OGH 6Ob218/08i

OGH6Ob218/08i15.1.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Gernot R*****, 2. Erika R*****, 3. ***** C***** GmbH, alle *****, vertreten durch Dr. Markus Singer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. Werner K*****, vertreten durch Dr. Maria Windhager, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 20.100 EUR) und Widerrufs (Streitwert 2.100 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 22. Juli 2008, GZ 1 R 101/08t-22, mit dem über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 18. März 2008, GZ 18 Cg 26/07y-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie insgesamt zu lauten haben:

„1. Das Klagebegehren, der Beklagte sei schuldig, es ab sofort zu unterlassen, im Zusammenhang mit dem Werbeauftrag im Volumen von rund 6,6 Mio EUR an die Drittklägerin betreffend die Promotion der Eurofighter die wörtliche und/oder sinngemäße Behauptung aufzustellen und/oder zu verbreiten, dass 100 Mio S in das politische System eingeschleust werden sollten und/oder zwei Drittel der Nachweise, wie die Gelder aus dem Werbe-Etat verwendet wurden, fehlen, sowie diese Behauptung gegenüber den Zusehern der Sendung „Offen gesagt" vom 4. 2. 2007, ORF 2, zu widerrufen, wird abgewiesen.

2. Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Beklagten die mit 5.995,38 EUR (darin 997,83 EUR Umsatzsteuer und 8,40 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Beklagten die mit 5.665,75 EUR (darin 570,61 EUR Umsatzsteuer und 2.242,10 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Erstkläger und Zweitklägerin sind jeweils selbstständig vertretungsbefugte geschäftsführende Gesellschafter der Drittklägerin, einer PR-Agentur („Werbeagentur"). Diese war früher unter anderem für die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) und das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) tätig. Die Kläger waren im Rahmen des „Eurofighter-Ankaufs", eines Beschaffungsvorgangs des österreichischen Bundesheers betreffend Kampfflugzeuge, aufgrund eines Werbevertrags mit dem Flugzeughersteller E***** tätig; der Gesamtetat dieses Vertrags belief sich auf rund 6,6 Mio EUR.

Der Erstkläger war Mitglied der FPÖ und Abgeordneter zum österreichischen Bundesrat. Außerdem war er von 1990 bis 2000 Bundesgeschäftsführer der FPÖ, danach einfaches Parteimitglied und in der Gründungsphase des BZÖ im Jahr 2005 kurzfristig interimistischer Koordinator. Die Zweitklägerin hat kein Naheverhältnis zu FPÖ oder BZÖ; sie gilt vielmehr als SPÖ-nahe. Sie ist die Ehegattin des Erstklägers.

Die Drittklägerin war gegründet worden, weil die bis dahin vom Erstkläger geleitete Agentur „M*****" Vertragspartner der FPÖ gewesen war und die Zweitklägerin ihre PR- und Marketingaktivitäten nicht über eine parteibetreuende Agentur abwickeln wollte. Die Drittklägerin war von E***** mit der Durchführung einer österreichweiten und flächendeckenden Werbekampagne für den Eurofighter beauftragt worden; ein Grund für die Erteilung des Auftrags gerade an die Drittklägerin waren die umfangreichen politischen Kontakte des Erstklägers.

Der Beklagte war im Jahr 2007 Budget-, Finanz- und Rechnungshofsprecher der politischen Partei Die Grünen und Abgeordneter zum österreichischen Nationalrat. Er war nicht nur Mitglied des Untersuchungsausschusses des Nationalrats zum Thema Beschaffung von Kampfflugzeugen („Eurofighter-Untersuchungsausschuss"), sondern auch Mitglied des weiteren Untersuchungsausschusses zum Thema Finanzmarktaufsicht, BAWAG, Hypo-Alpe-Adria und weitere Finanzdienstleister.

Im Rahmen der ORF-Sendung „Offen gesagt" vom 4. 2. 2007 zum Thema „Luftkampf um den Eurofighter" - wobei Gegenstand der Diskussion auch die Rolle der Kläger im Zusammenhang mit der Eurofighterbeschaffung war - äußerte der Beklagte auf die Frage des Moderators, ob man es so sehen könne, dass das Unternehmen des Erstklägers ursprünglich die Werbeagentur der FPÖ, später jene des BZÖ gewesen und der Erstkläger seit Jahren politisch in diesem Lager tätig sei, unter anderem: Man könne so sagen, die Geschichte gehe ganz einfach; die ersten Anbahnungsgespräche hätten schon 2001 stattgefunden; es sollten 100 Mio S „ins politische System eingeschleust werden"; dies sei keine Vermutung, weil es relativ deutlich sei, dass es sich bei der Drittklägerin um eine „parteinahe Firma", geradezu um eine Vorfeldorganisation der damaligen Freiheitlichen, nun eher der Orangen handle; es gehe jetzt darum, auf den Cent nachzuweisen, wie diese Gelder verwendet wurden; es fehlten ja zwei Drittel; und der Verdacht sei natürlich naheliegend, dass dann andere davon profitierten. Weiters warf der Beklagte in diesem Zusammenhang die Frage auf, weshalb der Erstkläger denn bis jetzt die Termine vor dem Untersuchungsausschuss verweigert habe. Er führte aus, man werde den Erstkläger noch einmal laden, und kündigte einen Antrag auf dessen polizeiliche Vorführung an.

