtendienst und Grenzschutz ist der Nationale Sicherheitsdienst zuständig, dessen Beamte auch

Verhaftungen durchführen dürfen. . Der Polizeichef füllt in

Personalunion die Funktion des Innenministers aus. Ein Innenministerium gibt es nicht mehr. Das Fehlen der politischen Instanz wird damit begründet, dass damit eine "Politisierung" der Sicherheitsorgane verhindert werden soll (AA 22.3.2016).

 

 

 

 

 

 

Die Anwendung von Folter ist nach Art. 26 der Verfassung verboten.

 

Polizeiübergriffe auf Verdächtige während deren Festnahme, Inhaftierung und Befragung sind weiterhin ein Problem. Laut Menschenrechtsorganisationen melden die meisten Opfer Übergriffe nicht, weil sie Angst vor Vergeltung haben. Am häufigsten passieren Misshandlung in Polizeistationen, weil diese im Unterschied zu Gefängnissen oder polizeilichen Hafteinrichtungen nicht der öffentlichen Überwachung unterliegen (USDOS 3.3.2017).

 

Der Sonderermittlungsdienst der Republik Armenien, eine Beschwerdeeinrichtung zur Untersuchung von strafrechtlichen Vergehen von Behörden, berichtete für das Jahr 2016 von 705 Fällen, in denen ermittelt wurde, im Vergleich zu 654 im Jahr 2015. In 104 Straffällen wurden Untersuchungen durchgeführt, die BürgerInnen betrafen, welche illegal von der Polizei oder anderen Körperschaften festgehalten wurden, und es hierbei zu Freiheitsentzug, Folter oder anderen Menschenrechtsverletzungen durch Offizielle kam (SIS 27.1.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Das Büro des Ombudsmannes hat das Mandat, die Menschenrechte und grundlegende Freiheiten vor dem Missbrauch durch die Regierung zu schützen. Das Büro des Ombudsmannes dient als effektiver Anwalt durch die Veröffentlichung von Berichten zu Menschenrechtsproblemen. Im Speziellen richtet bzw. macht es die Regierung auf Menschenrechtsverletzungen, unrechtmäßige Festnahmen und Verfehlungen der Polizei bei der Auflösung von Protesten wie im Juli 2016 aufmerksam (USDOS 3.3.2017).

 

Der Ombudsmann muss einen schwierigen Spagat zwischen Exekutive und den Rechtsschutz suchenden Bürgern vollziehen. Mit Unterstützung der OSZE wurden drei regionale Zweigstellen des Ombudsmanns-Büros aufgebaut, was die Sichtbarkeit und Einsatzfähigkeit erhöht. Im armenischen Haushalt 2015 wurden insgesamt 481.300 Euro für die Arbeit des Menschenrechtsverteidigers eingeplant (2013: 440.000 Euro) (AA 22.3.2016).

 

Der Ombudsmann gilt allgemein als positive Ausnahme beim Umgang mit Problemen im Bereich der Menschen- und Bügerrechte. Er hat aktiv die staatlichen Defizite beim Schutz der Rechte von Journalisten oder gar der Verletzung der zivilen Freiheiten sowie der Meinungsfreiheit angeprangert (BTI 2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

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Quellen:

 

 

 

 

Sozialbeihilfen

 

Das Sozialsystem in Armenien umfasst derzeit: das staatliche Sozialhilfe-Programm, wie Unterstützung von Familien, einmaliger Geburtenzuschuss und Kindergeld bis zum Alter von zwei Jahren; das Sozialhilfeprogramme für Personen mit Handicap, Veteranen, Kinder, insbesondere medizinische und soziale Rehabilitationshilfe, Altersheime, Waisenhäuser, Internate sowie das staatliches Sozialversicherungsprogramm, bestehend aus Alters- und Behindertenrente, sowie Zuschüssen bei vorübergehender Behinderung und Schwangerschaft (IOM 8.2015).

 

Familienbeihilfen

 

 

Einmalige Beihilfen

 

Diese können Familien gewährt werden, deren Bedürftigkeitspunktzahl unter dem Mindestschwellenwert von 34,00 (jedoch über 0) liegt. Die Entscheidung über die Bedürftigkeit einer Familie obliegt dem Sozialrat. Des Weiteren wird Familien verstorbener Soldaten eine Beihilfe in Höhe der Familiensozialhilfe gewährt. Die Anerkennung des Anspruchs der einmaligen Beihilfe wird alle drei Monate geprüft (IOM 8.2014).

 

Arbeitslosenunterstützung

 

2015 wurde die Arbeitslosenunterstützung zugunsten einer Einstellungsförderung eingestellt. Zu dieser Förderung gehört auch die monetäre Unterstützung für Personen die am regulären Arbeitsmarkt nicht wettbewerbsfähig sind. Das Arbeitsgesetz von 2004 sieht ein Abfertigungssystem seitens der Arbeitgeber vor. Bei Betriebsauflösung oder Stellenabbau beträgt die Abfertigung ein durchschnittliches Monatssalär, bei anderen Gründen hängt die Entschädigung von der Dienstzeit ab, jedoch maximal 44 Tage im Falle von 15 Anstellungsjahren (SSA 2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

Medizinische Versorgung

 

 

Quellen:

 

 

 

 

 

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Rückkehrer werden grundsätzlich nach Ankunft in die Gesellschaft integriert. Sie haben Zugang zu allen Berufsgruppen, auch im Staatsdienst, und überdurchschnittlich gute Chancen, Arbeit zu finden. Für rückkehrende Migranten wurde ein Beratungszentrum geschaffen; es handelt sich um ein Projekt der französischen Büros für Einwanderung und Migration. Fälle, in denen Rückkehrer festgenommen oder misshandelt wurden, sind nicht bekannt (AA 22.3.2016).

 

Das offizielle Internet-Informationsportal "Tundarc" bietet potentiellen armenischen Rückkehrern, auch Doppelstaatsbürgern, wichtigen Informationen zu den zu beachtenden Formalitäten bei einer Rückkehr sowie den wichtigsten Themenbereichen, wie Gesundheitsfürsorge, Pension, Bildung oder Militärdienst an. Überdies findet sich eine Orientierung zu bestehenden Hilfsprogrammen (Tundarc o.D.).

 

Die Europäische Union startete am 31.1.2017 ein neues Projekt zur Unterstützung der Reintegration von armenischen Rückkehrern. Im Rahmen des Projekts sollen auch die Kapazitäten der Regierung und der NGOs im Bereich der Wiedereingliederung gestärkt werden. Das Projekt mit einem Budget von 493.000 Euro wird vollständig aus der Europäischen Union im Mobilität Partnership Facility-Programm finanziert, das vom Internationale Center for Migration Policy Development (ICMPD) implementiert wird (AN 31.1.2017).

 

Die Armenische Caritas implementiert das Projekt: "Migration and Development III", das bis Ende Februar 2019 läuft. Eine der Zielgruppen sind RückkehrerInnen aus der EU, der Schweiz und Liechtenstein. Jährlich soll zwischen 70 und 80 RückkehrerInnen bei ihrer Reintegration durch die Bereitstellung von Unterkunft, Beratung und Bildungsmaßnahmen sowie durch die Schaffung eines Unterstützungssystems bei Gründung eines Betriebes geholfen werden (AC 2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar.

 

I.3. Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

 

Im Wesentlichen wurden –inzwischen überholte- Überlegungen zur Verfassungskonformität der zweiwöchigen Beschwerdefrist angestellt.

 

Weiters gingen die bP davon aus, dass sich das Ermittlungsverfahren als mangelhaft darstellen würde. Die bP verwiesen auf die Armenien grassierende Korruption und Mangel in Justiz und Sicherheitsapparat und stellte sich deshalb das Vorbringen der bP1 als glaubhaft dar. Die bP würde seitens der Justizbehörden keinen Schutz erlangen und stelle sich die Sicherheitslage äußerst prekär dar.

