Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss, der in seinem bestätigenden Teil rechtskräftig geworden ist, wird im Übrigen dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts zur Gänze wiederhergestellt wird. Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit 2.464,02 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 410,67 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Klägerin ist die Archivdienstleisterin einer großen deutschen Tageszeitung. Sie stellt auch anderen Medien gegen Entgelt Bild- und Textmaterial zur Verfügung. Zu ihrem Angebot gehören Fotos, die Vorgänge in Konzentrations- und Vernichtungslagern des NS-Regimes darstellen.
Der Beklagte ist Herausgeber und Chefredakteur des Onlinemagazins „m*****", das über die Internetadresse „www.m *****.info" abrufbar ist. Die Redaktion hat ihren Sitz in Wien.
Der Beklagte veröffentlichte auf seiner Website zwei Artikel, in denen er die gewerbsmäßige Verwertung von KZ-Fotos scharf kritisierte. Einige dieser Fotos seien nicht in der Nazizeit aufgenommen, sondern später nachgestellt worden. Die Anbieter solcher Fotos, darunter die Klägerin, seien „verantwortungslose Geschäftemacher", die mit „echten und falschen Fotos des Holocaust" aus „Profitsucht" gewinnbringende Geschäfte machten. Durch die Verbreitung der Fotos hätten Millionen Menschen Texte und Bilder zum Vernichtungslager Auschwitz präsentiert bekommen, die nachweislich nicht von dort stammten und „letztendlich denjenigen Nahrung verschaffen, die auch heute noch den Holocaust verleugnen und von der 'Auschwitz-Lüge' sprechen." Medien, die solche Bilder veröffentlichten, hätten grundlegende Regeln der journalistischen Sorgfalt verletzt.
Tatsächlich waren einige der von der Klägerin angebotenen Fotos nachgestellt, ohne dass das dokumentiert gewesen wäre. Es steht nicht fest, dass die Klägerin davon schon vor den Artikeln des Beklagten wusste.
Vor der Veröffentlichung des ersten Artikels hatte sich der Beklagte bei einer Mitarbeiterin der Klägerin nach den Preisen von Lichtbildern erkundigt. Dabei erhielt er - nicht speziell auf die strittigen Fotos bezogen - die Auskunft, dass eine Lizenz je nach beabsichtigter Verwendung zwischen 50 und 100.000 EUR koste. Diese Aussage zitierte der Beklagte speziell für die Holocaust-Bilder. Die Lizenzgebühr für deren Aufnahme in sein Onlinemagazin hätte allerdings für ein Jahr nur 128 EUR pro Bild betragen. Mit ihrer Unterlassungsklage begehrt die Klägerin, dem Beklagten zu verbieten, auf sie bezogene Äußerungen wie "verantwortungslose Geschäftemacher", "Profitsucht", "gewinnbringende Geschäfte mit dem Elend von Millionen Menschen und Opfern", "Geilheit der Medien auf Bilder", "Stillen von perversen Gelüsten", "das Bild kostet bis zu EUR 100.000", "die m***** erhalten keine Bilder", "Einschränkung der Pressefreiheit" und „andere derartige ehrenbeleidigende und rufschädigende Äußerungen" öffentlich (insbesondere auf der Website www.m *****.info) zu tätigen. Weiters soll dem Beklagten verboten werden, den Namen einer Mitarbeiterin der Klägerin in Zusammenhang mit diesen Äußerungen zu nennen und Aufzeichnungen von Telefongesprächen mit der Klägerin zu veröffentlichen. Im ansonsten inhaltsgleichen Sicherungsbegehren beantragt die Klägerin auch die Unterlassung der Formulierung „Geschäftemacher". Bei der Bemessung des Lizenzentgelts komme es nicht auf die Kategorie des Fotos an, sondern auf Dauer und Art der Nutzung. Das Lizenzentgelt für „Kriegsbilder" sei nicht höher als für Bilder aus Politik, Wirtschaft und Sport. Der Beklagte behaupte, dass die Klägerin möglicherweise über Jahrzehnte gewinnbringende Geschäfte mit dem Elend von Millionen Menschen gemacht habe. Damit bringe er sie in die Nähe der Täter des Holocaust. Die beanstandeten Formulierungen seien eine Ehrenbeleidigung iSv § 1330 Abs 1 ABGB und eine Kreditschädigung iSv § 1330 Abs 2 ABGB. Weiters seien sie geeignet, die Klägerin im Wettbewerb zu schädigen (§ 7 UWG).
