OGH 7Ob635/92; 1Ob639/92; 4Ob513/93 (RS0075871)

OGH7Ob635/92; 1Ob639/92; 4Ob513/9328.6.2023

Rechtssatz

Eine Beschränkung der körperlichen Bewegungsfreiheit liegt immer dann vor, wenn es einer Person unmöglich gemacht wird, ihren Aufenthalt nach ihrem freien Willen zu verändern. Die ständige Abhängigkeit der freien Aufenthaltsveränderung vom Willen eines anderen stellt bereits die Beschränkung der Bewegungsfreiheit her. Das Fehlen des für eine Beaufsichtigung im offenen Bereich erforderliche Personal darf niemals zu Einschränkungen der Bewegungsfreiheit führen, welche nur unter den Voraussetzungen des UbG zulässig sind.

Normen

UbG §2
UbG §33
HeimAufG §3

7 Ob 635/92OGH26.11.1992
1 Ob 639/92OGH15.12.1992

nur: Eine Beschränkung der körperlichen Bewegungsfreiheit liegt immer dann vor, wenn es einer Person unmöglich gemacht wird, ihren Aufenthalt nach ihrem freien Willen zu verändern. Die ständige Abhängigkeit der freien Aufenthaltsveränderung vom Willen eines anderen stellt bereits die Beschränkung der Bewegungsfreiheit her. (T1)

4 Ob 513/93OGH09.03.1993

Auch

1 Ob 584/93OGH25.08.1993

Auch; Beisatz: Es kommt nur darauf an, ob der Kranke nach den konkreten Verhältnissen den Bereich, in dem er sich aufhält, aufgrund seiner freien Entscheidung verlassen kann oder nicht; ob er sich dessen bewusst ist, ist nicht maßgeblich. (T2)

5 Ob 571/93OGH22.02.1994

Vgl aber; nur T1; Beisatz: Das (generelle) Absperren der Stationstüre zur Nachtzeit bewirkt keine Unterbringung im Sinne des § 2 UbG. (T3)

7 Ob 2423/96sOGH29.01.1997

Vgl; nur T1; Beisatz: Es kann nicht entscheidend sein, ob diese Beschränkung durch physische Zwangsmaßnahmen wie Einsperren oder Festbinden des Patienten oder durch pharmakologische Beeinflussung erfolgt, die eine massive Beschränkung der Bewegungsfreiheit bezweckte. Auch stark sedierende Mittel haben zur Folge, dass der Patient nicht mehr in der Lage ist, sich nach seinem freien Willen örtlich zu verändern. (T4) <br/>Veröff: SZ 70/16

10 ObS 183/97bOGH08.07.1997

Ähnlich; Beisatz: Durch das Angurten einer Person an einen Sessel oder Rollstuhl wird diese zweifellos in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. (T5) <br/>Veröff: SZ 70/130

2 Ob 347/97mOGH20.11.1997

nur: Eine Beschränkung der körperlichen Bewegungsfreiheit liegt immer dann vor, wenn es einer Person unmöglich gemacht wird, ihren Aufenthalt nach ihrem freien Willen zu verändern. (T6)<br/>Beis wie T2 nur: Es kommt nur darauf an, ob der Kranke nach den konkreten Verhältnissen den Bereich, in dem er sich aufhält, aufgrund seiner freien Entscheidung verlassen kann oder nicht. (T7)<br/>Beisatz: Wann eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit vorliegt, ist anhand der konkreten Verhältnisse des betroffenen Patienten zu beurteilen. (T8)<br/>Beisatz: Durch das Festhalten, Ausziehen und Baden einer Person wird diese erheblich in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. (T9)

