Gebrauchsabgabe, Verkürzungen, Portale und Vordächer, keine Gebrauchsbewilligung vorhanden gewesen
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2025:RV.7500628.2024
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***43*** in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, (Bf.) vertreten durch die Bischof Zorn + Partner Rechtsanwälte GmbH wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1.-4 § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und Tarifpost B 3 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom 8. Juli 1966, LGBI. für Wien Nr. 20, in der Fassung des LGBI. Nr. 57/2019, in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, 5.- 8. § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und Tarifpost B5 des Gebrauchsabgabegesetzes vom 8. Juli 1966, LGBI. für Wien Nr. 20, in der Fassung des LGBI. Nr. 57/2019, in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, über die Beschwerde des Beschuldigten vom 14. November 2024 gegen das Erkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 Abgabenstrafen vom 15. Oktober 0202, MA6/***14***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.2.2025 in Anwesenheit des Verteidigers, der Behördenvertreterinnen und der Schriftführerin sowie einer mündlichen Verhandlung am 10.4.2025 in Anwesenheit des Verteidigers, der Behördenvertreterinnen und der Schriftführerin zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird das Straferkenntnis wie folgt abgeändert:
***Bf1*** ist schuldig als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma ***2*** mit Sitz in ***44*** an der Adresse ***45*** den Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, zwischen 13.5.2020 bis 23.5.2022
durch einen Ladenvorbau (Portal) im Ausmaß von 101 m2 (in Front ***15*** positioniert: Länge 40,40 m, Höhe 2,50 m, Vorsprung 0,15 m) ohne eine Gebrauchserlaubnis und Entrichtung der Gebrauchsabgabe genutzt und dadurch folgende Verkürzungen bewirkt zu haben: 2020 € 665,60, 2021 € 665,60.
durch einen Ladenvorbau (ein Portal) im Ausmaß von 80 m2 (in Front ***62*** positioniert: Länge 32 m, Höhe 2,50 m, Vorsprung 0,15 m) ohne eine Gebrauchsbewilligung und Entrichtung der Gebrauchsabgabe genutzt und dadurch folgende Verkürzungen bewirkt zu haben: 2020 € 529,10, 2021 € 529,10,
durch einen Wetterschutz bzw. ein Vordach im Ausmaß v. 80,80 m² (in Front ***15*** positioniert: Länge 40,40 m, Breite 2 m, Bodenabstand 2,50 m) ohne eine Gebrauchsbewilligung und Entrichtung der Gebrauchsabgabe genutzt und dadurch folgende Verkürzungen bewirkt zu haben: 2020 € 1.272,20, 2021 € 1.272,20,
durch einen Wetterschutz bzw. ein Vordach im Ausmaß von 46,20 m² (in Front ***62*** positioniert: Länge 30,80 m, Breite 1,50 m, Bodenabstand 2,50 m) ohne eine Gebrauchsbewilligung und Entrichtung der Gebrauchsabgabe genutzt und dadurch folgende Verkürzungen bewirkt zu haben: 2020 € 741,80 und 2021 € 741,80.
Es wurden mit dieser Verwaltungsübertretung folgende Rechtsvorschriften verletzt:
I.-4 § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und Tarifpost B 3 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom 8. Juli 1966, LGBI. für Wien Nr. 20, in der Fassung des LGBI. Nr. 57/2019, in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG.
5.- 8. § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und Tarifpost B5 des Gebrauchsabgabegesetzes vom 8. Juli 1966, LGBI. für Wien Nr. 20, in der Fassung des LGBI. Nr. 57/2019, in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG.
Zu diesen 8 Verwaltungsübertretungen liegt tatbestandliche Handlungseinheit vor, daher wird wegen dieser fortgesetzten Tat über den Beschuldigten folgende Strafe verhängt:
Gemäß § 16 Abs. 1 GAG in der derzeit geltenden Fassung wird mit Strafneubemessung vorgegangen und eine Geldstrafe von € 2.600,00 ausgesprochen.
Gemäß § 16 Abs. 1 GAG in der derzeit geltenden Fassung, wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von 104 Stunden bestimmt.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis insoweit bestätigt.
Gemäß § 64 VStG hat die beschwerdeführende Partei € 260,00 als Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu ersetzen.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keine Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gemäß § 9 Abs.7 VStG haftet die Firma ***2*** für die über den Beschuldigten verhängte Geldstrafe von € 2.600,00 und die Verfahrenskosten in der Höhe von € 260,00 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen zur ungeteilten Hand.
IV. Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.
V. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 Abgabenstrafen vom 15. Oktober 0202, Zahl: ***14*** wurde ***Bf1*** (in weiterer Folge: Beschuldigter) wie folgt für schuldig befunden,
1. Datum: 23.05.2022
Ort: ***45***, in Front ***15*** positioniert
Funktion: handelsrechtliche(r) Geschäftsführer/in
Firma ***2*** mit Sitz in ***44***
Sie haben von 01.01.2020 bis 31.12.2020 vor der oben angeführten Liegenschaft den öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr dient, durch einen Ladenvorbau (Portal) im Ausmaß von 101 m2 (in Front ***15*** positioniert: Länge 40,40 m, Höhe 2,50 m, Vorsprung 0,15 m) genutzt, wobei Sie hiefür bis zum 23.05.***47*** weder eine Gebrauchserlaubnis erwirkt, noch die Gebrauchsabgabe entrichtet haben. Sie haben dadurch die Gebrauchsabgabe für das Jahr 2020 bis zum 23.05.2022 mit dem Betrag von € 665,60 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.
2. Datum: 23.05.2022
Ort: ***45***, in Front ***15*** positioniert
Funktion: handelsrechtliche(r) Geschäftsführer/in
Firma ***2*** mit Sitz in ***44***
Sie haben von 01.01.2021 bis 31.12.2021 vor der oben angeführten Liegenschaft den öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr dient, durch einen Ladenvorbau (Portal) im Ausmaß von 101 m2 (in Front ***15*** positioniert: Länge 40,40 m, Höhe 2,50 m, Vorsprung 0,15 m) genutzt, wobei Sie hiefür bis zum 23.05.2022 weder eine Gebrauchserlaubnis erwirkt, noch die Gebrauchsabgabe entrichtet haben. Sie haben dadurch die Gebrauchsabgabe für das Jahr 2021 bis zum 23.05.2022 mit dem Betrag von € 665,60 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.
3. Datum: 23.05.2022
Ort: ***45***, in Front ***62*** positioniert
Funktion: handelsrechtliche(r) Geschäftsführer/in
Firma ***2*** mit Sitz in ***44***
Sie haben von 01.01.2020 bis 31.12.2020 vor der oben angeführten Liegenschaft den öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr dient, durch einen Ladenvorbau (Portal) im Ausmaß von 80 m2 (in Front ***62*** positioniert: Länge 32 m, Höhe 2,50 m, Vorsprung 0,15 m) genutzt, wobei Sie hiefür bis zum 23.05.2022 weder eine Gebrauchserlaubnis erwirkt, noch die Gebrauchsabgabe entrichtet haben. Sie haben dadurch die Gebrauchsabgabe für das Jahr 2020 bis zum 23.05.2022 mit dem Betrag von € 529,10 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.
4. Datum: 23.05.2022
Ort: ***45***, in Front ***62*** positioniert
Funktion: handelsrechtliche(r) Geschäftsführer/in
Firma ***2*** mit Sitz in ***44***
Sie haben von 01.01.2021 bis 31.12.2021 vor der oben angeführten Liegenschaft den öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr dient, durch einen Ladenvorbau (Portal) im Ausmaß von 80 m2 (in Front ***62*** positioniert: Länge 32 m, Höhe 2,50 m, Vorsprung 0,15 m) genutzt, wobei Sie hiefür bis zum 23.05.2022 weder eine Gebrauchserlaubnis erwirkt, noch die Gebrauchsabgabe entrichtet haben. Sie haben dadurch die Gebrauchsabgabe für das Jahr 2021 bis zum 23.05.2022 mit dem Betrag von € 529,10 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.
5. Datum: 23.05.2022
Ort: ***45***, in Front ***15*** positioniert
Funktion: handelsrechtliche(r) Geschäftsführer/in
Firma ***2*** mit Sitz in ***44***
Sie haben von 01.01.2020 bis 31.12.2020 vor der oben angeführten Liegenschaft den öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr dient, durch einen Wetterschutz bzw. ein Vordach im Ausmaß von 80,80 m2 (in Front ***15*** positioniert: Länge 40,40 m, Breite 2 m, Bodenabstand 2,50 m) genutzt, wobei Sie hiefür bis zum 23.05.2022, weder eine Gebrauchserlaubnis erwirkt, noch die Gebrauchsabgabe entrichtet haben. Sie haben dadurch die Gebrauchsabgabe für das Jahr 2020 bis zum 23.05.2022 mit dem Betrag von € 1.272,20 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.
6. Datum: 23.05.2022
Ort: ***45***, in Front ***15*** positioniert
Funktion: handelsrechtliche(r) Geschäftsführer/in
Firma ***2*** mit Sitz in ***44***
Sie haben von 01.01.2021 bis 31.12.2021 vor der oben angeführten Liegenschaft den öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr dient, durch einen Wetterschutz bzw. ein Vordach im Ausmaß von 80,80 m2 (in Front ***15*** positioniert: Länge 40,40 m, Breite 2 m, Bodenabstand 2,50 m) genutzt, wobei Sie hiefür bis zum 23.05.2022 weder eine Gebrauchserlaubnis erwirkt, noch die Gebrauchsabgabe entrichtet haben. Sie haben dadurch die Gebrauchsabgabe für das Jahr 2021 bis zum 23.05.2022 mit dem Betrag von € 1.272,20 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.
7. Datum: 23.05.2022
Ort: ***45***, in Front ***62*** positioniert
Funktion: handelsrechtliche(r) Geschäftsführer/in
Firma ***2*** mit Sitz in ***44***
Sie haben von 01.01.2020 bis 31.12.2020 vor der oben angeführten Liegenschaft den öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr dient, durch einen Wetterschutz bzw. ein Vordach im Ausmaß von 46,20 m2 (in Front ***62*** positioniert: Länge 30,80 m, Breite 1,50 m, Bodenabstand 2,50 m) genutzt, wobei Sie hiefür bis zum 23.05.2022 weder eine Gebrauchserlaubnis erwirkt, noch die Gebrauchsabgabe entrichtet haben. Sie haben dadurch die Gebrauchsabgabe für das Jahr 2020 bis zum 23.05.2022 mit dem Betrag von € 741,80 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.
8. Datum: 23.05.2022
Ort: ***45***, in Front ***62*** positioniert
Funktion: handelsrechtliche(r) Geschäftsführer/in
Firma ***2*** mit Sitz in ***44***
Sie haben von 01.01.2021 bis 31.12.2021 vor der oben angeführten Liegenschaft den öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr dient, durch einen Wetterschutz bzw. ein Vordach im Ausmaß von 46,20 m2 (in Front ***62*** positioniert: Länge 30,80 m, Breite 1,50 m, Bodenabstand 2,50 m) genutzt, wobei Sie hiefür bis zum 23.05.2022, weder eine Gebrauchserlaubnis erwirkt, noch die Gebrauchsabgabe entrichtet haben. Sie haben dadurch die Gebrauchsabgabe für das Jahr 2021 bis zum 23.05.2022 mit dem Betrag von € 741,80 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
I.-4 § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und Tarifpost B 3 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom 8. Juli 1966, LGBI. für Wien Nr. 20, in der Fassung des LGBI. Nr. 57/2019, in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG.
5.- 8. § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und Tarifpost B5 des Gebrauchsabgabegesetzes vom 8. Juli 1966, LGBI. für Wien Nr. 20, in der Fassung des LGBI. Nr. 57/2019, in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:
Nummer | Geldstrafe | Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit | Gesetzliche Bestimmung |
1 | € 330,00 | 15 Stunden | § 16 Abs. 1 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom 8. Juli 1966, LGBI. für Wien Nr. 20, in der derzeit geltenden Fassung |
2 | € 330,00 | 15 Stunden | § 16 Abs. 1 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom 8. Juli 1966, LGBI. für Wien Nr. 20, in der derzeit geltenden Fassung |
3 | € 260,00 | 14 Stunden | § 16 Abs. 1 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom 8. Juli 1966, LGBI. für Wien Nr. 20, in der derzeit geltenden Fassung |
4 | € 260,00 | 14 Stunden | § 16 Abs. 1 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom 8. Juli 1966, LGBI. für Wien Nr. 20, in der derzeit geltenden Fassung |
5 | € 640,00 | 20 Stunden | § 16 Abs. 1 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom 8. Juli 1966, LGBI. für Wien Nr. 20, in der derzeit geltenden Fassung |
6 | € 640,00 | 20 Stunden | § 16 Abs. 1 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom 8. Juli 1966, LGBI. für Wien Nr. 20, in der derzeit geltenden Fassung |
7 | € 370,00 | 16 Stunden | § 16 Abs. 1 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom 8. Juli 1966, LGBI. für Wien Nr. 20, in der derzeit geltenden Fassung |
8 | € 370,00 | 16 Stunden | § 16 Abs. 1 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) vom 8. Juli 1966, LGBI. für Wien Nr. 20, in der derzeit geltenden Fassung |
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:
€ 320,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10 für jedes Delikt.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher € 3.520,00.
Die ***2***. haftet für die mit diesem Bescheid über die*den zur Vertretung nach außen Berufene*n, ***46*** verhängten Geldstrafen von € 330,00, € 330,00, € 260,00, € 260,00, € 640,00, € 640,00, € 370,00, € 370,00, und die Verfahrenskosten in der Höhe von € 320,00 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs.7 VStG zur ungeteilten Hand.
Begründung
Gemäß § 1 Abs. 1 des Gebrauchsabgabegesetzes (GAG) ist für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist.
Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass Sie seit 13.05.2020 die zur Vertretung nach außen berufene Person der Gesellschaft und somit für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich verantwortlich waren.
Im vorliegenden Fall geht aus einer Anzeige der Magistratsabteilung 46 vom 23.05.2022 hervor, dass der öffentliche Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, durch die oben angeführten Taten ohne Erlaubnis widmungswidrig in Anspruch genommen wurde, ohne dass zuvor eine Genehmigung nach dem Gebrauchsabgabegesetz eingeholt bzw. die gebotene Gebrauchsabgabe entrichtet worden ist.
Anlässlich der Aufforderung zur Rechtfertigung führte Ihre rechtsfreundliche Vertretung Folgendes aus:
"...Die Beschuldigten sollen für die im jeweiligen Schreiben vom 09.05.2023 dargestellten Zeiträume dafür verantwortlich gewesen sein, dass es zu einer Verkürzung von Gebrauchsabgaben gekommen ist. Tatsächlich trifft die Beschuldigten keine Verantwortung; es ist kein Schaden entstanden; es ist Verfolgungsverjährung eingetreten.
Die ***2***, vormals ***3*** (FN ***4***), ist erst seit 2017 Eigentümerin des Wohnungseigentumsobjektes "Geschäft, Garage und Kellerlager, St I und II" der Liegenschaft ***5***.
Die ***6***, ***7***, ist seit 1. Mai 2017 von der Wohnungseigentümerin mit der Verwaltung nur (!) dieses WE-Objektes beauftragt.
Auf der Liegenschaft sind zahlreiche weitere Wohnungseigentumsobjekte vorhanden. Die Eigentümergemeinschaft (also die Gesamtliegenschaft) wird von einer anderen Hausverwaltung (HV ***1***) vertreten.
Das konkrete Wohnungseigentumsobjekt wurde von der Voreigentümerin seit 2014 an die Firma ***9*** vermietet. Die HV ***8*** hat namens der neuen Eigentümerin den bestehenden Mietvertrag im Jahre 2022 lediglich verlängert.
Beweis: angeschlossene Urkunden:
• Kaufvertrag vom 22.02.2017
• Hausverwaltervertrag vom 10.05.2017
• Mietvertrag mit ***9*** vom 28.08./01.09.2014
• MV-Verlängerungsvereinbarung vom 22.07.2022
Infolge Erteilung einer umfassenden Verwaltungsvollmacht (ausdrücklich auch in "Steuerangelegenheiten") waren die beiden Geschäftsführer der Wohnungseigentümerin, also der ***2***, Herr ***10*** und Herr ***Bf1***, operativ in keinerlei Verwaltungsangelegenheiten eingebunden; das war Aufgabe der ***6***.
Sie konnten daher zu keinem Zeitpunkt darauf Einfluss nehmen, noch hatten sie überhaupt Kenntnis davon, dass offenbar (wie sich später herausstellte) bereits seit 1. Jänner 2017 keine Gebrauchsabgaben betreffend die Portal- und Vordachvorbauten mehr entrichtet wurden.
Am 03.06.2022 wurde der ***2*** unter der GZ MA46-***11*** der Bescheid hinsichtlich der "Bewilligung" für den Bestand der Portalvorbauten ab dem 22. Mai 2022, verbunden mit einer Festsetzung der Gebrauchsabgabe nach dem GAG zugestellt. Ebenso wurde am gleichen Tag und zur gleichen Geschäftszahl ein Bescheid über die "Nachbemessung" der Gebrauchsabgabe seit 1. Jänner 2017 zugestellt.
Beweis: beizuschaffender Akt der Stadt Wien zu GZ: MA46-***11***
Der 03.06.2022 war der erste Zeitpunkt, an dem die Wohnungseigentümerin vom Sachverhalt einer allfälligen Gebrauchsabgabenverkürzung Kenntnis erlangte. Sie hat umgehend gehandelt und die beiden Bescheide vom 23.05.2022 ("Bewilligung" bzw. "Nachbemessung") gleich der Hausverwaltung ***8*** zur Prüfung und weiteren Bearbeitung weitergeleitet.
Die Hausverwaltung war bis dahin ebenfalls in Unkenntnis des Sachverhaltes und hat eigene Recherchen anstellen müssen, wie es zu den Bescheiden betreffend "Nachbemessung" bzw. "Bewilligung", jeweils vom 23.02.2022, kommen konnte.
1. Im abgeschlossenen Kaufvertrag zwischen der ***12*** sowie der nunmehrigen Wohnungseigentümerin findet sich betreffend die verfahrensgegenständlichen Überbauten (Vordächer, Portale) nämlich keine Bestimmung.
Es wurde auch vom Voreigentümer nicht bekanntgegeben, dass irgendeine (neue?) Bewilligung einzuholen oder Gebrauchsabgaben offen bzw. von der neuen Wohnungseigentümerin zu tragen wären.
Im Kaufvertrag wurde verkäuferseits unter Punkt IV. lit. c) + d) sogar ausdrücklich gewährleistet, dass sämtliche behördlichen Bewilligungen vorliegen, der Kaufgegenstand dem letztgültigen Baukonsens entspricht und bis zum Übergabezeitpunkt (= Unterfertigung des Kaufvertrags, sohin 22.02.2017 -Pkt. V. des Kaufvertrages) keine Abgabenrückstände bestehen.