Der zur Äußerung aufgeforderte Beklagte beteiligte sich nicht wirksam am erstinstanzlichen Verfahren.
Das Erstgericht wies den Antrag ab. Tatsachenkern der beanstandeten Formulierungen sei, dass die Klägerin falsch deklarierte Fotos gegen Entgelt zur Verfügung gestellt habe. Das treffe zu. Werturteile könnten nach § 1330 Abs 2 ABGB nicht bekämpft werden. Kritik, die sich an konkreten Vorwürfen orientiere, sei zulässig. Das Recht auf freie Meinungsäußerung habe in diesem Fall „trotz vielleicht exzessiver Wertung" Vorrang. Unterlassungsansprüche zugunsten einer Mitarbeiterin könne die Klägerin nicht geltend machen. Das Rekursgericht verbot dem Beklagten die auf die Klägerin bezogene Äußerung, Geschäftemacher würden mit echten oder nachgestellten Bildern des Holocaust aus Profitsucht viel Geld bzw gewinnbringende Geschäfte machen, und andere derartige Äußerungen. Das Mehrbegehren wies es unbekämpft ab. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit über 20.000 EUR und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Die beanstandeten Artikel enthielten einerseits Vorwürfe gegen Medien (Sensationsgeilheit etc), die sich nicht gegen die Klägerin richteten. Andererseits werde Bildagenturen, also auch der Klägerin, der Vorwurf der Geschäftemacherei mit dem Holocaust gemacht. Die Formulierungen vermittelten den Eindruck, dass die Klägerin gewusst habe, dass einige Bilder nachgestellt seien, und dass sie dafür - in Anbetracht der Fälschung - überhöhte Preise verlangt habe. Der Klägerin werde also bewusste unseriöse Geschäftemacherei vorgeworfen. Dieser auf einem Tatsachenkern gründende Vorwurf der Unredlichkeit verwirkliche sowohl den Tatbestand von § 1330 Abs 1 als auch von § 1330 Abs 2 ABGB. Der Beklagte müsse daher nachweisen, dass die Klägerin von der Nachstellung der Fotos gewusst habe. Das sei ihm nicht gelungen. Weiters sei es nicht wahr, dass die konkreten Fotos 100.000 EUR gekostet hätten. Die Klage richte sich im Kern gegen den Vorwurf unseriöser Geschäftspraktiken, insofern sei sie berechtigt. Eine Prüfung nach § 7 UWG könne unterbleiben. Der Spruch sei unter Bezugnahme auf konkrete Aussagen in den Artikeln zu formulieren. Der Vorwurf unseriöser Geschäftspraktiken sei schon in der Bezeichnung „Geschäftemacher" (nicht erst: "verantwortungslose Geschäftemacher") gelegen; daher sei auch diese Formulierung zu verbieten. Das Mehrbegehren sei abzuweisen. Einige der weiters beanstandeten Aussagen (zB ein Bild koste bis zu 100.000 EUR) dienten nur zur Untermauerung des ohnehin verbotenen Vorwurfs unseriöser Geschäftspraktiken, andere (zB Sensationsgeilheit) beträfen nicht die Klägerin, sondern ihre Kunden (Medien). Persönlichkeitsrechte einer Mitarbeiterin könne die Klägerin nicht geltend machen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen den abändernden Teil dieses Beschlusses erhobene Revisionsrekurs des Beklagten ist zulässig, weil der Vorwurf der Geschäftemacherei mit dem Holocaust Bedeutung über den Einzelfall hinaus hat. Er ist auch berechtigt.