6 Ob 198/02iOGH12.09.2002

Auch; Beis wie T2

7 Ob 305/05mOGH25.01.2006

Vgl auch

8 Ob 121/06mOGH18.12.2006

Auch; nur T1; Beisatz: Das Versperrthalten der Eingangstür einer Pflegeeinrichtung während des Tages (6 - 22 Uhr) stellt daher auch dann eine Freiheitsbeschränkung iSd HeimAufG dar, wenn der Bewohner einen Betreuer ersuchen kann, ihm die Tür zu öffnen. Dass eine alternative Möglichkeit besteht, die Einrichtung zu verlassen (hier: über eine „Balkontür" und durch den Garten) ändert daran jedenfalls dann nichts, wenn der Bewohner - wie hier - auf Grund seiner psychischen Erkrankung diese Möglichkeit nicht kennt und ihm jegliches Bewusstsein für diese Möglichkeit fehlt. (T10)<br/>Beisatz: Im Versperrthalten der Eingangstür in der Nacht (22 - 6 Uhr) kann hingegen keine unzulässige Freiheitsbeschränkung erblickt werden. Selbst in der Nacht muss jedenfalls aber die Möglichkeit gegeben sein, die Einrichtung kontrolliert zu verlassen. (T11)<br/>Veröff: SZ 2006/186

4 Ob 149/09dOGH19.11.2009

Vgl; Beisatz: Dass eine alternative Möglichkeit besteht, die Einrichtung zu verlassen, ändert an einer Freiheitsbeschränkung dann nichts, wenn der Bewohner aufgrund seiner psychischen Erkrankung diese Möglichkeit nicht kennt und ihm jegliches Bewusstsein für diese Möglichkeit fehlt. (T12)<br/>Beisatz: Die Verringerung des Anreizes, den normalen Aufenthaltsbereich zu verlassen ist anders als die Lenkung dementer Personen mit einem für sie nicht zu überwindenden Labyrinth oder der Anbringung schwerer Türen, die von dem Betroffenen nicht mehr geöffnet werden können, keine Unterbindung der Ortsveränderung. (T13)

7 Ob 57/13bOGH17.04.2013

Vgl; Beisatz: Die Entscheidung, ob eine in einer Krankenanstalt hinsichtlich eines Minderjährigen gesetzte Beschränkung der Bewegungsfreiheit wegen Fremdgefährdung als eine Maßnahme im Rahmen der Pflege und Erziehung oder als Unterbringung zu beurteilen ist, hängt naturgemäß von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. (T14)<br/>Beisatz: Ob eine einheitliche Unterbringung oder Einzelmaßnahmen gesetzt werden, ist ebenfalls von den konkreten Umständen des jeweiligen Falls abhängig. (T15)

7 Ob 173/13mOGH02.10.2013

Beisatz: Ist von vornherein die Transferierung von der geschlossenen auf eine offene Abteilung desselben Spitals nur kurzfristig (hier: ausschließlich zur Durchführung einer medizinischen Behandlung unter Aufrechterhaltung der psychiatrischen Betreuung) geplant, kann nicht davon gesprochen werden, dass der Kranke seine Bewegungsfreiheit wiedererlange. (T16)<br/>Veröff: SZ 2013/90

7 Ob 42/14yOGH22.04.2014

Auch; nur T6

7 Ob 209/13fOGH07.05.2014

Auch; Beisatz: Das Anlegen einer Zwangsjacke wäre, weil der Bewohner keine Ortsveränderung vornehmen kann, grundsätzlich als freiheitsbeschränkende Maßnahme zu qualifizieren. (T17)<br/>Beisatz: Das Anlegen eines am Rücken verschließbaren Overalls ist zwar eine merkbare Einschränkung, weil der Bewohner den Overall nicht ausziehen und sich an den betreffenden Körperteilen nicht unmittelbar berühren kann, aber keine Freiheitsbeschränkung im Sinne des § 3 Abs 1 HeimAufG, weil Ortsveränderungen des Bewohners hierdurch nicht unterbunden werden. (T18)

7 Ob 134/14bOGH29.10.2014

Auch; Beisatz: Eine Freiheitsbeschränkung liegt dann vor, wenn es einer Person unmöglich gemacht wird, ihren Aufenthalt nach ihrem freien Willen zu verändern. (T19)<br/>Veröff: SZ 2014/101<br/>