 

Ebenso hätte es die bB unterlassen, die bP zum Schicksal von Oppositionellen und Gesinnungsfreunden zu befragen.

 

Die Beweiswürdigung der bB sei mangelhaft, weil sie sich mit Mutmaßungen begnügt. Ebenso stünde den bP keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung.

 

Die bP wären um ihre Integration in Österreich sehr bemüht. Die bP1 und bP2 hätten Deutschkurse besucht, die bP3 – bP5 wären im Kindergarten bzw. in der Schule beliebt. Die bP schätzen die österreichischen Bräuche und beachten die Rechtsordnung.

 

II. 5. Das Vorbringen in der Beschwerdeschrift stellt die letzte Äußerung der bP im Verfahren zum gegenständlichen Antrag bzw. zu ihren Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet dar.

 

II.6. Mit Schreiben vom 9.11.2017 wurde das ho. Gericht verständigt, dass die bP2 wegen des Verdachts dies Diebstahles (Ladendiebstahl) zur Anzeige gebracht wurde.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen (Sachverhalt)

 

II.1.1. Die beschwerdeführende Partei

 

Bei den bP handelt es sich um einen im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Armenier, welche aus einem überwiegend von Armeniern bewohnten Gebiet stammen und sich zum Mehrheitsglauben des Armenisch-Apostolischen Christentums bekennen.

 

Die bP1 und bP2 sind junge, nicht invalide, arbeitsfähige Menschen mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer –wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreichgesicherten Existenzgrundlage.

 

Die Pflege und Obsorge der minderjährigen bP ist durch deren Eltern gesichert.

 

Familienangehörige bzw. Verwandte leben nach wie vor in Armenien.

 

In Österreich ist der Bruder der bP1 legal aufhältig. Dieser unterstützt die bP, ein weitergehendes Abhängigkeitsverhältnis (z. B. Pflege, Unterhalt, etc. ist nicht ersichtlich). Die bP mit keiner nahe stehenden Person zusammen, welche nicht zur Kernfamilie zu zählen ist. Sie möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und halten sich seit September 2015 im Bundesgebiet auf. Sie reisten rechtswidrig und mit Hilfe einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet ein. Sie leben von der Grundversorgung und haben einen Deutschkurs besucht. Sie sind strafrechtlich unbescholten.

 

Die Identität der bP2 steht fest, jene von bP1, sowie bP3 – bP5 steht nicht fest.

 

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat im Herkunftsstaat Armenien

 

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien schließt sich das ho. Gericht den schlüssigen und nachvollziehbaren Feststellungen der belangten Behörde an.

 

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass den bP zur Kenntnis gebrachten Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien zu entnehmen ist, dass psychische Erkrankungen flächendeckend auf zufriedenstellendem und auf einem für die bP erschwinglichen Niveau erhältlich sind.

 

Das Deutsche Auswärtige Amt geht auf seiner öffentlich zugänglichen Homepage davon aus, dass Armenien ein Staat mit vergleichsweise gering ausgeprägter Gewaltkriminalität ist. Es besteht keine spezielle landesspezifische Reisewarnung, es wird lediglich empfohlen, das Grenzgebiet zu Aserbaidschan, sowie in Jerewan Demonstrationen und Menschenansammlungen zu meiden, insbesondere Protestaktionen vor Regierungsgebäuden. Weitere Warnungen (abgesehen von der Beschreibung des Straßenverkehrs und der Möglichkeit des Auftretens von Erdbeben), wie etwa eine Warnung von einem Aufenthalt im Gyumri bestehen nicht

(https://www.auswaertiges-amt.de/de/armeniensicherheit/201872# content_0).

 

Letztlich sei darauf hingewiesen, dass es sich bei Gyumri nicht um ein überschaubares Dorf, sondern um die zweitgrößte Stadt des Landes mit ca. 130.000 Einwohnern handelt.

 

II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass die bP den von ihr behaupteten Gefährdungen ausgesetzt waren bzw. im Falle einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen Gefahr ausgesetzt wären.

 

II.1.4. Exkurs: Chronische Hepatitis C

 

Der Begriff Hepatitis bedeutet Leberentzündung. In den allermeisten Fällen handelt es sich bei einer Leberentzündung um eine Viruserkrankung (Virushepatitis).

 

Hepatitis C-Viren lassen sich in nahezu allen Köperflüssigkeiten nachweisen. Die Übertragung erfolgt jedoch vor allem über Blut. Ein hohes Ansteckungsrisiko besteht bei Verwendung von kontaminiertem Besteck zum Drogenkonsum, Tätowieren oder Piercing. Bei etwa 30 Prozent aller Patienten mit chronischer Hepatitis C kann kein eindeutiger Übertragungsweg festgestellt werden.

 

Chronische Hepatitis C

 

Eine chronische Hepatitis resultiert aus einer Infektion mit Hepatitis B, C und D. Auch eine durch Medikamente (beispielsweise bestimmte Wirkstoffe gegen Tuberkulose) oder Alkohol verursachte Leberentzündung neigt zu einem chronischen Verlauf.

 

Je nach Ursache der Leberentzündung gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten. Wenn Alkohol oder Medikamente die Leberentzündung hervorgerufen haben, darf keine weitere Aufnahme der Stoffe erfolgen. Ist die Leberfunktionsstörung sehr schwerwiegend, muss eine Hepatitis teilweise sogar auf der Intensivstation behandelt werden.

 

Komplikationen einer chronischen Hepatitis sind die Leberzirrhose und der Leberkrebs (Leberzellkarzinom = hepatozelluläres Karzinom):

 

Bei einer Leberzirrhose wird das Lebergewebe durch funktionsloses Narbengewebe ersetzt. Im frühen Stadium kann sich die Leber mitunter teilweise regenerieren. Später ist die Leber dauerhaft geschädigt. Das Risiko für eine Leberzirrhose ist vor allem bei Alkoholmissbrauch und Hepatitis C im chronischen Verlauf erhöht. Bei einer Kombination beider Faktoren ist das Risiko besonders hoch.

 

Eine chronische Hepatitis ist in 50 Prozent der Fälle für Leberkrebs verantwortlich.

 

Medikamente

 

Fast die Hälfte der Leberentzündung müssen medikamentös therapiert werden. Bei einer Hepatitis C wurde meist Interferon-alpha (PEG-IFN) in Kombination mit Ribavirin eingesetzt. Seit neusten gibt es aber Medikamente auf dem Markt, die das nebenwirkungsreiche Interferon in vielen Fällen ersetzen und die Therapiedauer verkürzen können. Hierzu zählen sogenannte Protease-Inhibitoren und NS5-Inhibitoren.

 

Protease-Inhibitoren sind Enzyme, die verhindern, dass die Viren sich korrekt vermehren können. Wirkstoffe sind Simeprevir und Paritaprevir. Die NS5-Inhibitoren greifen ebenfalls in den Vermehrungszyklus von Viren ein. Hierzu zählen Ledipasvir, Dasabuvir und Sofosbuvir. Die Medikamente werden meist in Kombinationen über mehrere Monate gegeben.

 

Eine Leberentzündung, die sich durch autoimmune Prozesse entwickelt hat, wird mit Medikamenten behandelt, die das Immunsystem hemmen. Hierzu zählen Kortison und Azathioprin.

 

Lebertransplantation

 

Wenn die Leberfunktion stark eingeschränkt und nicht mehr heilbar ist, muss manchmal eine Lebertransplantation durchgeführt werden. Besonders Leberentzündungen, die durch eine Infektion hervorgerufen wurden, können schnell zu einem vollständigen Funktionsausfall der Leber führen.