Die Verkäuferin hat wörtlich die Haftung dafür übernommen, dass (Auszug aus Kaufvertrag)
c) der Kaufgegenstand zum Zeitpunkt der Unterfertigung durch die Verkäuferin nach ihrem Wissen frei von Auflagen, Aufträgen, Verboten, Belastungen und Verpflichtungen ist sowie dass sämtliche behördlichen Bewilligungen bestehen und der Kaufgegenstand dem letztgültigen Baukonsens entspricht; Die Verkäuferin erklärt, dass ihr nicht bekannt ist, ob der ***9*** Auflagen, Aufträge usw. von Dritter Seite erteilt wurden.
d) hinsichtlich des Kaufgegenstandes für den Zeitraum bis zum Übergabezeitpunkt keine Rückstände hinsichtlich Aufschließungsgebühren, Betriebskosten, Gemeinde- oder sonstiger Abgaben, Steuerrückstände oder sonstige Verbindlichkeiten bei etwaigen Versorgungsunternehmen, öffentlichen Körperschaften oder Dritten bestehen. Sollte der Käufer in diesem Zusammenhang von Dritten in Anspruch genommen werden, wird die Verkäuferin ihn schad- und klaglos halten;
Im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren werden nun u.a. ausdrücklich auch Rückstände "ab 01.01.2017" releviert. Hätte die Verkäuferin daher in Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten bekannt gegeben, dass es hier Verpflichtungen nach dem GAG gibt, die die Wohnungseigentümerin treffen, die zudem auch zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung (22.02.2017) unbeglichen sind, hätte der Käuferin auffallen können, dass es derartige Verpflichtungen gibt. Diese wären dann auch umgehend eingehalten worden.
Die Käuferin konnte jedoch darauf vertrauen, dass die Zusagen der Verkäuferin im Kaufvertrag korrekt sind und hatte damals auch keinen Anlass, an den glaubhaften Versicherungen und Zusagen der Verkäuferin zu zweifeln.
Dass die konkrete Wohnungseigentümerin eine Verpflichtung zur Zahlung einer Gebrauchsabgabe für gewisse bauliche Einrichtungen haben könnte, war auch nicht offensichtlich, zumal grundsätzlich nicht der einzelne Wohnungseigentümer, sondern die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) die Haftung dafür trifft und die WEG ohnehin durch eine eigene Hausverwaltung (HV ***1***) nach außen vertretungsbefugt war/ist.
Beweis: vorgelegte Urkunden
Einvernahme des Zeugen ***13*** als GF der Hausverwaltung ***6***, ***7***
Weitere Beweise vorbehalten
2. Aus Gründen advokatorischer Vorsicht wird an dieser Stelle bestritten, dass die ***2*** überhaupt dem Grunde nach für eine Gebrauchsabgabe für Portalvorbauten bzw. Vordach, die an der Fassade des Hauses ***5*** angebracht sind, verantwortlich ist. Die Außenseite des Hauses (Fassade) ist nicht Gegenstand des Wohnungseigentumsobjektes der Wohnungseigentümerin. Dieser Bereich steht im Miteigentum aller Eigentümer und ist daher die Eigentümergemeinschaft iS § 2 Abs. 5 WEG 2002, der in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft als juristische Person eigene Rechtspersönlichkeit zukommt, Ansprechpartner für allfällige Gebrauchsabgaben.
Demzufolge kann schon deswegen den beiden hier Beschuldigten ein etwaiger Verstoß gegen das GAG nicht zum Vorwurf gemacht werden.
Beweis: angeschlossene Urkunde:
Grundbuchsauszug mit sämtlichen Wohnungseigentümern, die iS. § 2 Abs. 5 WEG 2002 die Eigentümergemeinschaft (WEG) bilden; wie bisher; weitere vorbehalten
3. Laut Kaufvertrag vom 22.02.2017 hat sich die Verkäuferin gegenüber der Käuferin verpflichtet, ihr alle bei ihr befindlichen Urkunden und Unterlagen zur Verfügung zu stellen (Pkt. V. letzter Absatz). Im Rahmen der Verwaltungsübernahme durch die HV ***8*** wurden von der Vorverwaltung jedoch keinerlei Unterlagen oder Bewilligungen betreffend die verfahrensgegenständlichen Überbauungen übergeben. Die Hausverwaltung (und damit die Käuferin bzw. deren beide hier nun als Beschuldigte geführte Geschäftsführer) waren daher nicht in Kenntnis darüber, dass wie immer geartete Gebrauchsabgaben geschuldet oder gar Bewilligungen nachzuholen wären.
Beweis: vorgelegte Urkunden
Einvernahme des Zeugen ***13*** als GF der Hausverwaltung ***6***, ***7***
Weitere Beweise vorbehalten
4. Wie bereits ausgeführt, ist der Eigentümer der Liegenschaft die Wohnungseigentümergemeinschaft ***Bezirk*** Wien, ***52***, die ***2*** lediglich eine von zahlreichen Wohnungseigentümern. Die Wohnungseigentümerin (und damit deren beide hier nun als Beschuldigte geführte Geschäftsführer bzw. die HV ***8***) konnte berechtigterweise auch davon ausgehen, dass die allfällige Vorschreibung von Gebrauchsabgaben an die Wohnungseigentümergemeinschaft als Liegenschaftseigentümerin erfolgt.
Beweis: Einvernahme des Zeugen ***13*** als GF der Hausverwaltung ***6***, ***7***
Weitere Beweise vorbehalten
5. Im schon 2014 abgeschlossenen Mietvertrag mit der Firma ***9*** findet sich unter Punkt 4.2. die Vereinbarung, dass als Nebenkosten auch allfällige Gebrauchsgebühren von der Mieterin zu tragen sind.
Gem. Pkt. 1.6. (2. Absatz) hat sich die Mieterin verpflichtet, "für die Einholung erforderlicher gewerbe- oder sonstiger behördlicher Genehmigungen" Sorge zu tragen.
In Pkt. 9.1. ist festgehalten, dass "Baubewilligungen, gewerbebehördliche und/oder weitere erforderliche Bewilligungen und die Zustimmung der anderen Miteigentümer bzw. der Hausverwaltung von der Bestandnehmerin auf eigene Kosten zu erwirken" sind.
Die hier gegenständlichen Ladenvorbauten bzw. Vordächer sind sämtliche dem Werbekonzept der Mieterin geschuldet. Dazu wurde eigens als Anlage/3 zum Mietvertrag eine bereits vor Mietvertragsunterzeichnung getroffene Vereinbarung vom 17.07.2014 getroffen, die Bezug nimmt auf das von der Mieterin gewünschte Werbekonzept. Dieses betrifft genau diese Vorbauten!
Es wurde in der genannten Vereinbarung vom 17.07.2014 festgehalten, dass der Bereich dieser Vorbauten nicht den Mietgegenstand, sondern die - nicht zum Wohnungseigentumsobjekt gehörige -Außenseite des Gesamthauses betrifft und daher mit der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) eine Einigung zu treffen ist. Ferner verpflichtet sich die Mieterin, sämtliche damit zusammenhängende Produktions- und behördliche Bewilligungskosten zu übernehmen.
Auch vor diesem Hintergrund war nicht damit zu rechnen, dass die Wohnungseigentümerin (= Vermieterin) überhaupt direkt eine Zahlungsverpflichtung nach GAG treffen könnte.
Beweis: vorgelegte Urkunden
Einvernahme des Zeugen ***13*** als GF der Hausverwaltung ***6***, ***7***
6. Bis zum 31. Dezember 2016 wurden die Gebrauchsabgaben offenbar (vom Voreigentümer? Von der Mieterin?) entrichtet. Dies wird zumindest mangels Kenntnis des Gegenteiles angenommen. Es konnte von der Hausverwaltung ***8*** im Zuge ihrer Ermittlungen nicht in Erfahrung gebracht werden, warum der Magistrat der Stadt Wien im Zuge des Eigentümerwechsels im Jahr 2017 keine Umstellung der Vorschreibung der Gebrauchsabgabe auf den neuen Eigentümer vorgenommen hat, sondern dieses Thema erst fünf Jahre später im Jahr 2022 evident geworden ist.
Auch im Bescheid zur "Nachbemessung" vom 23.05.2022 findet sich nur der Hinweis, dass die "Gegenstände bei einem Ortsaugenschein vorgefunden" wurden. Wann dieser Ortsaugenschein stattgefunden hat, wer diesen durchgeführt hat bzw. was überhaupt diesen Ortsaugenschein veranlasst hat, findet sich nicht im Bescheid.
Nachdem dieser Bescheid am 23.05.2022 ergangen ist, muss davon ausgegangen werden, dass dieser Ortsaugenschein bzw. jener Akt davor, mit dem die Behörde Kenntnis von dem Sachverhalt erlangt hat, mehrere Wochen vor dem 23.05.2022 liegen.
Davon ausgehend wird aus Gründen advokatorischer Vorsicht zusätzlich der Einwand der mittlerweile eingetretenen Verfolgungsverjährung erhoben, zumal mehr als 1 Jahr seit Kenntnis der Behörde verstrichen ist, bis diese das nun anhängige Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet hat.
Nachdem die Wohnungseigentümerin keinerlei Kenntnis hatte, wurde von ihr auch nicht der im Bescheid "Bewilligung" erwähnte Antrag auf "Bewilligung" gestellt, der letztlich zu dem weiteren Bescheid vom 23.05.2022 zur gleichen GZ geführt hat. Es wird noch gesondert zu erheben sein, wer den Antrag auf Bewilligung zu welchem Zeitpunkt gestellt hat.
Beweis: beizuschaffender (vollständiger!) Akt der Stadt Wien
7. Sowohl die beiden beschuldigten Geschäftsführer der ***15*** ***63*** als auch die mit der Verwaltung dieses WE-Objektes beauftragte Hausverwaltung ***8*** hatten zu keiner Zeit auch nur entferntest die Absicht oder den Vorsatz, wie immer geartete Gebrauchsabgaben zu verkürzen.
Das wäre auch völlig lebensfremd, weil solche Abgaben, wie ausgeführt, aufgrund des Mietvertrages im Innenverhältnis ohnehin von der Mieterin (***9***) zu tragen sind. Die Vermieterin hätte daher keinen finanziellen Nutzen aus einer Abgabenverkürzung durch Nichtmeldung.
Beweis: vorgelegte Urkunden
Einvernahme des Zeugen ***13*** als GF der Hausverwaltung ***6***, ***7***
Weitere Beweise vorbehalten
8. Die offenen Beträge aus der Nachbemessung der Gebrauchsabgaben, die mit Bescheid vom 23.05.***47*** zur GZ MA46-***11*** rückwirkend ab 1. Jänner 2017 festgesetzt wurden, sind daher auch innerhalb der gesetzten Zahlungsfrist Anfang 07/2022 und in voller Höhe zur Einzahlung gebracht worden, sodass seither kein Rückstand mehr besteht.
Beweis: beizuschaffender Akt der Stadt Wien zu GZ: MA46-***11***
Zusammenfassung:
Es liegt somit jedenfalls kein Verschulden bei den beiden Geschäftsführern vor und kann aufgrund des dargestellten Sachverhaltes auch von keiner Fahrlässigkeit der beiden Beschuldigten ausgegangen werden.
Es wird zudem grundsätzlich bestritten, dass einzelne Wohnungseigentümer (bzw. dessen Geschäftsführer) gem. GAG für allfällige Gebühren verantwortlich gemacht werden können, wenn die Baulichkeiten, die die Gebührenpflicht auslösen, an der Außenseite eines Hauses angebracht sind und diese nicht Gegenstand des Wohnungseigentumsobjektes des Wohnungseigentümers ist, sondern die in den Verantwortungsbereich der Eigentümergemeinschaft (WEG) fällt, der aber gem. § 2 Abs 5 WEG 2002 eigene Rechtspersönlichkeit zukommt.
Es war schlichtweg niemandem bekannt, noch gab es aus dem Kaufvertrag mit der Voreigentümerin Verdachtsmomente, dass es überhaupt eine Zahlungspflicht nach dem GAG hinsichtlich bestimmter Baulichkeiten geben könnte, bzw. allfällige Gebrauchsabgaben nicht ohnehin direkt der Mieterin (***9***) bzw. der WEG vorgeschrieben werden.
Als im Juni 2022 durch die Zustellung des Bescheides betreffend "Nachbemessung" davon Kenntnis erlangt wurde, erfolgte dennoch eine umgehende Einzahlung der offenen Gebrauchsabgaben. Die Gebührenschuld ist schon lange beglichen.
Die Beschuldigten beantragen daher aus den obgenannten Gründen jeweils die Einstellung der gegen sie laufenden Verwaltungsstrafverfahren, und zwar zur GZ MA6/***47*** hinsichtlich ***10*** bzw. zur GZ MA6/***14*** hinsichtlich ***Bf1***)..."
Ihren Ausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:
Dass die ***2*** bereits seit 2017 Eigentümerin des gegenständlichen Objekts war, wurde nicht bestritten und wird durch den von Ihnen vorgelegten Mietvertrag (Verlängerungsvereinbarung vom 22. Juli 2022), in dem die ***2*** als Eigentümerin und Vermieterin angeführt wird, bestätigt. Die Ladenvorbauten bzw. Vordächer stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der vermieteten Geschäftsfläche im Erdgeschoß.
Als Liegenschaftseigentümer des gegenständlichen Objekts war die ***2*** ebenso wie die Mieterin dafür verantwortlich, vor dem Gebrauch des öffentlichen Gemeindegrundes eine entsprechende Gebrauchserlaubnis zu erwirken und die dafür anfallende Gebrauchsabgabe zu entrichten.
Die zugrundeliegende verkürzte Gebrauchsabgabe hängt auch nicht davon ab, wem die Gebrauchsabgabepflicht auslösenden Gegenstände gehören oder von wem diese angebracht wurden. Gemäß § 9 Abs. 1a GAG trifft nämlich sowohl den Eigentümer eines Gebäudes oder Geschäftslokals (als mittelbaren Nutzer durch die Vermietung oder Verpachtung des Geschäftslokals) als auch den Mieter oder Pächter des Lokals die Abgabepflicht für die Nutzung öffentlichen Gemeindegrundes. Beide haben daher die Verwaltungsübertretung(en) zu verantworten, da beide, ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben, den öffentlichen Gemeindegrund durch die am Gebäude angebrachten Gegenstände genutzt haben (vgl. Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichts RV/7500010/2022 vom 01.04.2022, RV/7400077/2020 vom 12.11.2020 oder RV/7400061/2021 vom 14.09.2021).
Weiters normiert § 6 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO), dass Personen, die dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner sind (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB). Es werden damit der Eigentümer eines Gebäudes oder Geschäftslokals und der Mieter des entsprechenden Geschäftslokals für die Gebrauchsabgabe zu Gesamtschuldnern.
Wer nun im Innenverhältnis verpflichtet ist, die Gebrauchsabgabe wirtschaftlich zu tragen, ist eine Frage, die im Rahmen der privatrechtlichen Schuldverhältnisse zu klären ist.
Dass auch der Mieter den gleichen Tatbestand erfüllt und daher auch die Gebrauchsabgabe schuldet, vermag Sie nicht zu befreien. In diesem Falle schulden wie in § 6 BAO geregelt beide Abgabepflichtige die gleiche Abgabe und werden dadurch für die Gebrauchsabgabe zu Gesamtschuldnern.
Der Mieter und der Gebäudeeigentümer erfüllen hinsichtlich des gebrauchsabgabepflichtigen Objekts (Ladenvorbau, Portal, etc.) denselben Abgabentatbestand. Sie sind daher gemäß § 6 Abs. 1 BAO Gesamtschuldner (siehe Stoll, BAO 90).
Bei der Gesamtschuld ist jeder Gesamtschuldner nach außen hin (gegenüber der Abgabenbehörde) verpflichtet, die Schuld (Abgabe) in voller Höhe zu entrichten. Es liegt im Ermessen der Behörde, an welchen von mehreren Gesamtschuldnern sie sich wendet. Zahlt einer der Gesamtschuldner die Abgabe, so erlischt die Schuld und somit auch die Zahlungsverpflichtung der übrigen Gesamtschuldner gegenüber der Abgabenbehörde. Die Abgabenbehörde kann die Abgabe somit insgesamt nur einmal einfordern. Der zahlende Gesamtschuldner kann sich an den anderen dann im Innenverhältnis nach § 896 ABGB regressieren.
Dass sich die Mieterin des Objekts zivilrechtlich gegenüber Ihnen bzw. der ***2*** verpflichtet hat, Sie schad- und klaglos zu halten, vermag Ihre nach dem Gebrauchsabgabegesetz bestehende Abgabepflicht als Eigentümerin des Objekts und somit Gesamtschuldnerin nicht aufzuheben, zumal diese auf einer öffentlich-rechtlichen Norm (Gebrauchsabgabegesetz) beruht. Durch zivilrechtliche Vereinbarungen können öffentlich-rechtliche Vorschriften über die Person des Abgabenschuldners nicht abgeändert werden. Im Übrigen bleibt es Ihnen unbenommen, allfällige zivilrechtliche Ansprüche aus dem abgeschlossenen Vertrag geltend zu machen.
Für die Abgabenverkürzung nach § 16 Abs. 1 GAG ist relevant, dass bis zur Tilgung jeder Gesamtschuldner zur Zahlung der Abgabe in voller Höhe verpflichtet ist. Jeder Gesamtschuldner unterliegt daher einer eigenständigen, von den anderen Gesamtschuldnern unabhängigen Pflicht zur Abgabenzahlung. Wird die Abgabe nicht rechtzeitig (von einem der Gesamtschuldner) entrichtet, so erfüllt jeder Gesamtschuldner für sich den Tatbestand der Abgabenverkürzung. Da die Abgabe bereits durch die Nichtentrichtung bei Fälligkeit verkürzt ist, ist der Tatbestand nach § 16 Abs. 1 GAG auch dann verwirklicht, wenn die Abgabe nachträglich gezahlt wird, sowohl beim zahlenden Gesamtschuldner, als auch bei allen Übrigen. Die Tilgung der Abgabenschuld hebt den Strafanspruch nicht nachträglich auf.
Da die gegenständlichen Strafbestimmungen über das Verschulden nichts Anderes bestimmen, genügt gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens Fahrlässigkeit.
Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht (§ 6 StGB).
Zur Verschuldensform der Fahrlässigkeit hat der VwGH festgehalten, dass die Außerachtlassung der objektiv gebotenen und subjektiv möglichen Sorgfalt dem Täter im Sinn des § 6 Abs. 1 StGB nur dann vorgeworfen werden kann, wenn es ihm unter dem besonderen Verhältnis des Einzelfalles auch zuzumuten war, sie tatsächlich aufzuwenden. Objektiv sorgfaltswidrig hat der Täter dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch an seiner Stelle anders verhalten hätte (vgl. VwGH 23.06.2021, Ro 2019/03/0020).
Die Unkenntnis des Gesetzes, wie auch eine irrige Gesetzesauslegung, müssen somit unverschuldet sein. Da es bei der Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen bedarf, wäre es im gegenständlichen Fall geboten gewesen, eine rechtliche Auskunft bei der zuständigen Behörde, bei einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung berechtigten Person oder bei gesetzlichen beruflichen Vertretungen (VwGH 16.11.1993, 93/07/0022) einzuholen. Da der Beschuldigte diese nicht eingeholt hat, vermag er sich nicht mit seiner Unkenntnis des Gesetzes zu entschuldigen und ihn die Unkenntnis der Vorschriften nicht von seiner Schuld zu befreien (VwGH 7.12.2021, Ra 2021/09/0243).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat sich jeder mit den einschlägigen Normen seines Betätigungsfeldes ausreichend vertraut zu machen (VwGH 14.1.2010, 2008/09/0175). Sie behaupten im gegenständlichen Fall nicht einmal, (bei der zuständigen Magistratsabteilung) rechtzeitig Erkundigungen eingeholt zu haben, ob für alle auf öffentlichem Gemeindegrund angebrachten Gegenstände bzw. errichteten Baulichkeiten eine Bewilligung nach GAG vorlag und die Gebrauchsabgabe entrichtet wird, sondern haben sich auf die Aus- bzw. Zusagen der Verkäuferin der Liegenschaft verlassen. Eine rechtzeitige Abklärung hinsichtlich der vorhandenen Gegenstände und den dafür vorhandenen bzw. notwendigen Bewilligungen mit der zuständigen Behörde, hätte jedenfalls Abhilfe geschaffen.