1. Die Redaktion des vom Beklagten herausgegebenen Onlinemagazins befindet sich in Wien. Das schädigende Verhalten wurde somit in Österreich gesetzt. Daher ist nach § 48 Abs 1 Satz 1 IPRG jedenfalls für Ansprüche nach § 1330 ABGB österreichisches Recht anzuwenden. Die Ausweichklausel des § 48 Abs 1 Z 2 IPRG führt zu keinem anderen Ergebnis. Da sich die Artikel zumindest auch an österreichische Leser richten, besteht ungeachtet der möglichen Auswirkungen auch in Deutschland (RIS-Justiz RS0077491) keine insgesamt stärkere Beziehung zum deutschen Recht. Somit ist österreichisches Recht anwendbar. Die Frage, ob sich das (auch) unmittelbar aus § 20 ECG ergibt, braucht daher nicht geprüft werden (vgl dazu Verschraegen in Rummel3, § 48 IPRG Rz 81 ff).
Für wettbewerbsrechtliche Ansprüche sieht § 48 Abs 2 IPRG eine Anknüpfung am Wirkungsort vor. Soweit es um Auswirkungen in Deutschland geht, ist daher deutsches Wettbewerbsrecht maßgeblich; im Übrigen ist auch hier österreichisches Recht anzuwenden (RIS-Justiz RS0108398). Da der Unterlassungsanspruch weder nach deutschem noch nach österreichischem Wettbewerbsrecht begründet ist (unten 2.), können Erwägungen zur allfälligen Bedeutung von § 20 ECG auch hier unterbleiben.
2. Der Anspruch kann nicht auf österreichisches oder deutsches Wettbewerbsrecht gestützt werden.
Voraussetzung für die Anwendung von § 7 öUWG wäre ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs. Das erfordert die Absicht, den eigenen oder fremden Wettbewerb zum Nachteil eines Mitbewerbers zu fördern (RIS-Justiz RS0077780). Der Beklagte bietet aber nach dem bescheinigten Sachverhalt keine Medieninhalte an; es ist auch nicht erkennbar, dass er den Kundenstock der Klägerin anderen Anbietern zuführen wollte. Vielmehr kritisiert er den Handel mit solchen Bildern ganz generell (vgl 4 Ob 2118/96s = SZ 69/116 - Webpelz II). Das wettbewerbsrechtliche Vorbringen der Klägerin beschränkt sich auf auf die Behauptung, dass die „objektiv" wettbewerbsschädigenden Äußerungen „subjektiv" von der Wettbewerbsabsicht des Beklagten getragen gewesen seien. Damit hat sie keine Tatsachenbehauptungen zu dieser Absicht aufgestellt.
Diese Argumentation gilt auch für das Anschwärzungsverbot nach § 4 Nr 8 dUWG. Auch diese Bestimmung setzt ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs voraus (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht24, § 4 UWG Rz 8.11 mwN).
3. Die strittige Äußerung ist daher ausschließlich nach § 1330 ABGB zu beurteilen. Es handelt sich dabei um eine wertende Kritik (auch) an der Klägerin, die auf einer konkret genannten Tatsachengrundlage beruht. Das Rekursgericht hat richtig erkannt, dass in einem solchen Fall eine zweistufige Prüfung erforderlich ist: Zunächst ist festzustellen, auf welchen Tatsachenkern sich die Kritik bezieht. Ist dieser Tatsachenkern wahr, so könnte die Äußerung wegen der grundrechtlich geschützten Freiheit der Meinungsäußerung (Art 10 EMRK) nur bei einem Wertungsexzess verboten werden (RIS-Justiz RS0054817). Hat ein Werturteil demgegenüber keine wahre Tatsachengrundlage, so ist es nicht von Art 10 EMRK geschützt. Denn auch wertende Äußerungen sind nur auf der Grundlage eines im Kern wahren Sachverhalts zulässig (RIS-Justiz RS0107915, RS0032201, RS0054817 T12, T20; zuletzt etwa 6 Ob 273/05y und 6 Ob 11/06w). In diesem Fall begründet jede formal beleidigende Äußerung einen Unterlassungsanspruch (vgl RIS-Justiz RS0085175).
Ist die beanstandete Äußerung nicht nur Tatsachenbehauptung iSv § 1330 Abs 2 ABGB, sondern auch Ehrenbeleidigung iSv § 1330 Abs 1 ABGB, obliegt der Wahrheitsbeweis dem Beklagten (RIS-Justiz RS0031798). Ergibt sich aber schon aus dem vom Kläger bescheinigten Sachverhalt, dass die Behauptungen des Beklagten wahr sind, dann ist das jedenfalls zu berücksichtigen (4 Ob 6/93 = MR 1993, 101 - Rechnungshofpräsident).