7 Ob 135/14zOGH29.10.2014

Auch; nur T6; Beis wie T19

7 Ob 21/16pOGH06.04.2016

Auch; nur T6; Beisatz: Hier: Medikamente und Fixierung auf Rollstuhl. (T20)

7 Ob 205/16xOGH09.11.2016

Auch; nur T6; Beis wie T19; Beisatz: Die bloße ärztliche Anordnung eines eine Freiheitsbeschränkung herbeiführenden Medikaments (vgl § 5 Abs 1 HeimAufG) unter bestimmten Voraussetzungen ohne dessen tatsächliche Verabreichung (Bedarfsmedikation) ist für sich allein noch keine Freiheitsbeschränkung im Sinn des § 3 Abs 1 HeimAufG. (T21)<br/>Beisatz: Sofern aber mit der Anordnung eines Medikaments beim Bewohner ein bestimmtes freiheitsbeschränkendes Verhalten veranlasst wird oder dieser den Eindruck gewinnen muss, keine andere Möglichkeit zu haben, als ein bestimmtes gewünschtes Verhalten zu setzen, andernfalls das Medikament verabreicht wird, liegt eine Androhung im Sinn des § 3 Abs 1 HeimAufG und damit eine Freiheitsbeschränkung vor. (T22)

7 Ob 233/16iOGH29.03.2017

Auch; nur T6

7 Ob 103/17yOGH05.07.2017

Vgl; nur T1; Veröff: SZ 2017/78

7 Ob 102/17aOGH05.07.2017

Vgl; nur T1

7 Ob 59/20gOGH08.07.2020

Vgl; Beisatz: Für das Vorliegen einer medikamentösen Freiheitsbeschränkung durch eine Einmalmedikation muss die intendierte Bewegungseinschränkung auch in einem feststellbaren Ausmaß eintreten. (T23)<br/>

7 Ob 122/20xOGH16.09.2020

nur T6; Beis wie T19

7 Ob 59/21hOGH23.06.2021

nur T6; Beis wie T19

7 Ob 161/21hOGH29.09.2021

Beisatz wie T19; nur T6<br/>Anm: Veröff: SZ 2021/91

7 Ob 200/21vOGH26.01.2022

nur T6

7 Ob 209/21tOGH26.01.2022

nur T6; Beisatz: Es liegt keine freiheitsbeschränkende Maßnahme im Sinn des § 3 HeimAufG vor, wenn eine Zewi-Pflegedecke auf einer Intensivstation zur Behandlung eines durch die Intensivbehandlung – und nicht durch die psychische Grunderkrankung – ausgelösten Delirs angewendet wird. (T24)

7 Ob 16/22mOGH16.02.2022

nur T1; Beis wie T19; Beisatz: Die bloße Aufforderung an eine im Raum anwesende Person, eine Türe zu öffnen, der jederzeit Folge geleistet wird, bedeutet noch keine ständige Abhängigkeit der freien Aufenthaltsveränderung vom Willen eines Anderen. Sie ist vielmehr mit einem dem Bewohner jederzeit zur Verfügung stehenden und von ihm handhabbaren Schlüssels zu vergleichen und ist somit nicht als freiheitsbeschränkende Maßnahme im Sinn des § 3 HeimAufG zu qualifizieren. (T25)

7 Ob 120/22fOGH28.09.2022

Vgl; nur T6; Beis wie T19; Beisatz: Hier: Mit Chipsystem versperrter Gruppenraum. (T26)

7 Ob 124/22vOGH28.09.2022

Vgl; nur T6; Beis wie T19; Beis wie T26

7 Ob 34/23kOGH24.05.2023

vgl; Beisatz wie T6; Beisatz wie T19; Beisatz wie T7<br/>Beisatz: Hier: kurzzeitiges Einsperren einer Neunjährigen in ihrem Zimmer (T27)

7 Ob 77/23hOGH28.06.2023

vgl; Beisatz: Hier: kurzfristiges Festhalten eines 9-Jährigen an den Armen (T28)

Dokumentnummer

JJR_19921126_OGH0002_0070OB00635_9200000_003

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