Sie, als Vertreter der Liegenschaftseigentümerin, trifft daher ein Verschulden, das über einen minderen Grad des Versehens hinausgeht. Ein Geschäftsführer einer Immobilienfirma - wie Sie - hat sich selbstverständlich auch mit den einschlägigen Bestimmungen hinsichtlich der Anmeldung bzw. Entrichtung der damit verbundenen Abgaben auseinanderzusetzen, so er über dieses branchenspezifische Wissen nicht ohnehin bereits verfügt, da Sie im Zuge Ihrer üblichen Geschäfte ohnehin mit der Anwendung dieser Bestimmungen ständig konfrontiert werden müssten. Daher ist Ihnen das Unterlassen dieser Erkundigungspflicht jedenfalls vorwerfbar und durfte sohin zu Recht von einer Verletzung der zukommenden Sorgfaltspflicht und somit von einer fahrlässigen Handlungsweise ausgegangen werden (siehe BFG-Erkenntnis vom 17.05.2023 zur Zahl RV/7500531/2022).
Sie haben dadurch die Gebrauchsabgabe leicht fahrlässig verkürzt, indem Sie die gebotene Sorgfalt verletzt haben, für die an der Hausfassade angebrachten und in den Luftraum über dem Gemeindegrund hinausragenden Gegenstände bzw. Baulichkeiten rechtzeitig eine Bewilligung nach dem Gebrauchsabgabegesetz zu erlangen und die jährlich fälligen Abgaben zu entrichten.
Nachdem Sie mit Ihrem Vorbringen weder die objektiven noch die subjektiven Voraussetzungen für eine Strafbarkeit entkräften, noch einen geeigneten Schuldausschließungsgrund belegen konnten, war es als erwiesen anzusehen, dass Sie den öffentlichen Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, in Anspruch genommen haben ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken und die darauf entfallende Gebrauchsabgabe zu entrichten. Sie haben somit die Gebrauchsabgabe zumindest fahrlässig verkürzt.
Zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung der fahrlässigen Abgabenverkürzung gehört der Eintritt eines Schadens, wobei ein solcher nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass es später tatsächlich -aber eben verspätet - zur Bemessung und Entrichtung der Abgabe kommt (VwGH 31.3.1989, 87/17/0349). Durch Ihr fahrlässiges Verhalten hat die Behörde - wie bereits oben erwähnt - die Abgabe nicht bei deren Fälligkeit erhalten, sondern musste nach Aufdeckung der Verwaltungsübertretungen mit amtswegiger Festsetzung im Rahmen eines Nachbemessungsbescheides vorgehen.
Eine Verkürzung liegt in solchen Fällen bereits dann vor, wenn eine Abgabe unter Verletzung einer Anzeigepflicht nicht zu den vorgesehenen Terminen entrichtet wird (vgl. VwGH vom 23.1.1970, 94/69).
Gemäß § 16 Abs. 1 GAG in der derzeit geltenden Fassung sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Gebrauchsabgabe verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis € 42.000,00 zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen. Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe dauert so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG kann das Verfahren eingestellt oder allenfalls eine Ermahnung verhängt werden, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Im gegenständlichen Fall wurde öffentlicher Gemeindegrund durch zwei Ladenvorbauten im Ausmaß von 101,00 m2 und 80,00 m2 sowie durch zwei Wetterschutze bzw. Vordächer im Ausmaß von 80,80 m2 und 46,20 m2 über einen Zeitraum von mindestens 5 Jahren genutzt, ohne dass zuvor die gesetzlich gebotene Gebrauchsabgabe entrichtet worden wäre. Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes ist angesichts der derartig langen Nutzung der gegenständlichen Gegenstände ohne Gebrauchserlaubnis im öffentlichen Bereich bedeutend und keinesfalls als gering anzusehen, sodass bereits aus diesen Erwägungen sowohl eine Einstellung des Verfahrens als auch eine Ermahnung ausscheiden. Für eine Anwendung der Bestimmungen über die Ermahnung oder Einstellung des Verfahrens ist nämlich das kumulative Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen erforderlich, geringes Verschulden und geringe Auswirkungen der Verwaltungsübertretung.
Es kann gegenständlich weder von geringem Verschulden noch von geringen Auswirkungen der Verwaltungsübertretung gesprochen werden.
Die Wertigkeit des durch die verletzte Norm geschützten vorliegenden Rechtsgutes des öffentlichen Gemeindegrundes, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient und ohne Erlaubnis widmungswidrig in Anspruch genommen wurde, findet ihren Ausdruck auch in der Höhe des gesetzlichen Strafrahmens (vgl. VwGH 7.10.2021, Ra 2020/04/0232). Da dieser im gegenständlichen Fall gemäß § 16 Abs. 1 GAG in der Fassung LGBI. Nr. 45/2013 Geldstrafen bis zu € 21.000,00 und in der derzeit geltenden Fassung (ab 2020) € 42.000,00 vorsieht, kann die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes keinesfalls als gering angesehen werden.
Es liegt zudem keine Verfolgungsverjährung vor, da die Frist zur Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens ein Jahr beträgt (siehe § 31 Abs. 2 VStG). Darüber hinaus ist seit der Neufassung der Strafbestimmungen im Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBI. für Wien Nr. 11/2013, das Delikt der Abgabenverkürzung als Dauerdelikt konzipiert: im § 16 Abs. 1, letzter Satz, wird ausdrücklich festgelegt: »Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe dauert so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird. Da die gegenständlichen Gebrauchsabgaben mit Nachbemessungsbescheid der Magistratsabteilung 46 vom 23.05.2022 festgesetzt worden ist, ist ihr Vorbringen entkräftet, da das gegenständliche Strafverfahren mittels Aufforderung zur Rechtfertigung vom 09.05.2023 ordnungsgemäß innerhalb der Verjährungsfrist gegen Sie eingeleitet wurde.
Für die Strafbemessung war zunächst das Ausmaß der Verkürzungsbeträge maßgebend, wobei die verhängten Geldstrafen durch ihre Höhe geeignet sein sollen, Sie wirksam von einer Wiederholung abzuhalten (Spezialprävention). Die verhängten Strafen befinden sich im untersten Segment der bis zu € 42.000,00 reichenden Strafdrohung und sind daher jedenfalls angemessen.
Als erschwerend war kein Umstand zu werten.
Als mildernd war die nach Festsetzung durch die Abgabenbehörde umgehende Schadensgutmachung in vollem Umfang durch zeitnahe Entrichtung der Gebrauchsabgabe zu werten.
Bei der Strafbemessung war aber auch zu berücksichtigen, dass Ihnen der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zugutekommt.
Bei der Strafbemessung ist auch der Gedanke der Generalprävention zu berücksichtigen, d.h. es sollen andere potentielle Täterinnen in der gleichen Lage wie Sie von der Begehung ähnlicher Abgabendelikte abgehalten werden. Aufgrund der stark zugenommenen Anzahl an widmungswidriger Inanspruchnahme öffentlichen Gemeindegrundes erscheint es daher erforderlich, die Strafe im gegenständlichen Ausmaß festzusetzen, um eine derartige Wirkung zu erzielen. Andernfalls könnte es bei ausreichend hohem wirtschaftlichen Interesse dazu kommen, dass der Strafbetrag als bloßer Preis des erwarteten Nutzens kalkuliert werde und die Strafdrohung ihren Zweck verfehlt.
Die der Bestrafung zu Grunde liegende Tat schädigte das als sehr bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Abgabenentrichtung, weshalb der objektive Unrechtsgehalt der Tat an sich nicht als geringfügig angesehen werden kann.
Die Strafbemessung erfolgte unter Annahme durchschnittlicher wirtschaftlicher Verhältnisse. Ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse konnten zu Ihren Gunsten nicht angenommen werden, da Sie von der eingeräumten Möglichkeit, diese darzulegen, keinen Gebrauch gemacht haben und für eine solche Annahme kein Anhaltspunkt besteht.
Die Verschuldensfrage war aufgrund der Aktenlage zu bejahen und spruchgemäß zu entscheiden.
Der Ausspruch über die Kosten ist im § 64 Abs. 2 VStG begründet."
****
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde des Beschuldigten vom 14. November 2024 wird wie folgt ausgeführt:
"BESCHWERDE
an das Verwaltungsgericht Wien:
1. Zum angefochtenen Straferkenntnis
Mit Straferkenntnis vom 15.10.2024 wird dem Beschwerdeführer als handelsrechtlichem Geschäftsführer der ***2*** zur Last gelegt, dass er jeweils den öffentlichen Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr dient,
1. von 01.01.2017 bis 31.12.2021 durch einen Ladenvorbau (Portal) im Ausmaß von 101 m2 (in Front ***15*** positioniert: Länge 40,40 m, Höhe 2,50 m, Vorsprung 0,15 m) genutzt habe, wobei er hiefür bis zum 23.05.2022 weder eine Gebrauchserlaubnis erwirkt, noch die Gebrauchsabgabe entrichtet habe. Er habe dadurch eine Gebrauchsabgabe für den obgenannten Zeitraum 23.05.2022 mit dem Betrag von insgesamt € 3.287,00 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen,
2. von 01.01.2017 bis 31.12.2021 durch einen Ladenvorbau (Portal) im Ausmaß von 80,00 m2 (in Front ***62*** positioniert: Länge 32,00 m, Höhe 2,50 m, Vorsprung 0,15 m) genutzt habe, wobei er hiefür bis zum 23.05.2022 weder eine Gebrauchserlaubnis erwirkt, noch die Gebrauchsabgabe entrichtet habe. Er habe dadurch eine Gebrauchsabgabe für den obgenannten Zeitraum mit dem Betrag von insgesamt € 2.612,90 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen,
3. von 01.01.2017 bis 31.12.2021 durch einen Wetterschutz bzw. Vordach im Ausmaß von 80,80 m2 (in Front ***15*** positioniert: Länge 40,40 m, Breite 2,00 m, Bodenabstand 2,50 m) genutzt habe, wobei er hiefür bis zum 23.05.2022 weder eine Gebrauchserlaubnis erwirkt, noch die Gebrauchsabgabe entrichtet habe. Er habe dadurch eine Gebrauchsabgabe für den obgenannten Zeitraum 23.05.2022 mit dem Betrag von insgesamt € 6.279,40 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen,
4. von 01.01.2017 bis 31.12.2021 durch einen Wetterschutz bzw. Vordach im Ausmaß von 46,20 m2 (in Front ***62*** positioniert: Länge 30,80 m, Breite 1,50 m, Bodenabstand 2,50 m) genutzt habe, wobei er hiefür bis zum 23.05.2022 weder eine Gebrauchserlaubnis erwirkt, noch die Gebrauchsabgabe entrichtet habe. Er habe dadurch eine Gebrauchsabgabe für den obgenannten Zeitraum 23.05.2022 mit dem Betrag von insgesamt € 3.661,40 verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen habe.
Der Beschwerdeführer habe hierdurch eine Verwaltungsübertretung iSd. § 1 Abs 1 iVm § 16 Abs. 1 und Tarifpost B3 GAG begangen.
Der Beschwerdeführer hat eine umfassende rechtfertigende Stellungnahme vom 6.06.2023 samt Beilagen erstattet, welche vollinhaltlich auch zum Vorbringen in dieser Beschwerde erhoben wird.
Insbesondere werden die dort gestellten Beweisanträge - weil von der belangten Behörde erster Instanz nicht beachtet - aufrechterhalten.
2. Beschwerdegründe
Der Beschwerdeführer ficht das Straferkenntnis vom 15.10.2024 dem gesamten Inhalt und Umfang nach an.
Es werden Verfahrensmängel, mangelnde Tatsachenfeststellung wie auch unrichtige rechtliche Beurteilung gerügt.
2.1. Wie bereits in der rechtfertigenden Stellungnahme vom 16.06.2023 ausführlich dargestellt, wurde der zugrundeliegende Sachverhalt von der erkennenden Behörde 1. Instanz lückenhaft erhoben; dort ausdrücklich gestellte Beweisanträge wurden unbeachtet gelassen.
Die Behörde geht rechtlich unrichtig davon aus, dass die gegenständlichen Ladenvorbauten bzw. Vordächer - nur weil sie in "unmittelbarem Zusammenhang mit der vermieteten Geschäftsfläche im Erdgeschoss" stehen sollen, in die Verantwortlichkeit des Wohnungseigentümers ***15*** ***63*** fallen und damit in jene des hier belangten handelsrechtlichen GF.
Die belangte Behörde unterlässt Feststellungen dazu, wer eigentlich Eigentümer jener Räumlichkeiten ist; sie geht zudem unrichtig offenbar von einem wie immer gearteten "baulichen" Zusammenhang der Vorbauten aus (genaueres findet sich nicht in den Feststellungen) und leitet daraus automatisch eine Verantwortlichkeit ab.
Tatsache ist, dass die Außenflächen des Gebäudes gerade nicht zum WE-Objekt des Wohnungseigentümers ***15*** ***63*** zählen, daher diesen dafür keine Verantwortlichkeit trifft. Die Außenseite des Gebäudes ist als Allgemeinfläche vielmehr im Miteigentum aller Miteigentümer der Liegenschaft und betrifft somit die gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft gem. WEG. Nur diese wären daher auch Erlaubnisträger gem. § 3 Abs 1 GAG.
Gemäß § 2 Abs. 5 WEG 2002 hat die Eigentümergemeinschaft als juristische Person das gemeinschaftliche Eigentum zu verwalten. Die Fassade ist somit nicht Gegenstand des Wohnungseigentumsobjektes der Wohnungseigentümerin ***15*** ***63*** und unterliegt nicht derer Verwaltung.
In diesem Fall hätte die Wohnungseigentümergemeinschaft als Gesamtheit herangezogen werden müssen, da sie für das gemeinsame Eigentum zuständig ist. Die Behörde hätte die Abgabenforderung also an die WEG richten müssen und nicht an die Wohnungseigentümerin. Die Heranziehung der einzelnen Eigentümer ist daher rechtlich unzulässig.
Diesbezügliche Erhebungen und/oder Beweisaufnahmen wurden von der belangten Behörde nicht einmal in Erwägung gezogen.
2.2. Richtigerweise hätte die Behörde ferner den zur Einholung einer derartigen Gebrauchserlaubnis verpflichteten Mieter heranzuziehen gehabt. Auch dahingehend gab es keine weiteren Beweisaufnahmen, sondern bloß den Hinweis, dass eine Gesamtschuldnerschaft vorliegt und daher die Rechtsfolgen daraus intern privatrechtlich zu regeln wären.
Es wird dabei übersehen, dass gerade die Bestimmungen des vorgelegten Mietvertrages dazu angetan waren, die diesbezügliche Verantwortlichkeit allein beim Mieter zu belassen. Wieso die belangte Behörde zur Frage, wer Mieter ist, keine Erhebungen getätigt hat, bleibt offen.
Nach aktuellem Wissenstand hat die belangte Behörde auch kein Verwaltungsstrafverfahren gegen den Mieter eingeleitet, obgleich sie selbst im Straferkenntnis angibt, dass jeden Gesamtschuldner die Pflicht zur Abgabenzahlung und damit die Verantwortlichkeit bei einer Abgabenverkürzung trifft (§16 GAG).
2.3. Die Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Bestimmungen nach dem GAG liegt - so unstrittig auch die belangten Behörde - beim Mieter des gegenständlichen Geschäftslokales. Auf die Einhaltung einer von einem Vertragspartner übernommenen vertraglichen Verpflichtung kann und muss sich ein Vermieter verlassen (pacta sunt servanda).
Als letztlich hervorkam, dass der Mieter vertragsbrüchig seiner diesbezüglichen Verpflichtung zur Einholung einer Erlaubnis nach dem GAG nicht nachgekommen ist und die aufgelaufenen Gebühren sohin nachträglich vorgeschrieben wurden, hat die Vermieterin über Veranlassung des hier beschuldigten GF unverzüglich die Zahlung geleistet, sohin den Gesamtrückstand ausgeglichen.
Dass dieser Umstand lediglich strafmildernd angeführt wurde, ist unrichtig. Vielmehr ergibt sich daraus ein Schuldausschließungsgrund, sodass schon deswegen das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren hätte eingestellt werden müssen.
Allenfalls hätte man mit einer bloßen Ermahnung das Auslangen finden können, zumal sich gezeigt hat, dass unmittelbar nach Erhalt der Kenntnis davon, dass der Mieter entgegen seinen vertraglichen Verpflichtungen keine Erlaubnis nach dem GA eingeholt hatte und es deswegen zu einer Abgabenverkürzung gekommen ist, der sodann nachträglich vorgeschriebene Betrag umgehend zur Einzahlung gebracht und der Schaden damit wiedergutgemacht wurde.
Obige Ausführungen werden noch dadurch unterstrichen (als erneuter Hinweis auf die bereits erstattete Rechtfertigung vom16.06.2023 ), als nicht nur aufgrund des vorgelegten Mietvertrages kein Hinweis auf eine eingetretene Abgabenverkürzung erkennbar war, sondern auch aus dem Kaufvertrag vom 22.02.2017, mit dem die Wohnungseigentümerin das gegenständliche WE-Objekt erworben hat, nicht ersichtlich war, dass auch nur annähernd irgendetwas iS GAG von der Käuferin zu veranlassen gewesen wäre. Vielmehr ist dort klar zugesagt worden, dass es keinerlei abgabenrechtliche Rückstände gibt, sämtliche behördlichen Bewilligungen vorliegen und wurden auch keine diesbezüglichen Liegenschaftsunterlagen von der Verkäuferin an die Käuferin übergeben.
In der Zusammenschau hätte die belangte Behörde daher erkennen müssen, dass keine Veranlassung besteht, den Beschwerdeführer mit einer Verwaltungsstrafe zu belangen.
2.4. Der Einwand der eingetretenen Verfolgungsverjährung wird aufrechterhalten. Im Bescheid zur "Nachbemessung" vom 23.05.2022 (MA 46- ***11***) findet sich nur der Hinweis, dass die "Gegenstände bei einem Ortsaugenschein vorgefunden" wurden. Wann dieser Ortsaugenschein stattgefunden hat, wer diesen durchgeführt hat bzw. was überhaupt diesen Ortsaugenschein veranlasst hat, findet sich nicht im Bescheid.
Nachdem dieser Bescheid am 23.05.2022 ergangen ist, muss davon ausgegangen werden, dass dieser Ortsaugenschein bzw. jener Akt davor, mit dem die Behörde Kenntnis von dem Sachverhalt erlangt hat, zumindest mehrere Wochen vor dem 23.05.2022 liegen muss.
Davon ausgehend wird aus Gründen advokatorischer Vorsicht zusätzlich der Einwand der mittlerweile eingetretenen Verfolgungsverjährung erhoben, zumal mehr als 1 Jahr seit Kenntnis der Behörde verstrichen ist, bis diese das nun anhängige Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet hat.
Nachdem die Wohnungseigentümerin keinerlei Kenntnis hatte, wurde von ihr auch nicht der im Bescheid "Bewilligung" erwähnte Antrag auf "Bewilligung" gestellt, der letztlich zu dem weiteren Bescheid vom 23.05.2022 zur gleichen GZ geführt hat. Es wird noch gesondert zu erheben sein, wer den Antrag auf Bewilligung zu welchem Zeitpunkt gestellt hat.