4. Zu ermitteln ist daher zunächst der Tatsachenkern der beanstandeten Äußerungen.
4.1. Nach Auffassung des Rekursgerichts wirft der Beklagte der Klägerin das bewusste Verbreiten nachgestellter Fotos vor. Diese Auffassung wird nun auch von der Klägerin vertreten, in erster Instanz hatte sie sich noch nicht darauf gestützt. Der Beklagte müsste somit nachweisen, dass die Klägerin gewusst hatte, dass die strittigen Fotos nach Kriegsende nachgestellt worden waren. Für den Beklagten besteht der Tatsachenkern demgegenüber nur in der - wahren - Behauptung, dass die Klägerin mit echten und nachgestellten Holocaust-Fotos gut verdiene.
4.2. Für die Ermittlung des relevanten Tatsachenkerns ist entscheidend, wie die Aussagen im Gesamtzusammenhang von einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Personen bei ungezwungener Auslegung verstanden werden (RIS-Justiz RS0031883). Bei mehrdeutigen Äußerungen muss der Beklagte die für ihn ungünstigere Auslegung gelten lassen (RIS-Justiz RS0079648). Werden diese Grundsätze beachtet, so ist die Frage, ob der Tatsachenkern enger oder weiter zu ziehen ist, wegen ihrer Einzelfallbezogenheit in der Regel nicht erheblich iSv § 528 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0113640).
4.3. Im konkreten Fall hat das Rekursgericht aber seinen Beurteilungsspielraum überschritten. Ein ausdrücklicher Vorwurf der wissentlichen Vermarktung findet sich in keinem der beiden Artikel.
Er lässt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang ableiten: Der Beklagte wendet sich im ersten Artikel zunächst gegen die Vermarktung von Holocaust-Bildern als solche. Dann behauptet er, dass einige dieser Bilder nachgestellt seien, ohne dass dies dokumentiert worden wäre. Dem Nachweis dieses Umstands widmet er den Hauptteil seiner Ausführungen. Darauf folgt - zunächst ohne Differenzierung zwischen Archivdienstleistern und Medien - der Vorwurf mangelnder Sorgfalt. Zuletzt wendet sich der Beklagte speziell gegen Journalisten, die die Echtheit der Fotos nicht nachgeprüft hätten. Der zweite Artikel stellt im Wesentlichen die durch den ersten Beitrag ausgelöste Kontroverse mit der Klägerin dar.
Der Beklagte macht der Klägerin zwar subjektive Vorwürfe. Diese Vorwürfe beziehen sich aber zunächst auf das Handeln mit Holocaust-Bildern als solches. Schon das ist im Gesamtzusammenhang als „Geschäftemacherei" zu verstehen. Der zweite subjektive Vorwurf ist mangelnde Sorgfalt in Bezug auf nachgestellte Bilder. Damit wird die Geschäftemacherei „verantwortungslos". Für beides wird als Motiv „Profitsucht" unterstellt. Daraus ergibt sich aber bei ungezwungener Auslegung noch nicht der konkrete - noch viel schwerer wiegende - Vorwurf, die Klägerin habe vom Nachstellen der Fotos gewusst.
4.4. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass einzelne Lesern aus den Artikeln - wie das Rekursgericht - (auch) den Vorwurf der Wissentlichkeit ableiten. Das allein kann aber noch nicht ausreichen, den für die Anwendung von § 1330 ABGB relevanten Tatsachenkern so weit zu ziehen. Denn auch die Anwendung der Unklarheitenregel (RIS-Justiz RS0079648) ist am Grundrecht auf Freiheit der Meinungsäußerung zu messen. Liegt die Annahme eines bestimmten Tatsachenkerns nahe, der - wie hier - wahr ist (unten 5.) und die damit verbundenen Werturteile als nicht exzessiv rechtfertigt (unten 6.), so muss die entfernte Möglichkeit einer die Klägerin noch stärker belastenden Deutung unbeachtlich bleiben. Wenn auch entferntere Deutungsvarianten relevant wären, würde das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung in unzulässiger Weise eingeschränkt.