 

Krankheitsverlauf

 

Grundsätzlich ist eine Ausheilung dieser Erkrankung nicht wahrscheinlich, eine medikamentöse Behandlung würde jedoch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Ausheilung führen.

 

Aufgrund der übereinstimmenden Schilderung in einer Vielzahl an öffentlichen Quellen ist notorischer Weise davon ausgegangen, dass etwa 70% der chronisch Infizierten keine schwere Lebererkrankung entwickeln; sie sind zwar Virusträger und können andere anstecken, ihre Leber bleibt aber mehr oder weniger unbeschadet. Ein völliges Verschwinden des Virus ohne Therapie kommt bei chronischer Hepatitis C kaum vor. Gefährlich an der Hepatitis C ist die Möglichkeit der Entwicklung einer Leberzirrhose (Schrumpfleber) oder eines Leberkarzinoms: Bei 20% der Betroffenen ist die Leberentzündung so stark ausgeprägt, dass die zunehmenden Vernarbungen innerhalb von 20 bis 30 Jahren zu einer Schrumpfung der Leber (Zirrhose) führen.

 

(vgl. für viele Quellen: http://www.netdoktor.de/krankheiten/hepatitis-c-7374 )

 

2. Beweiswürdigung

 

II.2.1. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

 

II.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP1, bP3 - bP5 ergeben sich – vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität - aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen.

 

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität der bP1, bP3 - bP5 nicht festgestellt werden. Soweit diese namentlich genannt werden, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung der bP als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd § 38 AVG bedeutet.

 

Anzuführen ist, dass es den volljährigen bP aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit möglich wäre, ihre Identität bei entsprechender Mitwirkung im Verfahren durch die Vorlage von unbedenklichen Unterlagen zu bescheinigen, zumal sie aus einem Staat stammt, welcher die Existenz seiner Bürger dokumentiert und deren Identität durch die Ausstellung entsprechender Dokumente bescheinigt.

 

Der Umstand, dass die Identität bis dato nicht festgestellt werden konnte ist letztlich auf die mangelnde Mitwirkung der bP an der Identitätsfeststellung zurückzuführen und sind alle daran anknüpfenden Konsequenzen daher von der bP zu vertreten. Die minderjährigen bP müssen sich hier das Verhalten ihrer Eltern zurechnen lassen.

 

Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP2 ergeben sich ebenso aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen und dem seitens der bP2 vorgelegten Bescheinigungsmittel in Form eines nationalen Identitäts-dokuments.

 

II.2.3 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges- handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu.

 

Die bP trat auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen.

 

II.2.4. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene freie Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen von ihrem objektiven Aussagekern her in sich schlüssig und stimmig ist.

 

Die Ausführungen der bB sind für sich als tragfähig anzusehen und stellten die nachfolgenden Erwägungen des ho. Gerichts lediglich Konkretisierungen und Abrundungen hierzu dar.

 

Zu den Überlegungen der bB in Bezug auf die durchgeführten Hausdurchsuchung ist auch darauf hinzuweisen, dass seitens der Polizei keine verdächtigen Gegenstände "gefunden" wurden, wovon jedoch auszugehen wäre, wenn es sich um eine inszenierte Hausdurchsuchung gehandelt hätte, mit der man der bP1 schaden wollte, zumal in einem solchen Fall erwartbar wäre, dass der bP entsprechende Gegenstände untergeschoben worden wären um den erwünschten Ausgang der Aktion zu sichern. Gerade der Umstand, dass dies nicht der Fall war, spricht eindeutig gegen die von der bP1 vorgetragene Annahme.

 

Wenn die bP Einwände gegen die seitens der bP getroffenen Feststellungen –hier vor allem zur Lage in Armenien- vortragen, gehen diese deswegen ins Leere, weil auch die bB entsprechende fallweise auftretende strukturelle Mängel beschrieb, welche in Bezug auf den objektiven Sachverhalt mit den seitens der bP behaupteten Mängel in ihrem objektiven Aussagekern übereinstimmen. Auch zeigte die bP nicht konkret auf, dass sich in den Feststellungen Unplausibilitäten befänden und trat sie diesen nicht auf gleichem fachlichem Niveau- etwa durch die Vorlage von Bescheinigungsmitteln, die das Gegenteil bescheinigen- entgegen. Darüber hinaus werden die beschriebenen Mängel für die bP nicht tragend, weil dies voraussetzen würde, dass sich das Vorbringen zum ausreisekausalen Sachverhalt als glaubhaft dargestellt hätte, was jedoch nicht der Fall ist.

 

Wenn die bP bemängeln, sie bB hätte es unterlassen, an die bP1 noch relevante Fragen zu richten, ist darauf hinzuweisen, dass die bP1 die sichtlich die Gelegenheit hatte, alles vorzubringen was sie wollte und die bP auch nachfragte. Die Obliegenheit der bB zum Nachfragen ist dann erschöpft, wenn sie sich ein abgerundetes Bild vom relevanten Sacherhalt machen kann, was hier sichtlich der Fall ist. Es liegt nicht in der Obliegenheit der bB, alle erdenklichen Fragen zu stellen. Auch sei darauf hingewiesen, dass es vor allem die Aufgabe der Antragsteller im Rahmen ihrer Obliegenheit zur Mitwirkung im Verfahren darstellt, ihren Antrag initiativ und vollständig zu begründen. Falls die bP1 davon ausging, dass die bB noch weitere Details wissen sollte, welche die bP1 in der Einvernahme nicht vorbrachte, wäre es ihr auch freigestanden, sich schriftlich an die Behörde zu wenden, zumal sie am 8.2.2017 einvernommen und am 4.8.2017 noch einmal ausdrücklich eingeladen wurde, sich zu äußern und die angefochtenen Bescheide am 27.9.2017 erlassen wurden.

 

Das Gericht kommt zum Schluss, dass sich die Ermittlungen der bB als zur Entscheidungsfindung ausreichend darstellen zu zusätzliche Erhebungen letztlich in einem nicht zulässigen Erkundungsbeweis enden würden. Erkundungsbeweise sind Beweise, die nicht konkrete Behauptungen, sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand haben. Sie dienen also nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es erst ermöglichen, dieses zu erstatten. Nichts anderes beabsichtigt aber der Beschwerdeführer jedoch mit dem hier erörterten Beweisantrag. Nach der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren – und somit auch im asylgerichtlichen Verfahren - unzulässig. Daher ist die Behörde [das ho. Gericht] einerseits nicht gem. §§ 37 iVm 39 Abs 2 AVG zur Durchführung eines solchen Beweises (zur Entsprechung eines dahin gehenden Antrages) verpflichtet, sodass deren Unterlassung keinen Verfahrensmangel bedeutet. (Hengstschläger – Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, Rz 16 zu § 46 mwN).

 

Da sich die bP seit Einbringung der Beschwerdeschrift nicht mehr äußerten, geht das ho. Gericht davon aus, dass in Bezug auf den entscheidungsrelevanten Sachverhalt keine Änderung eintrat, zumal die bP eingehend über ihre Obliegenheit zur initiativen Mitwirkung im Verfahren belehrt wurden. Es ist daher davon auszugehen, dass sie im Rahmen ihrer Obliegenheit (vgl. insbes. § 15 AsylG) zur initiativen Mitwirkung im Verfahren eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts dem ho. Gericht mitgeteilt hätten, wenn eine solche Änderung eingetreten wäre. Dies gilt insbesondere auch für die privaten, familiären, gesundheitlichen der wirtschaftlichen Umstände der bP, welche diese der Behörde bzw. dem Gericht ebenfalls von sich aus mitzuteilen hat (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua; VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601 VwGH 15.11.1994, 94/07/0099; vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78 und VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279). Da die bP keinerlei Mitteilungen diese Richtung erstatteten, kann das ho. Gericht daraus den Schluss ziehen, dass im Vergleich zum Sachverhalt, wie er zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde vorlag, keine Änderung eintrat.