3. Anträge
Der Beschwerdeführer stellt daher unter erneutem Hinweis auf die Aufrechterhaltung auch der in der Rechtfertigung vom 16.06.2023 gestellten Beweisanträge
a. Einsichtnahme in die Urkunden
• Kaufvertrag vom 22.02.2017
• Hausverwaltervertrag vom 10.05.2017
• Mietvertrag mit ***9*** vom 28.08./01.09.2014
• MV-Verlängerungsvereinbarung vom 22.07.2022
beizuschaffender (vollständiger!) Akt der Stadt Wien zu GZ: MA46-***11***
b. sowie
c. Einvernahme des Zeugen ***13*** als GF der Hausverwaltung ***6***, ***7***
die ANTRÄGE:
Das Verwaltungsgericht Wien möge unter Aufnahme der in der Rechtfertigung vom 16.06.2023 beantragten Beweise (Einsichtnahme in die vorgelegten Urkunden sowie Einvernahme der namhaft gemachten Zeugen) nach § 24 VwGVG eine mündliche Verhandlung anberaumen, der Beschwerde stattgeben und das angefochtene Straferkenntnis aufheben sowie das Verfahren einstellen; in eventu
der Beschwerde stattgeben, das angefochtene Straferkenntnis aufheben und zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen."
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Der Magistrat wurde seitens der Richterin mit Mail vom 8.1.2025 um Bekanntgabe ersucht, ob dem Festsetzungsbescheid ein Prüfungsverfahren vorangegangen sei, vor 2017 eine Gebrauchserlaubnis bestanden habe sowie seit wann die gebrauchsabgabepflichtigen Zubauten bestünden.
Der Verteidiger wurde mit Mail vom selben Tag ersucht, die genauen Daten sowie eine Adresse der Hausverwaltung ***1*** bekannt zu geben.
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Mit Mail vom 10.1.2025 hat der Magistrat bekannt gegeben, dass zuletzt seitens einer Firma ***24*** Gebrauchsabgabe entrichtet worden sei. Nach der Geschäftsauflösung sei am 31.12.2010 eine Löschung erfolgt. Die fix mit der Liegenschaft verbundenen Gegenstände seien 1976 errichtet worden. Eine magistratsinterne Recherche habe ergeben, dass seit dem Zeitpunkt der Löschung keine Abgaben entrichtet worden seien, womit die Hausverwaltung ***35*** zur Antragstellung aufgefordert worden sei. Nach erfolgter Antragstellung sei ein Nachbemessungsbescheid erlassen worden.
Auf weitere Nachfrage wurden die Aufforderungen und der Antrag dem BFG übermittelt und bekannt gegeben, dass die neue Eigentümerin die ***2*** sei, die auch im Antrag namentlich genannt werde.
Der Verteidiger nannte in seiner Mail vom 10.1.2025 als Hausverwaltung die Realkanzlei ***48*** und ***49***, ergänzte auf Rückmeldung seitens der Richterin, dass der Magistrat eine andere Kanzlei kontaktiert habe, dass man sich diesbezüglich nicht sicher sei.
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Mit Schreiben vom 13.1.2025 wurde die Immobilienverwaltung ***35*** zur schriftlichen Zeugenaussage aufgefordert und sie zur Beantwortung folgender Fragen aufgefordert:
"Sie fungieren als Hausverwaltung der Wohnungseigentumsgemeinschaft der Liegenschaft ***45***.
In dieser Eigenschaft wurden Sie am 5.5.2022 durch Herrn ***36*** von der Magistratsabteilung 46 aufgefordert, eine Gebrauchsbewilligung für die Nutzung des öffentlichen Grundes vorzulegen oder zu beantragen.
Am 23.5.2022 wurde von Frau ***21*** per Mail an Herrn ***36*** ein Antrag auf Erteilung einer Gebrauchsbewilligung eingebracht und als Eigentümerin des vermieteten Geschäftslokals, das die bewilligungspflichtigen Portale und Vordächer seit 22.2.2017 bis dato genutzt habe, die ***2*** genannt (Geschäftsführer ***10*** und ***Bf1***).
In der Folge wurde ein Festsetzungsbescheid zur Gebrauchsabgabe an die ***2*** erlassen und Gebrauchsabgabe für die Nutzung von zwei Portalen und zwei Vordächern für die Jahre 2017, 2018, 2019, 2020 und 2021 festgesetzt.
Die errechneten Verkürzungsbeträge wurden den gegen die beiden Geschäftsführer der ***2*** geführten Verwaltungsstrafverfahren zu Grunde gelegt und in den behördlichen Strafverfahren auch die ***2*** zur Haftung für die über ihre Geschäftsführer verhängten Strafen herangezogen.
Gegen die Straferkenntnisse wurde Beschwerde an das Bundesfinanzgericht erhoben, daher ist nunmehr die Rechtmäßigkeit der Strafentscheidungen zu prüfen.
Die MA 46 hat ergänzend mitgeteilt, dass für die gegenständlichen damals abgabepflichtigen Portale und Vordächer zuletzt Abgaben seitens einer Firma ***24*** entrichtet und nach Geschäftsauflösung eine Löschung per 31.12.2010 durchgeführt worden sei. Die fix mit der Liegenschaft verbundenen Gegenstände seien 1976 errichtet worden.
Nach dem Wohnungseigentumsgesetz sollten fix mit der Außenhaut des Gebäudes verbundene Teile allgemeine Teile der Liegenschaft sein, so nicht im Wohnungseigentumsvertrag anderes geregelt ist, daher wird um Vorlage des Wohnungseigentumsvertrages ersucht.
Stellen die Vordächer und Portale Teile des der ***2*** gehörenden Wohnungseigentumsobjektes dar? Wer ist für deren Instandhaltung verpflichtet, die Wohnungseigentümergemeinschaft oder der jeweilige Eigentümer des Geschäftslokales?
Sie sind für die Wohnungseigentümergemeinschaft eingeschritten, haben jedoch als Abgabepflichtigen in der Folge nur einen Wohnungseigentümer die ***2*** namhaft gemacht und nicht die Wohnungseigentumsgemeinschaft, war dies mit den Geschäftsführern dieser Gesellschaft abgesprochen?
Diese Gesellschaft hat, wie im Beschwerdeschreiben vorgebracht wurde, eine eigene steuerliche Vertretung, die ***8*** Immobilien Treuhand GmbH. Wäre man der Ansicht, dass das Erwirken einer Gebrauchserlaubnis nur die Aufgabe des Eigentümers des Geschäftslokales, der ***2***, sei, hätte die Rückmeldung doch deren Vertretung vorzunehmen gehabt."
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***35*** teilte dazu mit Mail vom 29.1.2025 mit, dass es die ***35*** GmbH nicht mehr gebe und die Hausverwaltung nunmehr unter ***23*** mit Sitz in ***50*** geführt werde.
***32*** sei eine Mitarbeiterin der ***35*** GmbH gewesen und arbeite nunmehr für die ***51***. Das Haus in ***45*** habe die Rechtsform einer Wohnungseigentumsgemeinschaft. Die ***52*** (Aliasadresse) ***53***. sei Wohnungseigentümerin der Geschäftsflächen des Objektes. Das selbe Rechtsverhältnis habe für die mittlerweilen nicht mehr existente Firma ***24*** (vormals ***54***) gegolten.
Im Wohnungseigentumsvertrag sei geregelt, dass sowohl die Betriebskosten als auch die Instandhaltungskosten - soweit möglich und zuordenbar - getrennt zu führen bzw. abzurechnen seien (Punkt VII, Wohntrakt, Geschäftstrakt).
Ob im Zuge der Abarbeitung der Aufforderung der MA 46/Hr ***36*** mit dem Wohnungseigentümer der Geschäftsflächen gesprochen worden sei, könne er nicht mehr sagen, dies auch, weil Frau ***55*** den Fall übernommen habe. Dokumentation über eine Kommunikation mit der ***8*** GmbH habe er nicht gefunden.
Dazu wurde ein undatierter Kaufvertrag, aus dem Text ergibt sich, dass er 1971 erstellt worden sein sollte, bezeichnet mit Berichtigungsurkunde mit Übereinkommen über das Wohnungseigentum abgeschlossen zwischen der Gemeinnützigen Wohnungs - und Siedlungsgesellschaft m.b.H. und der Firma ***56*** als Miteigentümerin sowie den unter Spalte 2, Punkt II, der Anlage A eingetragenen Käufern vorgelegt.
Unter Punkt 3 a und b des Vertrages wurde vereinbart, dass der Geschäftstrakt eine unabhängige Heizungs- und Klimaanlage hat und die damit verbundenen Aufwendungen ebenso wie die Kosten für die gesonderte Müllentsorgung von der ***54*** als Eigentümerin des Geschäftslokales getragen werden.
Unter Punkt 4 wurde festgehalten, dass für das Geschäftslokal auch eine eigene Rücklage getrennt geführt wird.
Mit einer zweiten Mail vom 29.1.2025 wurde eine Mail von ***57*** der ***8*** Immobilientreuhand GmbH an Herrn ***35*** vom 8.6.2022 vorgelegt, in der auf den Bescheid über die Festsetzung von Gebrauchsabgabe Bezug genommen und angefragt wird, wieso diese Sache nunmehr aufgerollt werde, wer die Portalverbauten vorgenommen habe und wieso der Bescheid nicht an die Wohnungseigentümergemeinschaft ergangen sei.
Dazu teilte Herr ***35*** der Anfragenden mit Mail vom 13. Juni 2022 mit, dass er die Verwaltung des Objektes 2012 übernommen habe. Zu diesem Zeitpunkt sei die Gebrauchsabgabe immer direkt dem Eigentümer des Geschäftslokales vorgeschrieben und von diesem bezahlt worden. Es sei angenommen worden, dass das Magistrat auch nach dem letzten Eigentümerwechsel diese Praxis beibehalten werde. Die Portalvorbauten seien von einem der ehemaligen Geschäftseigentümer vorgenommen worden. Kosten aus dem Geschäftslokal seien stets - soweit möglich - direkt verrechnet worden.
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Mit Mail vom 4.2.2025 wurden dem Verteidiger die Unterlagen zu den bisherigen Ermittlungen des BFG übermittelt. Zudem wurde angefragt, zu welchem Beweisthema der namhaft gemachte Zeuge geladen werden soll.
Ebenso wurden der Amtspartei die Ermittlungsunterlagen als Mailanhang übermittelt. Wegen Verhinderung des Verteidigers wurde die zunächst für den 25.2. angesetzte mündliche Verhandlung auf den 3.3.2025 verschoben.
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Am 3.3.2025 wurde per Mail bekannt gegeben, dass die Zeugin ***21*** wegen Krankheit nicht an der Verhandlung teilnehmen könne.
In der mündlichen Verhandlung vom 3.3.2025 wurde ergänzend erhoben und vorgebracht:
"Die Beschwerdeführer stimmen zu, dass die mündliche Verhandlung in beiden Beschwerdesachen zusammen stattfindet.
Die Verhandlungsleiterin (R) trägt den Sachverhalt und die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens vor. Den Parteien wurden die beigeschafften Unterlagen des Magistrates und der Hausverwaltung bereits mittels Mail zugestellt.
Das ist der derzeit angenommene Sachverhalt:
Der Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, wurde zwischen 22.2.2017 bis 23.5.2022 an der Adresse ***45***
durch einen Ladenvorbau (ein Portal) im Ausmaß von 101 m2 (in Front ***15*** positioniert: Länge 40,40 m, Höhe 2,50 m, Vorsprung 0,15 m) ohne eine Gebrauchsbewilligung und Entrichtung der Gebrauchsabgabe genutzt, dadurch sind folgende Verkürzungen eingetreten: 2017 € 645,10, 2018 € 645,10, 2019 € 665,60, 2020 € 665,60, 2021 € 665,60,
durch einen Ladenvorbau (ein Portal) im Ausmaß von 80 m2 (in Front ***62*** positioniert: Länge 32 m, Höhe 2,50 m, Vorsprung 0,15 m) ohne eine Gebrauchsbewilligung und Entrichtung der Gebrauchsabgabe genutzt, dadurch sind folgende Verkürzungen eingetreten: 2017 € 512,80, 2018 € 512,80, 2019 € 529,10, 2020 € 529,10, 2021 € 529,10,
durch einen Wetterschutz bzw. ein Vordach im Ausmaß v. 80,80 m² (in Front ***15*** positioniert: Länge 40,40 m, Breite 2 m, Bodenabstand 2,50 m) ohne eine Gebrauchsbewilligung und Entrichtung der Gebrauchsabgabe genutzt, dadurch sind folgende Verkürzungen eingetreten: 2017 € 1.231,40, 2018 € 1.231,40, 2019 € 1.272,20, 2020 € 1.272,20, 2021 € 1.272,20,
durch einen Wetterschutz bzw. ein Vordach im Ausmaß von 46,20 m² (in Front ***62*** positioniert: Länge 30,80 m, Breite 1,50 m, Bodenabstand 2,50 m) ohne eine Gebrauchsbewilligung und Entrichtung der Gebrauchsabgabe genutzt, dadurch sind folgende Verkürzungen eingetreten: 2017 € 718,00, 2018 € 718,00, 2019 € 741,80, 2020 € 741,80 und 2021 € 741.80.
Die laut Festsetzungsbescheid vom 23.5.2022 festgestellten Verkürzungsbeträge sind unstrittig.
Die ***2*** ist seit 22.2.2017 Eigentümerin des Wohnungseigentumsobjektes "Geschäft, Garage und Kellerlager, St I und II" der Liegenschaft ***5***.
Das verfahrensgegenständliche Wohnungseigentumsobjekt mit den Portalen und Wetterdächern befand sich im gesamten Tatzeitraum im Wohnungseigentum der ***2*** und wird bereits seit 28.8./1.9.2014 an die ***9*** (FN ***58***), GF. ***22***) vermietet.
Seit 1.5.2017 fungiert die ***6*** als Hausverwaltung des verfahrensgegenständlichen Wohnungseigentumsobjektes, der bestehende Mietvertrag wurde am 22.7.2022 durch diese Hausverwaltung verlängert.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft der Liegenschaft wird von der Hausverwaltung ***35*** GmbH nunmehr ***23*** vertreten.
Die Hausverwaltung ***35*** wurde durch die MA 46 am 5.5.2022 angeschrieben und zur Bekanntgabe ersucht, ob für das verfahrensgegenständliche Objekt eine Gebrauchsbewilligung bestehe, widrigenfalls zur Antragstellung aufgefordert.
Die Hausverwaltung wusste, dass bis 2010 Gebrauchsabgabe durch den ehemaligen Mieter, die Firma ***24*** entrichtet wurde.
Die Hausverwaltung ***35*** hat am 20.5.2023 die Erlassung einer Gebrauchsbewilligung beantragt und als Eigentümerin des Wohnungseigentumsobjektes die ***2*** genannt, an die in der Folge der Festsetzungsbescheid der MA46 mit den verfahrensgegenständlichen Nachforderungen an Gebrauchsabgabe für die Jahre 2017, 2018, 2019, 2020 und 2021 als Abgabenschuldnerin ergangen ist.
Der Bescheid enthält nicht die Bezeichnung "***2*** und andere", er wurde nicht an die Wohnungseigentumsgemeinschaft erlassen.
Die Abgabenschuldigkeiten wurden durch die ***2*** entrichtet.
Die ***59*** FN ***4***, seit 15.2.2017 ***2***, wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 30.12.2016 gegründet. Der Beschuldigte ***10*** fungiert seit 27.1.2017 als Geschäftsführer, seit 13.5.2020 ist auch ***Bf1*** handelsrechtlicher Geschäftsführer und gemeinsam mit dem weiteren Geschäftsführer zeichnungsberechtigt.
Im Wohnungseigentumsvertrag der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft sind Sonderregelungen für das Geschäftslokal zur Heizung und Klimaanlage, der Müllabfuhr und der Rücklage für Erhaltungsarbeiten getroffen worden.
Es wurde kein verantwortlicher Beauftragter nach § 9 Abs. 2 VStG bestellt.
Der Verteidiger verweist auf die Beschwerden und beantragt wie dort. Ergänzend wird ausgeführt, dass der soeben vorgetragene Sachverhalt zum größten Teil als unbestritten anzusehen ist. Aufgrund der vor der heutigen Verhandlung übermittelten Ermittlungsergebnisse des BFG wurde jedoch der Mieter des Geschäftslokals kontaktiert, er hat einen Bescheid vom 14.10.1976 vorgelegt. Nach diesem Bescheid wurde eine Bewilligung für die Ladenvorbauten und Vordächer erteilt. Der Bescheid wird als Beilage 1 zur NS genommen. Weiters wird vorgelegt, eine Mail von ***25*** MS1 MA Wien an eine Frau ***60*** vom 07.11.2022 mit dem Satz "Danke für Ihre rasche Rückmeldung die sehr hilfreich war. Wie ich den Unterlagen entnehmen konnte, besteht eine Bewilligung für den Gegenstand Vordach bereits, die der MA 46 nicht bekannt war."
PV: ***25*** ist bei der MA 46 Gruppe FairRaum beschäftigt.
R: Das ist eine Mail aus 2022, da gab es ja eine neue Bewilligung und die Nachbemessung schon.
R: Das Mail wird als Beilage 2. zur NS genommen.
Vertreter: Der Schriftverkehr bezieht sich darauf, dass bereits historisch eine Bewilligung bestand. Der Festsetzungsbescheid wurde 2022 nicht bekämpft.
R: Der MA teilt mit aber mit, dass 2010 die Bewilligung erloschen ist und in der Folge zwischen 2010 und dem Festsetzungsbescheid 2022 eben auch keine Gebrauchsabgabe entrichtet wurde. Der Mieter hat demnach seine gesamte Mietdauer, beginnend mit 2014 bis 2022 keine Gebrauchsabgabe entrichtet und die Eigentümer auch nicht. Können Sie dazu etwas sagen?
Vertreter: Dies müsste man die Mieter fragen. Ich stelle nicht in Abrede, dass ein Rückstand bestanden haben könnte. Der Rückstand wurde nach Festsetzung unmittelbar durch meinen Mandanten entrichtet. Herr ***26***, der Hausverwalter des Geschäftslokals, hat mir vor der Verhandlung bereits telefonisch mitgeteilt, dass die Gebrauchsabgabenachforderung zwischenzeitig durch den Mieter den Eigentümern refundiert wurde.
Zudem bin ich der Ansicht, dass bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist, die erste Aufforderung zur Rechtfertigung erging zunächst bereits im 02/2022. Eine Aufforderung zur Rechtfertigung an meinen Mandanten jedoch erst im Jahr 2023, somit außerhalb der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist.
R: Dazu gibt es Judikatur des VwGH, dass Verwaltungsübertretungen nach dem GAG Dauerdelikte sind und die Verfolgungsverjährungsfrist erst mit der Festsetzung der Abgabe zu laufen beginnt.
Vertreter: Zudem verweise ich darauf, dass die Außenhaut eines Gebäudes einen allgemeinen Teil der Liegenschaft darstellt. Ich verweise dazu auch auf den Wohnungseigentumsvertrag. In diesem Zusammenhang ist eben Ansprechpartner für die GAG die Wohnungseigentumsgemeinschaft und nicht der einzelne Wohnungseigentümer.
Zudem wird auf § 15a GAG verwiesen. Es hat in den Coronajahren eine Sonderregelung gegeben hinsichtlich einer Gebrauchsabgabepflicht von Unternehmen, die in diesen Jahren nicht erwerbstätig sein konnten. Diese Bestimmung ist hinsichtlich eines allfälligen Verschuldens insoweit umzulegen. als davon auszugehen wäre, dass in diesen Jahren gar keine Gebrauchsabgabe angefallen wäre. Das Geschäftslokal wurde von einem ***41*** gemietet, das im Lockdown gesperrt war.