Das Nettohonorar für die Werbekampagne für den Eurofighter betrug 6,6 Mio EUR. Dieser Betrag wurde zur Gänze für die Auftragsabwicklung verwendet; rund 2,4 Mio EUR entfielen dabei auf Einschaltungen in Medien. Bei einer bei der Drittklägerin durchgeführten Betriebsprüfung des zuständigen Finanzamts wurde unter anderem auch die Verwendung des Honorars für die E*****-Werbekampagne überprüft. Die Betriebsprüfung stellte fest, dass der bezahlte Betrag zur Gänze für die Auftragsabwicklung verwendet worden war.

Zum Zeitpunkt der Ausstrahlung der Sendung „Offen gesagt" hatten der Erstkläger und die Zweitklägerin noch nicht im „Eurofighter-Untersuchungsausschuss" ausgesagt. Der Beklagte wusste, dass das Honorar für die Werbekampagne 6,6 Mio EUR betragen hatte und dass der Wert der Inserate mit etwas über 2 Mio EUR zu bewerten war. Dies veranlasste ihn zu der Aussage, dass zwei Drittel der verwendeten Gelder nicht nachgewiesen werden können.

Die Kläger begehren - gestützt auf § 1330 Abs 1 und 2 ABGB - wie aus dem Spruch ersichtlich. Mit diesen Äußerungen habe der Beklagte bei den Zusehern der Sendung den unrichtigen Eindruck erweckt, die Kläger seien Beteiligte an einer Parteienfinanzierung gewesen bzw es würden nicht sämtliche Nachweise für die Verwendung der gesamten Werbeetatsumme vorhanden sein.

Der Beklagte hielt dem entgegen, seine Äußerungen seien vom unbefangenen Zuseher der Sendung so verstanden worden, dass die Kläger als Teil des politischen Systems einen Auftrag erhalten, die bestimmungsgemäße Verwendung des Geldes jedoch nicht nachgewiesen hätten, weshalb der dringend aufklärungsbedürftige Verdacht im Raum stehe, dass eine Parteienfinanzierung erfolgen solle; diese Äußerung sei weder ehrenbeleidigend noch kreditschädigend. Im Übrigen seien die Behauptungen auch wahr, weil nach den Ergebnissen des „Eurofighter-Untersuchungsausschusses" bloß ein Teil jener Geldsumme, die die Kläger von E***** erhalten hatten, nachweislich für Werbeinserate ausgegeben worden sei; der Verbleib der Restsumme sei hingegen nach wie vor ungeklärt. Der Erstkläger und die Zweitklägerin hätten sich dazu im Untersuchungsausschuss der Aussage enthalten.

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt. Sie verstanden die Äußerungen des Beklagten als Vorwurf der Beteiligung an einer strafbaren Handlung, nämlich der verdeckten Parteienfinanzierung; dem Durchschnittsbetrachter sei der Eindruck vermittelt worden, dass die als Honorar gezahlten Gelder nicht zur Gänze der (parteinahen) Drittklägerin, deren Gesellschafter Erst- und Zweitkläger sind, zugekommen, sondern über diese - auf dunklen Umwegen bzw Kanälen - politischen Funktionsträgern oder politischen Organisationen bzw Institutionen zugeflossen seien. Der Beklagte habe dabei eine konkludente Tatsachenmitteilung formuliert, sei doch die Äußerung, dass zwei Drittel fehlen, anhand von Buchhaltungs- und Steuerunterlagen überprüfbar. Da nach den Feststellungen das Nettohonorar für die Werbekampagne 6,6 Mio EUR betragen habe und dieser Betrag zur Gänze für die Auftragsabwicklung verwendet worden sei, wobei rund 2,4 Mio EUR auf Einschaltungen in Medien entfielen, nahmen die Vorinstanzen eine Verletzung sowohl von § 1330 Abs 1 ABGB als auch von § 1330 Abs 2 ABGB an. Das Berufungsgericht sprach darüber hinaus aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteigt, und ließ die ordentliche Revision nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Rechtslage verkannt hat; sie ist daher auch berechtigt.