 

3. Rechtliche Beurteilung

 

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht, Sicherer Herkunftsstaat

 

II.3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

 

II.3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.

 

II.3.1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft und hat das ho. Gericht im gegenständlichen Fall gem. § 17 leg. cit das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

 

II.3.1.4. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

 

Zu A) (Spruchpunkt I)

 

II.3.2. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

 

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten:

 

"§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

(2) (3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

 

1.-dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

 

2.-der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

 

..."

 

Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag der bP inhaltlich zu prüfen ist.

 

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

 

Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war dem Vorbringen der bP zum behaupteten Ausreisegrund insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung [nunmehr "Status eines Asylberechtigten"] einnimmt (vgl. VwGH v. 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).

 

Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht in dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die von der bP behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

 

Auch konnte im Rahmen einer Prognoseentscheidung (vgl. Putzer, Asylrecht Rz 51) nicht festgestellt werden, dass die bP nach einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit einer weiteren aktuellen Gefahr einer Verfolgung zu rechnen hätte (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194). Hier wird auf die bereits getroffenen Feststellungen verwiesen.

 

Die nahe liegenden und bereits beschriebenen wirtschaftlichen Erwägungen, welche die bP zum Verlassen des Herkunftsstaaten veranlassten, können nicht zu Gewährung von Asyl führen, zumal keinerlei Hinweise bestehen, dass die bP aufgrund eines in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grundes von der angespannten wirtschaftlichen Lage in XXXX nachteiliger betroffen wäre, als die sonstige georgische Bevölkerung (zur fehlenden asylrechtlichen Relevanz wirtschaftlich motivierter Ausreisegründe siehe auch Erk. d. VwGH vom 6.3.1996, Zi. 95/20/0110 oder vom 20.6. 1995, Zl. 95/19/0040).

 

Ähnliches gilt auch in auf den Zugang zum armenischen Gesundheitssystem. Auch hier kann nicht festgestellt werden, dass sich die den bP zugänglichen Leistungen aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund schlechter darstellen, als dies für die sonstige georgische Bevölkerung der Fall ist, oder dass ihr aufgrund eines solchen Motivs der Zugang zur medizinischen Versorgung erschwert oder verunmöglicht wird.

 

Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.

 

II.3.3. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat

 

II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:

 

"§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

 

1.-der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

 

2.- wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden.

 

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

 

"

 

Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies war dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.

 

Art. 2 EMRK lautet:

 

"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.

 

(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

 

Art. 3 EMRK lautet:

 

"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."

 

Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).

 

Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).

 

Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).

 

Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.

 

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

 

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:

VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.

 

Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

 

Gem. der Judikatur des EGMR muss die bP die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 – Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

 

Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

 

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

 

Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.

 

II.3.3.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:

 

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

 

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates der bP (die Todesstrafe wurde abgeschafft) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

 

Da sich der Herkunftsstaat der bP nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die bP als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

 

Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.

 

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

 

Weitere, in der Person der bP begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.

 

Zur individuellen Versorgungssituation der bP wird weiters festgestellt, dass diese in Armenien über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügt. Bei den volljährigen bP handelt es sich um eine mobile, junge, nicht invalide, anpassungs- und arbeitsfähige Menschen. Einerseits stammen die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehören die bP keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. So war es den bP auch vor dem Verlassen ihres Herkunftsstaates möglich, dort ihr Leben zu meistern.

 

Auch steht es den bP frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das –wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige aber dennoch existente- Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.

 

Ebenso kam hervor, dass die bP im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen. Sie stammen aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird (http://www.fructusarmeniacus.com/de/menschen-und-traditionen/traditionen.html ) und können die bP daher Unterstützung durch ihre Familie bzw. Verwandtschaft erwarten. Ebenso steht es dem unterstützungswilligen Bruder der bP1 frei, diesen und seine Familie von Österreich aus –etwa durch Geldüberweisungen- zu unterstützen.

 

Darüber hinaus ist es den bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.

 

Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen können und nicht in eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage geraten.

 

Die Zumutbarkeit der Annahme einer –ggf. auch unattraktiven-Erwerbsmöglichkeit wurde bereits in einer Vielzahl ho. Erkenntnisse bejaht.

 

Soweit die beschwerdeführende Partei bP1 ihren Gesundheitszustand thematisiert wird festgehalten, dass vorliegenden Fall seitens der bP keine akut existenzbedrohenden Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung nach Armenien belegt werden, respektive die Notwendigkeit weitere Erhebungen seitens des Bundesverwaltungsgerichts. Aus der Aktenlage sind keine Hinweise auf das Vorliegen akut lebensgefährdender oder aktuell mit schwerem Leiden verbundene Erkrankungen ersichtlich. In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass der EGMR es für eine Art. 3 EMRK-konforme Überstellung ausreicht, dass Behandlungsmöglichkeiten [für Traumatisierte, hier aufgrund der identischen Interessenslage jedoch analog anwendbar] im Land der Überstellung verfügbar sind (vgl. Paramasothy v. Netherlands 10.11.2005; Ramadan Ahjeredine v. Netherlands, 10.11.2005, Ovidienko v. Finland 31.5.2005; Hukic v. Sweden, 27.9.2005), was im Herkunftsstaat hinsichtlich der von der bP vorgebrachten psychischen Erkrankung offensichtlich der Fall ist (vgl, etwa die bereits erörterte Berichtslage zum Gesundheitswesen im Herkunftsstaat.) und führte der EGMR in Bezug auf jene Fälle, welche in welchen außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände im Lichte des Art 3 EMRK (vgl. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"]) im Urteil Paposhvili v. Belgium (no. 41738/10, GC) vom 13 Dezember 2016 aus, dass der tatsächlichen Zugang der Partei zu medizinischer Versorgung realistischer Weise erwartbar sein muss, wobei hier festzuhalten ist, dass bloß spekulative Erwägungen in Bezug auf den fehlenden Zugang zu medizinischer Versorgung auszublenden sind (Urteil des EGMR (Große Kammer) vom 27. Mai 2008, N. v. The United Kingdom, Nr. 26.565/05).

 

Im Gegenständlichen Fall besteht im Lichte der Berichtslage kein Hinweis, dass die bP vom Zugang zu medizinsicher Versorgung in Armenien ausgeschlossen wäre und bestehen auch keine Hinweise, dass die seitens der bP beschriebenen Krankheiten nicht behandelbar wären. Auch faktisch Hindernisse, welche das Fehlen eines Zugangs zur medizinischen Versorgung aus in der Person der bP gelegenen Umständen kam nicht hervor.

 

Im gegenständlichen Fall wird letztlich auch auf das jüngere Urteil des EGMR (Große Kammer) vom 27. Mai 2008, N. v. The United Kingdom, Nr. 26.565/05, hingewiesen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat seine Rechtsprechung in Bezug auf Krankheiten und Art 3 EMRK zusammengefasst und neben dem Urteil D. v. The United Kingdom auf die Entscheidungen B.B. v. France, Nr. 30.930/96, Karara

 

v. Finland, Nr. 40.900/98, S.C.C. v. Sweden, Nr. 46.553/99, Bensaid

 

v. The United Kingdom, Nr. 44.599/98, Arcila Henao v. The Netherlands, Nr. 13.669/03, Ndangoya v. Sweden, Nr. 17.868/03, sowie Amegnigan v. The Netherlands, Nr. 25.629/04 verwiesen (Randnrn. 35 bis 41 des Urteils N. v. The United Kingdom).