PV: Ich verweise auf das Straferkenntnis. Wir bekommen zudem Unterlagen von der Festsetzungsabteilung geliefert oder anzeigenden Behörden und führen darauf aufbauend ein Strafverfahren durch. Zur heute vorgelegten Bewilligung aus dem Jahr 1976 kann ich nichts sagen. Ich sehe sie jetzt auch das erste Mal. Ich bin bisher von dem mir von der MA 46 zur Verfügung gestellten Unterlagen ausgegangen.
R.: Wollen Sie zu Ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Angaben machen?
Zu Besch 1: Keine Angaben.
Zu Besch 2: Keine Angaben.
R: Das sind die Bilder des verfahrensgegenständlichen Geschäftslokals. Man sieht deutlich die Vordächer und Zubauten und die Nutzung für Werbezwecke der Mieterin. Hergezeigt werden Fotos aus Google Maps vom August 2017 und Oktober 2024. Haben sich die Beschuldigten je beim Mieter nach einer Gebrauchsabgabebewilligung erkundigt?
Vert.: Das schließe ich aus, dass es 2017 Gespräche dazu mit dem Mieter gegeben hat, da standardisiert in den Mietverträgen enthalten ist, dass sich der Mieter um diese Bewilligungen anzunehmen hat.
R: Haben die Beschuldigten mit der Hausverwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft über eine Gebrauchsabgabenbewilligung gesprochen? Haben Sie sich beim Magistrat erkundigt, ob eine Bewilligung besteht?
Vert: Ich kenne beide Besch., das ist nicht in ihrem Aufgabenbereich ihrer Vorstellung nach angesiedelt, daher schließe ich das aus.
R: Die Beschuldigten sind in der Immobilienbranche tätig. Haben Sie auch andere Objekte, bei denen Gebrauchsabgaben anfallen?
Vertr.: Die Holding hat dutzende GmbHs. Darunter wird es sicher auch zahlreiche Immobilien geben, bei denen Gebrauchsabgaben zu entrichten sind. Dies ist aber immer Aufgabengebiet einer Hausverwaltung. Die Gf. gehen davon aus, wenn eine Vollmacht für eine Hausverwaltung erteilt wurde, dass dies auch Aufgabe der jeweiligen Hausverwaltung ist.
R: Die Beschuldigten haben als Vertreter der Wohnungseigentümergesellschaft sowohl Abrechnungen der Hausverwaltung der Wohnungseigentümergesellschaft, also auch jährliche Abrechnungen ihrer Hausverwaltung bekommen? Beide Aufstellungen haben keine Gebrauchsabgabe enthalten?
Vertr: Ja mit Sicherheit.
PV: Es gibt eine Vorstrafe beim Besch. ***27***, dies betrifft eine Strafe nach dem GAG wegen einer Sonnenschutzvorrichtung, einen Ladenvorbau. Dies betraf eine andere Firma, die Strafe von € 80,00 wurde umgehen entrichtet. Dies betraf 2021 bis November 2022. Es ging um die ***28***.
***32*** kann heute nicht kommen, ihr Mann hat heute eine Mail geschickt.
Beginn der Zeugeneinvernahme: 10:48 Uhr
Zeugeneinvernahme nach § 25 Abs. 6 VwGvG:
Belehrung nach § 48 AVG, § 49 AVG (Entschlagungsrecht) Wahrheitserinnerung § 50 AVG (falsche Aussage vor einem Gericht ist gemäß § 288 StGB strafbar):
Zeuge ***13***, geb. am ***29***, ladbar per Adresse der ***30*** (Z 1): Nicht verwandt oder verschwägert.
R: Sie haben mit Mai 2017 die Hausverwaltung eines Geschäftslokals in der ***62***, das zuvor von der ***52*** ***63*** gekauft wurde, übernommen?
Z 1: Ja.
R: Der Hausverwaltungsvertrag enthält den Passus, dass Sie auch steuerliche Agenden, dies jedoch gegen eigene Honorarzahlung übernehmen können. Wurden solche Agenden übernommen und wenn ja, was hat dies betroffen?
Z 1: Ich bin im Rahmen der Hausverwaltung nicht nur für dieses eine Objekt der ***27*** Holding zuständig. Wir haben die Hausverwaltung von zahlreichen Objekten dieser Holding. Der Passus, dass auch abgabenrechtliche Belangen übernommen werden, betrifft unser Aufgabengebiet uns auch um Abgaben des Magistrats anzunehmen. Dies in verschiedenen Städten. Es hat bisher auch bei keiner anderen Liegenschaft eine Beanstandung gegeben. Ich bin seit 28 Jahren tätig.
R: Haben Sie die Liegenschaft besichtigt? Wussten Sie, dass es Vorbauten und Portale gibt?
Z 1: Ich habe das Objekt sicher besichtigt, aber sicher nicht im Mai 2017. Ich habe sicher zeitnah nach Abschluss des Verwaltungsvertrages die Liegenschaft gesehen.
R: Waren Sie für eine Prüfung einer Gebrauchsabgabepflicht zuständig? Haben Sie je mit einem der Beschuldigten über die Gebrauchsabgabe gesprochen?
Z 1: Die Gebrauchsabgabe habe ich nicht als in meiner Zuständigkeit befindlich angesehen, da es sich ja um ein Wohnungseigentumsobjekt handelt und davon Außenteile des Hauses betroffen sind, die allgemeinen Teile darstellen. Dies wäre daher meiner Meinung nach Aufgabe der Hausverwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft gewesen. Ich habe daher nicht mit dem Besch. über dieses Thema gesprochen. Bei Übernahme im Jahr 2017 hatten wir bereits den Mieter des Geschäftslokals. Seither hat es auch keine baulichen Änderungen gegeben.
R.: Sie haben die jährlichen Abrechnungen der Gesellschaft zugestellt? Gebrauchsabgabe war darin nicht enthalten, da sie dies nicht als die Aufgabe ihrer Hausverwaltung gesehen haben?
Z 1: Ja Gebrauchsabgabe war nicht in einer Abrechnung enthalten. Hätte uns das MA Gebrauchsabgabe verrechnet, wäre sie an den Mieter weiterverrechnet worden.
R: Die richtige Vorgehensweise bei Wohnungseigentum ist die, dass das MA sehr wohl einen Wohnungseigentümer namentlich auf einem Bescheid/einer Bewilligung erfasst, die anderen Wohnungseigentümer aber mit "und Andere" bezeichnet. Der Bescheid hätte demnach nicht allein an die Gesellschaft ihres Mandanten erlassen werden dürfen. Richtig wäre gewesen ***2*** und andere Wohnungseigentümer.
Das Magistrat ist richtig an die Hauverwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft herangetreten. Die Hausverwaltung hat die Gesellschaft des Herrn ***27*** und ***31*** namentlich genannt und das MA hat in der Folge eben keine richtige Bescheidbezeichnung genommen, sondern den Bescheid nur an die Gesellschaft adressiert. Das Ansuchen kam von der Hausverwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Dies auch richtig in Vertretung der Wohnungseigentümer, das seit 2020 nur noch der Eigentümer und nicht der Mieter eine Gebrauchsabgabebewilligung erwirken kann. Seit 2020 kann es nur noch der Eigentümer/ können dies die Wohnungseigentümer und einer davon ist die ***2***.
R: Der Mieter hat mittlerweile die Gebrauchsabgabe auch refundiert?
Z1: Ja, das ist richtig.
BV: Seit 2023 gibt es nur noch eine Bewilligung, aber keine Abgaben mehr für Vordächer.
Der Vertreter hält dem Zeugen die Bewilligung aus dem Jahr 1976 vor.
Z1: Mir ist diese Bewilligung nicht bekannt.
Vertreter: Mietvertrag Seite 3 Punkt 1/6. Demnach ist die Bestandnehmerin verpflichtet selbst und auf eigene Kosten Bewilligungen einzuholen. Gibt es Informationen ob Bewilligungen von der Bestandnehmerin eingeholt wurden.
Z1: Von der Bestandnehmerin wurden uns keine Bewilligungen vorgelegt. Wir haben auch vom Verkäufer keine Unterlagen dazu zu den Portalvorbauten bekommen. Es gibt jedoch eine Bestimmung im Kaufvertrag, wonach alle behördliche Bestimmungen vorliegen sollen.
Vert. Das war der Anlass, dass nicht mehr nachgefragt wurde?
Z1: Ja, zudem war ich der Meinung, dass dies Teil der Außenhaut und damit Aufgabe der Hausverwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft ist.
Ende der Zeugeneinvernahme: 11:08 Uhr
Die Verhandlung wird auf 10. April 2025 um 09:00 Uhr, Raum 0 H10 vertagt. Der Verteidiger und die Behördenvertreterinnen nehmen den neuen Termin unter Ladungsverzicht zur Kenntnis." Der Verteidiger hat zugesagt, eine ladungsfähige Adresse des Gf. der ***9*** binnen 48 Stunden bekannt zu geben.
****
In der Folge wurde Herr ***61***, Mitarbeiter des Magistrates, per Mail kontaktiert und um Bekanntgabe ersucht, wann die Gebrauchsbewilligung tatsächlich in Folge Nichtentrichtung der Gebrauchsabgabe über einen Zeitraum von 6 Monaten hinweg (§ 4 Abs. 6 GAG) erloschen sei.
Er hat Unterlagen vorgelegt, wonach für die verfahrensgegenständlichen Vordächer und Portale Buchungen der Gebrauchsabgabevorschreibung bis 1/2011 aufscheinen sowie die Firma ***24*** handschriftlich mit "gelöscht per 31.12.2010" bezeichnet wird. Zudem wurde ein Auszug vorgelegt, wonach die Gebrauchsabgabenvorschreibung bis 1.1.2001 an die Firma ***39*** erfolgt ist, dies mit dem handschriftlichen Vermerk "gelöscht per 31.12.2000".
Diese Unterlagen wurden dem Verteidiger per Mail übermittelt.
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Mit Mail v. 18.3.2025 hat der Verteidiger eine Adresse von ***22***, dem Gf. der ***9***, bekannt gegeben.
****
In der mündlichen Verhandlung vom 10.4.2025 wurde wie folgt erhoben und vorgebracht:
"R: Es findet eine fortgesetzte Verhandlung statt.
Herr ***36*** vom Magistrat hat nach der mündlichen Verhandlung vom 3.3.2025 der Richterin bestätigt, dass Mitte 2011 die historische Gebrauchserlaubnis in Folge Nichtentrichtung der Gebrauchsabgabe erloschen ist. Es hat zunächst eine Gebrauchserlaubnis für die Firma ***39*** gegeben später Firma ***24***, also eine Eigentümerin/Wohnungseigentümerin des Geschäftslokals. Die Unterlagen habe ich bereits dem Verteidiger mit Mail übermittelt.
Gibt es vor der Zeugeneinvernahme noch ein Vorbringen?
Vertr.: Kein weiteres Vorbringen.
Beginn der Zeugeneinvernahme um 09:09 Uhr:
Zeugeneinvernahme nach § 25 Abs. 6 VwGvG:
Belehrung nach § 48 AVG, § 49 AVG (Entschlagungsrecht) Wahrheitserinnerung § 50 AVG (falsche Aussage vor einem Gericht ist gemäß § 288 StGB strafbar):
***32***, fremd, geb. am ***33***, ladbar p.A. der ***34***. (Z 2)
R: Sie arbeiten bei der ***34***, die Hausverwalter der Liegenschaft in ***45*** ist.
Z 2: Ja. Ich arbeite seit ca. 2018 bei dieser Hausverwaltung, die ***51*** wurde neu gegründet, zuvor hat die Verwaltung die ***35*** Hausverwaltung innegehabt.
R: Die Hausverwaltung ***35*** wurde durch die MA 46 am 5.5.2022 angeschrieben und zur Bekanntgabe ersucht, ob für das verfahrensgegenständliche Objekt eine Gebrauchsbewilligung bestehe, widrigenfalls zur Antragstellung aufgefordert.
Die Hausverwaltung ***35*** hat am 20.5.2022 die Erlassung einer Gebrauchsbewilligung beantragt und als Eigentümerin des Wohnungseigentumsobjektes die ***2*** genannt, an die in der Folge der Festsetzungsbescheid der MA 46 mit den verfahrensgegenständlichen Nachforderungen an Gebrauchsabgabe für die Jahre 2017, 2018, 2019, 2020 und 2021 als Abgabenschuldnerin ergangen ist. Haben Sie den Antrag ausgefüllt?
Z 2: Ja. Ich habe den Antrag ausgefüllt. Unterschrieben hat es der Gf. Herr ***35*** als Hausverwalter. Er hatte sehr wohl auch Einblick in diesen Fall.
R: Haben Sie Herrn ***27*** und/oder ***31*** davon informiert oder mit ihnen besprochen, dass sie diesen Antrag eingebracht haben?
Z 2: Nein. Dies war auch nicht meine Aufgabe. Wir haben alle bei uns vorhandenen Pläne, auch den Wohnungseigentumsvertrag an das MA vorgelegt.
R: Die Hausverwaltung wusste, hat mir das so per Mail mitgeteilt, dass bis 2010 durch den ehemaligen Wohnungseigentümer, die Firma ***24***, Gebrauchsabgabe entrichtet wurde. Der Mieter ab 2014, die Firma ***9***, hatte keine Gebrauchsbewilligung.
Gab es je eine Vereinbarung mit der Wohnungseigentümergemeinschaft, dass Sie sich als Hausverwaltung um die Gebrauchsabgabe annehmen? Sehen Sie dies als Teil des Hausverwaltungsvertrages, der allgemeinen Verwaltung des Hauses?
Z 2: Die Vordächer und Portale gehören baulich zu dem Wohnungseigentumsobjekt, dessen Eigentümer die ***52*** ***63*** ist, daher gibt es auch lt Wohnungseigentumsvertrag eine gesonderte Kostenabrechnung und Rücklage und wurde auch davon ausgegangen, dass die Gebrauchsabgabe dieses Objekt betrifft.
R: Hat es beim Kauf des Objektes durch die ***2*** am 22.2.2017 ein Gespräch mit Herrn ***27*** zur Gebrauchsabgabe für die Portale und Vordächer gegeben? Es gibt es laut Wohnungseigentumsvertrag eine gesonderte Rücklage und eine gesonderte Abrechnung zu Betriebskosten.
Z 2: Dazu kann ich nichts sagen, weil ich 2017 noch nicht für die Hausverwaltung gearbeitet habe.
Vertreter: Wo sehen Sie eine gesonderte Kostenverrechnung für das Wohnungseigentumsobjekt meiner Mandanten?
Z2: Im Wohnungseigentumsvertrag.
R: Ich sehe eine Passage im Wohnungseigentumsvertrag unter VII/7, 3a und b, sowie 4 (Seiten 9 und 10 des Wohnungseigentumsvertrages).
Vertreter: Verweist auf Punkt 21 des Wohnungseigentumsvertrages (Seite 17).
Z2: Das ist eine Interpretationssache. Es war bis dato in diesem Haus so gelebte Praxis, dass sich um die Gebrauchsbewilligung der jeweilige Eigentümer der Geschäftslokals Top angenommen hat.
Vertreter: Vorhalt des Schreibens des MA vom 05.05.2022: Warum wird diese Anfrage an die Hausverwaltung geschickt und nicht an den Eigentümer des Geschäftslokals?
Z2: Das weiß ich nicht, dazu müssen Sie allenfalls Herrn ***1*** befragen. Bzw. hat das Schreiben Herr ***36*** vom MA verfasst.
Vertreter: Es gab eine weitere Aufforderung vom 19.05.2022. Sehe ich es richtig, dass Sie in Folge dieser Aufforderungen dann den Antrag gestellt haben und die ***52*** ***63*** genannt haben?
Z2: Ja.
Vertreter: Gibt es eine eigene Rücklage für die Portalvorbauten?
Z2: Das kann ich im Detail nicht sagen.
R: Gibt es eine Rücklage für dieses Wohnungseigentumsobjekt des Geschäftslokals neben einer Rücklage für das gesamte Haus? Ich lese aus dem Wohnungseigentumsvertrag heraus, dass es zwei Rücklagen in diesem Haus gibt.
Z2: Das weiß ich nicht, damit habe ich nichts zu tun.
Vertreter: Im Wohnungseigentumsvertrag werden Details zu gesonderten Verrechnungskreisen angeführt. Wissen Sie, ob es darüber hinaus gesonderte Abrechnungen gegeben hat?
Z2: Das weiß ich nicht.
Ende der Zeugeneinvernahme um 09:35 Uhr:
Beginn der Zeugeneinvernahme um 09:35 Uhr:
Zeugeneinvernahme nach § 25 Abs. 6 VwGvG:
Belehrung nach § 48 AVG, § 49 AVG (Entschlagungsrecht) Wahrheitserinnerung § 50 AVG (falsche Aussage vor einem Gericht ist gemäß § 288 StGB strafbar):
Der Behörde stand die Frist von einem Jahr ab dem Ende der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretungen zu, um ein Strafverfahren gegen Sie einzuleiten. Diese Frist ist im Mai 2023 abgelaufen. Sie können demnach nicht mehr verwaltungsstrafrechtlich dafür belangt werden, dass die von Ihnen geführte Gesellschaft den öffentlichen Raum in ***45*** ohne Gebrauchsbewilligung als Mieterin genutzt hat.
***22***, fremd, geb. am ***37***, p.A. ***9***, ***38*** (Z 3)
R: Die ***9*** ist seit 2014 Mieterin an der Adresse ***45***.
Z3: Ich glaube, schon seit 2011.
R: Der vorhergehende Eigentümer war die Fa. ***24***. Kannten Sie die? War da auch ein ***41***?
Z3: Die Voreigentümer war die Fa. ***39*** (***24***) mit einem Elektrounternehmen.
R: Die Fa. ***39***, dann ***24*** hatte eine Gebrauchsbewilligung für die Portale und Vordächer? Haben Sie das gewusst?
Z3: Nein.
R: Seit Februar 2017 ist Eigentümerin des von Ihnen gemieteten Objektes die ***2***. Im Wohnungseigentumsvertrag wurde eine gesonderte Rücklagenbildung für das Geschäftslokal beschlossen, zudem gibt es eine gesonderte Kostenabrechnung für dieses Wohnungseigentumsobjekt.
Wussten Sie, dass für Vordächer und Portale Gebrauchsabgabe zu entrichten ist? Hat es dazu bei Abschluss des Mietvertrages Gespräche gegeben und wenn ja, mit wem?
Z 3: Die ***9*** betreibt unter dem Namen ***40*** ***41***. Im Rahmen der Gesellschaft gibt es unterschiedliche Verantwortungsträger, ich habe mich um eine Gebrauchsabgabepflicht weder gekümmert noch angenommen. Die ***9*** hat meiner Erinnerung nach 2011 das Geschäftslokal übernommen.
Im Rahmen der ***9*** gibt es auch eine Bau- und Expansionsabteilung, die sich um Mietverträge annimmt. Den Mietvertrag habe nicht ich abgeschlossen.
R: Haben Sie je mit den Gf. der ***52*** ***63*** gesprochen, kennen Sie die Herren ***27*** und ***31***?
Z 3: Nein, ich kenne sie nicht.
R: Haben Sie in den Covidjahren weniger Miete bezahlt?
Z 3: Ich kann nicht sagen, ob wir bei diesem Objekt in den Covidjahren weniger Miete bezahlt haben. Es hat verständnisvollere und weniger verständnisvollere Vermieter gegeben.
Vertreter: Vorhalt des Bestandsvertrages mit der ***42***: Wer hat diesen Vertrag gemacht? Eine Abteilung Ihrer Gesellschaft oder die ***42***?