5. Relevanter Tatsachenkern ist somit die Behauptung, die Klägerin verdiene an der Vermarktung von echten und nachgestellten Holocaust-Bildern. Die Klägerin hat das letztlich nicht bestritten. Sie führt schon in der Klage aus, dass es bei den Lizenzentgelten keinen Unterschied zwischen Holocaust- und anderen Fotos gebe. Nach den Feststellungen des Erstgerichts hat aber eine Mitarbeiterin der Klägerin für die Nutzung von Fotos - abhängig von Art und Dauer - ein Entgelt von bis zu 100.000 EUR genannt. Damit steht fest, dass auch Holocaust-Bilder einen solchen Preis haben können und von der Klägerin somit durchaus gewinnbringend vermarktet werden. Dass die konkrete Lizenz für das Onlinemagazin des Beklagten wesentlich günstiger gewesen wäre, ändert nichts an der grundsätzlichen Richtigkeit dieser Behauptung. Unbestritten ist auch, dass einzelne Fotos nachgestellt waren und dass die Klägerin nicht auf diesen Umstand hingewiesen hatte. Der Tatsachenkern ist daher wahr.
6. Aus diesem Grund bestünde ein Unterlassungsanspruch nur dann, wenn die Formulierungen des Beklagten ein Wertungsexzess wären. Ob das der Fall ist, hängt von der Bedeutung des Themas ab, zu dem die Kritik geäußert wurde (6 Ob 244/02d = ecolex 2004, 446).
Die Verurteilung der Verbrechen des NS-Regimes ist ein wesentliches Element des gesellschaftlichen Konsenses in Österreich und Deutschland. In Österreich zeigt sich das insbesondere in den im Verfassungsrang stehenden Vorschriften des Verbotsgesetzes (insb § 3h VerbotsG). Umgekehrt ist die Relativierung dieser Verbrechen ein Kernpunkt der revisionistischen Geschichtsschreibung, die sich wissenschaftlich gibt und daher um so gefährlicher ist. Der Beklagte zeigt völlig zutreffend auf, dass die Verwendung bedenklicher Quellen jenen in die Hände spielt, die auch unter Hinweis auf diesen Umstand historische Tatsachen leugnen oder verharmlosen. Dieser Zusammenhang muss spätestens seit den Diskussionen um die vom Hamburger Institut für Sozialforschung veranstaltete „Wehrmachtsausstellung" als allgemein bekannt angesehen werden.
Die Echtheit von Quellen zu den Verbrechen des Nationalsozialismus ist daher eine Frage von höchster gesellschaftlicher Bedeutung. An die Sorgfalt aller Beteiligten, also auch von Archivdienstleistern, sind aus diesem Grund hohe Anforderungen zu stellen. Das gilt um so mehr, als auch bei echten Quellen die gewinnbringende Verwertung in vertretbarer Weise als moralisch bedenklich angesehen werden kann, und zwar jedenfalls dann, wenn darin - wie hier - das Leid von Opfern drastisch abgebildet ist.
Diese Erwägungen rechtfertigen eine deutliche Kritik, wenn - wie hier - objektiv bedenkliche Quellen gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden. Auch die Klägerin muss es daher hinnehmen, dass ihre offenkundig mangelnde Sorgfalt mit klaren Worten kritisiert wird. Die strittigen Formulierungen wie „Geschäftemacherei" und „Profitgier" sind auf dieser Grundlage kein Wertungsexzess.
7. Aus diesen Gründen war die Entscheidung des Erstgerichts zur Gänze wiederherzustellen. Die im Rechtsmittel angesprochene weitere Frage, ob das Klagebegehren auf Unterlassung der Formulierung „verantwortungslose Geschäftemacher" auch das (wohl weiter gehende) Verbot der Formulierung „Geschäftemacher" rechtfertigt, ist nicht entscheidungserheblich.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Der Beklagte hat im Sicherungsverfahren zur Gänze obsiegt und daher Anspruch auf vollen Ersatz seiner Rechtsmittelkosten. Im Revisionsrekursverfahren war allerdings wegen der rechtskräftig gewordenen Teilabweisung nur mehr etwa die Hälfte des ursprünglichen Sicherungsanspruchs strittig. Hier beträgt die Bemessungsgrundlage daher nur 17.500 EUR.
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