 

Im konkreten Fall N. v. The United Kingdom lag die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Abschiebung einer an Aids Erkrankten nach Uganda zugrunde. Nach Informationen der WHO ist antiretrovirale Medikamentation in Uganda erhältlich, auch wenn wegen mangelnder Ressourcen nur die Hälfte jener Personen, die sie benötigen, in den Genuss dieser Behandlung kommt. Die Bf. behauptete, sie könne sich die Behandlung nicht leisten und diese wäre in der ländlichen Gegend, aus der sie stamme, gar nicht erhältlich. Der Gerichtshof führte aus, dass es scheint, dass sie Familienmitglieder in Uganda hat, auch wenn sie behauptet, dass diese nicht gewillt oder nicht in der Lage wären, sich um sie zu kümmern.

 

Das Vereinigte Königreich hat der Bf. während des Asylverfahrens und der folgenden Verfahren über die Zulässigkeit ihrer Ausweisung neun Jahre lang auf öffentliche Kosten medizinische und soziale Unterstützung gewährt. Dies begründet jedoch keine Verpflichtung seitens des belangten Staates, weiterhin für sie zu sorgen.

 

Der GH anerkennt, dass die Lebensqualität der Bf. und ihre Lebenserwartung im Falle ihrer Abschiebung nach Uganda beeinträchtigt würde. Sie ist im Moment jedoch nicht todkrank. Wie rasch sich ihr Zustand verschlechtern würde und in welchem Ausmaß sie in der Lage wäre, Zugang zu medizinischer Behandlung, Unterstützung und Pflege, einschließlich der Hilfe durch Verwandte, zu erhalten, ist bis zu einem gewissen Grad spekulativ, insbesondere angesichts der sich stetig fortentwickelnden Situation was die Behandlung von AIDS und HIV weltweit betrifft. Der EGMR erkannte in diesem Fall, dass keine Verletzung des Art 3 EMRK vorlag.

 

Aus der genannten Quellenlage ergibt, sich dass die Behandlungsmöglichkeiten der bP bei Ausschöpfung der bereits beschriebenen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln in Bezug auf ihre psychischen Probleme über jenen, wie sie im Urteil des EGMR (Große Kammer) vom 27. Mai 2008, N. v. The United Kingdom, Nr. 26.565/05 beschrieben wurden, liegen, und ergibt sich auch unter den im Urteil Paposhvili v. Belgium (no. 41738/10, GC) vom 13 Dezember 2016 genannten Determinanten nichts anderes, weshalb der Gesundheitszustand der bP letztlich kein Abschiebehindernis darstellt.

 

Zur bestehenden chronischen, jedoch sich nicht im zirrhotischem Stadium befindlichen Hepatitis C ist festzuhalten, dass sich zum einen weder aus dem beschriebenen krankheitstypischen Verlauf, wonach etwa 70% der chronisch Infizierten keine schwere Lebererkrankung entwickeln; sie sind zwar Virusträger und können andere anstecken, ihre Leber aber mehr oder weniger unbeschadet bleibt und bei ca. 20% der Betroffenen die Leberentzündung so stark ausgeprägt ist, dass die zunehmenden Vernarbungen innerhalb von 20 bis 30 Jahren zu einer Schrumpfung der Leber (Zirrhose) führen, noch aus dem hier konkret vorliegenden Stadium der Erkrankung ergibt, dass unmittelbare Lebensgefahr oder ein aktuell schwerer Leidenszustand im Sinne der Art 2, 3 EMRK bestünde. Darüber hinaus stellen sich Aussagen über den möglichen Zustand des armenischen Gesundheitssystems in den nächsten Jahrzehnten als spekulativ dar.

 

Zu den weiteren Diagnosen (Nikotinabusus, Adipositas) ist festzuhalten, dass es hier in erster Linie einer Änderung der Lebens- und Ernährungsgewohnheiten der bP1 bedarf, welche ohne den Einsatz einer medizinischen Behandlung möglich erscheint.

 

Letztlich ist festzuhalten, dass davon auszugehen ist, dass Österreich im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen in der Lage ist, ausreichende medizinische Begleitmaß-nahmen zu setzen (VwGH 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723, VfGH v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 und die bereits zitierte Judikatur; ebenso Erk. des AsylGH vom 12.3.2010, B7 232.141-3/2009/3E mwN).

 

Aufgrund der getroffenen Ausführungen ist davon auszugehen, dass die beschwerdeführende Partei nicht vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in ihrem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt zu sein, weshalb die Gewährung von subsidiären Schutz ausscheidet.

 

II.3.4. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung

 

II.3.4.1. Gesetzliche Grundlagen (auszugsweise):

 

§ 10 AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:

 

"§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

 

1. 2. 3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

4. – 5. (2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

 

(3) ..."

 

§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:

 

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von

Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

(2) –(4) § 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:

 

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) – (6) "

 

§ 55 AsylG 2005, Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK:

 

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von

Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

 

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat-

und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

 

2. (2)..."

 

§ 58 AsylG 2005, Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln:

 

§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels

gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

 

1. 2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

3. – 5. (2) – (13) "

 

§ 52 FPG, Rückkehrentscheidung:

 

"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

 

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

 

1. 2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

3. – 4. und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

(3)- (11)..."

 

§ 55 FPG, Frist für die freiwillige Ausreise

 

§ 55. (1)...

 

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

 

(2) – (5).

 

Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

 

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

 

II.3.4.2. Der gegenständliche, nach nicht rechtmäßiger Einreise in Österreich gestellte Antrag auf internationalen Schutz war abzuweisen. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel des drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet mehr vor und fällt die bP nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

 

Es liegen keine Umstände vor, dass der bP allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargetan.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

 

II.3.4.3. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

 

Vom Begriff des 'Familienlebens' in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. (VwGH vom 26.1.2006, 2002/20/0423).

 

Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.

 

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR, Cruz Varas and others vs Sweden, 46/1990/237/307, 21.3.1991).

 

II.3.4.4. Basierend auf die getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Rückkehrentscheidung keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben darstellt, jedoch einen solchen in das Recht auf Privatleben, wenngleich dieser schon alleine durch den erst –bezogen auf das Lebensalter der bP – kurzen Aufenthalt und den niedrigen Integrationsgrad in Österreich, welcher darüber hinaus nur durch die unbegründete Stellung eines Asylantrages erreicht werden konnte, relativiert wird.

 

II.3.4.5. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zweifellos handelt es sich sowohl beim BFA als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.

 

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung der durch Art. 8 (1) EMRK geschützten Rechte des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Wiese verfolgt.

 

II.3.4.6. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der seitens gesetzlichen Vorgaben im Lichte der Judikatur Folgendes:

 

 

Die bP sind den bereits genannten Zeitraum in Österreich aufhältig. Sie reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und konnten ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren. Hätten sie diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wären sie rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würden.

 

Auch wenn weder das Gesetz noch die Judikatur eine fixe Aufenthaltsdauer nennen um diese im Lichte des Art. 8 EMRK relevant erscheinen zu lassen, ist im gegenständlichen Fall darauf hinzuweisen, dass eine Aufenthaltsdauer von ca. 2 Jahren viel zu kurz ist um von einer rechtlich relevanten Integration sprechen zu können (ho. Erk. 30.4.2014, L515 2006140-1; Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029; vgl. aber auch zur Unbeachtlichkeit selbst hoher Integration nach dreijährigem Aufenthalt nach rechtswidriger Einreise und negativ entschiedenem Asylverfahren VfGH U 485/2012-15 vom 12.06.2013).