Z3: Ich habe diesen Vertrag unterschrieben, wer ihn gemacht hat, kann ich nicht sagen. Ich nehme an, der Entwurf kommt vom Bestandsgeber (Unterschifft Seite 143 des Behördenaktes)
Vertreter: Befinden sich üblicherweise in solchen Verträgen, die Sie unterfertigen, Klauseln wer für Bewilligungen verantwortlich ist?
Z3: Mietverträge und Bestandsverträge können sehr unterschiedlich ausgeführt werden üblicherweise sind zu Betriebskosten Ausführungen des Bestandgebers im Vertrag enthalten.
Vertreter: Vorgelesen werden Teile des Punktes 4.2. des Bestandsvertrages. Ist es richtig, dass die Gebrauchsgebühren auch vom Mieter zu bezahlen sind?
R: Es wurde in der letzten Verhandlung schon vorgebracht, dass die Gebrauchsabgaben schon vom Mieter an die Eigentümergesellschaft bezahlt wurden?
Z3: Auch dazu kann ich nichts sagen. Diese außerordentliche Zahlung wurde mir aber aus der Buchhaltungsabteilung als geleistet bekanntgeben.
Vertreter: Hatten Sie das ***41*** im Jahr 2020 und 2021 geschlossen?
Z3: Nona, leider.
Ende der Zeugeneinvernahme um 09:55 Uhr:
Die Parteien stellen keine weiteren Fragen und Beweisanträge. Keine weiteren Verlesungen.
Schluss des Beweisverfahrens gemäß § 47 Abs. 2 VwGVG.
Die Behördenvertreterin beantragt die Abweisung der gegenständlichen Beschwerden.
Der Vertreter hält sein Beschwerdevorbringen aufrecht und beantragt die Einstellung der Verfahren. Es wird auf § 15a GAG verwiesen, wonach im Zusammenhang mit den Covidjahren bei einer Glaubhaftmachung, dass man von diesen Krisensituationen betroffen war eine Berücksichtigung dahingehend erfolgen sollte, dass nicht von Verkürzungen in diesen Jahren als strafbestimmende Wertbetrag ausgegangen wird.
Zudem gilt das Günstigkeitsprinzip, wonach im Zeitpunkt einer Strafentscheidung, wenn diese Abgabe bereits abgeschafft war, dies zu berücksichtigen ist und eine gesetzliche Bestimmung stets in der Fassung im Zeitpunkt einer Entscheidung anzuwenden ist. Zudem wird darauf hingewiesen, dass nicht eine Vielzahl an Taten geahndet werden kann, sondern eine Tatbildliche Handlungseinheit vorliegt und jeweils nur eine Tat zu bewerten ist. Käme man zu dem Schluss, dass das Günstigkeitsprinzip nicht anzuwenden ist, liegen wegen Fehlens von spezialpräventiven und generalpräventiven Erwägungen bedeutende weitere zu berück sichtende Milderungsgründe vor. Es wird daher für den Fall, dass es nicht zu einer Einstellung des Verfahrens kommt, der Ausspruch einer Verwarnung beantragt.
BV: Die Sonderbestimmung des § 15a hat sich nur auf Rechtssachen bezogen, in denen es eine Gebrauchserlaubnis gegeben hat. Dies kann nicht Anwendung finden auf einen Gebrauch ohne Gebrauchserlaubnis. Das Günstigkeitsprinzip bezieht sich nicht auf die durch die Tat begangene Verletzung, sondern auf die Strafe. Eine Rechtsänderung nach Abschluss einer Tat berührt deren Strafbarkeit nicht.
R an BV: Ist bekannt, ob es überhaupt eine Anwendung dieser Bestimmung auf Portalvorbauten und Vordächern gegeben hat?
Wenn jemand eine Bewilligung für einen Schanigarten hat, die Fläche aber mangels Erwerbsmöglichkeit gar nicht nutzt, ist es offensichtlicher. Die Portale oder Vordächer haben ja auch in der Covidzeit den öffentlichen Grund genutzt.
BV: Das weiß ich nicht.
Keine weiteren Ergänzungen durch den Verteidiger.
Die Verhandlungsleiterin verkündet den Beschluss, dass die Entscheidung gemäß § 47 Abs. 4 VwGVG der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten bleibt."
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Rechtslage:
§ 50 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfällt die (öffentliche mündliche) Verhandlung, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Gemäß § 1 Abs. 1 GAG ist für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist. Dies gilt nicht, soweit es sich um Bundesstraßengrund handelt.
Gemäß § 2 Abs. 1 GAG ist die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nur auf Antrag zulässig.
Gemäß § 9 Abs. 1a GAG haben derjenige, der öffentlichen Grund in der Gemeinde (§ 1) gemäß angeschlossenem Tarif benutzt, ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben, sowie derjenige, der nach § 5 zur Beseitigung der Einrichtungen verpflichtet ist und diese nicht nachweislich beseitigt, - unbeschadet der §§ 6 und 16 - die Gebrauchsabgabe entsprechend dem angeschlossenen Tarif zu entrichten. Die Abgabe ist durch Bescheid festzusetzen. Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten sinngemäß. Wird die Gebrauchserlaubnis nachträglich erteilt, so ist die vom Abgabepflichtigen nach diesem Absatz bereits entrichtete Abgabe anzurechnen.
Gemäß § 10 Abs. 1 lit. a GAG wird die Gebrauchsabgabe als bescheidmäßig festzusetzende Abgabe erhoben. Zu dieser gehören die einmaligen Geldleistungen (einmalige Abgabe), die monatlich wiederkehrenden Geldleistungen (Monatsabgabe) und die jährlich wiederkehrenden Geldleistungen (Jahresabgabe).
Gemäß § 11 Abs. 1 GAG ist die Abgabe im Sinne des § 10 Abs. 1 lit. a in dem die Gebrauchserlaubnis erteilenden Bescheid oder durch gesonderten Abgabenbescheid festzusetzen.
§ 11 Abs. 3 GAG: Die Jahresabgabe ist für jedes begonnene Abgabenjahr zu entrichten; Abgabenjahr ist das Kalenderjahr. Für das begonnene Abgabenjahr, für das die Gebrauchserlaubnis erteilt wurde, wird die Abgabe mit Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des die Gebrauchserlaubnis erteilenden Bescheides bzw. des gesonderten Abgabenbescheides fällig; für jedes spätere Abgabenjahr ist die Abgabe jeweils bis 31.1. im Vorhinein zu entrichten.
Verwaltungsgeschehen:
Mit Schreiben vom 9.5.2023 wurde der Beschuldigte über die Tatvorwürfe in Kenntnis gesetzt und zur Rechtfertigung aufgefordert.
Am 17.6.2023 wurde per Mail eine Stellungnahme für den Beschuldigten sowie den zweiten Geschäftsführer eingebracht.
Der Stellungnahme wurden ein Kaufvertrag zwischen der ***12*** und der der ***3*** mbH v. 22.2.2017, weiteres ein Auszug aus dem Grundbuch vom 17.6.2023, eine Hausverwaltervollmacht v. 10.5.2017 der ***8*** Immobilien GmbH, ein Bestandsvertrag geschlossen zwischen der ***12*** und der ***9*** v. 1.9.2014, und eine Verlängerungsvereinbarung v. 22.7.2022 beigelegt.
Sachverhalt:
Der Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, wurde zwischen 13.5.2020 bis 23.5.2022
durch einen Ladenvorbau (ein Portal) im Ausmaß von 101 m2 (in Front ***15*** positioniert: Länge 40,40 m, Höhe 2,50 m, Vorsprung 0,15 m) ohne eine Gebrauchsbewilligung und Entrichtung der Gebrauchsabgabe genutzt, dadurch sind folgende Verkürzungen eingetreten: 2020 € 665,60, 2021 € 665,60,
durch einen Ladenvorbau (ein Portal) im Ausmaß von 80 m2 (in Front ***62*** positioniert: Länge 32 m, Höhe 2,50 m, Vorsprung 0,15 m) ohne eine Gebrauchsbewilligung und Entrichtung der Gebrauchsabgabe genutzt, dadurch sind folgende Verkürzungen eingetreten: 2020 € 529,10, 2021 € 529,10,
durch einen Wetterschutz bzw. ein Vordach im Ausmaß v. 80,80 m² (in Front ***15*** positioniert: Länge 40,40 m, Breite 2 m, Bodenabstand 2,50 m) ohne eine Gebrauchsbewilligung und Entrichtung der Gebrauchsabgabe genutzt, dadurch sind folgende Verkürzungen eingetreten: 2020 € 1.272,20, 2021 € 1.272,20,
durch einen Wetterschutz bzw. ein Vordach im Ausmaß von 46,20 m² (in Front ***62*** positioniert: Länge 30,80 m, Breite 1,50 m, Bodenabstand 2,50 m) ohne eine Gebrauchsbewilligung und Entrichtung der Gebrauchsabgabe genutzt, dadurch sind folgende Verkürzungen eingetreten: 2020 € 741,80 und 2021 € 741.80.
Es gab für Vorzeiträume Gebrauchsbewilligungen für die Firma ***56*** Gesellschaft mbH, später ***24***, als Wohnungseigentümerin des Geschäftslokals, die wegen Nichtentrichtung der Gebrauchsabgabe Mitte 2011 erloschen sind.
Weder die ***12*** noch die ***2***, als Wohnungseigentümerinnen, noch die ***9***, als Mieterin, hatten vor Festsetzung der verfahrensgegenständlichen Gebrauchsabgaben eine Gebrauchsbewilligung für die Portale und Vordächer.
Die laut Festsetzungsbescheid vom 23.5.2022 festgestellten Nachforderungsbeträge sind unstrittig.
Die ***2*** ist seit 22.2.2017 Eigentümerin des Wohnungseigentumsobjektes "Geschäft, Garage und Kellerlager, St I und II" der Liegenschaft ***5***.
Im Kaufvertrag vom 2.2.2017 mit der Verkäuferfirma, der ***42*** Beteiligungsgesellschaft m.b.H. Co KG ist unter Punkt IV. Gewährleistung c) angeführt, dass hinsichtlich des Kaufgegenstandes sämtlich behördlichen Bewilligungen bestehen.
Das verfahrensgegenständliche Wohnungseigentumsobjekt mit den Portalen und Wetterdächern befand sich im gesamten Tatzeitraum im Wohnungseigentum der ***2*** und wird laut vorliegendem Bestandsvertrag bereits seit 28.8./1.9.2014 an die ***9*** (FN ***58***), GF. ***22***) vermietet.
Seit 1.5.2017 fungiert die ***6*** als Hausverwaltung des verfahrensgegenständlichen Wohnungseigentumsobjektes, der bestehende Mietvertrag wurde am 22.7.2022 durch diese Hausverwaltung verlängert.
Im Hausverwaltervertrag der ***8*** Immobilientreuhand GmbH scheint der Passus auf, dass sie die Vollmacht hat Steuererklärungen einzureichen. Dazu wird festgehalten, dass alle Arbeiten zur Herstellung von Steuerunterlagen und/oder Steuererklärungen gesondert zu honorieren sind.
Die ***8*** Immobilientreuhand GmbH wurde nicht damit betraut, sich um eine Gebrauchsbewilligung anzunehmen und für die Entrichtung der Gebrauchsabgabe Sorge zu tragen.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft der Liegenschaft wird von der Hausverwaltung ***35*** GmbH nunmehr ***23*** vertreten.
Die Hausverwaltung ***35*** GmbH wurde durch die MA 46 am 5.5.2022 angeschrieben und zur Bekanntgabe ersucht, ob für das verfahrensgegenständliche Objekt eine Gebrauchsbewilligung bestehe, widrigenfalls zur Antragstellung aufgefordert.
Die Hausverwaltung wusste, dass bis 2010 durch die Firma ***24*** Gebrauchsabgabe entrichtet wurde.
Die Hausverwaltung ***35*** GmbH hat am 20.5.2022 die Erlassung einer Gebrauchsbewilligung beantragt und als Eigentümerin des Wohnungseigentumsobjektes die ***2*** genannt, an die in der Folge der Festsetzungsbescheid der MA 46 mit den verfahrensgegenständlichen Nachforderungen an Gebrauchsabgabe für die Jahre 2017, 2018, 2019, 2020 und 2021 als Abgabenschuldnerin ergangen ist.
Der Bescheid enthält nicht die Bezeichnung "***2*** und andere Wohnungseigentümer", er wurde nicht an die Wohnungseigentumsgemeinschaft erlassen.
Die Abgabenschuldigkeiten wurden umgehend durch die Bescheidadressatin, die ***2***, entrichtet, die jedoch die Gebrauchsabgabe in voller Höhe von der Mieterin ersetzt bekommen hat.
Auf den Vordächern scheint mehrmals in großer Schrift ***40*** auf.
Die ***59*** FN ***4***, seit 15.2.2017 ***2***, wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 30.12.2016 gegründet. Der Beschuldigte fungiert seit 13.5.2020 als handelsrechtlicher Geschäftsführer und ist gemeinsam mit dem weiteren Geschäftsführer ***10***, der bereits bei Anschaffung des Wohnungseigentumsobjektes Geschäftsführer war, zeichnungsberechtigt.
Im Wohnungseigentumsvertrag vom 4.3.1982 der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft sind Sonderregelungen für das Geschäftslokal zur Heizung und Klimaanlage, der Müllabfuhr und der Rücklage für Erhaltungsarbeiten getroffen worden.
Punkt VII.4. des Wohnungseigentumsvertrages lautet:
"Für künftige Instandhaltungs- und Verbesserungsarbeiten wird eine Rücklage gebildet, der die gemeinschaftlichen Einkünfte aus der Nutzung der im gemeinsamen Eigentum sämtlicher Wohnungseigentümer stehenden 35 Einstellplätze in der Garage zugeführt werden. Diese Rücklage wird nach Geschäfts- und Wohnungstrakt getrennt geführt, wobei hinsichtlich der Kostentragung auf die unter Punkt VII. 3. genannten Unterscheidungen zwischen Geschäfts- und Wohntrakt Bedacht genommen wird."
Punkt VII.3. des Wohnungseigentumsvertrages enthält unter a) und b) Sonderregelungen für den Geschäftstrakt hinsichtlich Heizung und Müllabfuhr.
Die Hausverwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft wurde nicht damit betraut, sich um eine Gebrauchsbewilligung anzunehmen und für die Entrichtung der Gebrauchsabgabe Sorge zu tragen.
Es wurde kein verantwortlicher Beauftragter nach § 9 Abs. 2 VStG bestellt.
Beweiswürdigung
Die Feststellungen zum Sachverhalt ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen, dem Behördenakt und den Angaben des Vertreters des Beschuldigten sowie den in den beiden mündlichen Verhandlungen vernommenen Zeugen.
Verjährungsprüfung:
Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
Abs. 2 Die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung erlischt durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt. In die Verjährungsfrist werden nicht eingerechnet:
1. die Zeit, während deren nach einer gesetzlichen Vorschrift die Verfolgung nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden kann;
2. die Zeit, während deren wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft, beim Gericht oder bei einer anderen Verwaltungsbehörde geführt wird;
3. die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;
4. die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.
Gemäß § 32 Abs. 1 AVG wird bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.
Abs. 2: Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.
Gemäß § 33 Abs. 1 AVG gilt: Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert.
Abs. 2: Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.
Die dem Bf. angelasteten Verwaltungsübertretungen sind Dauerdelikte, sie enden mit Festsetzung des verkürzten Betrages an Gebrauchsabgabe. Dies ist mit Bescheid vom 23.5.2022 erfolgt.
§ 32 Abs. 1 VStG: Beschuldigter ist die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluß der Strafsache. Der Beschuldigte ist Partei im Sinne des AVG.
Abs. 2: Verfolgungshandlung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Beratung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.
Abs. 3: Eine Verfolgungshandlung, die gegen einen zur Vertretung nach außen Berufenen (§ 9 Abs. 1) gerichtet ist, gilt auch als Verfolgungshandlung gegen die anderen zur Vertretung nach außen Berufenen und die verantwortlichen Beauftragten. Eine Verfolgungshandlung, die gegen den Unternehmer (§ 9 Abs. 3) gerichtet ist, gilt auch als Verfolgungshandlung gegen die verantwortlichen Beauftragten.
Am 9.5.2023 erging an den Beschuldigten eine Aufforderung zur Rechtfertigung, in der ihm alle verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretungen vorgehalten wurden.
Diese Aufforderung zur Rechtfertigung stellt eine Verfolgungshandlung dar, somit wurde das Verwaltungsstrafverfahren binnen Jahresfrist anhängig gemacht.
Die Strafbarkeit ist zudem im Zeitpunkt der Entscheidung durch das BFG noch nicht erloschen gewesen.
Objektive Tatseite:
VwGH 28.6.2023, Ra 2020/13/0077:
"Für das Verwaltungsstrafverfahren gilt beim Zusammentreffen mehrerer Verwaltungsübertretungen, anders als im gerichtlichen Strafverfahren, nach § 22 Abs. 2 erster Satz VStG das Kumulationsprinzip. Danach ist grundsätzlich jede gesetzwidrige Einzelhandlung, durch die der Tatbestand verwirklicht wird, als Verwaltungsübertretung zu bestrafen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beim fortgesetzten Delikt (vgl. etwa VwGH 21.4.2021, Ra 2020/02/0252; 14.9.2020, Ra 2020/02/0103)
Im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz liegt eine Ausnahme vom Kumulationsprinzip dann vor, wenn die Voraussetzungen einer tatbestandlichen Handlungseinheit erfüllt sind. Diese liegen insbesondere dann vor, wenn eine Reihe von rechtswidrigen Einzelhandlungen aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs sowie einer diesbezüglichen gesamtheitlichen Sorgfaltswidrigkeit des Täters zu einer Einheit zusammentreten (vgl. VwGH 3.5.2017, Ra 2016/03/0108; sowie VwGH 23.3.2022, Ra 2020/06/0156, mwN)."
VwGH 3.5.2017, Ra 2016/03/0108
"Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar festgehalten, dass für die Annahme eines fortgesetzten Delikts in der Regel fahrlässige Begehungshandlungen, wie sie das Verwaltungsgericht hier angenommen hat, ausscheiden. Nur dann, wenn der Täter von vornherein - wenn auch nur mit bedingtem Vorsatz - einen Gesamterfolg mit seinen wesentlichen Merkmalen ins Auge gefasst hat, ist es gerechtfertigt, ihm nur eine einzige Straftat anzulasten. Das fortgesetzte Delikt kommt daher in der Regel nur im Bereich der Vorsatzdelinquenz in Betracht (VwGH vom 25. August 2010, 2010/03/0025).
Wenn in § 5 Abs 1 VStG angeordnet wird, dass zur verwaltungsstrafrechtlichen Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten "genügt", wird aber zum Ausdruck gebracht, dass Vorsatz und Fahrlässigkeit in einem normativen Stufenverhältnis des Mehr und Weniger stehen (vgl idS aus dem Blickwinkel des gerichtlichen Strafrechtes Burgstaller, § 6 StGB, in: Höpfl/Ratz (Hrsg), Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch2, Rz 19 (2001)). Die Rechtsprechung zum fortgesetzten Delikt im Bereich der Vorsatztaten kann damit nicht zur Folge haben, dass im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz die wiederholte Begehung derselben Verwaltungsübertretung im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs stets allgemein zu einer separaten Bestrafung jeder einzelnen der wiederholt begangenen Taten zu führen hat. Damit würde nämlich der fahrlässige Täter - den zwar nach § 5 Abs 1 VStG das geringere Verschulden trifft, über den aber aufgrund der Häufung der einzelnen Strafen eine insgesamt höhere Strafsumme verhängt wird - im Ergebnis strenger bestraft werden können als der Vorsatztäter, den zwar im Sinne des § 5 Abs 1 VStG die schwerer wiegende Schuld trifft, über den aber - soweit er ein fortgesetztes Delikt verwirklicht hat - nur eine einzige Gesamtstrafe zu verhängen ist. Auf diese Weise würde dem Gesetz ein grober Wertungswiderspruch unterstellt, der dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden kann, wobei dieser Wertungswiderspruch zudem im Lichte des im Art 7 B-VG verankerten Gleichheitsgrundsatzes problematisch wäre (zur verfassungsrechtlichen Problematik vgl Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 (2014) Rz 1084).