1. Der Beklagte meint in seinem Rechtsmittel, er habe - für den Zuseher der Sendung, der hohes Bildungsniveau und politisches Interesse, die Fähigkeit und die Bereitschaft, sich mit einer kontroversiellen Diskussion auseinanderzusetzen, sowie Vorwissen gehabt habe - den Vorwurf der Einschleusung des Geldes in das politische System schon dadurch als verwirklicht angesehen, dass der Drittklägerin der Auftrag überhaupt erteilt worden sei; den Vorwurf, dass das Geld auf dunklen Umwegen bzw Kanälen politischen Funktionsträgern oder politischen Organisationen bzw Institutionen zugeflossen sei, habe er „bewusst" nicht erhoben. Er könne sich daher auf die Unklarheitenregel berufen, wobei nach der Rechtsprechung des EGMR (MR 2001, 89; MR 2002, 149 [Unabhängige Initiative Informationsvielfalt]) und des Obersten Gerichtshofs sowohl in zivilrechtlicher (4 Ob 71/06d; 4 Ob 98/07a MR 2007, 355) als auch in strafrechtlicher (15 Os 6/08h; 11 Os 124/07f) Hinsicht in Zweifelsfällen der Begriff der Tatsache enger, jener der Meinung weiter zu verstehen, ein zulässiges Werturteil zu bejahen und im Rahmen der Unklarheitenregel von der für den Beklagten günstigsten Variante auszugehen sei.

1.1. Der Oberste Gerichtshof hat in der zu § 1330 ABGB ergangenen Entscheidung 4 Ob 71/06d ausgeführt, auch die Anwendung der Unklarheitenregel sei am Grundrecht der Meinungsfreiheit zu messen; liege die Annahme eines bestimmten Tatsachenkerns nahe, der wahr ist und die damit verbundenen Werturteile als nicht exzessiv rechtfertigt, müsse die entfernte Möglichkeit einer den Kläger noch stärker belastenden Deutung unbeachtlich bleiben. In den (wettbewerbsrechtlichen) Entscheidungen 4 Ob 98/07a und 4 Ob 236/07w ergänzte der 4. Senat diese Rechtsprechung dahin, dass das Grundrecht auf Meinungsfreiheit es ausschließe, eine entferntere, bloß mögliche Deutung der beanstandeten Formulierungen zur Ermittlung des für ihre rechtliche Beurteilung relevanten Tatsachenkerns heranzuziehen.

1.2. Der Tatsachenkern des vom Beklagten erhobenen Vorwurfs bestand im vorliegenden Verfahren darin, dass es sich bei der Drittklägerin geradezu um eine Vorfeldorganisation der damaligen Freiheitlichen, nun eher der Orangen handle, dass der Erstkläger bislang ein Erscheinen vor dem „Eurofighter-Untersuchungsausschuss" mehrmals verweigert habe und dass Nachweise für die tatsächliche Verwendung von rund zwei Drittel der von E***** bezahlten 100 Mio S fehlten. Dieser Tatsachenkern ist auch wahr bzw konnte der Beklagte zum damaligen Zeitpunkt davon ausgehen, haben doch auch die Vorinstanzen festgestellt, von den rund 6,6 Mio EUR seien (lediglich) rund 2,4 Mio EUR auf Einschaltungen in Medien entfallen, was dem Beklagten auch bekannt gewesen sei. Gerade deshalb betonte er ja auch in diesem Zusammenhang, es gehe nunmehr darum, „das auf den Cent nachzuweisen, wie diese Gelder verwendet wurden."

1.3. Richtig ist, dass der Beklagte außerdem äußerte, es sollten 100 Mio S „ins politische System geschleust" werden. Allerdings verband er diese Äußerung ausdrücklich damit, dass diesbezüglich (lediglich) ein Verdacht bestehe. Dass die als Honorar gezahlten Gelder nicht zur Gänze der (parteinahen) Drittklägerin, deren Gesellschafter Erst- und Zweitkläger sind, zugekommen, sondern „über diese - auf dunklen Umwegen bzw Kanälen - politischen Funktionsträgern oder politischen Organisationen bzw Institutionen zugeflossen" seien, wie das Berufungsgericht meinte, ist den Äußerungen des Beklagten mit dieser Deutlichkeit hingegen nicht zu entnehmen. Im Sinne der eingangs wiedergegebenen Rechtsprechung kann davon auch nicht ausgegangen werden.