 

Mit negativem Abschluss des Asylverfahrens lebt auch die Rechtswidrigkeit des Aufenthalts, sowie die Strafbarkeit der rechtswidrigen Einreise zumindest in in Bezug auf die bPXXX wieder auf (vgl. § 120 Abs. 1 iVm Abs. 7 FPG), bzw. kommt die Strafbarkeit gem. § 120 Abs. 1a leg. cit. im Falle der unterlassenen Ausreise innerhalb der festgesetzten Frist hinzu. Diese Umstand einen Sachverhalt mit hohem sozialen Unwert dar, was sich insbesondere auch in den vergleichsweise hohen Strafdrohungen zeigt, woraus abzuleiten ist, dass der Gesetzgeber bereits durch diese generalpräventiv wirkende Strafdrohung Einhaltung der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes als einen äußerst erstrebenswerten Umstand im Rahmen der öffentlichen Ordnung betrachtet.

 

Auch wenn im Rahmen dieses Faktums entsprechend der aktuellen Judikatur zu berücksichtigen ist, dass eine Antragstellung vom Ausland aus nicht möglich und daher -de facto in den überwiegenden Fällen- eine solche erst nach illegaler Einreise möglich ist, muss auch darauf hingewiesen werden, dass die handlungsfähigen bP die rechtswidrige Einreise sichtlich in Umgehungsabsicht von fremden- und niederlassungsrechtlichen Vorschriften zur Stellung eines sichtlich unbegründeten Antrages auf internationalen Schutzes vornahm und die Behörden wiederholt täuschten, was wiederum sehr wohl fremdenrechtlichen Interessen, im Sinne eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung berührt.

 

Das ho. Gericht verkennt zwar nicht, dass sich die Kinder das Verhalten der Eltern im Rahmen der Interessensabwägung gemäß Ar. 8 EMRK nicht im vollen Umfang subjektiv verwerfen lassen müssen, doch ist dieses Verhalten dennoch nicht unbeachtlich. Hier sei etwa auf eine Zusammenschau der Erkenntnisse des VfGH vom 12.6.2010 U 614/10 (Beschwerdeführerin wurde 1992 geboren, war zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich minderjährig, hatte zumindest am Anfang ihres Aufenthaltes in Österreich keinen Einfluss auf das bzw. die Asylverfahren, entzog sich aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Alter der mündigen Minderjährigkeit und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge), U613/10 (Beschwerdeführerin wurde 1962 geboren, war während des gesamten Verfahrens handlungsfähig und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge) und den Beschluss des selben Tages U615/10 ua (minderjährige Asylwerber während des gesamten Asylverfahrens, welche auf den Verlauf des Verfahrens bzw. der Verfahren keinen Einfluss hatten). In diesen Verfahren stellte der VfGH in Bezug auf die 1962 geborene Beschwerdeführerin im vollen Umfang und in Bezug auf die 1992 geborene Beschwerdeführerin (Tochter der 1962 geborenen Beschwerdeführerin) in einem gewissen eingeschränkten Umfang fest, dass sich diese das Verhalten, welches zum langen Aufenthalt in Österreich führten, zurechnen lassen müssen und es daher nicht zu ihren Gunsten im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK geltend machen kann. Obwohl die minderjährigen Beschwerdeführer auf das Verhalten ihrer 1962 geborenen Mutter und 1992 geborenen Schwester keinerlei Einfluss hatten und ihnen deren Verhalten, insbesondere jenes der Mutter nicht subjektiv vorgeworfen werden konnte, wurde die Behandlung derer Beschwerden dennoch mit Beschluss U615/10 ua. abgewiesen. Im Lichte der Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw.

v. 10.03.2011, B1565/10, wo die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer in Österreich aufgrund den Beschwerdeführern nicht zurechenbarer Dauer der Asylverfahren als wesentliches Argument für eine Interessensabwägung zu Gunsten der Beschwerdeführer herangezogen wurde, ist ableitbar, dass in den in Beschluss U615/10 genannten Fällen trotz fehlender subjektiver Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Verfahrensdauer aufgrund deren Minderjährigkeit und des Verhaltens der Mutter gerade dieses Verhalten der Mutter im Rahmen der Interessensabwägung in Bezug auf die minderjährigen Kinder dennoch eine Rolle spielte, sie sich dieses zwar nicht vorwerfen aber in einem gewissen Umfang zurechnen lassen mussten, da ansonsten davon auszugehen gewesen wäre, dass ein mit den in den Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw. v. 10.03.2011, B1565/10 beschriebener Fällen vergleichbarer Fall vorliegen würde und zu einer vergleichbaren Entscheidung geführt hätte.

 

 

Die bP verfügt über die bereits beschriebenen privaten Anknüpfungspunkte. Die beschriebenen Bindungen der bP zum Bruder der bP1 werden aufgrund der Volljährigkeit der bP1 und des Bruders, sowie des Umstandes, dass sie in Armenien zum Zeitpunkt des Eintrittes der Volljährigkeit nicht im Familienverband lebten und zwischen den beiden Männern kein qualifiziertes Abhängigkeitsverhältnis besteht als privater Natur angenommen. Es wird aber auch darauf hingewiesen, dass ich am Ergebnis nichts ändern würde, wenn dieses als Familienleben betrachtet würden, weil es sich bei beiden Tatbestandsmerkmalen um in Art. 8 gleichwertige Alternativen nennt und in beiden Fällen eine Interessensabwägung vorzunehmen ist.

 

 

Die bP begründete ihr Privatleben zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert wurde. Auch war der Aufenthalt der bP zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privat- und Familienlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt. Es ist auch festzuhalten, dass die bP nicht gezwungen ist, nach einer Ausreise die bestehenden Bindungen zur Gänze abbrechen zu müssen. So stünde es ihnen (den minderjährigen bP unter Beziehung ihrer Eltern) frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN). Ebenso stünde es der bP –so wie jedem anderen Fremden auch- sich um eine legale Wiedereinreise und einen legalen Aufenthalt zu bemühen.

 

Das Vorbringen der bP lässt auch erkennen, dass diese sichtlich hier auch die Sach- und Rechtslage, wonach ein Aufenthalt in Österreich primär und regelmäßig unter Einhaltung der fremden- und niederlassungsrechtlichen Bestimmungen zu begründen und fortzusetzen ist, verkennen. Auch ergibt sich hieraus, dass beim Fehlen eines gültigen Aufenthaltstitel den Fremden die Obliegenheit zukommt, das Bundesgebiet –nämlich unverzüglich- zu verlassen.

 

Nur beim Vorliegen von außergewöhnlichen, besonders berücksichtigenden Sachverhalten kann sich ergeben, dass den Fremden, welche rechtswidrig in das Bundesgebiet einreisten oder sich rechtswidrig in diesem aufhalten, ihre Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nachgesehen und ein Aufenthaltsrecht erteilt wird. Derartige Umstände liegen im gegenständlichen Fall nicht vor. Sollte bei den bP die gegenteilige Erwartungshaltung geweckt wurden sein, hat das ho. Gericht dennoch im Rahmen der Gesetze (Art. 18 B-VG) entgegen dieser Erwartungshaltung zu entscheiden.

 

Keinesfalls entspricht es der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Systematik, dass das Knüpfen von privaten bzw. familiären Anknüpfungspunkten nach rechtswidriger Einreise oder während eines auf einen unbegründeten Antrag fußenden Asylverfahrens im Rahmen eines Automatismus zur Erteilung eines Aufenthaltstitels führen. Dies kann nur ausnahmsweise in Einzelfällten, beim Vorliegen eines besonders qualifizierten Sachverhalts der Fall sein, welcher hier bei weitem nicht vorliegt (vgl. hier etwa Erk. d. VfGH U 485/2012-15 vom 12.06.2013).

 

 

Die beschwerdeführenden Parteien sind –in Bezug auf ihr Lebensaltererst einen relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig, haben hier keine qualifizierten Anknüpfungspunkte und waren im Asylverfahren nicht in der Lage, ihren Antrag ohne die Beiziehung eines Dolmetschers zu begründen, wenngleich im Verfahren hervorkam, dass sie die deutsche Sprache bereits in einem gewissen Umfang beherrschen..