In dieselbe Richtung führt eine Betrachtung des für die Bemessung der Strafe maßgeblichen § 19 VStG. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Bemessung der Strafe eine Ermessensentscheidung ist (vgl dazu etwa VwGH (verstärkter Senat) vom 25. März 1980, 3273/78 (VwSlg 10.077 A/1980); VwGH vom 27. Jänner 2016, Ro 2015/03/0042, mwH). Diese ist nach den in § 19 VStG normierten Kriterien vorzunehmen.
Im Revisionsfall sind im Grunde des § 19 Abs 2 VStG überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Angesichts der ausdrücklichen Nennung des § 32 StGB in § 19 Abs 2 VStG sind zudem sinngemäß die in § 32 StGB normierten allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung maßgeblich, weshalb die in § 32 StGB als Grundlage für die Bestrafung normierte Schuld des Täters zu den in § 19 Abs. 1 VStG genannten Kriterien der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat hinzutritt (vgl dazu Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5, 2009, 439), zumal auch für den Bereich des Verwaltungsstrafrechtes im Lichte des § 5 VStG das Verschulden des Täters maßgeblich ist und aus der Perspektive des § 32 StGB der Erfolgsunwert als eine Komponente der Strafbemessungsschuld gesehen wird (vgl Ebner, § 32 StGB, in: Höpfel/Ratz (Hrsg), Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch2, Rz 4 (2014); Wessely, in N.Raschauer/Wesely (Hrsg), VStG2, 2016, § 19 VStG, Rz 3). Wenn bezüglich der persönlichen Täterschuld die subjektive Schwere des Vorwurfs gegen den Täter maßgeblich ist (vgl dazu etwa Leukauf/Steiniger/Tipold, Strafgesetz Kommentar4, 2017, § 32, Rz 8), kann im Lichte des genannten Stufenverhältnisses von Vorsatz und Fahrlässigkeit bei sonst gleichartiger Konstellation ein fahrlässiges Verhalten zu keinem gravierenderen Vorwurf gegen den Täter führen als ein vorsätzliches Verhalten.
Daraus ergibt sich, dass im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz - nach Maßgabe der jeweiligen Eigenart des betroffenen Deliktes - im Verwaltungsstrafrecht sowohl die einfache Tatbestandsverwirklichung, also die Erfüllung der Mindestvoraussetzungen des gesetzlichen Tatbestands, insbesondere bei mehraktigen Delikten und Dauerdelikten, als auch die wiederholte Verwirklichung des gleichen Tatbestands im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs, also die nur quantitative Steigerung (einheitliches Unrecht) bei einheitlicher Motivationslage (einheitliche Schuld), auch wenn höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Träger verletzt werden sowie schließlich die fortlaufende Tatbestandsverwirklichung, also die Annäherung an den tatbestandsmäßigen Erfolg durch mehrere Einzelakte im Fall einheitlicher Tatsituation und gleicher Motivationslage, als tatbestandliche Handlungseinheit beurteilt werden kann. Der hier zweitgenannte Fall der wiederholten Tatbestandsverwirklichung liegt dann vor, wenn eine Reihe von rechtswidrigen Einzelhandlungen aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs sowie einer diesbezüglichen gesamtheitlichen Sorgfaltswidrigkeit des Täters zu einer Einheit zusammentreten. Das Vorliegen einer tatbestandlichen Handlungseinheit hat zur Folge, dass der Täter nur eine Tat verwirklicht hat und für diese auch nur einmal zu bestrafen ist. Wie groß der Zeitraum zwischen den einzelnen Tathandlungen sein darf, um noch von einer tatbestandlichen Handlungseinheit sprechen zu können, ist von Delikt zu Delikt verschieden und hängt weiters im besonderen Maß von den Umständen des Einzelfalls ab."
Siehe zudem BFG vom 12.10.2023, RV/7500478/2023 in erstmaliger Umsetzung des Judikates des VwGH v. 28.6.2023, Ra 2020/13/0077 und BFG v. 24.04.2024, RV/7500612/2023
Tarif über das Ausmaß der Gebrauchsabgaben
B. Jahresabgaben je begonnenes Kalenderjahr
3. für Ladenvorbauten, portalartige Verkleidungen, aus welchem Material immer, Portalausgestaltungen in Putz u. dgl. sowie für Portalköpfe und Schaukästen an Gebäuden bzw. Bauwerke
5. für Wetterschutz und Vordächer
Die errechneten Nachforderungsbeträge ergeben sich aus dem Festsetzungsbescheid des Magistrates vom 23.5.2022 und sind hinsichtlich ihrer Höhe unbestritten
Gemäß § 16 Abs. 1 GAG dauert die Verkürzung der Gebrauchsabgabe so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird.
Verkürzung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft oder den einzelnen Wohnungseigentümer:
Der Festsetzungsbescheid ist nicht an die Wohnungseigentumsgemeinschaft erlassen worden.
Seit 2020 kann eine Gebrauchsbewilligung für Portale auch nur durch den Eigentümer des Objektes beantragt werden, das Portale als Besteuerungsobjekt aufweist.
Die Gebrauchsabgabe kann jedoch sowohl durch einen (nutzenden) Eigentümer, mehrere Eigentümer, mehrere Wohnungseigentümer oder einen Nutzer/Mieter verkürzt werden.
Die Behörde hat sich rechtsrichtig an den Hausverwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtet, weil bei Wohnungseigentum grundsätzlich die gesamte Eigentümergemeinschaft die Verpflichtung trifft, eine Bewilligung zu beantragen.
Gemäß § 2 Abs. 1 WEG ist Wohnungseigentum das dem Miteigentümer einer Liegenschaft oder einer Eigentümerpartnerschaft eingeräumte dingliche Recht, ein Wohnungseigentumsobjekt ausschließlich zu nutzen und allein darüber zu verfügen.
Gemäß § 18 Abs. 1 WEG kann die Eigentümergemeinschaft in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden.
Abs. 3 Die Eigentümergemeinschaft wird vertreten:
1. wenn ein Verwalter bestellt ist,
a) durch den Verwalter.
Abs. 4: Ein gegen die Eigentümergemeinschaft ergangener Exekutionstitel kann nur in die Rücklage (§ 31) oder in die von den Wohnungseigentümern geleisteten oder geschuldeten Zahlungen für Aufwendungen (§ 32) vollstreckt werden. Soweit die Forderung durch eine solche Exekution nicht hereingebracht werden kann, haften die Wohnungseigentümer für den Ausfall im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile.
Gemäß § 28 Abs. 1 WEG gehören zu den Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft insbesondere:
1. die ordnungsgemäße Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft im Sinne des § 3 MRG, einschließlich der baulichen Veränderungen, die über den Erhaltungszweck nicht hinausgehen, und der Behebung ernster Schäden des Hauses in einem Wohnungseigentumsobjekt,
2. die Bildung einer angemessenen Rücklage (§ 31),
3. die Aufnahme eines Darlehens zur Deckung der durch die Rücklage nicht gedeckten Kosten einer in längeren als einjährigen Abständen wiederkehrenden Arbeit zur ordnungsgemäßen Erhaltung,
4. die angemessene Versicherung der Liegenschaft,
5. die Bestellung des Verwalters und die Auflösung des Verwaltungsvertrags,
6. die Bestellung und Abberufung eines Eigentümervertreters,
7. die Erlassung und Änderung der Hausordnung,
8. die Vermietung der verfügbaren allgemeinen, aber einer abgesonderten Benützung zugänglichen Teile der Liegenschaft, an eine Person, die nicht Wohnungseigentümer ist,
9. die Aufkündigung der nach Z 8 geschlossenen Mietverträge und
10. die Erstellung und Vorrätighaltung eines Energieausweises nach § 2 Z 3 EAVG für das gesamte Gebäude.
Gem. § 1012 und 837 ABGB ist der Hausverwalter den Miteigentümern gegenüber zur Rechnungslegung verpflichtet. Im Fall mehrerer Miteigentümer hat der Verwalter jedem Einzelnen von ihnen Rechnung zu legen bzw. eine Ausfertigung der Abrechnung zuzuschicken. In der Abrechnung sind daher sämtliche Einnahmen und Ausgaben unter Angabe des Verwendungszwecks übersichtlich auszuweisen. Weiters sind alle Belege vollständig vorzulegen.
Die Wohnungseigentumsgemeinschaft wird bei ordentlicher und außerordentlicher Verwaltung durch den Hausverwalter vertreten. Er ist berechtigt Zustellungen für die Wohnungseigentumsgemeinschaft entgegen zu nehmen.
Die Hausverwaltung hat am Antrag auf Nutzung lediglich die Wohnungseigentümerin des Geschäftslokals angeführt, in der Folge ist der Festsetzungsbescheid v. 23.5.2022 nur an die ***15*** ***63*** und nicht an "***15*** ***63***" mit "und andere = u.a." die weiteren Wohnungseigentümer bezeichnend ergangen. Diese Vorgehensweise wurde gewählt, da die Hausverwaltung wusste, dass in Vorzeiträumen die ***56*** Gesellschaft mbH eine Gebrauchsbewilligung für das in ihrem Wohnungseigentum stehende Geschäftslokal hatte und sie dies als Aufgaben des jeweiligen Wohnungseigentümers sahen, eine Bewilligung zu bekommen.
Geht man davon aus, dass der Bescheid nicht an einen einzelnen Wohnungseigentümer zu erlassen gewesen wäre, da im Wohnungseigentumsvertrag nicht zweifelsfrei geregelt ist, dass die Portale und Vordächer nicht allgemeine Flächen des Hauses, sondern einem einzelnen Objekt zugeordnet sind, wäre dies in einem Beschwerdeverfahren gegen den Festsetzungsbescheid geltend zu machen gewesen.
Der objektive Tatbestand ist in einem Strafverfahren jedoch eigenständig festzustellen, daher wird durch das BFG festgestellt, dass die Verkürzung dem Festsetzungsbescheid vom 23.5.2022 folgend durch die die ***15*** ***63***, als Wohnungseigentümerin, vertreten durch den Beschuldigten, erfolgt ist.
Die abgabenrechtlichen Nachforderungsbeträge können für Zwecke des Verwaltungsstrafverfahrens als Verkürzungsbeträge übernommen werden.
Die Behörde ist von 8 Taten ausgegangen, da zu zwei Portalen und zwei Vordächern in den Jahren 2020 und 2021 keine Gebrauchserlaubnis erwirkt und in der Folge auch bei jeweiliger Fälligkeit keine Gebrauchsabgabe entrichtet wurde.
Unter Berücksichtigung der Judikatur des VwGH zum Fortsetzungszusammenhang und der tatbestandlichen Handlungseinheit ist jedoch hinsichtlich der der Tarifpost B 3 unterliegenden Portale und der der Tarifpost B 5 unterliegenden Vordächer, die alle dieselbe Liegenschaft betreffen und bereits vor Eintritt einer Gebrauchsabgabeentrichtungsverpflichtung des Beschuldigten errichtet wurden, eine tatbestandliche Handlungseinheit anzunehmen.
Historische Gebrauchsabgabebewilligung:
1976 wurde erstmalig eine Gebrauchsabgabebewilligung für die verfahrensgegenständlichen Portale und Vordächer vergeben.
Gemäß § 4 Abs. 6 GAG erlischt eine Gebrauchserlaubnis, wenn die Abgabe nicht spätestens sechs Monate nach Fälligkeit bzw. nach Ablauf eines bewilligten Zahlungsaufschubes bzw. nach Ablauf einer für die Entrichtung der Abgabe gemäß §§ 212 Abs. 3 und 212a Abs. 7 Bundesabgabenordnung - BAO, eingeräumten Nachfrist entrichtet wird.
Im Zeitraum 2011 bis 2022 wurde jedoch keine Gebrauchsabgabe entrichtet, daher ist die vorgelegte Gebrauchsbewilligung bereits Mitte 2011 abgelaufen und wurde der öffentliche Raum ohne Bewilligung genutzt.
Es wurden in den verfahrensgegenständlichen Nutzungszeiträumen vor Nutzung weder Gebrauchsbewilligungen für Portale nach Tarifpost B 3 noch für Vordächer nach Tarifpost B 5 beantragt und in der Folge eben auch vor Festsetzung durch die Behörde keine Gebrauchsabgaben entrichtet, dazu liegt jedoch nur eine einzige Verwaltungsübertretung als Dauerdelikt mit dem Beginn Übernahme der Geschäftsführung und dem Ende 23.5.2022 (Festsetzungsbescheid) vor.
Täter und subjektive Tatseite:
Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
§ 9 Abs. 2 VStG: Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
Der Beschuldigte war im Tatzeitraum Geschäftsführer der ***15*** ***63***, die Wohnungseigentum an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft in der ***15*** hat (Katastralgemeinde ***16*** ***17***, Einlagezahl ***18***, 2 Anteil ***19***, ***20*** Wohnungseigentum an Geschäft, Garage und Kellerlager, St I und II).
Gemäß § 9 Abs. 1a GAG schulden sowohl die Eigentümer des Gebäudes als auch die Mieterin des Geschäftslokals die Gebrauchsabgabe für die Nutzung öffentlichen Grundes durch die am Gebäude angebrachten Portale und Vordächer.
Wesen der Gesamtschuld ist, dass der Gläubiger die Mitschuldner nicht nur anteilsmäßig in Anspruch nehmen darf, sondern dass er auch die gesamte Schuld nur einem einzigen (einigen, allen) der Gesamtschuldner gegenüber geltend machen darf. Dem Gläubiger steht insgesamt jedoch nur einmal die Befriedigung seiner Ansprüche zu. Ist die gesamte Schuld (z.B. durch einen der Gesamtschuldner) entrichtet, so erlischt das Gesamtschuldverhältnis.
Im Aufforderungsschreiben des Magistrates an die Hausverwaltung ***1*** ist auch folgender Passus enthalten:
"Gebrauchserlaubnisse für Ladenvorbauten u. dgl. (GAG, Tarif A Post 1-4 sowie Tarif B Post 3) dürfen ab 1.1.2020 gem. § 3 Abs. 1 GAG 1966, nur mehr dem Bauwerkseigentümer erteilt werden."
§ 3 Abs. 1 GAG lautet für Nutzungen ab 2020: Wurde die Gebrauchserlaubnis für Arten des Gebrauches gemäß Tarif A, Post 1 bis 4 und Tarif B Post 3 erteilt, so steht sie dem jeweiligen Eigentümer der Baulichkeit zu, von der aus der Gebrauch erfolgt oder erfolgen soll.
Ein verantwortlicher Beauftragter wurde nicht bestellt und der Behörde eine Bestellung angezeigt.
Weder die Hausverwaltung der Wohnungseigentumsgemeinschaft noch die ***8***, als Hausverwalter des vermieteten Geschäftslokales, sind Vertreter nach § 9 Abs. 2 VStG.
Es war für die Jahre 2017, 2018 und 2019 im Verantwortungsbereich der Wohnungseigentumsgemeinschaft oder des Mieters eine Gebrauchsbewilligung zu erwirken, ab 2020 war es nur noch für die Wohnungseigentumsgemeinschaft rechtlich zulässig, die Gebrauchsbewilligung für Ladenvorbauten zu beantragen.
Die Behörde trifft die Entscheidung, wie viele Beschuldigte sie verfolgt.
Es stand ihr demnach zu, den handelsrechtlichen Geschäftsführer der ***9*** zu verfolgen sowie sämtliche Wohnungseigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft.
Da durch die Zubauten der Anteil der durch den Beschuldigten vertretenen ***15*** ***63*** jedoch einen Wertzuwachs bekommen hat und für dieses Objekt auch Sonderregelungen im Wohnungseigentumsvertrag getroffen wurden, ist es naheliegend, dass er wegen der Unterlassung des Erwirkens einer Gebrauchsbewilligung und der Entrichtung der Gebrauchsabgabe als Beschuldigter verfolgt wird.
Wer im Innenverhältnis verpflichtet ist, die Gebrauchsabgabe wirtschaftlich zu tragen, ist im Verwaltungsstrafverfahren nicht relevant. Den Vertragsgestaltungen mit der ehemaligen Verkäuferfirma und der Mieterfirma kommt im Zusammenhang mit einer verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgbarkeit des Beschuldigten als Geschäftsführer der Firma, die in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen Wohnungseigentum an dem Geschäftslokal hatte, keine Bedeutung zu.
Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Gemäß § 5 Abs. 2 VStG entschuldigt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
Die Unkenntnis des Gesetzes, wie auch eine irrige Gesetzesauslegung, müssen unverschuldet sein. Da es bei der Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen bedarf, wäre es im gegenständlichen Fall geboten gewesen, eine rechtliche Auskunft bei der zuständigen Behörde, bei einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung berechtigten Person oder bei gesetzlichen beruflichen Vertretungen (VwGH 16.11.1993, 93/07/0022) einzuholen. Da die Beschuldigte diese nicht eingeholt hat, vermag sie sich nicht mit ihrer Unkenntnis des Gesetzes zu entschuldigen und die Unkenntnis der Vorschriften nicht von ihrer Schuld zu befreien (VwGH 7.12.2021, Ra 2021/09/0243).
Nach § 5 Abs. 2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte (Verbotsirrtum). Dies setzt voraus, dass demjenigen, der sich auf einen Verbotsirrtum beruft, das Unerlaubte seines Verhaltens trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Wer es verabsäumt, entsprechende Erkundigungen einzuholen, trägt das Risiko des Rechtsirrtums (vgl. VwGH 12.10.2021, Ra 2019/11/0015, mwN) (VwGH 18.12.2024, Ra 2022/13/0056).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat sich jeder "mit den einschlägigen Normen seines Betätigungsfeldes ausreichend vertraut zu machen" (VwGH 14.1.2010, 2008/09/0175).
VwGH 11.12.2024, Ra 2024/05/0088:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems liegt ein solches dann vor, wenn dadurch die Überwachung der Einhaltung von Rechtsnormen jederzeit sichergestellt werden kann. Zur Einrichtung von Kontrollsystemen ist es für die Befreiung von der Verantwortlichkeit (zusammengefasst) entscheidend, ob Maßnahmen getroffen wurden, die im Ergebnis mit gutem Grund erwarten lassen, dass die Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften gewährleistet ist. Bei Fehlen eines funktionierenden Kontrollsystems zur Verhinderung von Übertretungen kann auch nicht von einem geringfügigen Verschulden gesprochen werden (vgl. VwGH 31.1.2023, Ra 2023/02/0013, Rn. 8, mwN). Anweisungen an Mitarbeiter zur Einhaltung des in Frage stehenden Gesetzes oder stichprobenartige Kontrollen reichen nicht aus, um ein in diesem Sinne wirksames Kontrollsystem darzutun (vgl. VwGH 26.6.2018, Ra 2016/05/0005, Rn. 22, mwN).
