Rechtssatz
Beim Grad der Fahrlässigkeit ist auf den Einzelfall abzustellen: Als brauchbare Anhaltspunkte, von denen die Beurteilung im Einzelnen abhängen kann, kommen die Gefährlichkeit der Situation, die zu einer Sorgfaltsanspannung führen sollte, der Wert der gefährdeten Interessen, das Interesse des Handelnden an seiner Vorgangsweise und schließlich die persönlichen Fähigkeiten des Handelnden in Betracht. In diesem Sinn ist für das Versicherungsvertragsrecht anerkannt, dass grobe Fahrlässigkeit gegeben ist, wenn schon einfachste, naheliegende Überlegungen nicht angestellt und Maßnahmen nicht ergriffen werden, die jedermann einleuchten müssen.
7 Ob 34/85 | OGH | 07.11.1985 |
Beisatz: Die Außerachtlassung allgemein gültiger Sicherheitsregeln ist grob fahrlässig, wenn die Kenntnis dieser Regeln nach dem Grad ihrer Verbreitung allgemein vorausgesetzt werden muss. Auch die besondere Gefahrenträchtigkeit des Handelns fällt ins Gewicht (Hier: funkensprühende Schneidearbeit). (T1) |
7 Ob 4/88 | OGH | 25.02.1988 |
Auch; Veröff: VersRdSch 1988,329 = VersR 1989,425 |
7 Ob 33/88 | OGH | 20.10.1988 |
Beisatz: Hier: Unkontrolliertes Heizen einer nur provisorischen, mit schweren Mängeln behafteten Feuerungsanlage in einem offenen Objekt mit guten Zugverhältnissen bei gleichzeitiger Lagerung des Brennstoffes im Nahbereich der Beschickungsöffnung. (T2) <br/>Veröff: VersRdSch 1989,357 |
7 Ob 11/92 | OGH | 09.07.1992 |
Beisatz: Im Sinne dieses Verständnisses der groben Fahrlässigkeit werden auch die Gefährlichkeit der Situation (Abstellen eines ungesicherten Fahrzeuges auf unbewachtem Parkplatz durch längere Zeit) und der Wert des Fahrzeuges als Beurteilungskriterien berücksichtigt. (T3) <br/>Veröff: VersRdSch 1993,105 = VersR 1993,1383 |
7 Ob 1043/93 | OGH | 02.02.1994 |
Auch; Beisatz: Nichtinanspruchnahme des bewachten Parkplatzes hinter dem Hotel und die Verwendung eines unbewachten Parkplatzes in Neapel als Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nach § 61 VersVG zur Last zu legen. (T4)<br/>Veröff: VersRdSch 1994,315 |
1 Ob 20/94 | OGH | 17.10.1995 |
Auch; nur: In diesem Sinn ist anerkannt, dass grobe Fahrlässigkeit gegeben ist, wenn schon einfachste, naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden. (T5)<br/>Veröff: SZ 68/189 |
7 Ob 2083/96s | OGH | 20.11.1996 |
nur: In diesem Sinn ist für das Versicherungsvertragsrecht anerkannt, dass grobe Fahrlässigkeit gegeben ist, wenn schon einfachste, naheliegende Überlegungen nicht angestellt und Maßnahmen nicht ergriffen werden, die jedermann einleuchten müssen. (T6) |
7 Ob 301/06z | OGH | 17.01.2007 |
Auch; Beisatz: Das (regelmäßige!) Entsorgen von Aschenbecherinhalten samt sonstigen Abfällen im Gastronomiebetrieb in einen im Schankbereich stehenden und mit einem Plastikmüllsack ausgekleideten Plastikmistkübel ohne Deckel ist grob fahrlässig. (T7)<br/>Beisatz: Hier: § 61 VersVG in Verbindung mit Art 12 Abs 1 ABS 1994. (T8) |
7 Ob 22/07x | OGH | 14.02.2007 |
Auch; Beisatz: Hier: Unterbrechung der versicherten Rückreise, um mit einem Schmuckkoffer einen Copyshop aufzusuchen (§ 8 AÖTB 2001). (T9) |
7 Ob 89/07z | OGH | 04.07.2007 |
nur T6; Beisatz: Hier: Die Obliegenheit nach § 17 VF 50112:03, den Versicherungsfall innerhalb einer Woche anzuzeigen, entsteht nach den Bedingungen erst ab Bekanntwerden des Versicherungsfalles. Eine geringfügige Überschreitung der Meldefrist stellt im Einzelfall keine grobe Fahrlässigkeit dar. (T10) |
