Rechtssatz
Auch die Anwendung der Unklarheitenregel ist am Grundrecht auf Freiheit der Meinungsäußerung zu messen. Liegt die Annahme eines bestimmten Tatsachenkerns nahe, der wahr ist und die damit verbundenen Werturteile als nicht exzessiv rechtfertigt, so muss die entfernte Möglichkeit einer den Kläger noch stärker belastenden Deutung unbeachtlich bleiben.
4 Ob 98/07a | OGH | 04.09.2007 |
Beisatz: Hier zu einem angeblich herabsetzenden Systemvergleich iSd UWG. (T1)<br/>Bem: Mit ausführlicher Begründung. (T2)<br/>Veröff: SZ 2007/139 |
4 Ob 176/08y | OGH | 20.01.2009 |
Auch; Beisatz: Die Freiheit der Meinungsäußerung hat bei der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung beanstandeter Aussagen ein höheres Gewicht, wenn ein Mitbewerber - wenngleich in Wettbewerbsabsicht - an einer Debatte teilnimmt, die öffentliche Interessen betrifft, als bei rein unternehmensbezogenen Äußerungen. Dabei ist insbesondere die Bedeutung des Themas zu berücksichtigen, zu dem die Äußerung erfolgte. Je größer das Informationsinteresse der Öffentlichkeit ist und je weniger die Wettbewerbsabsicht des Äußernden im Vordergrund steht, umso eher wird die Äußerung zulässig sein. (T3) |
6 Ob 46/08w | OGH | 02.07.2009 |
Beisatz: Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung schließt es aus, eine entferntere, bloß mögliche Deutung der beanstandeten Formulierungen zur Ermittlung des für ihre rechtliche Beurteilung relevanten Tatsachenkerns heranzuziehen (6 Ob 218/08i; 4 Ob 236/07w; 4 Ob 98/07a; 4 Ob 71/06d). (T4) |
6 Ob 52/09d | OGH | 18.12.2009 |
Bem: Hier: Die Bezeichnung „verdorben" für die der Speiseeisverordnung nicht entsprechenden Speiseeisproben ist im gegebenen Zusammenhang unter dem Blickwinkel der Freiheit der Meinungsäußerung eine zulässige Wertung eines nicht der einschlägigen Rechtsvorschrift entsprechenden Zustands, der in der Medieninformation wahrheitsgemäß dargestellt wird. (T5) |
6 Ob 192/10v | OGH | 17.12.2010 |
Beis wie T4; Beisatz: Hier: Die Behauptung eines Behandlungsfehlers, bei dem es sich tatsächlich (nur) um mangelhafte Aufklärung handelt, beruht auf einem zumindest im Kern richtigen Sachverhalt. (T6) |
4 Ob 171/19d | OGH | 19.12.2019 |
Beisatz: Hier: Die Einschätzung, dass der Vertreiber von Nahrungsergänzungsmitteln, der in Vorträgen behauptet, Apotheken würden Gift verkaufen und dadurch Menschen töten, primär wirtschaftliche Eigeninteressen verfolgt und deshalb der Meinungsäußerungsfreiheit ein geringeres Gewicht zukommt, ist nicht korrekturbedürftig. (T7) |
4 Ob 138/22f | OGH | 22.11.2022 |
Beis wie T4; Beisatz: Hier: Dass das Aufzeigen von Marktmacht sowie das Ansprechen ihrer Ausübung an sich unzulässig wären, ließe sich letztlich auch mit einem angemessenen Verständnis des Grundrechts auf Freiheit der Meinungsäußerung nicht vereinbaren. (T8) |
4 Ob 124/23y | OGH | 20.02.2024 |
Beisatz wie T4<br/>nur: Auch die Anwendung der Unklarheitenregel ist am Grundrecht auf Freiheit der Meinungsäußerung zu messen. (T9) |
Dokumentnummer
JJR_20060620_OGH0002_0040OB00071_06D0000_001
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