Die Frage, ob ein konkretes Kontrollsystem eines bestimmten Unternehmens ausreichend wirksam gewesen ist, betrifft nur den Einzelfall und stellt als solche keine grundsätzliche Rechtsfrage dar. Kontrollsysteme gleichen einander in der Regel nicht und unterliegen daher einer einzelfallbezogenen Beurteilung durch das Verwaltungsgericht. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge daher nur dann vor, wenn die entsprechende Beurteilung des Verwaltungsgerichtes in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. VwGH 16.3.2021, Ra 2021/05/0039, Rn. 7, mwN).
Eine bloß interne Aufgabenverteilung ein einzelnes Vorstandsmitglied noch nicht. Der bloße Rückzug auf eine interne Unzuständigkeit ohne jegliches weitere Vorbringen über irgendwelche, die Einhaltung von Vorschriften gewährleistenden Tätigkeiten stellt kein taugliches Vorbringen zur Dartuung mangelnden Verschuldens dar. Ein Vorstandsmitglied kann sich nicht allein auf die korrekte Geschäftsführung durch die anderen Organmitglieder verlassen (vgl. VwGH 11.9.2015, 2013/17/0485, mwN).
Der Bf. behauptet erst durch den Festsetzungsbescheid des Magistrates Kenntnis davon erlangt zu haben, dass wegen der Portale und Vordächer eine Gebrauchsbewilligung zu erwirken und Gebrauchsabgabe zu entrichten gewesen wäre.
Er hat, den Angaben seines Vertreters sowie den Zeugenaussagen folgend, keine Erkundigungen beim Magistrat oder der Hausverwaltung der Liegenschaft zu einer Gebrauchsabgabepflicht eingeholt.
Die hier relevanten Gesetzesbestimmungen wurden in den Wiener Landesgesetzblättern kundgemacht, der Bf. wäre als Vertreter der Wohnungseigentümerin eines Geschäftslokales und somit einer Normadressatin verpflichtet gewesen, sich über die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und Abgabepflichten zu informieren.
Den Bf. trifft daher ein Verschulden, das über einen minderen Grad des Versehens hinausgeht. Ein Wohnungseigentümer, der an eine gewerbetreibende Mieterin vermietet, die die Außenhaut des Gebäudes für Werbezwecke nutzt, hat sich auch mit den Bestimmungen hinsichtlich des Bestehens einer Gebrauchsbewilligung bzw. Entrichtung der Gebrauchsabgabe auseinanderzusetzen. Der Hausverwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft war zudem bekannt, dass ein vorhergehender Wohnungseigentümer dieser Top Gebrauchsabgabe entrichtet hat, sie hätte bei Befragung ebenfalls entsprechende Auskünfte geben können.
Daher ist das Unterlassen entsprechender Erkundigungen dem Bf. jedenfalls vorwerfbar und ist sohin von einer Verletzung der dem Bf. zukommenden Sorgfaltspflicht und somit von einer fahrlässigen Handlungsweise, welche gemäß § 5 Abs. 1 VStG für eine Strafbarkeit genügt, auszugehen.
Er hat dadurch die Gebrauchsabgabe zumindest fahrlässig verkürzt, indem er die gebotene Sorgfalt verletzt hat, für die an der Hausfassade angebrachten und in den Luftraum über dem Gemeindegrund hinausragenden Portale und Vordächer eine Bewilligung zu erlangen und die jährlich fälligen Abgaben zu entrichten. Er hätte sich bei Anschaffung des Objektes bei der Hausverwaltung, dem Verkäufer und der Behörde erkundigen müssen, ob eine Gebrauchsabgabepflicht besteht. Dies war auch wegen der Größe der Zubauten naheliegend.
Zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung der fahrlässigen Abgabenverkürzung gehört der Eintritt eines Schadens, wobei ein solcher nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass es später tatsächlich - aber eben verspätet - zur Bemessung und Entrichtung der Abgabe kommt (VwGH 31.3.1989, 87/17/0349).
Durch das fahrlässige Verhalten des Beschuldigten hat die Behörde die Gebrauchsabgabe nicht bei deren Fälligkeit erhalten, sondern musste nach Aufdeckung der Verwaltungsübertretungen mit amtswegiger Festsetzung vorgehen.
Strafbemessung:
Gemäß § 16 Abs. 1 GAG in der derzeit geltenden Fassung sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Gebrauchsabgabe verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis EUR 42.000 zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen. Die Verkürzung der Gebrauchsabgabe dauert so lange an, bis der Abgabepflichtige die Selbstbemessung nachholt oder die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig festgesetzt wird.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Tat ist die Verkürzung einer bestimmten Abgabe (Gebrauchsabgabe eines bestimmten Tarifpostens) für einen bestimmten Zeitraum (hier: Jahr) und die Verkürzung liegt in der Unterlassung der Antragstellung auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach § 2 Abs. 1 GAG vor der beabsichtigten Gebrauchnahme, womit eine bescheidmäßige Festsetzung durch den Magistrat erst verspätet erfolgen konnte und dem Magistrat die jeweilige Abgabe nicht bei deren Fälligkeit zugekommen ist.
Der Bf. hat in den Jahren 2020 und 2021 als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Wohnungseigentümerin des Geschäftslokales, die den öffentlichen Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, genutzt hat, ohne dass vorher Gebrauchserlaubnisse gemäß Tarifpost B 3 und B 5 erwirkt wurden, Dauerdelikte - Beendigung der Verkürzung der bescheidmäßigen Abgabe mit Zustellung des Abgabenfestsetzungsbescheides oder des Bewilligungsbescheides - begangen.
Es liegt wegen der tatbestandlichen Handlungseinheit - wie oben ausgeführt - jedoch lediglich eine einzige Verwaltungsübertretung vor, wobei als Strafbestimmung die im Zeitpunkt der Beendigung der Tat in Geltung befindliche Strafnorm (§ 16 Abs. 1 GAG in der geltenden Fassung) heranzuziehen war (siehe unten auch Ausführungen zum Günstigkeitsvergleich).
Da zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beschuldigten keine Angaben gemacht wurden, ist von durchschnittlichen Verhältnissen auszugehen.
Mildernd ist bei ihm die vollständige Schadensgutmachung.
Unbescholtenheit liegt nicht vor.
Bei einem Gesamtverkürzungsbetrag von € 6.417,40 wurde nunmehr eine Geldstrafe von € 2.600,00 ausgesprochen.
Die Reduzierung der Strafen berücksichtigt, dass nur eine Tat vorliegt und dem Beschuldigten im Vergleich zum weiteren Geschäftsführer nur ein geringerer Gesamtzeitraum sowie ein geringeres Verschulden anzurechnen sind.
Ebenso war nur auf eine Ersatzfreiheitsstrafe zu erkennen, die mit 104 Stunden bestimmt wurde.
Zum Einwand wegen des Günstigkeitsprinzips sei keine Strafe mehr zu verhängen:
§ 1 Abs. 1 VStG: Als Verwaltungsübertretung kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.
Abs. 2: Die Strafe richtet sich nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre.
Im Landesgesetzblatt Nr. 47/2022 vom 4.11.2022 sind Änderungen des Gebrauchsabgabegesetzes 1966 angeführt.
§ 18 wird wie folgt geändert:
a) In Abs. 7 Z 3 zweiter Satz wird die Wortfolge "Tarif A Post 1 bis A Post 4, B Post 1 bis B Post 8 - ausgenommen B Post 7 -" durch die Wortfolge "Tarif A Post 1, A Post 3, B Post 8" ersetzt sowie die Wortfolge "und 13" durch die Wortfolge ", 13 und 15 bis 21" ersetzt
Es wird folgender Abs. 16 angefügt:
"(16)
1. Artikel I des Landesgesetzes LGBl. für Wien Nr. 47/2022 tritt mit 1. Jänner 2023 in Kraft, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt wird.
2. Artikel I Ziffer 11 lit. c und d des Landesgesetzes LGBl. für Wien Nr. 47/2022 treten mit 1. Oktober 2022 in Kraft.
3. Das Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. für Wien Nr. 20/1966, in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 47/2022, gilt auch für am 1. Jänner 2023 bestehende Gebrauchserlaubnisse, auch wenn die jeweilige Tarifpost mit diesem Gesetz in die Anlage I verschoben wurde. Die am 1. Jänner 2023 bestehenden Gebrauchserlaubnisse nach den verschobenen Tarifposten gelten im bewilligten Umfang weiter, jedoch entfällt die Abgabepflicht ab 1. Jänner 2023 von Gesetzes wegen; sonstige Endigungsgründe bleiben unberührt.
4. Wenn der Erlaubnisträger binnen einem Monat nach Inkrafttreten der jeweiligen Tarifänderung durch das Landesgesetz LGBl. für Wien Nr. 47/2022 auf die Gebrauchserlaubnis ausdrücklich verzichtet, sind für diesen Monat die bisherigen Vorschriften anzuwenden."
18. Der Tarif B Post 3 entfällt.
20. Der Tarif B Post 5 entfällt.
25. In Anlage I Ziffer 14 wird der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und werden folgende Ziffern 15 bis 21 angefügt:
"18. für Ladenvorbauten, portalartige Verkleidungen, aus welchem Material immer, Portalausgestaltungen in Putz u. dgl. sowie für Portalköpfe und Schaukästen an Gebäuden bzw. Bauwerken;
20. für Wetterschutz und Vordächer."
Das bedeutet, dass ab 1.1.2023 für Portale und Vordächer keine Gebrauchsabgabe mehr zu entrichten ist.
Die Tat, Verkürzung von Gebrauchsabgaben bis 23.5.2022, stand im Zeitpunkt ihrer Beendigung unter Strafdrohung und ist auch im Zeitpunkt der Entscheidung durch das BFG weiterhin unter derselben Strafdrohung. Es entfällt lediglich eine Gebrauchsabgabepflicht für nachfolgende Zeiträume, dies hat jedoch keinen Einfluss auf die Strafbarkeit der Verkürzung von Gebrauchsabgabe für Zeiträume in denen eine Pflicht bestand eine Gebrauchsabgabebewilligung zu erwirken und jährliche Abgabenzahlungen zu leisten.
Immer wieder wird durch Gesetzgeber eine Änderung zu Besteuerungsgegenständen vorgenommen (Gewerbesteuer, Alkoholabgabe um Bundesabgaben zu nennen), die Strafbarkeit endet aber nicht dadurch, dass es zu einem Besteuerungsgegenstand für Nachfolgezeiträume keine Steuerpflicht mehr gibt, sondern rein durch den Eintritt einer Verfolgungsverjährung zu jeder einzelnen Verkürzung.
Die der Bestrafung zu Grunde liegende Tat schädigte das als bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an einer ordnungsgemäßen und fristgerechten Abgabenentrichtung, weshalb der Unrechtsgehalt der Tat nicht als geringfügig angesehen werden konnte.
Bei zu niedrigen Strafen könnte es bei ausreichend hohem wirtschaftlichen Interesse zudem dazu kommen, dass ein Strafbetrag als bloßer Preis des erwarteten Nutzens kalkuliert werde und die Strafdrohung ihren Zweck verfehlt.
Die neu ausgesprochene Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe berücksichtigen auch, dass es wegen des Entfalls einer zu entrichtenden Gebrauchsabgabe für Portale und Vordächer ab 1.1.2023 nicht zu weiteren Verkürzungen für Nachfolgejahre aus diesem Titel kommen kann.
Generalpräventive und spezialpräventive Überlegungen:
Generalpräventive Überlegungen (Abhalten potentieller Nachahmungstäter) bestehen weiterhin, da die Gebrauchsabgabe als Dauerdelikt konzipiert ist und diese Dauerdelikte eben bis zu einer Abgabenfestsetzung durch die Behörde reichen. Die Behörde ist noch berechtigt (keine Festsetzungsverjährung, siehe §§ 207 ff BAO) und dabei Nachbemessungen für Zeiträume bis incl. 2022 vorzunehmen, daher haben verhängte Strafen nach dem Gebrauchsabgabegesetz auch weiterhin generalpräventive Erfordernisse zu berücksichtigen.
Spezialpräventive Erfordernisse werden im Regelfall nunmehr bei Bestrafungen wegen dieser Verwaltungsübertretungen zu verneinen sein, davon wird auch in diesem Beschwerdefall ausgegangen. Dabei verbleibt jedoch beim Beschuldigte aufgrund einer einbekannten Vielzahl ihm zuzurechnender Liegenschaften die Möglichkeit - beim Beschwerdevorbringen, dass bereits Verjährung eingetreten sei und einer einschlägigen Vorstrafe -, dass es noch eine oder mehrere Liegenschaften im Verantwortungsbereich des Bf. geben könnte, bei denen eine Gebrauchsabgabepflicht bisher nicht erkannt und wahrgenommen wurde.
Sollte dies der Fall sein, wird informativ darauf hingewiesen, dass es auch im Bereich landesgesetzlicher Verwaltungsübertretungen offensteht, eine Selbstanzeige nach § 29 FinStrG (§ 254 FinStrG) einzubringen.
Zum Verweis des Verteidigers auf § 15a GAG:
§ 15a Bestimmungen im Zusammenhang mit COVID-19
Abs. 1: Wenn glaubhaft gemacht wird, dass
1. eine Gebrauchserlaubnis infolge von erforderlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Bewältigung der COVID-19 Krisensituation nicht oder nicht zur Gänze ausgeübt werden kann, oder
2. der Träger einer Gebrauchserlaubnis sonst von der COVID-19 Krisensituation betroffen ist (vor allem durch Ertragseinbußen und Liquiditätsengpässe), oder
3. auf die Gebrauchserlaubnis infolge von erforderlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Bewältigung der COVID-19 Krisensituation nach Eintritt der Fälligkeit der Abgabe verzichtet wird,
kann der Magistrat - unbeschadet der in anderen Rechtsvorschriften eingeräumten behördlichen Befugnisse - denjenigen aliquoten Anteil der für ein Abgabenjahr entrichteten bzw. zu entrichtenden Jahresabgabe herabsetzen oder erstatten, welcher der auf Monate abgerundeten Zeitdauer entspricht, für die die Gebrauchserlaubnis nicht ausgeübt oder darauf verzichtet wird oder die Abgabe nicht entrichtet werden kann. Angefangene Kalendermonate zählen als ganze Kalendermonate. Das Gleiche gilt sinngemäß bei einmaligen Abgaben, Monatsabgaben sowie für die im Tarif C Post 5 vorgesehenen monatlichen Mindestabgaben und die zusätzliche Abgabe im Bereich von Kurzparkzonen auf Fahrbahnen. Erledigungen nach dieser Bestimmung können durch formlose Zahlungsaufforderung (§ 198a Bundesabgabenordnung - BAO) erfolgen. Die Erlassung eines Abgabenbescheides ohne vorhergehende formlose Buchungsmitteilung ist zulässig.
Abs. 2: Glaubhaftmachungen nach Abs. 1 sind
a) für das Kalenderjahr 2020 bis spätestens 31. Dezember 2023,
b) für das Kalenderjahr 2021 bis spätestens 31. Dezember 2024,
c) für das Kalenderjahr 2022 bis spätestens 31. Dezember 2025,
d) für das Kalenderjahr 2023 bis spätestens 31. Dezember 2026
möglich.
Einen Träger einer Gebrauchserlaubnis gibt es erst ab deren Erteilung im Zusammenhang mit der Erlassung des Festsetzungsbescheides im Mai 2022. Verfahrensgegenständlich sind Abgabenverkürzungen der Jahre 2020 und 2021, dazu wäre eine Frist für eine Glaubhaftmachung bereits abgelaufen. Zudem liegt eine Kannbestimmung vor, daher steht es im Ermessen der Behörde auf Abgabeneinnahmen zu verzichten.
Es wurde nicht glaubhaft gemacht, dass die Firma ***52*** ***63*** tatsächlich in den Coronajahren 2020 und 2021 auf Mietzahlungen verzichtet hat. Zudem handelt es sich bei der Gebrauchsabgabe für Portale und Vordächer um Jahresabgaben und war weder im gesamten Jahr 2020 noch im Jahr 2021 eine gänzliche Sperre für ***41*** verordnet und nutzen Vorbauten im Gegensatz zu Schanigärten, bei denen in langen Sperrzeiten Möbel trotz Bewilligung gar nicht aufgestellt wurden, durchgehend den öffentlichen Raum.
Aus diesem Titel konnte somit keine Verringerung des strafbestimmenden Verkürzungsbetrages angenommen werden.
Zum Antrag, es möge nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG eine Ermahnung ausgesprochen werden:
Es ist auch zu bedenken, dass eine Strafdrohung und ein Strafausspruch im Strafrecht jeweils im konkreten Rahmenwerk gesetzlicher Vorgaben für Verwaltungsübertretungen bis zu Verbrechen im Anwendungsbereich des Strafgesetzbuches zu bewerten ist, woraus sich jeweils eine Spruchpraxis von Behörden und Gerichten ergibt.
Bei der Prüfung des Grades des Verschuldens ist daher zu untersuchen, ob besondere Umstände, die einem Rechtfertigungsgrund oder Schuldausschließungsgrund nahe kommen - vorliegen und ob dem Verdächtigen/ Beschuldigten auf Grund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten, seines Alters, seiner Vorbildung usw. die genaue Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen zugemutet werden konnte.
Von geringem Verschulden als Anspruchserfordernis für ein Absehen von einer Bestrafung nach § 25 FinStrG kann nur dann gesprochen werden, wenn das Verhalten des Täters erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten üblichen Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt.
Im Anwendungsbereich des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG sind daher ebenfalls nur solche Fallkonstellationen zu sehen, wo der Schuldgehalt erheblich hinter dem im Gebrauchsabgabengesetz typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt.
Dies ist verfahrensgegenständlich nicht gegeben, da der Beschuldigte im Gegensatz zu manchen anderen Beschuldigten, die fahrlässig keine Kenntnis davon erlangt haben, dass es überhaupt ein Gebrauchsabgabegesetz gibt, in der Immobilienbranche tätig ist und demnach sehr wohl ein grundsätzliches Problembewusstsein zu einer Wahrnehmung der entsprechenden Aufgaben haben musste.
Weder der Verkürzungsbetrag noch das Verschulden sind so gering, dass man mit einer Ermahnung vorgehen hätte können.
Kostenentscheidung
Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.
Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere € als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.
Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.
Da der Beschwerde teilweise Folge gegeben, nur eine einzige Geldstrafe ausgesprochen und diese niedriger bemessen wurde, waren auch die Verfahrenskosten des behördlichen Verfahrens spruchgemäß anzupassen und sind keine Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens angefallen.
Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.
Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.
Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich BFG 13. 5. 2014, RV/7500356/2014 sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).
Haftung
§ 9 Abs. 7 VStG: Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen haften für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.
Die ***59*** FN ***4***, seit 15.2.2017 ***2***, wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 30.12.2016 gegründet. ***10*** fungiert seit 27.1.2017 als Geschäftsführer, seit 13.5.2020 ist auch ***Bf1*** handelsrechtlicher Geschäftsführer und gemeinsam mit dem weiteren Geschäftsführer zeichnungsberechtigt.
Da der Beschuldigte als handelsrechtlicher Geschäftsführer die abgabenrechtlichen Belange der durch ihn vertretenen Gesellschaft wahrzunehmen hatte und sich damit als Vertreter der Wohnungseigentümerin des Geschäftslokales, zu dem die verfahrensgegenständlichen gebrauchsabgabepflichtigen Portale und Vordächer gehören, um eine Bewilligungserteilung hätte annehmen müssen, ist der durch ihn vertretene Verband als Haftender heranzuziehen gewesen.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.
Wien, am 11. April 2025
Zusatzinformationen | |
|---|---|
Materie: | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen: | § 24 Abs. 1 BFGG, Bundesfinanzgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 14/2013 |