7 Ob 215/07d | OGH | 16.11.2007 |
Auch; Beisatz: Es würde die Pflicht des Versicherungsnehmers, das Haus zu beaufsichtigen, überspannen, wollte man von ihm - ohne jede Anhaltspunkte, dass die Heizung ausfallen könnte - alle zwei Tage eine Kontrolle der Heizung verlangen. (T11)<br/>Beisatz: Hier: Art 8 ABEV (Wasserschaden nach Frost). (T12) |
7 Ob 20/08d | OGH | 07.02.2008 |
nur T6; Beisatz: Wann und unter welchen Umständen das Entzünden von Kerzen auf einem Christbaum als grob fahrlässig anzusehen ist, hängt von den konkreten, speziellen Gegebenheiten des Einzelfalls ab und lässt sich daher nicht generell, sondern nur einzelfallbezogen beantworten. (T13) |
7 Ob 17/11t | OGH | 16.02.2011 |
Beisatz: Hier: Zu § 61 VersVG; Einbruch in einen PKW wegen sichtbar angebrachtem Navigationsgerät. (T14) |
7 Ob 9/14w | OGH | 29.01.2014 |
Auch; nur: Als brauchbare Anhaltspunkte von denen die Beurteilung im Einzelnen abhängen kann, kommen die Gefährlichkeit der Situation, die zu einer Sorgfaltsanpassung führen sollte, der Wert der gefährdeten Interessen, das Interesse des Handelnden an seiner Vorgangsweise und schließlich die persönlichen Fähigkeiten des Handelnden in Betracht. (T15)<br/>Beisatz: Hier: Art 6.2 AWB. (T16) |
2 Ob 143/13p | OGH | 13.02.2014 |
Auch; nur: Beim Grad der Fahrlässigkeit ist auf den Einzelfall abzustellen. (T17)<br/>Beisatz: Hier: Vorsätzliche Begehung (Misshandlung) unter fahrlässig in Kauf genommenen Folgen (Körperverletzung) (§83 Abs 2 StGB) reicht für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit iSd § 332 ASVG nicht aus. (T18) |
7 Ob 93/19f | OGH | 18.09.2019 |
nur T5; Beisatz: Hier: Verwahrung von Schlüsseln in einem Wertschutzschrank in einem in unmittelbarer Nähe daneben stehenden Rollcontainer (AHB 2007). (T19) |
7 Ob 106/20v | OGH | 21.10.2020 |
Vgl; Beisatz: Hier: Schweißarbeiten an einer Fahrzeugkarosserie. (T20) |
2 Ob 170/20v | OGH | 21.10.2021 |
nur T15; Beisatz: Anwärmen eines PKW‑Motors mittels zwischen Motorhaube und Rahmen eingeklemmten Heizlüfters. (T21) |
7 Ob 142/22s | OGH | 23.11.2022 |
Beis wie T6; Beisatz: Hier: Abstellen eines KFZ auf einem Abstellplatz mit 3% bis 6% Gefälle, welches in der Folge mangels ordnungsgemäßem Einlegen des ersten Ganges oder Aktivierung der Parkbremse in den angrenzenden Fischteich rollt (AKKB 2016). (T22) |
7 Ob 179/22g | OGH | 23.11.2022 |
Vgl; Beisatz: Hier: Keine grobe Fahrlässigkeit des VN bei fehlenden Vorhangschlössern an Schubriegeln einer Schaufenstertür nach Reparaturarbeiten durch einen Fachbetrieb. (T23) |
7 Ob 204/22h | OGH | 21.02.2023 |
Beisatz wie T6: Hier: mangelnde Veranlassung der Reinigung bzw mangelnde Kontrolle der dem Mieter überbundenen Pflicht über 10 Monate ab Versicherungsvertragsabschluss stellt mangels Verdachtsmomente gegen die Verlässlichkeit des Mieters kein grob fahrlässiges Verhalten dar (T24) |
7 Ob 127/23m | OGH | 27.09.2023 |
nur T6<br/>Beisatz: Hier: Abrollen eines Kfz mit "Hill-Holdsystem" auf abschüssigem Gelände ohne Betätigung der Handbremse oder Einlegen eines Gangs - grobe Fahrlässigkeit bejaht. (T25) |
Dokumentnummer
JJR_19831117_OGH0002_0070OB00064_8300000_001
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