2. Der Beklagte weist in seinem Rechtsmittel außerdem darauf hin, er habe keine Tatsachenbehauptung aufgestellt, sondern ein Werturteil in Form eines politischen Kommentars abgegeben.

§ 1330 ABGB schützt die Ehre von Personen, also ihre Personenwürde (Abs 1) und ihren Ruf (Abs 2). Abs 1 sanktioniert Ehrenbeleidigungen, die zugleich Tatsachenbehauptungen sein können, Abs 2 hingegen nur unwahre rufschädigende Tatsachenbehauptungen, nicht jedoch Werturteile (Danzl in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB² [2007] § 1330 Rz 2 mwN). Das Recht auf freie Meinungsäußerung deckt unwahre Tatsachenbehauptungen nicht. Daher dürfen auch Werturteile, die konkludente Tatsachenbehauptungen sind, nicht schrankenlos geäußert werden; allerdings sind angesichts der heutigen Reizüberflutung selbst überspitzte Formulierungen unter Umständen hinzunehmen, soweit kein massiver Wertungsexzess vorliegt (Danzl aaO Rz 3 mwN). Ob durch eine Äußerung Tatsachen verbreitet werden oder eine wertende Meinungsäußerung vorliegt, richtet sich nach dem Gesamtzusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck für den unbefangenen Durchschnittsadressaten. Wesentlich ist, ob sich ihr Bedeutungsinhalt auf einen Tatsachenkern zurückführen lässt, der einem Beweis zugänglich ist, sodass sie nicht nur subjektiv angenommen oder abgelehnt, sondern als richtig oder falsch beurteilt werden kann (6 Ob 295/03f MR 2005, 371 mwN; 6 Ob 159/06k MR 2006, 362 [Korn]). Die Ermittlung ihres Bedeutungsinhalts ist im Allgemeinen eine Rechtsfrage, die von den näheren Umständen des Einzelfalls, insbesondere der konkreten Formulierung und dem Zusammenhang, in dem sie geäußert wurde, abhängt (6 Ob 160/99v; 6 Ob 159/06k).

Dabei ist außerdem die ständige Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0054817, RS0115541, RS0082182) zu berücksichtigen, wonach bei Politikern die Grenzen erheblich weiter gezogen werden als bei Privatpersonen (vgl die konkreten Beispiele aus der Rechtsprechung bei Danzl aaO Rz 3). Der Politiker muss ein größeres Maß an Toleranz zeigen, und zwar insbesondere dann, wenn er selbst öffentlich Ankündigungen tätigt, die geeignet sind, Kritik auf sich zu ziehen (6 Ob 83/04f MR 2004, 325 mwN; 6 Ob 159/06k).

Dass das in der Sendung „Offen gesagt" angesprochene Thema „Eurofighter-Anschaffung" ein Thema der politischen Auseinandersetzung zwischen den Parteien der politischen Landschaft Österreichs zumindest im Jahr 2007 gewesen ist, bedarf keiner weiteren Erörterung und ist gerichtsnotorisch. In diese Auseinandersetzung waren auch die Parteien dieses Verfahrens maßgeblich involviert. Vor diesem Hintergrund überschreitet aber der von den Vorinstanzen angenommene Bedeutungsinhalt der Äußerungen des Beklagten, dieser habe den Klägern den Vorwurf der Beteiligung an einer strafbaren Handlung, nämlich der verdeckten Parteienfinanzierung, gemacht, insbesondere dann die Auslegungsgrenzen, wenn - wie dargestellt - von Politikern (wozu auch der Erstkläger gehört) ein größeres Maß an Toleranz verlangt wird. Ein massiver Wertungsexzess liegt jedenfalls nicht vor (vgl in diesem Sinn bereits 6 Ob 159/06k zum angeblichen Vorwurf des Amtsmissbrauchs).

3. Geht man daher zusammengefasst davon aus, dass die Äußerungen des Beklagten restriktiv auszulegen sind, die Kläger als public figures ein größeres Maß an Toleranz aufbringen müssen und der Beklagte seine Äußerungen als Verdacht formulierte, dem der Untersuchungsausschuss nachzugehen haben werde, ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen eine Verletzung von § 1330 Abs 1 oder 2 ABGB nicht anzunehmen.

Das Klagebegehren war somit abzuweisen.

4. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet sich auf § 41 ZPO, jene über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf §§ 41, 50 ZPO. Kosten für die im Verfahren erster Instanz gestellten Vertagungsanträge des Beklagten waren - unabhängig von ihrer konkreten Begründung - nicht zu honorieren, lagen doch die Ursachen jeweils in der Sphäre des Beklagten (vgl die Nachweise bei Obermaier, Kostenhandbuch [2005] Rz 169).

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