VwGH 95/19/0040

VwGH95/19/004020.6.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des I in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. November 1994, Zl. 4.344.360/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Somalias, ist am 12. April 1994 in das Bundesgebiet eingereist und hat am folgenden Tag beantragt, ihm Asyl zu gewähren. Bei seiner niederschriftlichen Befragung vor dem Bundesasylamt am 13. und 14. April 1994 gab der Beschwerdeführer im wesentlichen an, dem Stamm der Mushuguli anzugehören. Dieser sei vor langer Zeit von Tansania nach Somalia gekommen. Die Stammesmitglieder "dominieren im südlichen Somalia".

Der Beschwerdeführer sei Anfang 1990 Mitglied des "SNC" ("Somalia National Congress") geworden. Im Jahr 1990 seien auch Truppen in das Dorf des Beschwerdeführers gekommen und hätten dort die Leute gezwungen, der Armee beizutreten. Der Beschwerdeführer habe als Christ nicht im Bürgerkrieg kämpfen wollen. Er sei zu diesem Zeitpunkt verletzt gewesen, sodaß er nicht mitgenommen worden sei. Der Hauptgrund für das Verlassen Somalias sei aber gewesen, daß die Farm, die seine Familie bewirtschaftet habe, ebenso wie das Wohnhaus zerstört worden seien. Er habe daraufhin am 4. Oktober 1990 mit seinem am 26. Mai 1990 ausgestellten Reisepaß Somalia Richtung Rumänien verlassen; für dieses Land habe er bereits am 20. August 1990 ein Visum erhalten. Auf die Frage, warum er nicht bereits unmittelbar nach Erhalt dieses Visums ausgereist sei, antwortete der Beschwerdeführer, daß er nicht genug Geld gehabt habe und zuvor noch "die Arbeiten auf der Farm beenden" habe müssen.

Vor seiner Einreise nach Österreich habe er sich vom 10. Oktober 1990 bis 10. April 1994 in Rumänien aufgehalten und seinen Lebensunterhalt als landwirtschaftlicher Gelegenheitsarbeiter verdient. Nach Österreich sei er gekommen, da er von einem Cousin erfahren habe, daß dieser in Österreich sehr gut lebe.

Mit Bescheid vom 14. April 1994 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers ab.

Der Beschwerdeführer wurde von der Bundespolizeidirektion Wien über Auftrag der belangten Behörde am 2. November 1994 neuerlich vernommen. Dabei erklärte er unter anderem, weder den Namen, noch die Funktion oder die Stammeszugehörigkeit des Generals angeben zu können, der die Bewohner des Dorfes des Beschwerdeführers zur Armee habe einziehen wollen. Vermutlich könne er "Mandi" heißen und dem Stamm "Abgat" angehören. Seinen Aufenthalt in Rumänien habe er (auch) durch aktive Mithilfe an der "Schlepperei" und am Menschenhandel finanziert.

Mit dem Bescheid vom 8. November 1994 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14. April 1994 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Dabei verneinte sie zunächst die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers aufgrund im einzeln dargelegter Widersprüche in seinen Angaben, führte weiters aus, daß - auch dann, wenn man den Angaben des Beschwerdeführers folge - seine Flüchtlingseigenschaft nicht vorliege, da nicht von einer konkreten Verfolgung im Sinne des § 1 AsylG 1991 ausgegangen werden könne, und bejahte schließlich das Vorliegen des Asylausschließungsgrundes des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991, da der Beschwerdeführer in Rumänien vor Verfolgung sicher gewesen sei.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Selbst dann, wenn man den Angaben des Beschwerdeführers folgt, ergibt sich daraus - entgegen seinen Beschwerdebehauptungen - nicht, daß er Flüchtling im dargelegten Sinne ist. In der Rekrutierung von Soldaten kann - jedenfalls in der Situation des Beschwerdeführers - keine staatliche oder dem Staat zuzurechnende Verfolgung aus einem der im § 1 Z. 1 AsylG 1991 angeführten Gründen gesehen werden; daß etwa nur Angehörige des Stammes des Beschwerdeführers zum Militärdienst gezwungen worden wären, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Auch ist den Angaben des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen, daß er mit einer derartigen Maßnahme, die allenfalls als Gruppenverfolgung gewertet werden könnte, in Zukunft zu rechnen gehabt hätte.

Auch der Verlust der Farm und des Wohnhauses der Familie im Zuge des Bürgerkriegs in Somalia vermag die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers nicht zu begründen; Hinweise, daß in diesem Geschehen eine Verfolgungsmaßnahme aus einem der bereits genannten Gründe zu erblicken wäre, lassen sich dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht entnehmen, hat er doch selbst ausschließlich die dadurch bedingte wirtschaftliche Schlechterstellung als Fluchtgrund angeführt.

Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 ist.

Da sich die Beschwerde somit schon deshalb als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, ohne daß auf das weitere in ihr enthaltene Vorbringen noch einzugehen gewesen wäre.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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