 

Ebenso geht aus dem Akteninhalt nicht hervor, dass die bP selbsterhaltungsfähig wären bzw. die volljährigen bP ernsthafte Bemühungen zur Herstellung der Selbsterhaltungsfähigkeit in jenen Bereichen des Arbeitsmarktes, welcher auch Asylwerbern offen steht, unternommen hätte.

 

In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die –hier bei weitem nicht vorhandenen-Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

 

Zum Schulbesuch der minderjährigen bP ist festzuhalten, dass dies die Erfüllung einer durchsetzbaren gesetzlichen Verpflichtung darstellt, welcher im Rahmen der Interessensabwägung nur sehr untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH v. 26.9.2007 2006/21/0288 mwN). Auch ist der Kindergarten besuch zum Teil geboten, bzw. stellt er ein sozial übliches Verhalten dar, welches keine außergewöhnliche Integration indiziert.

 

 

Die volljährigen bP verbrachten den überwiegenden Teil ihres Lebens in Armenien , wurden dort sozialisiert, gehören der dortigen Mehrheits- und Titularethnie an, bekennen sich zum dortigen Mehrheitsglauben und sprechen die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso ist davon auszugehen, dass in Armenien Bezugspersonen etwa im Sinne eines gewissen Freundes- bzw. Bekanntenkreises der bP existieren (bP1 steht mit diesen auch noch im Kontakt), da nichts darauf hindeutet, dass die bP vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätten. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es den bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

 

Zu den minderjährigen bP ist festzustellen, dass schon aufgrund ihres geringeren Alters und der Aufenthaltsdauer in Österreich die Abwägung zwischen den Bindungen zum Herkunftsstaat und den nunmehrigen Bindungen zu Österreich anders zu bewerten sein wird, als im Hinblick auf die Eltern. Hier wird von geringeren Bindungen zum Herkunftsstaat und stärkeren Bindungen zu Österreich auszugehen sein. In die Überlegungen hat jedoch einzufließen, dass die minderjährigen bP dennoch im Herkunftsstaat geboren wurden, sich dort eine zeitlang aufhielten und über ihr Umfeld bzw. ihre Eltern die Kultur und Sprache ihres Herkunftsstaates auch über den Zeitpunkt der Ausreise hinaus vermittelt bekamen. Auch kann aufgrund der Sprachkenntnisse der Eltern davon ausgegangen werden, dass im Familienverband zumindest noch teilweise zumindest mit den Eltern in der Sprache des Herkunftsstaates kommuniziert wird und somit dieser "Vermittlungseffekt" bis in die Gegenwart nachwirkt. Ebenso befinden sich die minderjährigen bP in einem Alter erhöhter Anpassungsfähigkeit (vgl. Dr. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN) und haben diese auch ihre Anpassungs- und Integrationsfähigkeit durch die vorgelegten Bescheinigungsmittel zur ihrer Integration in Österreich bzw. das hier nicht widerlegte Vorbringen bewiesen. Es kann daher angenommen werden, dass es ihnen unter Nutzung dieser Fähigkeiten gelingt, sich spiegelbildlich betrachtet, sich ebenso wie in die österreichische auch in die Gesellschaft ihres Herkunftsstaats vollständig zu integrieren.

 

Es wird hier nunmehr an den Eltern liegen, dass diese ihrer Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes fristgerecht nachkommen und ihren Aufenthalt in Österreich nicht durch rechtswidriges Verweilen im Bundesgebiet prolongieren um ihren Kindern nicht durch eine zeitnahe Rückkehr nach Armenien ihre neuerliche Integrierung in ihrem Herkunftsstaat erschweren.

 

 

Die bP sind strafrechtlich unbescholten.

 

Die Feststellung, wonach die bP strafrechtlich unbescholten sind, relativiert sich in Bezug auf die strafunmündigen bP sowie durch den erst verhältnismäßig kurzen Aufenthalt der bP und stellt darüber hinaus laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten der bP ins Gewicht fallen jedoch sehr wohl rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht (vgl. Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).

 

 

Die bP reisten schlepperunterstützt und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Gebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und verletzte die bP hierdurch das hoch einzuschätzende Öffentliche Interesse an einem geordneten Vollzug des Fremden- und Niederlassungsrecht.

 

Soweit die minderjährigen bP hierbei keinen Einfluss auf das Verhalten ihrer Eltern hatten, wird auf die bereits getroffenen Ausführungen hinsichtlich der objektiven Zurechenbarkeit des Verhaltens der Eltern hingewiesen, welche hier sinngemäß gelten.

 

Auf das Wiederaufleben der Strafbarkeit der seinerzeitigen Einreise und die hierzu bereits angestellten Überlegungen wird an dieser Stelle nochmals verweisen.

 

 

Den volljährigen bP musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist. Ebenso indiziert die rechtswidrige und schlepperunterstützte Einreise den Umstand, dass der bP die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass sie in diesem Fall diese weitaus weniger beschwerliche und kostenintensive Art der legalen Einreise und Niederlassung gewählt hätten.

 

In Bezug auf die minderjährigen bP wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zur Zurechenbarkeit des Verhaltens ihrer Eltern verwiesen.

 

 

Ein derartiges überwiegendes Verschulden kann aus der Aktenlage nicht entnommen werden. Es ist im Rahmen einer Gesamtschau zwar festzuhalten, dass eine raschere Erledigung des Asylverfahrens beim Vorhandensein entsprechender Ressourcen denkbar ist, dennoch ist im gegenständlichen Fall aufgrund des Vorbringens der bP, sowie ihrem Verhalten im Verfahren davon auszugehen, dass kein Sachverhalt vorliegt, welcher die zeitliche Komponente im Lichte der Erkenntnisse des VfGH B 950-954/10-08 bzw. B1565/10, in den Vordergrund treten ließe, dass aufgrund der Verfahrensdauer im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK von einem Überwiegen der privaten Interessen der bP auszugehen wäre (in Bezug auf ein gewisses Behördenverschulden in Bezug auf die Verfahrensdauer vgl. auch bei Vorliegen weitaus engeren Bindungen im Sinne des Art. 8 EMRK und einem ca. zehnjährigen Aufenthalt im Staat der Antragstellung das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

 

-Auswirkung der allgemeinen Lage in Armenien auf die bP

 

Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass dem Art. 8 EMRK innewohnenden Recht auf das Privat- und Familienleben auch ein Recht auf körperliche Unversehrtheit abzuleiten ist (vgl. etwa Erk. d. VwGH vom 28.6.2016, Ra 2015/21/0199-8). Vor diesem Hintergrund ist die Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Lichte des Art. 8 EMRK auch vor dem Hintergrund der Lage im Herkunftsstaat, welche die bP im Falle einer Rückkehr vorfindet, zu prüfen, wobei bereits an dieser Stelle Art. 8 EMRK –anders als Art. 3 leg. cit.- einen Eingriffsvorbehalt kennt.

 

Im Rahmen der Beurteilung der allgemeinen Lage in der der Republik Armenien ist festzuhalten, dass sich im gegenständlichen Fall keine Hinweise auf einen aus diesem Blickwinkel relevanten Sachverhalt ergeben.

 

 

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).

 

Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).

 

Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).

 

Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.

 

Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privatund/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs 2 leg cit genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich –abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.

 

Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Fremdenrechtspaket 2005 klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den Beschwerdeführer grundsätzlich nicht mehr möglich seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem Beschwerdeführer gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass ihn mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Ausweisung des Fremden bedarf.

 

Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ist der Beschwerdeführer somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

 

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.

 

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

 

Der Rechtsprechung des EGMR folgend (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisungsentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

 

Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Ausweisungs- und Abschiebungspraxis der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art "Handreichung des Staates" - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. GHIBAN gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; DRAGAN gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde. Der EGMR hat diese Frage zwar noch nicht abschließend entschieden, jedoch in Fallkonstellationen das Recht auf Privatleben erörtert, in denen ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführer nicht vorlag. Hat er in der Rechtssache GHIBAN (aaO.) zu einem rumänischen Staatsangehörigen, der wegen Staatenlosigkeit nicht abgeschoben werden konnte, die Frage letztlich noch offen gelassen ("Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Aufenthalt des Bf. unter diesen Umständen eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Privatlebens war..."), so nahm er in der bereits mehrfach zitierten Rechtssache SISOJEVA (aaO.) einen Eingriff in das Privatleben an, obwohl die Beschwerdeführer in Lettland keinen rechtmäßigen Aufenthalt hatten.

 

Wenn man – wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt – dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.

 

In seinem Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31. Jänner 2006, Zahl 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirkt.

 

Der GH führte weiters –wiederum auf seine Vorjudikatur verweisendaus, dass Personen, welche die Behörden eines Vertragsstaates ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als fait accompli mit ihrem Aufenthalt konfrontieren, grundsätzlich keinerlei Berechtigung haben, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen. Im geschilderten Fall wurde letztlich dennoch eine Entscheidung zu Gunsten der Beschwerdeführer getroffen, weil es der Erstbeschwerdeführerin grundsätzlich möglich gewesen wäre, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren, weil sie mit dem Vater des Zweitbeschwerdeführers, einem Staatsbürger der Niederlande vom Juni 1994 bis Jänner 1997 eine dauerhafte Beziehung führte. Es war daher der Fall Erstbeschwerdeführerin trotz ihres vorwerfbaren sorglosen Umganges mit den niederländischen Einreisebestimmungen von jenen Fällen zu unterscheiden, in denen der EGMR befand, dass die betroffenen Personen zu keinem Zeitpunkt vernünftiger Weise erwarten konnten, ihr Familienleben im Gastland weiterzuführen. Ebenso wurde in diesem Fall der Umstand des besonderen Verhältnisses zwischen dem Kleinkind und der Mutter besonders gewürdigt.

 

Weiters wird hier auf das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser folgende Kernaussagen traf:

 

Im gegenständlichen Fall erachtete es der EGMR nicht erforderlich, sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist.

 

Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.

 

Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.

 

Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.

 

II.3.4.7. Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

 

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der bP im Bundesgebiet das persönliche Interesse der bP am Verbleib im Bundesgebiet deutlich überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen (und auch in den Beschwerden nicht vorgebracht worden), dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

 

Im Rahmen der Umsetzung der Rückkehrentscheidung ist darauf zu achten, dass die Obsorge der minderjährigen bP nicht verunmöglicht wird, es sei denn, diese entziehen sich der Abschiebung.

 

II.3.4.8. Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Armenien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in gegenständlichen Beschwerden nicht schlüssig dargelegt und wurden hierzu bereits zu den Ausführungen zu den Spruchpunkten I und II des gegenständlichen Erkenntnisses entsprechende Ausführungen getätigt, welche auch die in § 5 Abs. 1 und 2 erforderlichen Subsumtionen vorwegnehmen. Eine im § 50 Abs. 3 genannte Empfehlung des EGMR liegt ebenfalls nicht vor.

 

II.3.4.9 Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

 

II.3.4.10. Die festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung entspricht § 55 Abs. 2 erster Satz FPG. Dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Es wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zu den privaten und familiären Bindungen der bP und der Vorhersehbarkeit der Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes verwiesen. Die hier vorliegenden Umstände gehen letztlich nicht über jene Umstände in relevanter Weise hinaus, wie sie jeden Fremden, welcher zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet ist, betreffen. Die eingeräumte Frist erscheint angemessen und wurden diesbezüglich auch keinerlei Ausführungen seitens der bP getroffen, indem etwa überwiegende in der Person der bP gelegene Umstände unter zeitgleicher Nennung eines konkreten späteren Ausreisezeitpunktes genannt worden wäre.

 

II.4. Familienverfahren.

 

Da in Bezug auf alle bP eine spruchgemäß identische Entscheidung ergingen, kann auch aus dem Titel des Familienverfahrens im Inland kein anderslautendes Erkenntnis erlassen werden.

 

II.5. Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung

 

§ 24 VwGVG lautet:

 

"(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

 

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

 

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1.-der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

 

2.-die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

 

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

 

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

 

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

 

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn

 

 

oder

 

 

Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

 

Im gegenständlichen Fall ließen die die Akten erkennen, dass Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen geklärten Sachverhalts folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10):

 

 

 

 

 

Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben. Abrundungen zu den als tragfähig erachteten Ausführungen durch das ho. Gericht sind im hier durchgeführten Umfang zulässig, zumal das ho. Gericht die Ausführungen der bB für sich alleine als tragfähig erachtete (Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10).

 

Ergänzend zu den oa. Ausführungen weist das ho. Gericht darauf hin, dass sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht und somit ein weiterer Grund vorliegt, weshalb keine mündliche Verhandlung durchzuführen war.

 

Der VwGH wies wiederholt darauf hin, dass bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen der mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zukommt und zwar auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände (vgl. etwa. Erk. d. VwGH vom 20.10.2016, Ra 2016/21/0289 mwN). Daraus ist jedoch keine generelle Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, bei denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das ho. Gericht von ihm einen positiven Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte mündliche Verhandlung unterbleiben (vgl. Beschluss des VwGH vom 26.1.2016, Ra 2016/21/0233 oder Beschluss vom 18.10.2017, Ra 2017/190422 bis 0423-4, Ra 2017/19/0424-5).

 

Im gegenständlichen Fall wurden zum einen die seitens der bP getätigten Äußerungen zu ihren Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet in ihrem objektiven Aussagekern als wahr unterstellt und letztlich der für die bP günstigste Sachverhalt, wie er sich darstellen würde, wenn sich das Gericht im Rahmen einer Verhandlung einen positiven Eindruck verschafft hätte, der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt, weshalb auch in Bezug auf die Rückkehrentscheidung keine Verhandlung durchzuführen war.

 

Soweit nochmals die persönliche Einvernahme beantragt wird, ist festzustellen, dass in der Beschwerde nicht angeführt wird, was bei einer solchen - inzwischen schon bei der bB stattgefundenen persönlichen Anhörung (das hierbei erstattete Vorbringen, sowie der Verlauf der Einvernahme wurde in einer entsprechenden Niederschrift, der die Beweiskraft des § 15 AVG unwiderlegt zukommt, festgehalten) konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären (zB. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies –so wie im gegenständlichen Fallunterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme iSe hier weiteren Beschwerdeverhandlung.

 

Aufgrund der oa. Ausführungen konnte die Durchführung einer Verhandlung unterbleiben.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Auslegung des Begriffs des internationalen Schutzes, sowie des durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienlebens abgeht. Ebenso löst das ho. Gericht die Frage, ob eine Verhandlung stattzufinden hatte im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur.

 

Aus dem Umstand, dass das ho. Gericht und die belangte Behörde mit 1.1.2014 ins Leben gerufen wurden, bzw. sich die asyl- und fremdenrechtliche Diktion, sowie Zuständigkeiten zum Teil änderte, und das Asyl- und Fremdenrecht eine verfahrensrechtliche Neuordnung erfuhr kann ebenfalls kein unter Art. 133 Abs. 4 zu subsumierender Sachverhalt hergeleitet werden, zumal sich am substantiellen Inhalt der anzuwendenden Normen keine relevante Änderung ergab. Im Falle verfahrensrechtlicher Neuordnungen wird auf die einheitliche Judikatur zu den Vorgängerbestimmungen verwiesen (z. B. in Bezug auf § 18 BFA-VG auf § 38 AsylG aF).

 

Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.

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